LG Essen, Urteil vom 21.02.2018 - 18 O 100/16
Fundstelle
openJur 2019, 28681
  • Rkr:
Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 10.784,69 EUR sowie einen weiteren Betrag in Höhe von 429,52 EUR jeweils nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 05.04.2016 zu zahlen.

2. Die Beklagte wird zudem verurteilt, an den Kläger eine monatliche Rente von 1.540,67 EUR ab dem 01.04.2016, längstens bis zum 01.06.2034 und solange bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit besteht, zu zahlen.

3. Es wird festgestellt, dass der Kläger von der Beitragspflicht gegenüber der Beklagten aus dem Risiko-Lebensversicherungs-Vertrag mit der Versicherungsscheinnummer ... befreit ist. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

4. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagte zu 89 Prozent und der Kläger zu 11 Prozent.

5. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für den Kläger gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrags. Dem Kläger bleibt nachgelassen, die Vollstreckung aus dem Urteil durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor dem Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Tatbestand

Die Parteien streiten über Ansprüche aus einer Berufsunfähigkeitsversicherung.

Der Kläger ist bei der Beklagten gegen Berufsunfähigkeit versichert. Der monatliche Versicherungsbeitrag beläuft sich ab dem 01.06.2015 auf 61,36 EUR, die monatlich zu zahlende Berufsunfähigkeitsrente auf 1.540,67 EUR.

Der Kläger arbeitete als Kfz-Mechaniker und verfügt über eine Ausbildung zum IT-Systemelektroniker.

Mit Schreiben vom 11.03.2015, welches bei der Beklagten am 23.03.2015 einging, verlangte der Kläger Leistungen wegen eingetretener Berufsunfähigkeit. Er zahlte seinen Versicherungsbeitrag jedoch auch in der Folgezeit.

Am 07.05.2015 erstellte der Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Peter N. einen Arztbericht, wonach der Kläger zu 100 % berufsunfähig sei.

Die Beklagte ließ den Kläger durch Herrn Dr. L. begutachten, welcher zu der Auffassung gelangte, dass der Kläger trotz seines Gesundheitszustands mehr als halbschichtig arbeiten könne. Des Weiteren holte die Beklagte ein neuropsychologisches Gutachten der Diplom-Psychologin S ein, welche ebenfalls eine Berufsunfähigkeit verneinte. Hinsichtlich des näheren Inhalts dieser Gutachten wird auf die Anlage B 4 und B 5 zur Klageerwiderung vom 18.05.2016 verwiesen.

In der Folge lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 28.10.2015 eine Leistung ab.

Am 22.02.2016 übersandte der Kläger der Beklagten einen Klageentwurf unter Fristsetzung bis zum 20.03.2016. Die Beklagte erbrachte keine Leistungen wegen Berufsunfähigkeit an den Kläger.

Der Kläger behauptet, dass sich seine typische berufliche Tätigkeit wie folgt darstelle: als Serviceberater sei er dafür zuständig, die Kundenzufriedenheit und die optimale Auslastung der Werkstatt sicherzustellen. Er führe den gesamten Kundendialog von ersten Anfragen zu Reparaturen bis zur Erläuterung einer Reparaturrechnung durch. Des Weiteren führe er jegliche Reparaturarbeiten an den Fahrzeugen durch. Wegen der näheren Einzelheiten wird auf die Seiten 1 - 3 des klägerischen Schriftsatzes vom 20.06.2016 verwiesen.

Der Kläger behauptet, ab April 2015 nicht mehr in der Lage zu sein, seinen Beruf als Serviceberater bei den B-Werkstätten ausüben zu können. Aufgrund unerträglicher Schmerzen im rechten Bein, die seit rezidivierenden Zoster-Infektionen an der rechten Gesäßhälfte immer wieder aufträten und sich bis in den Fuß zögen, sei er an der Ausübung dieser Tätigkeit gehindert. Ein starker Schmerz bestünde immer, dieser nehme aber schubartig zu, so dass er unerträglich sei. Medikamente, welche teilweise in Höchstdosen eingenommen würden, linderten die Schmerzen geringfügig. Durch die schmerzbedingt fehlende Nachtruhe käme es zu Tagesmüdigkeit, Gereiztheit, Gestresstheit und Aggressivität, durch die Medikation zu Konzentrationsschwierigkeiten, Koordinationsschwierigkeiten, Zittern und Schwitzen. Der Kläger könne sich nicht mehr auf die Arbeit, sondern nur noch auf die Schmerzen konzentrieren. Arbeitsaufträge seien vom ihm unzureichend erfasst worden und auch Mechanikertätigkeiten könne der Kläger nicht mehr ausüben.

