LG Dortmund, Urteil vom 29.01.2019 - 25 O 335/18
Fundstelle
openJur 2019, 26687
  • Rkr:
Tenor

Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten im Rahmen geschäftlicher Handlungen gegenüber Verbrauchern künftig zu unterlassen, Forderungsschreiben zu versenden bzw. versenden zu lassen, in denen für das erste Mahnschreiben eine Geschäftsgebühr angesetzt wird, die der im Rechtsanwaltsvergütungsgesetz geregelten Geschäftsgebühr (Nr. 2300 VV RVG) von 1,5 entspricht oder diese übersteigt, wenn dies geschieht, wie in der dem Urteil beigefügten Anlage K 1 wiedergegeben.

Die Beklagte wird ferner verurteilt, an den Kläger 249,90 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 8. Mai 2018 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, hinsichtlich des Unterlassungsgebots jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 5.500,00 €. Im Übrigen bleibt der Beklagten nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Klägerin Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger, ein in die Liste sogenannter qualifizierter Einrichtungen eingetragener Verbraucherschutzverband, macht gegen die Beklagte, eine als Q mbB geführte Rechtsanwaltskanzlei, einen Unterlassungsanspruch im Rahmen des Verbraucherschutzes geltend.

Am 14.02.2018 wurde einer Frau T1 das in den Anl. K1 (Bl.11f. d.A.)/ B1 (Bl.47 f. d.A.) ersichtliche Schreiben übersandt. Bei diesem Schreiben handelt es sich um ein vorgefertigtes Mahnschreiben, mit dem eine Forderung der Firma T2 GmbH aufgrund eines beauftragten Auskunftsersuchens i.H.v. 14,95 € geltend gemacht wurde.

Der Briefkopf des Schreibens weist ein Logo mit dem Schriftzug "S BERATUNG Recht - Steuern - Wirtschaft" aus. Ferner werden die Rechtsanwälte C und I aufgeführt, wobei Rechtsanwalt I als angestellter Rechtsanwalt ausgewiesen ist. Das Schreiben ist durch Rechtsanwalt C unterzeichnet worden.

Im Rahmen dieser Mahnung werden für das Forderungsschreiben außergerichtliche Rechtsanwaltsgebühren auf der Grundlage einer Rahmengebühr von 1,5 nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz geltend gemacht.

Dieses Forderungsschreiben wird von den Rechtsanwälten C und I in einer Vielzahl gleichgelagerter Fälle verwendet. Eine rechtliche Überprüfung des Einzelfalls findet nicht statt.

Dem Forderungsschreiben geht eine E-Mail der T2 GmbH voraus, mit welcher die Rechnung versandt wird. Die Rechnung enthält einen ausformulierten Hinweis für Verbraucher, welcher der Regelung in § 286 Abs. 3 BGB entspricht.

Mit Schreiben vom 17.04.2018 mahnte der Kläger die Beklagte aufgrund der Höhe der für die Mahnschreiben geforderten Rahmengebühr ab und forderte sie unter Fristsetzung bis zum 11.05.2018 zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung, sowie zur Übernahme der Kosten für die Abmahnung i.H.v. 249,90 € auf (Anl. K2 Bl.14f. d.A.).

Mit Schreiben vom 07.05.2018 lehnte die Beklagte die Abgabe einer solchen Erklärung ab (Anl. K3 Bl. 21f. d.A.).

Der Kläger ist der Ansicht, die Beklagte verstoße bereits durch die sofortige Abrechnung der Tätigkeit gegen § 43 BRAO. Es würde keine ausreichende Prüfung stattfinden, ob die Verbraucher auch tatsächlich die Rechnungen erhalten haben oder diese ungelesen im Spam-Ordner des E-Mail Postfachs gelöscht wurden. Zudem sei bereits das Geschäftsgebaren der T2 GmbH zu beanstanden, da diese die Verbraucher nicht darauf hinweist, dass eine Schufa- Auskunft auch kostenlos eingeholt werden kann. Zudem vermittele sie auf der Homepage "...de" den Anschein, dass sich der Verbraucher auf der offiziellen Seite der SCHUFA befinden würde.

Unabhängig hiervon verstoße die berechnete Rahmengebühr von 1,5 gegen § 14 RVG. Vielmehr dürfe die Beklagte lediglich eine 0,3 Gebühr gemäß Nr. 2301 VV-RVG abrechnen. Bei dem Forderungsschreiben handele es sich lediglich um ein einfaches Schreiben. In jedem Fall liege eine unterdurchschnittliche Tätigkeit vor.

