LG Kiel, Teilurteil vom 30.12.2016 - 13 O 135/15
Fundstelle
openJur 2019, 38525
  • Rkr:
Tenor

Die Beklagte wird verurteilt,

dem Kläger Auskunft darüber zu geben, welche Gewinne sie seit 28.6.2012 dadurch erzielt hat, dass sie in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, insbesondere Preislisten, zum Abschluss von Verträgen über Mobilfunkdienstleistungen gegenüber Verbrauchern Rücklastschriftklauseln mit einer Pauschale i.H.v. 10 € verwendet hat,und dazu, dem Kläger kaufmännisch Rechnung zu legen und ihm in monatlich geordneter Aufstellung einzeln mitzuteilen,

a) welche Einnahmen sie durch die Vereinnahmung der Rücklastschriftpauschalen i.H.v. 10,00 € im Auskunftszeitraum erzielt hat,b) welche Ausgabenpositionen in welcher Höhe ihr im Zusammenhang mit der Vereinnahmung der Rücklastschriftpauschalen angefallen sind undc) welche nach § 10 Abs. 2 Satz 1 UWG abzugsfähigen Leistungen sie auf Grund der Zuwiderhandlung an Dritte oder an den Staat erbracht hat.

Die Beklagte kann die Rechnungslegung hinsichtlich der Identität der einzelnen Rücklastschriftfälle gegenüber einem vom Kläger zu bezeichnenden, zur Verschwiegenheit verpflichteten vereidigten Wirtschaftsprüfer vornehmen, sofern sie die Kosten seiner Einschaltung trägt und ihn gleichzeitig ermächtigt und verpflichtet, dem Kläger auf Antrag mitzuteilen, ob in der Rechnungslegung ein oder mehrere bestimmte Rücklastschriftfälle enthalten sind.

Der weitergehende Auskunftsantrag (d) wird abgewiesen.

Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 15.000,00 € vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger, ein gemeinnütziger Verbraucherschutzverein, begehrt von der Beklagten in erster Stufe Auskunft und gegebenenfalls Gewinnabschöpfung gemäß § 10 Abs. 1 UWG.

Der Kläger ist ein gemeinnütziger Verbraucherschutzverein, der in die Liste qualifizierter Einrichtungen gemäß § 4 UKlaG aufgenommen ist. Zu den satzungsmäßigen Aufgaben des Klägers gehört es, Interessen der Verbraucher geltend zu machen, insbesondere auch durch die Unterbindung von Verstößen gegen das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen.

Die Beklagte bietet Mobilfunkdienstleistungen an.

Der Kläger macht seit dem Jahre 2011 Unterlassungs- und Gewinnsabführungsansprüche wegen der Verwendung unwirksamer Rücklastschriftpauschalenklauseln gegen die Beklagte geltend.

In ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen vom 15.4.2011 sind u.a. folgende Klauseln enthalten:

" 5. Zahlungsbedingungen

(...)

5.4 Vertragsbestandteile des Funk Mobilfunk Vertrages ist die Vereinbarung einer Einzugsermächtigung zur Abrechnung der fälligen Entgelte (...)

5.5 sollte der Kunde seine Einzugsermächtigung widerrufen, ersetzt er der m.xxx den höheren Aufwand. Sonstige Aufwendungen, die vom Kunden zu vertreten sind, insbesondere die Bearbeitungskosten z. B. für Rücklastschriften, sonstige durch mangelnde Deckung des Kontos entstandenen Kosten, oder Kosten für die die vom Kunden zu vertretende Überprüfung der Einrichtungen aufgrund von Störungsmeldungen oder Rechnung Beanstandungen entstanden sind, sind vom Kunden zu erstatten. Erfolgt eine Sperre des Anschlusses aus vom Kunden zu vertretenden Gründen, hat der Kunde die aus der Sperre resultierenden Kosten zu tragen. Die in Rechnung gestellten Aufwände ergeben sich aus der gültigen Tarif- und Preisliste. Dem Kunden bleibt jeweils vorbehalten, geringere Kosten nachzuweisen (...)."