Auch Rückenschmerzen L4/L5 sowie eine chronische Epicondylitis am rechten Ellenbogen machten ihm zusätzlich zu schaffen.

Er behauptet weiter, dass er aufgrund der Schmerzbeschwerden und den damit einhergehenden Konzentrations- und Koordinationsschwierigkeiten keine andere berufliche Tätigkeit ausüben könne. Die Medikamente führten zu Benommenheit, Schwindel und Gedächtnislücken.

Der Kläger ist der Auffassung, dass ihm wegen Berufsunfähigkeit ab April 2015 eine monatliche Rente in Höhe von 1.540,67 EUR zustehe. Bis einschließlich März 2016 ergebe sich hieraus für 12 Monate ein Betrag von 18.488,04 EUR.

Der Kläger ist weiter der Ansicht, dass ihm ein Rückzahlungsanspruch gegen die Beklagte in Höhe von 736,32 EUR (12 Monate x 61,36 EUR) zustehe, weil er ab dem April 2015 nicht mehr zur Zahlung des monatlichen Beitrags in Höhe von 61,36 EUR verpflichtet gewesen sei.

Der Kläger beantragt,

1. die Beklagte kostenpflichtig zu verurteilen, an den Kläger 18.488,04 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit Zustellung zu zahlen,

2. die Beklagte kostenpflichtig zu verurteilen, an den Kläger einen weiteren Betrag von 736,32 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit Zustellung zu zahlen

3. die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger eine monatliche Rente von 1.540,67 EUR ab dem 01.04.2016, längstens bis zum 01.06.2034 und solange bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit besteht, zu zahlen

4. festzustellen, dass der Kläger von der Beitragspflicht gegenüber der Beklagten aus dem Risiko-Lebensversicherungs-Vertrag mit der Versicherungsscheinnummer ...befreit ist

5. den Kläger von der Gebührenforderung der Rechtsanwalts- und Notarkanzlei Bernhard Pohl in Höhe von 1.358,86 EUR freizustellen

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte bestreitet eine zur Berufsunfähigkeit des Klägers führende Erkrankung. Sie bestreitet das vom Kläger behauptete Berufsbild.

Die Beklagte ist der Ansicht, dass -eine Berufsunfähigkeit unterstellt- die geltend gemachte Rente in Höhe von 1.540,67 EUR jedenfalls zu hoch wäre. Die Höhe der Rente bemesse sich nach der zugesagten Rentenhöhe bei Eintritt des Versicherungsfalls.

Die Klage ist der Beklagten am 04.04.2016 zugestellt worden. Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens des Sachverständigen Priv.-Doz. Dr. H. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme und der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitig von den Parteien zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen, das Gutachten des Sachverständigen Priv.-Doz. Dr. H, dessen Ergänzungsgutachten, das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 10.01.2018 und die Entscheidungsgründe Bezug genommen.

Gründe

Aufgrund der von den Parteien im Termin vom 10.01.2018 erklärten Zustimmung konnte das Gericht im schriftlichen Verfahren entscheiden (§ 128 Abs. 2 ZPO).

Die zulässige Klage ist lediglich aus dem im Tenor ersichtlichen Umfang begründet.

Dem Kläger steht ein Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung von 10.784,69 EUR aus § 1 S. 1 VVG i.V.m. Versicherungsvertrag zu.

Zwischen den Parteien besteht ein Versicherungsvertrag.

Der Kläger ist überdies auch ab dem 01.09.2015 berufsunfähig im Sinne von § 2 Abs. 1 BUZ96 der Beklagten, denn der Kläger ist weder in der Lage, seinen Beruf als KFZ-Serviceberater auszuüben, noch eine andere Tätigkeit aufzunehmen, welche aufgrund seiner Ausbildung und Erfahrung ausgeübt werden kann und seiner bisherigen Lebensstellung entspricht.

Das Berufsbild des Klägers als Kfz-Serviceberater stellt sich dergestalt dar, wie auf den Seiten 1 - 4 des Schriftsatzes vom 20.06.2016 beschrieben. Der Kläger hat sein Berufsbild in diesem Schriftsatz detailliert und unter Angabe konkreter Tätigkeiten substantiiert dargelegt. Die vom Kläger angeführte Beschreibung umfasst 63 konkrete Aufgaben. Des Weiteren hat der Kläger einen durchschnittlichen Arbeitstag auf Basis dieser Aufgaben unter Zuordnung konkreter Zeitparameter für die einzelnen Tätigkeiten vorgetragen.

