OVG des Saarlandes, Beschluss vom 23.03.2016 - 2 A 38/16
Fundstelle
openJur 2019, 41741
  • Rkr:

1. Die Rechtsprechung des Senats zu den "Dublin-Verfahren" beziehungsweise einer dort von dem Schutzsuchenden geforderten Ausübung eines Selbsteintrittsrechts der Bundesrepublik Deutschland, dass die Rechtsfrage, ob ein Tatsachengericht die Streitsache bei Annahme einer solchen Verpflichtung spruchreif machen und "durchentscheiden" muss, bei einem Anfechtungsantrag über den prozessrechtlich allein vom jeweiligen Kläger zu bestimmenden Streitgegenstand hinausreicht, ist auf die Anfechtung so genannter "Drittstaatenbescheide" nach § 26a AsylG übertragbar.

2. Asylsuchende, die sich in diesen Fällen im gerichtlichen Verfahren auf die Anfechtung des lediglich die mit einer Abschiebungsanordnung nach § 31 Abs. 4 AsylG verbundene Feststellung der Unzulässigkeit ihres Antrags aussprechenden Bescheids beschränken, müssen sich auch in dieser Konstellation keinen weitergehenden Streitgegenstand aufdrängen lassen.

3. Auch dem Zulassungsbeschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 25.8.2015 - 1 B 34.15 - (Revisionsverfahren: 1 C 12.15) zur Klärung der Frage, ob in den Fällen, in denen ein Asylantrag vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge zu Unrecht gemäß § 27a AsylVfG als unzulässig abgelehnt worden ist, Rechtsschutz "nur" im Wege der Anfechtungsklage oder ob "auch" im Wege der auf eine Flüchtlingsanerkennung gerichteten Verpflichtungsklage zu gewähren ist, lässt sich jedenfalls keine Pflicht der Schutzsuchenden entnehmen, in derartigen Fällen zwingend eine auf die Zuerkennung gerichteten Verpflichtungsklage zu erheben.

Tenor

Der Antrag der Beklagten auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 4. Januar 2016 - 3 K 2056/14 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des gerichtskostenfreien Zulassungsverfahrens trägt die Beklagte.

Gründe

I.

Die Kläger zu 1) und 2) sind Eheleute, syrische Staatsangehörige kurdischer Volkszugehörigkeit, reisten im August 2014 mit den Klägern zu 3) bis 5), ihren gemeinsamen Kindern, in die Bundesrepublik Deutschland ein und beantragten hier im September 2014 ihre Anerkennung als Asylberechtigte.

Nachdem die Kläger zu 1) und 2) ausweislich einer Niederschrift über das persönliche Gespräch zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates zur Durchführung des Asylverfahrens (Dublin-Verfahren) unter anderem angegeben hatten, dass sie sich für zehn Monate in Bulgarien aufgehalten hätten, wurden im Oktober 2014 Übernahmeersuchen für die Kläger an die Republik Bulgarien gestellt. Daraufhin teilte diese mit, dass eine Rückübernahme auf der Grundlage der Dublin III-Verordnung nicht akzeptiert werden könne, da der Klägerin zu 2) und ihren drei Kindern am 16.12.2013 und dem Kläger zu 1) am 17.1.2014 in Bulgarien bereits subsidiärer Schutz gewährt worden sei. Deswegen müsse ein gesondertes Ersuchen für eine Zustimmung zur Wiederaufnahme an das Direktorat der bulgarischen Grenzpolizei beim Innenministerium in Sofia gerichtet werden.

