Brandenburgisches OLG, Urteil vom 31.05.2017 - 4 U 188/15
Fundstelle
openJur 2019, 39849
  • Rkr:
Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Cottbus vom 15.10.2015 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Es wird festgestellt, dass der Beklagten keine Ansprüche aus den mit den Klägern zu den Nrn. 6709598020, 6709598038 und 6709598046 geschlossenen Darlehensverträgen zustehen.

Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte hinsichtlich der Rückzahlungsverpflichtung der Kläger aufgrund des Widerrufs der Darlehensvertragserklärungen der Kläger zu den Darlehen Nr. 6709598020, 6709598038 und 6709598046 in Höhe von 158.502,43 € in Annahmeverzug befindet.

Auf die Hilfswiderklage werden die Kläger verurteilt, an die Beklagte einen Betrag in Höhe von 120.111,66 € nebst Zinsen in Höhe von 4,71 % aus einem Betrag von 6.273,12 € seit dem 01.12.2016 sowie Zinsen in Höhe von 4,05 % aus einem weiteren Betrag von 4.320,24 € seit dem 31.12.2016 zu zahlen.

Im Übrigen werden die Klage und die (Hilfs-)widerklage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits in der ersten Instanz haben die Kläger zu 57 % und die Beklagte zu 43 % zu tragen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen den Klägern zu 52 % und der Beklagten 48 % zur Last.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Beiden Parteien bleibt nachgelassen, die Vollstreckung abzuwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % der aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Beträge, wenn nicht die jeweilige Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe

I.

Die Kläger haben nach mit Schreiben vom 20.05.2014 erklärtem Widerruf von drei am 30.10./02.11.2009 abgegebenen Erklärungen zum Abschluss von Darlehensverträgen die Feststellung der Umwandlung der Verträge in Rückgewährschuldverhältnisse, des Annahmeverzuges der Beklagten sowie die Feststellung verlangt, dass der Beklagten über 126.316,35 €, hilfsweise 131.897,21 €, keine weiteren Zahlungsansprüche zustehen. Die Beklagte hat mit der Hilfswiderklage Zahlung von 144.848,17 € nebst (Vertrags-)zinsen verlangt.

Die den Darlehensvertragsangeboten der Beklagten beigefügten, von den Kläger jeweils gesondert unterzeichneten Widerrufsbelehrungen haben - für alle drei Darlehensverträge übereinstimmend - folgenden Wortlaut:

Widerrufsbelehrung

zum Angebot für einen ...-Annuitätenkredit

Sie können Ihre Vertragserklärung innerhalb von zwei Wochen ohne Angabe von Gründen in Textform (z.B. Brief, Fax, E-Mail) widerrufen. Der Lauf der Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs. Der Widerruf ist zu richten an:

......

Widerrufsfolgen:

Im Falle eines wirksamen Widerrufs sin die beiderseits empfangenen Leistungen zurückzugewähren und gegebenenfalls gezogene Nutzungen (z.B. Zinsen) herauszugeben. Können Sie uns die empfangenen Leistungen ganz oder teilweise nicht oder nur in verschlechtertem Zustand zurückgewähren, müssen Sie uns insoweit gegebenenfalls Wertersatz leisten. Dies kann dazu führen, dass Sie die vertraglichen Zahlungspflichten für den Zeitraum bis zum Widerruf gleichwohl erfüllen müssen. Verpflichtungen zur Erstattung von Zahlungen müssen Sie innerhalb von 30 Tagen nach Absendung Ihrer Widerrufserklärung erfüllen.

Finanzierte Geschäfte:

Widerrufen Sie diesen Kreditvertrag, mit dem Sie Ihre Verpflichtungen aus einem anderen Vertrag finanzieren, so sind Sie auch an den anderen Vertrag nicht gebunden, wenn beide Verträge eine wirtschaftliche Einheit bilden.

Dies ist insbesondere anzunehmen, wenn wir zugleich auch Ihr Vertragspartner im Rahmen des anderen Vertrags sind, oder wenn wir uns bei Vorbereitung oder Abschluss des Kreditvertrags der Mitwirkung Ihres Vertragspartners bedienen. Können Sie auch den anderen Vertrag widerrufen, so müssen Sie den Widerruf gegenüber Ihrem diesbezüglichen Vertragspartner erklären.

Bei einem finanzierten Erwerb eines Grundstücks oder grundstücksgleichen Rechts ist dies hingegen nur anzunehmen, wenn die Vertragspartner in beiden Verträgen identisch sind oder wenn wir über die zur Verfügungstellung von Krediten hinausgehen und Ihr Grundstücksgeschäft durch Zusammenwirken mit dem Veräußerer fördern, indem wir uns dessen Veräußerungsinteressen ganz oder teilweise zu eigen machen, bei der Planung, Werbung oder Durchführung des Projekts die Funktionen des Veräußerers übernehmen oder den Veräußerer einseitig begünstigen. Können Sie auch den anderen Vertrag widerrufen, so müssen Sie den Widerruf gegenüber Ihrem diesbezüglichen Vertragspartner erklären.

Wird mit diesem Kreditvertrag die Überlassung einer Sache finanziert, gilt Folgendes: Wenn Sie diese Sache im Falle des Widerrufs ganz oder teilweise nicht oder nur in verschlechtertem Zustand zurückgeben können, haben Sie dafür gegebenenfalls Wertersatz zu leisten. Dies gilt dann nicht, wenn die Verschlechterung der Sache ausschließlich auf deren Prüfung - wie Sie Ihnen etwa im Ladengeschäft möglich gewesen wäre - zurückzuführen ist. Im Übrigen können Sie die Wertersatzpflicht vermeiden, indem Sie die Sache nicht wie Ihr Eigentum in Gebrauch nehmen und alles unterlassen, was deren Wert beeinträchtigt.

Paketversandfähige Sachen sind auf Kosten und Gefahr Ihres Vertragspartners zurückzusenden, es sei denn, Sie haben sich vertraglich verpflichtet, die Kosten der Rücksendung zu tragen, wenn die gelieferte Sache der bestellten entspricht und wenn entweder der Preis der zurückzusendenden Sache einen Betrag von 40 Euro nicht übersteigt oder wenn Sie bei einem höheren Preis der Sache zum Zeitpunkt des Widerrufs noch nicht die Gegenleistung oder eine vertraglich vereinbarte Teilzahlung erbracht haben.

Nicht paketversandfähige Sachen werden bei Ihnen abgeholt. Wenn Ihrem Vertragspartner der Kredit bei Wirksamwerden des Widerrufs oder der Rückgabe bereits zugeflossen ist, können Sie sich wegen der Rückabwicklung nicht nur an diesen, sondern auch an uns halten."

Mit ihrem Widerrufsschreiben vom 20.05.2014 haben die Kläger die Ansprüche der Beklagten auf Rückzahlung der jeweils ausgezahlten Nettokreditbeträge sowie nach ihrer Auffassung bestehenden Nutzungswertersatzansprüche der Beklagten sowie die Ansprüche der Kläger auf Rückerstattung der auf die Darlehen geleisteten Zahlungen zuzüglich Nutzungen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gegenüber gestellt und nach Verrechnung der Gesamtbeträge einen Auszahlungsanspruch der Beklagten in Höhe von insgesamt 159.358,48 € berechnet, entsprechende Zahlungen angekündigt und die Beklagte im Gegenzug aufgefordert, die gestellten Sicherheiten freizugeben.

Am 20.06.2014 haben die Kläger an die Beklagte auf das Darlehen mit der Endziffer 38 81.152,37 €, auf das Darlehen mit der Endziffer 46 55.616,11 € und auf das Darlehen mit der Endziffer 20 21.733,95 € überwiesen.

Die Beklagte ist dem Widerruf mit Schreiben vom 18.07.2014 entgegengetreten. Sie hat die Auffassung vertreten, die Kläger seien ordnungsgemäß belehrt worden; jedenfalls sei die Ausübung des Widerrufsrechts rechtsmissbräuchlich und das Recht verwirkt. Gleichzeitig hat sie mit der Begründung, es ermangele an einem Rückzahlungsrecht, die Rücküberweisung der bei ihr eingegangenen Zahlungen angekündigt, die anschließend auch erfolgt ist.

Im Übrigen wird auf die Feststellungen in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen.

Mit Urteil vom 15.10.2015 hat das Landgericht festgestellt, dass die Darlehensverträge in Rückabwicklungsschuldverhältnisse umgewandelt worden seien, sich die Beklagte hinsichtlich der Rückzahlungsverpflichtung der Kläger in Annahmeverzug befinde und dass der Beklagten aus dem Rückgewährschuldverhältnis über einen Betrag von 131.897,21 € hinaus keine weiteren Zahlungsansprüche aus den drei Darlehen zustünden. Auf die Hilfswiderklage hat es die Kläger verurteilt, an die Beklagte einen Betrag von 131.897,21 € zu zahlen.

Es hat die Feststellungsanträge der Kläger als zulässig erachtet und zur Begründetheit ausgeführt, die Widerrufsbelehrung sei fehlerhaft sie genüge wegen nicht eindeutiger Aufklärung über den Fristbeginn nicht den Anforderungen des § 355 Abs. 2 S. 1 BGB. Die Schutzwirkung des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV komme der Beklagten nicht zugute, denn sie habe kein Formular verwendet, das der Musterbelehrung inhaltlich und in der äußeren Gestaltung vollständig entsprochen habe. Das Widerrufsrecht sei weder verwirkt, noch sei seine Ausübung rechtsmissbräuchlich. Infolge des Widerrufs stünden der Beklagten Zahlungsansprüche in Höhe von (nicht mehr als) 131.897,21 € zu. Den Klägern stehe ein Nutzungswertersatzanspruch in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu. Der Nutzungswertersatzanspruch der Beklagten sei nach der Zinsstatistik der Deutschen Bundesbank für vergleichbare Darlehen bezogen auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses zu schätzen.

Ein Zinsanspruch der Beklagten für den Zeitraum nach dem Widerruf bestehe nicht mehr, da die Kläger, die im Juni 2014 bereits 158.502,43 € durch den Anschlussfinanzierer an die Beklagte überwiesen hätten, einen Nutzen nicht mehr gezogen hätten; die Rücküberweisung der Beklagten ändere daran nichts.

Die Beklagte habe sich nach der Überweisung im Juni 2014 in Annahmeverzug befunden. Da die Kläger vertretbar der Ansicht gewesen seien, alles zu leisten, was sie schuldeten, hätte die Beklagte die Teilleistung nicht ablehnen dürfen.

