ArbG Bonn, Urteil vom 30.01.2018 - 6 Ca 1066/17
Fundstelle
openJur 2019, 30106
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • nachfolgend: Az. 7 Sa 265/18

1. Zur Eingruppierung eines Übersetzers beim Bundessprachenamt der Bundeswehr in EG 13 TV EntgeltO Bund

2. Auslegung der Protokollerklärung Nr. 4 zu EG 13 Ziff. 1 TV EntgeltO Bund

Tenor

1. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger ab dem 01.01.2014 nach Entgeltgruppe 13 Stufe 5 der Entgeltordnung TVöD-Bund zu vergüten und die jeweiligen Bruttonachzahlungsbeträge ab dem ersten Tag des jeweiligen Folgemonats mit 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz zu verzinsen.

2. Die Kosten des Verfahrens trägt die Beklagte.

3. Streitwert: € 4037,40

Tatbestand

Der Kläger, geb. am 19 , verheiratet, ist bei der Beklagten seit dem 1. Juli 1986 als Übersetzer beschäftigt. Seine wöchentliche Arbeitszeit beträgt 38,5 Stunden. Der Kläger ist aktuell in die Entgeltgruppe 11 eingruppiert. Zunächst war der Kläger in die Vergütungsgruppe IV a der Anlage 1a/1b zum BAT eingruppiert. Ab dem 1. Januar 1991 erfolgte eine Eingruppierung in die Vergütungsgruppe III des BAT.

Mit Schreiben vom 23. Februar 2015 machte der Kläger gegenüber der Beklagten gemäß § 26 TVÜ-Bund eine Höhergruppierung in die Entgeltgruppe 13 geltend. Mit Schreiben vom 7. Juli 2016 bestätigte die Beklagte dem Kläger, dass er zum Zeitpunkt 1. Januar 2014 (Inkrafttreten des Tarifvertrages über die Entgeltordnung des Bundes) schwierige Texte aus dem Russischen ins Deutsche und aus dem Englischen ins Deutsche in einem Umfang von insgesamt 90 % zu übersetzen hatte. Bei der Fertigung der schwierigen Übersetzungen bringe er zudem gründliche Kenntnisse auf einem wissenschaftlichen oder wissenschaftlich technischen Fachgebiet zur Geltung (vgl. das Schreiben Bl. 27 ff d.A.). Der Kläger verfügt über einen wissenschaftlichen Hochschulabschluss.

Der TVöD-Bund lautet auszugsweise:

"§ 24 Grundsatz

Für die in den TVöD übergeleiteten Beschäftigten (§ 1 Abs. 1) sowie für die zwischen Inkrafttreten des TVöD und dem 31. Dezember 2013 beim Bund neu eingestellten Beschäftigten (§ 1 Abs. 2), deren Arbeitsverhältnis zum Bund über den 31. Dezember 2013 hinaus fortbesteht und die am 1. Januar 2014 unter den Geltungsbereich des TVöD fallen, gelten ab dem 1. Januar 2014 für Eingruppierungen § 12 (Bund) und § 13 (Bund) TVöD in Verbindung mit dem Tarifvertrag über die Entgeltordnung des Bundes (TV EntgO Bund).

Diese Beschäftigten sind zum 1. Januar 2014 gemäß den Regelungen dieses Abschnittes in den TV EntgO Bund übergeleitet.

§ 26 Höhergruppierungen

Ergibt sich nach dem TV EntgO Bund eine höhere Entgeltgruppe, sind die Beschäftigten auf Antrag in der Entgeltgruppe eingruppiert, die sich nach § 12 (Bund) TVöD ergibt. Der Antrag kann nur bis zum 30. Juni 2015 gestellt werden (Ausschlussfrist) und wirkt auf den 1. Januar 2014 zurück; nach dem Inkrafttreten des TV EntgO Bund eingetretene Änderungen der Stufenzuordnung in der bisherigen Entgeltgruppe bleiben bei der Stufenzuordnung nach Abs. 2 bis 5 unberücksichtigt..."

