Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks M. Straße XX in X. (Gemarkung C. , Flur XXX, Flurstück XXX - Vorhabengrundstück -). Dieses ist mit einem viergeschossigen Gebäude bebaut, das ursprünglich als Verwaltungs- bzw. Bürogebäude und ab dem Jahr 1999 als Schulungsgebäude genutzt wurde und für das zuletzt mit Baugenehmigung vom 15. Februar 2016 auf der Grundlage von § 246 Abs. 10 BauGB eine Nutzung als Flüchtlingsunterkunft genehmigt worden ist. In den Gebäuden entlang der M. Straße, der Straße C1. , der F.----straße und dem M. Weg finden sich sowohl gewerblich genutzte Gebäude als auch Gebäude, die zum Wohnen genutzt werden.
Das Vorhabengrundstück liegt im Geltungsbereich des am 1. März 1962 bekanntgemachten Durchführungsplanes Nr. 152 Teil A der Beklagten, der für dieses Gebiet ein Großgewerbegebiet festsetzt.
Unter dem 27. Oktober 2016 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Erteilung eines Bauvorbescheides für die Nutzungsänderung des ehemaligen Verwaltungs- und Schulungsgebäudes in Mietwohnungen.
Nach Anhörung des Klägers versagte die Beklagte mit Bescheid vom 4. April 2017 die Erteilung des beantragten Vorbescheides und begründete dies im Wesentlichen mit der entgegenstehenden Großgewerbegebiet-Festsetzung des Durchführungsplanes Nr. 152, nach der die geplanten Wohnnutzungen auch nicht ausnahmsweise zulässig seien. Die Voraussetzungen für die Erteilung einer Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB lägen ebenfalls nicht vor, weil Grundzüge der Planung berührt seien und auch die weiteren Voraussetzungen für eine Befreiung nicht vorlägen. Die von dem Kläger im Verwaltungsverfahren angeführten Wohnnutzungen in der Umgebung des Vorhabens seien bereits vor Inkrafttreten des maßgeblichen Durchführungsplanes genehmigt worden oder befänden sich im Bereich des durch diesen Plan ebenfalls festgesetzten Kleingewerbegebiets, in dem Wohnen grundsätzlich zulässig sei.
Der Kläger hat am 3. Mai 2017 Klage erhoben. Zur Begründung führt er im Wesentlichen aus, die beabsichtigte Nutzungsänderung sei planungsrechtlich zulässig. Die in Rede stehende Großgewerbegebiet-Festsetzung des Durchführungsplanes Nr. 152 der Beklagten sei aus sachfremden Erwägungen, nämlich zur Abwendung von Schadensersatzansprüchen, getroffen worden. Im Übrigen sei die Festsetzung obsolet bzw. funktionslos geworden. Das Ziel des Planes, Großgewerbe anzusiedeln, habe sich nie realisiert und es könne wegen der Grundstückszuschnitte auch nicht mehr realisiert werden. Stattdessen seien zunehmend Wohnnutzungen in diesem Gebiet zu finden, die nach Inkrafttreten des Durchführungsplanes genehmigt worden bzw. entstanden seien. Selbst wenn die Festsetzung wirksam sei, habe der Kläger einen Anspruch auf die Erteilung einer Befreiung. Sein Vorhaben berühre nicht die Grundzüge der Planung und sei städtebaulich vertretbar, weil es in Anbetracht der vorhandenen Wohnnutzungen nicht ins Gewicht falle.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 4. April 2017 zu verpflichten, ihm den beantragten planungsrechtlichen Bauvorbescheid für die Nutzungsänderung des Gebäudes auf dem Grundstück M. Straße XX in X. zu erteilen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung führt sie im Wesentlichen aus, die in Rede stehende Festsetzung eines Großgewerbegebietes, das einem Gewerbegebiet nach der heutigen BauNVO vergleichbar sei, sei nicht aus sachfremden Erwägungen getroffen worden und sei auch nicht funktionslos geworden. Viele der in diesem Gebiet zu findenden Wohnnutzungen seien vor Inkrafttreten des Durchführungsplanes Nr. 152 genehmigt worden. Das Gebiet sei Teil eines historisch gewachsenen Gewerbegebietes, in dem nach wie vor Gewerbebetriebe ansässig seien, die das Plangebiet auch prägten. Dass das Vorhaben des Klägers Grundzüge der Planung berühre, zeige der Umstand, dass der Plangeber die Großgewerbegebiet-Festsetzung bewusst und in Kenntnis der bereits bei der Aufstellung des Planes vorhandenen Wohnnutzungen getroffen habe.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch eine Ortsbesichtigung. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll vom 2. Oktober 2018 und wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungs- und Aufstellungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.