Die Hilfswiderklage sei in Höhe von 131.897,21 € begründet; ein Zinsanspruch stehe der Beklagten infolge des Annahmeverzuges auf diesen Betrag nicht zu.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten, mit der sie die Klageabweisung sowie hilfsweise auf die Widerklage die Zahlung von zuletzt 138.719,93 € zuzüglich Zinsen in Höhe der Vertragszinsen anstrebt. Sie hält im Umfang ihrer Beschwer ihre erstinstanzliche Sichtweise aufrecht, aktualisiert die eingegangenen Zahlungen bis einschließlich 30.12.2016 und berechnet die wechselseitigen Ansprüche neu auf der Grundlage von Nutzungswertersatz zu ihren Gunsten in Höhe des Vertragszinses auch über den Zeitpunkt der Widerrufes hinaus und in Höhe von 2,5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zugunsten der Kläger, insoweit nunmehr allerdings zusätzlich unter Abzug - nach ihrer Auffassung zu berücksichtigender - Kapitalertragssteuer und Solidaritätszuschlag.

Nachdem die Parteien den Klageantrag zu 3. übereinstimmend für erledigt erklärt haben, beantragt die Beklagte im Übrigen zuletzt,

unter teilweiser Abänderung des Urteils des Landgerichts Cottbus vom 15. Oktober 2015, Az. 2 O 153/14,

die Klage insgesamt abzuweisen.

hilfsweise

unter Neufassung des Tenors zu 5. des landgerichtlichen Urteils die Kläger als Gesamtschuldner zur Zahlung von 138.719,93 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 4,71 % p.a. aus 82.031,80 € seit dem 1. Dezember 2016 sowie weiteren Zinsen in Höhe von 4,05 % p.a. aus 55.667,04 € seit dem 31. Dezember 2016 sowie weiteren Zinsen in Höhe von 4,16 % p.a. aus 1.021,09 € seit dem 16. Februar 2015 zu verurteilen.

Die Kläger beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigen das Urteil des Landgerichts - insbesondere, soweit der Beklagten für die Zeit nach dem Widerruf ein Anspruch auf Nutzungswertersatz nicht zuerkannt wurde. Den erstmaligen Vortrag zum Abzug von Kapitalertragssteuer und Solidaritätszuschlag halten die Kläger für nicht zulassungsfähig. Zur Frage des marktüblichen Zinssatzes machen die Kläger geltend, die Beklagte habe in den Jahren 2009 bis 2014 aus Forderungen gegenüber Kreditinstituten sowie Kunden jeweils deutlich über 2,5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz liegende Zinserträge erwirtschaftet.

II.

Die Berufung ist zulässig; in der Sache hat sie jedoch nur teilweise Erfolg.

A. Der Feststellungsantrag der Kläger ist zulässig und begründet, soweit er im Sinne einer negativen Feststellungsklage darauf gerichtet ist festzustellen, dass die vertraglichen Erfüllungsansprüche der Beklagten aus den streitgegenständlichen Darlehensverträgen erloschen sind. Soweit die Kläger darüber hinaus festgestellt wissen wollen, dass sich die Darlehensverträge in Rückgewährschuldverhältnisse umgewandelt haben, ist er dagegen unzulässig.

1.a) Soweit der Antrag der Kläger auf Feststellung des Erlöschens der Ansprüche aus den streitgegenständlichen Darlehensverträgen gerichtet ist, ist er im Sinne einer negativen Feststellungsklage, gerichtet auf Feststellung zu verstehen, dass der Beklagten aus den Darlehensverträgen keine Ansprüche mehr zustehen. Diese negative Feststellungsklage ist zulässig (ebenso BGH Urteil vom 16. Mai 2017 - XI ZR 568/15 - bislang nur in Form der Presseerklärung vom 16.05.2017 bekannt gemacht). Es fehlt insbesondere nicht an dem gemäß § 256 ZPO erforderlichen Feststellungsinteresse. Dieses ergibt sich vielmehr daraus, dass die Beklagte, beginnend mit dem Schreiben vom 18.07.2014 und auch noch im Berufungsverfahren, die Wirksamkeit des von den Klägern mit Schreiben vom 20.05.2014 erklärten Widerrufs ihrer Darlehensvertragserklärungen in Abrede gestellt und sich damit gleichzeitig des Fortbestehens ihrer Ansprüche aus den Darlehensverträgen berühmt. Dieses Feststellungsinteresse ist nicht, auch nicht etwa durch die mit Schriftsatz der Beklagten vom 19. Februar 2015 erhobene Hilfswiderklage, entfallen; es besteht vielmehr bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Hilfswiderklage fort.

Der Zulässigkeit dieser negativen Feststellungsklage steht auch nicht der Vorrang der Leistungsklage entgegen. Mit der auf Feststellung des Nichtbestehens von Ansprüchen der Beklagten aus den Darlehensverträgen gerichteten Klage verfolgen die Kläger ein anderes Interesse als mit dem auf Feststellung der Umwandlung in Rückabwicklungsschuldverhältnisse gerichteten Ausspruch. Während letzteres auf das Leistungsinteresse der Kläger in Bezug auf ihre aus § 357 Abs. 1, S. 1 BGB a.F. i.V.m. §§ 346 ff. BGB folgenden Ansprüche auf Rückgewähr ihrer auf den Darlehensvertrag erbrachten Leistungen gerichtet ist und sich darin auch erschöpft (BGH Urteil vom 24. Januar 2017 - XI ZR 183/15 - Rn. 15; Versäumnisurteil vom 21. Februar 2017 - XI ZR 467/15 - Rn. 21), besteht das Interesse der Kläger an der Feststellung des Nichtbestehens von Ansprüchen der Beklagten aus den Darlehensverträgen darin, sich vor negativen Folgen aus einer Nichterfüllung ihrer mit den Darlehensverträgen eingegangenen Verbindlichkeiten zu schützen.

b) Soweit die Kläger über die danach zulässige negative Feststellungsklage hinaus, positiv festgestellt wissen wollen, dass sich die Darlehensverträge in Rückabwicklungsschuldverhältnisse umgewandelt haben, ist ihr Antrag dagegen unzulässig.

Wie der BGH mit Versäumnisurteil vom 21.02.2017 (XI ZR 467/15) überzeugend ausgeführt hat, ist eine nach Widerruf eines Verbraucherdarlehens auf Feststellung der Umwandlung des Darlehensvertrages in ein Rückabwicklungsschuldverhältnis gerichtete Klage regelmäßig unzulässig. Dies hat der BGH damit begründet, dass der Feststellungsklage der Vorrang der Leistungsklage entgegenstehe. Der Verbraucher könne sein aus dem Rückgewährschuldverhältnis resultierendes eigenes Leistungsinteresse, bestehend aus dem Zahlungsanspruch auf Rückgewähr der von ihm auf den Darlehensvertrag erbrachten Leistungen aus § 357 Abs. 1, S. 1 BGB a.F. i.V.m. §§ 346 ff. BGB im Wege der Leistungsklage verfolgen. Eine Leistungsklage sei dem Verbraucher auch zumutbar und erschöpfe in Fällen, in denen kein verbundener Vertrag zugrunde liege, das Feststellungsziel des Verbrauchers. Das Feststellungsinteresse gehe wirtschaftlich in der auf Rückgewähr der vom Verbraucher gerichteten Leistungsklage vollständig auf. Dieser Sichtweise schließt sich der Senat - in Abkehr von seiner bislang vertretenen Auffassung - an.

Die auf Feststellung der Umwandlung der Darlehensverträge in Rückgewährschuldverhältnisse gerichtete Klage ist im vorliegenden Fall auch nicht ausnahmsweise zulässig; soweit der Senat in seinem Hinweisbeschluss vom 03. Mai 2017 (Bl. 605 ff. d.A.) eine andere Sichtweise erwogen hat, nimmt er davon Abstand.

Zwar kann ausnahmsweise, so etwa in Fällen, in denen gesichert ist, dass die auf Feststellung der Umwandlung des Darlehensvertrages in ein Rückgewährschuldverhältnis gerichtete Klage die Meinungsverschiedenheiten der Parteien endgültig bereinigt (BGH Urteil vom 24. Januar 2017 - XI ZR 183/15), auch die auf Feststellung der Umwandlung eines Darlehensvertrages in ein Rückgewährschuldverhältnis gerichtete Klage zulässig sein. Diese Konstellation liegt hier jedoch nicht vor, welche Ansprüche in welchem Umfang den Parteien im Rahmen des Rückabwicklungsschuldverhältnisses zustehen, ist zwischen ihnen vielmehr unter verschiedenen Gesichtspunkten streitig.

Die auf Feststellung der Umwandlung in ein Rückgewährschuldverhältnis gerichtete Klage ist auch nicht deshalb ausnahmsweise zulässig, weil die Beklagte, nachdem die Leistungsansprüche der Kläger aus dem Rückgewährschuldverhältnis infolge der bereits mit dem Widerrufsschreiben vom 20.05.2014 erklärten Aufrechnung gegen die der Beklagten aus diesen Rückgewährschuldverhältnissen zustehenden Ansprüche erloschen sind, die Annahme der am 20.06.2014 erfolgten Zahlung der Kläger auf die - nach Berechnung der Kläger - verbleibenden Restforderungen der Beklagten verweigert hat. Zwar bestand - mit Ausnahme der, bereits unter a) erörterten, Möglichkeit der Erhebung der negativen Feststellungsklage und, wie im Folgenden unter B. noch auszuführen sein wird, der zulässigen Klage auf Feststellung des Annahmeverzuges der Beklagten - für die Kläger keine Möglichkeit, aktiv gerichtlich klären zu lassen, ob sich die Darlehensverträge infolge ihres Widerrufs vom 20.05.2014 in Rückabwicklungsverhältnisse umgewandelt hatten. Das trotz Erfüllung ihrer Leistungsansprüche aus §§ 357, 346 BGB fortbestehende Interesse der Kläger an der Klärung dieser Frage im Hinblick auf einen Anspruch auf Rückgewähr der als Sicherheit für die Ansprüche der Beklagten aus den Darlehensverträgen und den Rückgewährschuldverhältnissen bestellten Grundschuld vermag ein Feststellungsinteresse der Kläger für die auf Feststellung der Umwandlung der Darlehensverträge in Rückgewährschuldverhältnisse jedoch nicht zu begründen. Dies ändert - wie die Beklagte mit Schriftsatz vom 24.05.2017 zu Recht geltend macht - nichts daran, dass sich mit dem Erlöschen der Leistungsansprüche der Kläger aus §§ 357, 346 BGB das Rechtsschutzziel dieser Feststellungsklage erschöpft und dem Interesse der Kläger an der Durchsetzung ihres aus der Sicherungsabrede folgenden Anspruchs auf Rückgewähr der Grundschuld mit der begehrten Feststellung der Umwandlung der Darlehensverträge in Rückabwicklungsschuldverhältnisse nicht, insbesondere nicht weitergehend als mit der (zulässigen) negativen Feststellungsklage in Bezug auf das Nichtbestehen von Ansprüchen aus den Darlehensverträgen, gedient wäre.

