LG Krefeld, Urteil vom 07.02.2018 - 7 O 198/17
Fundstelle
openJur 2019, 26709
  • Rkr:
Tenor

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung vom 06.12.2017 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten der Nebenintervenientin werden dem Verfügungskläger auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Verfügungskläger kann die Vollstreckung gegen sich durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn die Verfügungsbeklagte nicht zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Parteien streiten im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes über das Recht der Verfügungsbeklagten zum Zugriff und zur Auswertung von Daten auf verschiedenen sichergestellten Datenträgern.

Die Verfügungsbeklagte ist ein sogenannter Spezialglühbetrieb mit Sitz in L, der als spezialisiertes Metall-Unternehmen Zubehör für die Herstellung von Röhren produziert. Sie sowie bestimmte verbundene Unternehmen sind zu Beginn des Jahres 2017 von dem amerikanischen Großinvestor XC übernommen worden. Sie ist eine hundertprozentige Tochtergesellschaft der HTT GmbH mit Sitz in L. Letztere wiederum ist eine mittelbare Tochtergesellschaft der KL Corp. mit Sitz in den USA, der Nebenintervenientin.

Der Verfügungskläger ist einer der ehemaligen Geschäftsführer der Verfügungsbeklagten. Er wurde zum 30.10.2017 abberufen; die Abberufung wurde am 02.11.2017 in das Handelsregister eingetragen.

Bei der Verfügungsbeklagten gab es eine Arbeitsanweisung an die Mitarbeiter vom 12.08.2009, nach der die Privatnutzung von E-Mail und Internet durch Mitarbeiter verboten wurde.

Im Zeitraum von März bis Mai 2017 waren U.S.-amerikanische Mitarbeiter der KL-Unternehmensgruppe vor Ort bei der Verfügungsbeklagten tätig und haben Datensicherungsbänder in Besitz genommen.

Am 06.09.2017 fand auf Veranlassung der HTT GmbH eine "interne Überprüfung" bei der Verfügungsbeklagten statt. Mit der Durchführung dieser Überprüfung wurde die C & N. E. F. GmbH (nachfolgend "C.") beauftragt. Die Angestellten der Verfügungsbeklagten wurden darüber informiert, dass die C. mit der Durchführung "diverser abrechnungsbezogener Prüfungen bei der T-Unternehmensgruppe" beauftragt worden sei. Die Angestellten wurden zur Kooperation mit C. sowie Mitarbeitern aus der Unternehmensgruppe der HTT GmbH - namentlich Herrn E. U. (Vice President Finance, Strategy and Administration bei der KL A Group) und T. G (Controller bei der KL B Group) - aufgefordert. Des Weiteren wurden die Angestellten ausdrücklich aufgefordert, firmeneigene Computer, Telefone und andere elektronische Geräte an C. auszuhändigen.

Im Rahmen dieser Maßnahme stellte C. zahlreiche Festplatten, Laptops, Handys und andere Datenträger, die die Verfügungsbeklagte ihren Mitarbeitern als Arbeitsmittel zur Verfügung gestellt hatte, sicher.

Auch der Laptop und das Mobiltelefon des Verfügungsklägers wurden an C. herausgegeben. Auf diesen Geräten befinden sich private Daten, u.a. private Bilder und auch Kontoauszüge von Privatkunden sowie private E-Mail-Korrespondenz. Ebenfalls am 06.09.2017 wurde vom Mail- und Datenbank-Server der Verfügungsbeklagten eine Datensicherung vorgenommen und insgesamt sechs Bandspeicher ("backup copies") erstellt. Auch auf diesen Speichermedien befinden sich private Daten des Verfügungsklägers.