Der TVöD-Bund lautet zudem auszugsweise:

"§ 12 Eingruppierung

Die Eingruppierungen der/des Beschäftigten richtet sich nach dem Tarifvertrag über die Entgeltordnung des Bundes (TV EntgO Bund). Die/Der Beschäftigte erhält Entgelt nach der Entgeltgruppe, in der sie/er eingruppiert ist.

Die/Der Beschäftigte ist in der Entgeltgruppe eingruppiert, deren Tätigkeitsmerkmal die gesamte von ihr/ihm nicht nur vorübergehend auszuübende Tätigkeit entspricht. Die gesamte auszuübende Tätigkeit entspricht den Tätigkeitsmerkmalen einer Entgeltgruppe, wo zeitlich mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge anfallen, die für sich genommen die Anforderungen eines Tätigkeitsmerkmals oder mehrere Tätigkeitsmerkmale dieser Entgeltgruppe erfüllen."

In dem zum 1. Januar 2014 in Kraft getretenen Tarifvertrag EntgO Bund sind die hier vorliegenden relevanten Entgeltgruppen 11 und 13 wie folgt geregelt:

"Entgeltgruppe 11

Beschäftigte mit einschlägiger abgeschlossener Hochschulbildung und entsprechender Tätigkeit sowie sonstige Beschäftigte, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeit und ihrer Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausüben, die

a) schwierige Texte in zwei Sprachrichtungen übersetzen und

b) dabei gründliche Kenntnisse auf mindestens einem Fachgebiet des Ressorts oder auf einem wissenschaftlichen oder wissenschaftlich technischen Fachgebiet zur Geltung bringen.

Entgeltgruppe 13, Ziff. 3

Beschäftigte mit einschlägiger abgeschlossener wissenschaftlicher Hochschulbildung, die schwierige Texte in mindestens zwei Sprachrichtungen qualifiziert übersetzen (hierzu Protokollerklärung zu Nr. 4 und 5)."

Die Protokollerklärung nur 4 lautet wie folgt:

"Beschäftigte übersetzen qualifiziert, wenn die Übersetzung besonderen qualitativen Anforderungen entspricht, weil sie in druckreife Form zu bringen ist oder keiner weiteren Kontrolle mehr unterliegt."

Die Definition der "druckreifen Form" findet sich in Protokollerklärung Nr. 2, die lautet:

"Eine Übersetzung ist dann in druckreife Form zu bringen, wenn sie unter Wahrung der Stilebene des Originaltextes stilistisch ausgefeilt werden und den für die Abfassung von Gesetzen, Verträgen, Vorschriften, anderen amtlichen Veröffentlichungen oder wissenschaftlichen Arbeiten geltenden Grundsätzen der sprachlichen Gestaltung vollständig entsprechen und höchsten Anforderungen genügen muss. Ob die druckreife Form erforderlich ist, ergibt sich aus dem Verwendungszweck der Übersetzung oder aus einer ausdrücklichen Anordnung im Einzelfall."

Die vom Kläger gefertigten Übersetzungen werden nach Fertigstellung auf ein internes Laufwerk der Abteilung gespeichert. Der Kläger stellt der Beklagten die fertig gestellten Übersetzungen zur Verfügungen, in dem er diese auf dem Abteilungslaufwerk abspeichert und die Beklagte über die Fertigstellung informiert.

Der Kläger fertigt seine Übersetzungen aus dem Russischen ausschließlich für das G. der C. (G.). Das G. hat den Auftrag, eine bedarfsgerechte, effektive und wirtschaftliche Versorgung der C. mit allgemeinen Fachinformationen zu gewährleisten. Alle Übersetzungen, inklusive der Übersetzungen aus dem Englischen, sind für den Geschäftsbereich des C. zu fertigen. Das G. ist eine eigene Spezialbibliothek der C..