2. Soweit die Feststellungsklage gerichtet auf Feststellung, dass der Beklagten aus den Darlehensverträgen keine Ansprüche zustehen, danach zulässig ist, ist sie - wie das Landgericht zutreffend erkannt hat - auch begründet.

Der Beklagten stehen aus den streitgegenständlichen Darlehensverträgen keine Ansprüche gegen die Kläger zu, da die Kläger ihre zum Abschluss dieser Verträge abgegebenen Willenserklärungen wirksam widerrufen haben.

Auf das Schuldverhältnis zwischen den Parteien sind gemäß Art. 229 § 22 Abs. 2 EGBGB das BGB und die BGB-Informationspflichten-Verordnung in der bis zum 10. Juni 2010 geltenden Fassung anzuwenden, da der Vertrag zwischen den Parteien vor dem genannten Datum geschlossen ist und es sich nicht um ein unbefristetes Schuldverhältnis im Sinne des Art. 229 § 22 Abs. 3 EGBGB handelt.

1. Das Widerrufsrecht gemäß den §§ 495, 355 BGB - das Widerrufsrecht für Fernabsatzverträge gemäß den §§ 312d, 355 BGB tritt gemäß § 312d Abs. 5 BGB hinter dem des § 495 BGB zurück - ist nicht gemäß § 355 Abs. 3 Satz 1 BGB in der ab dem 8. Dezember 2004 geltenden Fassung erloschen. Die zweiwöchige Widerrufsfrist des § 355 Abs. 1 Satz 2 BGB hat entgegen der Auffassung der Beklagten mangels ordnungsgemäßer Belehrung gemäß § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB nicht zu laufen begonnen.

Der mit dem Widerrufsrecht bezweckte Schutz des Verbrauchers erfordert eine umfassende, unmissverständliche und für den Verbraucher eindeutige Belehrung. Der Verbraucher soll dadurch nicht nur von seinem Widerrufsrecht Kenntnis erlangen, sondern auch in die Lage versetzt werden, dieses auszuüben. Er ist deshalb gemäß § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB auch über den Beginn der Widerrufsfrist eindeutig zu informieren. An einer solchen hinreichenden Belehrung fehlt es hier. Deshalb ist nach § 355 Abs. 3 Satz 1 BGB das Widerrufsrecht der Beklagten auch nicht sechs Monate nach Vertragsschluss erloschen.

a) Die in der Vertragsurkunde enthaltene Widerrufsbelehrung ist hinsichtlich des Beginns der Frist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. nur: Urteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 564/15 - Rn. 18 m.w.N.) und des Senats (vgl. nur: Urteil vom 29. Dezember 2016 - 4 U 89/15), unzureichend. Sie enthielt den Hinweis, dass die Frist für den Widerruf "frühestens mit Erhalt dieser Belehrung" beginne. Mit einer solchen Belehrung wird der Verbraucher nicht eindeutig über den Beginn der Widerrufsfrist belehrt. Der Verbraucher kann der Verwendung des Wortes "frühestens" zwar entnehmen, dass der Beginn des Fristlaufs gegebenenfalls noch von weiteren Voraussetzungen abhängt, er wird jedoch darüber im Unklaren gelassen, um welche (etwaigen) Umstände es sich dabei handelt.

b) Die Beklagte kann sich auch nicht auf die Gesetzlichkeitsfiktion des § 14 BGB-InfoV (in der ab dem 04.08.2009 bis zum 10.06.2010 geltenden Fassung) berufen, da sie nicht nur unbedenkliche Anpassungen, sondern eine inhaltliche Bearbeitung vorgenommen hat, die über Anpassungen hinausgehen, die für den Erhalt der Gesetzlichkeitsfiktion unschädlich sind, weil sie den vom Gesetzgeber selbst nach Art 245 EGBGB, § 14 Abs. 3 BGB-InfoV a.F. als unschädlich erkannten Abweichungen ihrer Qualität nach entsprechen, ohne die Deutlichkeit der Belehrung zu schmälern (vgl. dazu nur BGH Urteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 564/15 - Rn. 23 ff.).

Auch dies beginnt bereits mit der Belehrung zum Fristlauf. Diese lautete - wie bereits erörtert - in den streitgegenständlichen Belehrungen "Der Lauf der Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung", während das Muster zu § 14 BGB-InfoV in der ab dem 04.08.2009 geltenden Fassung die Formulierung vorsah: "Die Frist beginnt nach Erhalt dieser Belehrung in Textform", d.h. gerade die missverständliche Formulierung "frühestens" nicht (mehr) aufwies. Weitere nicht mehr von § 14 Abs. 3 BGB-InfoV gedeckte Abweichungen bestehen darin, dass die Zwischenüberschrift "Widerrufsrecht" fehlt und von dem Gestaltungshinweis 10 zum finanzierten Geschäft schon deshalb nicht in der im Muster vorgegebenen Weise Gebrauch gemacht worden ist, weil der Satz 2 zur Belehrung über den Darlehensvertrag bezogen auf den finanzierten Erwerb eines Grundstücks nicht ersetzt, sondern beibehalten und durch den auf den Grundstückserwerb bezogenen Hinweis ergänzt worden ist.

2. Der Ausübung des Widerrufsrechts mit Schreiben vom 20.05.2014 steht der Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) nicht entgegen.

a) Die Beklagte kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass das Widerrufsrecht verwirkt sei.

Eine Verwirkung als Unterfall der wegen Verstoßes gegen Treu und Glauben unzulässigen Rechtsausübung kommt in Betracht, wenn der Berechtigte ein Recht längere Zeit nicht geltend gemacht hat, obwohl er hierzu in der Lage war, und der Verpflichtete sich mit Rücksicht auf das gesamte Verhalten des Berechtigten darauf einrichten durfte und eingerichtet hat, dass dieser sein Recht nicht mehr geltend machen werde. Die Annahme einer Verwirkung setzt somit neben dem Zeitablauf das Vorliegen besonderer, ein solches Vertrauen des Verpflichteten begründender, Umstände voraus. Ob eine Verwirkung vorliegt, richtet sich letztlich nach den vom Tatrichter festzustellenden und zu würdigenden Umständen des Einzelfalles (BGH, zuletzt Urteile vom 11. Oktober 2016 - XI ZR 482/15 - und vom 12. Juli 2016 - XI ZR 564/15 und XI ZR 501/15 -).

Für das Umstandsmoment der Verwirkung kommt es in erster Linie auf das Verhalten des Berechtigten an. Mit der Verwirkung soll die illoyal verspätete Geltendmachung von Rechten gegenüber dem Verpflichteten ausgeschlossen werden. Maßgebend ist insoweit, ob bei objektiver Beurteilung der Verpflichtete dem Verhalten des Berechtigten entnehmen durfte, dass dieser sein Recht nicht mehr geltend machen wolle, ob er sich also darauf einrichten durfte, dass er mit einer Rechtsausübung durch den Berechtigten nicht mehr zu rechnen brauche; der Vertrauenstatbestand kann nicht durch bloßen Zeitablauf geschaffen werden (BGH, Urteil vom 9. Oktober 2013 - XII ZR 59/12 - Rdnr. 10). Allerdings stehen das Zeitmoment und das Umstandsmoment insofern in Wechselwirkung zueinander, als der Zeitablauf umso kürzer sein kann, je gravierender die sonstigen Umstände sind, und umgekehrt an diese Umstände desto geringere Anforderungen gestellt werden, je länger der abgelaufene Zeitraum ist (vgl. nur BGH, Urteil vom 19. Oktober 2005 - XII ZR 224/03 - Rdnr. 23; OLG Frankfurt, Urteil vom 19. November 2014 - 19 U 74/14 - Rdnr. 44). Die zeitlichen und sonstigen Umstände des Falles müssen in ihrer Gesamtheit die Beurteilung tragen, dass Treu und Glauben dem Gläubiger die Verfolgung des Anspruchs verwehren, mit dessen Geltendmachung der Schuldner nicht mehr rechnen musste (vgl. dazu nur OLG Düsseldorf, Urteil vom 9. Januar 2014 - 14 U 55/13 - Rdnr. 33).

Die hier zwischen Vertragsschluss (am 02.11.2009) und Widerruf (am 20.05.2014) liegenden Zeitspanne von etwa 4 ½ Jahren, innerhalb derer die Kläger den Widerruf nicht erklärt haben, mag für die Annahme des Zeitmoments ausreichen; mangels hinreichender Umstände für ein schutzwürdiges Vertrauen darauf, dass das Widerrufsrecht nicht (mehr) ausgeübt wird, kann jedoch eine Verwirkung nicht angenommen werden.

Dass über einen Zeitraum von 4 ½ Jahren das Darlehen vertragsgemäß bedient wurde, kann einen Vertrauenstatbestand bei der Beklagten nicht begründen (BGH, Urteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 564/15 - Rdnr. 39; Senatsurteil vom 20. Januar 2016 - 4 U 79/15 - und OLG Stuttgart, Urteil vom 6. Oktober 2015 - 6 U 148/14 - Rdnr. 51), denn zur Begleichung der vereinbarten Raten war der Kläger vertraglich verpflichtet.

Es kann dahingestellt bleiben, ob die Beklagte ein schutzwürdiges Vertrauen schon deshalb nicht in Anspruch nehmen kann, weil sie die Situation selbst herbeigeführt hat, indem sie der Klägerin keine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung erteilte (so BGH, Urteil vom 29. Juli 2015 - IV ZR 384/14 - Rdnr. 31 zur nicht ordnungsgemäßen Belehrung über das Widerspruchsrecht gemäß § 5a VVG); dagegen spricht allerdings, dass erst die - von der Beklagten verursachte - fehlerhafte Widerrufsbelehrung Raum für eine Verwirkung des Widerrufsrechts gewährt. Gegen die Schutzwürdigkeit eines etwaigen Vertrauens darauf, dass die Kläger von ihrem Widerrufsrecht noch Gebrauch machten, spricht jedenfalls, dass es die Beklagte selbst in der Hand hatte, das unbefristete Widerrufsrecht zu beenden, indem sie den Klägern eine ordnungsgemäße Nachbelehrung (§ 355 Abs. 2 Satz 2 BGB) erteilte dies war der Beklagten nach der Entscheidung des Gesetzgebers nicht nur jederzeit möglich, sondern auch zumutbar (BGH, Urteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 564/15 - Rdnr. 41).

