SG Duisburg, Urteil vom 22.02.2019 - S 49 AS 2475/18
Fundstelle
openJur 2019, 27010
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • nachfolgend: Az. L 21 AS 497/19
Tenor

Die Klage wird abgewiesen. Die Beklagte trägt keine außergerichtlichen Kosten der Klägerin. Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über das Bestehen eines Kostenerstattungsanspruchs nach § 63 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch [SGB X] in Bezug auf ein Widerspruchsverfahren gegen eine vorläufige Bewilligungsentscheidung nach Ablauf des Bewilligungszeitraumes.

Mit Bescheid vom 03.08.2017 bewilligte die Beklagte der alleinstehenden Klägerin für den Zeitraum vom 01.09.2017 bis zum 28.02.2018 vorläufige Leistungen in Höhe von monatlich 642,76 EUR unter Bezugnahme auf § 41a SGB II. Die Bewilligung erfolge vorläufig für sechs Monate, da die Klägerin ab August 2017 eine Ausbildung aufgenommen habe und das tatsächliche Einkommen sowie der Lohnzufluss noch nicht bekannt seien. Insofern werde ab September 2017 ? nach Abzügen von Freibeträgen - ein geschätztes Einkommen in Höhe von 263,39 EUR leistungsmindernd auf den Gesamtbedarf der Klägerin von 906,15 EUR angerechnet. Auf die weiteren Ausführungen des Bescheides wird verwiesen.

Mit Änderungsbescheid vom 10.10.2017 hob die Beklagte den Bescheid vom 03.08.2017 auf und gewährte ? ebenfalls unter Bezugnahme auf § 41a SGB II - für den Zeitraum vom 01.11.2017 bis zum 28.02.2018 vorläufige Leistungen in Höhe von monatlich 139,76 EUR. Mit dem Bescheid werde ab November 2017 der Bezug von Berufsausbildungsbeihilfe mit monatlich 503,00 EUR leistungsmindernd berücksichtigt. Dies ergebe ein anrechenbares Gesamteinkommen von 766,39 EUR.

Am 13.11.2017 erhob die Klägerin, vertreten durch ihren Prozessbevollmächtigten, Widerspruch gegen den Änderungsbescheid vom 10.10.2017. Der Widerspruch richte sich gegen die Höhe der Freibeträge nach § 11b SGB II. Diese seien mit einer Pauschale von 100,00 EUR rechtswidrig zu niedrig angesetzt worden, weil die Klägerin der Anwendung des § 11b Abs. 2 S. 2 SGB II unterfalle. Es seien insbesondere die notwendigen Fahrten mit dem PKW entsprechend der Entfernungspauschale von 0,20 EUR pro Entfernungskilometer und die Kosten der KfZ-Haftpflichtversicherung zu berücksichtigen. Auf das Widerspruchsschreiben vom 13.11.2017 wird im Übrigen verwiesen.

Mit Änderungsbescheid vom 27.12.2017 gewährte die Beklagte der Klägerin in Folge der gesetzlichen Regelbedarfserhöhung für den Zeitraum ab dem 01.01.2018 monatliche Leistungen in Höhe von 146,92 EUR.

Mit Widerspruchsbescheid vom 25.05.2018 wies der Beklagte den Widerspruch als unzulässig zurück. Der zunächst zulässig erhobene Widerspruch sei nachträglich unzulässig geworden. Denn es werde die Entscheidung über die Rechtmäßigkeit einer vorläufigen Leistungsgewährung für einen zwischenzeitlich abgelaufenen Bewilligungszeitraum begehrt. Es fehle daher das Rechtsschutzbedürfnis, welches für einen Widerspruch erforderlich sei. Denn um das Rechtsschutzziel ? die Festlegung der Freibeträge nach § 11b SGB II in anderer Höhe ? zu erreichen, stelle der Antrag auf endgültige Festsetzung der Leistungen nach der Rechtsprechung des LSG Nordrhein-Westfalen einen einfacheren Weg dar, rückwirkend höhere Leistungen zu erhalten (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 27.06.2016 ? L 7 AS 2320/14 B). Die Klägerin könne nach § 41a Abs. 5 S. 2 SGB II die endgültige Festsetzung für den streitgegenständlichen Zeitraum beantragen. Insofern würden die Kosten des Widerspruchsverfahrens nicht nach § 63 SGB X übernommen werden.

Mit Schriftsatz vom 13.06.2018, der am 19.06.20118 beim SG Duisburg eingegangen ist, hat die Klägerin eine Klage erhoben, die sich allein gegen die Kostenentscheidung zum Widerspruchsverfahren richtet. Die Klägerin trägt vor, dass die Beklagte die Kosten des Widerspruchsverfahrens hätte tragen müssen, wenn sie innerhalb einer angemessenen Frist über den Widerspruch entschieden hätte. Es könne im Ergebnis nicht richtig sein, dass die Beklagte sich durch ein eigenes schuldhaftes Verzögern von einer Kostentragung befreien könne. Im Gegenzug würde die Klägerin mit Kosten für ein Widerspruchsverfahren belastet werden, welches sich gegen einen rechtswidrigen Bescheid gerichtet habe und insofern zulässig und begründet gewesen sei. Wenn in der Kommentarliteratur für den Fall des Versterbens eines Widerspruchsführers die Möglichkeit einer Kostentragung nach § 63 SGB X anerkannt werde (Roos, in: von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Auflage 2014, § 63 SGB X, Rn. 21), müsse auch hier die Frage geprüft werden, ob der Widerspruch Erfolg gehabt hätte, wenn die Erledigung nicht eingetreten wäre. Ein Wegfall des Rechtsschutzbedürfnisses vor Erlass des Widerspruchsverfahrens sei nicht das gleiche, wie eine andere Erledigung des Widerspruchsverfahrens. Denn bei einer anderen Erledigung ? etwa durch nachträgliche Sachverhaltsänderung ? trete diese nur in Ausnahmefällen ein, während ein Widerspruch gegen einen vorläufigen Bescheid immer mit Ende des Bewilligungszeitraumes als unzulässig zurückzuweisen wäre. Durch dieses Vorgehen würde ein beachtlicher Teil der Leistungsbewilligungen, die ca. zur Hälfte als vorläufige Bewilligungen ergehen würden, einer Überprüfung im Widerspruchsverfahren entzogen werden. Hinzu komme der besondere Aspekt, dass hier die Grundsicherungsträger durch die reine Untätigkeit steuern könnten, ob noch während des Bewilligungszeitraumes eine Entscheidung über den Widerspruch ergeht oder nicht. Eine andere Auslegung des § 63 SGB X stelle geradezu einen Anreiz für die Grundsicherungsträger dar, erst nach Ende des Bewilligungszeitraumes einen Widerspruchsbescheid zu erlassen. Ein Widerspruch gegen eine vorläufige Bescheidung sei nach der Kommentarliteratur erfolgreich, wenn während des Widerspruchsverfahrens eine Korrektur durch die endgültige Bescheidung erfolge (Roos, in: von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Auflage 2014, § 63 SGB X, Rn. 18). Auch das Bundessozialgericht habe an der Rechtmäßigkeit einer solchen Entscheidungspraxis einer Behörde bereits in der Vergangenheit Zweifel geäußert, wenn zunächst eine Widerspruchsentscheidung mit negativer Kostenfolge erginge und dann später eine korrigierende endgültige Festsetzung erfolge (BSG, Urt. v. 19.10.2011 ? B 6 KA 35/10 R). Dies sei auf die vorliegende Konstellation übertragbar. Die Beklagte sei nach § 41a Abs. 3 S. 1 SGB II auch ohne Antrag gehalten, über den Leistungsanspruch abschließend zu entscheiden, wenn der Anspruch von der vorläufigen Bewilligung abweiche. In dieser abschließenden Entscheidung sei dann eine Abhilfe zu sehen, zumal diese Entscheidung nach § 86 SGG Gegenstand des Widerspruchsverfahrens werde. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Angelegenheit und des Umstands, dass hierzu noch keine höchstrichterliche Rechtsprechung existiere, werde angeregt, die Berufung zuzulassen.

Die Klägerin beantragt mit Schriftsätzen vom 13.06.2018 und 09.11.2018,

1. die Beklagte unter Abänderung des Widerspruchsbescheides vom 25.05.2018 zu verpflichten, die außergerichtlichen Kosten der Klägerin in dem Widerspruchsverfahren zu erstatten;

2. die Berufung zuzulassen.

Der Beklagte beantragt mit Schriftsatz vom 28.06.2018,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte verweist auf ihre Ausführungen im Widerspruchsbescheid.

Mit Schriftsätzen vom 07.11.2018 und vom 09.11.2018 haben die Beteiligten gegenüber dem Gericht ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung nach § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz [SGG] jeweils ausdrücklich erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die Leistungsakte der Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand der Entscheidung waren.

Gründe

Die statthafte kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 und Alt. 2 SGG) ist zulässig aber unbegründet.

I. Das Gericht kann vorliegend ohne mündliche Verhandlung entscheiden. Die Beteiligten haben zuvor mit Schriftsätzen vom 07.11.2018 und vom 09.11.2018 jeweils ausdrücklich ihr Einverständnis zur Entscheidung ohne mündliche Verhandlung nach § 124 Abs. 2 SGG erklärt. Das Einverständnis ist vor Entscheidung ohne mündliche Verhandlung nicht widerrufen worden.