Die Beklagte verwendete in der Vergangenheit Tarif- und Preislisten zunächst mit Stand vom 01.02.2011, die für den Fall einer Rücklastschrift, die vom Kunden zu vertreten ist, eine Kostenpauschale von 20,95 € enthielten. Im Oktober 2011 reduzierte die Beklagte ihre Rücklastschriftpauschale in ihren Preislisten auf 14,95 € und im Januar 2012 schließlich auf 10,00 €.

Der Kläger nahm die Beklagte in dem Rechtsstreit 17 O 242/11 vor dem Landgericht Kiel unter anderem auf Unterlassung der Verwendung von Tarif- und Preislisten, in denen für Rücklastschriften eine Schadenspauschale von 10,00 € oder höher festgelegt ist, sowie auf Auskunft, welche Gewinne die Beklagte in der Zeit vom 10.10.2011 bis zum 27.06.2012 dadurch erlangt hat, dass sie aufgrund der streitgegenständlichen Rücklastschriftgebührenklausel von ihren Kundenpauschalen in Höhe von 20,95 €, 14,95 € bzw. 10,00 € erlangt hat, in Anspruch. In der mündlichen Verhandlung am 27.6.2012 erörterte die damalige Einzelrichterin die Sach- und Rechtslage aus ihrer Sicht. Dabei teilte die damalige Einzelrichterin zu den einzelnen, seitens der Beklagten zur Begründung der Höhe der Schadenspauschale aufgeführten Schadenspositionen in der Sache mit, ob sie diese grundsätzlich dem Grunde nach anerkennen würde oder nicht. Ferner stellte sie bezüglich der "Personalkosten" in Aussicht, dass sie diese, allerdings nur anteilig, berücksichtigen würde. Konkrete Zahlen bezüglich der einzelnen Schadenspositionen wurden nicht genannt. Abschließend teilte sie lediglich mit, dass sie nach vorläufiger Rechtsauffassung einen pauschalierten Schadensersatz in Höhe von etwas mehr als 10,00 € für angemessen erachte. Durch am 27.7.2012 verkündetes Urteil in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 21.08.2012 wurde der Beklagten untersagt, Tarif- und Preislisten mit einer Rücklastschriftenpauschale von 14,95 € oder höher zu verwenden. Die Auskunftsklage wurde abgewiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Urteil (Anlage B11, Bl. 153 ff. d. A.) Bezug genommen.

Mit Urteil vom 26.3.2013 änderte das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht auf die Berufung des Klägers dieses Urteil und fasste es insgesamt neu. Insbesondere wurde der Beklagten die Verwendung einer Tarif- und Preisliste für Rücklastschriften mit einer Schadenspauschale von 10,00 € oder höher untersagt. Ferner wurde die Beklagte verurteilt, dem Kläger Auskunft zu erteilen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Urteil (2 U 7/12) ergänzend Bezug genommen. Der BGH wies durch Beschluss vom 24.7.2014 die Nichtzulassungsbeschwerde zurück.

Mit der vorliegenden Klage verfolgt der Kläger sein Auskunfts- und gegebenenfalls Gewinnabschöpfungsbegehren für die Zeit ab dem 28.06.2012 weiter. Dem liegt folgendes weiter zugrunde: Mit Schreiben vom 20.03.2012 mahnte der Kläger die Beklagte wegen der 10,00 €-Klausel ab (Anlage K7, Bl. 39 f. d. A.). Die Beklagte entsprach dem Unterlassungsbegehren nicht. Mit Schreiben vom 08.05.2012 teilte der Kläger der Beklagten mit, dass er nunmehr beabsichtige, gem. § 10 UWG auch den ab dem 28.06.2012 durch die Verwendung der Rücklastschriftpauschale in Höhe von 10,00 € erzielten Gewinn abzuschöpfen und forderte zu entsprechender Auskunft auf (Anlage K8, Bl. 42 f. d. A.). Die Beklagte kam dem Auskunftsbegehren nicht nach.