Entgegen der Auffassung der Beklagten ist ein wesentlicher Unterschied in Bezug auf das Umstandsmoment bei Fällen mit gänzlich fehlender Widerrufsbelehrung einerseits und denjenigen mit einer vorhandenen, aber nicht ordnungsgemäßen Belehrung andererseits nicht zu erkennen. Der Verbraucher ist entweder ordnungsgemäß belehrt worden oder nicht (BGH, Urteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 564/15 - Rdnr. 40). Sein Recht besteht in beiden Fällen unerkannt fort, gleichgültig, ob er von vornherein mangels jeglicher Belehrung von einem Widerrufsrecht gar nichts weiß und es deswegen nicht ausübt oder ob er nur irrtümlich meint, die Ausübung sei inzwischen verfristet. Erweckt die Widerrufsbelehrung - wie hier - den Anschein der Richtigkeit und Vollständigkeit, wird es allerdings dem Verbraucher aus der maßgeblichen Sicht der Bank schwerer fallen, das Fortbestehen des Widerrufsrechts zu erkennen.

Tatsachen, die aus Sicht der Bank die Annahme hätten begründen können, die Kläger hätten nicht aus bloßer Unkenntnis von dem Fortbestehen seines Widerrufsrechts nicht widerrufen, sind weder dargetan noch ersichtlich. Selbst die beklagte Bank ist, obgleich ihrer eigenen oder der Rechtsabteilung der B...bank, deren hundertprozentige Tochter sie ist, die in Rechtsprechung und namhafter Literatur geäußerten Bedenken gegen die Gesetzmäßigkeit des Hinweises zum Beginn der Widerrufsfrist (siehe nur Münchener Kommentar - Ulmer, BGB, 4. Aufl. 2003 § 355 Rdnr. 52; Palandt-Grüneberg, BGB, 66. Aufl. 2007 BGB-InfoV 14 Rdnr. 5; OLG Schleswig, Urteil vom 25. Oktober 2007 - 16 U 70/07 - OLGR 2007, S. 929 = MDR 2008, 254 = ZGS 2008, 158; OLG Hamm, Beschluss vom 15. März 2007 - 4 W 1/07, CR 2007, S. 387;; LG Halle, Urteil vom 13. Mai 2005 - 1 S 28/05 - BB 2006, 1817 = WM 2007,119 = K&R 2006, 418 = MMR 2006, 772; LG Koblenz, Urteil vom 20. Dezember 2006 - 12 S 128/06 - BB 2007, 237 = ZIP 2007, 638; Masuch BB 2005, 344) hätten bekannt sein müssen, offenbar davon ausgegangen, die von ihr verwendete Widerrufsbelehrung sei ordnungsgemäß.

Es bestehen ferner keine Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte in ihrem schutzwürdigen Vertrauen auch tatsächlich so disponiert hätte, dass die Zulassung einer verspäteten Durchsetzung für sie eine unzumutbare Belastung mit sich brächte.

Soweit in der Rechtsprechung - auch des Senats (Senatsurteil vom 27. April 2016 - 4 U 81/15) - eine Verwirkung in Fällen bejaht wurde, in denen dem Verbraucher eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung erteilt wurde und das Darlehen vor Erklärung des Widerrufs bereits vollständig getilgt war, liegt ein solcher Fall hier nicht vor. Von den in den Darlehensverträgen angegebenen Darlehenslaufzeiten von 26, 28 bzw. 39 Jahren waren bis zur Ausübung des Widerrufsrechts am 20.05.2014 nicht einmal 4 1/2 Jahre abgelaufen. Daher lag auch keine bei Ausübung des Widerrufsrechts bereits vollständige und beanstandungsfreie Vertragsabwicklung vor, auf die sich das Umstandsmoment stützen ließe.

Dem Gesichtspunkt, dass der Kläger möglicherweise - keineswegs fern liegend - den Widerruf im Hinblick auf das zwischenzeitlich erheblich gesunkene Zinsniveau und die hierdurch eröffneten Möglichkeiten des Abschlusses eines (zins)günstigeren Darlehensvertrages erklärt hat, kommt für die Prüfung der Verwirkung entgegen der von der Beklagten vertretenen Auffassung keine maßgebliche Bedeutung zu, da es bei der Ausübung einer eingeräumten Widerrufsmöglichkeit grundsätzlich keine Rolle spielt, ob den Widerrufenden schlichte Vertragsreue oder andere subjektive Motive antreiben. Von dieser Sichtweise in Fällen einer vom Unternehmer verursachten zeitlich unbeschränkten Widerrufsmöglichkeit eine Ausnahme zu machen, besteht kein sachlicher Grund.

Soweit das OLG München unter Berufung auf § 5a VVG und die am 12. Dezember 2011 in Kraft getretene Richtlinie 2011/83/EWG eine zeitliche Limitierung des Widerrufsrechts als "allgemeinen Rechtsgedanken" in der Gesetzgebung gefunden haben will (Verfügung vom 26. Juli 2013 - 27 U 920/13, Anlage B 10, Bl. 316 f. d.A.), ist dem entgegenzuhalten, dass das Widerrufsrecht gemäß der hier einschlägigen Norm des § 355 Abs. 3 Satz 2 BGB nach dem Willen des Gesetzgebers gerade nicht (spätestens 6 Monate nach Vertragsschluss) erlöschen sollte, wenn der Verbraucher nicht ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht belehrt worden ist. Dass mit der neuen Verbraucherrichtlinie zwischenzeitlich - möglicherweise auch gerade vor dem Hintergrund der als nicht wünschenswert erachteten Rückabwicklung von Anlagen wie der vorliegenden Jahre nach den maßgeblichen Verpflichtungserklärungen - die Regelung des "ewigen Widerrufsrechts" aufgegeben wurde und durch Neufassung der §§ 355 ff. BGB mit Wirkung zum 13. Juni 2014 eine Gesetzesänderung eingetreten ist, kann den Vorwurf der unzulässigen Rechtsausübung des Widerrufsrechts für sog. Altfälle unter dem Gesichtspunkt der Verwirkung nicht stützen.

b) Den Klägern war es nach § 242 BGB auch außerhalb der Grenzen der Verwirkung nicht unter dem Gesichtspunkt der Rechtsmissbräuchlichkeit der Rechtsausübung verwehrt, das Widerrufsrecht noch am 20.05.2014 auszuüben.

aa) Wie bereits vom Senat mehrfach dargelegt (Senatsurteile vom 20. Januar 2016 - 4 U 79/15 - und vom 1. Juni 2016 - 4 U 125/15 - und 4 U 182/14 -), lässt sich ein Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben gemäß § 242 BGB nicht auf das sogenannte Übermaßverbot stützen.

Mit dem Übermaßverbot wird der Rechtsausübung ausnahmsweise bei schwereren Vertragsverstößen entgegengetreten, wenn sie dem anderen Teil unverhältnismäßige Nachteile zufügt und auch weniger schwerwiegende Maßnahmen den Interessen des Berechtigten genügen (siehe nur BGH, Urteil vom 28. September 1984 - V ZR 43/83 - Rdnr. 23 f). Ein solcher Fall einer nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) wegen Verstoßes gegen das Übermaßverbot in Betracht zu ziehenden Beschränkung der Rechtsausübung liegt hier allerdings schon deshalb nicht vor, weil den Klägern weniger schwerwiegendere Maßnahmen, die sie anstelle der Ausübung des Widerrufsrechts hätten ergreifen können, nicht zur Verfügung standen.

Weitere Fälle einer Rechtsausübung "im Übermaß", in denen bestimmte schwerwiegende Rechtsfolgen nach Treu und Glauben als nicht eingetreten betrachtet worden sind, wurden angenommen bei lediglich geringfügigen Mietrückständen, bei Prämienrückständen oder sonstigen geringfügigen Zahlungsrückständen oder bei geringfügigen, die Stellung eines Versicherers nicht beeinflussenden Verletzungen der Obliegenheitspflicht durch den Versicherten (siehe nur BGH, Urteile vom 19. Dezember 1979 - VIII ZR 46/79 - Rdnr. 18 m.w.N., und vom 8. Juli 1981 - VIII ZR 247/80 - Rdnr. 14 m.w.N.). Stets gemeinsam war diesen Fällen, dass die Pflichtverletzung des anderen Vertragsteils lediglich geringfügig war. Ungeachtet der Frage der grundsätzlichen Vergleichbarkeit der genannten Fallgestaltungen mit Verletzungen der Belehrungspflicht über das Widerrufsrecht kann vorliegend von einer lediglich geringfügigen Pflichtverletzung nicht die Rede sein, weil sich der Widerrufsbelehrung - wie oben dargelegt - zwar entnehmen lässt, dass der Beginn des Fristlaufs gegebenenfalls noch von weiteren Voraussetzungen abhängt, der Verbraucher aber darüber im Unklaren gelassen wird, um welche (etwaigen) Umstände es sich dabei handelt.

bb) Auch auf den Gesichtspunkt des missbräuchlichen Ausnutzens einer formalen Rechtsstellung lässt sich der Treuwidrigkeitseinwand gemäß § 242 BGB nicht stützen.

Hierunter werden gemeinhin Sachverhalte gefasst, in denen sich der Verpflichtete wegen offensichtlichen Missbrauchs auf Beschränkungen der anderen Partei berufen kann, die lediglich gegenüber einem Dritten bestehen oder nur im Innenverhältnis wirksam sind (vgl. Palandt-Grüneberg § 242 Rdnr. 49). So entfällt etwa im Falle einer Garantie auf erstes Anfordern die Zahlungspflicht der Garantiebank, wenn klar erkennbar ist, dass es an einer materiellen Berechtigung des Gläubigers fehlt und dieser infolge dessen seine formale Rechtsstellung als Garantienehmer missbraucht (BGH, Urteil vom 20. September 2011 - XI ZR 17/11); Gleiches gilt bei einer Bürgschaft auf erstes Anfordern (siehe nur BGH, Urteile vom 05. März 2002 - XI ZR 113/01 - und vom 18. April 2002 - VII ZR 192/01 - Rdnr. 25).

