VG Münster, Urteil vom 09.05.2019 - 2 K 174/18
Fundstelle
openJur 2019, 28014
  • Rkr:
Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Der Kläger verlangt von der Beklagten die Schließung eines Bolzplatzes sowie einer Skateranlage wegen seines Erachtens nach unzumutbaren Lärmbelästigungen.

Der Kläger ist Eigentümer des Grundstückes Gemarkung S. -F. , Flur 00, Flurstück 000, mit der postalischen Anschrift F1. -D. -X. 00 in S. -F. , auf dem er im Jahr 2005 ein Einfamilienhaus errichtet hat.

Nordöstlich des Grundstücks des Klägers liegen die Grundstücke Gemarkung S. -F. , Flur 00, Flurstücke 000 und 0000, auf denen die Beklagte einen Bolzplatz sowie eine Skateranlage betreibt. Direkt an der nordöstlichen Grenze des Grundstücks des Klägers verläuft ein ca. 3 m breiter Heckenstreifen, an den sich der ca. 920 qm große und seit den 1970er Jahren bestehende Bolzplatz anschließt. Die im Jahr 1997 errichtete Skateranlage, bestehend aus einer ca. 280 qm großen gepflasterten Fläche und einer ca. 6 m langen und 2,5 m breiten Rampe, befindet sich in einer Entfernung von ca. 40 m zum Wohnhaus des Klägers. Südöstlich des Bolzplatzes liegt ein Kinderspielplatz, nordöstlich ein Jugendheim und östlich die Feuerwehr. Die Grundstücke werden im Südosten von der Straße B. F2. und nordöstlich von der T.---------straße , von der aus sie erschlossen werden, eingerahmt. Zwischen dem Jugendhaus und der Feuerwehr befinden sich an der T.---------straße ca. 10 Stellplätze.

Das Grundstück des Klägers befindet sich im Geltungsbereich der zweiten Änderung und Erweiterung des Bebauungsplans Nr. ER 00 "B. F2. ", der im Bereich des Grundstücks des Klägers ein Allgemeines Wohngebiet festsetzt. Die Flurstücke, auf denen die Beklagte den Bolzplatz und die Skateranlage betreibt, liegen im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. ER 14 "B. F2. ", der in dem maßgeblichen Bereich einen Bolzplatz festsetzt. Durch die erste Änderung des Bebauungsplans Nr. ER 14 "B. F2. " wurde diese Festsetzung im Norden durch die Festsetzung Jugendheim überlagert.

Mit E-Mail vom 12. September 2016 beschwerte sich der Kläger gegenüber der Beklagten über von dem Bolzplatz ausgehende Immissionen und bat um schriftliche Mitteilung, welche Maßnahmen die Beklagte ergreifen werde, um die Belästigung nachhaltig abzustellen. Als Anlage fügte er eine Beschreibung der Situation auf dem Bolzplatz und der Skateranlage bei, in der er im Wesentlichen Störungen durch laute Musik, Autos, Motorräder, und Mofas sowie die Fußballtore und den Zaun hinter den Toren aufführt. Unter dem 5. Oktober 2016 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass die Polizei zu verschiedenen Zeitpunkten vor Ort Kontrollen durchführen, das Jugendheim die Mittagsruhe einhalten und die Mitarbeiter des Jugendheimes auch das Geschehen auf dem Bolzplatz und der Skateranlage im Auge behalten würden. Daraufhin erklärte der Kläger mit E-Mail vom 11. Oktober 2016, dass diese Maßnahmen aus seiner Sicht nicht ausreichend seien. Der Platz und die Skateranlage würden durch Jugendliche zweckentfremdet. So würde die Anlage zur Demonstration von Motorgeräuschen und Musikanlagen genutzt. Kontrollen zu Zeiten, in denen die Lärmbelästigung erfolge - insbesondere am Wochenende und nachts -, fänden nicht statt. Die Fußballtore förderten durch ihre Bauart die Lärmbelästigung. Er fordere unter anderem die Einzäunung des Areals, eine Beschränkung der Nutzung auf Kinder und die Eingrenzung der Öffnungszeiten. Unter dem 28. November 2016 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass nach intensiver Prüfung beschlossen worden sei, eine Regelung hinsichtlich Bolzplätzen und Skateranlagen in der ordnungsbehördlichen Verordnung der Gemeinde S. aufzunehmen und übersandte ihm die hierfür erstellte Sitzungsvorlage. Hierauf reagierte der Kläger mit E-Mail vom 4. Dezember 2016, in der er Korrekturvorschläge hinsichtlich der Sitzungsvorlage unterbreitete. Mit Beschluss des Rates vom 12. Dezember 2016 wurde in die ordnungsbehördliche Verordnung über die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung im Gebiet der Gemeinde S. § 9a eingefügt, in dem es heißt:

