OLG Köln, Urteil vom 25.11.1992 - 11 U 33/92
Fundstelle
openJur 2012, 73599
  • Rkr:

Für Gewährleistungsansprüche wegen mangelhafter Hofbefestigung aus Verbundpflaster (in Mörtelbett) gilt die für Bauwerke geltende Verjährungsfrist von fünf Jahren (§ 638 Abs. 1 BGB).

Auch bei Bejahung eines Verschuldens kann eine Neuherstellung nicht verlangt werden, wenn die Beseitigung eines Mangels einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde.

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das am 19. Dezember 1991 verkündete Urteil der 8. Zivilkammer des Landgericht Aachen - 8 O 1/91 - wird zurückgewiesen. Auf die Berufung des Klägers wird das angefochtene Urteil unter Zurückweisung seines weitergehenden Rechtsmittels abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefaßt:Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 40.588,18 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 14. Januar 1991 zu zahlen. Im übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Kosten des ersten Rechtszuges tragen der Kläger zu 45 % und die Beklagte zu 55 %. Die Kosten der beiden Nebeninterventionen werden den Nebenintervenienten zu jeweils 55 % und dem Kläger zu 45 % auferlegt. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger zu 42 % und die Beklagte zu 58 %. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Beide Berufungen sind zulässig. Die der

Beklagten ist unbegründet, die des Kläger ist zum Teil begründet

und im übrigen ebenfalls zurückzuweisen. Insgesamt hat die

Beklagte gemäß §§ 634, 635 BGB an den Kläger 40.588,18 DM zu

zahlen.

Daß die Werkleistung der Beklagten

nicht vertragsgemäß und damit mangelhaft ist, ist trotz der von

ihr vorgenommenen Gleichsetzung mit einem Kunstwerk nicht

zweifelhaft. Geschuldet war ein einheitliches Erscheinungsbild des

Hofpflasters, was die Verwendung gleich beschaffenen Materials

voraussetzte. Tatsächlich sind aber zwei Sorten anthrazitfarbener

Steine mit unterschiedlicher Einfärbung durch Eisenoxyd und eine

weitere Sorte mit Rußeinfärbung verwendet worden, was unter

Sonneneinwirkung zu einem verschieden starken und verschieden

schnellen Ausbleichen führt. Eine völlige Farbechtheit konnte aus

technischen Gründen offenbar bei keinem Material erwartet werden.

Abgesehen von gewißen Abweichungen infolge unterschiedlicher

Intensität der Sonneneinstrahlung war aber ein gleichmäßiges

Fortschreiten des Farbverlustes als selbstverständlich

vorausgesetzt worden. Demgegenüber haben jetzt nur noch die beiden

ersten Steinsorten ein anthrazitfarbenes, aber nicht eiheitliches

Aussehen. Die dritte Fläche ist inzischen hellgrau geworden.

Ansprüche des Klägers wegen der

Mangelhaftigkeit sind nicht verjährt.

Maßgebend ist die nach § 638 Abs. 1 BGB

für Bauwerke geltende Frist von 5 Jahren, die am 2. Januar 1991 bei

der Einreichung der dann alsbald am 14. Januar 1991 zugestellten

Klage noch nicht abgelaufen war.

Es kann nicht festgestellt werden, daß

die Parteien die VOB zum Vertragsinhalt gemacht haben, deren

zweijährige Verjährung gemäß § 13 Nr. 4 bei Klageerhebung bereits

abgelaufen gewesen wäre; weil die Aufforderungsschreiben des

Klä-gers vom 12. September 1989 und vom 13. August 1990 konnten die

Verjährung nicht mehr unterbrechen, weil dazu nach § 13 Nr. 5 nur

das erste Nachbesserungsverlangen geeignet ist, das der Kläger nach

seinem eigenen Vorbringen schon 1987 erklärt hat.

Nach der Aussage des Architekten G. hat

der Kläger den Vertrag selbst abgeschlossen. In welcher Weise das

geschehen ist und welche Schriftstücke dabei zum Vertragsinhalt

gemacht worden sind, wird nicht näher vorgetragen.