Im Rahmen einer persönlichen Anhörung gab der Kläger zu 1) unter anderem an, er habe mit seiner Familie bis Februar 2013 in Damaskus, Stadtteil M..., gelebt, bevor sie sich in die Region M... begeben hätten. Er habe Politik studiert, allerdings in Syrien als zunächst staatenloser Kurde einem Berufsverbot unterlegen. Im Jahr 2011 habe er von der Gelegenheit Gebrauch gemacht, die syrische Staatsangehörigkeit zu erwerben. Später habe er "die Opposition" mit Medikamenten unterstützt, sei deswegen als "Aktivist" bekannt gewesen und vom Geheimdienst gesucht worden. Als ein Freund von ihm bei diesen "Aktivitäten" getötet worden sei, sei er weggegangen. Ende September 2013 habe er Syrien in Richtung Türkei verlassen und sei dann illegal nach Bulgarien gelangt. Dort sei er insgesamt zehn Monate geblieben, zunächst ins Gefängnis gebracht und dann gezwungen worden, Asyl zu beantragen. Anschließend sei er als Flüchtling anerkannt worden. In Bulgarien sei er von den Behörden schlecht behandelt worden und habe sich nur in einem Asylbewerberheim aufhalten dürfen. Deshalb habe er sich entschlossen, nach Deutschland zu gehen. Er hoffe, dass er hier bleiben könne und dass seine Kinder hier "ohne Angst und irgendwelche misslichen Verhältnisse" aufwachsen könnten. Mit einer Familie in Bulgarien zu leben, sei "wirklich nicht angenehm". In den Unterkünften herrschten chaotische Zustände und die Versorgung sei sehr schlecht. Die Klägerin zu 2) gab an, dass sie Syrien verlassen hätten, hänge mit der dortigen "Gesamtsituation" zusammen. Sie hätten sehr viel Angst gehabt und nach dem Weggang aus Damaskus die Familie nicht mehr "durchbringen" können. In Bulgarien seien insbesondere die hygienischen Verhältnisse sehr schlecht. Nachdem ihre Tochter, die Klägerin zu 3), erkrankt sei, hätten sie sich entschlossen, nach Deutschland zu kommen.

Im November 2014 stellte die Beklagte fest, dass den Klägern in der Bundesrepublik kein Asylrecht zustehe; gleichzeitig wurde ihre Abschiebung nach Bulgarien angeordnet.1 In der Begründung heißt es unter anderem, aufgrund der Einreise aus einem sicheren Drittstaat könnten sich die Antragsteller gemäß § 26a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG nicht mit Erfolg auf das Asylgrundrecht nach Art. 16a GG berufen. Ausnahmen im Sinne des § 26a Abs. 1 Satz 3 AsylVfG lägen nicht vor. Da ihre Asylanträge lediglich nach dem § 26a Abs. 1 AsylVfG abgelehnt würden und die Abschiebung in den sicheren Drittstaat angeordnet werde, sei nach § 31 Abs. 4 AsylVfG lediglich festzustellen, dass den Klägern kein Asylrecht zustehe. In einem solchen Fall sei grundsätzlich weder über das Vorliegen der Voraussetzungen der Zuerkennung des internationalen Schutzes noch über das Bestehen von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG zu entscheiden. Die Anordnung der Abschiebung in den sicheren Drittstaat beruhe auf § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG.

Zur Begründung ihrer dagegen im Dezember 2014 erhobenen Klage haben die Kläger geltend gemacht, eine Abschiebung nach Bulgarien könne aus humanitären Gründen nicht erfolgen. Dort gebe es anders als in Deutschland "keine hygienischen Standards", eine unzureichende medizinische Versorgung und keine Möglichkeit zur schulischen Bildung für die Kläger zu 3) bis 5). Bei der Klägerin zu 3) sei eine akute Hepatitis B Erkrankung diagnostiziert worden, die auf Anraten des Arztes in Deutschland weiter behandelt werden solle. Die Gewährung subsidiären Schutzes in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union mache ein Asylverfahren in der Bundesrepublik Deutschland nicht unzulässig. Jedenfalls sei die Dublin III-Verordnung anzuwenden, deren Fristen im vorliegenden Fall verstrichen seien.