(1) Bolzplätze/Skateranlagen sind der Allgemeinheit von 9:00 Uhr bis 21:00 Uhr bzw. spätestens bis Einbruch der Dunkelheit zugänglich. Spiele und sportliche Betätigung sind erlaubt. Sportgeräte und Anlagen dürfen nicht anders als bestimmungsgemäß genutzt werden.

(2) Das Befahren von Bolzplätzen/Skateranlagen mit Kraftfahrzeugen aller Art einschließlich Krafträder, Kleinkrafträder und Mofas ist untersagt.

(3) Der Konsum von Alkohol, Nikotin und Rauschmitteln auf Bolzplätzen und Skateranlagen ist nicht gestattet.

(4) Auf Bolzplätzen und Skateranlagen dürfen Tiere nicht mitgeführt werden.

(5) Auf Bolzplätzen und Skateranlagen dürfen Geräte, die der Schallerzeugung dienen (Musikinstrumente, Tonwiedergabegeräte und ähnliche Geräte) nicht benutzt werden.

(6) Von den in Abs. 1-5 genannten verboten können auf Antrag in begründeten Einzelfällen Ausnahmen zugelassen werden. Die Ausnahmegenehmigung ist mindestens 14 Tage vor der beklagten Veranstaltung bei der Gemeinde S1. zu beantragen. Sie kann unter Auflagen und Bedingungen erteilt werden.

Diese Nutzungsbedingungen und Verbote stellte die Beklagte bildlich auf einem Schild dar und hängte dieses gut sichtbar am Eingang des Bolzplatzes auf.

Gem. § 17 Abs. 1 Nr. 8, Abs. 3 der ordnungsbehördlichen Verordnung über die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung im Gebiet der Gemeinde S. ist ein Verstoß gegen diese Vorschrift bußgeldbewehrt.

Unter dem 8. März 2017 zeigte der Prozessbevollmächtigte des Klägers bei der Beklagten seine Bevollmächtigung an und beantragte Akteneinsicht.

Mit Schreiben vom 30. Mai 2017 wies der Prozessbevollmächtigte des Klägers darauf hin, dass Bolzplätze in reinen und allgemeinen Wohngebieten generell unzulässig seien. Es bestünde seitens des Klägers ein Anspruch auf ordnungsbehördliches Einschreiten. Die Beklagte müsse sich die missbräuchliche Benutzung der Anlage zurechnen lassen. Ihr Ermessen sei insoweit auf null reduziert. Die Einfügung des § 9a in der ordnungsbehördlichen Verordnung der Gemeinde S. reiche nicht aus. B. 22. Juni 2017 teilte die Beklagte dem Prozessbevollmächtigten des Klägers unter anderem mit, dass die Tore ohne Anerkennung einer Rechtspflicht ausgetauscht worden seien und dass sie für weitere Maßnahmen keine Veranlassung erkennen könne. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers wies mit Schreiben vom 27. September 2017 im Wesentlichen darauf hin, dass keine Duldungspflicht des Klägers aus der Tatsache resultiere, dass er sein Bauvorhaben im Jahr 2015 (gemeint ist wohl 2005) in Kenntnis des Bestehens des Bolzplatzes errichtet habe. Die Errichtung der Schallisolierungstore ändere an der bestehenden und der Beklagten zuzurechnenden Gefahrenlage nichts. Unter dem 9. November 2017 teilte die Beklagte mit, dass sie auch unter Berücksichtigung des weiteren Vortrages des Klägers keine Veranlassung für weitere Maßnahmen erkennen könne.

