VG Düsseldorf, Urteil vom 22.02.2019 - 26 K 1609/16
Fundstelle
openJur 2019, 27556
  • Rkr:

1. Die Besoldung nordrheinwestfälischer Beamter der Besoldungsgruppe A 10 im Jahr 2014, A 11 in den Jahren 2014 bis 2017 und A 12 in den Jahren 2017 und 2018 war nicht verfassungswidrig zu niedrig bemessen.

2. Das Bundesverfassungsgericht hat den Mindestabstand zum sozialhilferechtlichen Grundsicherungsniveau als Unterpunkt des vierten Parameters der ersten Stufe verortet. Hieran sieht sich die Kammer gemäß § 31 Abs. 1 BVerfGG gebunden.

3. Der Verstoß gegen den Mindestabstand zum sozialhilferechtlichen Grundsicherungsniveau kann lediglich im Zusammenspiel mit der Erfüllung weiterer Parameter indizielle Bedeutung für eine verfassungswidrige Unteralimentation erlangen.

Die Prüfung des Mindestabstandes zum sozialhilferechtlichen Grundsicherungsniveau stellt einen Unterpunkt des vierten Parameters auf der ersten Prüfungsstufe dar.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Vollstreckung des Beklagten durch Sicher-heitsleistung in Höhe von 50,00 Euro abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger ist Beamter beim beklagten Land und hatte bis zum 00.00.2014 ein Amt der Besoldungsgruppe A 10 und seit dem 0.00.2014 ein Amt der Besoldungsgruppe A 11 inne, am 00.00.2017 wurde er unter Einweisung in ein Amt der Besoldungsgruppe A 12 zum Amtsrat ernannt. Er ist verheiratet und Vater von zwei Kindern, die am 0.0.0000 und 0.00.0000 geboren wurden und für die er im streitgegenständlichen Zeitraum Anspruch auf Familienzuschlag hatte.

Mit Schreiben vom 3. November 2014 erhob der Kläger beim Landesamt für Besoldung und Versorgung NRW (LBV NRW) Widerspruch gegen die Höhe seiner Besoldung. Seine gegenwärtigen Bezüge in der Besoldungsgruppe A 10, Familienzuschlag Stufe 3, entsprächen nicht dem Grundsatz amtsangemessener Alimentation gemäß Art. 33 Abs. 5 GG und er beantrage, die nachträgliche Anpassung seiner Besoldung ab dem Jahr 2014 vorzunehmen. Die Besoldung sei seit dem Jahr 2003/2004 durch die Abschaffung von Urlaubsgeld und der Sonderzahlung abgesenkt worden, die Nettobezüge würden hinter der Preisentwicklung, der Beitragsentwicklung in der privaten Krankenversicherung und der allgemeinen Einkommensentwicklung zurückbleiben. Die gute wirtschaftliche Entwicklung und die steigenden Steuereinnahmen kämen bei Beamten nicht an. Für Beamte mit zwei Kindern käme es zu spürbaren Einschnitten, wenn kein Ausgleich über den Familienzuschlag stattfinde und der Abstand zur Besoldung der Bundesbeamten entspreche einer ganzen Besoldungsgruppe.

Das LBV NRW bestätigte mit Schreiben vom 23. Februar 2015 den Eingang des Antrags auf Anpassung der Bezüge, erklärte, den Antrag bis zu einer höchstrichterlichen Entscheidung zum Ruhen zu bringen und verzichtete für die Dauer des Ruhens des Verfahrens auf die Einrede der Verjährung.

Unter dem 11. Oktober 2015 forderte der Kläger das LBV NRW auf, einen Widerspruchsbescheid zu erlassen, nachdem das Bundesverfassungsgericht am 5. Mai 2015 über die Vorlagen diverser Verwaltungsgerichte zur Besoldung der Richter und Staatsanwälte entschieden habe.

Der Kläger hat am 18. Februar 2016 die vorliegende Klage erhoben, mit der er die Feststellung begehrt, dass sein Nettoeinkommen in den Jahren 2014 und danach verfassungswidrig zu niedrig bemessen gewesen sei. Zur Begründung führt er aus:

In Bezug auf die vom Bundesverfassungsgericht in seinen Entscheidungen im Jahr 2015 entwickelten Kriterien sei zu berücksichtigen, dass bei einem Vergleich mit dem Verbraucherpreisindex aufgrund der "kalten Progression" ein realer Kaufkraftverlust eintrete, wenn die Bezüge lediglich parallel zum Verbraucherpreisindex erhöht würden. Dieser Folge würde man nur entgehen, wenn das Bundesverfassungsgericht die Entwicklung der Nettoeinkommen seinen Berechnungen zugrunde gelegt hätte, dann hätte sich aber auch eine Abkopplung vom Verbraucherpreisindex ergeben. Darüber hinaus sei der allgemeine Preisindex nicht geeignet, die besondere Situation von Familien mit Kindern abzubilden, da Eltern für das Wohl ihrer Kinder in den vergangenen Jahren zunehmend höhere Aufwendungen im Verhältnis zum Gesamtfamilieneinkommen aufgebracht hätten. Dies werde im Verbraucherpreisindex nicht abgebildet. Zudem berücksichtigten die vom Statistischen Bundesamt errechneten Konsumausgaben keine Aufwendungen für Versicherungsschutz und Vorsorge und bildeten damit die tatsächlichen Lebenshaltungskosten für Kinder nur unzureichend ab.

Die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts im Jahr 2015 hätten sich nur zu den Grundgehältern und der Sonderzahlung geäußert, nicht aber zum Familienzuschlag. Mit der Vollstreckungsanordnung des Bundesverfassungsgerichts vom 24. November 1998 sei Beamten mit drei oder mehr Kindern das verfassungsrechtlich unerlässliche Minimum an Besoldung zugesprochen worden. Jede weitere Kürzung der Besoldung sei zwangsläufig verfassungswidrig. Solle der Rückgriff auf familienneutrale Besoldungsbestandteile bei Beamten mit drei oder mehr Kindern durch ausreichende Familienzuschläge verhindert werden, hätten Beamte mit zwei Kindern durch die vorgenommenen Kürzungen zeitweise nicht nur keine Besoldungserhöhung erfahren, sondern darüber hinaus auch zur Finanzierung der höheren Familienzuschläge ab dem dritten Kind beigetragen.

Das Festhalten am Leitbild einer vierköpfigen Beamtenfamilie sei verfassungsrechtlich zu beanstanden, weil dies nicht mehr der Regel entspreche. Hierdurch würden kinderlose Beamte und Beamte mit einem Kind üppige Unterhaltsanteile für virtuelle Familienmitglieder erhalten. Ein kinderloser Beamter könne sich regelmäßig einen deutlich großzügigeren Lebenszuschnitt leisten als ein verheirateter Beamter mit zwei Kindern. Denn die Einkommenszuwächse seien nicht geeignet, den zusätzlichen Bedarf, der der Beamtenfamilie beim ersten und zweiten Kind erwachse, auszugleichen. Diese Besserstellung alleinstehender Beamter sei im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 und Art. 6 Abs. 1 GG problematisch, weil alleinstehende Beamte über die amtsangemessene Alimentation hinaus erhebliche weitere Mittel zur beliebigen Verfügung hätten. Solchen familien- und personalpolitischen Erwägungen könne nicht durch die Bemessung der Grundgehälter, sondern nur durch die Gestaltung der familienbezogenen Besoldungsbestandteile Rechnung getragen werden.

In Bezug auf das Abstandsgebot sei ungeklärt, inwieweit sich die Wertigkeit der Ämter auch in den Beträgen der Familienzuschläge widerspiegeln müsse. Mit zunehmender Kinderzahl werde die Gesamtalimentation der Wertigkeit des Amtes nicht mehr gerecht, da sich die Abstände zwischen den Besoldungsgruppen bei Berücksichtigung der familiären Verhältnisse spürbar verringerten. Denn ab Besoldungsgruppe A 9 seien die Familienzuschläge von der Wertigkeit des Amtes unabhängig. Zudem spreche alles dafür, dass die Besoldung der Beamten in den unteren Besoldungsgruppen nicht mehr geeignet sei, das Minimum einer menschenwürdigen Existenz zu gewährleisten. Die gebotene Anhebung der Besoldung von Beamten in unteren Besoldungsgruppen müsse wegen des Abstandsgebots auch Auswirkungen auf höhere Besoldungsgruppen haben. Das Abstandsgebot wirke absolut und bilde einen absoluten Nullpunkt, der nicht unterschritten werden dürfe. Daher sei auch die Besoldung in den unteren Besoldungsgruppen zu prüfen. Das Abstandsgebot stelle auch nicht einen einzelnen Parameter in der Stufenprüfung des Bundesverfassungsgerichts dar, sondern sei auch zu beachten, wenn andere Parameter keine Anhaltspunkte für eine unzureichende Besoldung ergäben.

Schließlich sei bereits eine Verletzung von Beobachtungs-, Anpassungs- und Begründungspflichten durch den Besoldungsgesetzgeber festzustellen, die für sich genommen bereits einen Verfassungsverstoß darstelle. Der Gesetzgeber sei an verfahrensbezogene Pflichten gebunden und verpflichtet, seine Entscheidungsgrundlage und Entscheidungsgründe offenzulegen.

