OLG Düsseldorf, Urteil vom 11.04.2019 - 15 U 33/18
Fundstelle
openJur 2019, 27504
  • Rkr:
Verfahrensgang
Tenor

Die Berufungen der Klägerin und der Beklagten gegen das Urteil der 4a. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 06.03.2018, Az. 4a O 65/16, werden zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens haben die Klägerin zu 75 % und die Beklagte zu 25 % zu tragen.

Dieses Urteil und das Urteil des Landgerichts sind vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung der Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn die Klägerin nicht vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet. Die Klägerin kann die Zwangsvollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn die Beklagte nicht vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

A.

Die Klägerin verlangt von der Beklagten Schadenersatz wegen unmittelbarer Patentverletzung.

Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des auch mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 1 321 XXA (nachfolgend Klagepatent), das am 10.12.2002 unter Inanspruchnahme einer US-amerikanischen Priorität in englischer Verfahrenssprache angemeldet wurde und eine Vorrichtung zum Ausschneiden von Formen zum Gegenstand hat, die in einem sich bewegenden bahnförmigen Material vordefiniert sind. Der Hinweis auf die Erteilung des Klagepatents wurde am 03.01.2007 veröffentlicht. Der deutsche Teil des Klagepatents (DE 602 17 XXB) steht in Kraft. Eine Nichtigkeitsklage der Beklagten gegen das Klagepatent wurde rechtskräftig abgewiesen.

Das Landgericht Düsseldorf (Az. 4a O 11/11) verurteilte die Beklagte mit inzwischen rechtskräftigem Urteil vom 26.07.2012 (Anlage LR 1) wegen Verletzung des Vorrichtungsanspruchs 20 des Klagepatents durch Angebot und Inverkehrbringen von Laserschneideanlagen mit der Bezeichnung "B" (nachfolgend angegriffene Ausführungsform) und stellte fest, dass die Beklagte der Klägerin den dadurch entstandenen Schaden ersetzen muss.

Die Beklagte vereinbarte im August 2014 mit der C (nachfolgend Abnehmerin) die Lieferung einer angegriffenen Ausführungsform. In der Folgezeit stellte die Beklagte die Maschine bis zum 12.02.2015 her und lieferte sie am 23.03.2015 an die Abnehmerin aus. Sie erhielt dafür einen Kaufpreis von 1.928.860,- Euro, die abzugsfähigen Kosten belaufen sich auf 927.841,41 Euro.

Die angegriffene Ausführungsform ermöglicht es - im Gegensatz zum Stand der Technik und entsprechend der Lehre des Klagepatents -, einstückig gewebte Airbags (D Airbags oder E-Airbags) auch dann aus den Gewebebahnen auszuschneiden, wenn sich das bahnförmige Material im Verhältnis zur Schneideanlage bewegt. Sie verfügt über zwei Laserschneidevorrichtungen mit jeweils einem Scannersystem, während die im Zeitpunkt der Lieferung auf dem Markt erhältlichen Schneidevorrichtungen für Airbags nur einen Laserschneidekopf aufwiesen, die nicht mit einem Scanner, sondern mittels X-/Y-Positionierer bewegt wurden. Die angegriffene Ausführungsform ist in der Lage, sowohl mehrlagige als auch einlagige Gewebebahnen (Flachgewebe) mit hohem Durchsatz zu schneiden. Des Weiteren besitzt sie einen Abwickler für das zu schneidende Gewebeband, auf dem mehrere Geweberollen angeordnet werden können. Die Abnehmerin hatte vor dem Erwerb der angegriffenen Ausführungsform Webstühle gekauft, die Gewebebahnen mit einer Breite von 3,10 m herstellen. Die angegriffene Ausführungsform ist in der Lage, Gewebebänder mit dieser Breite zu verarbeiten.

Die Klägerin forderte die Beklagte mit anwaltlichem Schreiben vom 07.04.2016 vergeblich zur Zahlung von Schadenersatz von 1.086.018,15 Euro auf. Ferner macht sie Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten über 6.536,90 Euro geltend.

Die Klägerin hat erstinstanzlich von der Beklagten die Herausgabe des vollständigen Verletzergewinns verlangt. Zur Begründung hat sie angeführt, dass deren Gewinn mit dem Verkauf der angegriffenen Ausführungsform in vollem Umfang auf der Patentverletzung beruhe, der Kausalanteil mithin 100 % betrage. Die Abnehmerin habe eine Schneideanlage bestellt, die zuverlässig in der Lage sei, eingewobene Airbags aus sich bewegendem bahnförmigem Material automatisch zu schneiden. Mangels einer diesen Anforderungen entsprechenden alternativen Technologie, auf welche die Beklagte hätte patentfrei ausweichen können, sei daher die Implementierung der klagepatentgemäßen Lehre zwingend erforderlich gewesen. Die von der Beklagten angeführten weiteren Eigenschaften der angegriffenen Ausführungsform seien hingegen für den Kaufentschluss der Abnehmerin nicht von Belang gewesen. Nach der Umrüstung der angegriffenen Ausführungsform auf einen "H"-Betrieb Ende 2016 habe sich die Durchsatzleistung um 20 % verringert, wobei die Beklagte im maßgeblichen Zeitpunkt der Kaufentscheidung noch nicht über ein solches, für die Abnehmerin akzeptables "H"-Verfahren verfügt habe.

Die Beklagte hat vorgetragen, der erzielte Gewinn beruhe allenfalls zu einem geringen Teil auf der Patentverletzung. Die klagepatentgemäße Ausgestaltung der angegriffenen Ausführungsform sei für die Kaufentscheidung der Abnehmerin von völlig untergeordneter Bedeutung gewesen. Dementsprechend habe diese auch zu keinem Zeitpunkt die Fähigkeit zu einem "Schneiden in der Vorbeibewegung" verlangt. Es handle sich vielmehr um eine bloße Detailverbesserung im Hinblick auf die Effizienz des Schneidesystems. Der für den Kaufentschluss wesentliche Vorteil der angegriffenen Ausführungsform sei stattdessen das zweifache Laser-Scannersystem, weil diese Ausgestaltung den erzielbaren Durchsatz wesentlich erhöht habe. Die spätere Umstellung auf ein "H"-Verfahren habe die Durchsatzleistung bloß um 15 % verringert. Ein weiterer wesentlicher Faktor sei gewesen, dass sie damals als einziger Anbieter von Airbag-Schneideanlagen in der Lage gewesen sei, die angegriffene Ausführungsform in einer Sonderbreite herzustellen, die sie befähige, Gewebeband mit bis zu 3,10 m Breite zu verarbeiten. Ferner habe es die Kaufentscheidung beeinflusst, dass sie aufgrund der durch die beiden Laserscanner erzielbaren hohen Schneidgeschwindigkeit auch hohe Durchsatzleistungen beim Schneiden von einlagigem Airbaggewebe erziele und sie mit dem Einsatz des Abwicklers Materialwechselzeiten einspare. Weitere Vorteile seien der gute Ruf und die Zuverlässigkeit ihrer Airbag-Schneidemaschinen sowie die geringen Unterhaltungskosten.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen.

Das Landgericht Düsseldorf hat die Beklagte mit Urteil vom 06.03.2018 zur Zahlung von 200.203,63 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz, höchstens jedoch 5 Prozent, ab dem 15.02.2015 sowie von weiteren 2.792,90 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 15.07.2016 verurteilt und die Klage im Übrigen abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Klägerin stehe gegen die Beklagte (nur) ein Anspruch auf Schadenersatz in dieser Höhe zu. Der herauszugebende Verletzergewinn berechne sich anhand eines Gewinns der Beklagten von 1.001.018,15 Euro und eines davon auf die Patentverletzung entfallenden Kausalanteils von 20 %.

Die Nutzung der klagepatentgemäßen Lehre in der angegriffenen Ausführungsform führe zu einer Produktivitätssteigerung von 15 bis 20 % und stelle daher eine bedeutende Verbesserung dar. Sie ermögliche das Herausschneiden von Airbags während der Bewegung der Gewebebahnen, so dass in diesem Umfang mehr Airbags in einem vorgegebenen Zeitraum produziert werden könnten. Gleichwohl sei nicht feststellbar, dass der Kaufentschluss vollständig auf der Implementierung der klagepatentgemäßen Lehre beruhe. Entscheidend für den Käufer sei nicht, dass nur mit der angegriffenen Ausführungsform ein Schneiden in der Vorbeibewegung möglich sei, sondern es komme ihm auf die Produktion von möglichst vielen Airbags an. Folglich seien patentfreie Varianten mögliche Alternativen. Andererseits sei ein Teil des Gewinns auf die Patentverletzung zurückzuführen, weil die Lehre des Klagepatents eine höhere Durchsatzleistung der Airbag-Schneideanlage bereitstelle und so eine größere Anzahl von E-Airbags herausgeschnitten werden könne.