Die Klage hat keinen Erfolg. Sie ist zulässig, aber nicht begründet.
Der Kläger hat in dem zur Beurteilung der Sach- und Rechtslage maßgeblichen Zeitpunkt keinen Anspruch auf den beantragten Bauvorbescheid. Der Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 4. April 2017 ist nicht rechtswidrig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 5 Satz 1, Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Der nach dem materiellen Recht zu bestimmende maßgebliche Zeitpunkt zur Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist nach § 90 Abs. 4 der Landesbauordnung 2018 (BauO NRW 2018) für den hier vorliegenden Fall derjenige der behördlichen Entscheidung. Nach dieser Vorschrift werden die bis zum 31. Dezember 2018 vollständigen und ohne erhebliche Mängel eingereichten Bauvorlagen nach der Landesbauordnung in der Fassung vom 1. März 2000 beschieden. Die Vorschrift ist auch auf Bauvorbescheide anzuwenden,
vgl. die Handlungsempfehlung auf der Grundlage der Dienstbesprechungen mit den Bauaufsichtsbehörden im Oktober/November 2018 des Ministeriums für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung des Landes Nordrhein-Westfalen aus Januar 2019, S. 75.
Die durch diese Vorschrift bestimmte Anwendbarkeit alten Rechts auf bei Inkrafttreten der neuen Landesbauordnung zum 1. Januar 2019 bereits gestellte, aber noch zu bescheidende Bauanträge ist im Interesse einer einheitlichen Behandlung von "Altfällen" auch bei der gerichtlichen Überprüfung von bereits nach altem Recht beschiedenen Bauanträgen - wie im vorliegenden Fall - anzuwenden. Daher ist zur Beurteilung der Sach- und Rechtslage der Zeitpunkt der Bescheidung der Bauvoranfrage des Klägers maßgeblich.
Die geplante Nutzungsänderung in Mietwohnungen bedarf einer (erneuten) bauaufsichtlichen Zulassung. Sie ist nicht von dem durch die vorherigen Baugenehmigungen vermittelten Bestandsschutz umfasst, weil sie nicht von deren jeweiligen Variationsbreiten abgedeckt ist. Im Hinblick auf die ursprünglich genehmigten Nutzungen als Büro- und Verwaltungsgebäude sowie als Schulungsgebäude liegt dies auf der Hand. Die geplante Wohnnutzung ist jedoch auch nicht umfasst von der Baugenehmigung vom 15. Februar 2016 zur Nutzung des Gebäudes als Flüchtlingsunterkunft. Die planungsrechtliche Einordnung als Wohngebäude oder als Anlage für soziale Zwecke ist zwar für den Fall streitig, dass Asylbewerber oder Flüchtlinge in "normalen" Wohnverhältnissen in Wohngebäuden oder Wohnungen untergebracht werden und dort ein selbstbestimmtes häusliches Leben im Sinne des planungsrechtlichen Wohnbegriffs möglich ist,
vgl. Stock, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, 131. EL Oktober 2018, BauNVO § 3 Rn. Randnummer 53.