Der Kläger beantragt,

festzustellen, dass seine Alimentation in den Jahren 2014 bis 2018 verfassungswidrig zu niedrig bemessen gewesen ist.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung führt er aus: Die Alimentation des Klägers in den Jahren 2014 ff. werde abschließend gesetzlich geregelt. Die gesetzlichen Regelungen entsprächen den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts. Das Bundesverfassungsgericht sei in seinen Entscheidungen aus dem Jahr 2015 vom Leitbild einer vierköpfigen Alleinverdienerfamilie ausgegangen und habe darauf hingewiesen, dass es darauf ankomme, ob die Dienstbezüge generell ausreichten, um als Alleinverdiener den angemessenen Lebensunterhalt einer vierköpfigen Familie aufzubringen. In den entschiedenen Verfahren seien keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich gewesen, dass der erforderliche Abstand zum Grundsicherungsniveau nicht eingehalten wäre. Sofern eine höhere Besoldungsgruppe für sich genommen die 115%-Grenze zum Grundsicherungsniveau überschreite, handele es sich bei der Frage des Mindestabstands nicht um eine eigenständige Prüfstufe, sondern um ein wertendes Kriterium der ersten Prüfstufe, das nur dann für die Verfassungsmäßigkeit der Alimentation Relevanz erlange, wenn zwei weitere Kriterien erfüllt seien. Soweit das Bundesverwaltungsgericht in seinen Beschlüssen vom 22. September 2017 ausgeführt habe, die Einhaltung eines Mindestabstands der Besoldung in den unteren Besoldungsgruppen zum sozialhilferechtlichen Grundsicherungsniveau habe auch bei der Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der Alimentation für Ämter aus höheren Besoldungsgruppen Bedeutung, sei dies nicht überzeugend. Denn das Bundesverfassungsgericht habe in seinem Beschluss vom 17. November 2015 betont, dass der Gesetzgeber einen weiten Gestaltungsspielraum bei den Maßnahmen für die Einhaltung des Gebotes des Mindestabstandes habe, so dass sich ggf. zu ergreifende Maßnahmen nur "möglicherweise" auf das Abstandsgebot auswirkten. Im Übrigen sei in der Vorlage 16/4766 für die 63. Sitzung des Unterausschusses Personal des Haushalts- und Finanzausschusses des Landtags NRW vom 10. Februar 2017 zur Amtsangemessenheit der Alimentation in NRW ein Vergleich der Alimentation von verheirateten nordrheinwestfälischen Beamten in den Besoldungsgruppen A4 (bis 2016) und A5 (ab 2017) mit zwei Kindern mit dem Existenzminimum vorgenommen worden. Danach entspreche die Nettoalimentation in den unteren Besoldungsgruppen in den maßgeblichen Streitjahren dem vom Bundesverfassungsgericht vorgegebenen Mindestabstand zum Grundsicherungsniveau einer Familie mit zwei Kindern. Nicht überzeugend sei, wenn das Bundesverwaltungsgericht bei der Berechnung der Unterkunfts- und Heizkosten den gemäß Wohngeldgesetz festgesetzten möglichen Höchstbetrag anhand der höchsten im jeweiligen Bundesland ausgewiesenen Mietstufe für eine Familie mit zwei Kindern und die Höchstbeträge des Heizspiegels zugrunde lege. Dies entspreche nicht der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, das in seinen Grundsatzentscheidungen im Jahr 1998 die Durchschnittsmiete ausgehend von Daten des Statistischen Bundesamtes und einen Zuschlag von 20 Prozent zur Kaltmiete für Heizkosten zugrunde gelegt habe. Auch wenn diese Datengrundlage nicht mehr aktuell sei, sei nicht ersichtlich, weshalb von dem Ansatz von Durchschnittswerten abgewichen werden solle. Da die Berechnungsmethode des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 1998 weitgehend identisch mit der Ermittlung des steuerfrei zu stellenden Existenzminimums sei, sei es sachgerecht, das steuerrechtliche Existenzminimum als äußersten Mindestbedarf zum Ausgangspunkt der Berechnung des Mindestabstandes der Besoldung zum Grundsicherungsniveau zu machen. - Der Landesgesetzgeber sei auch seinen Begründungs- und Überprüfungspflichten hinreichend nachgekommen, wie sich insbesondere aus der Begründung zum Gesetz zur Anpassung der Dienst- und Versorgungsbezüge 2015/2016 ergebe, in der sich der Gesetzgeber mit den Vorgaben der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts auseinandergesetzt habe.

Wegen des weiteren Vorbringens der Verfahrensbeteiligten und des Sachverhaltes im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorganges des LBV NRW ergänzend Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist als Feststellungsklage statthaft und auch im Übrigen zulässig. Die Frage der Amtsangemessenheit der Alimentation der Besoldung ist im verwaltungsgerichtlichen Verfahren mittels Feststellungsklage nach § 43 Abs. 1 VwGO zu verfolgen. Aufgrund des Vorbehalts des Gesetzes in Besoldungsfragen und des weiten Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers, kommt es nicht in Betracht, Beamten Besoldungsleistungen zuzusprechen, die gesetzlich nicht vorgesehen sind. Daher steht der Grundsatz der Subsidiarität der Feststellungsklage gegenüber der allgemeinen Leistungsklage der Statthaftigkeit nicht entgegen.

Vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. Oktober 2009 - 2 BvL 13/08 u.a. - juris Rn. 12f.; BVerwG, Urteil vom 28.04.2011 - 2 C 51.08 - juris Rn. 15 m.w.N.

Das Feststellungsbegehren des Klägers bezieht sich nach Konkretisierung seines Antrages in der mündlichen Verhandlung auf die Jahre 2014 bis 2018. In diesen Jahren hat der Kläger seinen Anspruch zeitnah geltend gemacht. Beamte sind gehalten, grundsätzlich in dem Jahr, für das eine höhere Alimentation begehrt wird, mit ihrem Begehren an den Dienstherrn heranzutreten.

Vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 24. November 1998 - 2 BvL 26/91 u.a. - juris Rn. 67 und vom 22. März 1990 - 2 BvL 1/86 u.a. - juris Rn. 69.

Ist der geltend gemachte Anspruch auf amtsangemessene Alimentation erkennbar (auch) in die Zukunft gerichtet, so genügt er grundsätzlich den Anforderungen an eine zeitnahe Geltendmachung auch für die folgenden Jahre.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 12. Februar 2014 - 3 A 155/09 - juris Rn. 37, BayVGH, Urteil vom 23.03.2010, 14 ZB 09.2224 - juris Rn. 13.

Ein Widerspruch gegen eine zu niedrige Alimentation ist typischerweise auf eine fortlaufende (monatliche) Zahlung höherer Dienstbezüge gerichtet. Der betroffene Beamte will erreichen, dass der Dienstherr seiner Verpflichtung, dem Beamten amtsangemessenen Unterhalt zu leisten, nachkommt. Diese Unterhaltspflicht ist im Hinblick auf den Regelfall des Lebenszeitbeamten zeitlich grundsätzlich nicht begrenzt und hinsichtlich der laufenden Dienstbezüge nicht auf Jahresintervalle bezogen. Entsprechend wirken Anträge auf amtsangemessene Alimentation grundsätzlich unabhängig von zwischenzeitlichen Jahreswechseln fort, soweit der Beamte seinen Antrag nicht auf einen bestimmten Zeitraum beschränkt hat oder sich die Sach- oder Rechtslage erheblich ändert, etwa durch Bescheidung des Begehrens des Betroffenen, so dass Anlass besteht klarzustellen, dass das Begehren gleichwohl für die Zukunft aufrecht erhalten bleibt.

Vgl. zum Ganzen: OVG NRW Urteil vom 12. Februar 2014 - 3 A 155/09 - juris Rn. 39.

Ausgehend hiervon erstreckt sich das Feststellungsbegehren des Klägers zulässigerweise auf die Jahre 2014 bis 2018. Zwar hat das LBV NRW erst mit Schreiben vom 23. Februar 2015 den Eingang des Antrags des Klägers auf Anpassung seiner Bezüge vom 3. November 2014 bestätigt. Ausweislich des Verwaltungsvorgangs war das Widerspruchsschreiben des Klägers allerdings bereits am 5. November 2014 beim LBV NRW eingegangen. Der Kläger hat seinen Widerspruch auch nicht lediglich auf das Jahr 2014 begrenzt, sondern vielmehr durch seine Nachfragen nach einer Bescheidung seines Widerspruchs im Jahr 2015 und die Klageerhebung im Februar 2016 mit dem Antrag festzustellen, dass sein Nettoeinkommen in den Jahren 2014 und danach verfassungswidrig zu niedrig bemessen gewesen ist, seinen Widerspruch gegen die Höhe seiner Besoldung in der jeweiligen Besoldungsgruppe fortgesetzt zum Ausdruck gebracht.

Die Klage ist allerdings unbegründet. Die dem Kläger auf gesetzlicher Grundlage gemäß §§ 2 Abs. 1, 3 Abs. 1 ÜBesG NRW in der Fassung vom 16. Mai 2013 in der jeweils maßgeblichen Änderungsfassung im Zeitraum vom 1. Januar 2014 bis 30. Juni 2016 und auf Grundlage von §§ 2 Abs. 1, 3 Abs. 1 LBesG NRW in der Fassung vom 1. Juli 2016 in der jeweils maßgeblichen Änderungsfassung im Zeitraum vom 1. Juli 2016 bis 31. Dezember 2018 gewährte Alimentation genügt den verfassungsrechtlichen Anforderungen an eine amtsangemessene Besoldung.

A. Der verfassungsrechtliche Maßstab, an dem die Rechtsgrundlagen für die Besoldung eines Beamten zu messen sind, ergibt sich aus Art. 33 Abs. 5 GG. Hiernach ist das Recht des öffentlichen Dienstes unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln. Zu den vom Gesetzgeber wegen ihres grundlegenden und strukturprägenden Charakters nicht nur zu berücksichtigenden, sondern zu beachtenden hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums zählt das auch für die Besoldung eines Richters und Staatsanwalts maßgebliche Alimentationsprinzip. Art. 33 Abs. 5 GG ist unmittelbar geltendes Recht und enthält einen Regelungsauftrag an den Gesetzgeber sowie eine institutionelle Garantie des Berufsbeamtentums. Des Weiteren begründet Art. 33 Abs. 5 GG ein grundrechtsgleiches Recht des Richters und Staatsanwalts, soweit dessen subjektive Rechtsstellung betroffen ist.