Durch die HTT GmbH wurde kommuniziert, dass eine Auswertung der Speichermedien erfolgen und diese auch die geführte E-Mail-Korrespondenz der Mitarbeiter umfassen soll. Diese Maßnahmen wurden von den neuen, nach der Übernahme bestellten Geschäftsführern K. U. und T. N. O. unterstützt. Die beiden zu diesem Zeitpunkt noch benannten Geschäftsführer, der Verfügungskläger und Herr G., meldeten jedoch Bedenken an dem geplanten Vorgehen und der Reichweite der Untersuchungen an. Schließlich einigten sich die Geschäftsführer auf den Kompromiss, wonach die sichergestellten Geräte und Bandspeicher zunächst bei dem Düsseldorfer Notar Dr. W. hinterlegt werden sollten. Der vorgenannte Notar wurde noch am 06.09.2017 von der Verfügungsbeklagten und der HTT GmbH in einer zu diesem Zweck geschlossenen Hinterlegungsanweisung angewiesen, die Geräte und Bandspeicher entsprechend zu verwahren.

Um Klarheit über die rechtliche Situation zu schaffen, wandten sich die alten Geschäftsführer der Verfügungsbeklagten mit der Frage der Zulässigkeit der Datenauswertung an den externen Datenschutzbeauftragten der Verfügungsbeklagten. Der Datenschutzbeauftragte teilte mit, dass er das ihm vorgetragene Vorgehen für datenschutzrechtlich nicht zulässig erachte. Diese Einschätzung sandte er auf Veranlassung der alten Geschäftsführer mit E-Mail vom 11.09.2017 an die zuständige Datenschutzbehörde in NRW, den Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit Nordrhein-Westfalen ("LDI"), und bat um rechtliche Klärung.

Unter dem 21.09.2017 gab der externe Datenschutzbeauftragte auf Bitte des Herrn G. eine ausführliche Stellungnahme hinsichtlich des von ihm zu beurteilenden Sachverhalts ab. Auch das LDI hielt eine Auswertung und Übermittlung der Daten zu Compliance-Zwecken für unzulässig. Diese Stellungnahmen wurden den neu eingesetzten Geschäftsführern zur Kenntnisnahme überlassen.

Hiernach wurde am Nachmittag des 21.09.2017 die Verwahrungsfrist für die sichergestellten Geräte und Bandspeicher beim Notar bis zum 06.10.2017 verlängert.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 25.09.2017 forderte u.a. der Verfügungskläger die Verfügungsbeklagte auf, bis zum 27.09.2017, 12:00 Uhr, zu versichern, dass sie auf keinen Fall auf private Daten zugreifen und diese auswerten werde und die Daten zu diesem Zweck auch nicht an Dritte übermitteln werde.

Am 27.09.2017 erklärte der anwaltliche Vertreter der Verfügungsbeklagten, dass weder die Verfügungsbeklagte noch die HTT GmbH "die Absicht hätten", private Daten der Verfügungskläger "unrechtmäßig auszuwerten" Mit Schreiben vom 29.09.2017 hat die Verfügungsbeklagte dies nochmals wiederholt und um Unterzeichnung einer geänderten Freigabeerklärung dergestalt gebeten, dass die Herausgabe der hinterlegten Medien nicht mehr an die HTT GmbH erfolgen solle (AS 10, 11 und 13).

Auf die wiederholte Aufforderung des Verfügungsklägers zur Unterlassungserklärung sowie Löschungsaufforderung gegenüber der Verfügungsbeklagten erklärte diese mit anwaltlichem Schreiben vom 05.10.2017 (Anlage AS 15) noch einmal, kein Interesse an den privaten Daten des Verfügungsklägers zu haben und nicht unrechtmäßig auf private Daten zuzugreifen. Darüber hinaus hat die Verfügungsbeklagte u.a. dem Verfügungskläger einen Vorschlag zur datenschutzrechtskonformen Löschung der privaten Daten unterbreitet, der auch mit dem Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit Nordrhein-Westfalen abgestimmt werden sollte.