Der Kläger hat am 12. Januar 2018 Klage erhoben. Zur Begründung wiederholt er seinen Vortrag aus dem Verwaltungsverfahren. Ergänzend führt er im Wesentlichen aus: Der Kläger habe einen öffentlich rechtlichen Beseitigungs- bzw. Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte. Von der Anlage gingen erhebliche Lärmbelästigungen aus. Jugendliche nutzten die Einrichtung nicht nur als Bolzplatz, sondern auch zum lautstarken Feiern. Insoweit legt er eine Auflistung der Störungen in der Zeit vom 28. August 2016 bis zum 23. Februar 2017 vor. Dies werde durch die Stellplätze am Jugendhaus begünstigt. Die maßgeblichen Immissionsrichtwerte würden am Wohnhaus des Klägers überstiegen. Dies liege aufgrund der Nähe zum Bolzplatz auf der Hand. Die Beklagte habe eine Einrichtung geschaffen, bei der ein Missbrauch wahrscheinlich und auch tatsächlich eingetreten sei. Insoweit sei die Gesamtsituation und auch die Tatsache zu berücksichtigen, dass für den Bolzplatz eine Baugenehmigung nicht beantragt worden sei. Deswegen sei ihr diese missbräuchliche Nutzung zuzurechnen. Die Beklagte habe nicht vorgetragen, dass ihr eine Überwachung von Einschränkungen möglich wäre, sodass die Schließung der Anlage als ein notwendiges und angemessenes Mittel zur Beseitigung der Störungen anzusehen sei. Eine Duldungspflicht seitens des Klägers bestehe auch nicht deshalb, weil die Anlage bauplanungsrechtlich zulässig sei. Vielmehr bestünden insoweit Zweifel, da die Festsetzung in der überarbeiteten Fassung des Bebauungsplans ER 00 jedenfalls missverständlich sei. Darüber hinaus gehe der Bolzplatz über den in dem Bebauungsplan vorgesehenen Bereich hinaus.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte zur Unterlassung zu verurteilen, den Bolzplatz und die Skateranlage auf den Grundstücken Gemarkung S. -F. , Flur 00, Flurstücke 000 und 0000, weiter zu betreiben, diese zu schließen und unzugänglich zumachen,

hilfsweise, die Beklagte zu verurteilen, die Öffnungszeiten des Bolzplatzes und der Skateranlage dahingehend einzuschränken, dass diese lediglich an Werktagen von 9 bis 13 und von 15 bis 18 Uhr zugänglich und an Sonn- und Feiertagen geschlossen zu halten sind und der Bolzplatz während der Öffnungszeiten nur von Kindern und Jugendlichen bis zu 15 Jahren benutzt werden kann sowie die Einhaltung der Beschränkungen an Öffnungszeiten und Besucherkreis sicherzustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung führt sie aus: Die Voraussetzungen eines öffentlichrechtlichen Abwehranspruchs gem. §§ 906, 1004 BGB analog lägen nicht vor, da sein Grundstück nur unwesentlich beeinträchtigt würde. Denn es lägen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die hier maßgeblichen Richtwerte der 18. BImschV durch eine der Beklagten zurechenbare Nutzung überschritten würden. Dass unzumutbare Lärmbelästigungen durch die bestimmungsgemäße Nutzung der Anlage erfolgten, trage der Kläger nicht vor. Auch sonst ergäben sich aus dem Vortrag des Klägers keine ausreichenden Hinweise für eine Richtwertüberschreitung. Die von dem Kläger ins Feld geführte missbräuchliche Nutzung sei der Beklagten nicht zuzurechnen. Eine Zurechnung komme nur dann in Betracht, wenn der Betreiber durch die Ausgestaltung der Anlage einen relevanten Anreiz für deren rechtswidrige Inanspruchnahme setze. Es würde ersichtlich zu weit gehen in der bloßen Aufstellung von Fußballtoren und einer kleinen Skateboardrampe die Schaffung eines Anreizes zu einer missbräuchlichen Nutzung zu sehen. Vielmehr sei sie dieser durch die Aufnahme des § 9a in die ordnungsbehördliche Verordnung entgegengetreten. Ferner fänden Sichtkontrollen durch die Mitarbeiter des Jugendhauses statt. Nach Angaben der Jugendheimleiterin sei der Bolzplatz im Sommer 2018 lediglich von 5 bis 10 jüngeren Besuchern im Alter zwischen 8 bis 15 Jahren genutzt worden, jedoch nicht täglich. Soweit der Kläger die Auffassung vertrete, der Bebauungsplan sei unbestimmt, könne er hieraus nichts für sich herleiten, da diese Festsetzungen keinen drittschützenden Charakter hätten. Davon unabhängig könne nicht bezweifelt werden, dass sich die Festsetzung des Bolzplatzes nur auf den nicht durch die Festsetzung "Jugendhaus" überlagerten Teil beziehen könne.