Ein solcher Fall "normaler" Wohnverhältnisse liegt hier jedoch nicht vor. Die Baugenehmigung umfasst lediglich eine Anlage für soziale Zwecke und keine Wohnnutzung im planungsrechtlichen Sinne. Bereits aus der Erläuterung zum Bauantrag für die Genehmigung der Flüchtlingsunterkunft ist ersichtlich, dass der Aufenthalt der unterzubringenden Personen nur zur vorübergehenden Dauer (3 - 6 Monate) genehmigt ist. Nach den Grundrissen handelt es sich bei der genehmigten Flüchtlingsunterkunft um eine gemeinsame Unterbringung von mehreren Personen pro Zimmer mit Gemeinschaftssanitäranlagen und -küchen. Die Anlage ist damit nach der Baugenehmigung und den zugehörigen Unterlagen erkennbar nicht auf die Einrichtung eines privaten, häuslichen Bereichs im Sinne eines Wohnens, sondern nur auf einen vorübergehenden Aufenthalt ausgerichtet.
Gemäß §§ 71 Abs. 1 und 2 i.V.m. 75 Abs. 1 Satz 1 der Bauordnung für das Land Nordrhein-Westfalen i.d.F. der Bekanntmachung vom 1. März 2000 (BauO NRW) ist ein Vorbescheid zu erteilen, wenn dem Vorhaben unter den Gesichtspunkten, die Gegenstand der Voranfrage sind, öffentlichrechtliche Vorschriften nicht entgegenstehen. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Der geplanten Nutzungsänderung stehen öffentlichrechtliche Vorschriften entgegen.
Die Nutzungsänderung ist bauplanungsrechtlich nicht zulässig. Die bauplanungsrechtliche Beurteilung richtet sich gemäß § 30 Abs. 3 Baugesetzbuch (BauGB) hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung nach dem gemäß § 173 Abs. 3 Satz 1 Bundesbaugesetz 1960 (BBauG), § 233 Abs. 3 Baugesetzbuch (BauGB) als Bebauungsplan übergeleiteten Durchführungsplan Nr. 152 Teil A der Beklagten und im Übrigen nach § 34 Abs. 1 BauGB. Der von dem Kläger beabsichtigten Nutzungsänderung stehen die Festsetzungen des Durchführungsplanes zur Art der baulichen Nutzung entgegen, die für das Gebiet, in dem sich das Vorhabengrundstück befindet, ein Großgewerbegebiet ausweisen. Die beabsichtigte Wohnnutzung ist in diesem Gebiet nach § 7 B. 3. e) der Baupolizeiverordnung für den Regierungsbezirk Düsseldorf vom 1. April 1939 (Baupolizeiverordnung) nicht zulässig. Diese Regelung (und nicht die Baunutzungsverordnung -BauNVO-) ist für die nähere Bestimmung der im Baugebiet zulässigen Nutzungsart maßgeblich, weil der Durchführungsplan vor Inkrafttreten der ersten BauNVO am 1. August 1962 bekanntgemacht wurde,
vgl. dazu Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Stand 131. EL Oktober 2018, § 233 Rn. 76 ff.
Nach dieser Vorschrift, die im Wesentlichen mit den Regelungen zum Gewerbegebiet in der aktuell geltenden BauNVO vergleichbar ist, sind in einem Großgewerbegebiet nur gewerbliche Anlagen und Gebäude für industrielle Nutzung zugelassen. Gestattet sind alle für den Betrieb erforderlichen Nebenanlagen, wie Arbeiteraufenthaltsräume, Büros, Lagerräume, Verkehrsgebäude und Wohnungen für das zur Bewachung erforderliche Aufsichtspersonal; ausnahmsweise können in höchstens 20m breiten Baulücken zwischen vorhandenen Wohnhäusern weitere Wohnhäuser zugelassen werden. Danach ist die von dem Kläger geplante reine Wohnnutzung in dem Gebäude M. Straße XX auch nicht ausnahmsweise zulässig.