In einem Schreiben vom 13.11.2017 hat der Notar Dr. W. gegenüber dem Verfügungskläger bestätigt, dass die bei ihm hinterlegten streitgegenständlichen Gegenstände an Frau J. T., die Personalleiterin der Verfügungsbeklagten, übergeben worden seien.

Der Verfügungskläger vertritt die Ansicht, es stünde ihm ein Unterlassungsanspruch gemäß § 44 Abs. 1 TKG sowie §§ 823, 1004 BGB zu. Durch den Zugriff auf private E-Mail-Korrespondenz würde die Verfügungsbeklagte gegen das Fernmeldegeheimnis gemäß § 88 TKG verstoßen. Für den sonstigen Zugriff auf die auf den sichergestellten Geräten und Bandspeichern gespeicherten Daten des Verfügungsklägers und deren Auswertung bestünde keine datenschutzrechtliche Rechtsgrundlage.

Zwar sei schriftlich ein Verbot der privaten Nutzung der geschäftlichen E-Mail-Accounts erteilt worden, mündlich sei den Mitarbeitern jedoch mitgeteilt worden, dass diese Arbeitsanweisung für sie nicht bzw. nicht vollumfänglich bindend sei bzw. "weiter wie bisher" verfahren werden könne. Überdies habe es eine bestehende Praxis der Duldung der Privatnutzung gegeben und die Einhaltung des Verbotes der Privatnutzung bei der Verfügungsbeklagten sei nicht überprüft worden.

Die bisherige Einlassung der Verfügungsbeklagten, sie hätte nie "die Absicht" gehabt, private Daten des Antragstellers "unrechtmäßig auszuwerten", sei nicht geeignet, eine drohende Rechtsverletzung verbindlich auszuschließen.

Er, der Verfügungskläger, hätte Informationen dazu, dass die Verfügungsbeklagte Festplatten aus den sichergestellten und an sie wieder zurückgegebenen Geräten ausgebaut habe. Zudem habe die Verfügungsbeklagte eine ältere Bandsicherung vom 18.08.2017 wiederhergestellt. Mit der Wiederherstellung habe die Nebenintervenientin die Firma U. beauftragt. Diese sei auch mit der Wiederherstellung der Mailbox u.a. des Verfügungsklägers beauftragt worden. Ferner sei berichtet worden, dass nach Rückgabe der Geräte erneut ein Mitarbeiter von C. vor Ort bei der Verfügungsbeklagten gewesen sei. Allein die Einbeziehung dieses Mitarbeiters lasse sich nicht anders erklären, als dass die Verfügungsbeklagte konkrete Auswertungsmaßnahmen plane. Schließlich sei bekannt geworden, dass ein IT-Mitarbeiter der Verfügungsbeklagten vorübergehend mit dem Verweis auf die derzeitig stattfindenden Sicherungsmaßnahmen im Unternehmen vom 20.11. bis 24.11.2017 schriftlich freigestellt worden sei. Offenbar fürchte die Verfügungsbeklagte, dass die Details dieser angeblichen Sicherungsmaßnahmen bekannt würden.

Bei den US-Unternehmen der T--Gruppe sei auch bereits eine detaillierte Auswertung der E-Mails bis zurück in das Jahr 2012 erfolgt.

Die auf den sichergestellten Datenträgern befindlichen Daten seien nicht direkt als private Daten zu erkennen. Aus den Betreffzeilen und den Empfängern von E-Mails ergebe sich nicht der private Charakter der Kommunikation. Gleiches gelte für Dateien mit privaten Inhalten, die sich nicht allein aus dem Dateinamen ableiten ließen. Jede Form der Auswertung beinhalte daher einen Zugriff auf private Daten des Verfügungsklägers.

Zum Verfügungsgrund hat der Verfügungskläger ausgeführt, dass durch die Herausgabe der streitgegenständlichen Speichermedien von dem Notar an die Verfügungsbeklagte der Zugriff auf die privaten Daten unmittelbar drohe.