Das Gericht hat am 22. Februar 2019 einen Erörterungstermin an Ort und Stelle durchgeführt. Insoweit wird auf das diesbezügliche Protokoll Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie des beigezogenen Verwaltungsvorgangs Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist zulässig (I.), jedoch in der Sache unbegründet (II.)

I. Der Verwaltungsrechtsweg ist eröffnet, § 40 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Der Kläger macht einen öffentlichrechtlichen Abwehranspruch gegenüber der Beklagten geltend. Abwehransprüche gegen die von gemeindlich betriebenen Bolzplätzen bzw. Skateranlagen ausgehenden Lärmimmissionen sind öffentlichrechtlicher Natur.

Statthafte Klageart ist vorliegend die allgemeine Leistungsklage. Streitgegenstand ist die Frage, ob der Kläger einen Anspruch gegen die Beklagte auf Unterlassung oder Verringerung der Beeinträchtigung durch Lärmimmissionen durch die kommunale Einrichtung des Bolzplatzes und der Skateranlage hat.

II. Die Voraussetzungen des von dem Kläger geltend gemachten öffentlich rechtlichen Unterlassungsanspruchs liegen nicht vor. Mit diesem Anspruch, der aus dem grundrechtlichen Abwehranspruch nach Art. 2 Abs. 2 Satz 1 und Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG oder aus einer analogen Anwendung der §§ 1004 und 906 BGB hergeleitet wird, kann sich der Betroffene gegen eine Beeinträchtigung zur Wehr setzen, die Folge eines schlicht hoheitlichen Handelns der Verwaltung ist und sich als unzumutbar erweist

Vgl. Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 08. März 2018 - 8 A 11829/17 -, Rn. 16. und Urteil vom 16. Mai 2012 - 8 A 10042/12 -, Rn. 26, m.w.N. - beides zitiert nach juris.

Zwar handelt es sich bei dem Betrieb des Bolzplatzes und der Skateranlage um eine hoheitliche Tätigkeit, da er als Teil der Daseinsvorsorge der schlichthoheitlichen Tätigkeiten der Beklagten zuzuordnen ist.

Allerdings ergibt sich aus dem Betrieb des Bolzplatzes und der Skateranlage keine unzumutbare Beeinträchtigung des Klägers.