Vgl. BVerfG, Urteil vom 5. Mai 2015 - 2 BvL 17/09 u. a. -, juris, Rn. 92 m. w. N.; hieran anknüpfend Beschluss vom 17. November 2015 - 2 BvL 19/09 u. a. -, juris;

Der Inhalt des Alimentationsprinzips wird von verschiedenen Determinanten geprägt. Das Alimentationsprinzip verpflichtet den Dienstherrn, Beamte sowie ihre Familien lebenslang angemessen zu alimentieren und ihnen nach ihrem Dienstrang, nach der mit ihrem Amt verbundenen Verantwortung und nach der Bedeutung der rechtsprechenden Gewalt und des Berufsbeamtentums für die Allgemeinheit entsprechend der Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse und des allgemeinen Lebensstandards einen angemessenen Lebensunterhalt zu gewähren. Damit wird der Bezug der Besoldung sowohl zu der Einkommens- und Ausgabensituation der Gesamtbevölkerung als auch zur Lage der Staatsfinanzen, das heißt zu der sich in der Situation der öffentlichen Haushalte ausdrückenden Leistungsfähigkeit des Dienstherrn, hergestellt. Im Rahmen dieser Verpflichtung zu einer dem Amt angemessenen Alimentierung hat der Gesetzgeber die Attraktivität des Beamtenverhältnisses für überdurchschnittlich qualifizierte Kräfte, das Ansehen des Amtes in den Augen der Gesellschaft, die vom Amtsinhaber geforderte Ausbildung und seine Beanspruchung zu berücksichtigen. Für die Beurteilung der Angemessenheit der Alimentation kommt es auf deren Gesamthöhe an, zu deren Ermittlung neben dem Grundgehalt auch weitere Besoldungsbestandteile wie Sonderzahlungen oder Stellenzulagen heranzuziehen sind, auch wenn diese für sich betrachtet nicht den verfassungsrechtlichen Schutz eines hergebrachten Grundsatzes des Berufsbeamtentums gemäß Art. 33 Abs. 5 GG genießen.

Vgl. BVerfG, Urteil vom 5. Mai 2015 - 2 BvL 17/09 u. a. -, juris, Rn. 93 m. w. N.; Beschluss vom 17. November 2015 - 2 BvL 19/09 u.a. - juris Rn. 72 m.w.N.

Bei der praktischen Umsetzung der aus Art. 33 Abs. 5 GG resultierenden Pflicht zur amtsangemessenen Alimentierung besitzt der Gesetzgeber einen weiten Entscheidungsspielraum. Dies gilt sowohl hinsichtlich der Struktur als auch hinsichtlich der Höhe der Besoldung; diese ist der Verfassung nicht unmittelbar, als fester und exakt bezifferbarer Betrag, zu entnehmen. Insofern stellt die in Art. 33 Abs. 5 GG enthaltene Garantie eines "amtsangemessenen" Unterhalts lediglich eine den Besoldungsgesetzgeber in die Pflicht nehmende verfassungsrechtliche Gestaltungsdirektive dar. Innerhalb des ihm zukommenden Entscheidungsspielraums muss der Gesetzgeber das Besoldungsrecht den tatsächlichen Notwendigkeiten und der fortschreitenden Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse anpassen. Die von ihm jeweils gewählte Lösung - Struktur und Höhe der Alimentation - unterliegt allerdings der gerichtlichen Kontrolle.

Vgl. BVerfG, Urteil vom 5. Mai 2015 - 2 BvL 17/09 u. a. -, juris, Rn. 94 m. w. N. und Beschluss vom 17. November 2015 - 2 BvL 19/09 u.a. - juris Rn. 73 m.w.N.

Dem weiten Entscheidungsspielraum des Gesetzgebers entspricht eine zurückhaltende, auf den Maßstab evidenter Sachwidrigkeit beschränkte Kontrolle der einfachgesetzlichen Regelung. Im Ergebnis beschränkt sich die materielle Kontrolle dabei auf die Frage, ob die

Bezüge der Beamten evident unzureichend sind. Ob dies der Fall ist, muss nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts anhand einer Gesamtschau verschiedener Kriterien und unter Berücksichtigung der konkret in Betracht kommenden Vergleichsgruppen geprüft werden.

Vgl. BVerfG, Urteil vom 5. Mai 2015 - 2 BvL 17/09 u. a. -, juris, Rn. 96 m. w. N. und Beschluss vom 17. November 2015 - 2 BvL 19/09 u.a. - juris Rn. 75 m.w.N.

Zur Prüfung dieser Frage hat das Bundesverfassungsgericht aus dem Alimentationsprinzip fünf Parameter abgeleitet, die in ihrer Gesamtschau und unter Berücksichtigung der konkret in Betracht kommenden Vergleichsgruppen einen Orientierungsrahmen für eine grundsätzlich verfassungsgemäße Ausgestaltung der Alimentationsstruktur und des Alimentationsniveaus bieten. Bei diesen Parametern handelt es sich um den Vergleich der Besoldungsentwicklung mit der Entwicklung des Tariflohnindex, des Nominallohnindex und des Verbraucherpreisindex sowie einem Vergleich einerseits der Besoldungsgruppen innerhalb eines Besoldungssystems und andererseits mit dem Bund und anderen Bundesländern. Ihnen kommt indizielle Bedeutung bei der Ermittlung des verfassungsrechtlich geschuldeten Alimentationsniveaus zu. Sind zumindest drei dieser Parameter erfüllt (1. Prüfungsstufe), besteht eine Vermutung für eine verfassungswidrige Unteralimentation. Diese Vermutung kann durch die Berücksichtigung weiterer alimentationsrelevanter Kriterien im Rahmen einer Gesamtabwägung widerlegt oder weiter erhärtet werden (2. Prüfungsstufe). Führt die Gesamtabwägung zum Ergebnis einer verfassungswidrigen Unteralimentation, muss weiter geprüft werden, ob dafür ausnahmsweise eine Rechtfertigung vorliegt (3. Prüfungsstufe).

Vgl. BVerfG, Urteil vom 5. Mai 2015 - 2 BvL 17/09 u. a. -, juris, Rn. 97 m. w. N. und Beschluss vom 17. November 2015 - 2 BvL 19/09 u.a. - juris Rn. 76.

Das Bundesverfassungsgericht hat für diese Prüfung einen Prüfungszeitraum vorgegeben, der sich auf die zurückliegenden 15 Jahre erstreckt. Die Länge des Zeitraums orientiert sich an der zu erwartenden Lebensdienstzeit von Richtern und Staatsanwälten und soll rund die Hälfte dieser Zeitspanne abbilden, um einerseits zufällige Ausschläge aufzufangen und andererseits eine methodische Vergleichbarkeit noch zu gewährleisten. Ergänzend ist gegebenenfalls eine Vergleichsbetrachtung für einen weiteren 15 Jahre langen Zeitraum vorzunehmen, der sich mit dem ersten Prüfungszeitraum teilweise überlappt, aber weitere 5 Jahre in die Vergangenheit reicht, um etwaige statistische Ausreißer zu bereinigen.

Vgl. BVerfG, Urteil vom 5. Mai 2015 - 2 BvL 17/09 u. a. -, juris, Rn. 102 m. w. N. und Beschluss vom 17. November 2015 - 2 BvL 19/09 u.a. - juris Rn. 81.

Für das vorliegende Verfahren bedeutet dies, dass sich der Betrachtungszeitraum der Staffelprüfung - ausgehend vom ersten Streitjahr 2014 - bis ins Jahr 1994 (Anfangszeitraum der Staffelprüfung) zu erstrecken hätte. Demnach ist für die Prüfung der Parameter auf der ersten Stufe folgende Besoldungsentwicklung zugrunde zu legen:

- Gesetz über die Anpassung von Dienst- und Versorgungsbezügen in Bund und Ländern 1995 (BBVAnpG 1995) vom 18.12.1995 (BGBl. I S. 1942): Erhöhung der Grundgehaltssätze um 3,2 %

- Gesetz über die Anpassung von Dienst- und Versorgungsbezügen in Bund und Ländern 1996/1997 vom 24. März 1997 (BGBl. I S. 590): Erhöhung der Grundgehaltssätze um 1,3 % ab 1. März 1997

- Gesetz über die Anpassung von Dienst- und Versorgungsbezügen in Bund und Ländern 1998 vom 6. August 1998 (BGBl. I S. 2026): Erhöhung der Besoldung um 1,5 %

- Gesetz über die Anpassung von Dienst- und Versorgungsbezügen in Bund und Ländern 1999 vom 19. November 1999 (BGBl. I S. 2198): Erhöhung um 2,9 % ab 1. Juni 1999

- Gesetz über die Anpassung von Dienst- und Versorgungsbezügen in Bund und Ländern 2000 vom 19. April 2001 (BGBl. I S. 618): Erhöhung um 1,8 % ab 1. Januar 2001 und um 2,2 % ab 1. Januar 2002

- Gesetz über die Anpassung von Dienst- und Versorgungsbezügen in Bund und Ländern 2003/2004 vom 10. September 2003 (BGBl. I S. 1798): Erhöhung um 2,4 % ab 1. April 2003 für Besoldungsgruppe A2 bis A11 und um 1,0 % ab 1. April 2004

- Gesetz über die Anpassung der Besoldungs- und Versorgungsbezüge 2008 im Land Nordrhein-Westfalen (BesVersAnpG NRW 2008) vom 20. Dezember 2007 (GV.NRW S. 750): Erhöhung um 2,9 %

- Gesetz über die Anpassung der Besoldungs- und Versorgungsbezüge 2009/2010 im Land Nordrhein-Westfalen (BesVersAnpG NRW 2009/2010) vom 10. November 2009 (GV.NRW S. 570): Ab 1. März 2009 Erhöhung Grundgehaltssätze um 20 € und 3,0 %, ab 1. März 2010 Erhöhung um 1,2 %.