Wenngleich das Widerrufsrecht vor vertraglichen Bindungen schützen soll, die der Verbraucher möglicherweise übereilt, ohne grundlegende Abwägung des Für und Wider, eingegangen ist, unterliegt seine Ausübung nach der gesetzlichen Ausgestaltung des § 355 Abs. 3 Satz 3 BGB a.F. auch dann keinen Beschränkungen jedweder Art, wenn das Widerrufsrecht wegen nicht ordnungsgemäßer Belehrung nicht 6 Monate nach Vertragsschluss erlischt, und damit noch zu einem Zeitpunkt ausgeübt werden kann, bis zu dem der Verbraucher nicht nur hinreichend Zeit, sondern in vielen Fällen aufgrund bereits zu erfüllender Zahlungsverpflichtungen hinreichend Anlass gehabt hat, Vor- und Nachteile des abgeschlossenen Vertrages zu prüfen.

cc) Der Senat erachtet die Ausübung des Widerrufsrechts im vorliegenden Fall auch nicht unter dem Aspekt des Fehlens eines schutzwürdigen Eigeninteresses für rechtsmissbräuchlich i.S.d. § 242 BGB.

Eine Rechtsausübung ist unabhängig vom Vorliegen der Voraussetzungen des § 226 BGB missbräuchlich, wenn sie beachtliche Interessen eines anderen verletzt, ihr aber kein schutzwürdiges Eigeninteresse zugrunde liegt (st. Rspr. des BGH, siehe nur Urteil vom 15. März 2012 - IX ZR 35/11 - Rdnr. 10 m.w.N.).

Zwar hat der am 20.05.2014 erklärte Widerruf zur Folge, dass die beklagte Bank für die gesamte Dauer der Restlaufzeit der Verträge nicht mehr den vereinbarten Vertragszins erhält. Auch lässt sich schwerlich bestreiten, dass sie wegen des zwischenzeitlich erheblich gesunkenen Zinsniveaus die seinerzeit von ihr einkalkulierten Zinserträge nicht mehr wird erwirtschaften können. Ferner bedarf es keiner vertieften Erörterung, dass die Kläger seinerseits mit hoher Wahrscheinlichkeit ihr Widerrufsrecht am 20.05.2014 nach jahrelanger Vertragsdurchführung und Inanspruchnahme der von der Beklagten gewährten Darlehen allein deshalb ausgeübt haben, weil das Zinsniveau erheblich gesunken ist und sie ihren (noch) bestehenden Kreditbedarf durch erheblich zinsgünstigere Darlehen zu decken beabsichtigten, ohne zur Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung gegenüber der Beklagten verpflichtet zu sein. Dass den Klägern, nachdem sie das Darlehen empfangen und über einen Zeitraum von 4 1/2 Jahren die vereinbarten monatlichen Zins- und Tilgungsraten geleistet haben, erstmals im Jahre 2014 Gelegenheit hatten, das Geschäft in Ruhe zu überdenken, behaupten sie nämlich selbst nicht und ist auch nach allgemeiner Lebenserfahrung nicht anzunehmen.

Dies genügt indes nicht, um die Ausübung des Widerrufsrechts als rechtsmissbräuchlich anzusehen und wegen Verstoßes gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB) zu versagen.

Das Widerrufsrecht für den Verbraucher besteht, auch in seiner Ausgestaltung eines "ewigen" Widerrufsrechts nach § 355 Abs. 3 Satz 3 BGB a.F., unabhängig von der Motivation des Widerrufenden, sich von dem eingegangenen Vertrag lösen zu wollen. Grund für die in § 355 Abs. 3 Satz 3 BGB a.F. getroffene Regelung war die Vorabentscheidung des EuGH vom 13. Dezember 2001 (C-481/99 ), mit der die nach deutschem Recht auch für Haustürgeschäfte geltende Befristung des Widerrufsrechts auf 1 Jahr nach Vertragsschluss gemäß § 7 Abs. 2 Satz 3 VerbrKrG, für den Fall, dass der Verbraucher nicht gemäß Artikel 4 der Haustürrichtlinie (Richtlinie 85/577) belehrt wurde, als gegen Artikel 5 der Richtlinie verstoßend angesehen wurde. Der Gesetzgeber hat daraufhin mit der Regelung in § 355 Abs. 3 Satz 3 BGB ein "ewiges" Widerrufsrecht nicht nur für die der Haustürgeschäfterichtlinie unterfallenden Geschäfte geschaffen und dieses auch nicht auf diejenigen Sachverhalte beschränkt, in denen der Verbraucher überhaupt nicht über sein Widerrufsrecht belehrt wurde. Diese grundlegende Entscheidung des Gesetzgebers, das Widerrufsrecht auch in Fällen, in denen der Verbraucher über die Befristung des Widerrufsrechts als solche belehrt worden ist und daher weniger schutzbedürftig erscheint als derjenige, dem wegen Fehlens jedweder Widerrufsbelehrung nicht bekannt war, dass er überhaupt ein Widerrufsrecht besaß, als "ewiges" Widerrufsrecht auszugestalten, würde unterlaufen, knüpfte man mit der Beklagten die Rechtsmissbräuchlichkeit daran an, dass der Verbraucher auf sein lediglich befristetes Widerrufsrecht hingewiesen wurde (siehe auch BGH, Urteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 564/15 - Rdnr. 47). Gerade weil das gesetzgeberische Ziel, "sich von langfristigen Verträgen mit aus gegenwärtiger Sicht hohen Zinsen zu lösen", der Ausübung des Widerrufsrecht für sich nicht entgegensteht, sah sich der Gesetzgeber zur Schaffung des Art. 229 § 38 Abs. 3 EGBGB veranlasst.

Der Umstand, dass die Ausübung des Widerrufsrechts auch und gerade zum jetzigen Zeitpunkt für den Widerrufenden vorteilhaft, für den Vertragspartner hingegen mit finanziellen Einbußen verbunden ist, begründet für sich genommen keine Rechtsmissbräuchlichkeit. Dass der Darlehensgeber dem Darlehensnehmer nach Maßgabe des § 357 Abs. 1 Satz 1 BGB in der bis zum 10. Juni 2010 geltenden Fassung, § 346 Abs. 1 BGB zur Herausgabe von Nutzungswertersatz verpflichtet sein kann, ist regelmäßige gesetzliche Konsequenz des Widerrufs. Dass der Widerruf diese Rechtsfolgen zeitigt, macht ihn nicht rechtsmissbräuchlich (BGH, Urteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 564/15 - Rdnr. 448). Ohnehin kann bei der Würdigung der für die Annahme einer gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB) verstoßenden Ausübung des Widerrufsrechts nicht unbeachtlich bleiben, dass die Beklagte nicht nur mit der fehlerhaften Widerrufsbelehrung den Grund für das Nichterlöschen des Widerrufsrechts gesetzt hat, sondern es auch in der Hand gehabt hätte, das Widerrufsrecht mittels Nachbelehrung zum Erlöschen zu bringen.

Der Beklagten ist zuzugeben, dass mit zunehmenden Informationspflichten die ordnungsgemäße Belehrung schwieriger geworden ist; dass es tatsächlich seinerzeit unmöglich war, eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung zu erteilen - etwa indem sie sich weitgehend an dem Gesetzeswortlaut orientierte - ist nicht zu erkennen. Auch der Umstand, dass sich die Kreditwirtschaft allgemein und die beklagte Bank im Besonderen aufgrund der gegenwärtigen Niedrigzinsphase der massenhaften Ausübung von Widerrufsrechten gegenüber sieht, ist kein Gesichtspunkt, der die Rechtsmissbräuchlichkeit der Ausübung des Widerrufsrechts stützen könnte. Dass Widerrufsrechte wie das der Kläger in einer Vielzahl von Fällen zeitlich unbefristet geltend gemacht werden konnten, beruht auf einer bewussten Entscheidung des deutschen Gesetzgebers. Sie kann nicht durch eine extensive Anwendung des § 242 BGB unterlaufen werden, um so empfundene vermeintliche Defizite bei einem sachgerechten Ausgleich der Interessen der Vertragsparteien aufzuwägen (BGH, Urteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 564/15 - Rdnr. 49).

Anhaltspunkte für ein arglistiges Verhaltens der Kläger, etwa dass es ihnen darauf angekommen wäre, die Beklagte zu schädigen oder zu schikanieren (siehe hierzu BGH, Urteil vom 16. März 2016 - VIII ZR 146/15 - Rdnrn. 16 f.), sind weder dargetan noch ersichtlich.

B. Den auf Feststellung, dass sich die Beklagte hinsichtlich der Rückzahlungsverpflichtung der Kläger aufgrund des Widerrufsschreibens vom 20.05.2014 zu den Darlehen Nummer 6709598020, 6079598038 und 6709598046 in Höhe von insgesamt 158.502,43 € in Annahmeverzug befindet, gerichteten Antrag hat das Landgericht zu Recht als zulässig und begründet erachtet.

1. Die Zulässigkeit dieses Feststellungsantrages lässt sich zwar im vorliegenden Fall nicht damit begründen, dass eine Rechtsschutzbedürfnis für diesen Antrag aus den vollstreckungsrechtlichen Regelungen der §§ 756, 765 ZPO folge. Nachdem die Kläger bereits mit der Widerrufserklärung vom 20.05.2014 die Aufrechnung mit ihren Ansprüchen aus §§ 357, 346 gegenüber den gemäß § 348 BGB Zug um Zug zu erfüllenden Ansprüchen der Beklagten erklärt haben, kann eine Vollstreckungssituation, in der die Kläger darauf angewiesenen sein könnten, den Annahmeverzug der Beklagten durch eine öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunde nachzuweisen, nicht mehr eintreten. Etwas anderes gilt auch nicht in Ansehung eines Anspruchs der Kläger auf Rückgewähr der als Sicherheit gewährten Grundschuld. Da diese Grundschuld - unstreitig - nicht nur der Sicherung der Ansprüche der Beklagten aus den Darlehen, sondern auch derjenigen aus dem Rückgewährschuldverhältnis diente, hat die Beklagte diesen Rückgewähranspruch nicht Zug um Zug gegen Erfüllung ihrer Ansprüche aus §§ 346, 357 BGB, sondern erst nach deren Befriedigung zu erfüllen (BGH, Beschluss vom 17. Januar 2017 - XI ZR 170/16 - Rn. 7).

