LG Bonn, Urteil vom 12.10.2018 - 1 O 325/17
Fundstelle
openJur 2019, 28703
  • Rkr:
Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreites werden der Klägerin auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Der Beklagte war in der Zeit vom 01.03.2015 bis zum 31.05.2016 als selbständiger Versicherungsvertreter für die Klägerin auf der Grundlage eines schriftlichen Vertrages vom 25./26.02.2015 (Anlage H01 = Bl.14 - 19R d.A.) tätig. Als Vergütung für seine Tätigkeit bezog der Beklagte von der Klägerin Provisionen gemäß den Allgemeinen Vermittlungsbedingungen, Anlage Nr.3 zum Versicherungsvertretungsvertrag (Anlage H02 = Bl.20 - 21 d.A.). Daneben erhielt der Beklagte allgemeine Zuschüsse gemäß der Anlage Nr.1.a) zum Versicherungsvertretungsvertrag (Anlage H03 = Bl.22 - 24R d.A.).

Sämtliche Provisionen und sonstige Vergütungen der Beklagten sowie die Gegenforderungen der Klägerin aus dem Vertrag wurden auf einem eigens und für den Beklagten eingerichteten allgemeinen Verrechnungskonto (vgl. Ziffer 5.1 des Versicherungsvertretungsvertrages) verrechnet und miteinander saldiert. Dieses Konto wurde mindestens einmal im Monat abgerechnet.

Mit ihrer Anspruchsbegründung vom 26.10.2017 hat die Klägerin unter Vorlage eines Ausdruckes des Verrechnungskontos (Anlage H04 = Bl.25 - 30R d.A.) einen Zahlungsanspruch gegen den Beklagten auf 6.449,16 € beziffert und wie folgt berechnet:

1. Habenbuchungen

a) 14.000,00 € zur Verfügung gestellte allgemeine Zuschüsse,

b) 26.296,94 € Abschlussprovisionen für vermittelte Versicherungsverträge,

c) 0,94 € für Folgeprovisionen,

d) 176,22 € verdiente laufende Provisionen im Bereich S/HU,

e) 3.047,72 € verdiente Bonuszahlungen für erzielte Absatzeinheiten im Bereich S/HU,

f) 2.515,00 € Gutschrift aus aufgelöster Stornorücklage,

g) 142,80 € Gutschrift für Belastung mit Softwarenutzungsgebühren der Monate November 2015 und Februar 2016,

h) 49,00 € Gutschrift für Seminarteilnahme,

i) Zwischenergebnis 46.228,62 €.

2. Sollbuchungen

a) 39.837,24 € Auszahlungen an den Beklagten,

b) 9.490,03 € Rückbelastungen von Abschlussprovisionen gemäß Provisionsliste Anlage H06 (Bl.34 - 43 d.A.),

c) 6,93 € Stornobelastung der laufenden Provisionen S/HU,

d) 338,72 € Belastungen aufgrund nicht erreichter Absatzeinheiten im Bereich S/HU,

e) 142,80 € Belastung mit Softwarenutzungsgebühren (oben 1.g)),

f) 347,06 € Eigenanteil Vermögensschadenhaftpflichtversicherung des Beklagten,

g) 2.515,00 € für dem Vorschussverrechnungskonto für die Stornorücklagen entnommene Provisionsanteile,

h) Zwischenergebnis 52.677,78 €.

Mit Schriftsatz vom 09.02.2018 hat die Klägerin die Klageforderung um 1.094,75 € auf 7.543,91 € erhöht und diese Erhöhung mit einer entsprechenden Belastung des allgemeinen Verrechnungskontos am 19.01.2018 (Kontoauszug Anlage H39 = Bl.85 d.A.) mit Abschlussprovisionen im Bereich der Lebensversicherung begründet.

Mit Schriftsatz vom 05.07.2018 hat die Klägerin einen Antrag auf Zahlung von 6.893,16 € formuliert und erklärt, die mit dem Klageantrag geltend gemachte Forderung sei wegen einer weiteren Soll-Buchung auf dem allgemeinen Verrechnungskonto am 06.04.2018 in dieser Höhe (Kontoauszug Anlage H46 = Bl.165 d.A.) um einen Betrag von 444,00 € zu erhöhen.