- Gesetz über die Anpassung der Besoldungs- und Versorgungsbezüge 2011/2012 im Land Nordrhein-Westfalen (BesVersAnpG NRW 2011/2012) vom 05. April 2011 (GV.NRW S. 201): Ab 1. April 2011 Erhöhung um 1,5 %, ab 1. Januar 2012 und um 1,9 %

- Gesetz über die Anpassung der Besoldungs- und Versorgungsbezüge 2013/2014 im Land Nordrhein-Westfalen (BesVersAnpG NRW 2013/2014) vom 16. Juli 2013 (GV.NRW S. 486), geändert durch Gesetz vom 11. November 2014 (GV.NRW S. 734): In der Besoldungsgruppe A 10 ab 1. Januar 2013 Erhöhung um 2,65 % und ab 1. Januar 2014 Erhöhung um 2,95 %; In der Besoldungsgruppe A 11 ab 1. Januar 2013 Erhöhung um 1,0 %, ab dem 1. Mai 2013 Erhöhung der Grundgehaltssätze um 0,3 % und zusätzlich um monatlich 30 Euro, ab dem 1. Januar 2014 Erhöhung um 1,0 % und ab dem 1. Mai 2014 Erhöhung um 0,3 % und zusätzlich um 40 €.

- Gesetz über die Anpassung der Besoldungs- und Versorgungsbezüge 2015/2016 im Land Nordrhein-Westfalen (BesVersAnpG NRW 2015/2016) vom 8. Dezember 2015 (GV.NRW S. 836), geändert durch Gesetz vom 7. April 2017 (GV.NRW S. 414) (GV.NRW S. 734): Ab 1. Juni 2015 Erhöhung um 1,9 %, ab 1. August 2016 Erhöhung um 2,1 %.

- Gesetz über die Anpassung der Besoldungs- und Versorgungsbezüge 2017/2018 im Land Nordrhein-Westfalen (BesVersAnpG NRW 2017/2018) vom 7. April 2017 (GV.NRW S. 451): Ab 1. April 2017 Erhöhung um 2,0 %, jedoch mindestens um 75 €, ab 1. Januar 2018 Erhöhung um 2,35 %.

Im gleichen Zeitraum wurde die Sonderzuwendung bzw. Sonderzahlung im Land Nordrhein-Westfalen sukzessive gekürzt, bis sie im Jahr 2017 vollständig entfallen ist.

Zur Berechnung des Besoldungsindexes hat der Beklagte die tatsächliche Besoldungsentwicklung im maßgeblichen Zeitraum zusammengestellt. Dabei hat er für jedes Jahr die Summe aus Grundgehalt der Endstufe, allgemeiner Stellenzulage, Urlaubsgeld und Sonderzahlung - soweit eine solche gewährt wurde - gebildet und hieraus - ausgehend vom jeweiligen Basisjahr - die Besoldungsentwicklung im Vergleich zu den jeweiligen Vorjahren nachgezeichnet. Dieser Ansatz ist nicht zu beanstanden. Zwar hat das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 5. Mai 2015 - 2 BvL 17/09 u.a. - festgehalten, dass die Streichung des Urlaubsgeldes sowie Einmalzahlungen und die Anhebung der Grundgehaltssätze um feste Beträge bei der Ermittlung der Besoldungsentwicklung vernachlässigt werden könnten,

vgl. BVerfG, a.a.O., juris Rn. 140.

Die Berücksichtigung der Streichung des Urlaubsgeldes sowie der Anhebung der Grundgehaltssätze bei der Berechnung der Besoldungsentwicklung steht dem aber nicht entgegen, da dies zum einen zu einem genaueren Ergebnis führt und zum anderen die Nichtberücksichtigung der "Sockelbeträge" in Nordrhein-Westfalen nicht sachgerecht wäre, nachdem die Grundgehaltssätze im Jahr 2009 um 20 € und ab der Besoldungsgruppe A 11 in den Jahren 2013 um 30 € und 2014 um 40 € angehoben wurden und diese Anhebung - im Gegensatz zu Einmalzahlungen - zu dauerhaften Besoldungserhöhungen führt.

Damit stellt sich die Besoldungsentwicklung in den streitgegenständlichen Jahren 2014 bis 2018 unter Berücksichtigung der "negativen" Besoldungsentwicklungen durch die Kürzung bzw. Streichung der Sonderzuwendung bzw. Sonderzahlung und des Urlaubsgeldes wie folgt dar:

Besoldungsgruppe A 10

Jahr

Prozentuale Steigerung

Besoldungsindex 2014

1999

100,00

2000

0,00

100,00

2001

1,66

101,66

2002

2,09

103,79

2003

-0,54

103,21

2004

1,29

104,56

2005

0,00

104,56

2006

-1,60

102,88

2007

0,00

102,88

2008

2,90

105,87

2009

3,68

109,77

2010

1,20

111,08

2011

1,50

112,75

2012

2,43

115,49

2013

2,65

118,55

2014

2,95

122,05

Besoldungsgruppe A 11

Jahr

Prozentuale Steigerung

Besoldungsindex 2014

Besoldungsindex 2015

Besoldungsindex 2016

Besoldungsindex 2017

1999

100,00

2000

0,00

100,00

100,00

2001

1,66

101,66

101,66

100,00

2002

2,04

103,73

103,73

102,04

100,00

2003

-0,49

103,22

103,22

101,54

99,51

2004

1,36

104,62

104,62

102,92

100,86

2005

0,00

104,62

104,62

102,92

100,86

2006

-1,60

102,95

102,95

101,27

99,25

2007

0,00

102,95

102,95

101,27

99,25

2008

2,90

105,94

105,94

104,21

102,13

2009

3,61

109,76

109,76

107,97

105,82

2010

1,20

111,08

111,08

109,27

107,09

2011

1,50

112,75

112,75

110,91

108,70

2012

2,38

115,43

115,43

113,55

111,29

2013

2,15

117,91

117,91

115,99

113,68

2014

2,41

120,75

120,75

118,79

116,42

2015

1,90

123,04

121,05

118,63

2016

2,10

123,59

121,12

2017

2,00

123,54

Besoldungsgruppe A 12

Jahr

Prozentuale Steigerung

Besoldungsindex 2017

Besoldungsindex 2018

2002

100,00

2003

-0,49

99,51

100,00

2004

1,42

100,92

101,42

2005

0,00

100,92

101,42

2006

-1,60

99,31

99,80

2007

0,00

99,31

99,80

2008

2,90

102,19

102,69

2009

3,56

105,83

106,35

2010

1,20

107,10

107,63

2011

1,50

108,71

109,24

2012

2,33

111,24

111,79

2013

2,07

113,54

114,10

2014

2,31

116,16

116,74

2015

1,90

118,37

118,96

2016

2,10

120,86

121,46

2017

2,00

123,28

123,89

2018

126,80

Nicht zu beanstanden ist, dass der so ermittelten Besoldungsentwicklung die Bruttobesoldung zugrunde liegt. Dies entspricht - wie auch der Kläger zutreffend erkannt hat - den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts. Eine Berücksichtigung der Nettobesoldung würde der auf der ersten Prüfstufe vorzunehmenden relationalen Betrachtung entgegenstehen. Denn die Höhe der Nettobesoldung eines Beamten hängt von einer Vielzahl von Faktoren - u.a. dem Familienstand, der Anzahl der Kinder, der Steuerklasse und der jeweils individuell absetzbaren Beträge - ab, die der Nachzeichnung einer allgemeinen "Nettobesoldungsentwicklung" entgegenstehen. Verzerrungen infolge der Steuerprogression oder der Belastung mit Sozialabgaben fallen überdies auf der ersten Prüfungsstufe nicht signifikant ins Gewicht und könnten gegebenenfalls im Rahmen der erforderlichen Gesamtbetrachtung auf der 2. Prüfungsstufe berücksichtigt werden.

Vgl. BVerfG, Urteil vom 5. Mai 2015 - 2 BvL 17/09 - juris Rn. 104, vgl. ebenso BVerfG, Beschluss vom 23. Mai 2017 - 2 BvR 883/14 - juris Rn. 80.

Soweit der Kläger meint, das Prüfprogramm des Bundesverfassungsgerichts könne nicht unbesehen auf die Nettobesoldung eines Beamten mit Familie angewendet werden, ist

dem nicht zu folgen. Denn das Bundesverfassungsgericht geht in ständiger Rechtsprechung vom Leitbild der vierköpfigen Beamtenfamilie aus,

vgl. BVerfG, Beschluss vom 24. November 1998 - 2 BvL 26/91 u.a. - juris Rn. 38ff. m.w.N.,

das demzufolge auch seinen Entscheidungen vom 5. Mai 2015 und 17. November 2015 zugrunde lag.

Die aus den vorstehenden Tabellen ersichtliche Entwicklung der Besoldung ist mit der Entwicklung der Tariflöhne, der Nominallöhne und dem Verbraucherpreisindex anhand der durch das Bundesverfassungsgericht entwickelten Formel zu vergleichen:

Hierbei stellt [100 + x] den jeweiligen Vergleichsparameter dar, während [100 + y] für den Besoldungsindex steht. Die Anwendung dieser Formel ermöglicht die Betrachtung der Relation der Besoldungsentwicklung mit der Entwicklung des jeweiligen Parameters. Ergibt diese Relation eine Abweichung von mehr als 5 Prozent, ist der jeweilige Parameter als erfüllt anzusehen.

Vgl. BVerfG, Urteil vom 5. Mai 2015 - 2 BvL 17/09 - juris Rn. 101, 105, 108.

Der erste zu betrachtenden Parameter ist die Entwicklung der Tariflöhne im öffentlichen Dienst, der einen Abgleich mit dem Einkommen der übrigen im öffentlichen Dienst Beschäftigten ermöglicht. Diesem Parameter kommt eine besondere Bedeutung für die Bestimmung der Wertigkeit des Amtes und damit der Angemessenheit der Besoldung zu, da die privatrechtlichen Beschäftigungsverhältnisse von Angestellten im öffentlichen Dienst am ehesten mit dem Beamtenverhältnis zu vergleichen sind. Die Tarifergebnisse stellen ein gewichtiges Indiz für die Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse sowie des allgemeinen Lebensstandards dar und haben daher eine von Verfassung wegen gebotene Orientierungsfunktion.

Vgl. BVerfG, Urteil vom 5. Mai 2015 - 2 BvL 17/09 - juris Rn. 100.