Es kann auch dahinstehen, ob sich das gemäß § 256 ZPO erforderliche berechtigte Interesse an der Feststellung des Annahmeverzuges ohne Weiteres damit begründen lässt, dass aufgrund der bei Bestellung der Grundschuld getroffenen Sicherungsabrede nach Befriedigung der Ansprüche der Beklagten aus dem Rückgewährschuldverhältnis ein Anspruch auf Rückgewähr der Grundschuld zusteht (so aber wohl BGH Beschluss vom 31. Januar 1995 - XI ZR 30/94 - Rn. 10). Das Rechtsschutzbedürfnis für den Antrag auf Feststellung des Annahmeverzuges folgt jedoch aus den weiteren Wirkungen des Annahmeverzuges, insbesondere aus dem daraus folgenden Anspruch aus § 304 BGB auf Ersatz von Mehraufwendungen aufgrund des erfolglosen Angebotes.

2. Die Beklagte befindet sich hinsichtlich der infolge des wirksamen Widerrufs aus §§ 357, 346 BGB resultierenden Verpflichtung der Kläger zur Rückgewähr der von der Beklagten empfangenen Darlehensvaluta und Herausgabe der gezogenen Nutzungen in Höhe von 158.502,43 € in Annahmeverzug.

a) Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung (siehe nur BGH, Beschluss vom 22. September 2015 - XI ZR 116/15 - Rdnr. 7), der der Senat folgt (siehe nur Urteile vom 20. Januar 2016 - 4 U 79/15 - und vom 1 Juni 2016 - 4 U 125/15), lassen sich die Rechtsfolgen nach Widerruf der auf Abschluss eines Darlehensvertrages gerichteten Willenserklärung in Altfällen, in denen - wie hier - § 357a BGB noch keine Anwendung findet, wie folgt zusammenfassen:

Der Darlehensnehmer schuldet dem Darlehensgeber gemäß § 346 Abs. 1 Halbsatz 1 BGB Herausgabe der gesamten Darlehensvaluta ohne Rücksicht auf eine (Teil-)Tilgung und gemäß § 346 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 BGB Herausgabe von Wertersatz für Gebrauchsvorteile am jeweils tatsächlich noch überlassenen Teil der Darlehensvaluta. Der Darlehensgeber schuldet dem Darlehensnehmer gemäß § 346 Abs. 1 Halbsatz 1 BGB die Herausgabe bereits erbrachter Zins- und Tilgungsleistungen und gemäß § 346 Abs. 1 Halbsatz 2 BGB die Herausgabe von Nutzungsersatz wegen der (widerleglich) vermuteten Nutzung der bis zum Wirksamwerden des Widerrufs erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen (vgl. BGH, Urteil vom 10. März 2009 - XI ZR 33/08 - Rdnr. 29). Soweit der Darlehensgeber oder der Darlehensnehmer gegenüber den gemäß § 348 Satz 1 BGB jeweils Zug um Zug zu erfüllenden Leistungen die Aufrechnung erklären, hat dies nicht zur Folge, dass der Anspruch des Darlehensnehmers gegen den Darlehensgeber gemäß § 346 Abs. 1 Halbsatz 2 BGB auf Herausgabe von Nutzungsersatz als nicht entstanden zu behandeln wäre.

aa) Unter Zugrundelegung der o.g. Rechtsprechung ergibt sich zunächst für den Zeitraum bis zum Widerruf am 20.05.2014 folgende Berechnung:

(1) Die Kläger konnten gemäß § 346 Absatz 1 Halbsatz 1 BGB die Herausgabe der bis zum Widerruf bereits erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen i.H.v. unstreitig 66.179,32 € verlangen.

Die auf die drei streitgegenständlichen Darlehen erbrachten Leistungen der Kläger sind unstreitig, nämlich

Darlehen 038

28.637,44 €

Darlehen 046

15.373,88 €

Darlehen 020

22.168,00 €

66.179,32 €

Gemäß § 346 Abs. 1 Halbsatz 2 BGB konnten die Kläger ferner die Herausgabe von Nutzungsersatz wegen der (widerleglich) vermuteten Nutzung der bis zum Wirksamwerden des Widerrufs erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen durch die Bank verlangen.

(a) Entgegen der Auffassung der Kläger ist der Nutzungswertersatz allerdings nicht auf 5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz, sondern auf 2,5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz zu bemessen (§ 287 ZPO). Der Senat sieht seine bisherige, nachfolgend dargestellte Rechtsprechung (Urteile vom 20. Januar 2016 - 4 U 79/15 - und 1. Juni 2016 - 5 U 125/15 -) durch die Entscheidungen des Bundesgerichtshofes (Urteile vom 12. Juli 2016 - XI ZR 564/15 - Rdnr. 58, und vom 11. Oktober 2016 - XI ZR 482/15 - Rdnr. 40) bestätigt.

Bei Zahlungen an eine Bank besteht eine tatsächliche Vermutung dafür, dass die Bank aus den eingenommenen Geldern Nutzungen im Wert des üblichen Verzugszinses gezogen hat. Der "übliche" Verzugszins liegt indessen bei Immobiliardarlehen wie dem hier vorliegenden gemäß § 497 Abs. 1 Satz 2 BGB (in der bis zum 10. Juni 2010 geltenden Fassung) bei 2,5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz, so dass dieser Zinssatz für die Bemessung des geschuldeten Nutzungswertersatzes heranzuziehen ist (ebenso: OLG Stuttgart, Urteil vom 6. Oktober 2015 - 6 U 148/14 - Rdnr. 69; und OLG Nürnberg, Urteil vom 11. November 2015 - 14 U 2439/14 - Rdnr. 47; Schnauder a.a.O. S. 2892, Müller/Fuchs a.a.O., S. 1100).

Dem lässt sich weder entgegenhalten, dass der Bundesgerichtshof in seinen Entscheidungen vom 24. April 2007 (XI ZR 17/16 = BGHZ 172, S. 147 ff.) und vom 10. März 2009 (XI ZR 33/08 = BGHZ 180, S. 123 ff.) die durch die Bank gezogenen Nutzungen mit dem "üblichen Verzugszins" in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz angesetzt hat (so aber KG Berlin, Urteil vom 22. Dezember 2014 - 24 U 169/13 - Rdnr. 49), noch besteht Veranlassung, den gesetzlichen Zinssatz von 4 % gemäß § 246 BGB für die Schätzung des Nutzungswertersatzes (§ 287 ZPO) heranzuziehen. Den beiden höchstrichterlichen Entscheidungen lagen keine Realkredite zugrunde - es ging in beiden Fällen um eine Fondsbeteiligung - und ihnen lässt sich auch nicht entnehmen, dass für die Vermutung stets der (allgemeine) gesetzliche Verzugszins von 5 Prozentpunkten über Basiszinssatz maßgeblich sein soll.

Die widerlegliche Vermutung dafür, dass die Bank aus den eingenommenen Geldern Nutzungen im Wert des üblichen Verzugszinses gezogen hat, knüpft "normativ spiegelbildlich" an die Regelungen an, die die von den Banken beanspruchbaren Verzugszinsen normieren. Das ist hier die Regelung des § 497 Absatz 1 Satz 2 BGB in der bis zum 10. Juni 2010 geltenden Fassung.

Weder die Kläger, noch die Beklagte haben die Vermutung widerlegt.

Der Vortrag der Kläger, die Beklagte habe ausweislich ihrer veröffentlichten Jahresabschlüsse in den Jahren 2009 bis 2014 durchgehend 2,5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz übersteigende durchschnittliche Zinserträge erzielt, reicht zur Widerlegung der Vermutung schon deshalb nicht aus, weil aus diesen auf das Gesamtgeschäft der Beklagten bezogenen Erträgen nicht der Schluss gezogen werden kann, dass sie entsprechende Nutzungen gerade auch aus den auf die streitgegenständlichen Immobiliendarlehen erhaltenen Beträgen erwirtschaften konnte.

Die Beklagte trägt nicht vor, die gezogenen Nutzungen seien hinter dem Verzugszinssatz für Realkredite zurückgeblieben.

Der Senat schätzt den von der Beklagten herauszugebenden Nutzungswertersatz deshalb auf 2,5 Prozentpunkte über Basiszinssatz.

Nach der rechnerisch nicht zu beanstandenden Berechnung der Beklagten (Anlagen BK 2a; Bl. 622 f. d.A.; BK 3a; Bl. 626 d.A. und BK 4a; Bl. 629 f. d.A.) summiert sich der Nutzungswertersatzanspruch der Klägers bis zum Widerruf auf 3.245,32 €, nämlich

Darlehen 038

1.481,86 €

Darlehen 046

713,31 €

Darlehen 020

1.050,15 €

3.245,32 €

(b) Von diesem Betrag sind entgegen der Auffassung der Beklagten keine Abzüge in Bezug auf Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag vorzunehmen. Der Senat sieht sich jedenfalls im Ergebnis in seiner Sichtweise durch die jüngst veröffentlichten Entscheidungen des BGH (Urteil vom 25.04.2017 - XI ZR 573/15 - Rn. 39 ff.; Urteil vom 25.04.2017 - XI ZR 108 - 16 - Rn. 22) bestätigt.

Danach hindert die mit dem Einbehalt der Kapitalertragsteuer verbundene besondere Form der Steuererhebung, sofern die klägerseits beanspruchten Leistungen der Kapitalertragsteuer durch den Abzug vom Kapitalertrag nach § 20 Abs. 1 Nr. 7, § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 Buchst. b EstG unterfallen und solange der Steuerentrichtungspflichtige gemäß § 43 Satz 2 AO Kapitalertragsteuer nicht abgeführt hat, die Durchsetzung des Anspruchs auf Herausgabe mutmaßlich gezogener Nutzungen durch eine auf den Bruttobetrag gerichtete Zahlungsklage nicht. Der Verbraucher ist in voller Höhe Gläubiger des Anspruchs aus § 357 Abs. 1 Satz 1 BGB a.F. i.V.m. § 346 Abs. 1 Halbsatz 2 BGB. Durch die Vorschriften über den Steuerabzug wird zwar die Regel, dass der Schuldner den geschuldeten Betrag unmittelbar an den Gläubiger zu zahlen hat, im Verhältnis zwischen der Bank als Schuldnerin und ihrem Kunden als Gläubiger teilweise durchbrochen. Der Leistung an den durch das Abzugsverfahren gesetzlich ermächtigten Steuergläubiger kommt Erfüllungswirkung gemäß § 362 Abs. 1 BGB im Verhältnis zwischen der Bank und dem Kunden zu, wobei Gerichte anderer Gerichtsbarkeiten als der Finanzgerichtsbarkeit die Berechtigung des Abzugs nicht überprüfen, sofern für den Steuerentrichtungspflichtigen nicht eindeutig erkennbar war, dass die Verpflichtung zum Abzug nicht bestand. Diese Erfüllungswirkung ist aber, wenn der Steuerentrichtungspflichtige die Kapitalertragsteuer noch nicht abgeführt hat, erst im Zwangsvollstreckungsverfahren zu berücksichtigen, ohne dass es hierzu eines besonderen Anspruchs im Tenor einer zusprechenden Entscheidung bedarf. Dieser Sichtweise schließt sich der Senat nunmehr an.