Der Kläger beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten im Rahmen geschäftlicher Handlungen gegenüber Verbrauchern künftig zu unterlassen, Forderungsschreiben zu versenden bzw. versenden zu lassen, in denen für das erste Mahnschreiben eine Geschäftsgebühr angesetzt wird, die der im Rechtsanwaltsvergütungsgesetz geregelten Geschäftsgebühr (Nr. 2300 VV RVG) von 1,5 entspricht oder diese übersteigt, wenn dies geschieht, wie in der Anl. K1 wiedergegeben.

2. die Beklagte ferner zu verurteilen, an ihn 249,90 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 27.04.2018 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte rügt die Passivlegitimation. Sie behauptet, das Forderungsschreiben stamme nicht von ihr. Vielmehr wäre Rechtsanwalt C als Einzelanwalt tätig geworden. Dieser betreibe zusammen mit dem angestellten Rechtsanwalt I ein eigenständiges Mahndezernat.

Zudem sei das Geschäftsgebaren der T2 GmbH vor der Mandatsübernahme umfassend geprüft worden. Rechtliche Bedenken im Hinblick auf die einzutreibenden Forderungen hätten dabei nicht festgestellt werden können.

Ferner ist sie der Ansicht, dass die veranschlagte Rahmengebühr von 1,5 nicht gegen § 14 RVG verstoße. Hierbei seien die Gesamtumstände zu berücksichtigen. Zwar finde keine rechtliche Einzelfallprüfung statt, es würde den Schuldnern jedoch eine Telefon-Hotline zur Verfügung gestellt werden, in deren Rahmen dessen die eingesetzten Mitarbeiterinnen erheblichen Beschimpfungen ausgesetzt wären. Ferner würden Ratenzahlungsvereinbarungen ohne die gesonderte Abrechnung einer Einigungsgebühr geschlossen werden. Aufgrund der Vielzahl der Forderungen wäre die Forderungsbeitreibung für die T2 GmbH von herausragender Bedeutung. Demnach stelle sich die Tätigkeit als überdurchschnittlich dar, zumal jedenfalls eine 1,3 Gebühr zu verlangen wäre und unter Berücksichtigung eines zuzubilligenden Toleranzaufschlags von 20 % die geforderte 1,5 Gebühr nicht unbillig wäre.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündliche Verhandlung vom 29.01.2019 verwiesen.

Gründe

Die zulässige Klage ist begründet.

I.

In der Sache rechtfertigt sich der (Unterlassung-) Antrag zu 1 aus §§ 2 Abs. 1 UKlaG i.V.m. § 14 RVG.

1.

Der Kläger ist kraft Eintragung in die beim C3 der Justiz geführte Liste qualifizierter Einrichtungen gemäß §§ 3 Abs. 1 Nr. 1. i.V.m. § 4 UKlaG aktivlegitimiert.

Die Beklagte ist auch passivlegitimiert.

Sie hat bereits nicht ausreichend dargelegt, dass Rechtsanwalt C tatsächlich ein eigenständiges Mahndezernat betreibt, welches nicht der beklagten Q mbB zuzurechnen ist. Insofern führte die Beklagte zwar aus, dass die T2 GmbH lediglich Rechtsanwalt C für die außergerichtliche Tätigkeit beauftragt habe und erst im Falle der gerichtlichen Tätigkeit die Q mbB mandatiert wurde, näherer Vortrag erfolgte jedoch diesbezüglich nicht. Ein solcher wäre jedenfalls im Rahmen der sekundären Darlegungslast zu erwarten gewesen, da die Beklagte die eigenen internen Strukturen sowie die Umstände der einzelnen Mandatierungen kennt. Eine solche Darlegung oblag der Beklagten insbesondere auch deshalb, da diese sich im Rahmen der außergerichtlichen Ablehnung der Abgabe der Unterlassungserklärung im Schreiben vom 07.05.2018 (Anl. K3) umfassend verteidigte, ohne auf die fehlende Passivlegitimation hinzuweisen, und zudem im Rahmen dessen angab, dass die T2 GmbH ihre Mandantin sei, welche sie als Kanzlei zur außergerichtlichen Forderungsbeitreibung beauftragt habe.

Letztlich kommt es hierauf nicht an. Das streitgegenständliche Forderungsschreiben wurde unstreitig von Rechtsanwalt C, welcher Partner bei der Beklagten ist, verfasst. Der Briefkopf des Schreibens weist ein Logo auf, welches farblich und textlich identisch mit dem der Beklagten ist. Zudem wird wie auf dem Briefkopf der Beklagten Rechtsanwalt C aufgeführt. Gleiches gilt für Rechtsanwalt I, welcher als angestellter Rechtsanwalt ausgewiesen wird. Das identische Logo sowie die übereinstimmenden Namen implizieren aus Sicht eines Durchschnittsadressaten, dass die Aussage der Q mbB und nicht Rechtsanwalt C als Einzelanwalt zuzurechnen sind .

