AG Recklinghausen, Beschluss vom 22.10.2018 - 21 M 2795/18
Fundstelle
openJur 2019, 27949
  • Rkr:
Tenor

Die Erinnerung der Gläubigerin vom 06.09.2018 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Erinnerungsverfahrens trägt die Gläubigerin.

Gründe

I.

Durch rechtskräftiges Anerkenntnisurteil vom 07.07.2015 des Amtsgerichts Recklinghausen, Az. 12 C 36/15, wurde die Schuldnerin zur Räumung der Wohnung der Gläubigerin, T-Str. in Recklinghausen, verurteilt.

In der Folge hat die Gläubigerin die Gerichtsvollzieherin wie folgt zur Vollstreckung des Räumungstitels aus vorgenanntem Titel beauftragt, die Anträge jedoch jeweils zurückgenommen:

1) DR II ...,

a. Räumungstermin anberaumt auf den 26.10.2015,

b. Antragsrücknahme am 13.10.2015

2) DR II ...,

a. Räumungstermin anberaumt auf den 26.07.2016,

b. Antragsrücknahme am 25.07.2016

3) DR II ...,

a) Räumungstermin anberaumt auf den 30.05.2017,

b. Antragsrücknahme am 30.05.2017

4) DR II ...,

a. Räumungstermin anberaumt auf den 13.03.2018,

b. Antragsrücknahme am 12.03.2018

Zu dem Az. DR II ... beauftragte die Gläubigerin unter dem 30.05.2018 die Gerichtsvollzieherin erneut, den vorgenannten Räumungstitel zu vollstrecken.

Mit Schreiben vom 12.06.2018 lehnte die OGV’in T. die Durchführung der Zwangsvollstreckung unter Hinweis auf die Verwirkung des titulierten Räumungsanspruchs ab. Es sei der fünfte Räumungsauftrag bezüglich des identischen Titels gestellt worden, wobei die vorangegangenen Räumungsaufträge jeweils nach Begleichung der aufgelaufenen Mietrückstände zurückgenommen worden seien. Der Räumungstitel diene augenscheinlich als Druckmittel zur Begleichung von Mietrückständen. Er stelle infolge Verwirkung keine geeignete Grundlage für die erneute Räumungsvollstreckung dar.

Hiergegen legte die Gläubigerin Erinnerung (§ 766 ZPO) ein und beantragt, die Gerichtsvollzieherin anzuweisen, die Vollstreckung aus dem Räumungsurteil des Amtsgerichts Recklinghausen vom 07.07.2015, Az. 12 C 36/15, vorzunehmen und die Räumungsschuldnerin aus dem Besitz zu setzen sowie die Gläubigerin in den Besitz einzuweisen.

Die Gläubigerin habe sich trotz Rücknahme der Vollstreckungsaufträge zu keiner Zeit zur Fortsetzung des Mietverhältnisses bereit erklärt. Die Rücknahme der Vollstreckungsaufträge beruhe auf Kulanz und sei ohne Rechtsbindungswillen erfolgt.

Die OGV’in T. hat der Erinnerung nicht abgeholfen.

II.

Die nach § 766 ZPO statthafte Erinnerung ist in der Sache nicht begründet. Die zuständige Gerichtsvollzieherin hat die Vollstreckung aus dem Räumungstitel des Amtsgerichts Recklinghausen vom 07.07.2015 (12 C 36/15) zu Recht abgelehnt.

Die Tatsache, dass die Gläubigerin aus einem Räumungstitel mehrere Jahre lang nicht vollstreckt, kann dazu führen, dass die Zwangsvollstreckung aus einem Räumungsurteil für unzulässig zu erklären ist. Es gibt jedoch keine ausdrückliche gesetzliche Vorschrift, welche den Gläubiger zwingt, alsbald oder doch in geraumer Zeit nach Erwirkung des Räumungsurteils zu vollstrecken. Vielmehr sind die jeweils umfassend zu würdigenden Umstände des Einzelfalles maßgeblich (OLG Hamm, 01.10.1981 - 4 REMiet 6/81 -, Rn. 5 f.).

Der Räumungsanspruch der Gläubigerin ist verwirkt, der Titel zum Einsatz der Räumung nicht mehr zu gebrauchen. Bereits in vier Fällen hat die Gläubigerin jeweils Zwangsvollstreckungsaufträge an die Gerichtsvollzieherin erteilt und in der Folge zurückgenommen, nachdem die jeweiligen Mietrückstände gezahlt wurden. Dieses Vorgehen erstreckt sich nunmehr über einen Zeitraum von rund 2 ½ Jahren (Oktober 2015 bis 12.03.2018). Das Räumungsurteil vom 07.07.2015 ist bislang nicht vollstreckt worden, weil es aufgrund der Gesamtumstände der Gläubigerin offensichtlich gar nicht daran gelegen ist, die Schuldnerin im Hinblick auf die vor dem Urteil gelegene Säumnis mit Mietschulden aus dem Objekt zu setzen, sondern vielmehr durch die Drohung mit der Zwangsvollstreckung aus dem Räumungstitel rückständigen und laufenden Mietzins zu erhalten.

Für eine nochmalige Räumungsvollstreckung stellt der Räumungstitel vom 07.07.2015 daher keine geeignete Grundlage mehr dar. Die Gläubigerin ist darauf zu verweisen, wegen etwaig erneut aufgelaufener Mietrückstände einen aktuellen Räumungstitel im Wege eines gerichtlichen Räumungsverfahrens zu erstreiten.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

Rechtsmittel-/Rechtsbehelfsbelehrung:

Gegen diesen Beschluss ist die sofortige Beschwerde (§§ 793 ZPO, § 11 Abs. 1 RPflG, 567 Abs. 1, 2 ZPO) zulässig.

Gegen Entscheidungen über Kosten ist die Beschwerde nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,-- Euro übersteigt, andernfalls die befristete Erinnerung (§§ 793, 567 Abs. 2 ZPO, 11 Abs. 2 RPflG).

Die Rechtsbehelfe sind binnen einer Notfrist von zwei Wochen ab Zustellung des Beschlusses schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle bei dem Amtsgericht Recklinghausen (Reitzensteinstraße 17 - 21, 45657 Recklinghausen), dessen Beschluss angefochten wird oder bei dem Landgericht Bochum (Josef-Neuberger-Straße 1, 44787 Bochum) als Beschwerdegericht einzulegen. Die Einlegung eines Rechtsmittels/Rechtsbehelfes ist auch durch Übertragung eines elektronischen Dokuments an die elektronische Poststelle des Gerichts möglich, die über das Elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach erreichbar ist. Das elektronische Dokument muss für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet und mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein. Weitere Informationen erhalten Sie auf der Internetseite www.justiz.nrw.de.

Die Beschwerdeschrift muss die Bezeichnung der angefochtenen Entscheidung sowie die Erklärung enthalten, dass Beschwerde gegen diese Entscheidung eingelegt werde.

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