Die Klägerin behauptet, die in der Anspruchsbegründung vom 26.10.2017 unter 2.b) aufgelisteten Rückbelastungen seien aus folgenden Gründen sachlich und inhaltlich zutreffend erfolgt:

1. Der Versicherungsnehmer Y habe seine Berufsunfähigkeitsversicherung gekündet. Der Mitarbeiter der Klägerin und Zeuge H2 habe den Beklagten hierüber mit E-Mail vom 15.12.2016 informiert (Anlage H41 = Bl.110 - 111 d.A.). Aus der Vertragsbeendigung ergäbe sich eine Belastung von 1.278,21 € gemäß Abrechnung vom 05.01.2017 (Anlage H8 zur Replik vom 26.01.2018).

2. Der Versicherungsnehmer Y1 habe am 16.01.2017, was zwischen den Parteien unstreitig ist, seinen Riester-Renten-Vertrag zum nächstmöglichen Zeitpunkt beitragsfrei stellen wollen. Hieraus ergäbe sich eine Belastung von 817,20 € gemäß Abrechnung vom 06.02.2017 (Anlage H10 zur Replik).

3. Auch der Versicherungsnehmer Y2 habe seinen Riester-Renten-Versicherungsvertrag beitragsfrei gestellt, und zwar aus offensichtlichen Zahlungsproblemen. Hieraus ergäbe sich eine Belastung von 1.104,17 € gemäß Abrechnung vom 07.03.2017 (Anlage H12 zur Replik).

4. Der Versicherungsnehmer Y3 habe im März 2017 seinen Altersvorsorgevertrag auf die WWK Lebensversicherung a.G. übertragen und diese, was zwischen den Parteien unstreitig ist, bis zum 01.04.2017 beitragsfrei weiterführen wollen. Gleiches gelte für den Altersvorsorgevertrag der Versicherungsnehmerin Y4, was ebenfalls zwischen den Parteien unstreitig ist. Hieraus ergäbe sich eine Belastung von 747,26 € gemäß Abrechnung vom 06.04.2017 (Anlage H14 zur Replik).

5. Aufgrund eines Anbieterwechsels des Versicherungsnehmers Y2, der zwischen den Parteien unstreitig ist, und dessen teilweise rückständiger Beitragszahlungen ergäbe sich eine weitere Belastung von 28,32 € gemäß Abrechnung vom 19.05.2017 (Anlage H16 zur Replik).

6. Eine durch die E GmbH für den Mitarbeiter X abgeschlossene Betriebsrente sei antragsgemäß, was zwischen den Parteien unstreitig ist, beitragsfrei gestellt worden. Hieraus ergäbe sich eine Provisionsrückbelastung von 1.039,50 € gemäß Abrechnung vom 21.06.2017 (Anlage H18 zur Replik). Ausweislich des Schriftwechsels der Klägerin (Anlagenkonvolut H19 zur Replik), der zwischen den Parteien unstreitig ist, habe man ausreichende Maßnahmen ergriffen, um den Vertrag zu retten.

7. Seinen eigenen Rentenversicherungsvertrag habe der Beklagte, was zwischen den Parteien unstreitig ist, am 16.06.2016 gekündigt. Hieraus ergäbe sich eine Belastung von 1.151,50 € gemäß Abrechnung vom 20.07.2017 (Anlage H20 zur Replik).

8. Nach seinem Ausscheiden bei der Klägerin habe der Beklagte, was zwischen den Parteien unstreitig ist, den Rentenversicherungsvertrag zur Versicherungsnummer 001128249P13 von Herrn T2 gekündigt. Hieraus ergäbe sich eine Belastung von 260,00 € gemäß Abrechnung vom 05.08.2016 (Anlage H22 zur Replik).