Der bloße Umstand, dass nicht sämtliche bei der Beklagten tätigen Rechtsanwälte im Forderungsschreiben aufgeführt sind sowie andere Telefonnummern und Kontonummern angegeben sind, führt ebenso wenig wie die fehlende Angabe, dass es sich um eine Q mbB handelt, dazu, dass eine solche Zurechnung aus der maßgeblichen Sicht eines Durchschnittsadressaten nicht vorgenommen werden kann. Es ist in der außergerichtlichen Tätigkeit nicht unüblich, dass nur die Sachbearbeiter auf dem Briefkopf erscheinen und diese separate Telefonnummern zur direkten Erreichbarkeit angeben. Insbesondere muss aus der fehlenden Angabe, dass es sich um eine Q mbB handelt, nicht geschlossen werden, dass trotz Verwendung des identischen Logos und der übereinstimmenden Rechtsanwälte eine Tätigkeit außerhalb der Q mbB vorliegt. Insbesondere hat die Beklagte aufgrund der übereinstimmenden Personalien auch Kenntnis vom entsprechenden Tätigwerden des Herrn C. Sollte dieser tatsächlich als Einzelanwalt mandatiert gewesen sein, wäre es der Beklagten möglich und zumutbar gewesen, das Tätigwerden unter ihrem Namen/Logo zu unterbinden.

2.

Gemäß § 2 Abs. 1 UKlaG besteht ein Anspruch auf Unterlassung, wenn ein Unternehmer einer dem Verbraucherschutz dienenden Vorschriften zuwiderhandelt und die Inanspruchnahme dem Verbraucherschutz dient.

a)

Bei der Beklagten handelt es sich als S mbB um ein Unternehmen, welches im Rahmen der streitgegenständlichen Forderungseintreibung gegenüber Verbrauchern auftritt.

b)

Die Beklagte handelte auch einer dem Verbraucherschutz dienenden Vorschrift (§ 14 RVG) zuwider.

Die Beklagte hat gegen die Bestimmung in § 14 Abs. 1 Satz 4 RVG i. V. m. dem Gebührentatbestand in Nr. 2300 VV-RVG verstoßen. Dort ist geregelt, dass die in Satz 1 der Vorschrift in das billige Ermessen des Rechtsanwalts gestellte Bestimmung der Gebühr, die von einem Dritten zu ersetzen ist, dann nicht verbindlich ist, wenn sie unbillig ist.

Maßgeblich zur Beurteilung des vorliegenden Verstoßes ist die Nr. 2300 VV-RVG.

Die Nr. 2300 VV-RVG behandelt allgemein die Geschäftsgebühr. Die Nr. 2301 VV-RVG betrifft die Situation, in der "der Auftrag" sich auf ein Schreiben einfacher Art beschränkt. Vorliegend war die Beklagte mit dem Forderungseinzug insgesamt beauftragt, so dass die Anwendung der Sonderregelung der Nr. 2301 VV-RVG nicht in Betracht kommt.

Bereits aus dem Regelungsinhalt ergibt sich, dass der § 14 Abs. 1 S. 4 RVG dem Verbraucherschutz dient. Es soll die Erhebung von unbilligen Gebühren gegenüber Dritten verhindert werden und dem den Rechtsanwälten eingeräumten Ermessensspielraum eine Grenze gesetzt werden. Dritte im Sinne der Vorschrift sind insbesondere auch Verbraucher. Der Schutzaspekt spielt auch nicht lediglich eine untergeordnete Rolle, vielmehr stellt dieser den Sinn und Zweck der Vorschrift dar. Die Aufzählung in § 2 Abs. 2 UKlaG ist auch nicht abschließend.

Insbesondere ist die Vorschrift des § 14 Abs. 1 Satz 4 RVG auch anwendbar, wenn der Auftraggeber des Rechtsanwalts einen materiell rechtlichen Kostenersatzanspruch - etwa aus Verzug - gegen einen Dritten hat (vgl. Mayer, in: Gerold/Schmidt, RVG, 23. Aufl. 2015, § 14 Rn. 9).

Die von der Beklagten getroffene Ermessensausübung war auch unbillig im Sinne dieser Vorschrift.

Die Ermessensausübung ist anhand eines durch die Umstände bestimmten Rahmens zu beurteilen und ist auch dann noch billig, wenn sie an den oberen Rand des durch die Umstände bestimmten Rahmens geht; erst dann, wenn sie diesen oberen Rand überschreitet, wird sie unbillig (vgl. Mayer, a.a.O., Rn. 5).