Die Beklagte verfügt über eine hierarchische Struktur mit Überprüfern und Übersetzern. Überprüfer überprüfen die Übersetzungen der Übersetzer. Gemäß Protokollerklärung Nr. 1 bedeutet überprüfen das "Vergleichen von Übersetzungen mit dem Originaltext auf Vollständigkeit, auf sprachliche, sachliche und terminologische Richtigkeit, ferner, soweit erforderlich, das stilistische Ausfeilen der Übersetzung unter Wahrung der Stilebene des Originaltextes..." . Ein Angestellter überprüft "verantwortlich, wenn die überprüfte Übersetzung keiner weiteren Kontrolle mehr unterliegt." Im Referat T. des C. (Einsatzbereich des Klägers) beschäftigt die Beklagte zwei Überprüfer für die englischen Übersetzungen. Weder die Überprüfer des Referates noch die Referatsleitung beherrschen die russische Sprache.

Der Kläger ist der Ansicht, dass es sich bei seiner Tätigkeit um eine qualifizierte Übersetzung im Sinne der Tarifvorschrift handelt. Es fehle an einer fachlichen Kontrolle seiner Tätigkeit. In den Jahren 2013 bis 2016 seien seiner Übersetzungen zwischen 73,832% und 96,16 % unüberprüft veröffentlich worden (vgl. die Auflistung Blatt 12 d. A.). Die Übersetzungen würden nach Fertigstellung auf das interne Abteilungslaufwerk kopiert. Daraufhin würde die Fremdsprachenassistentin des Geschäftszimmers darüber informiert, dass der Text an den jeweiligen Auftraggeber weitergeleitet werden könne. Die Fremdsprachenassistentin trage auch die anfallenden Abweichungseinheiten online ein und melde dem C. den Auftrag als fertiggestellt. Daraufhin werde die Übersetzung ohne weitere Kontrolle und ohne dass die Referatsleitung sich die Übersetzung auch nur anschaue ( jedenfalls bis Mai 2017) an den Auftraggeber, das G. der C., weitergeleitet. Dort werde die Übersetzung in die Datenbank des G. übertragen.

Die Veröffentlichung der Übersetzungen durch das G. der C. seien Veröffentlichungen im Sinne der Protokollnotiz Nr. 2 zu 16.4 der Entgeltordnung zum Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes Bund. Die Übersetzungen, die im G. der C. eingestellt würden, müssten stilistisch ausgefeilt sein und höchsten Anforderungen genügen. Dies betreffe alle Übersetzungen aus dem Russischen ins Deutsche.

Der Kläger bestreitet weiter, dass seitens der Referatsleitung oder von Überprüfern selbst eine Plausibilitätskontrolle, sollte diese ausreichen, möglich sei. Ohne Kenntnisse der russischen Sprache und der kyrillischen Schrift könne keine Plausibilitätskontrolle durchgeführt werden. Eine Kontrolle im Tarifsinne müsse jedenfalls eine Kontrolle inhaltlicher Art sein. Diesem Verständnis stünde die fachliche Verantwortung der Referatsleitung nicht entgegen. Allein der Vorbehalt einer Kontrollmöglichkeit reiche nicht aus; die Texte müssten tatsächlich zu mehr als 50 % kontrolliert werden.

Der Kläger beantragt,

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger ab dem 1. Januar 2014 nach Entgeltgruppe 13 Stufe 5 der Entgeltordnung TVöD-Bund zu vergüten und die jeweiligen Bruttonachzahlungsbeträge ab dem ersten Tag des jeweiligen Folgemonats mit 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz zu verzinsen.

Die Beklagte beantragt Klageabweisung.

Die Beklagte ist der Ansicht, die Übersetzungen des Klägers seien nicht in eine "druckreife Form" zu bringen. Bei der Verwendung für das G. handele es sich lediglich um eine interne Verwendung, weshalb eine besondere Qualität nicht gefordert sei.