9. Der Versicherungsnehmer X habe seine Berufsunfähigkeitsversicherung nach Aufnahme seiner Selbständigkeit mit Hilfe des Beklagten gekündigt, was zwischen den Parteien unstreitig ist. Ferner habe sie - die Klägerin - den Rentenversicherungsvertrag von Herrn T2, was zwischen den Parteien unstreitig ist, gekündigt. Die Kündigung sei erfolgt, nachdem Mahnungen der Klägerin zur Entrichtung der Beiträge ohne Erfolg geblieben seien. Schließlich sei der Rentenversicherungsvertrag von Frau T auf deren Wunsch, was zwischen den Parteien unstreitig ist, auf monatliche Beiträge von 30,00 € herabgesetzt worden. Über diesen Vorgang habe der zuständige Mitarbeiter der Klägerin den Beklagten am 11.08.2016 unterrichtet. Aus diesen Vorgängen ergäbe sich eine Belastung von 1.756,53 € gemäß Abrechnung vom 19.08.2016 (Anlage H24 zur Replik).

10. Der Versicherungsnehmer Y5 sei seine Beiträge schuldig geblieben, Lastschriften hätten von dem angegebenen Konto nicht eingelöst werden können. Hieraus ergäbe sich eine Provisionsrückbelastung von 401,85 € gemäß Abrechnung vom 07.09.2016 (Anlage H28 zur Replik). Ausweislich des Schriftwechsels der Klägerin (Anlagenkonvolut H29 zur Replik), der zwischen den Parteien unstreitig ist, habe man ausreichende Maßnahmen ergriffen, um den Vertrag zu retten.

11. Der Versicherungsnehmer T3 habe, was zwischen den Parteien unstreitig ist, um Anpassung seiner Beiträge zu seiner Rentenversicherung gebeten. Hierüber sei der Beklagte am 11.08.2016 informiert worden. Hieraus ergäbe sich eine Rückbelastung von 515,67 € gemäß Abrechnung vom 21.09.2016 (Anlage H30 zur Replik).

12. Den Vertrag mit dem Versicherungsnehmer Y6 habe nicht der Beklagte vermittelt, der insoweit irrtümlich als Vermittler angegeben war. Der Vertrag sei deshalb auf den Vermittler J umgeschlüsselt worden. Hieraus ergäbe sich eine Belastung des Verrechnungskontos von 364,00 € gemäß Abrechnung vom 20.01.2016 (Anlage H32 zur Replik).

13. Bei der Vermittlung einer Risikolebensversicherung für den Versicherungsnehmer Y habe der Beklagte, was zwischen den Parteien unstreitig ist, diesen nicht ordnungsgemäß über die Karenzzeiten informiert. Nach einem Gespräch der Parteien sei dann, was zwischen den Parteien unstreitig ist, vereinbart worden, den Vertrag anzupassen, so dass auch auf die verdiente Provision eine Anpassung vorzunehmen gewesen sei. Hieraus ergäbe sich eine Belastung von 25,82 € gemäß Abrechnung vom 24.06.2015 (Anlage H34 zur Replik).

Auch die in der Anspruchsbegründung unter 2.c) beschriebene Stornobelastung sei sachlich und inhaltlich zutreffend erfolgt. Dies ergäbe sich aus den Vergütungsnachweisen und Kontenauszügen des Anlagenkonvolutes H36 (Anlage zur Replik). Diese seien, was zwischen den Parteien unstreitig ist, dem Beklagten überlassen und von ihm nicht beanstandet worden. Aufgrund der Anpassung der Hausratsversicherung des Versicherungsnehmers Y7 habe sich eine Belastung von 0,11 € ergeben und wegen der Beendigung einer Tierhalter- und Privathaftpflichtversicherung von Herrn B eine weitere Belastung von 6,82 €.

Die Klägerin behauptet ferner, die in der Klageerhöhung vom 09.02.2018 bezifferte Sollbuchung von 1.094,75 € sei sachlich und inhaltlich zutreffend erfolgt. Sie verweist dazu auf die Provisionsliste zu dieser Rückbelastung (Anlage H40 = Bl.86 d.A.).