Unter diesen Umständen kommt es nicht

darauf an, welche Bestimmungen in den nicht vorgelegten Zahlungs-

und Verkaufsbedingungen der Beklagten enthalten sind, auf die in

ihrem Angebot vom 1. Juli 1986 bezug genommen worden ist.

Das Auftragsschreiben des Architekten

vom 9. Juli 1986 ist nur von der Beklagten als Auftragnehmerin

unterzeichnet worden. Óberdies enthalten die Vertragsbedingungen

des Architekten, auf die sich die Bezugnahme im Auftragsschreiben

erstrecken soll, zwar eine Einbeziehung an VOB, unter Ziffer 5 für

die Gewährleistung aber eine Verweisung auf das BGB und die

Festlegung einer Frist von 5 Jahren.

Richtet sich nach allem die Verjährung

nach § 638 BGB, so ist die für die Bauwerke geltende Frist von 5

Jahren maßgebend und nicht die für Arbeiten an einem Grundstück

festgelegte Frist von einem Jahr. Der Senat hat allerdings in

einem Urteil vom 20. Dezember 1991 (11 U 190/91) für die damals zu

beurteilenden Pflasterarbeiten eine Verjährungsfrist von einem

Jahr zugrunde gelegt. Er hat die Revision zugelassen, die

eingelegt worden ist und über die anscheinend noch nicht

entschieden worden ist. Zu unterschiedlichen Auffassungen bei der

Beurteilung der Verjährung sind die Oberlandesgerichte Schleswig

und Stuttgart gelangt (BauR 1991/663 bzw. 662).

Von dem die im Urteil vom 20. Dezember

1991 zugrundeliegenden Sachverhalt unterscheidet sich der hier

gegebene dadurch, daß die Pflasterung des Hofplatzes des Klägers

wegen des Mörtelbettes eine erhöhte Festigkeit besitzt. Aus

diesem Grunde ist das Pflaster in der mündlichen Verhandlung als

eine "liegende Mauer" bezeichnet worden, was ein Bauwerk

beschreibt. Es ist eine feste Verbindung mit dem Untergrund

herbeigeführt worden. Inzwischen hat der Bundesgerichtshof das

oben erwähnte Urteil des OLG Stuttgart aufgehoben und auch für die

ihm zugrundeliegende Beschaffenheit eines Hofplatzes eine Frist

von 5 Jahren bejaht (WM 1992/12919).

Ansprüchen des Klägers steht ferner

nicht die Vereinbarung von 1988 über eine Ausgleichszahlung von

1.600,00 entgegen. Dieser Vertrag ist gemäß § 779 BGB

unwirksam.

In Óbereinstimmung mit der Beklagten

und entgegen den Ausführungen des Landgerichts ist davon

auszugehen, daß an sich eine abschließende Regelung gewollt

war.

Im Schreiben vom 24. März 1988, mit dem

Beklagte den Scheck über 1.600,00 DM übersandt hat, hat sie ohne

Widerspruch des Klägers erklärt: "Hierdurch ist die vorgetragene

Reklamation gemäß Ihrem Einverständnis erledigt".

Der Zeuge R. hat sich nur recht vage

erinnert, meint aber jedenfalls, die beteiligten seien so

auseinandergegangen, daß Differenzen nicht mehr bestanden hätten.

Der Zeuge N. hat bekundet, es sei eine Zahlung von 1.600,00 DM

vereinbart worden, obwohl es sich um eine Farbabweichung gehandelt

habe, wie sie von der Betonindustrie zugelassen werde.

Nach der Aussage des Zeugen Z. ist bei

den Vorgesprächen, die er nach seinen Bekundungen mitgehört, der

Betrag als Entschädigung für die Zeit bis zur Angleichung der

Farben bezeichnet worden.

Entgegen den Ausführungen des

Landgerichts wäre auch das eine abschließende Einigung, nämlich in

der Annahme, die Farbunterschiede würden alsbald verschwinden.

Daraus erklärt sich auch der geringe Betrag, aus dem das

Landgericht herleitet, es spreche gegen eine abschließende

Regelung.