Der Verfügungskläger beantragt im Wege der einstweiligen Verfügung:

Der Antragsgegnerin wird es

bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes in Höhe von bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, oder der Ordnungshaft bis zu 6 Monaten untersagt, ohne Zustimmung des Antragstellers,

private Daten des Antragstellers auszuwerten oder auswerten zu lassen und auf private Daten des Antragstellers zuzugreifen oder zugreifen zu lassen, die auf den Datenspeichern oder Kopien der Datenspeicher folgender, von dem Notar Dr. W. am 13 November 2017 an die Antragsgegnerin zu Händen von Frau J. T. übergebenen Gegenständen

- dientliches Laptop des Antragstellers, Lenovo X1 Carbon,

- dientliches Mobiltelefon des Antragstellers, iPhone 6s,

- insgesamt sechs LTO 7-Bandspeicher ("backup tapes"),

oder anderen Bandsicherungen des Mail- und Datenbankservers der Antragsgegnerin oder Kopien dieser Bandsicherungen abrufbar sind, und

dabei insbesondere private Korrespondenz und private E-Mails des Antragstellers auszuwerten oder auswerten zu lassen bzw. auf diese zuzugreifen oder zugreifen zu lassen, sowie

die privaten Daten des Antragstellers zu den vorgenannten Zwecken an Dritte zu übermitteln.

Die Verfügungsbeklagte beantragt,

den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung vom 06.12.2017 zurückzuweisen.

Sie behauptet, im Rahmen der Integration der Verfügungsbeklagten in den KL-Konzern seien insbesondere im Hinblick auf die Buchhaltung der Verfügungsbeklagten Ungereimtheiten und Lücken aufgefallen. So seien Umsätze und Gewinne, die wahrscheinlich in Deutschland angefallen seien, den Bilanzen der US-Gesellschaft innerhalb der T-Gruppe zugeordnet worden. Soweit Belege zu diesen Geschäften existierten, sei fraglich, ob diese jeweils echt seien. Ferner seien einige Forderungen von Gesellschaften innerhalb der T-Gruppe gegen Drittkunden nicht an die Verfügungsbeklagte oder andere jeweilig betroffene Gesellschaften der T-Gruppe, sondern stattdessen in unrechtmäßiger Weise an verschiedene Unternehmen, die gesondert der Familie T. gehörten, gezahlt worden. Diese Vorgänge hätten wesentlichen Einfluss auf die Richtigkeit der veröffentlichten Bilanzen und Steuererstattungen der T.-Gruppe. Außerdem hätten sich auch Unregelmäßigkeiten und Lücken in den Prozessen der Verfügungsbeklagten zur Zertifizierung der Produktqualität der Rohrprodukte, die an Drittkunden verkauft werden, herausgestellt. Insbesondere scheine es so, dass gewisse Testresultate verändert worden seien, um den Anschein zu erwecken, dass sie von einem unabhängigen Testunternehmen erstellt worden seien. Tatsächlich bestreite aber dieses Unternehmen, solche Untersuchungen durchgeführt zu haben. Es sei davon auszugehen, dass der Verfügungskläger als vorheriger Geschäftsführer der Verfügungsbeklagten Kenntnis von diesen Vorfällen gehabt hätte. Entsprechende Rückfragen und Aufklärungsversuche insbesondere der HTT GmbH seien unbeantwortet geblieben.

Der Verfügungsantrag sei bereits unzulässig, weil er nicht hinreichend bestimmt genug sei. Aus dem Antrag gehe weder hervor, welche konkrete Zeitspanne der Unterlassungsanspruch abdecken solle, noch ein spezifisches Enddatum der beantragten Unterlassung. Zudem sei der Begriff der privaten Daten nicht hinreichend bestimmt. Aufgrund des Antrags lasse sich nicht klar bestimmen, wo die Grenzen dieser privaten Daten verliefen.