Die weitere Belastung von 444,00 € aus ihrem Schriftsatz vom 05.07.2018 betreffe einen Lebensversicherungsvertrag des Versicherungsnehmers T3, der den Vertrag, was zwischen den Parteien unstreitig ist, zum 28.02.2018 gekündigt habe. Bei dem Versicherungsnehmer handele es sich um einen guten Bekannten des Beklagten, dessen Vertrag der Beklagte bereits von der ERGO mitgenommen habe. Über die Vertriebspartnerin der Klägerin sei der Versicherungsnehmer telefonisch kontaktiert worden, um den Vertrag zu retten, habe aber Nachbearbeitungen nicht zugelassen. Hieraus ergäbe sich eine Belastung gemäß Abrechnung vom 06.04.2018 (Anlage H47 = Bl.166 d.A.), die sachlich und inhaltlich zutreffend sei.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

den Beklagten zu verurteilen, an sie 7.987,91 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte vertritt die Rechtsansicht, zu der Richtigkeit der streitigen Rückbelastungen fehle jeglicher substantiierte Sachvortrag der Klägerin. Es fehle an jeglicher Darlegung der Zusammensetzung der Forderungen. Die Bezugnahme auf Anlagen sei unzulässig. Gleiches gelte für die Begründung der Sollbuchungen von 338,72 € für Belastungen aufgrund nicht erreichter Absatzeinheiten im Bereich S/HU (Ziffer 2.d) der Anspruchsbegründung) und des zu ihrer Begründung eingereichten Anlagenkonvolutes H38 zur Replik, dessen Richtigkeit er bestreite, sowie für die Begründung der Sollbuchungen gemäß Ziffern 2.e), 2.f) und 2.g) der Anspruchsbegründung der Klägerin.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze sowie die zu den Akten gereichten Unterlagen Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage ist nicht begründet.

1. Die mit Schriftsatz der Klägerin vom 05.07.2018 erklärte Erhöhung der mit dem Klageantrag geltend gemachten Forderung um 444,00 € (Bl.163 d.A.) war als zivilprozessual unbedenkliche Klageerhöhung (§ 264 Ziffer 2. ZPO) des zu diesem Zeitpunkt bereits in der mündlichen Verhandlung vom 23.02.2018 gemäß Schriftsatz vom 09.02.2018 (Bl.83 d.A.) gestellten ursprünglichen Zahlungsantrages von 7.543,91 € auszulegen (§ 133 BGB). Die Klageforderung erhöht sich deshalb auf 7.987,91 €.

Der Umstand, dass die Klägerin in dem Schriftsatz vom 05.07.2018 zugleich mit der Klageerweiterung einen Zahlungsantrag von 6.893,16 € angekündigt hat, steht dieser Auslegung nicht entgegen. Denn maßgeblich ist das in den (Prozess-) Erklärungen der Klägerin enthaltene Klagebegehren, so wie es nach seinem objektiven und dem Empfänger vernünftigerweise erkennbaren Sinn zum Ausdruck gekommen ist (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 32.Aufl. 2018, Vorbem. zu §§ 128-252 Rd.25 m.w.N.). Hieran anschließend war in Anbetracht der bereits in der mündlichen Verhandlung beantragten Zahlung von 7.543,91 € für jeden verständigen Empfänger mit Erhalt des eine Klageerhöhung um 444,00 € erklärenden Schriftsatzes ersichtlich, dass sich der letzte Zahlungsantrag nunmehr erneut auf insgesamt 7.987,91 € erhöhen würde und es sich bei dem angekündigten Antrag von 6.893,16 € um ein Versehen gehandelt hat, weil man hier irrtümlich den Zahlungsantrag aus der Anspruchsbegründung zugrunde gelegt hat. Denn zu der ersten Klageerhöhung um 1.094,75 € erklärt sich der Schriftsatz vom 05.07.2018 mit keinem Wort, was hinreichend deutlich dokumentiert, dass die Klägerin diesen Umstand schlicht übersehen hat.