Des Weiteren hätten die Übersetzungen des Klägers einer weiteren Kontrolle unterlegen, weil der Kläger der Referatsleitung unmittelbar unterstellt sei und auch nicht über eine Zeichnungsbefugnis verfüge. Die Referatsleitung habe auch stichprobenartig Kontrollen durchgeführt, wobei sie sich auch der Unterstützung anderer Abteilungen habe bedienen können und auch bedient habe. Insoweit habe die tarifliche Regelung ausdrücklich das Wort "Kontrolle" und nicht "Überprüfung" verwandt, welches eine Durchsicht durch einen sachkundigen Übersetzer voraussetze. Im Falle des Klägers würden die Übersetzungen aus dem Englischen und die Übersetzungen aus dem Russischen auf Veranlassung der Referatsleitung Kontrollen unterzogen, die stets auch eine Heranziehung des Originaltextes beinhalteten. Im Falle der angefertigten Übersetzungen aus dem Russischen ins Deutsche erfolge auf Veranlassung der Referatsleitung eine referatsübergreifende Kontrolle durch Mitarbeiterinnen/Mitarbeiter anderer Referate, die über die Überprüfungsqualifikation in der Sprachrichtung russisch/deutsch verfügten und somit befähigt seien, die Übersetzungen des Klägers zu überprüfen. Die insoweit bereits seit je her vorgenommenen Kontrollen würden seit dem 1. April 2017 auf Anweisung der Abteilungsleitung schriftlich dokumentiert. Seit April 2017 erfolgten die Kontrollen in annähernd 100 % der Fälle. Unabhängig von den tatsächlich durchgeführten Kontrollen sei es aber auch ausreichend, dass jede gefertigte Übersetzung des Klägers dem Vorbehalt einer Kontrolle unterliege. Dem Kläger sei zu keiner Zeit die Aufgabe übertragen worden, Übersetzungen zu erstellen, die keiner weiteren Kontrolle mehr unterliegen. Faktische Kontrollen der Arbeit von Übersetzern/Übersetzerinnen seien in der Vergangenheit in der Regel ohne eine Dokumentation durchgeführt worden. Hierzu habe in der Vergangenheit auch kein Anlass bestanden, da es sich um die regelmäßigen laufenden Arbeitsprüfungen im Rahmen einer üblichen Behördenstruktur gehandelt habe. Seit dem 1. April 2017 sei seitens der Abteilungsleitung angewiesen worden, dass alle Übersetzungen (durch Referatsleiter oder Überprüfer) zu kontrollieren und diese Kontrollen auch aktenkundig zu dokumentieren seien.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze sowie auf die zu den Akten gereichten Unterlagen ergänzend Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist zulässig und begründet.

Der Klageantrag ist als typische Eingruppierungsfeststellungsklage gemäß § 256 ZPO zulässig (zur Zulässigkeit von Eingruppierungsfeststellungsklagen vgl. BAG, Urteil vom 22. Oktober 2008, 4 AZR 735/07).

Die Klage ist auch begründet. Die Beklagte ist verpflichtet, dem Kläger seit dem 1. Januar 2014 nach der Entgeltgruppe 13 Stufe 5 des TV-Entgeltordnung Bund zu vergüten und die Bruttonachzahlungsbeträge ab dem ersten Tag des jeweiligen Folgemonats mit 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen, da der Kläger seit dem 1. Januar 2014 die Voraussetzungen der Entgeltgruppe 13 des TV-EntgO Bund erfüllt.

Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet der TVöD unstreitig Anwendung. Gemäß § 12 Abs. 1 TVöD richtet sich die Eingruppierung der Beschäftigten nach dem Tarifvertrag über die EntgO des Bundes (TV-EntgO Bund). Nach § 12 Abs. 2 Satz 1 und 2 TVöD ist der Beschäftigte in der Entgeltgruppe eingruppiert, deren Tätigkeitsmerkmale die gesamte von ihm nicht nur vorübergehend auszuübende Tätigkeit entspricht. Die gesamte auszuübende Tätigkeit entspricht dem Tätigkeitsmerkmal einer Entgeltgruppe, wenn zeitlich mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge anfallen, die für sich genommen die Anforderungen eines Tätigkeitsmerkmals oder mehrerer Tätigkeitsmerkmale dieser Entgeltgruppe erfüllen.