Das Gericht ist vorliegend auch nicht an der Entscheidung ohne mündliche Verhandlung gehindert, weil zwischen Erteilung des Einverständnisses und Entscheidung des Gerichts eine wesentliche Änderung der Prozesslage eingetreten wäre (vgl. hierzu: BSG, Beschl. v. 16.02.2007 ? B 6 KA 60/06 B, juris, Rn. 10 m.w.N.; BSG, Urt. v. 22.09.1977 ? 10 RV 79/76, juris, Rn. 14 ff. m.w.N.; Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl., 2017, § 124 SGG, Rn. 3f m.w.N.). Zwar ist der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung mit Schriftsatz vom 09.11.2018 erst gestellt worden nachdem die Beklagte ihr Einverständnis nach § 124 Abs. 2 SGG mit Schriftsatz 07.11.2018 bereits abgegeben hatte. Aber zum einen ist nach Zuleitung des Schriftsatzes kein ausdrücklicher Widerruf des Einverständnisses der Beklagten mehr erfolgt, wie er neben dem Eintritt einer wesentlichen Änderung der Prozesslage zusätzlich erforderlich wäre, um die eingetretene Bindungswirkung eines Einverständnisses nach § 124 Abs. 2 SGG wieder zu beseitigen (vgl. BSG, Beschl. v. 16.02.2007 ? B 6 KA 60/06 B, juris, Rn. 10; BSG, Beschl. v. 14.10.2005 ? B 11a AL 45/05 B, juris, Rn. 7). Zum anderen ist mit dem Antrag auf Berufungszulassung auch keine wesentliche Änderung der Prozesslage verbunden. Denn das Gericht hat unabhängig von dem Willen der Beteiligten ohnehin von Amts wegen über die Zulassung der Berufung zu entscheiden, so dass der diesbezügliche Antrag eines Beteiligten keine (prozessuale) Änderung / Erweiterung des Streitgegenstandes bedeutet, sondern lediglich eine unverbindliche Anregung gegenüber dem Gericht darstellt (vgl. zum Ganzen: Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Auflage 2017, § 144 SGG, Rn. 38 m.w.N.).

II. Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage nach § 54 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 und Alt. 2 SGG statthaft und auch im Übrigen zulässig.

1. Die Anfechtung des Bescheides vom 10.10.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.05.2018 ist seitens der Klägerin auf die isolierte Anfechtung der Kostenentscheidung des Widerspruchsbescheides nach § 63 SGB X beschränkt worden (§ 54 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 SGG). Eine derartige Beschränkung des Klagegegenstandes auf die Kostenentscheidung eines Widerspruchsverfahrens, ohne dass gleichzeitig auch gegen die Sachentscheidung des Widerspruchsverfahrens vorgegangen werden würde, ist möglich und zur Geltendmachung des § 63 SGB X auch notwendig. Denn mit einer (gleichzeitigen) Anfechtung der Sachentscheidung würde sich ? zugunsten der Kostenregelungen der §§ 193 ff. SGG ? die Kostenentscheidung nach § 63 SGB X erledigen, so dass ein Verstoß gegen § 63 SGB X lediglich im Rahmen einer isolierten Anfechtung der Kostenntscheidung über das Widerspruchsverfahren geltend gemacht werden kann (vgl. BSG, Urt. v. 19.10.2016 ? B 14 AS 50/15 R, juris, Rn. 13 ? "Die Klage ist abzuweisen, da die Voraussetzungen dieser Norm nicht mehr vorliegen, weil eine Kostengrundentscheidung des Beklagten nicht mehr existiert. Die im Widerspruchsbescheid vom 4.7.2012 enthaltene Kostengrundentscheidung [ ] hat sich aufgrund der Klageerhebung gegen den Widerspruchsbescheid auf sonstige Weise gemäß § 39 Abs 2 SGB X erledigt."; Straßfeld, Erstattung der anwaltlichen Vergütung für eine Tätigkeit im außergerichtlichen Verfahren durch Dritte (Teil I), SGb 2013, 326, 332 m.w.N.).

Hinsichtlich der Geltendmachung einer Kostenerstattung für die Kosten abgeschlossener Widerspruchsverfahren nach § 63 SGB X ist die (kombinierte) Leistungsklage nach § 54 Abs. 4 SGG statthaft, wenn lediglich die Höhe der zu ersetzenden Kosten streitig ist (vgl. BSG, Urt. v. 12.06.2013 ? B 14 AS 68/12 R, juris, Rn. 12; Bayerisches LSG, Urt. v. 29.01.2015 ? L 7 AS 833/14, juris, Rn. 19; Sächsisches LSG, Urt. v. 08.11.2012 ? L 3 AS 1118/11, juris, Rn. 24; LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 17.10.2013 ? L 7 AS 1139/12, juris, Rn. 33; offengelassen noch: BSG, Urt. v. 27.01.2009 ? B 7/7a AL 20/07 R, juris, Rn. 9). Sofern hingegen - wie im vorliegenden Fall - isoliert die Kostenentscheidung angefochten wird, weil jegliche Kostenübernahme seitens der Behörde abgelehnt wird, ist zur Geltendmachung des Kostenerstattungsanspruchs nach § 63 SGB X die (kombinierte) Verpflichtungsklage nach § 54 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 SGG statthaft, da insofern eine entsprechende konstitutive Kostengrundentscheidung der Behörde nach § 63 Abs. 3 SGB X herbeigeführt werden soll (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 24.04.2015 ? L 19 AS 507/15 NZB, juris, Rn. 20; Mutschler, in: Kasseler Kommentar, 92. Ergänzungsliefrung, 2016, § 63 SGB X, Rn. 32, 32b; Roos, in: von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Auflage 2014, § 63 SGB X, Rn. 38 m.w.N.; a.A. zugunsten einer reinen Leistungsklage jedenfalls bzgl. Freistellungsansprüchen: SG Detmold, Urt. v. 02.10.2014 ? S 18 AS 555/14, juris, Rn. 18).

2. Das Klageverfahren ist auch inhaltlich auf die Kostenfrage begrenzt, weil allein die Kostenentscheidung des Widerspruchsbescheides vom 25.05.2018 (isoliert) angegriffen worden ist. Die Frage, inwiefern der Widerspruch gegen den Änderungsbescheid vom 10.10.2017 hier zu Recht oder zu Unrecht als unzulässig zurückgewiesen worden ist, ist demgegenüber nicht Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens. Insofern kann das Gericht die Frage, welche Klageart hinsichtlich der Zurückweisung eines Widerspruchs als unzulässig statthaft ist (vgl. hierzu: SG Duisburg, Urt. v. 26.04.2018 ? S 49 AS 857/17, juris, Rn. 24 ff. m.w.N. zu den in diesem Zusammenhang vertretenen Ansichten), ebenso dahingestellt lassen wie die Überprüfung, ob die Rechtsprechung, nach der mit Ablauf des Bewilligungszeitraumes einer vorläufigen Leistungsbewilligung das Rechtsschutzbedürfnis für ein Klageverfahren entfällt (hierzu etwa: LSG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 27.06.2016 ? L 7 AS 2320/14 B, juris, Rn. 11 ff.; LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 25.08.2016 ? L 7 AS 1571/15, juris, Rn. 16 ff.; Sächsisches LSG, Beschl. v. 23.01.2013 ? L 7 AS 1033/12 B PKH, juris, Rn. 20 ff.; differenzierend: Aubel, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 4. Aufl. 2015, § 40, Rn. 69), auch auf das Widerspruchsverfahren entsprechend übertragbar ist.

3. Der Zulässigkeit einer isolierten Anfechtung der Kostengrundentscheidung eines Widerspruchsbescheides steht § 78 Abs. 1 SGG nicht entgegen. Auch wenn die Sach- und die Kostenentscheidung dem Grunde nach voneinander unabhängige Entscheidungen der Behörde darstellen, führt ausnahmsweise eine mit dem Abhilfe- oder Widerspruchsbescheid ergehende - auch nur teilweise - Ablehnung der Kostenerstattung unmittelbar zur Zulässigkeit einer Klage, ohne dass es eines gesonderten Vorverfahrens hinsichtlich der Kostengrundentscheidung bedürfen würde (BSG, Urt. v. 19.06.2012 ? B 4 AS 142/11 R, juris, Rn. 10; Giesbert, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 1. Aufl. 2017, § 78 SGG, Rn. 17; Straßfeld, Erstattung der anwaltlichen Vergütung für eine Tätigkeit im außergerichtlichen Verfahren durch Dritte (Teil I), SGb 2013, 326, 331).

III. Die Klage ist allerdings unbegründet, da die ablehnende Kostenentscheidung im Widerspruchsbescheid vom 25.05.2018 rechtmäßig gewesen ist und der Klägerin gegenüber der Behörde kein Anspruch nach § 63 SGB X auf Gewährung von Kostenerstattung für das Widerspruchsverfahren gegen den vorläufigen Bescheid vom 10.10.2017 zusteht.

Der Widerspruch gegen den vorläufigen Bewilligungsbescheid vom 10.10.2017 war nicht erfolgreich i.S.d. § 63 Abs. 1 S. 1 SGB X (1.). Anders als in den Fällen der Kostenerstattung für ein Klageverfahren nach §§ 193 ff. SGG ist die Kostenerstattung nach § 63 Abs. 1 S. 1 SGB X für ein Widerspruchsverfahren allgemein abzulehnen, wenn sich der angegriffene Verwaltungsakt im Laufe eines Widerspruchsverfahrens auf andere Weise erledigt (2.). Von diesem Grundsatz ist auch keine Ausnahme für den hier vorliegenden Fall anzuerkennen, dass sich der Widerspruch gegen eine vorläufige Bewilligungsentscheidung mit Ablauf des vorläufigen Bewilligungszeitraumes erledigt und der Widerspruch deshalb als unzulässig zurückgewiesen wird (3.).