Der Kläger behauptet, die Beklagte sei bereits vor dem 28.06.2012 mit dem Inhalt des Urteils des OLG Schleswig gegen die K. GmbH aufgrund einer gemeinsamen Konzernabteilung vertraut gewesen. Er meint, bei der Rücklastschriftpauschale der Beklagten handele es sich nicht um ein der AGB-Kontrolle entzogenes "Entgelt", sondern eine Schadensersatzpauschale i. S. d. § 309 Nr. 5 BGB, welche nach § 309 Nr. 5a BGB unwirksam sei. Auch wenn die Beklagte nach der Entscheidung des BGH vom 18.02.2015 (XII ZR 199/13, Juris-Rn. 22) zwischen der Darlegung eines etwaigen branchentypischen Schadens oder dem individuellen durchschnittlichen Schaden wählen könne, sei der hier berücksichtigungsfähige Schaden durchschnittlich deutlich geringer als 10,00 €. Hierzu behauptet er - unter Protest gegen die Darlegungs- und Beweislast - weiter, Rücklastschriftgebühren der Banken betrügen maximal 3,00 €, im Durchschnitt weniger als 3,00 €. Weiter berücksichtigungsfähig seien lediglich Kosten für die Benachrichtigung des Kunden i. H. v. 0,40 €. Berücksichtige man daneben noch die Portopauschale der Beklagten i. H. v. 2,50 €, wovon gemäß § 305c Abs. 2 BGB nach der für die Wirksamkeitsprüfung maßgeblichen kundenfeindlichsten Auslegung so verstehen sei, dass diese Portopauschale auch für die postalische Benachrichtigung über eine Rücklastschrift verlangt werden könne, dürfe die Beklagte weitere Portokosten nicht in die Rücklastschriftpauschale einberechnen. Hingegen seien Personalkosten, IT-Kosten, Refinanzierungskosten und entgangener Gewinn nicht berücksichtigungsfähig. Zudem meint der Kläger, bei der Verwendung der nach § 309 Nr. 5a BGB unwirksamen Klausel handele es sich um eine unzulässige geschäftliche Handlung nach §§ 3 Abs. 1, 4 Nr. 11 UWG. Die Beklagte mache je Rücklastschrift einen Gewinn von wenigstens 6,00 €, selbst wenn man von einem Rücklastschriftschaden i. H. v. je 4,00 € ausginge. Dieser werde zu Lasten der Abnehmer erzielt, weil von diesen die Pauschale erhoben werde. Schließlich habe die Beklagte auch in dem hier streitgegenständlichen Zeitraum ab dem 28.06.2012 vorsätzlich gehandelt.