Während in den "Normalfällen" die sogenannte "Mittelgebühr" - 1,3 - zur Anwendung kommt, ist in den übrigen Fällen die Grenze der Billigkeit schwer zu bestimmen. Es müssen verschiedene Bemessungskriterien herangezogen werden (vgl. Mayer, a.a.O., Rn. 18 ff.): Dazu gehören der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit, die Schwierigkeit der Tätigkeit, die Bedeutung der Angelegenheit, die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers, das Haftungsrisiko sowie gegebenenfalls weitere Kriterien.

Nach diesen Kriterien handelt es sich hier um eine unterdurchschnittliche Tätigkeit, da unstreitig vorgefertigte Standardschreiben verwendet werden, in welche lediglich die Daten des jeweiligen Schuldners eingefügt werden und die Schreiben anschließend in großer Zahl an die Betroffenen gesendet werden. Eine inhaltliche Auseinandersetzung der Beklagten mit dem Anliegen ihres Auftraggebers, eine Besprechung oder juristische Bearbeitung im eigentlichen Sinne findet im Einzelfall nicht statt.

Auch unter Berücksichtigung der von der Beklagten geschilderten Gesamtumstände ergibt sich keine andere Beurteilung.

Der Umstand, dass sich die Beklagte im Vorfeld der Mandatsübernahme einmalig den Ablauf der Leistungserbringung angesehen und einer rechtlichen Prüfung unterzogen hat und daher bei den immer gleichgelagerten Einzelfällen keine weitere Einzelfallprüfung vornimmt, führt zu keiner anderen Beurteilung.

Dieses Verhalten mag im Rahmen der Beurteilung eines Verstoßes gegen § 43 BRAO eine Rolle spielen, führt jedoch nicht dazu, dass das Tätigwerden in den vielen Einzelfällen, in welchen keine gesonderte Prüfung erfolgt, als normale oder überdurchschnittliche Tätigkeit gewertet werden kann.

Gleiches gilt im Hinblick darauf, dass die Beklagte eine Hotline für die Adressaten der Mahnschreiben eingerichtet hat und zwei Mitarbeiterinnen hierfür abstellt, welche sich Beleidigungen ausgesetzt sehen, und die Beklagte auch Ratenzahlungsvereinbarungen schließt, ohne eine Einigungsgebühr zu berechnen.

Die telefonische Erreichbarkeit ist jedenfalls auch in anderen "Normalfällen" umfasst, in welchen jedoch zudem eine rechtliche Prüfung des Einzelfalls stattfindet. Dass sich die Mitarbeiterinnen in Einzelfällen Beleidigungen ausgesetzt sehen, kann bei der grundsätzlichen Festlegung eines Gebührenrahmens für alle Einzelfälle keine Rolle spielen.

Dies gilt auch für die grundsätzliche Bereitschaft zum Abschluss einer Ratenzahlungsvereinbarung, ohne eine gesonderte Gebühr zu berechnen. Dies rechtfertigt nicht, dass diese Bereitschaft im Rahmen der Kalkulation des Gebührenfaktors auf sämtliche Verbraucher umgelegt wird, sodass sämtliche Einzelfälle trotz fehlender rechtlicher Prüfung als überdurchschnittlich angesehen und abgerechnet werden, insbesondere auch auf Verbraucher, welche an einer solchen Ratenzahlungsvereinbarung gar nicht interessiert sind und den geforderten Betrag sofort überweisen. Zumal sich die Forderung inklusive aller Gebühren unterhalb von 100 EUR bewegt.

Auch sofern die Beklagte eine herausragende wirtschaftliche Bedeutung für die Auftragsgeberin anführt, führt dies zu keiner anderen Beurteilung. Zwar ist die aufgestellte Rechnung nachzuvollziehen, dass wenn 1.000 Kunden ihre Rechnung monatlich nicht bezahlen würden, dies einen monatliche Betrag in Höhe von 14.950 EUR brutto ausmachen würde. Jedoch führt dies unabhängig davon, dass die Beklagte die tatsächlich anfallenden Zahlen nicht dargelegt hat, nicht dazu, dass jeder der monatlich anfallenden 1.000 Einzelfälle mit einer nur geringen Forderung als normal oder überdurchschnittlich einzuordnen ist.