Die Festsetzungen des Durchführungsplanes Nr. 152 Teil A der Beklagten sind auch wirksam. Sie sind insbesondere nicht abwägungsfehlerhaft, weil nicht feststellbar ist, dass sie auf "sachfremden Erwägungen" beruhen. Aus den Ausführungen auf Bl. 35 des Aufstellungsvorgangs geht hervor, dass sich die dort vorgeschlagene Erweiterung der Großgewerbegebiets-Ausweisung auf einen Teil des Geltungsbereichs des Plans Nr. 151 Teil A und nicht auf den hier in Rede stehenden Plan Nr. 152 Teil A bezieht. Schon deshalb bleibt die Wirksamkeit des Durchführungsplanes Nr. 152 Teil A hiervon unberührt. Davon abgesehen betrifft die zur Abwehr von Entschädigungsansprüchen ausgeweitete Großgewerbegebietsfläche nur einen Teilbereich der Baugebietsfestsetzungen in dem Plan Nr. 151 Teil A. Dies stellt weder die Gesamtwirksamkeit des Durchführungsplanes Nr. 151 Teil A noch die des hier maßgeblichen Durchführungsplanes Nr. 152 Teil A durchgreifend in Frage,
vgl. zu den Voraussetzungen einer Gesamtunwirksamkeit: BVerwG, Urteil vom 14. September 2017 - 4 CN 6/16 -, juris.
Selbst im Falle einer unterstellten Teilunwirksamkeit dieser Ausweitung der Baugebiets-Ausweisung könnten die übrigen Festsetzungen auch für sich betrachtet noch eine sinnvolle städtebauliche Ordnung bewirken und es ist unter anderem anhand der Ausführungen auf Bl. 35 der Aufstellungsvorgänge erkennbar, dass der Plangeber den Durchführungsplan auch ohne diese Gebietsausweitung beschlossen hätte.
Die Festsetzung eines Großgewerbegebiets unter anderem für das Vorhabengrundstück ist auch nicht nachträglich durch den Verlust ihrer städtebaulichen Funktion unwirksam geworden. Wegen Funktionslosigkeit tritt eine bauplanerische Festsetzung (erst) dann außer Kraft, wenn und soweit die Verhältnisse, auf die sie sich bezieht, in der tatsächlichen Entwicklung einen Zustand erreicht haben, der eine Verwirklichung der Festsetzung auf unabsehbare Zeit ausschließt, und wenn diese Tatsache so offensichtlich ist, dass ein in ihre Fortgeltung gesetztes Vertrauen keinen Schutz verdient. Dabei kommt es nicht auf die Verhältnisse auf einzelnen Grundstücken an. Entscheidend ist vielmehr, ob die jeweilige Festsetzung noch geeignet ist, zur städtebaulichen Ordnung im Sinne des § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB im Geltungsbereich des Bebauungsplans einen sinnvollen Beitrag zu leisten,
vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 22. Juli 2010 - 4 B 22/10 -, vom 9. Oktober 2003 - 4 B 85.03 -, und vom 23. Januar 2003 - 4 B 79.02 -, Urteile vom 12. August 1999 - 4 CN 4.98 -, vom 3. Dezember 1998 - 4 CN 3.97 - und vom 29. April 1977 - IV C 39.75 -, jeweils juris; OVG NRW, Urteil vom 16. Oktober 2018 - 2 A 572/17 -, n.v.
Es muss sich somit um nachträgliche tatsächliche Veränderungen der Sach- oder Rechtslage handeln, die der Planverwirklichung objektiv entgegenstehen. Wann die Voraussetzungen der Funktionslosigkeit gegeben sind, ist dagegen eine Frage des jeweiligen Einzelfalls,
vgl. OVG NRW, Urteil vom 16. Oktober 2018 - 2 A 572/17 -, n.v.
