OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 28.05.2019 - 19 E 435/18
Fundstelle
openJur 2019, 28192
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • vorher: Az. 18 K 14392/17

1. Ein Interesse an der Geltendmachung eines Amtshaftungs- oder sonstigen Erstattungsanspruchs allein vermag kein berechtigtes Interesse im Sinn des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO an der Feststellung der Rechtswidrigkeit einer erledigten Schulordnungsmaßnahme zu begründen, wenn die Erledigung bereits vor Klageerhebung eingetreten ist.

2. Ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit einer erledigten Schulordnungsmaßnahme unter dem Gesichtspunkt eines Rehabilitationsinteresses besteht nicht mehr, wenn der Schüler die Schule verlassen hat und er trotz Aufforderung keine konkreten Angaben zu einer etwaigen Fortsetzung seiner Schullaufbahn macht (st. Rspr. des Senats, Beschluss vom 11. September 2012 19 A 928/10 , juris, Rn. 28 f.).

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe

Der Senat entscheidet über die Beschwerde durch den Vorsitzenden als Berichterstatter, weil sich die Beteiligten damit einverstanden erklärt haben (§§ 87a Abs. 2, 3, 125 Abs. 1 VwGO).

Die Prozesskostenhilfebeschwerde ist zulässig, aber unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat den Prozesskostenhilfeantrag des Klägers für das erstinstanzliche Klageverfahren zu Recht mit der Begründung abgelehnt, seine Fortsetzungsfeststellungsklage betreffend die beiden erledigten Schulordnungsmaßnahmen vom 24. und 25. April 2017 habe wegen Fehlens eines berechtigten Feststellungsinteresses keine hinreichende Erfolgsaussicht (§ 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Sein Beschwerdevorbringen gibt keinen Anlass zu einer abweichenden Beurteilung.

Zu Unrecht leitet der Kläger ein berechtigtes Feststellungsinteresse im Sinn des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO zunächst daraus ab, dass die Rechtswidrigkeitsfeststellung zur Geltendmachung des Erstattungsanspruchs betreffend die schon gezahlten Anwaltskosten "im Vorverfahren" erforderlich sei. Diese Rechtsauffassung ist unabhängig davon unzutreffend, ob der Kläger mit dem Vorverfahren nur das Widerspruchsverfahren meint (das die Bezirksregierung E. wegen der Erledigung eingestellt hat, Schreiben vom 14. Juli 2017) oder (auch) das Verwaltungsverfahren der Schule. Denn ein solches Kosteninteresse allein vermag kein berechtigtes Feststellungsinteresse im Sinn des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO zu begründen, wenn die Erledigung, wie hier, bereits vor Klageerhebung eingetreten ist. In einem solchen Fall obliegt es dem Kläger, sogleich das hierfür zuständige Zivilgericht anzurufen, das im Amtshaftungs- oder sonstigen Entschädigungsprozess auch für die Klärung öffentlichrechtlicher Vorfragen zuständig ist.

BVerwG, Beschluss vom 3. Mai 1999 - 7 B 72.99 -, juris, Rn. 4; Urteil vom 20. Januar 1989 - 8 C 30.87 -, BVerwGE 81, 226, juris, Rn. 9.

Bei Klageerhebung am 17. August 2017 waren beide Schulordnungsmaßnahmen bereits erledigt. Der durch Bescheid vom 24. April 2017 schriftlich bestätigte Unterrichtsausschluss nach § 53 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 SchulG NRW für die Zeit vom 27. März bis zum 5. April 2017 hatte sich mit Ablauf des letztgenannten Tages durch Zeitablauf erledigt (§ 43 Abs. 2 VwVfG NRW). Die durch Bescheid vom 25. April 2017 angedrohte Schulentlassung nach § 53 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4, Abs. 4 SchulG NRW hatte sich am 30. Juni 2017 durch Aushändigung des Abschlusszeugnisses erledigt, mit der das Schulverhältnis nach § 47 Abs. 1 Nr. 1 SchulG NRW endete.

Auch aus dem vermeintlichen gravierenden "strafrechtlichen Vorwurf", der ihm "zur Begründung der Ordnungsmaßnahme unterstellt" werde, kann der Kläger kein berechtigtes Feststellungsinteresse im Sinn des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO, insbesondere kein Rehabilitationsinteresse herleiten.

Ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit einer erledigten Schulordnungsmaßnahme unter dem Gesichtspunkt eines Rehabilitationsinteresses kann vorliegen, wenn die Schulordnungsmaßnahme trotz ihrer Erledigung im Einzelfall nachteilige Auswirkungen auf seine weitere schulische oder berufliche Laufbahn haben kann. Hingegen besteht kein Rehabilitationsinteresse mehr, wenn der Schüler die Schule verlassen hat und er trotz Aufforderung keine konkreten Angaben zu einer etwaigen Fortsetzung seiner Schullaufbahn macht.

OVG NRW, Beschlüsse vom 21. September 2018 - 19 A 2613/17 -, juris, Rn. 15, vom 15. April 2015 - 19 E 842/14 -, juris, Rn. 2, und vom 11. September 2012 - 19 A 928/10 -, juris, Rn. 28 f.

Letzteres ist hier der Fall. Bereits das Verwaltungsgericht hat dem Kläger im angefochtenen Beschluss vorgehalten, dass er über seine pauschale Berufsangabe "Student" in seiner Prozesskostenhilfeerklärung vom 25. September 2017 hinaus keine konkreten Angaben zu den möglichen Auswirkungen der beiden erledigten Schulordnungsmaßnahmen auf seinen weiteren Werdegang gemacht hat. Hierzu hatte ihn das Verwaltungsgericht schon mit Berichterstatterverfügung vom 26. September 2017 aufgefordert. Seine darauf gegebene Antwort im Schriftsatz vom 10. Oktober 2017 blieb pauschal und nichtssagend ("... nicht auszuschließen, dass ... im späteren Lebensverlauf noch Nachteile erleidet."). Auch seine Beschwerdebegründung unter Nr. 1 sowie der Schriftsatz vom 15. Mai 2018 unter II. enthalten hierzu lediglich pauschale Behauptungen ("deshalb in ärztliche Behandlung begeben", "emotionale Belastung", "Öffentlichkeit erlangt"). Auf seine Ausführungen zur behaupteten Rechtswidrigkeit dieser Maßnahmen unter Nr. 2 der Beschwerdebegründung und im Schriftsatz vom 15. Mai 2018 kommt es unter diesen Umständen nicht an.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 2, 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 127 Abs. 4 ZPO.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).