Daneben hätten jedoch noch mehrere andere Faktoren zum Kaufentschluss beigetragen. So habe der Einsatz von zwei Laser-Scannersystemen sogar eine noch größere Bedeutung, weil dadurch die Schneidegeschwindigkeit vervielfacht und insgesamt die Schneideleistung erheblich erhöht werde. Es sei nicht festzustellen, dass ein solches System im Verletzungszeitpunkt auf dem Markt erhältlich gewesen sei und die Klägerin ein entsprechendes Produkt selbst hätte liefern können, zumal ein alternatives Angebot durch das Patent EP 2 011 600 hätte verhindert werden können. Von Gewicht für den Kaufentschluss sei ferner die Herstellung der angegriffenen Ausführungsform in einer Sonderbreite für die Bearbeitung von Gewebebändern mit einer Breite von bis zu 3,10 m, zu der im Angebotszeitpunkt unstreitig nur die Beklagte in der Lage gewesen sei. Der Erwerber habe erhebliche Investitionen in Webstühle getätigt, die Gewebebänder bis zu dieser Breite erzeugten, und die angegriffene Ausführungsform habe somit für eine Produktivitätssteigerung gesorgt, indem sie eine Nutzung der vollen Breite ermöglicht habe und Kompatibilitätsprobleme vermieden worden seien. Dem Vorbringen der Klägerin sei das Angebot einer konkreten Maschine mit dieser Eigenschaft nicht zu entnehmen und es sei nicht ersichtlich, ob die angesprochene "F Maschine" auch im Übrigen eine Alternative zum Produkt der Beklagten gewesen wäre.

Weitere Faktoren hätten hingegen deutlich geringeren Einfluss auf den Kaufentschluss gehabt. Dazu gehöre die Fähigkeit der angegriffenen Ausführungsform, auch einlagige Gewebebahnen zu schneiden, weil nicht ersichtlich sei, wie sie sich durch diese Eigenschaft von vergleichbaren Maschinen unterscheide. Kaum relevant seien die störungsfreie Funktion anderer Anlagen der Beklagten bei der Abnehmerin und die Möglichkeit eines Verzichts auf einen Wartungsvertrag. Bei den Betriebskosten fehlten konkrete Angaben zu relevanten Vorteilen gegenüber anderen Schneidemaschinen. Im Hinblick auf den Abwickler sei nicht genügend zu für die Kaufentscheidung relevanten Vorteilen, insbesondere zu Zeitersparnissen vorgetragen. Der Umstand, dass der Erwerber dem Rückruf der Beklagten nicht nachgekommen sei, habe ebenfalls keine Auswirkungen auf den Kausalanteil, weil die Motive dafür unbekannt seien.

Aus der Abwägung der genannten Umstände ergebe sich ein Kausalanteil von 20 % des erzielten Gewinns. Wichtigster Vorteil der angegriffenen Ausführungsform sei die Ausstattung mit zwei Laser-Scannersystemen, weil dies den Durchsatz deutlich erhöhe. Die patentgemäße Lehre bleibe zwar dahinter zurück, verbessere aber die Gesamtleistung der Schneideanlage ebenfalls signifikant, indem sie zu einer weiteren Steigerung des Durchsatzes und überdies zu einer besseren Nutzbarkeit der erhöhten Schneidegeschwindigkeit führe. Eine etwas geringere Bedeutung habe die Möglichkeit, Gewebebahnen mit einer Breite von bis zu 3,10 Meter verarbeiten zu können. Die weiteren Faktoren seien nicht relevant. Für einen Kausalanteil von 20 % spreche ferner ein Vergleich mit der Lizenzanalogie. Durch den zuerkannten Verletzergewinn erhalte die Klägerin ca. 10,4 % des Umsatzes aus dem Verkauf der angegriffenen Ausführungsform als Schadensersatz. Eine Lizenzgebühr in dieser Höhe wäre zwar auf dem vorliegenden technischen Gebiet recht hoch. In Anbetracht der durch die patentgemäße Lehre bewirkten signifikanten Leistungsverbesserung und der hohen Gewinnmarge der Beklagten von mehr als 50 % sei dieser Wert aber nicht unverhältnismäßig.

Gegen dieses Urteil richten sich die form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Berufungen beider Parteien.

Die Klägerin führt unter Bezugnahme auf ihr erstinstanzliches Vorbringen nebst Beweisantritten an: Das Landgericht habe zu Unrecht lediglich einen Kausalanteil von 20 % angesetzt. Tatsächlich sei die Verwirklichung der klagepatentgemäßen Lehre kausale Bedingung für die Kaufentscheidung der Abnehmerin gewesen und daher mindestens ein Kausalitätsfaktor von 50 % zugrunde zu legen.

Entgegen den Ausführungen im angefochtenen Urteil habe das zweifache Laser-Scannersystem kein erhebliches Gewicht, weil nicht die Schneidgeschwindigkeit eines Lasers, sondern der Durchsatz der Schneidmaschine maßgeblich sei, der wiederum von mehreren Faktoren abhänge. Eine schnelle Schneidgeschwindigkeit allein führe nicht zum gewünschten Ergebnis, zumal die Präzision des Schnitts mit zunehmender Schneidgeschwindigkeit abnehme. Im maßgeblichen Zeitpunkt des Erwerbs sei ferner ein "H"-Verfahren keine Alternative gewesen, weil die Abnehmerin eine Maschine mit der klagepatentgemäßen Technologie gewollt und sie sich zu diesem Zweck sogar verpflichtet habe, die Beklagte von Ansprüchen der Patentinhaberin freizustellen. Das Landgericht stelle hingegen fehlerhaft auf die durch die Nutzung der klagepatentgemäßen Lehre zu einem späteren Zeitpunkt erzielte Produktivitätssteigerung ab. Der Unterschied beim Durchsatz von 15-20 % sei aber für die Bestimmung des Kausalanteils nicht von Relevanz, weil er erst nach der Umrüstung Ende 2016 ermittelt worden sei. Die Beklagte habe nicht einmal vorgetragen, im Zeitpunkt des Kaufs über ein aus Sicht der Abnehmerin akzeptables zweifaches Laser-Scannersystem mit einem "H"-Verfahren verfügt zu haben, das einen nur um 15-20 % geringeren Durchsatz als die gelieferte angegriffene Ausführungsform mit dem implementierten "G"-Verfahren gehabt habe. Daher sei davon auszugehen, dass das Laser-Scannersystem der Beklagten damals tatsächlich keine Geschwindigkeitsvorteile gegenüber den von ihr - der Klägerin - verwendeten Laser-Schneidsystemen aufgewiesen habe. Wahrscheinlich habe die Beklagte das "H"-Verfahren sodann weiterentwickelt und so Ende 2016 ein deutlich höheres Niveau als im Zeitpunkt des Kaufentschlusses erreicht, weshalb erstmals eine Umstellung auf "H" in Betracht gekommen sei.

Hinsichtlich der Breite der Schneidemaschine habe das Landgericht nicht berücksichtigt, dass es sich um Maschinen handle, die in Absprache mit dem Kunden individuell gefertigt werden, und bereits im Jahr 2013 sowie im Februar 2014 im Rahmen von Besprechungen zwischen ihr - der Klägerin - und der Abnehmerin betreffend ihre "F"-Maschine eine Breite von ca. 3 m und zwei Laser thematisiert worden seien. Sie sei tatsächlich auch bereits damals aufgrund ihrer jahrzehntelangen Erfahrung mit dem Ausschneiden von Mustern aus Stoffbahnen und der Größe ihres Unternehmens imstande gewesen, eine Maschine mit diesen Eigenschaften zu konzipieren. Zudem hätte die Beklagte beim Kaufentschluss im August 2014 eine entsprechende Schneidemaschine ebenfalls noch nicht liefern können, weil sie schließlich erst habe individuell gefertigt werden müssen. Dies zeige, dass sowohl die Schneidbreite als auch die Ausstattung mit zwei Lasern kein gewichtiger Faktor für den Kaufentschluss gewesen sei.

Demgegenüber habe das Landgericht zu Recht spezielle Vorteile des Abwicklers und die Fähigkeit der angegriffenen Ausführungsform, einlagiges Gewebeband zu schneiden, beim Kausalanteil nicht berücksichtigt. Der von der Beklagten verwendete Abwickler sei keine technisch besonders anspruchsvolle Lösung und für die Entwicklung sei kein spezielles technisches Know How erforderlich. Dementsprechend habe die Beklagte nicht einmal behauptet, dass nur sie diese Lösung anbieten könne. Die Verarbeitung von Flachgewebe hätte ohne weiteres auch durch eine von ihr - der Klägerin - gelieferte Anlage gewährleistet werden können. Die Beklagte habe zudem die Verarbeitung von Flachgewebe ebenfalls damit beworben, dass eine auf der klagepatentgemäßen Lehre beruhende Schneidemaschine, bei der das Gewebeband kontinuierlich bewegt werde, zum Einsatz komme. Kontrollüberlegungen mit einem Vergleich zur Lizenzanalogie seien im vorliegenden Fall nicht vorzunehmen.