Davon ausgehend ist der Durchführungsplan Nr. 152 Teil A hinsichtlich der hier allein umstrittenen Festsetzung eines Großgewerbegebietes nicht funktionslos geworden. Nach dem Eindruck von der Örtlichkeit sind die vorhandenen Flächen insbesondere zwischen der M. Straße und dem M. Weg hinsichtlich ihrer Lage und Größe für die Nutzung durch Gewerbebetriebe geeignet. Die Flächen werden, wie auf den gefertigten Lichtbildern erkennbar ist, auch nach wie vor von Gewerbebetrieben genutzt. Die im Plangebiet vorhandenen Wohnnutzungen schließen die Verwirklichung der Gewerbegebiets-Festsetzung nicht insgesamt und auch nicht auf unabsehbare Zeit aus. Zunächst ist zu berücksichtigen, dass die Baugebietsfestsetzung im Ganzen in den Blick zu nehmen ist. Daraus folgt, dass eine tatsächliche "Fehlentwicklung" auf einzelnen Grundstücken die Verwirklichung der Festsetzung im Ganzen nicht ausschließt. Da im vorliegenden Fall jedenfalls zwischen der M. Straße und dem M. Weg bzw. der X1. noch überwiegend gewerbliche Flächen bzw. für Gewerbe nutzbare Flächen vorhanden sind, können die im Übrigen zu findenden Wohnnutzungen der Baugebietsfestsetzung ihre städtebauliche Steuerungsfunktion schon deshalb nicht entziehen. Die vom Kläger genannte Wohnbebauung südlich des Vorhabengrundstücks im Kreuzungsbereich der M. Straße zur Straße C1. befindet sich nicht in dem hier maßgeblichen Großgewerbegebiet, sondern in einem festgesetzten Kleingewerbegebiet (C), das einem Mischgebiet nach der aktuell geltenden BauNVO vergleichbar ist und in dem Wohnnutzung zulässig ist. Im Übrigen ist davon auszugehen, dass es sich bei der im Bereich der Großgewerbegebietsfestsetzung zu findenden Wohnnutzungen überwiegend nicht um nachträgliche tatsächliche Veränderungen handelt. Die auf der gegenüberliegenden Seite der M. Straße nördlich des Vorhabengrundstücks gelegenen Wohnnutzungen im Bereich der Grundstücke M. Straße XX - XX und F.----straße X und X sind nach den Ermittlungen der Beklagten bereits mit Bauschein vom 29. April 1960 genehmigt worden und bleiben daher, selbst in dem unterstellten Fall, dass die Realisierung dieser Bebauung erst nach der Bekanntmachung des Planes erfolgt sein sollte, außer Betracht. Diese Fälle sind wie eine Überplanung von Bestandsgebäuden zu behandeln. Gleiches gilt in Bezug auf die ebenfalls bereits vor Bekanntmachung des Durchführungsplanes vorhandenen bzw. genehmigten Hausgrundstücke C1. XX, M. Straße XX, XX, XX und XX (vgl. im Übrigen die Karten auf Bl. 22 und Bl. 29 in Band 6 der Verwaltungsvorgänge). Bei den Grundstücken M. Straße XX und C1. XX und XX handelt es sich um gewerblich genutzte Gebäude. Soweit darüber hinaus Wohnbebauung zu finden ist, wie etwa die im Rahmen der Ortsbesichtigung festgestellten Nutzungen entlang des M. Weg, sind diese ungenehmigt und hat die Beklagte eine Duldung nicht erteilt oder sind diese in einem Gewerbegebiet zulässig (etwa die Betriebswohnungen in M. Weg XX/XX sowie das Therapiezentrum in M. Weg XX). In der Gesamtschau liegen somit keine berücksichtigungsfähigen, nachträglich eingetretenen tatsächlichen Entwicklungen vor, die die städtebauliche Steuerungsfunktion des Durchführungsplanes hinsichtlich der Baugebietsfestsetzung in Frage stellen.
Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf die Erteilung einer Befreiung von der Festsetzung zur Art der baulichen Nutzung gemäß § 31 Abs. 2 BauGB. Rechtsgrundlage für eine Befreiung ist § 31 Abs. 2 BauGB und nicht § 5 der Baupolizeiverordnung. Zwar richten sich die planerischen Festsetzungen eines Durchführungs- oder Bebauungsplanes nach den zur Zeit seines Erlasses dafür geltenden Bestimmungen. Die allgemeine Zulässigkeit von Bauvorhaben richtet sich demgemäß ebenfalls nach den damals geltenden örtlichen Bauvorschriften,
vgl. OVG Hamburg, Urteil vom 31. Oktober 1991 - Bf II 41/90 -, juris.