Der Maßstab für die Beurteilung der Zumutbarkeit des Lärms des Bolzplatzes und der Skateranlage ergibt sich aus § 22 Abs. 1 BImSchG i. V. m. § 3 Abs. 1 BImSchG. Danach sind schädliche Umwelteinwirkungen zu verhindern, soweit sie nach dem Stand der Technik vermeidbar sind; unvermeidbare Umwelteinwirkungen sind auf ein Mindestmaß zu beschränken. Schädliche Umwelteinwirkungen sind solche Geräusche, die geeignet sind, erhebliche Belästigungen für die Nachbarschaft herbeizuführen. Wann Geräusche die Schwelle schädlicher Umwelteinwirkungen überschreiten, also eine erhebliche Belästigung für die Nachbarschaft darstellen, erfordert eine situationsbezogene Abwägung anhand der jeweils besonderen Umstände des Einzelfalls. Die Beurteilung der Erheblichkeit und damit die Zumutbarkeit von Geräuschimmissionen wird von wertenden Elementen wie solchen der sozialen Adäquanz und allgemeinen Akzeptanz mitgeprägt. Die Einstufung der Erheblichkeit von Lärm setzt somit eine Wertung voraus, die im Sinne einer "Güterabwägung" die konkreten Gegebenheiten der emittierenden Nutzung zum einen und der immissionsbetroffenen Nutzung zum anderen in Betracht zu ziehen hat, wobei auch eventuelle gesetzlich vorgegebene Wertungen zu berücksichtigen sind. Als Orientierungshilfe können dabei Vorschriften einschlägiger Regelwerke mit berücksichtigt werden.

Vgl. VG Koblenz, Urteil vom 27.09.2012 - 7 K 985/11.KO - BeckRS 2012, 58393, m.w.N.

Ob für die Bewertung der von dem Bolzplatz und der Skateranlage ausgehenden Lärmimmissionen und ihre Zumutbarkeit für die Nachbarn die Richtwerte der TA Lärm vom 26. Juni 1998 - GMBl. S. 503 - oder der 18. BImSchVO (Sportanlagenlärmschutzverordnung) oder aber die sog. Freizeitlärmrichtlinie - RdErl. des Ministeriums für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz vom 23.10.2006, MBl. NRW. 2016 S. 239 - Anwendung findet, kann vorliegend offenbleiben. Der Schwerpunkt der Nutzung der baulichen Anlage der Beigeladenen liegt im sportlichen Bereich, so dass vieles für die Anwendung der 18. BImSchVO spricht. Alle drei Regelwerke sehen entsprechende Immissionsrichtwerte in allgemeinen Wohngebieten sowie ein Ermittlungs- und Beurteilungsverfahren für diese Lärmimmissionswerte vor. In allgemeinen Wohngebieten beträgt der Immissionsrichtwert nach allen drei Regelwerken tags außerhalb der Ruhezeiten 55 dB (A).

Ferner sind für die Immissionsrichtwerte Beurteilungspegel zu bilden, die über einen längeren Zeitraum gemittelt werden.

Bei diesem Wert müssen zur Bestimmung der Zumutbarkeit zudem die Ortsüblichkeit und die Umstände des Einzelfalls berücksichtigt werden, wobei insbesondere auch die Priorität der entgegenstehenden Nutzung von Bedeutung ist.

Vgl. BVerwG, Beschl. v. 12. September 2007 - BVerwG 7 B 24.07 - juris, Rn. 4.

Wesentliches Kriterium für die Höhe des Beurteilungspegels und damit für die konkrete Schutzbedürftigkeit eines zum Wohnen dienenden Grundstücks ist, welche der unverträglichen Nutzungen zuerst verwirklicht worden ist. Ob der emittierende Betrieb an das dem Wohnen dienende Gebiet herangerückt ist oder ob sich das zum Wohnen dienende Gebiet - umgekehrt - in Richtung auf den emittierenden Betrieb ausgeweitet hat, beurteilt sich nach tatsächlichen, von der Würdigung konkreter Begebenheiten des Einzelfalls abhängender Faktoren.

Vgl. BVerwG, Beschl. v. 12. September 2007 a.a.O. Rn. 6, 7.

Da der Bolzplatz bereits seit den 1970er Jahren und die Skateranlage seit dem Jahr 1997 besteht, wohingegen das Wohnhaus des Klägers - in Kenntnis dieser Anlagen - im Jahr 2005 errichtet wurde, ist der vorgenannte Richtwert noch einmal zu erhöhen.