Zudem bestünde kein Rechtsschutzbedürfnis. Es sei unstreitig, dass die Verfügungsbeklagte berechtigt sei, auf unzweifelhaft eigene Daten zuzugreifen. Dann aber sei der Antrag zu weit und müsste bei Erlass der einstweiligen Verfügung jedenfalls konkretisiert oder eingeschränkt werden.

Derzeit befänden sich die Datenträger in einem Tresor auf dem Gelände der T. GmbH. Eine Auswertung der Daten hinsichtlich der Verfügungskläger habe bisher nicht stattgefunden.

Ferner sei der Antrag unbegründet. § 44 TKG sei zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht anwendbar und bilde daher keine Anspruchsgrundlage. Dies gelte auch dann, wenn der Arbeitgeber die Privatnutzung ausdrücklich gestattet habe.

Auch ein Anspruch gem. §§ 823, 1004 BGB sei nicht gegeben. Es sei unstreitig, dass sie wiederholt darauf hingewiesen habe, gar kein Interesse an den privaten Daten des Verfügungsklägers zu haben.

Die Verfügungsbeklagte meint, sie sei gem. § 32 Abs. 1 S. 1 BDSG bzw. § 28 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BDSG berechtigt, Daten ihrer Geschäftsführer zu erheben, zu verarbeiten oder zu nutzen, um zu prüfen, ob ein Fehlverhalten oder schwerwiegende Pflichtverletzung vorliegt, die bei ihr Schäden entweder schon verursacht haben oder zukünftig verursachen können.

Sie sei zunächst rein faktisch gar nicht in der Lage gewesen, die behaupteten Datenschutzverstöße zu begehen, weil sich die entsprechenden Träger treuhänderisch bei dem Notar Dr. W. befunden hätten. Auch nach Herausgabe der streitgegenständlichen Datenträger sei eine Auswertung nicht erfolgt.

Sie werde etwaige Zugriffe auf die Geräte und die Auswahl zu sichtender Informationen inhaltlich und zeitlich bestmöglich eingrenzen, etwa durch Verwendung geeigneter Suchbegriffe unter Hinzuziehung eines externen Dienstleisters sowie durch die Beschränkung auf Korrespondenz, die in den Zeiträumen verfasst, gesendet oder empfangen wurden und die Gegenstand der Untersuchung sind.

Auch sei kein Verfügungsgrund gegeben. Dies, so meint die Verfügungsbeklagte, ergebe sich bereits daraus, dass der Verfügungskläger kein Hauptsacheverfahren anhängig gemacht habe. Zudem hätte er zu lange zugewartet, bevor er die begehrte einstweilige Verfügung beantragt hätte.

Die KL Corp., USA, trat als Nebenintervenientin auf Seiten der Verfügungsbeklagten bei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze der Parteien Bezug genommen.

Gründe

Der Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung war zurückzuweisen, da der Antrag unzulässig ist.

I. Der Antrag ist unzulässig, da er zu unbestimmt ist.

Der Unterlassungsanspruch verleiht dem Gläubiger das Recht, vom Schuldner zu verlangen, ein bestimmtes Verhalten einzustellen (Fall der Wiederholungsgefahr) oder von diesem von vornherein abzusehen (Fall der Erstbegehungsgefahr). Beim Unterlassungsanspruch bereiten die Bestimmung des Streitgegenstandes und die Durchführung der Zwangsvollstreckung besondere Schwierigkeiten. Um zulässig zu sein, muss die Unterlassungsverfügung den Voraussetzungen des in § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO formulierten Bestimmtheitsgebots genügten (Zöller/Greger, ZPO, 32. Aufl. 2018, § 253, Rdnr. 13b). Der Unterlassungsanspruch muss möglichst konkret gefasst sein, damit für Rechtsverteidigung und Vollstreckung klar ist, worauf sich das Verbot erstreckt (BGH, NJW 2000, 1792 (1794). Die zu unterlassende Verletzungshandlung muss so genau wie möglich beschrieben werden (BGH, NJW 2003, 3406). Die bloße Wiedergabe unbestimmter Tatbestandsmerkmale der verletzten Norm reicht in der Regel nicht (Greger in Zöller, ZPO, 32. Aufl., § 253, Rdnr. 13b). Eng verwandt mit der bloßen Gesetzeswiederholung sind unbestimmte Rechtsbegriffe, die in der Regel unzulässig sind (BGH, NJW 1999, 3638). Die Festlegung des Streitgegenstandes ist erforderlich, um die Reichweite der Rechtshängigkeit, den Umfang der Entscheidungsbefugnis, den Bereich der materiellen Rechtskraft und somit auch die Grenzen der Vollstreckbarkeit des Unterlassungsgebots zu erfassen.