1. Der Klägerin steht kein Anspruch auf Erstattung ihrer ausgerichtlichen Kosten für das Widerspruchsverfahren gegen den vorläufigen Bescheid vom 10.10.2017 nach § 63 Abs. 1 S. 1 SGB X zu. Nach § 63 Abs. 1 S. 1 SGB X hat der Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, demjenigen, der Widerspruch erhoben hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten, soweit der Widerspruch erfolgreich gewesen ist.

Ein Widerspruch ist soweit erfolgreich, wie dem Begehren des Widerspruchsführers im Verfügungssatz des Widerspruches entsprochen wird (BSG, Urt. v. 02.11.2012 ? B 4 AS 97/11 R, juris, Rn. 18 m.w.N. ? "Erfolg iS des § 63 Abs 1 S 1 SGB X hat nach der ständigen Rechtsprechung des BSG der Widerspruch dann, wenn die Behörde ihm stattgibt [ ]. Dabei ist der Erfolg oder Misserfolg eines eingelegten Widerspruchs am tatsächlichen (äußeren) Verfahrensgang der §§ 78 ff SGG zu messen. [ ]. Unerheblich ist insoweit, aus welchen Gründen der Widerspruch in der Sache Erfolg hatte."; BSG, Urt. v. 29.01.1998 ? B 12 KR 18/97 R, juris, Rn. 23 ? "Der Widerspruch ist jedoch nur dann erfolgreich iS des § 63 Abs 1 Satz 1 SGB X, wenn zwischen Rechtsbehelf und begünstigender Entscheidung der Behörde eine ursächliche Verknüpfung im Rechtssinne besteht [ ]."; LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 27.04.2015 ? L 19 AS 831/14, juris, Rn. 25; Feddern, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, § 63 SGB X, Rn. 16.1). Für einen Widerspruchserfolg ist daher zwar keine förmliche Abhilfeentscheidung nach § 85 Abs. 1 SGG notwendig; aber eine Abhilfe i.w.S. - insbesondere durch Aufhebungs- oder Änderungsbescheide - als eine Stattgabe zum Widerspruchsbegehren (vgl. BSG, Urt. v. 20.10.2010 ? B 13 R 15/10 R, juris, Rn. 30 f.; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 18.11.2016 ? L 19 AS 1993/16 NZB, juris, Rn. 20 f.; Feddern in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, § 63 SGB X, Rn. 17).

Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall nicht erfüllt. Denn das erklärte Widerspruchsbegehren der Klägerin richtete sich auf Gewährung höherer (vorläufiger) Leistungen für den Zeitraum ab November 2017 in Folge einer Anerkennung höherer Freibeträge nach § 11b Abs. 2 S. 2 SGB II. Diesem Begehren ist mit der Verwerfung des Widerspruchs als unzulässig im Widerspruchsbescheid vom 25.05.2018 in keiner Weise entsprochen worden, da die Beklagte nicht einmal in die Frage nach einer höheren Leistungsgewährung und der Berechnung der Freibeträge inhaltlich eingestiegen ist. Es blieb insofern bei der Einkommensanrechnung, wie sie in der angegriffenen Entscheidung vom 10.10.2017 verfügt worden war (vgl. Feddern in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, 2. Aufl. 2017, § 63 SGB X, Rn. 25 ? "Erledigt sich der Widerspruch auf andere Weise, nämlich wegen des im Laufe des Verfahrens weggefallenen Rechtsschutzbedürfnisses, liegt kein erfolgreicher Widerspruch vor.").

Dem Widerspruchsbegehren ist auch nicht auf andere Weise inhaltlich entsprochen worden. Die Gewährung höherer Regelbedarfe in Folge des Änderungsbescheides vom 27.12.2017 für den Zeitraum ab dem 01.01.2018 begründet keinen (Teil-) Erfolg i.S.d. § 63 Abs. 1 S. 1 SGB X. Wie bereits dargestellt, kann zwar ein Erfolg des Widerspruches auch dann gegeben sein, wenn dem Widerspruchsbegehren auf andere Weise inhaltlich - insbesondere durch den Erlass eines Abhilfebescheides (§ 85 Abs. 1 SGG) oder Änderungsbescheides - entsprochen wird, selbst wenn der Widerspruch in der Hauptsache dann als unzulässig oder unbegründet zurückzuweisen ist. Die Änderung des Regelbedarfes mit Änderungsbescheid vom 27.12.2017 war hier jedoch nur eine Umsetzung der entsprechenden Gesetzesänderung zur allgemeinen Regelbedarfserhöhung und ist in keiner Weise mit dem Widerspruchsverfahren der Klägerin inhaltlich verknüpft gewesen. Die vorgenommene Leistungserhöhung betrifft einen anderen Zeitraum, eine andere Leistungshöhe und einen vollständig anderen Änderungsansatz als von der Klägerin im Widerspruchsverfahren geltend gemacht worden ist. Insbesondere ist eine von der Klägerin begehrte Änderung der Einkommensanrechnung in Höhe eines monatlichen Gesamteinkommens von 766,39 EUR nicht erfolgt, die in dieser Form auch in dem Änderungsbescheid unverändert übernommen worden ist.

2. Inwiefern im Rahmen der Kostenerstattungsentscheidung nach § 63 SGB X allgemein zu berücksichtigen ist, ob ein inzwischen erfolgloser Widerspruch zu einem früheren Zeitpunkt erfolgsversprechend gewesen ist, wird nicht einheitlich beurteilt.

Wenn der zwischenzeitliche Wegfall der Erfolgsaussichten eines Widerspruchs ? wie hier - auf Umständen beruht, die keine inhaltliche Stattgabe des Widerspruchs bzw. Erfolg nach § 63 Abs. 1 S. 1 SGB X darstellen, ist die rechtliche Beurteilung in Bezug auf eine Kostenerstattung für das Widerspruchsverfahren umstritten (a). Die Kammer schließt in dieser Frage der wohl überwiegend vertretenen Ansicht an, wonach in diesen Fällen nicht grundsätzlich eine Kostenerstattung nach § 63 Abs. 1 S. 1 SGB X geschuldet ist (b). Insofern kann das Gericht hier auch dahingestellt lassen, inwiefern der angegriffene Ausgangsbescheid vom 10.10.2017 rechtswidrig und der dagegen erhobene Widerspruch der Klägerin ursprünglich zulässig und begründet gewesen ist.

a) Sofern sich ein Widerspruch während des laufenden Widerspruchsverfahrens ? ohne Erfolg i.S.d. § 63 Abs. 1 S. 1 SGB X - erledigt, wird teilweise vertreten, dass im Rahmen der Kostenentscheidung zum Widerspruchsverfahren immer zu berücksichtigen sei, inwiefern der Widerspruch im Zeitpunkt des erledigenden Ereignisses zulässig und begründet gewesen ist. Die Kostenentscheidung solle dann entsprechend dieser ursprünglichen Erfolgsaussichten des Widerspruchsverfahrens ausfallen, wie es auch für die Kostengrundentscheidung im Klageverfahren nach bzw. analog §§ 193 ff. SGG typisch sei (so etwa: Hessisches LSG, Urt. v. 26.09.2007 ? L 4 KA 15/07, juris, Rn. 15; Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage 2014, § 85 SGG, Rn. 7e; Eichenhofer, in: Eichenhofer/Wenner, Kommentar zum SGB I, IV und X, 2012, § 63 SGB X, Rn. 4). Diese Ansicht wird im Wesentlichen folgendermaßen begründet:

"Unabhängig von der Kausalität des Rechtsbehelfs für die Erledigung des Widerspruchsverfahrens im Sinne der Widerspruchsführerin ist aber auch stets mit der Kostengrundentscheidung bei Erledigung der Hauptsache die Frage zu prüfen, ob der Widerspruch Erfolg gehabt hätte und in diesem Fall ein Kostenerstattungsanspruch zuzubilligen wäre [ ]. Dem folgt der Senat, denn aus den zuvor genannten rechtsstaatlichen Gründen kann die Kostenlast nicht bei dem durch rechtswidriges Handeln der öffentlichen Verwaltung Betroffenen verbleiben, wenn dieser sich hiergegen durch ordentliche Rechtsbehelfe verteidigt, die nur aus Gründen, die nicht im Verhalten des Rechtsbehelfsführers begründet sind, nicht zu einem formellen Abschluss kommen. Insoweit bedarf es zur Überzeugung des Senats auch nicht einer Analogiebildung zu § 63 Abs. 1 S. 1 SGB X, weil bereits eine an der Verfassung orientierte Auslegung dieser Vorschrift zu einem solchen Ergebnis führt." (Hessisches LSG, Urt. v. 26.09.2007 ? L 4 KA 15/07, juris, Rn. 15)