Die Klägerin beantragt,

1. das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 06.03.2018, Az. 4a O 65/16, abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an sie 500.509,08 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozent ab dem 15.02.2015 sowie weitere 4.391,90 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 15.07.2016 zu zahlen;

2. die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Die Beklagte beantragt,

1. das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 06.03.2018, Az. 4a O 65/16, abzuändern und die Klage abzuweisen, soweit sie verurteilt worden ist, an die Klägerin mehr als 100.101,81 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz, höchstens jedoch 5 Prozent, ab dem 15.02.2015 sowie mehr als weitere 1.973,90 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 15.07.2016 zu zahlen;

2. die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Sie führt unter Bezugnahme auf ihr erstinstanzliches Vorbringen nebst Beweisantritten an: Das Landgericht habe zu Unrecht einen Kausalanteil von mehr als 10 % angenommen. Es habe zwar zutreffend ausgeführt, dass die Kaufentscheidung der Abnehmerin von mehreren Aspekten beeinflusst worden sei. Gleichwohl habe es für die Bestimmung des Kausalanteils fehlerhaft die von der Klägerin geschätzte Produktivitätssteigerung von 20 % infolge der Nutzung der klagepatentgemäßen Lehre übernommen und so die übrigen Faktoren faktisch nicht berücksichtigt. Überdies hätte es den Wert von 20 % nicht zugrunde legen dürfen, weil die Klägerin keine Anknüpfungstatsachen für ihre Schätzung dargelegt und zudem keinen Beweis angetreten habe.

Eine Bearbeitungsbreite von 3,10 m habe für die Abnehmerin ein deutlich größeres Gewicht gehabt als die Lehre des Klagepatents. Es habe sich um eine zwingend zu erfüllende Anforderung der Abnehmerin gehandelt, weil die Airbag-Schneideanlage andernfalls mit ihrem Produktionsprozess nicht kompatibel und somit unbrauchbar gewesen wäre. Nur sie - die Beklagte - sei nach dem erstinstanzlich noch unstreitigen Sachvortrag im Zeitpunkt des Kaufentschlusses in der Lage gewesen, ihre Maschine mit einer entsprechenden Sonderbreite herzustellen und zudem mit einem zweiten Laser auszustatten. Die Klägerin biete ihre Airbag-Schneidanlagen nur mit Standardabmessungen und keine Individualfertigungen an. Ferner sei die erst Ende 2015 von der Klägerin vorgestellte Schneidemaschine mit zwei Lasern nicht vergleichbar, da sie unstreitig nicht über Laserscanner, sondern über herkömmliche Schneidlaser verfüge.

Darüber hinaus habe das Landgericht unzutreffend die Fähigkeit der angegriffenen Ausführungsform, einlagiges Gewebeband zu schneiden sowie die Vorteile ihres Abwicklers nicht berücksichtigt, obwohl die Bedeutung dieser beiden Aspekte sogar aus den von der Klägerin vorgelegten Besprechungspräsentationen hervorgehe. So sei es ein für die Kaufentscheidung wichtiger Faktor gewesen, dass die Airbag-Schneideanlage habe mit hoher Durchsatzleistung Flachgewebe schneiden können, da die Abnehmerin die Maschine für diesen Zweck habe verwenden wollen und tatsächlich auch eingesetzt habe. Dies sei ein Vorteil gegenüber dem zuvor beim Schneiden von Flachgewebe gängigen Multilayer-Verfahren, bei dem mehrere Lagen Airbaggewebe mit Trennmaterial übereinandergestapelt, geschnitten und danach wieder getrennt werde, weil diese Verfahrensschritte bei der angegriffenen Ausführungsform wegen der hohen Schneidgeschwindigkeit entfallen könnten. Der Abwickler sei ebenfalls für die Kaufentscheidung relevant gewesen, weil er Materialwechselzeiten einspare und auf diese Weise zu einer höheren Ausbringleistung führe.

Zuletzt habe das Landgericht die Kontrollüberlegung anhand der Berechnungsmethode der Lizenzanalogie fehlerhaft durchgeführt. Es hätte einen Lizenzsatz in Höhe von 5 % zugrunde legen müssen, weil sie unbestritten vorgetragen habe, dass eine Lizenzgebühr von 5 % des Umsatzes angemessen wäre; dies entspreche aber einem Kausalanteil von 10 %. Überdies habe das Landgericht fehlerhaft darauf abgestellt, dass ihre Gewinnmarge mit über 50 % recht hoch sei. Es habe dabei verkannt, dass es sich insoweit nicht um den tatsächlichen Gewinn handle, sondern dieser deutlich unter 50 % liege. Es seien weitere Kosten wie hohe Entwicklungskosten, Lohnkosten, Maschinenkosten und zusätzliche Deckungsbeitragskosten angefallen, die zwar bei der Berechnung des Verletzergewinns nicht abzugsfähig seien, vernünftige Vertragsparteien aber bei der Bestimmung der Lizenzgebühr berücksichtigen würden. Abgesehen davon seien im Maschinenbau sogar nur Patentlizenzsätze von 2 % bis 4 % üblich.

Dagegen habe das Landgericht zu Recht ausgeführt, dass die Durchsatzleistung der angegriffenen Ausführungsform weit überwiegend auf der Schneidgeschwindigkeit der beiden Laser-Scannersysteme beruhe, weil sie gegenüber herkömmlichen, von der Klägerin eingesetzten Laser-Schneidsystemen, bei denen der Laser mittels eines X-/Y-Positionierers über das auszuschneidende Gewebe geführt werde signifikant erhöht sei. Der Beitrag der Nutzung der klagepatentgemäßen Lehre an der Durchsatzleistung trete im Vergleich dazu zurück, wie die geringen Auswirkungen der Umstellung vom "G"-Verfahren auf einen "H"-Betrieb zeigten. Unerheblich sei, dass die Umstellung im Jahr 2016 erfolgt sei, weil mit ihr keine die Effizienz des "H"-Betriebs erhöhende Weiterentwicklung verbunden gewesen sei.

B.

Die zulässigen Berufungen der Klägerin und der Beklagten sind unbegründet.

I.

Das Landgericht hat zu Recht einen Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte auf Schadenersatz in Höhe von 200.203,63 Euro aus Art. 64 Abs. 1 EPÜ, § 139 Abs. 2 S. 2 PatG bejaht.

1.

Zur Ermittlung des ihr entstandenen Schadens stützt sich die Klägerin auf die Berechnungsmethode der Herausgabe des Verletzergewinns.

Der Anspruch auf Herausgabe des Verletzergewinns folgt unmittelbar aus § 139 Abs. 2 Satz 2 PatG. Der durch die Verletzung eines gewerblichen Schutzrechts zu kompensierende Schaden ist bereits in der Beeinträchtigung des absoluten Rechts und der mit diesem verbundenen, allein dem Inhaber zugewiesenen Nutzungsmöglichkeiten zu sehen (BGH, GRUR 2012, 1226 - Flaschenträger; BGH, GRUR 2008, 93 - Zerkleinerungsvorrichtung; zum Urheberrecht BGH, GRUR 2009, 856 - Tripp-Trapp-Stuhl). Der Schaden besteht darin, dass der Verletzer die von dem immateriellen Schutzgut vermittelten konkreten Marktchancen für sich nutzt und sie damit zugleich der Nutzung durch den Schutzrechtsinhaber entzieht (Senat, Urteil vom 14.02.2019 - I-15 U 60/15).

Bei der Herausgabe des Verletzergewinns ist es - ebenso wie bei den beiden anderen dem Verletzten zur Kompensation seines Schadens wahlweise zur Verfügung stehenden Methoden der Berechnung des konkret entgangenen Gewinns und der Geltendmachung einer angemessenen Lizenzgebühr - das Ziel den Betrag zu ermitteln, der zum Ausgleich des erlittenen Schadens erforderlich und angemessen ist und dem wirtschaftlichen Wert des Schutzrechts sowie der in ihm verkörperten Marktchance entspricht. Zu diesem Zweck ist der Verletzer verpflichtet, den durch die Verletzungshandlungen erzielten Gewinn vollständig insoweit, aber auch nur insoweit herauszugeben, als er auf der Benutzung des Klagepatents beruht (BGH, GRUR 2012, 1226 - Flaschenträger). Ob der Verletzte seinerseits den Gewinn hätte erzielen können, ist unerheblich (BGH, GRUR 1973, 478 - Modeneuheit; Senat, Urteil vom 14.02.2019 - I-15 U 60/15; Benkard/ Grabinski/Zülch, Kommentar zum PatG, 11. Aufl., § 139 Rn. 72).