Ein Grund für eine Teilklagerücknahme in Höhe der ersten Klageerhöhung ist auch nicht ersichtlich, so dass eine derartige von ihrem bisherigen Klagebegehren abrückende Vorgehensweise der Klägerin offensichtlich weder beabsichtigt gewesen ist noch einfach unterstellt werden kann (vgl. dazu auch Zöller/Greger, aaO.). Der Umstand, dass die hier vorgenommene Auslegung der Klageerhöhung von 7.543,91 € auf 7.987,91 € in Ermangelung eines sogenannten Gebührensprunges auch kein höheres Kostenrisiko für die Klägerin begründet, unterstreicht diese Würdigung. Dies gilt erst Recht in Anbetracht der Tatsache, dass eine hier einmal unterstellte - einwilligungsbedürftige (§ 269 Abs.1 ZPO) - Teilklagerücknahme über 1.094,75 € im vorliegenden Fall kein geringeres Kostenrisiko für die Klägerin begründen würde.

2. Die Klägerin hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Zahlung von 7.987,91 € aus den §§ 87a Abs.3 Satz 2 analog, 92 Abs.2 HGB in Verbindung mit den Regelungen des Versicherungsvertretungsvertrages der Parteien vom 25./26.02.2015. Denn die Klägerin hat die tatsächlichen Voraussetzungen für einen derartigen Anspruch weder schlüssig dargetan noch für die anspruchsbegründenden Tatsachen den notwendigen Beweis angetreten.

a) Der Anspruch des Unternehmers gegen den Handelsvertreter auf Rückzahlung erhaltener Provisionen und Vorschüsse stellt einen nach § 87a Abs.2, 2.HS HGB im Gesetz ausdrücklich festgeschriebenen vertraglichen Rückzahlungsanspruch dar (Baumbach/Hopt, HGB, 38.Aufl. 2018, § 87a Rd.19; Löwisch in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 3.Aufl. 2014, § 87a Rd.40 und Rd.44 jeweils m.w.N.).

Bei einem Versicherungsvertreter (§ 92 Abs.1 HGB) folgt dieser Anspruch indes aus einer analogen Anwendung von § 87a Abs.3 HGB, weil hier der Anspruch auf Provisionszahlung gemäß § 92 Abs.4 HGB erst mit der Zahlung der versicherungsvertraglich geschuldeten Prämie (unbedingt) entsteht (BGH, Urteil vom 19.11.1982 - I ZR 125/80 = juris Rd.21; Löwisch, aaO., § 92 Rd.19 und Rd.24 jeweils m.w.N.). Vorrangig vor diesem gesetzlichen Anspruch ergibt sich der Rückzahlungsanspruch der Klägerin zudem aus Ziffer 4 der zwischen den Parteien vereinbarten Anlage Nr.1.a) zum Versicherungsvertretungsvertrag (vgl. auch OLG Düsseldorf, Urteil vom 13.01.2017 - I 16 U 32/16 = MDR 2017, 467f. = juris Rd.6 und Rd.7).

b) Für die tatsächlichen Voraussetzungen sowohl dieses vertraglichen als auch des gesetzlichen Rückzahlungsanspruches obliegt der Klägerin als Anspruchstellerin die Darlegungs- und Beweislast. Die Klägerin muss deshalb für jeden einzelnen Rückforderungsanspruch dessen konkrete Gründe darlegen und gegebenenfalls beweisen (OLG Karlsruhe, Urteil vom 13.09.2017 - 15 U 7/17 = BeckRS 2017, 134073 Rd.20; OLG Brandenburg, Urteil vom 07.10.2010 - 12 U 96/09 - unter II.2.a) = BeckRS 2010, 25582). Dies erfordert denknotwendig auch die textliche Erläuterung vorgelegter Provisionsabrechnungen, soweit deren Inhalt nicht selbsterklärend ist (vgl. dazu OLG Karlsruhe, aaO., Rd.25; OLG Hamm NJW-RR 2004, 1266 unter II.1.b)). Denn andernfalls kann die sachliche und rechnerische Richtigkeit der erhobenen Forderung durch das Gericht nicht überprüft werden (vgl. OLG Hamm, aaO.).