Vorliegend verlangt der Verfügungskläger die Unterlassung des Zugriffs auf seine "privaten Daten". Er nimmt damit Bezug auf einen unbestimmten Rechtsbegriff.

Der Verfügungskläger hat nicht näher konkretisiert, was er unter "privaten Daten" versteht. Eine Abgrenzung der privaten Daten von den dienstlichen Daten ist für die Verfügungsbeklagte auch nicht offensichtlich erkennbar oder zwischen den Parteien unstreitig. Der Verfügungskläger trägt insoweit selbst vor, dass private Daten als solche nicht erkennbar seien und zwar weder aus der Betreff-Zeile noch aus dem Dateinamen.

Es ist auch nicht ersichtlich, dass dem Verfügungskläger genauere Angaben nicht möglich oder zumutbar wären. Auch wenn die Kammer die Schwierigkeiten des Verfügungsklägers nachvollziehen kann, im Einzelnen zu benennen, welche privaten Daten er geschützt wissen will, so ist nicht erkennbar, dass eine weitere Konkretisierung auf besonders wichtige Daten (bestimmte Empfänger, bestimmte Zeiträume, bestimmte Schlüsselwörter) ausgeschlossen gewesen wäre.

Vorliegend kommt es jedoch auf die Abgrenzung der privaten von den dienstlichen Daten an, weil die Verfügungsbeklagte nicht den Beschränkungen des Fernmeldegeheimnisses unterliegt.

Die Voraussetzungen des § 44 TKG liegen nicht vor.

Nach §?44 TKG ist die Verfügungsbeklagte dem Verfügungskläger insbesondere "zur Beseitigung und bei Wiederholungsgefahr zur Unterlassung verpflichtet”, wenn sie "gegen dieses Gesetz, eine auf Grund dieses Gesetzes erlassene Rechtsverordnung, eine auf Grund dieses Gesetzes in einer Zuteilung auferlegte Verpflichtung oder eine Verfügung der Bundesnetzagentur verstößt”.

Der Verfügungskläger hat gegen die Verfügungsbeklagte auf dieser Grundlage keinen Anspruch auf Untersagung der streitgegenständlichen Datenauswertung gemäß § 44 TKG.

Ein Verstoß gegen § 88 TKG, der einen solchen Unterlassungsanspruch begründen könnte, ist vorliegend nicht gegeben.

Dahinstehen kann dabei, ob vorliegend die Nutzung von Kommunikationsdiensten bei der Verfügungsbeklagten ausschließlich zu dienstlichen Zwecken gestattet war. In einem solche Fall stünde das Fernmeldegeheimnis einer Kontrolle der Kommunikationsdienste von vorherein nicht entgegen, denn die Verfügungsbeklagte wäre in diesem Fall unstreitig nicht als "Diensteanbieter" im Sinne des § 3 Nr. 6 TKG zu qualifizieren.