Nach den Grundsätzen der Herausgabe des Verletzergewinns ist in einem ersten Schritt der Gewinn zu ermitteln, den der Verletzer mit den patentverletzenden Gegenständen erzielt hat. Dabei werden die berücksichtigungsfähigen Kosten des Verletzers vom erzielten Umsatzerlös abgezogen. In einem zweiten Schritt ist der Anteil des Verletzergewinns zu bestimmen, der kausal auf der Verletzung des fremden Schutzrechts beruht; nur dieser ist vom Verletzer herauszugeben (Senat, GRUR-RS 2015, 13605 - Funkarmbanduhr; OLG Düsseldorf, Urteil vom 04.10.2012 - I-2 U 76/11, BeckRS 2013, 11915 - Kabelschloss). Da der von der Beklagten mit der angegriffenen Ausführungsform erzielte Gewinn von 1.001.018,15 Euro inzwischen unstreitig ist, bleibt hier somit lediglich noch der Kausalanteil zu klären.

In welchem Umfang der erzielte Gewinn auf die Schutzrechtsverletzung zurückzuführen ist, lässt sich regelmäßig - zumindest mit praktisch vertretbarem Aufwand - nicht genau ermitteln, sondern nur abschätzen. Der erzielte Gewinn muss nicht nur in ursächlichem Zusammenhang zu der Patentverletzung, sondern in einer solchen Beziehung zu dem Patent und der Patentverletzung stehen, dass er eben deshalb billigerweise dem Patentinhaber gebührt (BGH, GRUR 1962, 509 - Dia-Rähmchen II). Der erforderliche ursächliche Zusammenhang zwischen der Schutzrechtsverletzung und dem erzielten Gewinn ist daher nicht im Sinne adäquater Kausalität zu verstehen, sondern es ist wertend zu bestimmen, ob und in welchem Umfang der erzielte Gewinn auf mit dem verletzten Schutzrecht zusammenhängenden Eigenschaften des veräußerten Gegenstandes oder anderen Faktoren beruht (BGH, GRUR 2009, 856 - Tripp-Trapp-Stuhl; Senat, Urteil vom 14.02.2019 - I-15 U 60/15; OLG Düsseldorf, InstGE 5, 251 - Lifter). Die Höhe des herauszugebenden Verletzergewinns lässt sich daher nicht berechnen. Es ist vielmehr gemäß § 287 ZPO unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls (BGH, GRUR 2007, 431 - Steckverbindergehäuse) nach freier Überzeugung darüber zu entscheiden, ob zwischen der Schutzrechtsverletzung und dem erzielten Gewinn ein ursächlicher Zusammenhang im Rechtssinne besteht und wie hoch der danach herauszugebende Gewinnanteil zu beziffern ist (BGH, GRUR 2009, 856 - Tripp-Trapp-Stuhl; BGH, GRUR 1993, 55 - Tchibo/Rolex II; Senat, Urteil vom 14.02.2019 - I-15 U 60/15; OLG Düsseldorf, InstGE 13, 199 - Schräg-Raffstore). Die Grundlagen dieser Schätzung sind - soweit möglich - objektiv zu ermitteln, und über bestrittene Ausgangs- bzw. Anknüpfungstatsachen ist Beweis zu erheben (BGH, GRUR 1995, 578 - Steuereinrichtung II). Die Gesamtheit aller Umstände ist sodann abzuwägen und zu gewichten (BGH, GRUR 2012, 1226 - Flaschenträger; BGH, GRUR 1993, 55 - Tchibo/Rolex II). Für die eine Kausalität begründenden und den Kausalanteil erhöhenden Tatsachen liegt die Darlegungs- und Beweislast grundsätzlich beim Schutzrechtsinhaber (BGH, GRUR 2009, 856 - Tripp-Trapp-Stuhl; Senat, GRUR-RS 2015, 13605 - Funkarmbanduhr; OLG Düsseldorf, BeckRS 2013, 11915 - Kabelschloss; OLG Düsseldorf InstGE 13, 199 - Schräg-Raffstore).

Auch wenn bereits aus der Tatsache der Verwendung der technischen Lehre des Klagepatents geschlossen werden kann, dass dieses für die Ausgestaltung der nicht patentfrei nutzbaren angegriffenen Ausführungsform jedenfalls mitprägend war, ist nicht ohne weiteres anzunehmen, dass der erzielte Gewinn in vollem Umfang auf der Benutzung der patentgeschützten technischen Lehre beruht, indem der Kaufentschluss und damit der gesamte Gewinn allein dadurch verursacht worden ist. Das ist in denjenigen Fällen offensichtlich, in denen der geschützte Gegenstand nur ein Detail des in den Verkehr gebrachten größeren Gegenstands betrifft. Aber auch wenn der in den Verkehr gebrachte Gegenstand durch das Schutzrecht mitgeprägt wird, beruht der erzielte Gewinn nicht notwendigerweise nur auf der Benutzung des verletzten Immaterialgüterrechts. So können für die Entscheidung zum Kauf eines Gebrauchsgegenstandes neben den technischen Vorteilen der erfindungsgemäßen Lösung die Formgestaltung des Produkts, sein Hersteller oder die verwendete Marke und damit verbundene Qualitätserwartungen, der Preis und andere vom Patent unabhängige Faktoren die Marktchancen beeinflussen (BGH, GRUR 2013, 1212 - Kabelschloss; BGH, GRUR 2012, 1226 - Flaschenträger; BGH, GRUR 2009, 856 - Tripp-Trapp-Stuhl; Senat, Urteil vom 14.02.2019 - I-15 U 60/15; Senat GRUR-RS 2015, 13605 - Funkarmbanduhr; OLG Düsseldorf, InstGE 13, 199 - Schräg-Raffstore).

Grundlegendes Kriterium für die Bestimmung des Kausalanteils ist der Abstand der geschützten Erfindung gegenüber dem marktrelevanten Stand der Technik. Dieser lässt regelmäßig Rückschlüsse darauf zu, in welchem Umfang die Nachfrage des Produkts auf die mit der Verwendung des Patents zusammenhängenden Eigenschaften des Verletzungsgegenstandes zurückzuführen ist. Er spiegelt wider, dass die Verkaufs- und Erlösaussichten maßgeblich davon abhängen, ob und in welchem Umfang gleichwertige Alternativen und damit Umgehungsmöglichkeiten des Patents im Verletzungszeitraum zur Verfügung standen (BGH, GRUR 1995, 578 - Steuereinrichtung II). Ergibt sich, dass gegenüber dem erfindungsgemäßen Produkt im Wesentlichen gleichwertige Alternativen existieren, da es sich lediglich um eine Detailverbesserung eines bereits bekannten Produkts handelt, ist eher anzunehmen, dass der Kaufentschluss nicht allein auf der Verwendung der technischen Lehre, sondern auf weiteren Faktoren beruht (BGH, GRUR 1993, 55 - Tripp-Trapp-Stuhl). Handelt es sich demgegenüber um ein neues Produkt, das neue Einsatzgebiete erschlossen hat und zu dem es keine solchen Alternativen gab, kann eher angenommen werden, dass der Kaufentschluss gerade auf die Verwendung des Patents zurückzuführen ist (BGH, GRUR 2012, 1226 - Flaschenträger). Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass technische Lösungen, die im Prioritätszeitpunkt offenbart waren, aber nicht auf den relevanten Markt gelangt sind, zwar ebenfalls den Abstand des Klagepatents zum Stand der Technik verringern, aber gleichwohl nicht im Wettbewerb mit der angegriffenen Ausführungsform standen. Deren Verkaufs- und Erlösaussichten konnten diese Lösungen somit nicht beeinträchtigen. Für die Beurteilung der Marktchancen der Erfindung ist dieser nicht realisierte Stand der Technik deshalb grundsätzlich unbeachtlich (Senat, Urteil vom 14.02.2019 - I-15 U 60/15; Senat, GRUR-RS 2015, 13605 - Funkarmbanduhr).

2.