Die Kläger haben beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 4.11.2014 aufzuheben.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat geltend gemacht, bei der Gruppe der bereits international Schutzberechtigten könne es für die Versagung einer inhaltlichen Prüfung des Antrags keine Rolle spielen, ob man Bulgarien oder andere derzeit in der entsprechenden Diskussion stehende Mitgliedstaaten nicht mehr als sichere Drittstaaten einstufen könne. Auch wenn insoweit die Ablehnung des Antrags mit Verweis auf den Art. 16a GG in Verbindung mit § 26a AsylVfG nicht statthaft wäre, bliebe der Antrag eines bereits Schutzberechtigten nach § 60 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 2 Satz 2 AufenthG "immer unzulässig". Dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge sei im Falle eines bereits in einem anderen Mitgliedstaat zuerkannten internationalen Schutzes die Durchführung eines Verfahrens untersagt. Deshalb sei der Antrag in diesem Fall nach einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 17.6.2014 - 10 C 7.13 - stets als unzulässig abzulehnen. Die Ablehnungsentscheidung müsse daher zumindest auf anderer Grundlage aufrechterhalten bleiben. Im Hinblick auf die persönliche Situation der Kläger sei allerdings beabsichtigt, die Abschiebungsanordnung in dem streitgegenständlichen Bescheid aufzuheben und ein nationales Abschiebungsverbot festzustellen.

Im Januar 2016 hat das Verwaltungsgericht der Klage entsprochen und den Bescheid der Beklagten vom 4.11.2014 aufgehoben.2 In der Begründung heißt es, die vorliegend erhobene Anfechtungsklage sei zulässig, insbesondere statthaft. Für eine auf die Durchführung des Asylverfahrens gerichtete Verpflichtungsklage fehlte bereits das Rechtsschutzbedürfnis. Das Bundesamt sei, sofern es zuständig sei, von Amts wegen verpflichtet, den Asylantrag sachlich zu prüfen. Eine Verpflichtungsklage auf Anerkennung der Kläger als Asylberechtigte, Flüchtlinge, auf Gewährung subsidiären Schutzes oder auf Feststellung nationaler Abschiebungsverbote scheide aus. Werde der Asylantrag unter Verweis auf die fehlende Zuständigkeit als unzulässig abgelehnt, habe das Bundesamt diesen in der Sache noch gar nicht geprüft. Die Prüfung der Zuständigkeit und die inhaltliche Prüfung seien unterschiedliche, voneinander getrennte Verfahren. Die Frage nach dem für die Prüfung zuständigen Mitgliedstaat sei der materiell-rechtlichen inhaltlichen Prüfung des Antrags vorgelagert. Die Verwaltungsgerichte hätten die Sache in diesen Fällen nach der Rechtsprechung auch nicht insoweit spruchreif zu machen. Dies sei auf die vorliegende Fallgestaltung der "Drittstaatenbescheide" übertragbar, obwohl die Entscheidungen auf der Grundlage der Dublin-Verordnungen ergangen seien. Der angefochtene Bescheid des Bundesamts sei auch rechtswidrig. Zwar komme eine Anerkennung als Asylberechtigter bei der Einreise aus einem sicheren Drittstaat, im konkreten Fall aus dem EU-Mitgliedstaat Bulgarien gemäß § 26a Abs. 1 Satz 1, 31 Abs. 4 AsylG (ehemals: AsylVfG) grundsätzlich nicht in Betracht und die Kläger könnten deswegen ferner grundsätzlich nicht mit Erfolg eine Flüchtlingsanerkennung, subsidiären Schutz oder eine Feststellung nationaler Abschiebungsverbote verlangen. Bulgarien sei aber nicht mehr als sicherer Drittstaat anzusehen. Daher sei entgegen der zuvor genannten Grundregel erneut in eine Prüfung der §§ 3, 4 AsylG, 60 Abs. 5 und 7 AufenthG "in Bezug auf Bulgarien einzutreten". Nach der hier maßgebenden Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sei bei der Frage, ob ein Drittstaat "sicher" sei, zu prüfen, ob "systemische Mängel" im Sinne der Urteile des Europäischen Gerichtshofs vom 21.12.2011 - C 411/10 - und vom 10.12.2013 - C 394/12 - vorlägen. Danach könne ein Asylbewerber einer Abschiebung in einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union damit entgegentreten, dass er systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in diesem Mitgliedstaat geltend mache, die ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellten, dass er tatsächlich Gefahr laufe, dort einer unmenschlichen und erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union ausgesetzt zu werden und die zugunsten des Mitgliedstaats streitende Vermutung, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem einzelnen Mitgliedstaat in Einklang mit den Erfordernissen der Charta und der Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtskonvention stehe, von daher widerlegt sei. Diese Voraussetzungen seien in Bezug auf die Republik Bulgarien gegenwärtig anzunehmen. Nach dem vorliegenden Auskunftsmaterial und einer aktuellen Stellungnahme des Auswärtigen Amtes vom August 2015 sprächen wesentliche Gründe für die beachtliche Wahrscheinlichkeit, dass es dort systemische Mängel im zuvor genannten Sinne gebe. Die Betroffenen würden der Obdachlosigkeit preisgegeben und seien praktisch ohne gesundheitliche Versorgung. Daran könnten sie wegen der nicht vorhandenen Aussicht auf Arbeit und wegen fehlender Integrationsleistungen der bulgarischen Regierung auch nichts ändern. Einer erneuten Prüfung der Voraussetzungen für einen internationalen/subsidiären Schutz durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge stehe auch nicht die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts entgegen. In dem dem von der Beklagten angeführten Urteil vom Juni 2014 zugrunde liegenden Fall seien die dortigen Kläger zuvor bereits in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union als Flüchtlinge anerkannt worden, der als sicherer Drittstaat anzusehen gewesen sei. Die Entscheidung verhalte sich aber nicht zu der hier entscheidungserheblichen Frage, ob die Gewährung internationalen/subsidiären Schutzes in einem anderen Mitgliedstaat auch dann einem Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft entgegenstehe, wenn dieser Mitgliedstaat das Konzept der normativen Vergewisserung nicht mehr erfülle, weil es dort systemische Mängel im Aufnahmeverfahren anerkannt Schutzberechtigter selbst wie auch in der faktischen Umsetzung gebe, also kein sicherer Drittstaat mehr sei. In einem solchen Fall entspreche es vielmehr verfassungsrechtlichen Grundsätzen, trotz der Drittstaatenregelung eine Zuständigkeit des Bundesamts anzunehmen. Daher sei auch die Anordnung einer Abschiebung der Kläger in dieses Land aufzuheben.