Nach der wohl überwiegend vertretenen Ansicht soll demgegnüber auch dann keine Kostenerstattung für das Widerspruchsverfahren in Betracht kommen, wenn sich ein zunächst erfolgsversprechender Widerspruch zwischenzeitlich erledigt hat, ohne dass hiermit ein Erfolg i.S.d. § 63 Abs. 1 S. 1 SGB X vorliegt. Die Kostenentscheidung nach § 63 SGB X folge eigenen Grundsätzen, die keinen allgemeinen Kostenerstattungsanspruch zuließen. Vielmehr werde inhaltlich bewusst von den Kostenregelungen der §§ 193 ff. SGG abgewichen (so etwa: LSG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 04.04.2011 ? L 12 SO 654/10 B, juris, Rn. 11; Sächsisches LSG, Urt. v. 29.11.2017 ? L 7 AS 396/16, juris, Rn. 20 ff.; SG Gießen, Urt. v. 09.11.2016 ? S 25 AS 810/13, juris, Rn. 21; VG Düsseldorf, Urt. v. 21.03.2014 ? 13 K 3877/13, juris, Rn. 28; Loytved, jurisPR-SozR 4/2017 Anm. 5 m.w.N.; Feddern in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, 2. Aufl. 2017, § 63 SGB X, Rn. 7.1, 25, 33; Heße, in: BeckOK Sozialrecht, Rolfs/Giesen/Kreikebohm/Udsching, 51. Edition, Stand: 01.12.2018, § 63 SGB X, Rn. 10; Schmidt, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Auflage 2017, § 85 SGG, Rn. 7e). Eine entsprechende Auslegung hat auch die strukturgleiche Parallelvorschrift des § 80 Verwaltungsverfahrensgesetz [VwVfG] durch die Verwaltungsgerichtsbarkeit erfahren (vgl. etwa: BVerwG, Urt. v. 23.02.1982 - 7 C 72/79, juris, Rn 13 m.w.N.; BVerwG, Urt. v. 18.04.1996- 4 C 6/95, juris, Rn 14 f.; BVerwG, Urt. v. 26.03.2003 - 6 C 24/02, juris, Rn 22; VG Hannover, Urt. v. 23.09.2008 - 3 A 4599/06, juris, Rn 16; zustimmend: Kunze, in: BeckOK VwVfG, Bader/Ronellenfitsch, 42. Edition, Stand: 01.01.2019, § 80 VwVfG, Rn. 27a m.w.N.; Kallerhoff/Keller, in: Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 9. Auflage 2018, § 80 VwVfG, Rn. 5, 53 m.w.N.; a.A. wohl: Ramsauer, in: Kopp/Ramsauer, VwVfG, 17. Aufl. 2016, § 80 VwVfG, Rn. 19). Die Vertreter dieser Ansicht betonen einen eingeschränkten Regelungsinhalt der Kostenregelung des Widerspruchsverfahrens (§ 63 SGB X bzw. § 80 VwVfG] gegenüber den Kostenregelungen des Klageverfahrens (§§ 193 ff. SGG bzw. §§ 154 ff. VwGO [Verwaltungsgerichtsordnung]), welcher sich aus der jeweiligen Ausgestaltung der Regelungen ergebe:

"Entgegen der Auffassung der Beteiligten hat der Senat im Anwendungsbereich des § 63 Abs. 1 SGB X auch nicht zu prüfen, ob der Widerspruch ohne das erledigende Ereignis Erfolg gehabt hätte und deswegen ein Kostenerstattungsanspruch zuzubilligen wäre. Denn hierauf kommt es bei § 63 SGB X gerade nicht an, weil dort allein darauf abgestellt wird, ob der Widerspruch erfolgreich ist und nicht, ob er erfolgreich gewesen wäre. Dies erklärt auch, warum es sich bei Kostenentscheidungen im Rahmen des § 63 SGB X um gebundene Entscheidungen handelt, während bei Kostenentscheidungen nach § 193 SGG eine Ermessensentscheidung getroffen wird. Denn die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides soll nicht nach Abschluss des Verfahrens im anschließenden Kostenverfahren überprüft werden müssen [ ]. Soweit das HessLSG (Urteil vom 26.09.2007 - L 4 KA 15/07 - Rdnr. 15 [Juris]) die gegenteilige Position vertritt, vermag der Senat dem aufgrund des insoweit eindeutigen Wortlauts des § 63 Abs. 1 Satz SGB X sowie der dargestellten Gesetzgebungsgeschichte im Anschluss an die Ausführungen des 6. Senats des BSG nicht zu folgen. So geht im Übrigen auch die Berufung des HessLSG auf die Kommentierung von Roos (in: von Wulffen, a.a.O., § 63 Rdnr. 21) fehl, weil dieser sich für eine Inzidentprüfung der Erfolgsaussichten des Widerspruchs bei der Kostengrundentscheidung nur für den Fall ausspricht, dass der Widerspruchsführer verstirbt und sich das Widerspruchsverfahren nur deshalb erledigt. Für eine solche Ausnahmekonstellation mag dies nachvollziehbar sein, bestätigt aber eher den Regelfall, dass eine solche Prüfung eben nicht stattfindet." (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 04.04.2011 ? L 12 SO 654/10 B, juris, Rn. 11; vgl. ausführlich auch: Sächsisches LSG, Urt. v. 29.11.2017 ? L 7 AS 396/16, juris, Rn. 20 ff.)

Teilweise wird auch davon ausgegangen, dass es zwar keine allgemeine Kostenerstattungspflicht nach § 63 SGB X gebe, wenn sich ein Widerspruchsverfahren ohne einen Erfolg in der Sache selbst erledige. Aber eine Kostenerstattung sei unter Berücksichtigung der ursprünglichen Erfolgschancen des Widerspruchs zumindest in Bezug auf einzelne Sonderkonstellationen einer anderweitigen Erledigung geboten (bejahend bspw. für den Tod des Widerspruchsführers während des Widerspruchsverfahrens: Roos, in: von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Auflage 2014, § 63 SGB X, Rn. 21; offengelassen: LSG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 04.04.2011 ? L 12 SO 654/10 B, juris, Rn. 11).

Das Bundessozialgericht hat sich bislang keiner dieser Ansichten ausdrücklich angeschlossen. Aus der bisherigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts lassen sich aber Leitlinien zur Anwendung des § 63 SGB X ableiten, die aus Sicht der Kammer gegen eine Anwendung des § 63 SGB X bei anderweitiger Erledigung des Widerspruches sprechen:

- Zum Einen hat das Bundessozialgericht in mehreren Entscheidungen für eine Kostenerstattung nach § 63 SGB X entscheidungserheblich darauf abgestellt, inwiefern der Widerspruchsführer mit seinem Widerspruchsbegehren durchgedrungen ist; der Widerspruch also i.S.d. § 63 Abs. 1 S. 1 SGB X tatsächlich erfolgreich gewesen ist. Teilweise wird dabei ein zur Kostenerstattung führende Erledigung bei Durchdringen des Widerspruchsbegehrens ? als innerhalb des Verfahrens liegendes Ereignis ? ausdrücklich einer nicht zur Kostenerstattung führenden Erledigung auf andere Weise ? als außerhalb des Verfahrens liegendes Ereignis - gegenüber gestellt (vgl. etwa: BSG, Urt. v. 11.12.1985 ? 6 RKa 35/84, juris, Rn. 9; BSG, Urt. v. 08.10.1987 ? 9a RVs 10/87, juris, Rn. 9; wohl auch: BSG, Urt. v. 29.10.1987 ? 11b RAr 28/86, juris, Rn. 10). Diese Rechtsprechung scheint bei einer Erledigung des Widerspruches nur dann von einer Kostenerstattung auszugehen, falls mit der Erledigung auch eine Stattgabe des Widerspruchsbegehrens ? i.S.e. innerhalb des Verfahrens liegenden Ereignisses - verbunden ist. Für den hier streitigen Fall einer Erledigung des Widerspruchsverfahren infolge eines zwischenzeitlich entfallenen Rechtsschutzbedürfnisses (Ablauf des vorläufigen Bewilligungszeitraumes) liegt nach dieser Differenzierung jedenfalls die Annahme einer Erledigung infolge von Ereignissen nahe, die als Zeitablauf außerhalb des Verfahrens liegen.

- Zum Anderen spricht auch die bisher enge Interpretation der Kostenerstattungsregelung des § 63 Abs. 1 SGB X durch das Bundessozialgericht gegen eine Anwendung in anderen Fallgestaltungen, da eine Ausweitung auf andere Fallgestaltungen als den Erfolgsfall bislang zurückhaltend beurteilt worden ist. Veranlassungsgesichtspunkte sollen im Rahmen der Kostenentscheidung nach § 63 SGB X jedenfalls nicht zu berücksichtigen sein (vgl. BSG, Urt. v. 20.10.2010 ? B 13 R 15/10 R, juris, Rn. 32 ff., 37 ff.; BSG, Urt. v. 19.06.2012 ? B 4 AS 142/11 R, juris, Rn. 19; kritisch hierzu: Becker, in: Hauck/Noftz, SGB, 05/17, § 63 SGB X, Rn. 39).

- Schließlich hat das Bundessozialgericht in der Vergangenheit auch betont, dass die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides gerade nicht nach Abschluss des Widerspruchsverfahrens im anschließenden Kostenverfahren überprüft werden müsse. Dies erscheine auch deshalb sinnvoll, weil im Rahmen des § 63 SGB X eine gebundene Entscheidung und nicht wie bei § 193 SGG eine Ermessensentscheidung getroffen werde (BSG, Urt. v. 13.10.2010 ? B 6 KA 29/09 R, juris, Rn. 20). Diese Entscheidung wird teilweise bereits als Bekenntnis des Bundessozialgerichts zur der überwiegend vertretenen, einschränkenden Interpretation des § 63 SGB X verstanden (so etwa ausdrücklich: LSG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 04.04.2011 ? L 12 SO 654/10 B, juris, Rn. 11).