Aber selbst im Fall einer gestatteten Privatnutzung fehlt der Verfügungsbeklagten die Eigenschaft als Dienstanbieterin (LAG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 14.01.2016, Az.: 5 Sa 657/15, zitiert nach juris, Rdnr. 116; Urteil 16.02.2011, Az.: 4 Sa 2132/10, zitiert nach juris, Rdnr. 116; ArbG Berlin, Urteil v. 17.08.2010, Az.: 26 Ca 235/10, BeckRS 2011, 70280; a.A. Riesenhuber, in: BeckOK DatenSR, 21. Ed., Stand: 1.8.2017, § 32 BDSG, Rdnr. 144, 146; Körffer/Gola/Klug, in: Gola Schomerus, BDSG, 12. Aufl. 2015, § 32, Rdnr. 23). Die Kammer verkennt nicht, dass die Datenschutzbehörden den Arbeitgeber als Telekommunikationsdiensteanbieter einordnen, wenn er seinen Mitarbeitern die private Nutzung des Internets oder des betrieblichen E-Mail-Postfachs erlaubt (Konferenz der unabhängigen Datenschutzbehörden des Bundes und der Länder, Orientierungshilfe der Datenschutzaufsichtsbehörden zur datenschutzgerechten Nutzung von E-Mail und anderen Internetdiensten am Arbeitsplatz, Stand: Januar 2016, S. 4 f.). Sie schließt sich gleichwohl der Gegenansicht an. Hierfür spricht, dass der Arbeitgeber seine Telekommunikationsdienste nicht zielgerichtet für Dritte nach außen erbringt, sondern diese seinen Beschäftigten in erster Linie überlässt, damit diese ihr arbeitsvertraglichen Pflichten betriebsintern erbringen können (LAG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 14.01.2016, Az.: 5 Sa 657/15, zitiert nach juris, Rdnr. 116). Das TKG ist von seiner Zielrichtung auch nicht darauf angelegt, unternehmensinterne Rechtsbeziehungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu regeln (VG Karlsruhe, Urteil v. 27.05.2013, Az: 2 K 3249/12, zitiert nach juris, Rdnr. 65). Die Verhältnisse zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern einerseits und Telekommunikationsdiensteanbietern und Kunden andererseits sind in der Regel nicht vergleichbar. Ferner setzt ein geschäftsmäßiges Erbringen von Telekommunikationsdiensten gemäß § 3 Nr. 10 TKG ein an Dritte gerichtetes Angebot voraus. Die Beschäftigten sind im Verhältnis zum Arbeitgeber aber nicht als Dritte zu qualifizieren (LAG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 14.01.2016, Az.: 5 Sa 657/15, zitiert nach juris, Rdnr. 116).

Entsprechend steht das Fernmeldegeheimnis aus § 88 Abs. 3 TKG einem Zugriff auf den Inhalt der Telekommunikation durch den Arbeitgeber selbst dann nicht entgegen, wenn die Privatnutzung erlaubt oder geduldet wird.

Auch ein Anspruch gemäß §§ 823, 1004 BGB auf Unterlassung wäre nicht so umfänglich, dass der Verfügungsbeklagten jeglicher Zugriff auf die Daten des Verfügungsklägers untersagt werden könnte.

Gilt der Arbeitgeber nicht als Diensteanbieter im Sinne des TKG und findet deswegen das Fernmeldegeheimnis keine Anwendung, kann die Datenerhebung auf § 32 BDSG bzw. § 28 BDSG gestützt werden. In diesem Fall kann der Arbeitgeber etwa die Protokolldaten stichprobenartig und bei einem konkreten Missbrauchsverdacht personenbezogen prüfen (vgl. BAG, NZA 2017, 1327).

Der Verfügungskläger räumt insoweit selbst ein, dass der Verfügungsbeklagten lediglich ein Zugriff auf seine privaten Daten untersagt werden könne.

Mithin kommt es vorliegend darauf an, klarzustellen, was private Daten sind. Eine solche Konkretisierung hat der Verfügungskläger jedoch trotz Hinweises der Kammer in der mündlichen Verhandlung vom 10.01.2018 nicht vorgenommen.