Die tarifliche Entwicklung im öffentlichen Dienst in den mit der jeweiligen Besoldungsgruppe des Klägers vergleichbaren Vergütungs- bzw. Entgeltgruppen stellte sich im maßgeblichen Zeitraum wie folgt dar:

Für die Besoldungsgruppe A 10: BAT IVb / TV-L E 10

Jahr

Prozentuale Steigerung

Tariflohnindex 2014

1999

100,00

2000

1,85

101,85

2001

2,22

104,11

2002

0,00

104,11

2003

2,22

106,42

2004

1,87

108,41

2005

0,00

108,41

2006

-0,83

107,51

2007

0,00

107,51

2008

2,96

110,60

2009

4,18

115,32

2010

1,20

116,70

2011

1,50

118,45

2012

2,36

121,25

2013

2,65

124,46

2014

2,95

128,13

Für die Besoldungsgruppe A 11: BAT IVb / TV-L E 11

Jahr

Prozentuale Steigerung

Tariflohnindex 2014

Tariflohnindex 2015

Tariflohnindex 2016

Tariflohnindex 2017

1999

100,00

2000

1,85

101,85

100,00

2001

2,22

104,11

102,22

100,00

2002

0,00

104,11

102,22

100,00

100,00

2003

2,22

106,42

104,49

102,22

102,22

2004

1,87

108,41

106,44

104,13

104,13

2005

0,00

108,41

106,44

104,13

104,13

2006

-0,83

107,51

105,56

103,27

103,27

2007

0,00

107,51

105,56

103,27

103,27

2008

3,03

110,77

108,76

106,40

106,40

2009

4,10

115,31

113,22

110,76

110,76

2010

1,20

116,69

114,58

112,09

112,09

2011

1,50

118,44

116,30

113,77

113,77

2012

2,32

121,19

119,00

116,41

116,41

2013

2,65

124,40

122,15

119,49

119,49

2014

2,95

128,07

125,75

123,01

123,01

2015

2,10

128,39

125,59

125,59

2016

2,30

128,48

128,48

2017

2,00

131,05

Für die Besoldungsgruppe A 12: BAT II a / TVL-E 12

Jahr

Prozentuale Steigerung

Tariflohnindex 2017

Tariflohnindex 2018

2002

100,00

2003

2,23

102,23

100,00

2004

1,87

104,14

101,87

2005

0,00

104,14

101,87

2006

-2,98

101,04

98,83

2007

0,00

101,04

98,83

2008

3,00

104,07

101,79

2009

4,00

108,23

105,86

2010

1,20

109,53

107,13

2011

1,50

111,17

108,74

2012

2,29

113,72

111,23

2013

2,65

116,73

114,18

2014

2,95

120,17

117,55

2015

2,10

122,69

120,02

2016

2,30

125,51

122,78

2017

2,00

128,02

125,24

2018

5,42

132,02

Der zweite Parameter ist die Entwicklung des Nominallohnindex, der die Lohnentwicklung der Gesamtbevölkerung ohne Beschränkung auf den öffentlichen Dienst abbildet und ein allgemein anerkannter Indikator für die Einkommens- und Wohlstandsentwicklung der abhängig Beschäftigten in Deutschland ist.

Vgl. BVerfG, Urteil vom 5. Mai 2015 - 2 BvL 17/09 - juris Rn. 103f.

Als dritter Parameter ist die Entwicklung des Verbraucherpreisindex zu betrachten. Dieser gibt Auskunft über die durchschnittliche Preisentwicklung der Waren und Dienstleistungen, die von privaten Haushalten zu Konsumzwecken in Anspruch genommen werden. Ein Abgleich mit dieser Entwicklung soll sicherstellen, dass das Gehalt eines Beamten nicht infolge gestiegener allgemeiner Lebenshaltungskosten und des Kaufkraftverlustes aufgezehrt wird.

Vgl. BVerfG, Urteil vom 5. Mai 2015 - 2 BvL 17/09 - juris Rn. 106f.

Der Nominallohnindex beträgt ausweislich der vom Beklagten vorgelegten Tabellen des Statistischen Bundesamtes im Jahr 2014 121,30, im Jahr 2015 122,88, im Jahr 2016 124,45, im Jahr 2017 125,68 und im Jahr 2018 128,53. Der Verbraucherpreisindex für die streitgegenständlichen Jahre beläuft sich nach den vorgelegten Tabellen von IT NRW im Jahr 2014 auf 125,98, im Jahr 2015 auf 124,48, im Jahr 2016 auf 122,67, im Jahr 2017 auf 123,17 und im Jahr 2018 auf 123,88.

Für die Parameter Entwicklung der Tariflöhne, Nominallohnindex und Verbraucherpreisindex ergeben sich unter Berücksichtigung der vorstehend ermittelten Indizes und unter Anwendung der vom Bundesverfassungsgericht entwickelten Formel folgende Werte für die Besoldungsgruppe A 10 im Jahr 2014, A 11 in den Jahren 2014 bis 2017 und A 12 in den Jahren 2017 und 2018:

Besoldungsgruppe A 10

Jahr

Differenz Besoldungsentwicklung / Tarifergebnisse

Differenz Besoldungsentwicklung / Nominallohnindex

Differenz Besoldungsentwicklung / Verbraucherpreisindex

2014

Kontrollzeitraum 1994-2009

3,38 %

Kontrollzeitraum 1994-2009

- 5,92 %

Kontrollzeitraum 1994-2009

3,05 %

1999-2014

4,99 %

1999-2014

- 0,60 %

1999-2014

3,23 %

Besoldungsgruppe A 11

Jahr

Differenz Besoldungsentwicklung / Tarifergebnisse

Differenz Besoldungsentwicklung / Nominallohnindex

Differenz Besoldungsentwicklung / Verbraucherpreisindex

2014

Kontrollzeitraum 1994-2009

3,37 %

Kontrollzeitraum 1994-2009

- 5,93 %

Kontrollzeitraum 1994-2009

3,04 %

1999-2014

6,06 %

1999-2014

0,46%

1999-2014

4,33 %

2015

Kontrollzeitraum 1995-2010

5,23 %

Kontrollzeitraum 1995-2010

- 2,88 %

Kontrollzeitraum 1995-2010

5,78 %

2000-2015

4,35 %

2000-2015

- 0,13 %

2000-2015

1,17 %

2016

Kontrollzeitraum 1996-2011

5,24 %

Kontrollzeitraum 1996-2011

- 2,25 %

Kontrollzeitraum 1996-2011

5,03 %

2001 - 2016

3,96 %

2001-2016

0,70 %

2001-2016

- 0,74 %

2017

Kontrollzeitraum 1997-2012

5,20 %

Kontrollzeitraum 1997-2012

-1,33 %

Kontrollzeitraum 1997-2012

3,61 %

2002-2017

6,08 %

2002-2017

1,73 %

2002-2017

-0,3 %

Besoldungsgruppe A 12

Jahr

Differenz Besoldungsentwicklung / Tarifergebnisse

Differenz Besoldungsentwicklung / Nominallohnindex

Differenz Besoldungsentwicklung / Verbraucherpreisindex

2017

Kontrollzeitraum 1997-2012

2,78 %

Kontrollzeitraum 1994-2009

- 1,3 %

Kontrollzeitraum 1994-2009

3,64 %

2002-2017

3,84 %

2002-2017

1,95 %

2002-2017

- 0,09 %

2018

Kontrollzeitraum 1998-2013

3,42 %

Kontrollzeitraum 1998-2013

- 1,32 %

Kontrollzeitraum 1998-2013

3,83 %

2003-2018

4,12 %

2003-2018

1,36 %

2003-2018

-2,30 %

Hiernach wird lediglich in der Besoldungsgruppe A 11 der erste Parameter - Entwicklung der Tariflöhne - in den Jahren 2014 und 2017 geringfügig überschritten, während die übrigen Parameter nicht erfüllt werden. Ob bei diesem Ergebnis zusätzlich eine Vergleichsberechnung im jeweiligen Kontrollzeitraum - einem weiteren 15-jährigen Zeitraum, der den Zeitraum fünf Jahre vor Beginn des jeweiligen Betrachtungszeitraums abdeckt und sich mit diesem Zeitraum überlappt - vorzunehmen ist oder ob hiervon abgesehen werden kann, da bereits die Ergebnisse im Betrachtungszeitraum keine Anhaltspunkte für eine Überschreitung der jeweiligen Parameter ergeben haben, kann vorliegend offen bleiben. Auch unter Berücksichtigung des Kontrollzeitraumes ergeben sich keine Anhaltspunkte für eine verfassungswidrige Unteralimentation.

Das Bundesverfassungsgericht hat in seinen Entscheidungen zur Verfassungsmäßigkeit der Richter- und der A-Besoldung aus dem Jahr 2015 lediglich festgehalten, dass "gegebenenfalls" ergänzend der Kontrollzeitraum zu betrachten sei, um durch eine solche Staffelprüfung sicherzustellen, dass statistische Ausreißer bereinigt werden.

Vgl. BVerfG, Urteil vom 5. Mai 2015 - 2 BvL 17/09 u.a. - juris Rn. 102 und Beschluss vom 17. November 2015 - 2 BvL 19/09 u.a. - juris Rn. 81.

Dabei hat das Bundesverfassungsgericht bei der Prüfung der R 1-Besoldung im Land Nordrhein-Westfalen und der R 3-Besoldung im Land Rheinland-Pfalz selbst keine Veranlassung für eine Staffelprüfung gesehen, nachdem sich bei Prüfung der Differenz zwischen der Entwicklung der Tarifeinkommen, dem Nominallohnindex und dem Verbraucherpreisindex einerseits und der Besoldungsentwicklung andererseits keine bzw. nicht ausreichende Anhaltspunkte für eine Überschreitung der Parameter ergeben hatten.

Vgl. BVerfG, Urteil vom 5. Mai 2015 - 2 BvL 17/09 u.a. - juris Rn. 173, 187.