Zu diesen Grundsätzen steht auch die Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 19.10.2011, Az. B 6 KA 35/10 R nicht im Widerspruch, die von der Klägerseite zitiert worden ist. Hiernach soll eine Kostenerstattung gemäß § 63 SGB X für ein Widerspruchsverfahren gegen einen vorläufigen Rückforderungsbescheid erfolgen, welcher sich durch den zwischenzeitlichen Erlass eines für den Widerspruchsführer günstigeren endgültigen Rückforderungsbescheid erledigt hatte, mit dem der Rückforderungsbetrag der Höhe nach herabgesetzt worden ist. Nach der Ansicht des Bundessozialgerichts war dabei in der späteren endgültigen Entscheidung zugunsten des Widerspruchsführers aber auch gerade ein kausaler Erfolg seines Widerspruches gegen die vorläufige Rückforderung i.S.d. § 63 SGB X zu sehen, selbst wenn die Behörde von Anfang an vorgehabt habe, noch einen endgültigen Bescheid zu erlassen (vgl. BSG, Urt. v. 19.10.2011 ? B 6 KA 35/10 R, juris, Rn. 14 ff.). Bereits deshalb liegt in der Entscheidung keine Abweichung von dem Erfolgserfordernis eines Widerspruches für die Kostenerstattung nach § 63 SGB X begründet. Daneben unterscheidet sich die vom Bundessozialgericht entschiedene Fallkonstellation von dem hier zu beurteilenden Sachverhalt. Denn hier ist während des Widerspruchsverfahren gegen vorläufige Bewilligungsentscheidung gerade noch keine endgültige Bewilligungsentscheidung getroffen worden, welche nach § 86 SGG in das Widerspruchsverfahren einbezogen werden würde (vgl. hierzu: BSG, Urt. v. 05.07.2017 ? B 14 AS 36/16 R, juris, Rn. 16) und welche ggf. als Erfolg des Widerspruchs i.S.d. § 63 Abs. 1 SGB X interpretierbar wäre. Das Bundessozialgericht hat in der fraglichen Entscheidung sogar ausdrücklich offengelassen, ob auch bei einer anderen Entscheidungsreihenfolge - wenn also zunächst über den Widerspruch gegen vorläufigen Bescheid mit Widerspruchsbescheid entschieden worden wäre und zu einem späteren Zeitpunkt der endgültige Bescheid erlassen worden wäre - ein Kostenerstattungsanspruch nach § 63 SGB X entstanden wäre (BSG, Urt. v. 19.10.2011 ? B 6 KA 35/10 R, juris, Rn. 22 ? "Es kann offenbleiben, ob die Beklagte die Kostenfolge hätte vermeiden können, wenn sie bezogen auf den vorläufigen Bescheid einen negativen Widerspruchsbescheid und einen gesonderten Bescheid über die endgültige Festsetzung der Rückforderung erlassen hätte. Eine hypothetische Gestaltungsmöglichkeit stellt die Rechtsfolgen der tatsächlichen Gestaltung nicht in Frage. Soweit die Beklagte noch zum Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung im Jahr 2006 so vorgegangen wäre, hätten erhebliche Zweifel an der Zulässigkeit eines solchen allein zur Vermeidung von Kosten gewählten Vorgehens bestanden (vgl insoweit auch BVerwG, NJW 2009, 2968, 2969).").

b) Die Kammer schließt sich in diesem Zusammenhang der überwiegend vertretenen Ansicht an. Es ist nicht allgemein von der Möglichkeit einer Kostenerstattung nach § 63 Abs. 1 S. 1 SGB X auszugehen, wenn sich ein Widerspruch auf andere Weise erledigt, ohne dass hiermit ein Erfolg in der Sache verbunden ist.

Die Gegenansicht weist zwar zu Recht darauf hin, dass das völlige Außerachtlassen der Erfolgsaussichten des Widerspruchs bis zum erledigenden Ereignis nicht billig erscheint, den Grundsätzen einer Kostenentscheidung nach § 193 SGG widerspricht und den Bürger einer Kostentragung für ein ursprünglich berechtigtes Widerspruchsbegehren aussetzt. Diese Gesichtspunkte führen jedoch nicht dazu, dass für § 63 Abs. 1 SGB X ein anderes Auslegungsergebnis de lege lata überzeugend aus dem geltenden Gesetz begründet werden könnte.

aa) Bereits der Wortlaut des § 63 Abs. 1 S. 1 SGB X sieht eine Kostenerstattung im Widerspruchsverfahren allein für den gegenwärtigen Erfolgsfall eines Widerspruchs vor ("Soweit der Widerspruch erfolgreich ist, [ ]."). In dem Wortlaut der Vorschrift ist keine Ausnahme für den Fall angelegt, dass der Widerspruch zu einem früheren Zeitpunkt einmal erfolgreich gewesen ist bzw. hätte Erfolg haben können. Dort ist gerade keine Formulierung gewählt worden wie bspw.: "Soweit der Widerspruch erfolgreich war, [ ]." Die Auslegung, dass bei einer Abhilfe des Widerspruchsbegehrens i.w.S. ? durch Abhilfe- oder Änderungsbescheid ? noch von einem Erfolg des Widerspruchs i.S.d. § 63 Abs. 1 S. 1 SGB X auszugehen ist, erscheint mit diesem Wortlaut vereinbar. Die Annahme hingegen, dass ein Erfolgsfall auch dann vorliegen soll, obwohl dem Widerspruchsbegehren bei einer Erledigung in sonstiger Weise inhaltlich überhaupt nicht entsprochen worden ist und sich an der Situation des Widerspruchsführers nichts geändert hat, erscheint hingegen mit dem Wortlaut des Gesetzes nicht mehr vereinbar.

bb) Die Gesetzessystematik spricht ebenfalls für die hier vertretene eingeschränkte Interpretation des § 63 SGB X.

Im Vergleich mit den Vorschriften der Kostenerstattung für das Klageverfahren (§§ 193 ff. SGG) fällt auf, dass § 63 Abs. 1 S. 1 SGB X gerade keine Ermessensentscheidung über die Kostentragung vorsieht. § 63 Abs. 1 S. 1 SGB X erscheint damit bewusst enger gefasst als die Kostenerstattungsregelungen für Klageverfahren (insbesondere § 193 SGG, § 154 VwGO oder § 34a Abs. 3 BVerfGG), bei denen allgemein davon ausgegangen wird, dass auch eine Berücksichtigung von Angemessenheit, Billigkeit oder Veranlassung als entscheidungsleitende Aspekte möglich sein soll (LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 03.06.2009 ? L 8 R 203/08, juris, Rn. 29; vgl. auch: LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 18.01.2010 ? L 3 R 162/09, juris, Rn. 35 ? "Der Senat hat bereits erhebliche Zweifel, ob derartige Gesichtspunkte überhaupt geeignet sind, eine Kostenerstattungspflicht nach § 63 Abs. 1 SGB X auszulösen; denn die Frage, ob ein Leistungsträger zur Erhebung einer Klage Veranlassung gegeben hat, mag zwar im Rahmen einer Entscheidung nach § 193 Abs. 1, 2. Halbsatz SGG über die Kosten eines Gerichtsverfahrens, das nicht durch Urteil endet, Berücksichtigung finden können [ ]. Die nach dieser Vorschrift zu treffende Kostenentscheidung ergeht aber unter Heranziehung des Rechtsgedankens des § 161 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung ? VwGO ? bzw. des § 91 a Zivilprozessordnung ? ZPO ? nach billigem Ermessen und ermöglicht so die Einbeziehung aller wertungsrelevanten Umstände des Einzelfalles, also nicht nur der Erfolgsaussichten der Klage, sondern beispielsweise auch der Gründe für die Erledigung sowie einer etwaigen Veranlassung zur Klageerhebung durch den Leistungsträger. Indes ist § 63 Abs. 1 SGB X schon von seinem eindeutigen Wortlaut her auf die darin ausschließlich genannten Konstellationen begrenzt [ ]."). Dies spricht dafür § 63 SGB X enger zu interpretieren als die Kostenregelungen zum Klageverfahren.

Sofern mit § 63 Abs. 1 S. 2 SGB X gerade ein Fall normiert wird, in dem trotz eines mangelnden Erfolges des Widerspruchs in der Sache ausnahmsweise einmal eine Kostenerstattung für das Widerspruchsverfahren erfolgen soll, wenn der fragliche Verfahrensfehler zwischenzeitlich nach § 41 SGB X geheilt wird, spricht dies ebenfalls für eine restriktive Auslegung des § 63 Abs. 1 S. 1 SGB X. Denn die Ausnahmevorschrift des § 63 Abs. 1 S. 2 SGB X ist in dem Sinne eng auszulegen, dass gerade nicht davon ausgegangen werden kann, dass allgemein bereits im Rahmen des § 63 Abs. 1 S. 1 SGB X immer eine Kostenerstattung nach Angemessenheit, Billigkeit oder Veranlassung geboten wäre (LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 27.04.2015 ? L 19 AS 831/14, juris, Rn. 26 m.w.N.; vgl. allgemein zur mangelnden Ausdehnbarkeit des § 63 Abs. 1 S. 2 SGB X auf andere Fälle: Becker, in: Hauck/Noftz, SGB, 05/17, § 63 SGB X, Rn. 38 f.; Feddern, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, 2. Aufl. 2017, § 63 SGB X, Rn. 49).