Die Aussage des Zeugen Z. stimmt

überein mit der Darstellung des Klägers zu den gemeinsamen

Erwartungen im Schreiben vom 12. September 1989 dem die Beklagte

nicht entgegengetreten ist, daß sie und die Nebenintervenientin zu

1 a vielmehr zum Anlaß genommen haben, die Angelegenheit zu

überprüfen und sich gemäß Schreiben vom 27. September 1989 im

Interesse des Klägers an die Nebenintervenientin zu 2 zu

wenden.

Unter diesen Umständen bestehen keine

durchgreifenden Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Zeugen Z.. Eine

erneute Vernehmung ist nicht erforderlich, da auch das Landgericht

von der Glaubwürdigkeit ausgegangen ist. Es hat den Zeugen auch

nicht anders verstanden, sondern hat nur andere rechtliche

Folgerungen aus den Angaben gezogen.

Der Vergleich, der darin zu sehen ist,

daß die Parteien sich unter beiderseitigen Nachgeben darüber

geeinigt haben, ob überhaupt ein Mangel vorlag und wie dieser zu

bewerten war, ist gemäß § 779 BGB unwirksam, da der nach dem

Inhalt des Vertrages als feststehend zugrundegelegte Sachverhalt

der Wirklichkeit nicht entsprach und derjenige Streit, der durch

den Vergleich beigelegt werden sollte, bei Kenntnis der Sachlage

gar nicht entstanden wäre.

Es ist nicht zweifelhaft, daß der

Kläger sich nicht mit einem Betrag von 1.600,00 DM hätte abfinden

lassen, wenn er damit gerechnet hätte, daß sich im Laufe weniger

Jahre der jetzige Zustand ergeben würde. Aber auch die Beklagte

trägt nicht vor, andere Erkenntnisse bezüglich der künftigen

Entwicklung gehabt zu haben. Darauf könnte sie sich auch nicht

berufen, weil ihr gegebenenfalls zum Vorwurf zu machen wäre, den

Kläger getäuscht zu haben.

Für die hellgrau gewordene Fläche, die

sich unstreitig auf 675 qm beläuft, steht dem Kläger ein

Schadensersatzanspruch in Höhe von 675 x 57,20 DM = 38.600,00 DM

zu. Nach dem er die Beklagte mit Schreiben vom 13. August 1990

unter Fristsetzung und Ablehnungsandrohung vergeblich zur

Nachbesserung aufgefordert hat, kann er nach §§ 634, 635 BGB

vorgehen. Daß er sich bei den Vergleichsverhandlungen bereit

erklärt hat, der Beklagten trotzdem noch Gelegenheit zur eigenen

Nachbesserung zu geben, bindet ihn nicht, nachdem die Verhandlungen

gescheitert sind.

Die Beklagte hat nicht hinreichend

dargelegt, daß sie in Bezug auf das Material kein Verschulden

trifft. Da dieses in verschiedenen Partien angeliefert wurde, mußte

sie erhöhtem Maße auf eine einheitliche Beschaffenheit achten. Das

gilt auch für ihre Mitarbeiter, für die sie einzustehen hat, und

die alle Abweichungen bei dem Aussehen und der Kennzeichnung zum

Anlaß für Nachprüfungen nehmen mußten.

Die Höhe des vom Kläger im Anschluß an

das Angebot der Firma H. geforderten Betrages von 57,20 DM pro qm

ist angemessen. Dabei kann es dahingestellt bleiben, ob die

Preisermittlung der Firma H. in allen Einzelheiten zutreffend ist.

Insgesamt erscheint sie aber nicht als überhöht.

Immerhin hat die Beklagte im Jahre 1986

für die erstmalige Pflasterung einer Fläche von 1.471,54 qm

folgende Beträge vereinbart:

PLanum herstellen 5,50 DM

Mineralbeton 11,50 DM

Verbundsteinpflaster 31,00

DM

48,00 DM

Jetzt müssen Pflasterung und

Mörteluntergrund erneuert werden und ist das Planum zumindest

auszubessern. Es kommen die Kosten für das Entfernen der Steine

und des Mörtels und den Abtransport hinzu.

Mehrwertsteuer auf die Ersatzbeträge

ist dem Kläger nicht zuzuerkennen, da die Beklagte unwidersprochen

vorträgt, er sei zum Vorsteuerabzug berechtigt.