Die Angaben des Klägers entsprechen der allgemeinen Lebenserfahrung in Bezug auf die Tätigkeit eines Kfz-Mechanikers. Die Beklagte hat das Berufsbild lediglich pauschal bestritten, ohne im Einzelnen auf die jeweiligen Tätigkeiten einzugehen. Angesichts des substantiierten Klägervortrags genügt das einfache Bestreiten der Beklagten vorliegend nicht mehr. Zudem ist die Tätigkeit eines Kfz-Serviceberaters auch nicht so ungewöhnlich, dass der Beklagten nähere Angaben zum Berufsbild unzumutbar wären.

Letztendlich kommt es auf die genaue Tätigkeit des Klägers auch nicht entscheidend an, weil der Sachverständige - wie unten zu zeigen sein wird - nachvollziehbar dargelegt hat, dass der Kläger überhaupt keine Tätigkeit mit durchschnittlichen Anforderungen an die Konzentrationsfähigkeit leisten kann.

Die Kammer ist davon überzeugt, dass der Kläger ab September 2015 weder in der Lage ist, diese Tätigkeit noch eine andere Tätigkeit i.S.v. § 2 Abs. 1 BUZ96 auszuüben.

Der Sachverständige Priv.-Doz. Dr.H hat ausgeführt, dass beim Kläger ein chronisches Schmerzsyndrom mit Betonung im rechten Bein und der unteren Wirbelsäule besteht, das durch eine Zosterbedingte Nervenreizung oder/und Wirbelsäulenveränderungen hervorgerufen werden könne. Eine Klärung der Ursache sei kaum noch zu erwarten, insbesondere da auch eine Kombination dieser Ursachen möglich sei. Dass beim Kläger ein chronisches Schmerzsyndrom bestehe, werde in zahlreichen ärztlichen Berichten der letzten Jahre diagnostiziert, insbesondere auch durch behandelnde Schmerztherapeuten im ambulanten und stationären Rahmen. Auch der Vorgutachter verneine das Vorliegen eines Schmerzsymptoms letztlich nicht.

Da Schmerzen naturgemäß schwer objektivierbar seien, müssten bei der Beurteilung neben den Schilderungen des Probanden die medizinischen Befunde und der Behandlungsverlauf der letzten Jahre berücksichtigt werden. Der Proband gebe laut Aktenlage Schmerzen an, die vom Gesäß rechts in den Oberschenkel und den rechten Hoden ziehen und bis zum rechten Fußgelenk ausstrahlen würden sowie auch Schmerzen im Bereich der unteren Wirbelsäule. Die Beschwerden seien nahezu den ganzen Tag vorhanden. Schmerzmedikamente würden diese nur lindern, aber ihrerseits Nebenwirkungen wie Konzentrationsstörungen und Müdigkeit hervorrufen. Diese Darstellung finde sich im Wesentlichen gleichlautend in verschiedenen Gutachten der letzten Jahre und auch im Gutachten Dr. L.

Die im Vorgutachten von Herrn Dr. L beschriebene fehlende Einschränkung des An- und Entkleidens sei ein bedenkenswerter Einwand gegen das Vorliegen von Berufsunfähigkeit. Diese Fähigkeit stehe zum Vorliegen von Post-Zoster-Schmerzen aber nicht in Widerspruch, weil diese Schmerzen intermittierend auftreten könnten, zum Begutachtungszeitpunkt eine Medikation mit mehreren Schmerzmitteln bestand und selbst ein problemloses An- und Entkleiden nicht gegen eine Berufsunfähigkeit sprechen würde.

Beim Kläger bestünden keinerlei objektivierbare Defizite auf neurologischem Fachgebiet, die eine verminderte Arbeitsfähigkeit begründen würden. Allerdings bestehe seit Jahren ein chronisches Schmerzsyndrom der unteren Wirbelsäule mit Schmerzen, die ins rechte Bein vom Gesäß bis Leiste und Fußgelenk ziehend angegeben würden. Darüber hinaus würden rezidivierende Kopfschmerzen mehrmals im Monat beschrieben sowie Schmerzen im rechten Arm.