Im Übrigen gilt für Bauvorhaben jedoch das zur Zeit der Baugenehmigung geltende Recht. Das gilt insbesondere für die Befreiung von den Festsetzungen eines Bebauungsplanes. Es kommt nicht darauf an, unter der Geltung welchen Rechts der jeweilige Bebauungsplan erlassen worden ist. § 31 Abs. 2 BauGB gilt auch für übergeleitete Bebauungspläne,
vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 18. November 2004 - 4 K 9276/02 -; in der Sache ebenso: OVG NRW, Urteil vom 26. Juni 2003 - 10 A 372/00 -, jeweils juris; Battis, Krautzberger, Löhr, BauGB, 12. Auflg., § 31 Rdn. 9.
Nach § 31 Abs. 2 BauGB kann von den Festsetzungen des Bebauungsplanes eine Befreiung erteilt werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und Gründe des Wohls der Allgemeinheit die Befreiung erfordern (1.), oder die Abweichung städtebaulich vertretbar ist (2.) oder die Durchführung des Bebauungsplanes zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde (3.) und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.
Die vom Kläger geplante Nutzungsänderung berührt Grundzüge der Planung. Ob die Grundzüge der Planung berührt werden, hängt von der jeweiligen Planungssituation ab. Entscheidend ist, ob die Abweichung dem planerischen Grundkonzept zuwider läuft. Je tiefer die Befreiung in das Interessengeflecht der Planung eingreift, desto eher liegt der Schluss auf eine Änderung in der Plankonzeption nahe, die nur im Wege der (Um-) Planung möglich ist,
vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. Mai 2004 - 4 B 35/04 - m.w.N., juris.
§ 31 Abs. 2 BauGB erfasst Fallgestaltungen, für die der Ortsgesetzgeber sich regelmäßig keine oder jedenfalls keine genauen Vorstellungen darüber gemacht hat, ob trotz der bauplanerischen Festsetzungen zur sachgemäßen Verfolgung der städtebaulichen Ziele im Sinne gebotener Einzelfallgerechtigkeit ein Abweichen von den Festsetzungen sachnäher ist,
vgl. BVerwG, Beschluss vom 20. November 1989 - 4 B 163. 89 -, BayVBl. 1990, 313.
Demgemäß rechtfertigen nur Planfestsetzungen, die - wie regelmäßig - ein Mindestmaß an Abstraktion oder Verallgemeinerungen enthalten, die Erteilung einer Befreiung. Hat der Plangeber hingegen eine Festsetzung "im Angesicht des Falles" für diesen Fall so und nicht anders gewollt, ist für eine Befreiung kein Raum,
vgl. BVerwG, Urteil vom 14. Juli 1972 - IV C 69.70 -; OVG Lüneburg, Urteil vom 12. Oktober 1994 - 1 L 555/93 -; OVG NRW, Urteil vom 20. Februar 2004 - 10 A 4840/01 -, jeweils juris.
