LG Arnsberg, Urteil vom 29.10.2018 - 4 O 329/18
Fundstelle
openJur 2019, 26755
  • Rkr:
Tenor

Der Antrag vom 27.09.2018 auf Erlass eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontopfändung wird abgelehnt.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsteller.

Der Verfahrenswert wird auf 13.450,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Mit Antrag vom 27.09.2018 beantragte der Gläubiger den Erlass eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontopfändung sowie die Einholung von Konteninformationen. Hintergrund war das durch das Landgericht Arnsberg erlassene Anerkenntnis-Vorbehaltsurteil vom 14.03.2018, in dem der Schuldner zur Zahlung von 40.347,70 ERU nebst Zinsen an den Gläubiger verurteilt wurde. Ausweislich der Vermögensauskunft des Schuldners vom 30.08.2018 verfügt der Schuldner über ein Kreditkartenkonto bei der F1 in O. Mit Antrag vom 26.09.2018 auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses hat der Gläubiger die Kontopfändung des Kontos bei der F2 sowie die Pfändung des Gehaltes bei dem Arbeitgeber des Schuldners beantragt.

Der Gläubiger ist der Auffassung, dass eine Gefahr der Vollstreckungsvereitelung oder -erschwerung gegeben sei. Mit der Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses werde der Schuldner über die Pfändung informiert. Daher sei die Gefahr gegeben, dass er sein Vermögen auf das P Konto zur Seite schaffe, um zu vermeiden, dass auch dieses Vermögen gepfändet werde. Ohne den Erlass eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontopfändung sei es für den Gläubiger erheblich erschwert auf das P Konto zuzugreifen. An die Voraussetzung der Gefahr zur Vollstreckungsvereitelung oder -erschwerung seien zudem keine hohen Anforderungen zu stellen, da ansonsten der Zweck der EuKoPfVO nicht erreicht werden könne.

Hinsichtlich des Antrages auf Einholung von Konteninformationen sei zumindest nicht ausgeschlossen, dass auch weitere Konten in O geführt werden.

II.

Der zulässige Antrag auf Erlass eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung sowie zur Einholung von Konteninformationen hat in der Sache keinen Erfolg.

Die von dem Gläubiger vorgetragenen Gründe haben die Kammer nicht zu der Annahme veranlasst, dass eine tatsächliche Gefahr der Vollstreckungsvereitelung oder -erschwerung gegeben ist. Gemäß Artikel 7 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 655/2014 (EuKoPfVO) erlässt das Gericht einen Beschluss zur vorläufigen Pfändung, wenn der Gläubiger hinreichende Beweismittel vorgelegt hat, die das Gericht zu der berechtigten Annahme veranlassen, dass eine Sicherungsmaßnahme in Form eines Beschlusses zur vorläufigen Pfändung dringend erforderlich ist, weil eine tatsächliche Gefahr besteht, dass ohne diese Maßnahme die spätere Vollstreckung der Forderung des Gläubigers gegenüber dem Schuldner unmöglich oder sehr erschwert wird. Es muss also eine dringende Erforderlichkeit aufgrund einer tatsächlichen Gefahr der Vollstreckungsvereitelung oder -erschwerung gegeben sein. Für eine Vollstreckungsvereitelung oder -erschwerung müssen konkrete Anzeichen und nicht bloß typische abstrakte Gefahrenlagen vorliegen (Hilbig-Lugani in: Münchener Kommentar zur ZPO, 5. Aufl. 2017, EuKoPfVO Art. 7 Rn. 7). Allein das Bestehen eines ausländischen Kontos reichten nach Auffassung der Kammer hierfür nicht aus. Auch die abstrakte Gefahr, dass der Schuldner nach der Zustellung durch den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss gewarnt sein könnte, führt nicht zum Vorliegen der Voraussetzungen des Artikel 7 EuKoPfVO. Es sind bisher keine konkreten Anzeichen für die Gefahr der Vollstreckungsvereitelung ersichtlich. So ist es letztlich auch nicht ausreichend, wenn der Schuldner sein Kontoguthaben von einem Mitgliedstaat in den anderen transferiert. Erforderlich ist vielmehr ein Aufbrauchen, Vernichten oder Veräußern in unüblichen Maße (vgl. Hilbig-Lugani in: Münchener Kommentar zur ZPO, 5. Aufl. 2017, EuKoPfVO Art. 7 Rn. 8).