Schließlich spricht auch der Vergleich mit der insofern wortlaut- und funktionsgleichen Parallelvorschrift des § 80 Abs. 1 S. 1 VwVfG gesetzessystematisch gegen eine andere Auslegung des § 63 Abs. 1 S. 1 SGB X. Denn auch nach der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung und Literatur soll für den Fall einer anderweitigen Erledigung des Widerspruchs kein Kostenerstattungsanspruch nach § 80 Abs. 1 S. 1 VwVfG entstehen (vgl. BVerwG, Urt. v. 23.02.1982 - 7 C 72/79, juris, Rn 13 m.w.N.; BVerwG, Urt. v. 18.04.1996- 4 C 6/95, juris, Rn 14 f.; BVerwG, Urt. v. 26.03.2003 - 6 C 24/02, juris, Rn 22; VG Hannover, Urt. v. 23.09.2008 - 3 A 4599/06, juris, Rn 16; Kunze, in: BeckOK VwVfG, Bader/Ronellenfitsch, 42. Edition, Stand: 01.01.2019, § 80 VwVfG, Rn. 27a m.w.N.; Kallerhoff/Keller, in: Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 9. Auflage 2018, § 80 VwVfG, Rn. 5, 53 m.w.N.). Die Rechtsprechung des Bundessozialgericht hat wiederholt für die Auslegung des § 63 SGB X auf die Auslegung des § 80 VwVfG zurückgegriffen, da § 63 SGB X dieser Vorschrift nachgebildet sei (BSG, Urt. v. 13.10.2010 ? B 6 KA 29/09 R, juris, Rn. 20). Es ist kein Grund ersichtlich, warum für § 63 Abs. 1 S. 1 SGB X gerade in der vorliegenden Frage eine abweichende Gesetzesauslegung geboten wäre, die von der Interpretation der Parallelvorschrift des § 80 VwVfG abweicht.

cc) Die Gesetzgebungsunterlagen zu § 63 SGB X stützen ebenfalls die hier vertretene enge Auslegung der Kostenerstattung. Der Gesetzgeber hatte bei der Schaffung des § 63 SGB X die ältere Parallelvorschrift des § 80 VwVfG vor Augen. Er hat sich auch bei der Ausgestaltung bewusst an dieser Vorschrift orientiert (vgl. zu § 61 des damaligen Gesetzentwurfes: BT-Drs. 8/2034, S. 36 ? "Diese Vorschrift entspricht bis auf nachfolgende Abweichungen § 80 VwVfG. In Absatz 1 ist § 80 Abs. 1 Satz 3 VwVfG wegen der Gebührenfreiheit im Sozialrecht nicht aufgenommen worden. In Absatz 2 ist eine Begrenzung der erstattungsfähigen Kosten normiert.").

Bei der Schaffung des § 80 VwVfG hatte der Gesetzgeber seinerzeit nicht das gesamte kostenrechtliche Regelungsprogramm der VwGO übernommen, sondern ? auch im Hinblick auf die Unterschiede zwischen einem Vorverfahren und einem Gerichtsverfahren ? bewusst eine andere Lösung gewählt (BT-Drs. 7/910, S. 91 f. ? "§ 162 VwGO enthält eine Regelung über die Kosten des Vorverfahrens nur für den Fall, daß im Anschluß an das Vorverfahren Klage erhoben wird. Ferner bestimmen die §§ 72 und 73 Abs. 3 VwGO nur allgemein, daß im Widerspruchsverfahren über die Kosten zu entscheiden ist. Wem die Behörde die Kosten aufzuerlegen hat, welche Aufwendungen den Beteiligten zu erstatten sind und wie der Erstattungsanspruch geltend zu machen ist, regelt die Verwaltungsgerichtsordnung dagegen nicht ausdrücklich. [ ] Der Rechtsausschuß ist bei seinem Vorschlag "von der Auffassung ausgegangen, daß die §§ 151 ff. (jetzt §§ 154 ff.) hierbei entsprechend anzuwenden sind". Nach dem Inkrafttreten der Verwaltungsgerichtsordnung ist jedoch streitig geworden, ob diese Auffassung im Gesetz genügend Ausdruck gefunden hat. Die Verwaltungspraxis hat sich bisher überwiegend gegen eine analoge Anwendung der §§ 154 ff. VwGO auf die Kasten des Widerspruchsverfahrens ausgesprochen. In der Rechtsprechung hat der Große Senat des Bundesverwaltungsgerichts in seinem Beschluß vom 1. November 1965 (BVerwGE 22, 281) entschieden, daß eine bundesrechtliche Regelung der Kosten des Widerspruchsverfahrens, wenn sich ein Rechtsstreit nicht anschließt, nicht vorliege und der VwGO insbesondere auch kein allgemeiner dem Bundesrecht angehöriger Rechtssatz über die Kostentragungspflicht bei Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes im Widerspruchsverfahren zugrunde liege. In seinem Urteil vom 30. August 1972 NJW 1973 S. 261 hat das Bundesverwaltungsgericht im Anschluß an BVerwGE 22, 281 ausgesprochen, daß auch im Falle der Ausführung von Bundesgesetzen durch Bundesbehörden die in § 72 Halbsatz 2 und § 73 Abs. 3 Satz 2 VwGO vorgeschriebene Kostenentscheidung inhaltlich nicht durch entsprechende Anwendung der §§ 154 ff. VwGO zu treffen ist. Bei dieser Rechtslage ist die Notwendigkeit einer gesetzlichen Regelung unabweisbar. [ ] Bei der Kostenentscheidung im Widerspruchsverfahren geht es ? anders als in den prozeßrechtlichen Kostenbestimmungen ? nicht um die Frage, welchem der Streitenden oder welchem Beteiligten eine über den Streitenden stehende Instanz die Kostenpflicht aufzuerlegen hat. Hier geht es vielmehr um die Frage, wie ein Bürger, der im Widerspruchsverfahren erfolgreich einen Verwaltungsakt angegriffen hat, von der Behörde, die den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, Erstattung der Kosten seiner Rechtsverteidigung erlangen kann. Hilft auf den Widerspruch hin die Behörde, die den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, dem Widerspruch ab, so hat sie selbst über die Kosten zu entscheiden. Satz 1 regelt im Verhältnis Bürger ? Behörde nur die Erstattungspflicht der Behörde. Er beschränkt sich darauf, die Behörde, deren Verwaltungsakt angefochten ist, zur Erstattung der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder (bei belastenden Verwaltungsakten) Rechtsverteidigung erforderlichen Kosten des Widerspruchsführers zu verpflichten, soweit der Widerspruch erfolgreich ist. Bei teilweisem Erfolg des Widerspruchs sind die Kosten verhältnismäßig zu teilen (§ 155 Abs. 1 VwGO). [ ] Um eine zu kasuistische Regelung zu vermeiden, sind auch besondere Bestimmungen über die Kostentragung bei falscher Rechtsmittelbelehrung oder falscher Sachbehandlung durch die Behörde nicht aufgenommen. Fälle dieser Art können weitgehend nach § 839 BGB abgewickelt werden. Es entspricht der Billigkeit, die Kosten auch dann der Behörde aufzuerlegen, wenn der Widerspruch nur deshalb keinen Erfolg hat, weil die Behörde eine unterlassene Verfahrenshandlung nach § 41 nachgeholt hat (Satz 2)."). Auf diese bewusste Einschränkung durch den Gesetzgeber hat später auch das BVerwG abgestellt, als es erstmalig entschieden hat, dass eine Kostenerstattung nach § 80 VwVfG ausgeschlossen sei, sofern sich ein Widerspruchsverfahren ohne eine Entscheidung in der Sache selbst erledige (BVerwG, Urt. v. 11.05.1981 - 6 C 121/80, juris, Rn. 11 ff.).

Es ist nicht erkennbar, dass der Gesetzgeber mit § 63 SGB X gegenüber § 80 VwVfG eine erweiterte Kostenerstattung für das Widerspruchsverfahren normieren wollte oder nun ein anderes Gesetzesverständnis bzw. Regelungsziel gehabt hätte (so auch: Loytved, jurisPR-SozR 4/2017 Anm. 5). Im Gegenteil kann in § 63 SGB X keine allgemeine Kostenerstattung hineingelesen werden, die nach dem Vorbild der Kostenregelungen für das Gerichtsverfahren (§§ 193 ff. SGG, §§ 154 ff. VwGO) erfolgen würde, wenn diese Vorstellung im Gesetzgebungsverfahren gerade abgelehnt worden ist.

dd) Auch der insofern erkennbare Sinn und Zweck der Vorschrift des § 63 SGB X spricht dafür, die Kostenentscheidung zum Widerspruchsverfahren nicht an den ursprünglichen Erfolgsaussichten des Widerspruchs auszurichten, wenn der Widerspruch keinen Erfolg in der Sache gehabt hat.

Mit § 63 Abs. 1 SGB X wird bewusst der Einfachheit der Kostenentscheidung ein Vorrang gegenüber Billigkeitsaspekten einräumt (vgl. BSG, Urt. v. 19.06.2012 - B 4 AS 142/11 R, juris, Rn. 16). Die Notwendigkeit der Prüfung eines hypothetischen Erfolges des Widerspruchs ? ebenso wie das Abstellen auf sonstige Billigkeitserwägungen ? würde diesen Grundsatz überfrachten. Die Kostenentscheidung zum Widerspruchsverfahren würde erheblich verkompliziert werden, was nach dem Willen des Gesetzgebers für das behördliche Widerspruchsverfahren nicht vorgesehen sein soll (so insgesamt auch: SG Gießen, Urt. v. 09.11.2016 ? S 25 AS 810/13, juris, Rn. 21). Die Unterschiede zwischen gerichtlichem Klageverfahren und behördlichen Widerspruchsverfahren sollen insofern zu einer Ungleichbehandlung von Klägern und Widerspruchsführern in der Frage ihrer Kostenerstattung führen (so auch: BVerwG, Urt. v. 11.05.1981 - 6 C 121/80, juris, Rn. 15 ? "Die Erledigung im gerichtlichen Verfahren und im verwaltungsbehördlichen Verfahren unterscheidet sich auch dadurch, daß im gerichtlichen Verfahren grundsätzlich für beide Parteien Gerichtskosten und außergerichtliche Aufwendungen entstehen können, während im Widerspruchsverfahren die Behörde ihre Kosten nur dann geltend machen kann, wenn ein Gesetz dies zuläßt. Insgesamt ist aus den Unterschieden zwischen dem Verwaltungsverfahren und dem gerichtlichen Verfahren in Übereinstimmung mit dem bereits erwähnten Urteil des 8. Senats des Bundesverwaltungsgerichts vom 30. August 1972 (BVerwGE 40, 313, insbesondere 317 - 319) zu entnehmen, daß die den §§ 154 ff. VwGO zugrundeliegende Interessenlage einer entsprechenden Anwendung dieser Vorschriften auf die nach den §§ 72 Halbs. 2 und 73 Abs. 3 Satz 2 VwGO zu treffende Kostenentscheidung entgegensteht. Hieran hat sich durch die in § 80 VwVfG getroffene selbständige Regelung der Kostenerstattung nichts geändert. Vielmehr muß davon ausgegangen werden, daß in dieser Vorschrift eine Erstattung von Rechtsanwaltskosten im Verwaltungsverfahren bei Erledigung in sonstiger Weise nicht vorgesehen werden sollte. Wegen Fehlens einer Gesetzeslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit ist eine Ergänzung des § 80 VwVfG im Wege einer analogen Anwendung des § 161 Abs. 2 VwGO ausgeschlossen [ ]."). Nach Ansicht der Kammer hat der Gesetzgeber bei der Schaffung der Parallelvorschrift des § 80 VwVfG das Verständnis deutlich zum Ausdruck gebracht, dass eine kasuistische Kostenregelung für den Bereich des Widerspruchsverfahrens gerade nicht gewollt ist (BT-Drs. 7/910, S. 92). § 63 SGB X muss daher als bewusste Beschränkung der Kostenerstattung des Widerspruchsführers zugunsten der Einfachheit der behördlichen Kostenentscheidung verstanden werden, wenn der Widerspruch in der Sache erfolglos geblieben ist.