Ausgehend von diesen Grundsätzen scheidet die Erteilung einer Befreiung hier aus. Die Festsetzung des Großgewerbegebietes war ein planerisches Anliegen, das bereits im Aufstellungsbeschluss des Rates vom 14. Juni 1960 ausdrücklich genannt worden ist und sich "wie ein roter Faden" durch den Aufstellungsvorgang zieht. Im Aufstellungsbeschluss heißt es: "Die Sonderbaupolizeiverordnung für X. aus dem Jahr 1939 hat für die Baugebiete beiderseits der M. Straße Kleingewerbegebiet ausgewiesen. Diese Festlegung muss durch die Entwicklung der hier ansässigen größeren Betriebe als überholt angesehen werden, so dass eine Ausweisung dieser intensiv gewerblich genutzten Flächen als Großgewerbegebiet vorgeschlagen wird." Die Festsetzung erfolgte auch "im Angesicht des Falles", d.h. in Kenntnis vorhandener Wohnnutzungen, die vom Plangeber bewusst für die künftige Entwicklung des Gebietes ausgeschlossen werden sollte. Dies folgt deutlich aus dem Antwortschreiben der Verwaltung vom 20. Oktober 1961 auf eine allerdings verspätete Eingabe eines Anwohners mit Wohneigentum in dem betroffenen Gebiet (Bl. 116 in Bd. 7 der Verwaltungsvorgänge). Darin heißt es: "Die Ausweisung dieses Gebietes an der M. Str. als Großgewerbegebiet erfolgte in Übereinstimmung mit den Festlegungen im Leitplan für die Stadt X. und entsprechend der tatsächlichen Situation im Bereich beiderseits der X1. zwischen dem Bahnhof X. -P. und dem Haltepunkt P1. . Aus der Tatsache, dass hier noch alte Wohnhäuser vorhanden sind, lässt sich nicht der Anspruch auf erneute Ausweisung dieses Gebietes als Wohngebiet oder Kleingewerbegebiet ableiten."
Auch die übrigen Voraussetzungen für die Erteilung einer Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB liegen nicht vor. Weder erfordern Gründe des Allgemeinwohls die Nutzungsänderung noch liegt gemäß den vorstehenden Ausführungen eine unbeabsichtigte Härte vor. Die Nutzungsänderung ist auch nicht städtebaulich vertretbar. Städtebaulich vertretbar ist in der Regel alles, was im Sinne der Anforderungen des § 1 Abs. 6 und 7 BauGB mit der städtebaulichen Entwicklung und Ordnung nach § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB vereinbar, also abwägungsfehlerfrei planbar ist. Auch eine Befreiung wegen städtebaulicher Vertretbarkeit muss sich jedoch darüber hinaus auf eine bodenrechtliche Sonderlage des jeweiligen Grundstücks stützen und kann daher nicht unter Berufung auf Gründe gewährt werden, die für jedes (oder nahezu jedes) Grundstück im Planbereich nahezu gleichermaßen zutreffen,
vgl. Spieß, in: Jäde/Dirnberger, BauGB, 8. Aufl. 2017, § 31 Rn. 18 m.w.N.
Diese Voraussetzung liegt in Bezug auf das Vorhabengrundstück nicht vor. Eine bodenrechtliche Sonderlage ist nicht erkennbar. Das rein wirtschaftliche Interesse des Klägers an einer offenbar besseren Vermarktung der Flächen stellt keine solche Sonderlage dar, weil dieses Interesse auch für die umliegenden Grundstücke angeführt werden könnte.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen dieses Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) schriftlich die Zulassung der Berufung beantragt werden. Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
Der Antrag kann auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer Rechtsverkehr-Verordnung - ERVV) eingereicht werden.
Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist.
Die Berufung ist nur zuzulassen,
1. wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2. wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3. wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4. wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster oder Postfach 6309, 48033 Münster) schriftlich oder als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV einzureichen.
Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen.
Im Berufungs- und Berufungszulassungsverfahren müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Auf die zusätzlichen Vertretungsmöglichkeiten für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und § 5 Nr. 6 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz - RDGEG -).
Die Antragsschrift und die Zulassungsbegründungsschrift sollen möglichst dreifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf 15.000,-- Euro festgesetzt.
Gründe:
Die Festsetzung des Streitwertes ist nach § 52 Abs. 1 GKG erfolgt. Ausgehend von Ziffer 9.2 des Streitwertkatalogs war der anzunehmende Genehmigungsstreitwert (insoweit geht das Gericht von 30.000,-- Euro aus) wegen des streitgegenständlichen Vorbescheides zu halbieren.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen den Streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird.
Die Beschwerde kann auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer Rechtsverkehr-Verordnung - ERVV) oder zu Protokoll der Geschäftsstelle eingelegt werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.
Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs Monaten eingelegt wird, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
Die Beschwerde ist nicht gegeben, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,-- Euro nicht übersteigt.
Die Beschwerdeschrift soll möglichst dreifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften.
War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist angerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.