Die Beklagte hat die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil beantragt.

II.

Dem nach § 78 Abs. 2 Satz 1 AsylG statthaften Antrag der Beklagten auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 4.1.2016 - 3 K 2056/14 -, mit dem der Klage der Kläger auf Aufhebung des Bescheides vom 4.11.2014 stattgegeben wurde, kann nicht entsprochen werden. Das den Prüfungsumfang im Zulassungsverfahren begrenzende Vorbringen der Beklagten in der Antragsbegründung (§ 78 Abs. 4 Satz 4 AsylVfG) rechtfertigt die begehrte Zulassung ihres Rechtsmittels nicht. Der geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG) ist diesem Vorbringen nicht zu entnehmen.

Die von der Beklagten aufgeworfene - aus ihrer Sicht - grundsätzliche prozessuale Frage,

"ob gegen die Versagung einer inhaltlichen Asylantragsprüfung gemäß § 26a AsylG i.V.m. § 31 Abs. 4 AsylG statthaft eine Klage sein kann, die sich nur auf die Aufhebung der behördlichen Ablehnungsverfügung beschränkt, oder ob auch in dieser Konstellation eine Verpflichtungsklage zu erheben ist, die auf die mit dem Asylantrag bezweckte Schutzanerkennung zielen muss",

ist nicht in dem angestrebten Berufungsverfahren klärungsbedürftig und rechtfertigt die Zulassung des Rechtsmittels von daher nicht.