Die mit § 63 SGB X intendierte Ungleichbehandlung von Klägern und Widerspruchsführern in der Frage ihrer Kostenerstattung ist auch nicht sachlich verfehlt oder als verfassungsrechtlich unzulässig abzulehnen. Sofern die Gegenansicht davon ausgeht, dass ihr abweichendes Auslegungsergebnis durch "eine an der Verfassung orientierte Auslegung dieser Vorschrift" geboten wäre (Hessisches LSG, Urt. v. 26.09.2007 ? L 4 KA 15/07, juris, Rn. 15), überzeugt diese Annahme aus mehreren Gründen nicht:

- Bereits rechtsdogmatisch ist das Vorgehen der Gegenansicht fraglich, wenn von einer Auslegung gesprochen wird. Sofern die Wortlautgrenze einer Vorschrift überschritten ist, kommt eine Anwendung lediglich unter Beachtung der Voraussetzungen einer Analogie in Betracht, was insbesondere eine planwidrige Regelungslücke des Gesetzes voraussetzt. Eine Wortlautgrenze kann dabei auch nicht einfach unter Bezugnahme auf eine angeblich verfassungskonforme oder an der Verfassung orientierte Auslegung der Vorschrift überwunden führt. Die Grenze (auch) der (verfassungskonformen) Auslegungsmöglichkeiten einer Vorschrift wird durch die Grenzen des Wortlautes sowie des Bedeutungszusammenhanges des Gesetzes bestimmt (vgl. BVerfG, Beschl. v. 16.12.2014 ? 1 BvR 2142/11, juris, Rn. 86 m.w.N. ? "Die Möglichkeit einer verfassungskonformen Auslegung endet allerdings dort, wo sie mit dem Wortlaut und dem klar erkennbaren Willen des Gesetzgebers in Widerspruch träte [ ]. Das Ergebnis einer verfassungskonformen Auslegung muss demnach nicht nur vom Wortlaut des Gesetzes gedeckt sein, sondern auch die prinzipielle Zielsetzung des Gesetzgebers wahren [ ]."; BVerfG, Beschl. v. 30.06.1964 ? 1 BvL 16/62, juris, Rn. 50; Larenz/Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 3. Auflage 1995, S. 159 ff.). Wie bereits dargestellt, erscheint der Wortlaut des § 63 SGB X nicht mehr mit dem Auslegungsergebnis der Gegenansicht vereinbar, so dass viel dafür spricht, dass die Gegenansicht rechtsdogmatisch die Ausnahmevoraussetzungen für eine Analogie darlegen müsste. Die Annahme einer solchen planwidrigen Regelungslücke ist in Bezug auf die hier zu beurteilende Problematik nicht überzeugend. Denn für eine Analogie notwendige planwidrige Regelungslücke, die allgemein als eine "planwidrige Unvollständigkeit innerhalb des positiven Rechts [ ] gemessen am Maßstab der gesamten geltenden Rechtsordnung" verstanden wird (Canaris, Feststellung von Lücken im Gesetz, 2. Aufl. 1983, S. 39), ist für die Kammer in Bezug auf § 63 Abs. 1 S. 1 SGB X nicht feststellbar. Es erscheint im Hinblick auf Entstehungsgeschichte und Gesetzessystematik nicht überzeugend vertretbar, dass § 63 SGB X durch den Gesetzgeber ? infolge eines bloßen gesetzgeberischen Versehens - planwidrig zu eng gefasst worden ist, wenn es um die Frage nach einer Kostenerstattung für anderweitige Erledigungen des Widerspruchs geht, und der Gesetzgeber eine entsprechende Kostenerstattungsregelung aufgenommen hätte, wenn er diese Regelungslücke rechtzeitig erkannt hätte. Dies gilt gleichermaßen für eine analoge Übertragung des § 63 SGB X als auch für eine Analogie zu §§ 193 ff. SGG (vgl. zur mangelnden Planwidrigkeit der Regelungslücke auch: Loytved, jurisPR-SozR 4/2017 Anm. 5 m.w.N.).

- Unabhängig davon ist auch die Annahme der Gegenseite nicht überzeugend, sofern diese scheinbar von der rechtsstaatlichen Gebotenheit der Kostenerstattung bei anderweitiger Erledigung eines Widerspruches ausgeht. So hatte das Bundesverfassungsgericht bereits vor Einführung der Kostenerstattungsregelungen nach § 80 VwVfG und § 63 SGB X zur früheren Rechtslage ausgeführt, die sogar bei einem erfolgreichen Widerspruch keine Kostenerstattung vorsah, dass diese Rechtslage verfassungsgemäß sei (BVerfG, Beschl. v. 29.10.1969 ? 1 BvR 65/68, juris, Rn. 9 ff.; Loytved, jurisPR-SozR 4/2017 Anm. 5 ? "Es mag zwar unbefriedigend sein, wenn ein Widerspruchsführer, der sich mit Aussicht auf Erfolg gegen einen Verwaltungsakt wendet, bei einer Erledigung des Widerspruchs auf andere Weise ? anders als bei einer Klage (vgl. die §§ 193 Abs. 1, 202 Satz 1 SGG i.V.m. § 91a Abs. 1 ZPO) ? keine Kostenerstattung beanspruchen kann [ ]. Ein Verstoß gegen das Grundgesetz lässt sich daraus jedoch wohl nicht herleiten (a.A. offenbar Ramsauer in: Kopp/Ramsauer, VwVfG, 17. Aufl. 2016, § 80 Rn. 19). Auf die Unterschiede zwischen einem Vorverfahren und einem Gerichtsverfahren hat in diesem Zusammenhang schon das BVerfG (BVerfG, Beschl. v. 29.10.1969 - 1 BvR 65/68 - BVerfGE 27, 175, 178 f.) abgestellt. Auch sind die Verhältnisse bei einem tatsächlich erfolgreichen Widerspruch und bei einem solchen, der sich bei Bestehen einer Erfolgsaussicht auf andere Weise erledigt, nicht gleich, so dass sich für die unterschiedliche Regelung der Kostenerstattung kein rechtfertigender Grund finden ließe.")

3. Selbst wenn ein Grundsatz abgelehnt wird, nach dem bei einer anderweitigen Erledigung des Widerspruchs eine Kostenerstattung anhand der früheren Erfolgsaussichten des Widerspruchs erfolgen solle, wird vereinzelt vertreten, dass aber zumindest in besonderen Erledigungssituationen ausnahmsweise eine Kostenerstattung nach ursprünglichen Erfolgsaussichten des Widerspruchs erfolgen solle:

"Wenn der Widerspruchsführer stirbt und nur deshalb das Widerspruchsverfahren sich erledigt, muss im Zusammenhang mit der Kostengrundentscheidung inzidenter die Frage geprüft werden, ob der Widerspruch Erfolg gehabt hätte. Wäre der Widerspruch erfolgreich gewesen, so besteht ein Kostenerstattungsanspruch." (Roos, in: von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Auflage 2014, § 63 SGB X, Rn. 21; offengelassen: LSG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 04.04.2011 ? L 12 SO 654/10 B, juris, Rn. 11).

Inwiefern diese Vorstellung überhaupt für den dort vertretenen Ausnahmefall einer möglichen Kostenerstattung für einen zwischenzeitlich verstorbenen Widerspruchsführer zu überzeugen vermag - die Kostenerstattung also insbesondere noch seinen Erben zugute kommen dürfte -, während ansonsten für denselben Widerspruchsführer im Lebendfall keine Kostenerstattung für das Widerspruchsverfahren beanspruchbar sein soll, wenn eine andere Form der Erledigung eingetreten wäre, ist fraglich. Die Kammer braucht diese Fragestellung allerdings hier nicht abschließend zu beantworten.

Denn jedenfalls für den vorliegenden Fall, dass sich der Widerspruch gegen einen vorläufigen Bewilligungsbescheid mit dem zwischenzeitlichen Ablauf des vorläufigen Bewilligungszeitraumes erledigt, ist keine Ausnahme zu dem dargestellten Grundsätzen der Kostenerstattung nach § 63 SGB X bei anderweitiger Erledigung anzuerkennen. Nach Ansicht der Kammer wird der Widerspruchsführer hierdurch nicht rechtsschutzlos gestellt.