Etwas anderes gilt auch nicht angesichts der seitens der Kläger bereits mit dem Widerrufsschreiben vom 20.05.2014 erklärten Aufrechnung mit ihren Ansprüchen, einschließlich des vollen Anspruchs auf Nutzungswertersatz, gegen die - noch zu erörternden - Ansprüche der Beklagten. Zwar übersteigen im Regelfall - so auch hier - die der Bank zustehenden Ansprüche aus §§ 357 a.F., 346 BGB diejenigen der Darlehensnehmer mit der Folge, dass aufgrund der Wirkungen der Aufrechnung die Ansprüche der Darlehensnehmer einschließlich des Nutzungswertersatzanspruchs in voller Höhe erloschen sind und die Beklagte durch eine nachfolgende Abführung der Kapitalertragsteuer eine - und sei es auch im Vollstreckungsverfahren geltend zu machende - Erfüllung nicht mehr herbeiführen kann. Weil die besondere Form des Steuerabzugs an der materiell-rechtlichen Forderungsinhaberschaft nichts ändert, kann der Verbraucher jedoch auch mit einem Anspruch aus §§ 357 a.F., 346 BGB in voller Höhe aufrechnen (BGH Urteil vom 25. April 2017 - XI ZR 108/16 - Rn. 22 ff.). Eine Verkürzung von Einkommensteuer hat die Aufrechnung nicht zur Folge. Auch wenn die von der Beklagten an die Kläger zu entrichtenden mutmaßlichen Nutzungen nach § 20 Abs. 1 Nr. 7, 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 Buchst. b EStG der Kapitalertragsteuer unterliegen sollten, haftet die Bank unbeschadet der Frage, ob ein Haftungsverfahren überhaupt neben dem Veranlagungsverfahren stattfindet, nicht nach § 44 Abs. 5 S. 1 EStG, weil ihr als Aufrechnungsgegnerin weder Vorsatz noch grobe Fahrlässigkeit zur Last fällt. Der Kunde muss aber die Einkünfte jedenfalls im Veranlagungsverfahren angeben (BGH Urteil vom 25. April 2017 - XI ZR 108/16 - Rn. 28).

(2) Die Kläger ihrerseits schuldeten der Beklagten gemäß § 346 Absatz 1 Halbsatz 1 BGB bezogen auf den Zeitpunkt des Widerrufs am 20.05.2017 die Rückgewähr der gesamten, unstreitig in voller Höhe ausgezahlten Darlehensvaluta von 203.690,- € ohne Rücksicht auf eine (Teil-)Tilgung, nämlich

Darlehen 038

98.490,00 €

Darlehen 046

65.000,00 €

Darlehen 020

40.200,00 €

203.690,00 €

Des Weiteren schuldet der Kläger gemäß § 346 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 BGB Herausgabe von Wertersatz für Gebrauchsvorteile am jeweils tatsächlich noch überlassenen Teil der Darlehensvaluta in Höhe des Vertragszinses.

(a) Der von der Beklagten vertretenen Auffassung, wonach der Darlehensgeber Nutzungswertersatz darüber hinaus bezogen auf die Gesamtvaluta beanspruchen könne, ist hingegen nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht beizutreten. Denn danach folgt aus §§ 346 ff. BGB auch, dass die darlehensgebende Bank, welche Nutzungen aus Zins- und Tilgungsleistungen erstatten muss, im Nachhinein so gestellt wird, "als habe sie die Valuta teilweise zu früh erhalten und müsse daher einen vermeintlichen zwischenzeitlichen Nutzungsvorteil verzinsen" (Hölldampf/Suchowerskyj, WM 2015, 999, 1002). Dies ist konsequente Folge des Umstands, dass der Verbraucherdarlehensvertrag mit Zugang der Widerrufserklärung ex nunc in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt wird. Auch wenn dem Darlehensnehmer damit in der Konsequenz - wie die Beklagte meint - ein "Zinsbonus" gewährt wird, er nämlich jedenfalls zum Teil so gestellt wird, als habe er eine verzinsliche Wertanlage getätigt (Hölldampf/Suchowerskyj, a.a.O.), kann diese Rechtsfolge für die Vergangenheit nicht ohne gesetzgeberischen Auftrag - an dem es fehlt - korrigiert werden. Denn eine Korrektur liefe der Sache nach darauf hinaus, entweder den Verweis des § 357 Abs. 1 Satz 1 BGB a.F. auf die §§ 346 ff. BGB teleologisch zu reduzieren oder den in § 357a BGB geregelten Ausschluss des Nutzungsersatzes entgegen der ausdrücklichen Anordnung des Art. 229 § 32 Abs. 1 EGBGB im Wege der Analogie auf vor dem 13.06.2014 geschlossene Verbraucherdarlehensverträge zu erstrecken. Beides kommt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht in Betracht (BGH, Beschluss vom 12. Januar 2016 - XI ZR 366/15). Hiervon abzuweichen, bietet der vorliegende Streitfall nach Auffassung des Senats keinen Anlass.

(b) Zu Recht wendet sich die Beklagte allerdings gegen die Auffassung des Landgerichts, die Kläger schuldeten Nutzungswertersatz nur in Höhe eines unterhalb des Vertragszinses liegenden marktüblichen Zinssatzes entsprechend den in der Zinsstatistik der Deutschen Bundesbank für vergleichbare Darlehen ausgewiesenen Durchschnittszinssätzen.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (siehe nur Urteil vom 18. Dezember 2007 - XI ZR 324/06 - Rdnr. 29) ist von der Marktüblichkeit des vereinbarten Zinssatzes auszugehen, wenn dieser innerhalb der Streubreite der in den Monatsberichten der Deutschen Bundesbank ausgewiesenen Zinssätze oder nur geringfügig bis zu 1 % darüber liegt. Die Bundesbankstatistiken, die für Hypothekarkredite auf Wohngrundstücke zu Festzinsen neben Durchschnittszinsen auch Ober- und Untergrenzen der Streubreiten angeben, wurden nur bis einschließlich Juni 2003 geführt, ließen indes erkennen, dass die Streubreite Abweichungen vom durchschnittlichen Zinssatz von bis zu +/-1 Prozentpunkt erfasste, ein höherer (Effektiv)Vertragszins als der Durchschnitts(effektiv)zinssatz mithin noch kein Indiz für die Marktunüblichkeit sei. Daraus folgt, dass der für die streitgegenständlichen drei Darlehen vereinbarte Vertragszins von 4,16 % (auf fünf Jahre), 4,71 % (auf 10 Jahre) im Wege der gebotenen Schätzung gemäß § 287 ZPO als marktüblicher Zins zugrunde gelegt werden kann, da der in der Bundesbankstatistik ausgewiesene Durchschnittszins für vergleichbare Darlehen bezogen auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses im November 2009 unstreitig 3,78 % (auf fünf Jahre) bzw. 4,35 % (auf 10 Jahre) betrug. Für das KfW- Darlehen (020) ist die Marktüblichkeit ohnehin nach den zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses üblichen Förderbedingungen der KfW zu bestimmen; dass der Zinssatz von 4,05 % diesen nicht entsprach, haben die Kläger nicht dargelegt.

Der der Beklagten zustehende Nutzungswertersatz beträgt insgesamt für den Zeitraum bis zum Widerruf gemäß der rechnerisch nicht zu beanstandenden Berechnungen der Beklagten (Anlagen BK 2b; Bl. 632 ff. d.A.; BK 3b; Bl. 637 ff. d.A. und BK 4b; Bl. 641 ff. d.A.) 36.024,98 €, nämlich

Darlehen 038

19.054,79 €

Darlehen 046

11.023,54 €

Darlehen 020

5.946,65 €

36.024,98 €

(3) Die danach per 20.05.2014 bestehenden Ansprüche der Parteien sind infolge der bereits in dem Widerrufsschreiben vom 20.05.2014 erklärten Aufrechnung der Kläger erloschen und zwar in Bezug auf die Ansprüche der Kläger auf Rückerstattung der Zins- und Tilgungsleistungen sowie die den Klägern zustehenden Nutzungswertersatzansprüche und in Bezug auf die der Beklagten zustehenden Nutzungswertersatzansprüche jeweils in voller Höhe und in Bezug auf den der Beklagten zustehenden Anspruch auf Rückzahlung der Darlehensvaluta bis auf eine verbleibenden Restforderung von insgesamt 170.290,34 €, nämlich

Darlehen 038

87.425,49 €

Darlehen 046

59.936,35 €

Darlehen 020

22.928,50 €

170.290,34 €

b) In Bezug auf diese Zahlungsverpflichtung der Kläger ist die Beklagte in Annahmeverzug geraten.

aa) Dies gilt zwar nicht bereits aufgrund der mit dem Widerrufsschreiben vom 20.05.2014 erfolgten Ankündigung der Kläger, auf die Darlehen "zeitnah" Zahlungen in Höhe von insgesamt 159.358,48 € ausführen zu wollen. In dieser Ankündigung liegt schon deshalb kein wörtliches Angebot im Sinne des § 295 BGB, weil ihr keine Erklärung der Beklagten vorausgegangen war, wonach sie die Leistung nicht annehmen werde.

bb) Zu Recht hat das Landgericht einen Annahmeverzug der Beklagten jedoch aufgrund eines tatsächlichen Angebotes gemäß § 294 BGB bejaht, der eingetreten ist, indem die Kläger - unstreitig - am 20.06.2014 einen Betrag von insgesamt 158.502,43 € an die Beklagte überwiesen haben, nämlich

Darlehen 038

81.152,37 €

Darlehen 046

55.616,11 €

Darlehen 020

21.733,95 €

158.502,43 €

Der Umstand, dass die Beklagte diese Leistungen zurücküberwiesen hat, hindert den Annahmeverzug nicht.