Aus Sicht der Kammer ist aber nicht von der Hand zu weisen, dass eine Staffelprüfung nur dann sinnvoll ist, wenn im Betrachtungszeitraum selbst die Parameter nicht erfüllt werden. Denn nur in dieser Konstellation kann die Staffelprüfung ihren Zweck erfüllen, Kürzungen zu erfassen, die vor dem ersten 15-Jahreszeitraum liegen, sich in diesem rechnerisch nicht mehr auswirken und damit zu einem "falschunbedenklichen" Ergebnis führen,

Vgl. Stuttmann, NVwZ 2015, 1007, 1010.

Letztlich ergeben sich im hier zu beurteilenden Fall auch bei Durchführung der Staffelprüfung keine Anhaltspunkte für eine Überschreitung der Parameter. Zwar werden in der Besoldungsgruppe A 11 im Kontrollzeitraum zu den Jahren 2015 bis 2017 der erste Parameter und im Kontrollzeitraum zu den Jahren 2015 und 2016 der dritte Parameter jeweils geringfügig überschritten. Die Überschreitungen sind aber derart geringfügig - im Kontrollzeitraum für das Jahr 2015 beim ersten Parameter um 0,23 % und beim dritten Parameter um 0,78 %, im Kontrollzeitraum für das Jahr 2016 beim ersten Parameter um 0,24 % und beim dritten Parameter um 0,03 % - dass sich hieraus kein "falschunbedenkliches" Ergebnis für den jeweiligen Betrachtungszeitraum ergibt. Angesichts der geringfügigen Überschreitungen im Kontrollzeitraum ist nämlich kein Fortwirken des Zurücksetzens der Besoldung im Betrachtungszeitraum zu erkennen. Dies gilt insbesondere für den dritten Parameter, den Verbraucherpreisindex, dessen Entwicklung seit dem Jahr 2016 sogar hinter der Besoldungsentwicklung zurückbleibt.

Der fünfte Parameter - Quervergleich der Besoldung im Land Nordrhein-Westfalen mit der Besoldung im Bund und den übrigen Ländern -, der hier aus prüfungstechnischen Gründen vorgezogen wird, ist nach den vorgelegten Zahlen und Berechnungen des Beklagten in keiner Besoldungsgruppe und in keinem Jahr erfüllt. In den Jahren 2014 bis 2018 ist die jeweils streitgegenständliche Besoldung im Land Nordrhein-Westfalen in keinem Jahr um mehr als 10 % hinter der Besoldung im Bund oder im Länderdurchschnitt zurückgeblieben.

Beim vierten Parameter, dem systeminternen Besoldungsvergleich, ist nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu betrachten, inwiefern sich die Abstände zwischen den einzelnen Besoldungsgruppen verringert haben. Grund hierfür ist das aus dem Leistungs- und Laufbahnprinzip herzuleitende Gebot der Abstufung von Bezügen nach der unterschiedlichen Wertigkeit der Ämter. Dem Abstandsgebot kommt dabei Verfassungsrang zu. Eine deutliche Verringerung der Abstände zwischen den Besoldungsgruppen infolge unterschiedlicher linearer Anpassungen oder zeitlich verzögerter Besoldungsanpassungen indiziert einen Verstoß gegen dieses Gebot. Der Parameter soll hierbei erst bei einer Verringerung des Abstandes von mehr als 10 Prozent erfüllt sein.

Vgl. BVerfG, Urteil vom 5. Mai 2015 - a.a.O. - juris Rn. 112; Beschluss vom 17. November 2015, a. a. O. - juris Rn. 88ff.

Zur Berechnung dieses Kriteriums hat die Beklagte die prozentualen Abstände des Endgrundgehalts zzgl. allgemeiner Stellenzulage der Besoldung in den Besoldungsgruppen A5, A9 und A10 zu der Besoldung in der jeweils zu prüfenden Besoldungsgruppe im jeweiligen Prüfjahr und in einem fünf Jahre zuvor liegenden Basisjahr ermittelt und hieraus die Entwicklung der prozentualen Differenz der Abstände in den vergangenen fünf Jahren anhand der Formel

[x (Basisjahr)-y (Prüfjahr)] : x (Basisjahr) * 100 = prozentuale Entwicklung der Abstände

berechnet, wobei x für den prozentualen Abstand im Basisjahr und y für den prozentualen Abstand im Prüfjahr steht. Auf die Berechnungen (Bl. 206, 250, 283 der Gerichtsakte) wird Bezug genommen. Hiernach wird das Abstandsgebot nicht verletzt. Zwar ist im Jahr 2017 eine deutliche Verringerung der Besoldung in der Besoldungsgruppe A 11 im Vergleich zur Besoldung in der Besoldungsgruppe A 5 - nämlich um 11,21 % - festzustellen - in den übrigen zu betrachtenden Jahren und Besoldungsgruppen wird die 10%-Grenze nicht überschritten -, die Abschmelzung des Abstandes zwischen den Besoldungsgruppen A 5 und A 11 im Jahr 2017 ist aber auf die Entscheidung des Gesetzgebers zurückzuführen, im Dienstrechtsmodernisierungsgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen vom 16. Juni 2015 zwei zusätzliche Erfahrungsstufen bei der Besoldungsgruppe A 5 einzuführen. Hierdurch wurde das Endgrundgehalt der Besoldungsgruppe A 5 erhöht und der Abstand zur Besoldungsgruppe A 11 letztlich um mehr als 10 % verringert. Bei diesem Sachverhalt ist die Verringerung des Abstandes der Bruttogehälter nicht auf unterschiedlich hohe lineare Anpassungen oder zeitlich verzögerte Besoldungsanpassungen zurückzuführen, sondern auf eine bewusste Entscheidung des Besoldungsgesetzgebers. Zu einer solchen bewussten gesetzgeberischen Entscheidung ist der Gesetzgeber - sofern er hierdurch weiterhin das Gebot der Abstufung der Bezüge nach der Wertigkeit der Ämter berücksichtigt - berechtigt. Durch das Abstandsgebot sollen nämlich nur zufällige Verschiebungen aufgefangen werden. Anhaltspunkte für eine nicht ausreichende Abstufung anhand der Wertigkeit der Ämter sind bei der lediglich geringfügigen Überschreitung der 10%-Schwelle nicht zu erkennen.

Im Rahmen der Prüfung des vierten Parameters ist neben den Abständen der Besoldung in den einzelnen Besoldungsgruppen ebenso der erforderliche Mindestabstand zum sozialhilferechtlichen Grundsicherungsniveau zu berücksichtigen. Denn für die Wahrung eines ausreichenden Abstands der Bruttogehälter höherer Besoldungsgruppen zu den Tabellenwerten unterer Besoldungsgruppen ist in den Blick zu nehmen, dass von Verfassungs wegen bei der Bemessung der Besoldung der qualitative Unterschied zwischen der Grundsicherung für Arbeitssuchende und dem einem erwerbstätigen Beamten geschuldeten Unterhalt hinreichend deutlich werden muss, die Nettoalimentation in den unteren Besoldungsgruppen also ihrerseits einen Mindestabstand zum Grundsicherungsniveau aufweisen muss.

Vgl. BVerfG, Beschluss vom 17. November 2015 - 2 BvL 19/09 u.a. - juris Rn. 93.

Unter Bezugnahme auf seine früheren Entscheidungen zum Familienzuschlag für Beamte mit mehr als zwei Kindern hat das Bundesverfassungsgericht einen Mindestabstand von 15 % gefordert.

Vgl. BVerfG, Beschluss vom 17. November 2015 - 2 BvL 19/09 u.a. - juris Rn. 94.

An die Prüfungssystematik des Bundesverfassungsgerichts zur Prüfung des Mindestabstandes sieht sich die Kammer nach § 31 Abs. 1 BVerfGG gebunden. Die sich aus dem Tenor und den tragenden Gründen der Entscheidung ergebenden Grundsätze für die Auslegung der Verfassung müssen von den Gerichten in allen künftigen Fällen beachtet werden.

Vgl. BVerfG, Beschluss vom 16. März 2005 - 2 BvL 7/00 - juris Rn. 60 m.w.N.; BVerwG, Urteil vom 29. Oktober 1981 - 1 D 50/80 - juris Rn. 23; Urteil vom 19. Mai 1987 - 9 C 184/86 - juris Rn. 12.

Um solche tragenden Gründe handelt es sich bei der Einordnung des Mindestabstandes im Rahmen des Prüfschemas des Bundesverfassungsgerichts, auch wenn das Gericht in seiner Entscheidung vom 17. November 2015 letztlich keine Anhaltspunkte für eine Verletzung des Mindestabstandes hat erkennen können.

Vgl. BVerfG, Beschluss vom 17. November 2015 - 2 BvL 19/09 u.a. - juris Rn. 95.

Denn die Ausführungen zum Mindestabstand finden sich unter dem Prüfungspunkt II., in dem das Gericht die allgemein gültigen, abstrakten Maßstäbe für die Prüfung der amtsangemessenen Alimentation niedergelegt hat. Ebenso wie die Kammer sich nach § 31 Abs. 1 BVerfGG an die übrigen Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts zur Prüfung der amtsangemessenen Alimentation in seinen Entscheidungen vom 5. Mai 2017 und vom 17. November 2015 gebunden sieht, gilt dies für die Frage der Verortung des Prüfungspunktes "Mindestabstand zum sozialhilferechtlichen Grundsicherungsniveau". Aus Sicht der Kammer ist eine Differenzierung, in welchen Prüfungspunkten der Prüfsystematik des Bundesverfassungsgerichts gefolgt wird und in welchen eine "eigene" Systematik entwickelt wird, vor dem Hintergrund des § 31 Abs. 1 BVerfGG nicht tragfähig.

Dies gilt insbesondere deshalb, weil die Verortung der Prüfung des Mindestabstands zum Sozialhilfeniveau nicht lediglich eine dogmatische Frage darstellt, sondern Auswirkungen auf das Prüfungsergebnis haben kann. Verortet man die Prüfung des Mindestabstands auf der ersten Prüfungsstufe im Rahmen des vierten Parameters wird durch einen Verstoß gegen den Mindestabstand lediglich ein Parameter erfüllt, der nur im Zusammenspiel mit der Erfüllung weiterer Parameter indizielle Bedeutung für eine verfassungswidrige Unteralimentation erlangen kann.