Der Kläger erfüllt die Voraussetzungen der Entgeltgruppe 13 Fallgruppe III der TV-EntgO, da er unstreitig über die vorausgesetzte einschlägige abgeschlossene wissenschaftliche Hochschulbildung verfügt und ebenso unstreitig "schwierige Texte" in "zwei Sprachrichtungen" übersetzt. Darüber hinaus übersetzt der Kläger auch qualifiziert im Sinne der Fallgruppe III der Entgeltgruppe 13. Die Tarifvertragsparteien haben das verwendete Tarifmerkmal "qualifiziert übersetzen" in der Protokollerklärung Nr. 4 näher definiert. Danach übersetzen Beschäftigte qualifiziert, wenn die Übersetzung besonderen qualitativen Anforderungen entspricht, weil sie in druckreife Form zu bringen ist oder keiner weiteren Kontrolle mehr unterliegt.

Nach Auffassung der Kammer ergibt sich im Wege der Auslegung, dass für eine qualifizierte Übersetzung ausreicht, dass sie entweder in druckreife Form zu bringen ist oder keiner weiteren Kontrolle mehr unterliegen darf. Da die Übersetzung des Klägers im Sinne der Tarifvorschrift keiner weiteren Kontrolle mehr unterliegt, handelt es sich um eine qualifizierte Übersetzung im Tarifsinne.

Der normative Teil eines Tarifvertrages ist nach den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln auszulegen. Auszugehen ist zunächst vom Tarifwortlaut. Zur ermitteln ist der maßgebliche Sinn der Erklärung, ohne am Buchstaben zu haften. Über den reinen Wortlaut hinaus ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien zu berücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist ferner auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefert und nur so Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden kann (BAG, Urteil vom 16. Dezember 2004, 6 AZR 658/03). Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse ist zu berücksichtigen (LAG Köln, Urteil vom 5. April 2017, 3 Sa 781/16). Dabei ist der Grundsatz zu beachten, dass die Tarifvertragsparteien eine vernünftige, gerechte, zweckorientierte und vor allem praktisch brauchbare Regelung treffen wollen, so dass im Zweifel derjenigen Auslegung der Vorzug zu geben ist, die diesen Anforderungen des Rechts- und Arbeitslebens am ehesten entspricht (vergleiche BAG, Urteil vom 2. November 2016, 10 AZR 615/15; LAG Köln, a.a.O.). Zwischen den Parteien besteht Einigkeit, dass es auf ein alternatives, nicht auf ein kumulatives Verständnis der Heraushebungsmerkmale in der Entgeltgruppe 13 ankommt. Strittig ist der Begriff der "weiteren Kontrolle". Die weiteren Eingruppierungsmerkmale entsprechen schon der Entgeltgruppe 11, welche der Kläger unstreitig erfüllt. Qualifizierte Übersetzungen erfordern demnach nach der Protokollerklärung Nr. 4 eine besondere Qualität des Endergebnisses. Dieses wird entweder dadurch erfüllt, dass der Übersetzertext zur Veröffentlichung ansteht, oder dass er ohne weitere Kontrolle die Behörde verlässt.

Es kann vorliegend dahinstehen, ob der Kläger die von ihm übersetzten Texte in druckreife Form zu bringen hat. Denn die Voraussetzungen der fehlenden weiteren Kontrolle sind nach Auffassung der Kammer gegeben.