Der Kläger beantragt in der Auskunftsstufe,

die Beklagte zu verurteilen,

ihm Auskunft darüber zu geben, welche Gewinne sie seit 28.6.2012 dadurch erzielt hat, dass sie in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, insbesondere Preislisten, zum Abschluss von Verträgen über Mobilfunkdienstleistungen gegenüber Verbrauchern Rücklastschriftklauseln mit einer Pauschale i.H.v. zehn Euro verwendet hat.Dazu hat die Beklagte ihm kaufmännisch Rechnung zu legen und ihm in monatlich geordneter Aufstellung einzeln mitzuteilen,a) welche Einnahmen sie durch die Vereinnahmung der Rücklastschriftpauschalen i.H.v. 10,00 € im Auskunftszeitraum erzielt hat,b) welche Ausgabenpositionen in welcher Höhe ihr im Zusammenhang mit der Vereinnahmung der Rücklastschriftpauschalen angefallen sind,c) welche nach § 10 Abs. 2 Satz 1 UWG abzugsfähigen Leistungen sie auf Grund der Zuwiderhandlung an Dritte oder an den Staat erbracht hat undd) welche Nutzungen sie aus den erzielten Gewinnen im Auskunftszeitraum gezogen hat, wobei sie im Falle der Finanzierung ihrer laufenden Geschäftstätigkeit auch über Kredite u.a. mitzuteilen hat, zu welchen Höchstzinssätzen sie Kredite jeweils in Anspruch genommen hat bzw. nimmt.Die Beklagte kann die Rechnungslegung hinsichtlich der Identität der einzelnen Rücklastschriftfälle gegenüber einem vom Kläger zu bezeichnenden, zur Verschwiegenheit verpflichteten vereidigten Wirtschaftsprüfer vornehmen, sofern sie die Kosten seiner Einschaltung trägt und ihn gleichzeitig ermächtigt und verpflichtet, dem Kläger auf Antrag mitzuteilen, ob in der Rechnungslegung ein oder mehrere bestimmte Rücklastschriftfälle enthalten sind.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Ansicht, der Kläger könne allenfalls einen Anspruch auf Auskunft über vereinnahmten Gewinn haben, jedoch nicht auf eine Gegenüberstellung von Einnahmen und Ausgaben. Sie habe - unstreitig - bereits einen Tag nach der Zustellung des Urteils des Landgerichts Kiel in dem Verfahren über die einstweilige Verfügung (17 O 200/11) vom 11.01.2012, nämlich bereits am 24.01.2012, die Rücklastschriftpauschale entsprechend dieser Entscheidung auf 10,00 € reduziert. Die Rücklastschriftpauschale i. H. v. 10,00 € habe sie bis einschließlich 18.04.2013 verwendet. Der Kläger habe sich widersprüchlich verhalten, indem er teilweise selbst nur die Verwendung von Rücklastschriftpauschalen beansprucht habe, die höher als 10,00 € betragen. Ihr könne vor diesem Hintergrund sowie vor dem Hintergrund der Erörterungen der Einzelrichterin in dem Termin am 27.06.2012 in dem Verfahren 17 O 242/11 jedenfalls bei einer Verwendung einer Rücklastschriftpauschale von 10,00 € bis zur Zustellung des Urteils des OLG Schleswig kein vorsätzliches Handeln vorgeworfen werden. Die Rücklastschriftpauschale i. H. v. 10,00 € sei zulässig. Dabei seien zulässigerweise folgende Positionen berücksichtigt:

- Bankgebühren in Höhe von bis zu 8,75 €,- die zur Benachrichtigung des Kunden entstehenden Brief-, Druck- und Portokosten in  Höhe von 1,50 €,- Personalkosten in Höhe von 4,89 €,- Softwarekosten in Höhe von 0,39 €,- Refinanzierungskosten in Höhe von 2,63 €,- entgangener Gewinn aufgrund einer nach erfolgter Rücklastschrift durchgeführten Sperre des Kunden in Höhe von 18,02 €.

Hinsichtlich der seitens der Banken erhobenen Rücklastschriftgebühren hat die Beklagte im Laufe des Rechtsstreits mitgeteilt, dass ihr durchschnittlich 2,89 € Rücklastschriftgebühren entstehen. Sie ist weiter der Ansicht, dass die Voraussetzungen des § 10 UWG nicht vorlägen und sie auch insgesamt nicht vorsätzlich gehandelt habe.

Die Beklagte beruft sich zudem für den Zeitraum vom 28.06.2012 bis einschließlich 30.07.2012 auf die Einrede der Verjährung nach § 11 Abs. 4 UWG.

Der Kläger repliziert, er bestreite mit Nichtwissen, dass die reduzierte Rücklastschriftpauschale auch schon sofort bei allen Kunden tatsächlich umgesetzt worden sei.