Nach Maßgabe dieser Grundsätze hat das Landgericht den Kausalanteil zutreffend und mit im Wesentlichen überzeugender Begründung auf 20 % geschätzt.

a)

Es handelte sich bei der Erfindung nach dem Klagepatentanspruch um eine bedeutsame Detailverbesserung, die einerseits für den Kaufentschluss der Abnehmerin eine nicht unwesentliche Rolle spielte, aber andererseits dafür auch nicht allein ausschlaggebend oder in erheblichem Maße verantwortlich war. Den mit Abstand größten Einfluss hatte vielmehr das zweifache Laser-Scannersystem, während andere technische Ausstattungsmerkmale der angegriffenen Ausführungsform und weitere Faktoren demgegenüber eine untergeordnete Bedeutung besaßen.

aa)

Die geschützte Erfindung führte gegenüber dem Stand der Technik zu einer erheblichen Verbesserung, weil sie die Durchsatzleistung von Schneidevorrichtungen, die für ihre Produktivität maßgeblich ist, spürbar erhöhte. Allerdings waren erfindungsgemäße Produkte nicht alternativlos, weil auf dem relevanten Markt bereits Schneidevorrichtungen existierten, die aufgrund anderer technischer Ausstattungsmerkmale eine hohe Durchsatzleistung bereitstellten.

Nach den Ausführungen in der Klagepatentschrift sowie dem übereinstimmenden Vortrag der Parteien waren im Stand der Technik Schneidevorrichtungen zum präzisen Ausschneiden von Formen aus Gewebebahnen bereits vorhanden. Es war auch vorbekannt, dass sie Markierungen in der Gewebebahn detektieren konnten, um die auszuschneidende Form zu ermitteln und den Schneidevorgang entsprechend anzupassen. Der Klagepatentanspruch, der die im angefochtenen Urteil aufgezählten Merkmale aufweist (vgl. Merkmalsgliederung S. 10/11 LGU, Bl. 88 f. GA), verbessert dies, indem das bahnförmige Material während des Schneidevorgangs bewegt wird und gleichzeitig bereits die nächste Markierung lokalisiert wird. Diese Ausgestaltung ermöglicht es, das bahnförmige Material "in der Vorbeibewegung" exakt zu schneiden und auf diese Weise die Durchsatzleistung der Schneidevorrichtung, mithin die Anzahl der auszuschneidenden Formen in einem vorgegebenen Zeitraum, zu erhöhen.

Konkret bezogen auf den Markt für Airbag-Schneidemaschinen waren unstreitig bereits Vorrichtungen vorhanden, die präzise und mit hohem Durchsatz Airbags aus den Gewebebahnen herausschneiden konnten. Darüber hinaus bot die Beklagte auch klagepatentfreie Schneidemaschinen mit zwei Laserschneidevorrichtungen an, die jeweils über ein Scannersystem verfügten (nachfolgend zweifaches Laser-Scannersystem), und die mit dieser technischen Ausstattung, über die auch die angegriffene Ausführungsform verfügt, im patentfreien "H"-Verfahren im Vergleich zu "herkömmlichen" Airbag-Schneidemaschinen mit nur einem Laserschneidekopf und mit einer mechanischen X-/Y-Positioniervorrichtung eine 10- bis 20-fach höhere Schneidgeschwindigkeit erzielen konnten. Die von der Beklagten vorgetragenen Werte, aus denen sich dies ergibt, hat die Klägerin nicht in Abrede gestellt. Ihr Vorbringen, Schneidgeschwindigkeit und Durchsatzleistung seien nicht gleichzusetzen, sondern letztere werde auch noch von weiteren Faktoren beeinflusst, ändert nichts an der Richtigkeit der grundsätzlichen Feststellung, dass die von der Beklagten auch angebotene, patentfreie Alternative eine hohe Durchsatzleistung erzielte. Soweit die Klägerin in der Berufungsinstanz erstmals behauptet, die Präzision nehme mit zunehmender Schneidgeschwindigkeit ab, ist dies unbeachtlich. Zum einen hat sie diese pauschale Behauptung in keiner Weise konkretisiert, weshalb sie unsubstantiiert ist. Zum anderen hat sie ihr Vorbringen auch nicht unter Beweis gestellt. Abgesehen davon ist es nicht zu berücksichtigen, weil die Beklagte es bestritten und die Klägerin keinen Zulassungsgrund nach § 531 Abs. 2 ZPO vorgetragen und glaubhaft gemacht hat.

Somit ist davon auszugehen, dass auf dem Markt bereits patentfreie Alternativen in Gestalt von Airbag-Schneidemaschinen vorhanden waren, die gleichzeitig eine hohe Präzision und Durchsatzleistung gewährleisteten.

bb)

Der Kaufentschluss zugunsten der angegriffenen Ausführungsform beruhte dementsprechend überwiegend auf dem patentfreien zweifachen Laser-Scannersystem, mit dem auch die angegriffene Ausführungsform ausgestattet ist, und nur ergänzend auf der Implementierung der klagepatentgemäßen Lehre, weil es der Abnehmerin wesentlich auf eine hohe Durchsatzleistung ankam. Allerdings war ihre Fähigkeit zu einem "Schneiden in der Vorbeibewegung" dafür auch nicht unbedeutend, weil sie - wenn auch in geringerem Maße - ebenfalls eine höhere Durchsatzleistung ermöglichte, indem die höhere Schneidgeschwindigkeit optimaler genutzt werden konnte.

(1)

Bei einer Airbag-Schneidemaschinen ist für den Kaufentschluss die effektive Durchsatzleistung entscheidend, weil sich danach richtet, wie viele Airbags in einem bestimmten Zeitraum ausgeschnitten werden können, und diese Eigenschaft somit die Produktivität der Anlage bestimmt. Demgegenüber ist die Art und Weise, wie diese Leistung erzielt wird, mithin welches Verfahren angewendet wird und aus welchen Bestandteilen die Vorrichtung besteht, lediglich von sekundärer Bedeutung und hat vor allem im Hinblick auf die beim Erwerb, im Betrieb und für die Unterhaltung der Maschine anfallenden Kosten Relevanz, zu denen die Parteien im Streitfall indes keine Angaben gemacht haben, weshalb sie außer Betracht zu bleiben haben.

(2)

Davon ausgehend ist die Ausstattung der angegriffenen Ausführungsform mit dem zweifachen Laser-Scannersystem der mit Abstand wichtigste Faktor für die Kaufentscheidung der Abnehmerin, weil dieses System eine um ein Vielfaches höhere Schneidgeschwindigkeit als die auf dem Markt erhältlichen Alternativen bereitstellt, und dies wiederum zu einer im Vergleich wesentlich höheren Durchsatzleistung führt.

(a)

Das Vorbringen der Klägerin, es sei davon auszugehen, dass die angegriffene Ausführungsform damals tatsächlich gar keine Geschwindigkeitsvorteile gegenüber den von ihr verwendeten Laser-Schneidsystemen aufgewiesen habe, ist angesichts der konkreten Wertangaben der Beklagten zur 10- bis 20fach höheren Schneidgeschwindigkeit ihres zweifachen Laser-Scannersystems gegenüber den anderen auf dem Markt erhältlichen Airbag-Schneideanlagen nicht nachvollziehbar. Diese Schneidgeschwindigkeit führt - auch wenn sie nicht mit dem Durchsatz gleichzusetzen sein mag - überdies zu einer erheblich größeren Durchsatzleistung, weil die Schneidgeschwindigkeit dafür zumindest ein wesentlicher Faktor ist. Je schneller das System Gewebe schneiden kann, desto mehr Airbags können schließlich in einem bestimmten Zeitraum aus dem bahnförmigen Material herausgeschnitten werden. Soweit die Klägerin die Bedeutung der Schneidgeschwindigkeit für die Durchsatzleistung pauschal in Abrede stellt, ist dies daher ebenfalls unbeachtlich. Da sie die Darlegungs- und Beweislast für die Höhe des Kausalanteils trägt, hätte sie vielmehr konkrete Angaben dazu machen müssen, dass ohne Implementierung der klagepatentgemäßen Lehre zwischen der Durchsatzleistung der angegriffenen Ausführungsform und anderer Airbag-Schneideanlagen auf dem Markt, die nicht über ein zweifaches Laser-Scannersystem verfügen, keine oder nur geringe Unterschiede bestehen, indem sie jeweils die Durchsatzleistungen benennt oder zumindest die Schneidgeschwindigkeiten und die weiteren maßgeblichen Faktoren für die Durchsatzleistung einander gegenüberstellt. Das ist nicht geschehen, weshalb das Vorbringen der Beklagten, ihr zweifaches Laser-Scannersystem führe zu einer 10- bis 20-fach höheren Schneidegeschwindigkeit und damit auch zu einer erheblich größeren Durchsatzleistung, für die Bewertung des Kausalanteils zugrunde zu legen ist und zu der Erkenntnis führt, dass dieser technischer Vorteil der entscheidende Faktor für den Kaufentschluss der Abnehmerin war.