Auch der Antrag auf Einholung von Konteninformationen gemäß Artikel 14 Abs. 1 EuKoPfVO hat keinen Erfolg. Die Befürchtung, dass der Schuldner noch weitere Konten in O unterhält, reicht nicht aus, um den Anspruch zu begründen. Artikel 14 EuKoPfVO setzt vielmehr voraus, dass für den Gläubiger ein Grund zu der Annahme besteht, dass der Schuldner ein oder mehrere Konten bei einer Bank in einem bestimmten Mitgliedstaat unterhält und weder der Name, noch die Anschrift, noch die IBAN oder BIC oder eine andere Banknummer bekannt sind. Um eine allgemeine Ausforschung zu vermeiden, muss diese Annahme von dem Gläubiger gebührend begründet werden (Hilbig-Lugani in: Münchener Kommentar zur ZPO, 5. Aufl. 2017, EuKoPfVO Art. 14 Rn. 4). Vorliegend gab der Gläubiger an, dass aufgrund des Vorliegens des einen bekannten Kontos in O befürchtet werden müsse, dass es noch weitere Konten in O gebe. Diese Begründung ist nach Auffassung der Kammer zu pauschal. Nähere Anhaltspunkte werden gerade nicht genannt. Das Stattgeben des Antrages würde in diesem Fall vielmehr zu einer allgemeinen Ausforschung führen und damit nicht mehr von dem Zweck der Verordnung gedeckt sein.

Die Wertfestsetzung beruht auf §§ 1 Abs. 3, 53 Abs. 1 Nr. 1 GKG i.V.m. § 3 ZPO.

Rechtsbehelfsbelehrung:

Gegen diesen Beschluss ist das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben. Sie steht jedem zu, dessen Rechte durch den Beschluss beeinträchtigt sind. Die sofortige Beschwerde ist bei dem Beschwerdegericht, Oberlandesgericht Hamm, Heßlerstr. 53, 59065 Hamm, schriftlich in deutscher Sprache oder zur Niederschrift der Geschäftsstelle einzulegen. Die Beschwerde kann auch zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichtes abgegeben werden.

Die sofortige Beschwerde muss spätestens innerhalb von 30 Tagen bei dem Oberlandesgericht Hamm eingegangen sein. Dies gilt auch dann, wenn die Beschwerde zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines anderen Amtsgerichtes abgegeben wurde. Die Frist beginnt mit der Zustellung des Beschlusses, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach Erlass des Beschlusses. Fällt das Ende der Frist auf einen Sonntag, einen allgemeinen Feiertag oder Sonnabend, so endet die Frist mit Ablauf des nächsten Werktages.

Die sofortige Beschwerde muss die Bezeichnung des angefochtenen Beschlusses sowie die Erklärung enthalten, dass sofortige Beschwerde gegen diesen Beschluss eingelegt wird. Sie ist zu unterzeichnen und soll begründet werden.

Hinweis zum elektronischen Rechtsverkehr:

Die Einlegung ist auch durch Übertragung eines elektronischen Dokuments an die elektronische Poststelle des Gerichts möglich. Das elektronische Dokument muss für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet und mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gemäß § 130a ZPO nach näherer Maßgabe der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (BGBl. 2017 I, S. 3803) eingereicht werden. Weitere Informationen erhalten Sie auf der Internetseite www.justiz.de.

Zitate0
Zitiert0
Referenzen0
Schlagworte