Eine rationale Bewertung von Schmerzen müsse sich wesentlich auf die Darstellung des bisherigen Krankheitsverlaufs und Art und Umfang der Therapiemaßnahmen stützen. Die Beschwerden seien seit mehreren Jahren aktenkundig und immer wieder Anlass zu ambulanten und stationären Therapien gewesen. Es wurden in dieser Zeit verschiedene schmerzlindernde Medikamente beschrieben, deren Einnahme im Vorgutachten zumindest teilweise nachgewiesen werden konnte. "Brüche" im Behandlungsverlauf seien nicht erkennbar gewesen. Als leistungsmindernd beschreibe der Proband zudem das Nebenwirkungsprofil der Schmerzmedikamente.

Zur Quantifizierung der Leistungsminderung könne auf die Leistungsfähigkeit im Rahmen des neuropsychologischen Gutachtens zurückgegriffen werden. Von einer Leistungsfähigkeit in der normalen beruflichen Belastungssituation sei für einen Zeitraum von 3 Stunden pro Tag auszugehen. Sei ein Proband in einer Begutachtungssituation über 90 Minuten nur in der Lage, mit den erwähnten neuropsychologischen Einschränkungen, unterdurchschnittliche Leistungen in der Reaktionskontrolle und Einschränkungen in der Daueraufmerksamkeit zu erbringen, könne daraus geschlossen werden, dass eine berufliche Tätigkeit, die Aufmerksamkeit, Konzentration und kognitive Leistung über 3 oder mehr Stunden erfordere, nicht ausgeübt werden könne.

Bei Annahme eines chronifizierten Schmerzsyndroms, das einerseits die Beweglichkeit, anderseits Konzentrationsfähigkeit, Reaktionszeiten und Daueraufmerksamkeit, direkt durch die Schmerzen oder indirekt durch die notwendigen Medikamente beeinträchtigt, sei anzunehmen, dass sowohl die Tätigkeit als Kfz-Mechaniker als auch die des IT-System-Elektronikers beeinträchtigt werde.

Diese Einschätzung werde auch durch die anhaltende Krankschreibung des Probanden gestützt. Es sei daher gutachterlich von einer deutlich mehr als 50-prozentigen Einschränkung der Fähigkeit zur Berufsausübung auszugehen, die über mehr als 6 Monate anhalte. Retrospektiv sei vom Eintritt dieser Leistungseinbuße am 04.09.2015 auszugehen.

Auf eine eigene Untersuchung des Patienten sei verzichtet worden, weil in einem derartigen Rahmen nicht ein zusätzlicher Erkenntnisgewinn zu erwarten gewesen sei. Allenfalls wäre ein zusätzlicher Informationsgewinn durch eine mehrtägige stationäre Beobachtung zu erreichen.

Unterschiede zu den Feststellungen des Herrn Dr. L ergäben sich nicht durch andere Befunde, sondern durch eine abweichende Bewertung dieser Befunde. Da ein chronifiziertes Schmerzsyndrom im Rahmen einer lang andauernden Schmerzerkrankung häufig eine Änderung der Symptomatik erfahre, spreche ein nicht typisches klinisches Bild entgegen der Auffassung von Herrn Dr. L nicht gegen eine Herpes-Zoster-Erkrankung. Da Schmerzen durch apparative Untersuchungen nicht zu belegen seien, könnten normale Befunde in solchen Untersuchungen ein chronifiziertes Schmerzsyndrom keinesfalls widerlegen. Unklar bleibe zudem, warum die Pkw-Fahrtauglichkeit als (medikamentös bedingt) eingeschränkt bewertet werde, eine Tätigkeit an laufenden Maschinen und Probefahrten aber nur zu 20 Prozent beeinträchtigt sei.

Die Kammer hat keine Bedenken, nach eigener Prüfung und Würdigung ihre Entscheidung auf die Ausführungen des Sachverständigen Priv.-Doz. Dr. H zu stützen. Der Sachverständige hat sein Gutachten in jeder Hinsicht fundiert und sachlich überzeugend begründet. Hierbei hat er sich nachvollziehbar und kritisch mit den vorprozessual erhobenen ärztlichen Befunden auseinandergesetzt und seine Feststellungen auch im Rahmen seiner Anhörung in der mündlichen Verhandlung vom 10.01.2018 nachvollziehbar zu erläutern vermocht. Besonders überzeugungskräftig war hierbei der Umstand, dass der Sachverständige Priv.-Doz. Dr. H umfassend erläutert hat, weshalb er auf Basis der erhobenen Befunde zu einem anderen Ergebnis als Herr Dr. L gelangt ist.