(b)

Die Bedeutung des zweifachen Laser-Scannersystems für den Kaufentschluss der Abnehmerin ist umso größer, als - wie das Landgericht ebenfalls zutreffend ausgeführt hat - nach dem unwidersprochen gebliebenen Vorbringen der Beklagten andere auf dem Markt erhältliche Schneideanlagen ein solches System nicht aufwiesen und auch nicht feststellbar ist, dass die Klägerin im August 2014 selbst hätte eine Airbag-Schneideanlage mit zwei Laserscannern anbieten können, die eine vergleichbare Durchsatzleistung wie die angegriffene Ausführungsform erbringt.

Nicht zu klären ist in diesem Zusammenhang die Frage, ob das Patent EP 2 011 600 der Held Systems AG ein "Sperrpatent" gewesen ist, das die Klägerin und Dritte daran hinderte, eine Laserschneidvorrichtung mit Scannern zu vertreiben, oder ob das genannte Patent leicht zu umgehen gewesen wäre. Theoretische Optionen sind insoweit ohne Relevanz. Maßgeblich sind allein die tatsächlichen Verhältnisse auf dem Markt, denn nur sie können die Kaufentscheidung der Abnehmer tatsächlich beeinflussen.

Davon ausgehend reicht indes der pauschale Hinweis der Klägerin auf eine Besprechung mit der Abnehmerin im Februar 2014, die eine Maschine mit zwei Lasern zum Gegenstand hatte, nicht aus, weil sich daraus nicht ergibt, dass sie tatsächlich imstande gewesen wäre, der Abnehmerin im August 2014 ein konkurrenzfähiges Angebot zu unterbreiten. Zu konkreten Verhandlungen nach Februar 2014 trägt die Klägerin nichts vor und tatsächlich ist ihrerseits kein Angebot erfolgt. Die Präsentation der "I"-Schneidemaschine mit zwei Lasern erst im Oktober 2015 spricht zudem dagegen, dass sie diese auch deutlich zeitlich vorher hätte herstellen und liefern können. Zumindest lässt sich ein derartiger Schluss nicht ohne weiteres ziehen und die Klägerin hat keine konkreten Umstände vorgetragen, aus denen sich ergibt, dass sie wesentlich früher dazu in der Lage gewesen wäre. Abgesehen davon folgt aus einer Installation von zwei Lasern als solches noch nicht, dass die Maschine der Klägerin eine konkurrenzfähige Alternative zur angegriffenen Ausführungsform gewesen wäre. Die darlegungs- und beweispflichtige Klägerin hat nicht vorgetragen, welche Schneidegeschwindigkeit und welche Durchsatzleistung ihre Airbag-Schneideanlage erreicht. Gegen mit der angegriffenen Ausführungsform vergleichbare Werte spricht überdies, dass sie nicht mit Laserscannern, sondern mit herkömmlichen Schneidlasern ausgestattet ist, deren Schneidgeschwindigkeit nach dem unwidersprochenen Vorbringen der Beklagten pro Schneidkopf immerhin noch um das 5-10fache niedriger ist.

(3)

Infolgedessen beruhte die Kaufentscheidung zugunsten der angegriffenen Ausführungsform nicht allein oder zu einem erheblichen Anteil auf der Implementierung der klagepatentgemäßen Lehre. Vielmehr hatte diese im Vergleich zum zweifachen Laser-Scannersystem eine deutlich geringere Bedeutung.

(a)

Es ist auch nicht festzustellen, dass aus Sicht der Abnehmerin unabdingbare technische Voraussetzung für einen Erwerb die Fähigkeit der Airbag-Schneidemaschine zu einem "G"-Betrieb gewesen wäre.

Die Klägerin hat ihre Behauptung, es habe sich dabei um eine Anforderung der Abnehmerin gehandelt, nicht substantiiert, geschweige denn unter Beweis gestellt. Unterlagen, aus denen sich dies ergeben würde, hat sie ebenfalls nicht vorgelegt. Im Gegenteil ist in den von ihr selbst im Rahmen der Besprechungen 2013/14 mit der Abnehmerin erstellten Präsentationen, in der die Hauptthemen ("main topics", Bl. 71 GA) und die "J" (Bl. 72 GA) aufgeführt sind, davon an keiner Stelle die Rede.

Die Klägerin führt zur Begründung in diesem Zusammenhang allein an, dass die Abnehmerin die angegriffene Ausführungsform in Kenntnis der Benutzung des Klagepatents bestellt, sich um eine Freistellung der Beklagten von Ansprüchen der Klägerin als Patentinhaberin bemüht und sich gegenüber der Beklagten dazu sogar vertraglich verpflichtet hat. Diese unstreitigen Umstände lassen zwar durchaus den Schluss zu, dass der Abnehmerin die Fähigkeit der angegriffenen Ausführungsform zu einem "G"-Betrieb wichtig war. Allerdings ergibt sich daraus nicht, dass es sich für sie um eine zwingend notwendige Bedingung handelte und sie andernfalls die Airbag-Schneidemaschine der Beklagten nicht erworben hätte. Gegen eine derart große Bedeutung einer Implementierung der Lehre des Klagepatents spricht vielmehr das Verhalten der Abnehmerin nach Vertragsschluss, dem Indizwirkung für ihre Erwerbsmotive zukommt. Sie ist dem späteren Rückruf der Beklagten nicht nachgekommen, hat stattdessen Ende 2016 eine Umrüstung der angegriffenen Ausführungsform auf ein patentfreies "H"-Verfahren vorgenommen und diese Veränderung hat lediglich zu einer Verringerung der Produktivität um 15 % - eine Differenz von 20 % hat die Klägerin nicht unter Beweis gestellt und würde abgesehen davon an der grundsätzlichen Bewertung nichts ändern - geführt. Überdies hat die Abnehmerin danach bei der Beklagten noch fünf weitere Airbag-Schneideanlagen mit dem zweifachen Laser-Scannersystem und "H"-Betrieb abgenommen. Aus diesen Umständen ist zu schließen, dass die Abnehmerin zwar eine Implementierung der klagepatentgemäßen Lehre wünschte, um eine noch bessere Durchsatzleistung zu erreichen. Sie hätte die angegriffene Ausführungsform aber in Anbetracht ihrer hohen Durchsatzleistung, die sie mit dem zweifachen Laser-Scannersystem erzielt, auch dann erworben, wenn sie einen "G"-Betrieb von vornherein nicht zur Verfügung gestellt hätte.

Dem hält die Klägerin vergeblich entgegen, dass die Beklagte im Zeitpunkt des Kaufentschlusses noch nicht über ein für die Abnehmerin akzeptables zweifaches Laser-Scannersystem mit einem "H"-Verfahren verfügt habe, das einen um lediglich 15-20 % geringeren Durchsatz als die gelieferte angegriffene Ausführungsform mit dem implementierten "G"-Verfahren aufgewiesen habe. Es handelt sich dabei erklärtermaßen um eine bloße Vermutung, mit der die Klägerin ihrer Darlegungs- und Beweislast für den Kausalanteil nicht gerecht wird. Es gibt keinen konkreten Anhaltspunkt dafür, dass die Beklagte das "H"-Verfahren mit einem zweifachen Laser-Scannersystem nach der Kaufentscheidung im August 2014 entscheidend weiterentwickelt und erst Ende 2016 ein Niveau erreichte, das für die Abnehmerin akzeptabel gewesen wäre und erstmals eine Umstellung auf "H" ermöglicht hätte. Das "H"-Verfahren war bereits seit Jahrzehnten Stand der Technik; das Patent für Laserschneidvorrichtungen mit Scannersystem wurde im Jahr 2008 angemeldet (vgl. Anlage WKS 2). Es liegt daher fern, dass die Beklagte erst im Zeitraum von 2014 bis 2016 wesentliche Verbesserungen mit diesem System erzielte, die zu einer für die Abnehmerin annehmbaren Durchsatzleistung der Airbag-Schneidemaschine führten. Konkrete Umstände dafür trägt die Klägerin auch nicht vor; die Beklagte hat eine die Effizienz steigernde Weiterentwicklung bestritten. Infolgedessen lässt die Umrüstung auf das patentfreie "H"-Verfahren Ende 2016 aber darauf schließen, dass die Abnehmerin die angegriffene Ausführungsform im August 2014 auch ohne Implementierung der klagepatentgemäßen Lehre erworben hätte.

(b)

Ebenso wie eine Differenz von nur 15 % bestätigt, dass es der Abnehmerin nicht allein oder überwiegend auf die Fähigkeit der angegriffenen Ausführungsform zu einem "Schneiden in der Vorbeibewegung" ankam, belegt dieser Wert andererseits aber auch die nicht unerhebliche Bedeutung dieses Faktors.