Die Klage ist am 27.06.2015 per Fax bei Gericht eingegangen. Am 02.07.2015 ist die Streitwertfestsetzung erfolgt. Am 17.07.2015 ist der angeforderte Kostenvorschuss dem Konto der Landeskasse gutgeschrieben worden. Auf die Verfügung vom 23.07.2015 ist die Klage der Beklagten am 30.07.2016 zugestellt worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten hinsichtlich des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen ergänzend Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist in der Auskunftsstufe weit überwiegend begründet. Lediglich hinsichtlich der ebenfalls beanspruchten Auskunft über gezogene Nutzungen ist auch schon die Auskunftsklage unbegründet.

Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Auskunft und Rechnungslegung wie aus dem Tenor ersichtlich aus § 242 BGB, damit er in die Lage versetzt werden kann, den gegen die Beklagte bestehenden Gewinnabschöpfungsanspruch des Bundeshaushalts gemäß § 10 UWG, zu dessen Geltendmachung er berechtigt ist, beziffern zu können.

I. Der Kläger ist gemäß § 10 Abs. 1 UWG prozessführungsbefugt, weil er zu den Klageberechtigten gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 2 bis 4 UWG gehört. Ferner ist allgemein anerkannt, dass mit dem Gewinnabschöpfungsanspruch ein Anspruch auf Auskunft und Rechnungslegung gemäß § 242 BGB einhergeht.

II. Nach § 10 Abs. 1 UWG entsteht der Gewinnabführungsanspruch gegen denjenigen, der eine nach § 3 UWG unzulässige geschäftliche Handlung vornimmt, wenn dies vorsätzlich geschieht und er hierdurch zu Lasten einer Vielzahl von Abnehmern einen Gewinn erzielt. Diese Voraussetzungen liegen auch im Falle der Verwendung der Rücklastschriftpauschale durch die Beklagte in der Zeit ab dem 28.6.2012 vor.

1. Gemäß § 3 UWG sind unlautere geschäftliche Handlungen unzulässig, wenn sie geeignet sind, die Interessen von Mitbewerbern, Verbrauchern oder sonstigen Marktteilnehmern spürbar zu beeinträchtigen. Durch die Verwendung einer gemäß § 309 Nr. 5a BGB unwirksamen Klausel erfolgt zugleich eine Zuwiderhandlung gegen § 3 UWG. Das ist bei der durch die Beklagte verwendete Rücklastschriftpauschale in Höhe von 10,00 € der Fall. Sie verstößt gegen § 309 Nr. 5a BGB.

Bei der Rücklastschriftpauschale handelt es sich um eine der Inhaltskontrolle unterliegende Klausel zur Erhebung einer Pauschale für Schadensersatz für Rücklastschriften und nicht um eine kontrollfreie Entgeltabrede. Eine solche Schadenspauschale ist unwirksam, wenn die Pauschale den in den geregelten Fällen nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu erwartenden Schaden übersteigt. Das ist hier - auch unter Zugrundelegung der bei der Beklagten durchschnittlich entstehenden Aufwendungen - der Fall. Die streitbefangene Pauschale von 10,00 € übersteigt die tatsächlich berücksichtigungsfähigen Kosten in Höhe von 3,29 € um 6,71 €.

Dabei ist unter Bezugnahme auf die Gründe des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in der Entscheidung vom 26.03.2013 (2 U 7/12, Juris-Rnrn. 147 ff.), die sich das Gericht insgesamt zu eigen macht, davon auszugehen, dass lediglich die durchschnittlichen, der Beklagten entstehenden Rücklastschriftgebühren der Banken sowie Benachrichtigungskosten einen in diesem Zusammenhang erstattungsfähigen Schaden darstellen. Hingegen sind entgegen der Ansicht der Beklagten Personalkosten, Softwarekosten, Refinanzierungskosten sowie entgangener Gewinn nicht als ersatzfähiger Schaden zu berücksichtigen. Hiernach ergeben sich berücksichtigungsfähige Kosten in Höhe von 2,89 € (durchschnittlich bei der Beklagten anfallende Bankgebühren für Rücklastschriften) sowie 0,40 € Benachrichtigungskosten, insgesamt 3,29 €.