Bei der gebotenen Beurteilung der Gesamtumstände überwiegt der Umstand, dass keine rechtliche Einzelfallprüfung durchgeführt wird und lediglich vorgefertigte Schreiben versendet werden. Bei der Bewertung dieser insgesamt als unterdurchschnittlich einzuordnenden Tätigkeit stellt eine Gebühr von 1,1, welche unterhalb der Mittelgebühr angesiedelt ist, den obersten Bereich des nach dem Ermessen des Rechtsanwalts noch zulässigen dar (OLG Oldenburg , Urteil vom 02. Dezember 2016 - 6 U 115/16 -, juris).

Auf die Frage, ob auch im Falle einer unterdurchschnittlichen Tätigkeit eine Toleranzgrenze von 20% zu berücksichtigen ist (vgl. BGH, Urteil vom 08.05.2012 -VI ZR 273/11 -, juris Rn. 4; aufgegeben durch BGH, Urteil vom 05.02.2013 - VI ZR 195/12 ), kommt es vorliegend nicht an.

Die geltend gemachte 1,5 Gebühr liegt oberhalb dieser Toleranzgrenze. Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch bezieht sich auch nur auf eine Gebühr von 1,5 oder höher.

c)

Der Verstoß geht über das Einzelinteresse der im Streitfall widerrechtlich in Anspruch genommenen Verbraucherin hinaus. Es ist unstreitig, dass die Beklagte in einer Vielzahl weiterer Fälle in der gleichen Weise vorgeht.

Aus diesen Gründen ergibt sich auch die Wiederholungsgefahr nicht nur aus dem Erstverstoß, sondern auch aus den vielen weiteren Einzelfällen, in welchen die Beklagte in gleicher Art und Weise weiterhin vorgeht.

d)

Der Antrag bezieht sich ausdrücklich auf ein vorgefertigtes Mahnschreiben, welches als Anlage beigefügt ist. Es ist ausreichend ersichtlich, dass sich der Unterlassungsanspruch ausschließlich auf Gebührenansprüche stützen soll, welche im Rahmen solcher vorgefertigten Forderungsschreiben geltend gemacht werden.

Auf die Frage, ob sich der Anspruch zudem aus den §§ 5, 3, 3a UWG i.V.m. § 14 RVG ergibt kommt es nicht an. Gleiches gilt im Hinblick auf den geltend gemachten Verstoß gegen § 43 BRAO.

e)

Die Androhung von Ordnungsmittel für den Fall einer Zuwiderhandlung folgt aus § 890 ZPO.

II.

1.

Der Anspruch auf Ersatz der mit dem Antrag zu 2 geltend gemachten Aufwendungen in Höhe von 249,90 EUR ergibt sich aus § 5 UklaG i.V.m. § 12 Abs.1 S.2 UWG.

Der Kläger hat hiernach einen Anspruch auf Ersatz der erforderlichen Aufwendungen. Erforderlich sind die Abmahnkosten, die tatsächlich entstanden sind und nach Lage des Falls aus der Perspektive des Abmahnenden objektiv notwendig waren (BGH, Urteil vom 14. Dezember 2017 - I ZR 184/15 -, juris).

Die Kosten hat der Kläger pauschal nach durchschnittlichen Personal- und Sachkosten mit 249,90 EUR berechnet. Anhaltspunkte dafür, dass diese Forderung als übersetzt anzusehen ist, sind nicht ersichtlich. Die Beklagte ist der Höhe der geforderten Aufwendungen auch nicht entgegengetreten, sodass diese als zugestanden (§138 Abs.3 ZPO) angesehen werden muss.

2.

Der Zinsanspruch ergibt sich aus den §§ 286 Abs. 2 Nr. 3, 288 Abs. 1 BGB. Nachdem die Beklagte durch das Schreiben vom 07.05.2018 die Ansprüche endgültig abgelehnt und den Kläger auf den Klageweg verwiesen hat, ist der Zinsanspruch am Folgetag begründet worden (§ 187 BGB analog). Ein vorheriger Verzugseintritt wurde nicht dargelegt, sodass die Klage im Übrigen abzuweisen war.

III.

Nach dem Vorstehenden war der Klage im tenorierten Umfang stattzugeben. Ein beantragter Schriftsatznachlass war der Beklagten nicht zu gewähren. Ihr wurde im Rahmen der mündlichen Verhandlung ausreichend Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Zudem haben sich im Rahmen der mündlichen Verhandlung keine neuen entscheidungserheblichen Tatsachen und Umstände ergeben, zu welchen eine Frist zur schriftsätzlichen Stellungnahme eingeräumt werden musste. Dies gilt sowohl im Hinblick auf die Passivlegitimation, als auch die Billigkeit der geforderten Geschäftsgebühr.

IV.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 2 ZPO.

V.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus den §§ 708 Nr.11, 711, 709

S. 1 ZPO.

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