Diesen zivilprozessualen Anforderungen genügt das Vorbringen der Klägerin, worauf bereits der Beklagte mehrfach schriftsätzlich hingewiesen hat, nicht. Denn aus den zur Begründung der jeweiligen Rückbelastungen vorgelegten und im Tatbestand dieses Urteils zitierten Abrechnungen in Form der Anlagen H8, H10, H12, H14, H16, H18, H20, H22, H24, H28, H30, H32, H34, H40 und H47 ergibt sich nicht welche Beiträge von den jeweiligen Versicherungsnehmern gezahlt worden sind, welche Beiträge demgegenüber verprovisioniert worden sind, in welcher Höhe diese verprovisioniert worden sind und mittels welcher Berechnungsfaktoren die Klägerin zu den in den eingereichten Abrechnungen jeweils in den Rubriken "Fälliger Betrag in EUR" ausgewiesenen Teilbeträgen gelangt ist.

Zwar erschließt sich aufgrund der in diesen Rubriken ausgewiesenen positiven und negativen Beträge, dass deren Addition rechnerisch den dort handschriftlich jeweils aufgebrachten Wert ergibt. Diese Werte entsprechen den in den Schriftsätzen der Klägerin übernommenen Rückbelastungsbeträgen, die insoweit mathematisch nachvollzogen werden können. Nicht nachzuvollziehen sind allerdings die eingangs erwähnten Berechnungswege und -faktoren. Diese ergeben sich weder aus den zitierten Abrechnungen noch aus den zu den Akten gereichten Vertragsunterlagen. Die deshalb erforderliche schriftsätzliche Erläuterung durch die Klägerin fehlt, obwohl diese Fragen in der mündlichen Verhandlung vom 23.02.2018 ausdrücklich thematisiert worden sind (S.2 des Sitzungsprotokolls = Bl.98R d.A.) und die Klägerin hinreichend Gelegenheit hatte, diese von dem Beklagten schriftsätzlich mehrfach beanstandeten Schlüssigkeits- und Substantiierungsmängel ihres Vortrages zu beheben (§ 138 Abs.1 und Abs.2 ZPO).

Diese Darlegungsmängel betreffen zunächst die in der Anspruchsbegründung unter Ziffer 2.b) auf 9.490,03 € bezifferten Rückbelastungen, so dass im Anschluss an die dort vorgenommene Berechnung eines Zahlungsbetrages von 6.449,16 € aus der Differenz der Habenbuchungen (46.228,62 €) zu den Sollbuchungen (52.677,78 €) kein Betrag zugunsten der Klägerin mehr verbleibt. Aber auch die mit den Schriftsätzen vom 09.02. und 05.07.2018 bezifferten Soll-Buchungen von 1.094,75 € und von 444,00 € sind aufgrund dieser Darlegungsmängel unschlüssig und begründen deshalb keinen Zahlungsanspruch der Klägerin gegen den Beklagten.

c) Die Klägerin hat ferner die weiteren Voraussetzungen eines Rückzahlungsanspruches des oben unter 2.a) beschriebenen Inhaltes gegen den Beklagten weder hinreichend dargelegt noch hierfür tauglichen Beweis angetreten.