Eine Steigerung der Produktivität um 15 % ist wirtschaftlich bedeutsam und zeigt, dass die Durchsatzleistung mit der Nutzung der klagepatentgemäßen Lehre deutlich erhöht werden kann. Der "G"-Betrieb ermöglicht einen optimierten Schneideprozess, indem das zu schneidende Material kontinuierlich auf dem Förderband bewegt und der Schneidvorrichtung zugeführt wird. Auf diese Weise können Unterbrechungen vermieden oder zumindest reduziert und die höhere Schneidgeschwindigkeit des zweifachen Laser-Scannersystems kann besser genutzt werden. Diese zusätzlich zum Schneidsystem bereitgestellten, auf der Erfindung beruhenden Vorteile haben den Kaufentschluss der Abnehmerin somit zugunsten der angegriffenen Ausführungsform mitbeeinflusst.

cc)

Die übrigen von den Parteien noch diskutierten Faktoren hatten - ebenso wie die weiteren, vom Landgericht zutreffend als unbedeutend qualifizierten, in der Berufungsinstanz von ihnen nicht mehr aufgegriffenen Aspekte - keine oder nur eine geringe Bedeutung für den Kaufentschluss der Abnehmerin.

(1)

So hat die Möglichkeit, mit der angegriffenen Ausführungsform Gewebebahnen mit einer Breite von bis zu 3,10 m zu verarbeiten, bloß ein untergeordnetes und insbesondere geringeres Gewicht als vom Landgericht angenommen, auch wenn es sich dabei um eine Sonderanfertigung auf Anforderung der Abnehmerin handelte und damals nur Airbag-Schneidemaschinen auf dem Markt erhältlich waren, die Gewebebahnen mit einer Breite von lediglich bis zu 2,60 m verarbeiten konnten.

Das Landgericht hat zwar zutreffend ausgeführt, dass die Bearbeitungsbreite für die Abnehmerin eine wesentliche Relevanz besaß, weil sie erhebliche Investitionen in Webstühle getätigt hatte, die Gewebebahnen von bis zu 3,10 m Breite erzeugen können, und sie daher zur Nutzung der vollen Breite und einer damit einhergehenden Steigerung der Produktivität sowie zur Vermeidung von Kompatibilitätsproblemen eine Airbag-Schneideanlage wie die angegriffene Ausführungsform benötigte, die dazu in der Lage war, Gewebebahnen bis zu dieser Breite zu verarbeiten.

Gleichwohl hatte dieser Aspekt deswegen keinen spürbaren Einfluss auf ihre Kaufentscheidung zugunsten der angegriffenen Ausführungsform, weil kein triftiger Grund erkennbar ist, warum die Klägerin oder Dritte nicht ebenfalls eine Airbag-Schneidemaschine hätten anbieten und fertigen können, die für diese Sondermaße geeignet ist. Grundsätzlich sind zwar nur auf dem relevanten Markt erhältliche Alternativlösungen beachtlich. Im vorliegenden Fall ist jedoch zu berücksichtigen, dass im Zeitpunkt der Kaufentscheidung im August 2014 ebenso wenig eine Airbag-Schneidemaschine der Beklagten mit einer Bearbeitungsbreite von 3,10 m existierte, sondern sie diese Vorrichtung ebenfalls noch herstellen musste. Dies erfolgte sodann erst, nachdem sie eine entsprechende Vereinbarung mit der Abnehmerin getroffen hatte, und damit nach dem Kaufentschluss. Bei einer derartigen individuellen Fertigung nach Vorgaben des Abnehmers kann es somit nicht entscheidend auf die Präsenz eines bereits gegenständlich existierenden Produktes auf dem Markt ankommen. Sofern es nicht um eine geschützte technische Lösung geht, ist in einem solchen Fall vielmehr maßgeblich, ob Dritte ebenfalls in der Lage gewesen wären, ein alternatives Produkt mit der gleichen Eigenschaft wie die angegriffene Ausführungsform anzubieten und zu fertigen. Ist dies zu bejahen, so ist sie kein wesentlicher Faktor für die Kaufentscheidung gerade zugunsten der angegriffenen Ausführungsform gewesen, da der Abnehmer davon ausging, dass Dritte ebenso eine Maschine mit dieser Eigenschaft bereitstellen könnten.

So ist es hier: Weder hat die Beklagte vorgetragen noch sind sonst konkrete Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass Konzeption und Fertigung einer Airbag-Schneidemaschine mit einer Bearbeitungsbreite von 3,10 m - statt 2,60 m - aus der maßgeblichen Sicht eines Herstellers von Schneideanlagen im Zeitpunkt des Kaufentschlusses besonderen technischen Anforderungen unterlagen und Dritte daher tatsächlich an einem entsprechenden Angebot gehindert gewesen wären. Die Feststellung im angefochtenen Urteil, nur die Beklagte sei "unstreitig" in der Lage gewesen, diese in einer Sonderbreite herzustellen, begegnet daher Bedenken. Die entsprechende pauschale Behauptung der Beklagten war vielmehr unsubstantiiert und damit bereits unerheblich. Es ist nicht nachvollziehbar und von der Beklagten auch nicht erläutert worden, warum es besondere Schwierigkeiten bereiten sollte, eine Airbag-Schneideanlage zu fertigen, die es ermöglicht, Gewebebahnen in einer anderen Breite als üblich zu verarbeiten. Dies hätte sie daher im Rahmen ihrer allgemeinen Erklärungslast substantiiert darlegen müssen. Dies gilt umso mehr, als die Klägerin bereits im ersten Rechtszug konkret vorgetragen hat, eine Maschine zum Schneiden von Gewebebahnen mit einer Breite von ca. 3 m sei Thema von Besprechungen mit der Abnehmerin im Jahr 2013 und im Februar 2014 gewesen. In diesem Vorbringen ist aber zumindest konkludent auch die Behauptung enthalten, zur Fertigung einer solchen Maschine damals bereits in der Lage gewesen zu sein. Doch selbst wenn dies nicht zutreffend sein sollte, weil - wie die Beklagte in der Berufungsinstanz vorgetragen hat - die Klägerin ihre Airbag-Schneidemaschinen nur mit Standardabmessungen und nicht als Individualfertigungen anbietet, so lässt sich daraus nicht schließen, dass die Beklagte das einzige Unternehmen ist, das die Sonderwünsche der Abnehmerin erfüllen konnte. Daher ist mangels entgegenstehendem konkretem Sachvortrag der Beklagten davon auszugehen, dass spezialisierte Hersteller diese auch mit unterschiedlichen Bearbeitungsbreiten fertigen und liefern konnten.

(2)

Die vorstehenden Ausführungen gelten sinngemäß ebenso für den Abwickler.

Es handelte sich dabei unstreitig um eine technische Lösung, die auf dem Markt erhältlich war, und eine Airbag-Schneidemaschine mit einem solchen Bauteil hätte somit auch von Dritten angeboten werden können. Die Ausstattung der angegriffenen Ausführungsform mit einem Abwickler hatte daher keine oder höchstens eine sehr geringe Bedeutung für den Kaufentschluss der Abnehmerin.

Hinzu kommt, dass die Beklagte - wie das Landgericht bereits zu Recht ausgeführt hat - zu den angeführten Vorteilen des Abwicklers nicht substantiiert vorgetragen hat. Sie behauptet zwar pauschal eine Ersparnis von Materialwechselzeiten und eine höhere Ausbringleistung, macht dazu aber keine hinreichend konkreten Angaben, um die Relevanz dieser Vorteile für die Kaufentscheidung zuverlässig beurteilen zu können. Auch der Präsentation der Klägerin anlässlich der Besprechung im Jahr 2013 ist lediglich zu entnehmen, dass der Abnehmerin ein möglichst kurzer Zeitraum für den Materialwechsel wichtig war. Eine besondere Bedeutung des Abwicklers für den Kaufentschluss lässt sich daraus indes nicht entnehmen.

(3)

Die Fähigkeit der angegriffenen Ausführungsform, auch einlagiges Gewebeband mit hohem Durchsatz zu schneiden, hat neben der Ausstattung mit dem zweifachen Laser-Scannersystem und der Implementierung der klagepatentgemäßen Lehre keine eigenständige Bedeutung.