Dies geht zu seinen Lasten. Die Reichweite der gerichtlichen Entscheidung bliebe sonst unklar und der Streit über die Abgrenzung würde in das Zwangsvollstreckungsverfahren verlagert.

II. Weiterhin fehlt es auch an dem erforderlichen Verfügungsgrund gemäß §§ 935, 940 ZPO.

Es ist allgemein anerkannt, dass für einen Unterlassungsanspruch trotz des Wortlautes des § 1004 Abs. 1 S. 2 BGB ("weitere") auch eine erstmals ernsthaft drohende Beeinträchtigung genügt (vgl. BGH NJW 2004, 3101). Eine solche ernsthaft drohende Beeinträchtigung der Rechte der Verfügungskläger ist jedoch vorliegend nicht feststellbar.

Der Verfügungskläger hat nicht glaubhaft gemacht, dass die konkrete Gefahr bestehe, die Verfügungsbeklagte werde Zugriff auf seine privaten Daten nehmen.

Die Verfügungsbeklagte hatte bereits im Vorfeld mehrfach versichert, kein Interesse an den privaten Daten des Verfügungsklägers zu haben. Auch im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 10.01.2018 hat sie wiederholt, dass sich an dieser Zusicherung nichts geändert habe. Ihr ginge es lediglich um die Aufklärung von Unregelmäßigkeiten, die ihr bekannt geworden seien.

Sie habe in diesem Zusammenhang die Hilfe einer externen Kanzlei für Datenschutzfragen in Anspruch genommen. Ihr Ziel sei es, über sog. "Search Terms" bereits einen Zugriff auf private Daten des Verfügungsklägers auszuschließen. Sie werde auch bei dem Zugriff auf die sichergestellten Daten, die externe Hilfe in Anspruch nehmen, um so eventuell die "Search Terms" zu erweitern oder einzugrenzen.

In der mündlichen Verhandlung vom 10.01.2018 war mit den Parteien erörtert worden, dass der Verfügungskläger eine Liste mit Suchwörtern erstellen solle, mit deren Hilfe ein Zugriff auf seine privaten Daten ausgeschlossen oder zumindest stark eingeschränkt werden könne. Eine gütliche Einigung kam im weiteren Verlauf jedoch nicht zustande. Der Verfügungskläger sah sich nicht in der Lage, einen Katalog von Suchwörtern zu erstellen, der den Zugriff der Verfügungsbeklagten auf seine privaten Daten vermeiden hilft.

Die von dem Verfügungskläger im Übrigen vorgebrachten Umstände, die eine Gefahr des Zugriffs auf seine privaten Daten eben doch belegen sollen, sind nicht hinreichend konkret genug. Die Verfügungsbeklagte hat in der mündlichen Verhandlung nochmals klargestellt, dass eine Auswertung der Daten hinsichtlich des Verfügungsklägers bisher nicht erfolgt sei, die Datenträger befänden sich in einem Tresor auf ihrem Gelände. Weitere Kopien von den Datenträgern vor Übergabe an den Notar, wie sie der Verfügungskläger behauptet, seien nicht angefertigt worden. Insoweit würde der Verfügungskläger ihre Ausführungen missverstehen.

Soweit der Verfügungskläger unter Hinweis auf das erneute Erscheinen eines Mitarbeiters der C. sowie die Freistellung des IT-Mitarbeiters die Befürchtung äußert, dass dies Beleg für den Beginn der Auswertung der Daten sei, sind dies bisher lediglich Vermutungen. Einen konkreten Beginn der Auswertung von ihn betreffenden Daten hat der Verfügungskläger nicht glaubhaft gemacht.

Hinsichtlich einer Auswertung von Daten in den USA fehlt es bereits an der hinreichenden Vergleichbarkeit mit der hiesigen rechtlichen Situation.

II. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 6, 711, 108 ZPO.

Streitwert: 15.000,00 EUR