Denn der Anspruch des Versicherungsvertreters auf Provision im Falle der Nichtausführung des Geschäftes durch den Unternehmer entfällt gemäß § 87a Abs.3 Satz 2 HGB (nur) wenn und soweit die Nichtausführung auf Umständen beruht, die von dem Unternehmer nicht zu vertreten sind. Die Nichtausführung (Stornierung) eines Vertrages ist von dem Versicherungsunternehmen nicht zu vertreten, wenn es notleidende Verträge in dem gebotenen Umfang nachbearbeitet hat (BGH, Urteil vom 28.06.2012 - VII ZR 130/11 = NJW 2012, 3305 Rd.15). Aus diesem gesetzlichen Regel-Ausnahmeverhältnis in Bezug auf die Voraussetzungen des Provisionsanspruches ergibt sich, dass der Versicherer darlegungs- und beweisbelastet dafür ist, dass er eine ordnungsgemäße Nachbearbeitung des notleidenden Versicherungsvertrages vorgenommen hat (BGH NJW 2012, 3305 Rd.16 m.w.N.). Folglich muss der Versicherer in einem Zivilprozess auf Aus- oder Rückzahlung nicht verdienter Provisionen für jeden einzelnen Versicherungsvertrag darlegen und beweisen, dass er die erforderlichen Nachbearbeitungsmaßnahmen durchgeführt hat oder dass diese Nachbearbeitung ausnahmsweise entbehrlich gewesen ist (BGH, Versäumnisurteil vom 01.12.2010 - VIII ZR 310/09 = NJW 2011, 1590, 1593 Rd.23; OLG Düsseldorf, aaO., Rd.14; OLG Karlsruhe, aaO., Rd.20 und Rd.26; OLG Brandenburg, aaO.; Baumbach/Hopt, aaO., § 87a Rd.27 jeweils m.w.N.).

aa) Hinsichtlich der im Tatbestand dieses Urteils nummeriert aufgeführten Rückbelastungsfälle 2. (Versicherungsnehmer Y1), 3. und 5. (Versicherungsnehmer Y2), 4. (Versicherungsnehmer Y3) sowie der der Klageerhöhung vom 09.02.2018 zugrundeliegenden Sollbuchung von 1.094,75 € trägt die Klägerin weder eigene Nachbearbeitungsmaßnahmen noch von ihr wahlweise umzusetzende Stornogefahrmitteilungen an den Beklagten (vgl. BGH NJW 2011, 1590, 1592 Rd.15; OLG Düsseldorf, aaO.; Baumbach/Hopt, aaO., § 87a Rd.27 m.w.N.) vor.

Dafür, dass derartige Maßnahmen ausnahmsweise entbehrlich gewesen sein könnten, ist nichts ersichtlich oder von der Klägerin dargetan und unter Beweis gestellt worden. Insbesondere beinhaltet die vorgenommene Beitragsfreistellung der Verträge in den Fällen 2., 3. und 4. eine (teilweise) Nichtausführung des Geschäftes im Sinne von § 87a Abs.3 Satz 1 HGB, an die die Obliegenheit der Versicherers zu Nachbearbeitungsmaßnahmen anknüpft (OLG Düsseldorf, aaO., Rd.7). Der pauschale Hinweis auf Zahlungsschwierigkeiten einzelner Versicherungsnehmer ist in dieser Allgemeinheit nicht erwiderungsfähig (§ 138 Abs.1 und Abs.2 ZPO) und rechtfertigt deshalb keine abweichende Beurteilung. Denn eine tatsächliche Vermutung, dass für eine bestimmte Zahl von Stornofällen eine Nachbearbeitung erfolglos geblieben wäre, existiert nicht (BGH NJW 2012, 3305, 3306 Rd.27).

bb) In den Fällen 7. (Versicherungsnehmer Beklagter), 8. (Versicherungsnehmer T2) und 9. (bezogen auf den Versicherungsnehmer X) waren zwar eigene Nachbearbeitungsmaßnahmen der Klägerin nicht geschuldet, weil dem Beklagten diese Tatbestände bekannt waren beziehungsweise eine Kündigung von ihm selbst formuliert wurde (Baumbach/Hopt, aaO., § 87a Rd.27). Der Höhe nach liegen die hiervon betroffenen Beträge jedoch weit unterhalb des von der Klägerin in ihrer Anspruchsbegründung unter Ziffer 2.b) in die Sollbuchungen eingestellten Betrages, so dass auch entsprechend der eigenen Berechnungen der Klägerin keine Differenz zwischen den Haben- und Sollbuchungen zu ihren Gunsten mehr verbleibt.

cc) Soweit die Klägerin Nachbearbeitungsmaßnahmen in den Fällen 6. (Versicherungsnehmerin E GmbH), 9. (bezogen auf den Versicherungsnehmer T2) und 10. (Versicherungsnehmer Y5) sowie hinsichtlich der weiteren Belastung von 444,00 € aus der Klageerhöhung vom 05.07.2018 (Versicherungsnehmer Y5) behauptet, genügt dies nicht den Anforderungen an eine schlüssige Darlegung erforderlicher Nachbearbeitungsmaßnahmen.