- Sofern die Behörde zu Unrecht von einem Wegfall des Widerspruchsinteresses mit dem Ablauf des vorläufigen Bewilligungszeitraumes ausgegangen sein sollte, kann der Widerspruchsführer gegen die Sachentscheidung in einem sozialgerichtlichen Hauptsacheverfahren vorgehen und ist dabei ? auch im Hinblick auf eine vollständige Kostenerstattung seiner Auslagen ? nicht rechtsschutzlos gestellt. Diese Lösung dürfte insbesondere dann in Betracht kommen, wenn der Vorläufigkeitsvorbehalt als solcher angegriffen wird oder der Widerspruchsführer ausnahmsweise nicht auf die ? eigentlich vorrangige - Möglichkeit einer endgültigen Festsetzungsentscheidung nach § 41a Abs. 3 S. 1 Alt. 2 SGB II verwiesen werden kann (vgl. für Fallgestaltungen, in denen zumindest in einem Hauptsachverfahren trotz Ablauf des vorläufigen Bewilligungszeitraumes weiterhin ein Rechtsschutzbedürfnis für eine Klage gegen die vorläufige Bewilligungsentscheidung anzunehmen sein soll, etwa: LSG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 27.06.2016 ? L 7 AS 2320/14 B, juris, Rn. 11 a.E.; Sächsisches LSG, Beschl. v. 22.04.2013 ? L 3 AS 1310/12 B PKH, juris, Rn. 18 ff.; Aubel, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 4. Aufl. 2015, § 40, Rn. 69). Das Gericht würde dann bei einer Entscheidung über die Hauptsache auch über die Kosten des Widerspruchsverfahren mitentscheiden.

- Für den Fall hingegen, dass die Behörde zu Recht von einer zwischenzeitlichen Erledigung des Widerspruchs ausgegangen sein sollte (der Widerspruch mit dem Ablauf des vorläufigen Bewilligungszeitraumes also tatsächlich unzulässig geworden ist), kann der Widerspruchsführer ggf. analog § 131 Abs. 1 S. 3 SGG eine Fortsetzungsfeststellungsklage erheben, wenn er über ein ausreichendes Fortsetzungsfeststellungsinteresse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit der vorläufigen Leistungsbewilligung verfügen sollte. Zu dieser Lösung scheint auch das Bundessozialgericht in den Fällen einer anderweitigen Erledigung des Widerspruchsverfahrens zu tendieren (vgl. etwa: BSG, Urt. v. 14.11.2013 ? B 9 SB 5/12 R, juris, Rn. 25). Falls sich gegenüber dem Widerspruchsführer derselbe Fehler der angegriffenen vorläufigen Bewilligungsentscheidung des Grundsicherungsträgers auch in vergleichbarer Weise in anderen, zukünftigen vorläufige Bewilligungsentscheidungen nach § 41a SGB II wiederholen sollte, dürfte dies nach allgemeinen Maßstäben ein ausreichendes Fortsetzungsfeststellungsinteresse i.S.e. Wiederholungsgefahr begründen können (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.04.2013 ? L 19 AS 149/13, juris, Rn. 41; LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 31.10.2012 ? L 12 AS 691/11, juris, Rn. 17; Hengelhaupt, in: Hauck/Noftz, SGB, 08/18, § 328 SGB III, Rn. 392 ff. ? "Die Klage gegen den vorläufigen Geldleistungs-VA kann dann allenfalls als Fortsetzungsfeststellungsklage (vgl. § 99 Abs. 3 Nr. 3, § 131 Abs. 1 Satz 3 SGG) fortgeführt werden [ ]. § 131 Abs. 1 Satz 3 SGG eröffnet auch, nur hilfsweise Fortsetzungsfeststellungsklage zu erheben, wenn die/der Adressat/in den vorläufigen Geldleistungs-VA nicht als erledigt ansieht [ ]. Die Fortsetzungsfeststellungsklage ist schließlich auch dann zulässig, wenn sich der vorläufige Geldleistungs-VA bereits vor Klagerhebung erledigt hat [ ]."; vgl. allgemein zur Möglichkeit der Fortsetzungsfeststellungsklage bei erledigten Nebenbestimmungen: Burkiczak, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, 2. Aufl. 2017, § 32 SGB X, Rn. 119).

- Schließlich wird der Widerspruchsführer oftmals auch über die Untätigkeitsklage gemäß § 88 SGG nach drei Monaten eine zeitnahe Entscheidung über seinen Widerspruch gegen die vorläufige Bewilligungsentscheidung erzwingen können, bevor bereits der vorläufige Regelbewilligungszeitraum von sechs Monaten (§ 41a Abs. 3 S. 2 Nr. 1 SGB II) abgelaufen ist. Im Verpflichtungsfall nach § 88 SGG müsste der Widerspruch dann durch die Widerspruchsbehörde vollumfänglich auf einen Erfolg geprüft - und eine Kostenentscheidung nach § 63 SGB X getroffen - werden. Lediglich in den Fällen, in denen der Widerspruch ? wie hier ? erst gegen einen späteren Änderungsbescheid erhoben wird, droht realistisch eine zeitnahe Zurückweisung als unzulässig wegen mangelnden Widerspruchsinteresses bei zeitnahem Ablauf des vorläufigen Bewilligungszeitraumes bzw. ein Aussitzen der Widerspruchsentscheidung durch die Widerspruchsbehörde.

- Falls dem Widerspruchsführer bis zur Abschluss eines Hauptsacheverfahrens nicht hinnehmbare Nachteile drohen sollten, ist er auf die Möglichkeit eines einstweiligen Rechtsschutzverfahrens nach § 86b Abs. 2 SGG zu verweisen. Hierüber lassen auch zeitnah vor Ablauf eines vorläufigen Bewilligungszeitraumes noch erhebliche Fehler bei der vorläufigen Leistungsbewilligung einstweilen korrigieren.

Zwar verbleibt trotz der dargestellten Lösungsmöglichkeiten eine Restzahl von Fallkonstellationen, in denen ein Widerspruchsführer infolge des Ablaufes eines vorläufigen Bewilligungszeitraumes keine Möglichkeit mehr hat zu seinen Gunsten eine Kostenerstattung effektiv geltend zu machen, auch wenn er ursprünglich zu Recht Widerspruch gegen eine fehlerhafte vorläufige Bewilligungsentscheidung erhoben hat. Aufgrund des bereits Dargestellten, besteht jedoch kein Grund diese Konstellationen gegenüber den anderen Fällen einer anderweitigen Erledigung des Widerspruchs kostenrechtlich zu privilegieren, in denen der Widerspruchsführer gerade keine Kostenerstattung nach § 63 Abs. 1 S. 1 SGB X geltend machen kann.

IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und trägt dem Ausgang des Verfahrens Rechnung.

V. Die Berufung gegen dieses Urteil ist nicht gemäß §§ 143, 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGG zulässig, weil der dafür notwendige Berufungsstreitwert von 750,00 Euro nicht erreicht wird. Für Klagen aus Kostenerstattungsansprüchen nach § 63 SGB X findet § 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGG Anwendung, da es sich hierbei um einen auf eine Geldleistung gerichteten Verwaltungsakt handelt (vgl. BSG, Urt. v. 14.11.1984 ? 1 RJ 54/84, Rn. 10; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 18.11.2016 ? L 19 AS 1993/16 NZB, juris, Rn. 9). Hinsichtlich des Berufungsstreitwertes sind die zu erwartenden außergerichtlichen Kosten des Klägers für die Durchführung des Widerspruchsverfahrens zu berücksichtigen, so dass der Streitwert unterhalb von 750,00 EUR bleibt.

Allerdings ist nach Überzeugung der Kammer die Berufung nach § 144 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 SGG wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen. Zwar scheint das LSG Nordrhein-Westfalen in der Vergangenheit im Rahmen des § 63 SGB X eine allgemeine Prüfung der Erfolgsaussichten eines Widerspruchs bei anderweitiger Erledigung bereits abgelehnt zu haben, aber andererseits wurde die Frage ausdrücklich offengelassen, ob bzw. unter welchen Voraussetzungen hiervon Ausnahmen zulässig sein könnten (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 04.04.2011 ? L 12 SO 654/10 B, juris, Rn. 11). Die hier vorliegende Konstellation, dass sich der als unzulässig zurückgewiesene Widerspruch gegen eine vorläufige Bewilligungsentscheidung gerichtet hatte, deren Bewilligungszeitraum zwischenzeitlich abgelaufen ist, könnte eine derartige Ausnahmekonstellation für eine Kostenerstattung nach § 63 SGB X darstellen. Zu dieser Rechtsfrage ist weder den Beteiligten noch dem Gericht eine einschlägige obergerichtliche Rechtsprechung bekannt. Die für § 144 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 SGG erforderliche Breitenwirkung einer klärungsbedürftigen Rechtsfrage (vgl. hierzu: Wehrhahn, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 1. Aufl. 2017, § 144 SGG, Rn. 31 m.w.N.) ergibt sich aus der Vielzahl der Fälle, in denen die Behörde eine vorläufige Bewilligungsentscheidung trifft, für die es bei Widerspruchserhebung auf diese Rechtsfrage ankommen kann. Zudem ist gerichtsbekannt, dass auch die Anzahl der Fälle zugenommen, in denen gerade über die Fragen gestritten wird, ob der Widerspruch gegen einen vorläufigen Bewilligungsbescheid nach Ablauf des Bewilligungszeitraumes von der Widerspruchsbehörde als unzulässig zurückgewiesen werden durfte und / oder dann zumindest eine Kostenerstattung nach § 63 SGB X geschuldet ist. Allein bei der 49. Kammer des SG Duisburg sind gegenwärtig mehrere Hauptsacheverfahren verschiedener Beteiligten im Zusammenhang mit diesen Fragen anhängig.