2. Soweit die Beklagte durch die Verwendung der Rücklastschriftpauschale hiernach Gewinne in Höhe von 6,71 € je Lastschrift erzielt hat, ging dies zu Lasten einer Vielzahl ihrer Kunden.

3. Schließlich handelte die Beklagte auch während des gesamten hier streitgegenständlichen Zeitraums vorsätzlich im Sinne von § 10 Abs. 1 UWG. Bedingt vorsätzlich handelt, wer sein wettbewerbsrelevantes Verhalten fortsetzt, obgleich er sich aufgrund der ihm bekannten Tatsachen nicht der Einsicht verschließen kann, dass dieses unlauter ist (OLG Stuttgart Urteil vom 02.11.2006, 2 U 58/06, Juris-Rn. 30). Auch ist eine berechtigte Abmahnung regelmäßig ausreichend, um Vorsatz zu vermitteln (Ohly/Sosnitza, UWG, § 10 Rn. 5 m. w. Nachw., Koch in Juris-PK, § 10 UWG Rn. 18). Allerdings führt nicht jeder Umstand, aufgrund dessen jemand damit rechnen musste, dass sein Verhalten von anderen rechtlich abweichend beurteilt und für unzulässig gehalten werden würde, zur Annahme eines bedingt vorsätzlichen Handelns (vgl. LG Berlin, Urteil vom 25.09.2007, 16 O 115/06). Zwar sind strenge Anforderungen an die Beachtung der erforderlichen Sorgfalt hier zu stellen. Danach handelt bereits, aber auch nur fahrlässig, wer sich erkennbar in einem Grenzbereich des rechtlich Zulässigen bewegt, indem er eine von der eigenen Einschätzung abweichende Beurteilung der rechtlichen Zulässigkeit des fraglichen Verhaltens in Betracht ziehen muss (BGH Urteil vom 04.02.1999, I ZR 71/97). Auch nach diesen Maßstäben ist vom bedingten Vorsatz - und nicht lediglich Fahrlässigkeit - der Beklagten auszugehen, weil sie sich nicht nur erkennbar im Grenzbereich des rechtlich Zulässigen bewegte, sondern dabei zugleich auch Kenntnis von der von den Annahmen des Gerichts abweichenden tatsächlichen Grundlagen hatte.

Insbesondere beruft sich die Beklagte hiernach im Ergebnis auch ohne Erfolg auf den Hinweis der Einzelrichterin der 17. Zivilkammer im Termin am 27.06.2012 bzw. deren Urteil vom 27.07.2012. Zwar hat die Einzelrichterin in dem Termin die anteilige Berücksichtigung von Personalkosten für die Bearbeitung von Rücklastschriftfällen sowie die Refinanzierungskosten grundsätzlich für zulässig gehalten. Auf dieser Basis würde sich nach der Berechnung der Einzelrichterin, die von 6,00 € Rücklastschriftgebühren der Banken, 0,40 € Benachrichtigungskosten, 2,63 € Refinanzierungskosten sowie - ausweislich ihrer Schätzung in den schriftlichen Urteilsgründen - anteiligen Personalkosten in Höhe von 1,00 bis 1,50 € ausging, ein relevanter Gesamtbetrag in Höhe von 10,03 bis 10,53 € ergeben. Das lässt jedoch den - bedingten - Vorsatz der Beklagten, durch die Verwendung der Rücklastschriftpauschale in ihren die allgemeinen Vertragsbedingungen ergänzenden Tariflisten in Höhe von 10,00 € gegen § 3 UWG zu verstoßen, nicht entfallen. Vor dem Hintergrund, dass die Beklagte aufgrund der ihr intern vorliegenden Daten wusste, dass - wie nunmehr mitgeteilt - die durchschnittlichen Bankgebühren für Rücklastschriften lediglich 2,89 € betrugen, wusste sie letztlich darum, dass die Pauschale in Höhe von 10,00 € auch nach der Rechtsansicht der Landrichterin den durchschnittlichen berücksichtigungsfähigen Schaden erheblich überstieg. Denn die Einzelrichterin wäre unter Zugrundelegung von Bankgebühren in Höhe von 2,89 € zu einer Summe von 7,43 € gelangt. Dies bedeutet eine deutliche Differenz von mehr als 25 % bis zu den abgerechneten 10,00 €.