Dies folgt daraus, dass unstreitig auch andere Airbag-Schneidemaschinen ebenfalls grundsätzlich diese Fähigkeit besitzen, weshalb die Abnehmerin sie als selbstverständlich voraussetzt und dies daher nicht ihren Kaufentschluss zugunsten der angegriffenen Ausführungsform beeinflusst hat. Soweit die Durchsatzleistung auch beim Schneiden von Flachgewebe hoch ist, beruht dies - wie sich aus der eigenen Darstellung der Beklagten auf ihrer Internetseite ergibt (Anlage WKS 1) - einerseits auf dem zweifachen Laser-Scannersystem und andererseits auf der Fähigkeit zum "Schneiden in der Vorbeibewegung". Diese Faktoren sind indes in die Bewertung des Kausalanteils bereits einbezogen worden, weshalb eine erneute Berücksichtigung ausscheidet, zumal sie wegen der Fähigkeit anderer Airbag-Schneidemaschinen zum Schneiden von Flachgewebe insoweit auch keinen Einfluss auf den Kaufentschluss der Abnehmerin besitzen.

b)

Nach Gegenüberstellung und Abwägung aller zu berücksichtigenden Umstände, insbesondere des Abstands der klagepatentgemäßen Lehre zum marktrelevanten Stand der Technik, der Vorteile des Klagepatents gegenüber diesem Stand der Technik sowie der weiteren patentfreien Eigenschaften der angegriffenen Ausführungsform und ihrer Bedeutung für den Kaufentschluss der Abnehmerin schätzt der Senat den Kausalitätsfaktor auf 20 %.

aa)

Auch wenn die Bedeutung der (patentfrei) bereitgestellten Bearbeitungsbreite von 3,10 m für den Kaufentschluss der Abnehmerin geringer ist als vom Landgericht angenommen, bleibt insgesamt aufgrund des nicht unerheblichen Einflusses des patentgemäßen "Schneidens in der Vorbeibewegung" auf die Durchsatzleistung der angegriffenen Ausführungsform ein Kausalanteil von 20 % angemessen.

bb)

Insbesondere ist der Kausalanteil nicht etwa deswegen geringer, weil sich die Produktivität der angegriffenen Ausführungsform nach der Umrüstung auf ein "H"-Verfahren nur um 15 % - und nicht um 20 % - verringert hat.

(1)

Der Einfluss der Nutzung des Klagepatents auf die Produktivität lässt sich zwar auf diese Weise quantifizieren, da dies der einzige Faktor ist, der geändert worden ist, während Schneidesystem, Gewebebandbreite und alle übrigen Eigenschaften der angegriffenen Ausführungsform gleich geblieben sind. Gleichwohl kann die prozentuale Differenz bei der Produktivität nicht ohne weiteres auf den Kausalanteil übertragen werden, weil die Bezugsgröße für beide Werte eine andere ist. Während der Kausalanteil angibt, in welchem Umfang der mit dem Verkauf der angegriffenen Ausführungsform erzielte Gewinn auf die Patentverletzung zurückzuführen ist, gibt die Produktivitätssteigerung an, inwieweit sich die Leistung der angegriffenen Ausführungsform durch die Benutzung des Klagepatents erhöht. Wird beispielsweise die Produktivität verdoppelt, mithin um 100 % gesteigert, so bedeutet dies nicht automatisch, dass der Kaufentschluss allein auf der Implementierung der klagepatentgemäßen Lehre beruht. Beides kann somit nicht gleichgesetzt werden, wie auch deutlich wird, wenn man sich vor Augen führt, dass sich die Produktivität um mehr als 100 % erhöhen kann, während der Kausalanteil zwingend auf maximal 100 % begrenzt ist. Daher führt eine durch den "G"-Betrieb erzielte höhere Produktivität von 15 % nicht unweigerlich zu einem entsprechenden Kausalanteil.

(2)

Stattdessen ist im Wege einer wertenden Betrachtung zu ermitteln, welche Rückschlüsse die Steigerung der Produktivität auf die Bedeutung der Nutzung des Klagepatents für den Kaufentschluss der Abnehmerin zulässt.

Insofern ist einerseits zu berücksichtigen, dass eine Differenz von 15 % zu einem signifikanten Unterschied in der Anzahl der ausgeschnittenen Airbags führt. Auf der anderen Seite hat sich die Größenordnung der Durchsatzleistung nicht grundlegend verändert, weil diese hauptsächlich von der hohen Schneidgeschwindigkeit des zweifachen Laser-Scannersystems abhängt. Insgesamt ist die Fähigkeit der angegriffenen Ausführungsform zu einem "Schneiden in der Vorbeibewegung" damit zwar ein durchaus erheblicher Faktor, tritt aber gegenüber dem Gewicht des Schneidesystems deutlich zurück. Dies bestätigt der Umstand, dass die Abnehmerin tatsächlich die angegriffene Ausführungsform auf ein "H"-Verfahren umgerüstet hat, mithin offensichtlich ohne Implementierung der klagepatentgemäßen Lehre, aber mit dem zweifachen Laser-Scannersystem gleichwohl noch eine zufriedenstellende und wettbewerbsfähige Produktivität erreicht.

Nach alledem erscheint es somit angemessen, für die Nutzung der Lehre des Klagepatents einen Kausalanteil von 20 % anzusetzen.

cc)

Der Einwand der Beklagten, angemessen sei eine Lizenzgebühr von 5 % des Umsatzes, was jedoch nur einem Kausalanteil von 10 % entspreche, führt nicht zu einer davon abweichenden Beurteilung.

Eine solche Kontrollüberlegung anhand der Berechnungsmethode der Lizenzanalogie ist zwar grundsätzlich zulässig und sinnvoll, weil die verschiedenen Methoden zur Bemessung des zu leistenden Schadenersatzes der Kompensation ein und desselben, vom Schutzrechtsinhaber durch die rechtsverletzende Handlung erlittenen Schadens dienen und daher regelmäßig zu im Wesentlichen ähnlichen Ergebnissen führen sollen. Daher kann eine derartige Kontrollüberlegung die tatrichterliche Bemessung des herauszugebenden Gewinnanteils zusätzlich absichern. Dies bedeutet allerdings nicht, dass im Rahmen der Herausgabe des Verletzergewinns stets allein derjenige Kausalanteil angemessen wäre, der zu einer Schadenersatzhöhe führt, die einem angemessenen Lizenzsatz entspricht. Schließlich können schon aufgrund der jeweils der Berechnung zugrunde liegenden unterschiedlichen Parameter Abweichungen nicht ausbleiben (BGH, GRUR 2012, 1226 - Flaschenträger m. w. N.). Deswegen handelt es sich bei dem Vergleich der Schadenhöhen letztlich nicht um mehr als eine bloße Plausibilitätserwägung.

Hier liegt zwar umgerechnet die sich aus einem Kausalanteil von 20 % ergebende Lizenzgebühr von 10,4 % des Umsatzes über dem - zumindest erstinstanzlich - unstreitig angemessenen Lizenzsatz von 5 %. Sie weicht aber auch nicht so erheblich davon ab, dass die Höhe des Verletzergewinns unangemessen erscheint. Dies gilt umso mehr, als es nicht nur einen bestimmten Lizenzsatz gibt, der angemessen wäre, sondern insoweit ebenfalls ein Spielraum besteht. Insbesondere hat die Beklagte nicht vorgetragen, dass ein Lizenzsatz von mehr als 5 % auf dem in Rede stehenden Gebiet des Maschinenbaus stets überhöht sei.

Zudem ist die Kontrollüberlegung dann nicht geeignet, die vorgenommene Schätzung des Schadenersatzanspruchs auf der Grundlage des Verletzergewinns zu verifizieren, wenn über die zugrunde zu legenden Parameter für die Berechnung auf Grundlage der Lizenzanalogie, wie die Höhe des Lizenzsatzes, Streit besteht (BGH,

GRUR 2012, 1226 - Flaschenträger). Im vorliegenden Fall sind zwar diese Parameter für sich genommen nicht streitig, wohl aber die Gewinnmarge der Beklagten, die mittelbar herangezogen wird, um zu bewerten, ob eine Lizenzgebühr von 10,4 % unverhältnismäßig hoch wäre. Da die Gewinnmarge nicht feststeht und in diesem Verfahren auch nicht zu klären ist, hat die Kontrollüberlegung somit ohnehin nur eine eingeschränkte Aussagekraft und vermag insbesondere nicht eine Festlegung auf einen bestimmten Kausalanteil als einzig und allein angemessen zu rechtfertigen.

Der Schriftsatz der Klägerin vom 02.03.2019, der dem Senat in der mündlichen Verhandlung noch nicht vorgelegen hat, enthält keinen wesentlichen neuen, entscheidungserheblichen Tatsachenvortrag.

II.

Die Höhe der zu erstattenden vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten und der Zinsen, die sich aus einem Schadenersatzbetrag von 200.203,63 Euro ergeben, greifen die Parteien mit ihren Berufungen zu Recht nicht gesondert an.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO; die Anordnung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit richtet sich nach §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Es besteht keine Veranlassung, gemäß § 543 Abs. 2 S. 1 ZPO die Revision zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern.

IV.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 400.407,27 Euro festgesetzt.

Berufung der Klägerin: 300.305,45 Euro

Berufung der Beklagten: 100.101,82 Euro

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