Dem Annahmeverzug der Beklagten steht auch nicht entgegen, dass die Kläger - wie sich aus den Ausführungen unter a) ergibt - nicht den vollen, der Beklagten per 20.05.2014 zustehenden Betrag von 170.290,43 € (zuzüglich Nutzungswertersatz in Höhe des jeweiligen Vertragszinses für den Zeitraum vom 21.05.2014 bis zum 20.06.2014) angeboten haben. Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, besteht auch dann, wenn es sich letztlich nur um eine Teilleistung handelt, aus § 242 BGB eine Annahmepflicht, wenn der Schuldner in vertretbarer Würdigung der Umstände der Ansicht sein durfte, er leiste alles, was er schulde (vgl. nur: Palandt-Grüneberg, 76. Aufl., § 266 Rn. 8). Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Der an die Beklagte überwiesene Gesamtbetrag von 158.502,43 € weicht von dem - wie ausgeführt - tatsächlich aus den Rückgewährschuldverhältnissen bezüglich der drei widerrufenen Darlehen geschuldeten Betrag von 170.290,34 € nur in einem geringfügigen Umfang von ca. 7 % ab. Diese Abweichung beruht im Übrigen im Wesentlichen darauf, dass die Kläger den ihnen aus §§ 357, 346 BGB zustehenden Anspruch auf Herausgabe der Nutzungen aus den an die Beklagte erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen mit 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz statt mit 2,5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz berechnet habe. Die Frage, ob für Nutzungen einer Bank unabhängig von der Art des zugrunde liegenden Vertragsverhältnisses eine Vermutung in Höhe des "üblichen Verzugszinssatzes" von 5 Prozentpunkten gilt oder ob bei einem zugrunde liegenden Verbraucherimmobiliendarlehensvertrag auch für die Nutzungen der Bank auf den gemäß § 497 Absatz 1 Satz 2 BGB a.F. für diese Darlehen geltenden "üblichen" Verzugszinssatz von 2,5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz abzustellen ist, war jedoch zum Zeitpunkt der Zahlungen der Kläger im Juni 2014 in Rechtsprechung und Literatur umstritten und ist höchstrichterlich erst durch die Entscheidung des BGH vom 12. Juli 2016 (XI ZR 564/15) geklärt worden.

C. Die Hilfswiderklage der Beklagten ist zulässig; sie ist jedoch nur teilweise begründet.

Unter Berücksichtigung der nach dem Widerruf (und nach der Rücküberweisung der am 20.06.2014 gezahlten Beträge) - teilweise im Verlauf des Berufungsverfahrens - erfolgten weiteren durch die Kläger gezahlten jeweiligen Zins- und Tilgungsraten steht der Beklagten gegen die Kläger noch eine Forderung in Höhe von 120.116,66 € nebst Zinsen in Höhe von 4,71 % aus einem Betrag von 6.273,12 € seit dem 01.12.2016 sowie Zinsen in Höhe von 4,05 % aus einem weiteren Betrag von 4.320,24 € seit dem 31.12.2016 zu.

1. Wie bereits unter B. ausgeführt, belief sich die nach der Aufrechnung der Kläger verbleibende Restforderung der Beklagten per 20.05.2014 auf 170.290,43 €

Auf diese Forderung steht der Beklagten weiterhin ein Nutzungswertersatzanspruch in Höhe des jeweiligen Vertragszinses zu. Die gesetzlichen Regelungen rechtfertigen nicht die Annahme, der Nutzungswertersatzanspruch in Höhe des Vertragszinses ende mit Widerruf oder Durchgreifen der von einer Partei erklärten Aufrechnung. Dies gilt uneingeschränkt allerdings bezogen auf den vollen Betrag von 170.290,43 € nur bis zum Eintritt des Annahmeverzuges der Beklagten, d.h. bis zum 20.06.2014. Ab dem 21.06.2014 schulden die Kläger wegen § 301 BGB Nutzungswertersatz in Höhe des jeweiligen Vertragszinses nur auf die Differenz zwischen den von der Beklagten zurücküberwiesenen Teilbeträgen und den der Beklagten aus den jeweiligen Rückabwicklungsschuldverhältnissen tatsächlich noch zugestehenden Forderung und damit

für das Darlehen 038 auf 6.273,12 € (87.425,49 € - 81.152,37 €)für das Darlehen 046 auf 4.320,24 € (59.936,35 € - 55.616,11 €)für das Darlehen 020 auf 1.194,55 € (22.928,50 € - 21.733,95 €).

Auf die danach der Beklagten zustehende Forderung sind die weiteren Ratenzahlungen der Kläger - insoweit haben die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend konkludent für erledigt erklärt - gemäß § 812 BGB anzurechnen, ohne dass es insoweit einer Aufrechnung bedarf.

Unter Zugrundelegung dieser Berechnungsparameter, ergibt sich nach der Berechnung des Senats auf der Grundlage der in den Berechnungen der Beklagten (Anlagen BK 2b; Bl. 632 ff. d.A.; BK 3b; Bl. 637 ff. d.A. und BK 4b; Bl. 641 ff. d.A.) mitgeteilten Zahlungsbeträge und Zahlungsdaten bis zum 30.01.2016 mithilfe des online-Verzugszinsrechners http://www.zinsen-berechnen.de/verzugszinsrechner.php eine noch offene Restforderung der Beklagten in Höhe von 120.111,66 €, nämlich

für das Darlehen 038

71.965,17 €

für das Darlehen 046

49.664,67 €

für das Darlehen 020

- 1.518,18 €

120.111,66 €

III.

1. Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 a Abs. 1, 92 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Kostenverteilung entspricht dem Obsiegen und Unterliegen der Parteien gemessen an den - unter 3. noch im Einzelnen zu erläuternden - Streitwerten. Dabei ist in beiden Instanzen zu Lasten der Kläger zu berücksichtigen, dass sie in Bezug auf den ersten Teilantrag des Feststellungsantrages zu 1. und zu einem Teil in Bezug auf den streitigen Teil der Hilfswiderklage unterliegen. In Bezug auf letzteren unterliegt die Beklagte nämlich nur, soweit ihr ein Nutzungswertersatzanspruch nach dem 20.06.2014 infolge Annahmeverzuges nicht zusteht und soweit von den Nutzungswertersatzanspruch der Kläger Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag nicht in Abzug zu bringen sein. In Bezug auf die von den Parteien (konkludent) übereinstimmend erklärte Erledigung der Hilfswiderklage durch die weiteren Ratenzahlungen nach Schluss der mündlichen Verhandlung in der ersten Instanz ist dagegen zugunsten der Kläger in entsprechender Anwendung des § 93 ZPO zu berücksichtigen ist, dass sie eine Zahlungsverpflichtung gegenüber der Beklagten in einem Umfang von 126.316,35 € - bezogen auf die erste Instanz - und in Höhe von 131.897,21 € - bezogen auf das Berufungsverfahren niemals in Abrede gestellt haben. Vor diesem Hintergrund wirkt sich deshalb für die Kosten des Berufungsverfahrens zu Lasten der Beklagten in Bezug auf den streitigen Teil der Hilfswiderklage aus, dass der Nutzungsentschädigungsanspruch der Beklagten, der wirtschaftlich betrachtet, den streitigen Teil der Hilfswiderklageforderung sogar übersteigt.

2. Die Zulassung der Revision ist nicht veranlasst, da die Sache weder grundsätzliche Bedeutung aufweist noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 ZPO).

3. Der Streitwert wird - unter gleichzeitiger Abänderung der Streitwertfestsetzung des Landgerichts gemäß § 63 Abs. 3 Nr. 2 GKG - wie folgt festgesetzt:

Für die erste Instanz ist der Streitwert insgesamt auf die Wertstufe bis 140.000,- € festzusetzen.

(1) Der Feststellungsantrag zu 1. enthält entsprechend den Ausführungen unter II. A. zwei - auch für den Gebührenstreitwert - voneinander zu unterscheidende Teilanträge.

(a) Soweit der Antrag auf Feststellung der Umwandlung in Rückabwicklungsschuldverhältnisse gerichtet ist, ist er nach dem Interesse der Kläger an der Rückerstattung der bis zum Widerruf erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen mit 66.179,32 € zu bemessen.

(b) Soweit der Antrag darauf gerichtet ist festzustellen, dass der Beklagten keine Ansprüche aus den Darlehensverträgen zustehen, ist der Streitwert nach § 9 ZPO auf den 3,5-fachen Jahreswert der auf die drei Darlehen geschuldeten Ratenzahlungen zu bestimmen, d.h. für das Darlehen 038 auf 23.130,24 € (550,72 € x 12 x 3,5), für das Darlehen 046 auf 13.888,-€ (992,48 € x 4 x 3,5), für das Darlehen 020 auf 12.823,86 € (305,33 € x 12 x 3,5), insgesamt mithin auf 49.842,10 €.

Die Werte der Teilanträge sind zusammenzurechnen, so dass der Streitwert für den Antrag zu 1. insgesamt 116.021,42 € beträgt.

(2) Der Antrag zu 2. gerichtet auf Feststellung des Annahmeverzuges bleibt für den Streitwert ohne Ansatz.

(3) Der Feststellungsantrag zu 3. bleibt wegen wirtschaftlicher Identität mit der Widerklage außer Ansatz.

(4) Der Streitwert der Hilfswiderklage beträgt 18.531,82 €. Die Kläger haben nie in Abrede gestellt, dass sie der Beklagten noch einen Betrag von mindestens 126.316,35 € schulden und demgemäß auch nicht die vollständige Abweisung der Hilfswiderklage, sondern lediglich die Abweisung in Höhe des 126.316,35 € übersteigenden Betrages beantragt. In Höhe von 126.316,35 € - bezogen auf den Forderungsstand per 16.02.2015 - ist die Widerklageforderung deshalb niemals Gegenstand des Rechtsstreits geworden.

Für das Berufungsverfahren ist der Streitwert entsprechend den unter 1. erläuterten Wertansätzen

bis zum 11.01.2017 ebenfalls auf die Wertstufe bis 140.000,- € festzusetzen. Der Umstand, dass die Hilfswiderklage entsprechend der Differenz zwischen dem vom Landgericht zuerkannten Betrag von 131.897,21 € und dem mit der Berufungsbegründung der Beklagten angekündigten Antrag auf Zahlung von 143.450,58 € nur noch einem Wert von 11.553,37 € entspricht, ändert an der für den Streitwert maßgeblichen Wertstufe von 125.000,- € bis 140.000,- € nichts.

ab dem 11.01.2017 sind die Gebühren nach einem Streitwert von bis 125.000,- € zu bemessen (Feststellungsantrag zu 1.: 116.021,42 € Hilfswiderklage: 6.822,72 €) .