Zudem muss sich der Betreiber einer öffentlich zugänglichen Anlage nach der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung Beeinträchtigungen, die durch eine bestimmungswidrige Nutzung hervorgerufen werden, allenfalls bei Hinzutreten besonderer Umstände zurechnen lassen. Solche Umstände wären etwa dann gegeben, wenn der Betreiber durch die Ausgestaltung der Anlage einen relevanten Anreiz für deren rechtswidrige Inanspruchnahme geschaffen und diesem Anreiz nicht in angemessener und zumutbarer Weise entgegengewirkt hat.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 13. März 2013 - 7 A 1404/12 -, juris, Rn. 5 f. m.w.N.; VG Regensburg, Urteil vom 20. Oktober 2015 - RN 6 K 14.1073 -, juris, Rn. 33, 43 m.w.N.

Legt man diese Maßstäbe zugrunde, steht nach Auffassung des Gerichts fest, dass die durch eine der Beklagten zurechenbare Nutzung des Bolzplatzes und der Skateranlage auf das Grundstück des Klägers einwirkenden Immissionen nicht zu einer erheblichen Beeinträchtigung führen.

Es fehlt bereits ein ausreichender Anhaltspunkt dafür, dass die zulässigen Grenzwerte für ein Allgemeines Wohngebiet bei der derzeitigen Nutzung des Bolzplatzes und der Skateranlage überschritten werden.

Hierzu bedürfte es zunächst einer vorherigen Plausibilisierung, möglichst durch die Vorlage von Messergebnissen. Erst diese können hier überhaupt Anlass geben, eine Überschreitung anzunehmen.

Vgl. VG Koblenz, Urteil vom 27.09.2012 - 7 K 985/11.KO - a.a.O.

Diesen Anforderungen wird der Vortrag des Klägers nicht gerecht.

In Bezug auf den bestimmungsgemäßen Gebrauch des Bolzplatzes und der Skateranlage macht er selbst keine unzumutbaren Belästigungen geltend. Soweit der Kläger im Verwaltungsverfahren die Bauart der Tore bemängelt hat, ist darauf hinzuweisen, dass die Beklagte diese Tore durch schallabsorbierende Tore ausgetauscht hat.

Vielmehr rügt er im Wesentlichen, dass die Anlage missbräuchlich genutzt werde - nämlich unter anderem "zum lautstarken Feiern" und Posieren mit Motorrädern und ähnlichen Fahrzeugen. Aber auch insoweit ergeben sich aus seinem pauschalen Vortrag keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine Überschreitung der Richtwerte. Die Vorlage einer Auflistung von Störungen von August 2016 bis Februar 2017 gibt nichts für eine - hier maßgebliche - aktuelle Überschreitung der Richtwerte her. Im Gegenteil ist mit Blick darauf, dass nach Auskunft der Jugendheimsleiterin der Bolzplatz aktuell so gut wie gar nicht und im Sommer des Jahres 2018 zumeist nur von 5 bis 10 Besuchern im Alter von 8 bis 15 Jahren - und auch nicht täglich - genutzt worden sei, eine solche Überschreitung nicht zu besorgen.

Davon unabhängig sind die von dem Kläger beanstandeten Immissionen durch eine etwaige missbräuchliche Nutzung der Anlage der Beklagten nicht zurechenbar. Denn sie hat keinen relevanten Anreiz für eine rechtswidrige Inanspruchnahme geschaffen.

Entgegen der Auffassung des Klägers reicht es für die Schaffung eines Anreizes zur missbräuchlichen Nutzung nicht aus, einen Bolzplatz oder eine Skateranlage zu errichten. Das Gericht verkennt in diesem Zusammenhang zwar nicht, dass die Schaffung solcher Anlagen durchaus Auslöser für die Entstehung eines Jugendtreffpunkts sein kann. Für eine Zurechnung im oben dargestellten Sinn reicht dies jedoch nicht aus. Ähnliche Treffpunkte entstehen vielerorts auch ohne dass entsprechende Geräte aufgestellt werden.