III. Die Aufspaltung der Anträge zu 1. a) bis c) aus der Klagschrift ist zulässig. Die vorgenommene Aufspaltung zur Erreichung einer an den Kriterien von § 10 Abs. 1 und 2 UWG orientierten Rechnungslegung, die der Kläger hier beanspruchen kann (vgl. Ohly/Sosnitza, § 9 UWG Rn. 40), ist sachgerecht. Dem berechtigten Geheimhaltungsinteresse der Beklagten wird demgegenüber durch den ebenfalls beantragten Wirtschaftsprüfervorbehalt ausreichend Rechnung getragen.

IV. Der Antrag zu Ziff. 1 d) aus dem Schriftsatz vom 18.4.2016 (Bl. 196 d. A) ist jedoch unbegründet. Eine Auskunft hinsichtlich der in dem Antrag dargestellten Nutzungen kann nur dann begehrt werden, wenn auch ein Anspruch auf diese Nutzungen im Rahmen der Leistungsklage geltend gemacht werden kann. Das ist nicht der Fall. Nach § 10 Abs. 2 UWG kann die Herausgabe des Gewinns, der durch die Vornahme einer nach § 3 UWG unzulässigen geschäftlichen Handlung erzielt wurde, verlangt werden.

Was Gewinn im Sinne dieser Vorschrift ist, ist in der diesbezüglichen Rechtsprechung und Literatur noch kaum konkretisiert worden. Da das Ziel der Regelung des § 10 UWG ist, abzuschöpfen, was dem Verletzer aus der Zuwiderhandlung als Gewinn effektiv verblieben ist (vgl. Ohly/Sosnitza, a. a. O., Rn. 12, siehe auch Köhler/Bornkamm, § 10 UWG, Rn. 15), geht das Gericht davon aus, dass es nur auf den unmittelbaren Gewinn ankommt. Denn nur insoweit beruht der Gewinn gerade auf dem vorsätzlichen Wettbewerbsverstoß (vgl. dazu Köhler/Bornkamm, a. a. O., Rn. 7). Aus diesem unmittelbaren Gewinn gezogene weitere Nutzungen stellen hingegen nur einen mittelbaren Vorteil dar. Dass diese Differenzierung sachgerecht ist, zeigt ein Vergleich mit der Bestimmung zur Gewinnabschöpfung im Strafrecht gemäß § 73 StGB. In dieser Vorschrift enthält Abs. 1 die Rechtsgrundlage für die Abschöpfung des unmittelbar durch eine Straftat erlangten Vorteils. Da dieser nach allgemeiner Ansicht Nutzungen gerade nicht umfasst, hat der Gesetzgeber in Abs. 2 dieser Vorschrift ausdrücklich geregelt, dass auch bezüglich der Nutzungen der Verfall angeordnet werden kann.

V. Ohne Erfolg beruft sich die Beklagte auf die Einrede der Verjährung. Die Klagschrift vom 27.6.2015 ist noch am selben Tag per Fax an das Gericht gesandt worden. Nach Streitwertfestsetzung durch Beschluss vom 2.7.2015 ist der Kostenvorschuss am 17.7.2015 eingezahlt worden, sodass die Klage mit Verfügung vom 23.7.2015 demnächst zugestellt worden ist.