Denn die Verweisung auf das Anlagenkonvolut H19 im Fall 6. ersetzt in einem Zivilprozess grundsätzlich nicht den erforderlichen Sachvortrag einer Partei, da es nicht dem Beibringungsgrundsatz entspricht, wenn sich das Gericht die für eine schlüssige Klage notwendigen Tatsachen aus nicht näher benannten Unterlagen heraussuchen soll (vgl. Thomas/Putzo/Seiler, ZPO, 39.Aufl. 2018, Einl. I Rd.2). Im Übrigen enthält die Anlage H19 keinerlei Korrespondenz, die auf eine (ordnungsgemäße) Nachbearbeitung hindeuten könnte. Sie belegt vielmehr lediglich, dass man dem Wunsch auf Beitragsfreistellung antragsgemäß entsprochen hat (vgl. Schreiben der Klägerin vom 12.06.2017, ebenda).

Allein die Versendung von Mahnungen an den Versicherungsnehmer T2 (Fall 9.) reicht als Nachbearbeitungsmaßnahme grundsätzlich nicht aus (BGH NJW 2011, 1590, 1593 Rd.22; OLG Düsseldorf, aaO., Rd.11 und Rd.52). Warum über die als Anlage H26 zu den Akten gereichten Schreiben vom 11.05. und 06.06.2016 hinausgehende Maßnahmen entbehrlich gewesen sein könnten, trägt die Klägerin nicht vor.

Im Fall 10. verweist die Klägerin lediglich auf das Anlagenkonvolut H29, so dass insoweit die vorstehenden Ausführungen zu Fall 6. sinngemäß gelten.

Hinsichtlich der weiteren Belastung von 444,00 € stände zwar der behauptete Wunsch des Versicherungsnehmers Y7, Kontakte mit der Klägerin abzulehnen, der Zumutbarkeit weiterer Nachbearbeitungsmaßnahmen entgegen (Baumbach/Hopt, aaO., § 87a Rd.27). Indes erschließt sich aus dem Vorbringen der Klägerin nicht, warum und mit welchen Maßnahmen die E2 GmbH & Co. KG an den Versicherungsnehmer herangetreten ist und inwieweit der Versicherungsnehmer diesen Vertriebspartner überhaupt als Kundenberater der Klägerin ansehen konnte.

dd) Soweit die Klägerin (Stornogefahr-) Mitteilungen an den Beklagten in den Fällen 1. (Versicherungsnehmer Y), 9. (bezogen auf die Versicherungsnehmerin Y8) und 11. (Versicherungsnehmer Y5) behauptet, hat das Gericht von einer Vernehmung der klägerseits benannten Zeugen H2 (zu Fall 1.) und U (zu Fall 9. und 11.) abgesehen, da es schon aus den unter 2.b) dargelegten Gründen keiner Beweisaufnahme bedarf. Indes begründet das unwidersprochene Vorbringen des Beklagten in der mündlichen Verhandlung vom 23.02.2018, dass ihm der Zeuge U als Mitarbeiter der Klägerin nicht bekannt sei, in Verbindung mit der dort vorgenommenen Korrektur der bisherigen schriftsätzlichen Beweisangebote durch den Prozessbevollmächtigten der Klägerin (S.1 und 2 des Sitzungsprotokolls = Bl.98f. d.A.) Zweifel an der Richtigkeit des Klägervortrages.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs.1 ZPO, der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf den §§ 708 Ziffer 11., 711 ZPO.

Streitwert : bis 8.000,00 €.

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