Vgl. hierzu BVerfG, Urteil vom 5. Mai 2017 - 2 BvL 17/09 - juris Rn. 97; Beschluss vom 17. November 2015 - 2 BvL 19/09 u.a. - juris Rn. 76; BVerwG, Beschluss vom 22. September 2017 - 2 C 56/16 u.a. - juris Rn. 44ff.

Würde man hingegen den Mindestabstand als eigenständigen Prüfungspunkt im Rahmen der Prüfung der amtsangemessenen Alimentation ansehen, würde ein Verstoß gegen den Mindestabstand zwangsläufig ohne weitere Prüfungsschritte zur Annahme einer verfassungswidrigen Unteralimentation führen.

So BVerwG, Beschlüsse vom 22. September 2017 - 2 C 56/16 u.a. - juris Rn. 142 und vom 30. Oktober 2018 - 2 C 32/17 u.a. - Rn. 80.

Angesichts dieser Konsequenzen sieht sich die Kammer gehindert, die Ausführungen des Bundesverfassungsgerichtes zum Mindestabstand als Rechtsausführungen, die lediglich bei Gelegenheit einer Entscheidung gemacht wurden und daher nicht tragend wären, anzusehen.

Ist damit der Mindestabstand zum sozialhilferechtlichen Grundsicherungsniveau im Rahmen des vierten Parameters auf der ersten Prüfungsstufe zu untersuchen, kann im Ergebnis offenbleiben, ob der Mindestabstand in den unteren Besoldungsgruppen in den Jahren 2014 bis 2018 unterschritten wurde und ob die Fehlerhaftigkeit des Besoldungsniveaus in unteren Besoldungsgruppen zu einem Mangel bei den höheren Besoldungsgruppen führt. Denn selbst wenn diese Fragen zu bejahen wären, würden keine hinreichenden Indizien für die Vermutung einer verfassungswidrigen Unteralimentation bestehen, die eine Gesamtabwägung gebieten würde, weil in diesem Fall für die Besoldungsgruppen A 10 im Jahr 2014, A 11 in den Jahren 2015 und 2016 und A 12 in den Jahren 2017 und 2018 lediglich ein Parameter und in der Besoldungsgruppe A 11 in den Jahren 2014 und 2017 lediglich zwei Parameter - davon einer nur geringfügig - erfüllt wären.

Die Kammer weist der Vollständigkeit halber - ohne dass es hierauf entscheidungserheblich ankäme - darauf hin, dass die vom Beklagten herangezogenen Berechnungen zum Mindestabstand in der Vorlage 16/4766 vom 10. Februar 2017 wohl keine hinreichenden Indizien für einen ausreichenden Mindestabstand enthalten. In dieser Vorlage hat der Beklagte die Besoldung eines verheirateten Beamten mit zwei Kindern in der Besoldungsgruppe A 4 (bis 2016) bzw. in der Besoldungsgruppe A 5 (ab 2017) mit dem Existenzminimum nach dem Existenzminimumbericht verglichen und ist hierbei zu dem Ergebnis gekommen, dass ein ausreichender Mindestabstand gewahrt sei.

Demgegenüber zieht das Bundesverwaltungsgericht für die Berechnung des Mindestabstandes das Grundgehalt der niedrigsten vom Dienstherrn gesetzlich vorgesehenen Besoldungsgruppe mit der ersten Erfahrungsstufe heran, wobei es auf die Häufigkeit der tatsächlichen Vergabe von Statusämtern der niedrigsten Besoldungsgruppe in Kombination mit der ersten Erfahrungsstufe (Lebensaltersstufe) nicht ankommen soll. Solange ein Amt gesetzlich vorgesehen ist, soll dafür eine verfassungsgemäße Besoldung zu gewähren sein.

Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 22. September 2017 - 2 C 56/16 u.a. - juris Rn. 175ff. und vom 30. Oktober 2018 - 2 C 32/17 u.a. - Rn. 86ff.

Da die niedrigste ausgewiesene Besoldungsgruppe im Land Nordrhein-Westfalen in den Jahren 2014 bis Juni 2016 die Besoldungsgruppe A 2 war, stimmt für diese Jahre bereits der vom Beklagten herangezogene Vergleichsmaßstab (Besoldungsgruppe A 4) nicht.

Darüber hinaus stellt das Bundesverwaltungsgericht der ermittelten Mindestalimentation nicht das Existenzminimum nach dem Existenzminimumbericht gegenüber, sondern geht insbesondere bei Unterkunfts- und Heizkosten von strengeren Maßstäben aus. Heranzuziehen sind nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts nämlich die in § 12 Abs. 1 des Wohngeldgesetzes (WoGG) definierten Höchstbeträge anhand der Anzahl der Haushaltsmitglieder und der regionalen Mietenstufe, wobei das Vergleichsniveau für die Besoldung anhand der höchsten im Land ausgewiesenen Mietenstufe berechnet werden muss, soweit der Dienstherr die Unterschiede der Wohnkosten an den verschiedenen Dienstorten nicht anderweitig ausgleicht, etwa durch Ortszuschläge.

Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 22. September 2017 - 2 C 56/16 u.a. - juris Rn. 168ff. und vom 30. Oktober 2018 - 2 C 32/17 u.a. - Rn. 104ff.

Bei den Heizkosten sollen die Höchstwerte der Heizkostenspiegel der D GmbH herangezogen werden, indem der im jeweiligen Heizspiegel genannte Grenzwert für den jeweils teuersten Energieträger mit dem Betrag der angemessenen Wohnfläche zu multiplizieren ist.

Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 22. September 2017 - 2 C 56/16 u.a. - juris Rn. 170 und vom 30. Oktober 2018 - 2 C 32/17 u.a. - Rn. 110ff.

Allein diese beiden Parameter führen zu einem deutlich höheren sozialhilferechtlichen Grundsicherungsniveau als der Beklagte seinen Berechnungen zugrunde gelegt hat. Folgt man der Berechnungsmethode des Bundesverwaltungsgerichts bestehen erhebliche Zweifel, ob der erforderliche Mindestabstand in den unteren Besoldungsgruppen in den streitgegenständlichen Jahren gewahrt wurde.

Einer konkreten Berechnung des erforderlichen Mindestabstandes, wie sie das Bundesverwaltungsgericht in seinen Beschlüssen vom 22. September 2017 und vom 30. Oktober 2018 vorgenommen hat, bedarf es vorliegend indes nicht, da selbst bei einer Unterschreitung des Mindestabstandes keine hinreichenden Indizien für eine verfassungswidrige Unteralimentation vorliegen würden. Die Vermutung einer an der allgemeinen Entwicklung der wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse und des Lebensstandards nicht genügenden und damit verfassungswidrigen Unteralimentation besteht, wenn jedenfalls drei der fünf Parameter der ersten Prüfungsstufe erfüllt sind.

Vgl. BVerfG, Urteil vom 5. Mai 2015 - 2 BvL 17/09 u.a. - juris Rn. 116; Beschluss vom 17. November 2017 - 2 BvL 19/09 u.a. - juris Rn. 99.

In Sonderkonstellationen können hinreichende Indizien für die Vermutung einer verfassungswidrigen Unteralimentation auch vorliegen, wenn weniger als drei Parameter die maßgeblichen Schwellenwerte erreichen.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 22. September 2017 - 2 C 56/16 - juris Rn. 47f.; Beschluss vom 30. Oktober 2018 - 2 C 32/17 u.a. - juris Rn. 58.

Solche Sonderkonstellationen sind bei Sonderlagen, die Zweifel an der indiziellen Bedeutung eines Parameters aufkommen lassen, und im Übrigen anzunehmen, wenn zwei Parameter in besonders deutlicher Weise über mehrere Jahre hinweg erfüllt sind.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 22. September 2017 - 2 C 56/16 - juris Rn.48f.; Beschluss vom 30. Oktober 2018 - 2 C 32/17 u.a. - juris Rn. 61f.

Eine Sonderlage ist vorliegend nicht zu erkennen. Insbesondere die vom Bundesverwaltungsgericht zuletzt in seinem Beschluss vom 30. Oktober 2018 aufgeworfene Frage, ob eine Sonderlage anzunehmen ist, wenn aufgrund einer Vielzahl von Vorlagebeschlüssen zur Verfassungsmäßigkeit der Besoldung die Referenzbesoldung der Parameter 4 und 5 nicht rechtssicher bestimmt werden kann,

vgl. BVerwG, Beschluss vom 30. Oktober 2018 - 2 C 32/17 u.a. - juris Rn.64,

stellt sich im Hinblick auf die Besoldung im Land Nordrhein-Westfalen nicht, da aus Nordrhein-Westfalen - im Gegensatz zur vom Bundesverwaltungsgericht geprüften Besoldung niedersächsischer Beamter - soweit erkennbar keine Vorlagebeschlüsse beim Bundesverfassungsgericht anhängig sind. Ebenso wenig werden zwei Parameter in besonders deutlicher Weise über mehrere Jahre hinweg überschritten. Im Gegenteil ist in den Jahren 2014 (Besoldungsgruppe A 10), 2015 und 2016 (jeweils Besoldungsgruppe A 11) sowie 2017 und 2018 (jeweils Besoldungsgruppe A 12) allenfalls der vierte - und damit nur ein - Parameter erfüllt, wenn man eine Verletzung des Mindestabstandes annähme. Lediglich in der Besoldungsgruppe A 11 in den Jahren 2014 und 2017 wären bei Annahme einer Verletzung des Mindestabstandes zwei Parameter erfüllt, weil für diese Jahre im jeweiligen15-Jahres-Zeitraum die Besoldungsentwicklung in der Besoldungsgruppe A 11 um 6,06 % bzw. um 6,08 % hinter der Entwicklung der Tarifergebnisse zurückgeblieben ist. Diese Überschreitung ist aber weder besonders deutlich, noch setzt sie sich über mehrere Jahre hinweg fort.

Zur Überzeugung des Gerichtes stellt auch die Verletzung des Mindestabstandes in unteren Besoldungsgruppen keinen derart wichtigen Parameter dar, dass allein deshalb bei Erfüllung dieses Kriteriums die Vermutung einer verfassungswidrigen Unteralimentation besteht.