Eine weitere Kontrolle im Tarifsinne ist mehr, als die Möglichkeit zu einer stichprobenartigen Kontrolle der Arbeitsergebnisse durch die Referatsleitung. Auf eine bloß stichprobenartige Kontrolle in jeweiligen Einzelfällen kann es bereits deshalb nicht ankommen, weil solche Überprüfungen jedem Arbeitsverhältnis eigen sind. Eine durch einen Arbeitgeber in gar keinem Fall kontrollierte Aufgabenerfüllung ist praktisch nicht vorstellbar. Auch die bloße hierarchische Einordnung des Klägers in eine Behördenstruktur und damit verbundene Möglichkeit zur Fachkontrolle reicht als Kontrolle im Sinne der Tarifvorschriften nicht aus. Behördliche Strukturen sind prägend für den öffentlichen Dienst, ohne dass sie im Zusammenhang mit einer von der Protokollerklärung geforderten weiteren Kontrolle stünden. Jeder Behördenstruktur ist vielmehr immanent, dass sie verschiedene hierarchische einander unterstellte Leitungsebenen aufweist, in denen einzelne Personen Vorgesetzten unterstellt sind, die ebenfalls wieder andere Vorgesetzte haben.

Das Tarifmerkmal "weitere Kontrolle" erfordert mehr als die allgemeine fachliche Kontrollmöglichkeit aufgrund der Hierarchie. Dem Beklagten ist jedoch insoweit zu folgen, als dass das Merkmal "weitere Kontrolle" nicht gleichgesetzt wird mit dem Überprüfen im Sinne der Protokollnotiz Nr. 1 des Tarifvertrages. Nach Auffassung der Kammer sind an die Intensität der Kontrolle geringere Anforderungen zu stellen, als an das Überprüfen im Sinne der Protokollnotiz Nr. 1. Es bedarf aber einer tatsächlichen und inhaltlichen "Kontrolle". Nur dann ist das Arbeitsergebnis so qualifiziert, dass es vergleichbar den Texten der Überprüfer den Anforderungen der Entgeltgruppe13 entspricht. Diese faktische Sichtweise ergibt sich bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift. Der maßgebliche Kausalsatz ("weil...sie keiner weiteren Kontrolle unterliegt") lässt bereits nach dem gewählten Verb "unterliegt" auf eine solche faktische Sichtweise schließen. Die Tarifvertragsparteien haben gerade nicht geschrieben "weil sie keiner weiteren Kontrollinstanz mehr unterliegt". Diese Formulierung lässt auf einen tatsächlichen Kontrollvorgang schließen. In dem sich der Arbeitgeber auf die inhaltliche Richtigkeit der Übersetzung verlässt, rechtfertigt dies nach Sinn und Zweck der tariflichen Eingruppierung die damit verbundene höhere Verantwortung entsprechend zu vergüten. Die qualifizierte Übersetzung wird im Ergebnis vergleichbar einer Übersetzung, die von einem Überprüfer überprüft wurde.

Faktisch sind die Übersetzungen des Klägers nicht im Tarifsinne überprüft worden. Der Kläger hat behauptet, dass im streitbefangenen Zeitraum keine oder nur ganz geringe Kontrollen seiner Tätigkeit stattgefunden haben. Die Beklagte hat dies nicht substantiiert bestritten, weder wurden von ihr für die angeblichen Kontrollen im streitbefangenen Zeitraum Namen der Kontrolleure noch genaue Daten der angeblichen Kontrollen angegeben. Auch der Vortrag, dass seit dem 1. April 2017 seitens des Abteilungsleiters T. angewiesen worden sei, alle Übersetzungen zu kontrollieren, ändert nach Auffassung der Kammer nichts daran, dass die Arbeit des Klägers keiner weiteren Kontrolle unterliegt. Zum einen hat die Beklagte mit diesem Vortrag keine Kontrollen in der Zeit vom 1. Januar 2014 bis 31. März 2017 behauptet. Organisatorische Änderungen, die einen Wechsel der Kontrolldichte seit dem 1. April 2017 ermöglichen, hat die Beklagte ebenfalls nicht konkret vorgetragen.

Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits gemäß § 91 Abs. 1 ZPO zu tragen, da sie unterlegen ist. Die Festsetzung des Streitwertes im Urteil beruht auf § 61 ArbGG i. V. m. § 42 GKG.