Insoweit hat der Senat - wie vom Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt - im Zusammenhang mit den so genannten "Dublin-Verfahren" beziehungsweise einer dort von dem Schutzsuchenden geforderten Ausübung eines Selbsteintrittsrechts der Bundesrepublik Deutschland entschieden, dass die Rechtsfrage, ob ein Tatsachengericht die Streitsache bei Annahme einer solchen Verpflichtung spruchreif machen und "durchentscheiden" muss, bei einem Anfechtungsantrag über den prozessrechtlich allein vom jeweiligen Kläger zu bestimmenden Streitgegenstand hinausreicht.3 Diese Grundsätze sind auf die vorliegende Fallkonstellation ohne weiteres übertragbar. Die Kläger müssen sich auch in dieser Konstellation von der Beklagten keinen weitergehenden Streitgegenstand aufdrängen lassen.4 Eines Berufungsverfahrens bedarf es dafür nicht.

Der von der Beklagten im Zulassungsantrag angeführte Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 25.8.2015 - 1 B 34.15 - rechtfertigt keine andere Betrachtungsweise. Nach der Begründung für die darin enthaltene Zulassung einer Revision sieht das Bundesverwaltungsgericht in diesem Revisionsverfahren (1 C 12.15) eine Gelegenheit zur Klärung der Frage, ob in den Fällen, in denen ein Asylantrag vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge zu Unrecht gemäß § 27a AsylVfG als unzulässig abgelehnt worden ist, Rechtsschutz "nur" im Wege der Anfechtungsklage oder ob "auch" im Wege der auf eine Flüchtlingsanerkennung gerichteten Verpflichtungsklage zu gewähren ist. Auch diese Entscheidung geht danach offensichtlich von einer entsprechenden Dispositionsbefugnis des jeweiligen Klägers (Asylsuchenden) hinsichtlich des prozessualen Streitgegenstands und damit - im Umkehrschluss - jedenfalls von seiner Befugnis zu dessen - auch im vorliegenden Fall durch die Kläger vorgenommenen - Beschränkung auf das Anfechtungsbegehren aus, was dann im Erfolgsfall dem Bundesamt erstmals eine Möglichkeit bietet, sich mit dem sachlichen Anliegen der betroffenen Asylsuchenden auseinanderzusetzen.

Welche Bedeutung hierbei der von der Beklagten weiter angeführten bloßen Absicht des Bundesamts zukommen sollte, im Rahmen eines "nationalen Asylverfahrens eine abschließende Entscheidung" zu treffen, erschließt sich nicht. Diese Intention schlägt jedenfalls dann fehl, wenn wie hier - die Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils unterstellt - eine Pflicht zur erstmaligen inhaltlichen Prüfung der Asylbegehren der Kläger besteht. Dass dieser Umstand zwingend eine Pflicht von Asylsuchenden begründet, eine Verpflichtungsklage zu erheben, um dann bei einer Entscheidung darüber erstmals im gerichtlichen Verfahren, hier gar in dem angestrebten Rechtsmittelverfahren, überhaupt eine Befassung mit den materiellen Anforderungen der geltend gemachten Ansprüche herbeizuführen, kann nicht angenommen werden. Die in dem Zusammenhang regelmäßig - so auch im Zulassungsantrag der Beklagten - unter Verweis auf eine "Konzentrations- und Beschleunigungsmaxime" angeführte Verfahrensökonomie ist nicht isoliert auf das gerichtliche Verfahren zu beziehen, sondern auf das Asylverfahren insgesamt. Die Auffassung der Beklagten führte dazu, eine nach den einschlägigen Vorschriften des Asylgesetzes zunächst dem Bundesamt obliegende Prüfung der sachlichen Voraussetzungen für die verschiedenen Schutzansprüche ohne Einschränkung und ohne entsprechende "Aufbereitung" ("Spruchreifmachung") vollständig und erstmalig in die verwaltungsgerichtlichen Verfahren zu verlagern. Vorteile unter dem Gesichtspunkt der "Verfahrensökonomie" insgesamt sind bei einer solchen Verlagerung - wenn überhaupt vorhanden - allenfalls in sehr geringem Umfang festzustellen und damit letztlich zu vernachlässigen. Die Gerichte sind für eine solche Vorgehensweise auch nicht entsprechend personalisiert. Welche Bedeutung in dem Zusammenhang dem Umstand zukommen sollte, dass es sich bei den Anerkennungsentscheidungen allgemein nicht um Ermessens-, sondern um gebundene Verwaltungsentscheidungen handelt, bleibt ebenfalls unklar. Eine abweichende Betrachtung rechtfertigt auch dieser Umstand sicher nicht. Kennzeichnendes Merkmal für diese Fallkonstellationen, sei es bei der zu Unrecht unterbliebenen Ausübung des Selbsteintrittsrechts in Dublin-Verfahren oder bei dem vorliegenden Fall, ist der Umstand, dass - vorliegend jedenfalls nach der hier zugrunde zu legenden Ansicht des Verwaltungsgerichts - sich das Bundesamt zu Unrecht jeglicher sachlichen Prüfung des Anerkennungsbegehrens der Kläger "enthalten" hat. Allein das ist entscheidend. Nach der wiedergegebenen Passage des in dem Zusammenhang von der Beklagten - ohne Fundstelle und so auch bei juris nicht recherchierbar - angeführten Urteils des OVG Koblenz vom Juli 2014 - handelte es sich auch dabei um einen Fall, in dem die dortigen Kläger, anders als vorliegend, ausdrücklich selbst gerade eine Verpflichtungsklage erhoben hatten. Deren Zulässigkeit wurde in der Entscheidung bejaht. Ob das richtig ist, mag dahinstehen.