So aber VG Chemnitz, Beschluss vom 8. November 2018 - 3 K 2000/15 - juris Rn. 109, wohl auch VG Saarland, Beschluss vom 23. Oktober 2018 - 2 K 2076/15 - juris Rn. 147ff.; OVG Saarland, Beschluss vom 17. Mai 2018 - 1 A 22/16 - juris Rn. 82f.

Diese Auffassung führte letztlich zu einem identischen Ergebnis wie die Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts, wonach das Abstandsgebot einen eigenständigen Prüfungspunkt darstellt. Es ist aber nicht ersichtlich, warum dem Mindestabstand zum sozialhilferechtlichen Grundsicherungsniveau im Rahmen der Prüfung der fünf Parameter auf der ersten Prüfungsstufe eine deutlich größere Bedeutung als den übrigen Parametern zukommen sollte. Eine solche Einordnung der Mindestabstandes würde nach Auffassung der Kammer der Prüfungssystematik auf der ersten Prüfungsstufe entgegenlaufen, wonach es für die Vermutung einer verfassungswidrigen Unteralimentation darauf ankommt, ob mehrere der zu prüfenden Parameter erfüllt sind, ohne dass eine "Rangfolge" der Parameter aufgestellt würde. Diese Auffassung wird durch die Herangehensweise des Bundesverfassungsgerichts gestützt, das selbst keinerlei Anhaltspunkte für eine vertiefte Prüfung des Mindestabstandes bei der Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der Besoldung höherer Besoldungsgruppen hat sehen können. Hätte das Bundesverfassungsgericht dem Mindestabstand einen übergeordneten und quasi absoluten Stellenwert einräumen wollen, hätte es seine Prüfung nicht mit dem einfachen Hinweis, dass "keine Anhaltspunkte dafür erkennbar sind, dass ein derartiger Mindestabstand zum Grundsicherungsniveau hier nicht eingehalten wäre oder etwaige verfassungswidrige Bruttogehälter unterer Besoldungsgruppen zwingend eine Verletzung des Abstandsgebotes für die streitgegenständliche Besoldungsgruppen zur Folge haben müssten",

vgl. BVerfG, Beschluss vom 17. November 2015, 2 BvL 19/09 u.a. - juris Rn. 95,

beenden können.

Die Prüfung, ob der Besoldungsgesetzgeber dem Beamten bzw. Richter die verfassungsrechtlich mindestens geschuldete Alimentation gewährt hat, ist nach den hier maßgeblichen beiden Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (im bejahenden Sinne) abgeschlossen, wenn auf der ersten Prüfungsstufe nicht wenigstens drei - bzw. in Sonderkonstellationen zwei - der fünf Parameter erfüllt sind; eine weitere Prüfung anhand der Kriterien der zweiten und dritten Prüfungsstufe ist in einem solchen Fall nicht mehr erforderlich.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 29. November 2017 - 1 A 1561/16 - juris Rn.11.

B. Anhaltspunkte für eine verfassungswidrige Unteralimentation ergeben sich entgegen der Auffassung des Klägers auch nicht daraus, dass sich ein kinderloser Beamter regelmäßig einen deutlich großzügigeren Lebenszuschnitt leisten kann als ein verheirateter Beamter mit zwei Kindern und diese "Besserstellung" alleinstehender Beamter im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 und Art. 6 GG problematisch sei. Den gesetzgeberischen Regelungen der Besoldung liegt das Leitbild einer vierköpfigen Beamtenfamilie zugrunde, das nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht zu beanstanden ist. Der Besoldungsgesetzgeber hat das Beamten- und Richtergehalt in seinen "familienneutralen" Bestandteilen von vornherein so bemessen, dass - vor allem im Hinblick darauf, dass der Beurteilung der Amtsangemessenheit das Nettoeinkommen des Beamten und Richters zugrunde zu legen ist - davon eine bis zu vierköpfige Familie (Eltern und Kinder) unterhalten werden kann, ohne die Amtsangemessenheit dessen zu gefährden, was sich der Beamte oder Richter für sich selbst leisten kann. Diese Entscheidung des Gesetzgebers ist nicht zu beanstanden, mag sie auch zur Folge haben, dass der (noch) unverheiratete und der verheiratete (noch) kinderlose Beamte oder Richter sich auf diese Weise regelmäßig einen großzügigeren Lebenszuschnitt leisten können als der Bedienstete mit einem oder mit zwei Kindern. Daraus ergibt sich, dass die "kinderbezogenen" Besoldungsbestandteile für das erste und zweite Kind nur ergänzend hinzutreten, mithin erheblich unter den Beträgen bleiben (dürfen), die von der Rechtsordnung als Regelsätze für den Kindesunterhalt als angemessen erachtet werden.

Vgl. BVerfG, Beschluss vom 22. März 1990, 2 BvL 1/86 - juris Rn. 51; jüngst bestätigt durch BVerwG, Urteil vom 22. März 2018 - 2 C 20/16 - juris Rn. 13.

Eine Ungleichbehandlung durch das Leitbild einer vierköpfigen Beamtenfamilie ist damit nicht anzunehmen. Dem Besoldungsgesetzgeber kommt ein großer Spielraum zu, wie die Besoldung gesetzlich ausgestaltet wird. Dabei besteht keine verfassungsrechtliche Pflicht, Beamten die Aufwendungen für ihre Kinder vollständig zu erstatten.

Vgl. schon BVerfG, Beschluss vom 30. März 1977 - 2 BvR 1039/75 u.a. - juris Rn. 37, 46.

Ausreichend ist, wenn die Besoldung insgesamt den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügt, was nach den obigen Ausführungen vorliegend der Fall ist. Wie der Gesetzgeber eine ausreichende Besoldung erreicht - sei es durch eine Erhöhung des Grundgehaltes, durch die Erhöhung der Familienzuschläge oder sonstige Maßnahmen - bleibt seinem weiten Gestaltungsspielraum überlassen.

C. Entgegen der Auffassung des Klägers hat der nordrheinwestfälische Besoldungsgesetzgeber in den Jahren 2014 bis 2018 die prozeduralen Anforderungen beachtet. Der Gesetzgeber ist gehalten, bereits im Gesetzgebungsverfahren die Fortschreibung der Besoldungshöhe zu begründen. Die Ermittlung und Abwägung der berücksichtigten und berücksichtigungsfähigen Bestimmungsfaktoren für den verfassungsrechtlich gebotenen Umfang der Anpassung der Besoldung müssen sich in einer entsprechenden Darlegung und Begründung des Gesetzgebers im Gesetzgebungsverfahren niederschlagen. Eine bloße Begründbarkeit genügt nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen der Prozeduralisierung. Der mit der Ausgleichsfunktion der Prozeduralisierung angestrebte Rationalisierungsgewinn kann ? auch mit Blick auf die Ermöglichung von Rechtsschutz ? effektiv nur erreicht werden, wenn die erforderlichen Sachverhaltsermittlungen vorab erfolgen und dann in der Gesetzesbegründung dokumentiert werden.

Vgl. BVerfG, Urteil vom 5. Mai 2015 - 2 BvR 17/09 u.a. - juris Rn. 130; Beschluss vom 16. Oktober 2018 - 2 BvL 2/17.

Diesen Anforderungen werden die Gesetzesbegründungen der Besoldungs- und Versorgungsanpassungsgesetze 2013/2014, 2015/2016 und 2017/2018 gerecht. In der Gesetzesbegründung zum BesVersAnpG 2013/2014 hat sich der Landesgesetzgeber mit der damaligen Entscheidung des nordrheinwestfälischen Verfassungsgerichtshofs auseinandergesetzt,

vgl. LT-Drs. 16/6688,

die Gesetzesmaterialien der Besoldungsgesetze ab dem Jahr 2015 haben die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts aus seinen Entscheidungen aus dem Jahr 2015 in den Blick genommen und diese "abgearbeitet",

vgl. LT-Drs. 16/9807.

Warum der Kläger angesichts dieser umfangreichen Begründungen davon ausgeht, die prozeduralen Anforderungen seien nicht erfüllt, hat er nicht näher dargelegt.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 VwGO, §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Die Berufung war gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3, Nr. 4 VwGO zuzulassen, da die Rechtssache angesichts der noch nicht abschließend geklärten Fragen zum Mindestabstand zum sozialhilferechtlichen Grundsicherungsniveau und in Ermangelung einer obergerichtlichen Entscheidung zur Besoldung im Land Nordrhein-Westfalen grundsätzliche Bedeutung hat. Überdies weicht die Entscheidung im Hinblick auf die prüfungssystematische Einordnung des Mindestabstands zum sozialhilferechtlichen Grundsicherungsniveau von den Beschlüssen des Bundesverwaltungsgerichts vom 22. September 2017 - 2 C 56/16 - juris Rn.48f. und vom 30. Oktober 2018 - 2 C 32/17 u.a. - ab und beruht hierauf.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen dieses Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) schriftlich Berufung eingelegt werden. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

Die Berufung kann auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer Rechtsverkehr-Verordnung - ERVV) eingelegt werden.

Die Berufung ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster oder Postfach 6309, 48033 Münster) schriftlich oder als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV einzureichen.

Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe).

Im Berufungsverfahren müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Auf die zusätzlichen Vertretungsmöglichkeiten für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und § 5 Nr. 6 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz - RDGEG -).

Die Berufungsschrift und die Berufungsbegründungsschrift sollen möglichst dreifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften.

Beschluss

Der Wert des Streitgegenstandes wird gemäß § 52 Abs. 2 GKG auf 5.000,00 Euro festgesetzt.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen den Streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird.

Die Beschwerde kann auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer Rechtsverkehr-Verordnung - ERVV) oder zu Protokoll der Geschäftsstelle eingelegt werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.

Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs Monaten eingelegt wird, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

Die Beschwerde ist nicht gegeben, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,-- Euro nicht übersteigt.

Die Beschwerdeschrift soll möglichst dreifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften.

War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist angerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.