Bezüglich der Fläche von 405 qm ist

dagegen nur eine Minderung berechtigt, die auf 25 % von 405 x 31,00

DM zuzüglich Mehrwertsteuer, insgesamt 3.578,18 DM festgesetzt

wird.

Auch diese Fläche ist mangelhaft. Es

wäre zwar nichts dagegen einzuwenden gewesen, wenn die Beklagte den

gesamten Hof mit Steinen gepflastert hätte, wie sie für die 405 qm

verwendet worden sind. Nachdem sie aber einen Teilbereich mit den

jetzt dunkleren Steinen belegt hatte, war damit vorgegeben, wie die

übrige Hoffläche auszusehen hatte.

Es ist jedoch kein Verschulden der

Beklagten ersichtlich. Es handelt sich um Steine derselben

Herstellungsart wie die erste Lieferung. Damit entfielen Angaben

bezüglich des Herstellers oder der Produktionsweise als

Unterscheidungskriterien. Daß die 1986 vorhandenen Farbtöne für

sich allein keinen besonderen Verdacht rechtfertigten, ergibt sich

daraus, daß der Kläger die Leistung unbeanstandet abgenommen

hat.

Es kommt hinzu, daß auch bei Bejahung

eines Verschuldens eine Neuherstellung nicht verlangt werden

könnte. Der Unternehmer kann nach § 633 Abs. 2 Satz 2 BGB die

Beseitigung eines Mangels verweigern, wenn sie ein

unverhältnismäßigen Aufwand erfordert (vgl. BGH NJW 1986/311).

So verhält es sich hier. Gegenüber dem

bei einer Neuerherstellung erforderlichen Preis von 57,20 DM pro qm

fällt vor allem ins Gewicht, daß der Erfolg einer Auswechslung des

Pflasters fragwürdig wäre. Es ist unstreitig, daß eine

Farbanpassung an die vertragsgemäß beschaffene Fläche allenfalls

unter großen Schwierigkeiten und eher durch einen gewissen Zufall

erreichbar wäre und daß erst recht keine Gewähr besteht, daß

künftige Änderungen, wie sie durchaus zu erwarten sind, denselben

Verlauf nehmen.

Ein etwaiges Verschulden des Beklagten,

daß ebenfalls berücksichtigt werden müßte (vgl. BGH WM 1987/1561)

wäre jedenfalls gering und rechtfertigt keinen strengeren

Maßstab.

Es verbleibt dann ein Anspruch des

Klägers auf Minderung der Vergütung, diese kann sich, da die Fläche

von 405 qm als solche handwerklich einwandfrei ist, nur aus dem

Verhältnis zu dem vertragsgemäß beschaffenen Teilbereich ergeben.

Ausgehend von dem Vertragspreis für die Pflasterung von 31,00 DM

pro qm wird die Minderung, die sich daraus ergibt, daß der Kläger

eine Farbabweichung in Kauf nehmen muß, auf 25 % geschätzt. Zu der

Summe kommt die Mehrwertsteuer hinzu, denn wegen der

Preisherabsetzung ist auch der frühere Vorsteuerabzug des Klägers

rückgängig zu machen.

Auf die Ersatzbeträge muß der Kläger

sich die gezahlten 1.600,00 DM anrechnen lassen, für die die

Rechtsgrundlage entfallen ist. Es verbleibt dann eine Forderung von

40.588,18 DM.

Der Zinsanspruch des Klägers ergibt

sich aus § 291 BGB.

Der Feststellungsantrag des Klägers ist

unbegründet. Ungenauigkeiten bei der Bezifferung der Ersatz- und

Minderungsbeträge beruhen darauf, daß diese geschätzt werden

müssen, und ändern nichts daran, daß die Höhe der Ansprüche des

Klägers abschließend beurteilt wird. Es wird nicht dargetan, daß

eine Wahrscheinlichkeit gegeben ist, daß noch andersartige Schäden

und noch unverjährte Ansprüche in Betracht kommen könnten.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§

91, 92, 97 Abs. 1, 101 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige

Vollstreckbarkeit auf § 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Streitwert des Berufungsverfahrens:

70.000,00 DM

Beschwer der Beklagten: 40.588,18

DM

Beschwer des Klägers: ca. 29.500,00

DM