Vgl. im Falle eines Motorikparks: VG Regensburg, Urteil vom 20. Oktober 2015 - RN 6 K 14.1073 -, juris

Etwas anderes ergibt sich auch nicht mit Blick auf die bestehenden Parkplätze an der Silvesterstraße zwischen dem Jugendheim und der Feuerwehr. Da der Kreis Borken die Beklagte - wohl mit Blick auf § 47 BauO NRW 1984 (jetzt § 48 BauO NRW 2018) - im Rahmen der Baugenehmigung vom 6. Dezember 1995 zur Herstellung dieser Stellplätze verpflichtet hat, kann darin keine der Beklagten vorwerfbare Anreizschaffung gesehen werden.

Die Schaffung eines Anreizes zur missbräuchlichen Nutzung des Bolzplatzes ergibt sich - entgegen der Auffassung des Klägers - auch nicht aus dem Unterlassen der Beklagten für den Bolzplatz eine Baugenehmigung einzuholen. Unabhängig davon, dass Bestimmungen über die Genehmigungsbedürftigkeit einer baulichen Anlage nicht drittschützend sind,

vgl. OVG NRW, Beschluss vom 26. November 2013 - 2 A 1227/13 -, juris, Rn. 10 und Beschluss vom 29. August 2012 - 2 B 940/12 -, juris Rn. 8,

muss eine missbräuchliche Nutzung nämlich durch die konkrete Lage der Anlage oder das vorgehaltene Angebot an Geräten selbst herausgefordert werden.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 13. März 2013 - 7 A 1404/12 -, juris, m.w.N.

Auf diese tatsächlichen Umstände haben eine Baugenehmigung und ihre eventuellen Nebenbestimmungen jedoch keinerlei Einfluss.

Die Beklagte hat auch einen Missbrauch des Bolzplatzes und der Skateranlage auch sonst nicht gefördert, sondern vielmehr durch die Aufnahme des bußgeldbewehrten § 9a in die ordnungsbehördliche Verordnung eine bestimmungswidrige Nutzung der Anlage verboten und die getroffene Regelungen auch durch Anbringung einer gut sichtbaren Tafel deutlich gemacht. Darüber hinaus erfolgen Sichtkontrollen durch die Mitarbeiter des Jugendheims. Regelmäßige eigene Kontrollen sind insbesondere mit Blick auf die eher niederschwellige Nutzung des Platzes im Jahr 2018 nicht erforderlich.

Soweit diese Maßnahmen nicht die erforderliche Wirkung zeigen und eine bestimmungswidrige Nutzung des Bolzplatzes und der Skateranlage stattfindet, handelt es sich um Probleme, die nur mit den Mitteln des Sicherheitsrechts gelöst werden können.

Unabhängig davon, ob sich der Kläger in diesem Zusammenhang darauf berufen kann, ist der Betrieb des Bolzplatzes und der Skateranlage bauplanungsrechtlich zulässig. Denn der insoweit maßgebliche Bebauungsplan Nr. ER 00 "B. F2. " setzt in dem Bereich, in dem sich Bolzplatz und die Skateranlage befinden, einen Bolzplatz fest. Etwas anderes ergibt sich auch nicht durch das Inkrafttreten der ersten Änderung des genannten Bebauungsplans. Denn die Festsetzung "Jugendheim" im nördlichen Teil des ursprünglich als "Bolzplatz" festgesetzten Bereichs ändert nichts an der Festsetzung "Bolzplatz" im Übrigen. Soweit der Kläger der Auffassung ist, die "überarbeitete Fassung des (Ursprungs-)Bebauungsplans Nr. 00" sei nicht hinreichend bestimmt, weil das Planzeichen "Bolzplatz" sich innerhalb des Bereichs der Festsetzung des Jugendheims befindet, folgt das Gericht dem nicht. Aus der ersten Änderung des Bebauungsplans Nr. ER 00 ergibt sich eindeutig, dass es für den übrigen Bereich bei der Festsetzung "Bolzplatz" bleiben soll. Denn dort ist das Planzeichen in den entsprechenden südlichen Bereich des ursprünglichen Baugebiets gewandert. Auch die Skateranlage ist im Bereich eines festgesetzten Bolzplatzes bauplanungsrechtlich zulässig.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollsteckbarkeit folgt aus § 167 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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