Zudem hat er plausibel begründet, weshalb er auf eine eigene Untersuchung des Patienten verzichtet hat. Im Rahmen einer gutachterlichen Untersuchung sei kein zusätzlicher Erkenntnisgewinn über die Aktenlagen hinaus zu erwarten gewesen. Dies sei nur durch eine stationäre mehrtätige Beobachtung zu erreichen. Ein derartiges Vorgehen geht jedoch über eine Sachverständigenbegutachtung hinaus.

Die Kompetenz und Erfahrung des Sachverständigen Priv.-Doz. Dr. Hl steht ebenso außer Zweifel wie seine Objektivität. Als langjährig praktizierender Facharzt für Neurologie und Psychiatrie sowie als erfahrener Sachverständiger verfügt er sowohl über ein fundiertes theoretisches Wissen als auch über eine umfassende praktische Erfahrung, um die hier relevanten Fragestellungen zu beurteilen. Seine Ausführungen beruhen auf einer gründlichen Aufarbeitung der Behandlungsunterlagen sowie einer Auseinandersetzung mit den vorprozessualen erstellten Gutachten. Zudem hat der Sachverständige die Überzeugungskraft der schriftlichen Ausführungen zusätzlich durch nachvollziehbare mündliche Erläuterungen verstärkt. Hierbei hat er der Kammer noch einmal dezidiert erläutert, warum er die klägerische Schilderung der nicht objektiv messbaren Schmerzen für zutreffend hält. Sein Ergebnis wird insoweit auch bestätigt durch das Gutachten Dr. S, welches generell ebenfalls zu dem Ergebnis kommt, dass der Kläger wahrheitsgemäße Angaben macht. Außerdem hat er begründet, weshalb der Kläger aus gutachtlicher Sicht aufgrund seiner Konzentrationsschwäche bei allen Tätigkeiten, die ein normales Maß an Konzentration erfordern, Schwierigkeiten bekommen wird.

Aufgrund der Berufsunfähigkeit steht dem Kläger ab September 2015 bis März 2016 eine monatliche Rente von 1.540,67 EUR zu. Da der Kläger erst ab September 2015 berufsunfähig ist, ist die Rentenhöhe korrekt berechnet.

Zinsen auf den zuzuerkennenden Betrag kann der Kläger ab dem 05.04.2016 aus §§ 291, 288 BGB beanspruchen.

Dem Kläger steht zudem ein Anspruch auf Zahlung von 429,52 EUR gegen die Beklagte aus § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB zu. Der Kläger leistete den monatlichen Versicherungsbeitrag in Höhe von 61,36 EUR ab September 2015 bis März 2016 ohne Rechtsgrund, weil die ab diesem Zeitpunkt bestehende Berufsunfähigkeit zur Beitragsbefreiung führt (§ 1 Abs. 6 BUZ96). Auch hier ergibt sich der Zinsanspruch ab dem 05.04.2016 aus §§ 291, 288 BGB.

Des Weiteren steht dem Kläger ein Anspruch auf Zahlung von monatlich 1.540,67 EUR gegen die Beklagte aus § 1 S. 1 VVG i.V.m. Versicherungsvertrag bis zum vereinbarten Versicherungsende am 01.06.2034 bei Fortbestehen der Berufsunfähigkeit zu.

Die negative Feststellungsklage ist begründet, weil der Kläger infolge seiner Berufsunfähigkeit der Beklagten keine Beiträge schuldet.

Dem Kläger steht kein Anspruch auf Freistellung von anwaltlichen Gebühren aus §§ 280 Abs. 1, 2; 286 BGB zu. Die Beklagte befand sich bei Inanspruchnahme des klägerischen Prozessbevollmächtigten durch diesen nicht in Verzug, weil sie zuvor nicht gemahnt wurde. Der Kläger hatte lediglich einen Leistungsantrag gestellt. Das Schreiben der Beklagten vom 28.10.2015, mit welchem sie Leistungen ablehnte, ist nicht als ernsthafte und endgültige Erfüllungsverweigerung zu qualifizieren, welche eine Mahnung entbehrlich machen würde. Das Ablehnungsschreiben ist nicht als letztes Wort aufzufassen.

Weitergehende Ansprüche stehen dem Kläger nicht zu.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 11, 709 S. 2, 711 ZPO.

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