Da sich das den Prüfungsgegenstand im Zulassungsverfahren nach dem § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG begrenzende Antragsvorbringen zur - aus Sicht der Beklagten - grundsätzlichen Bedeutung der Sache auf die zuvor angesprochene prozessuale Frage beschränkt, und die Voraussetzungen des § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG nicht vorliegen, war der Antrag zurückzuweisen. Auch für einen Zulassungsantrag der Beklagten gilt, dass allein die Ergebnisrichtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung im asylrechtlichen Zulassungsverfahren kein Kriterium darstellt. Die gegenüber dem Regelverfahren eingeschränkte und abschließende Aufzählung von Gründen für die Zulassung der Berufung in § 78 Abs. 3 Nr. 1 bis Nr. 3 AsylG macht deutlich, dass der Gesetzgeber den gerichtlichen Rechtsschutz in Asylverfahren regelmäßig auf eine Instanz beschränkt hat. Ob die mit dem Zulassungsantrag nicht angegriffenen Feststellungen im erstinstanzlichen Urteil des Verwaltungsgerichts zur Frage der Eigenschaft Bulgariens als "sicherer Drittstaat" beziehungsweise die auf der Grundlage angeführter übernationaler Rechtsprechung angenommenen grundlegenden Defizite bei der Behandlung von Asylsuchenden in diesem Land und etwaige Auswirkungen auf die Zulässigkeit (weiterer) Asylanträge in Deutschland im Ergebnis richtig sind, spielt daher hier keine Rolle.

Von einer weiteren Begründung des Nichtzulassungsbeschlusses wird abgesehen (§ 78 Abs. 5 Satz 1 AsylG).

Für eine Entscheidung über das Prozesskostenhilfegesuch der Kläger besteht bei diesem Ausgang des Verfahrens keine Veranlassung.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 2 VwGO, 83b AsylG. Der Gegenstandswert des Verfahrens ergibt sich aus dem § 30 Abs. 1 RVG.

Der Beschluss ist unanfechtbar.

Fussnoten

1 vgl. den Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 4.11.2014 - 5815112-475 -.

2 vgl. das Urteil vom 4.1.2016 - 3 K 2056/14 -.

3 vgl. in diesem Zusammenhang auch BVerwG, Urteil vom 27.10.2015 - 1 C 32.14 -, DÖV 2016, 227, wonach die Anfechtungsklage die allein statthafte Klageart ist, wenn ein Asylbewerber die Aufhebung einer Entscheidung über die Unzuständigkeit Deutschlands für die Prüfung seines Asylantrags nach den unionsrechtlichen Regelungen der Dublin II-Verordnung begehrt.

4 vgl. dazu beispielsweise OVG des Saarlandes, Beschluss vom 12.9.2014 - 2 A 191/14 -, bei juris.