OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 28.01.2019 - 15 B 624/18
Fundstelle
openJur 2019, 26557
  • Rkr:
Verfahrensgang

Das dem Bundesrechnungshof in § 96 Abs. 4 BHO eröffnete Ermessen ist angesichts der Bedeutung der Presse- und Rundfunkfreiheit gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG in Bezug auf Informationsbegehren von Medienvertretern grundsätzlich auf Null reduziert, sofern nicht im Einzelfall der Zugangsgewährung ausnahmsweise ein schutzwürdiges privates oder öffentliches Vertraulichkeitsinteresse entgegensteht.

§§ 52 und 53 AbgG stellen keine den Anspruch nach § 96 Abs. 4 BHO ausschließenden Spezialvorschriften über die Veröffentlichung von Fraktionsfinanzen dar.

Eine Beteiligung Dritter, deren Belange durch den Antrag auf Informationszugang berührt sind, ist auch in den Fällen des § 96 Abs. 4 BHO erforderlich, sofern Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Dritten ein schutzwürdiges Interesse am Ausschluss des Informationszugangs haben könnten. Das gerichtliche Verfahren vermag die ordnungsgemäße Durchführung des Drittbeteiligungsverfahrens nicht zu ersetzen.

Bei einem Neubescheidungsanspruch handelt es um einen im Rahmen des § 123 VwGO sicherbaren Anspruch. Eine Verpflichtung zur Neubescheidung im Wege der einstweiligen Anordnung kommt in Betracht, wenn ein berechtigtes Interesse daran besteht, dass die Behörde möglichst frühzeitig eine (erneute) Ermessensentscheidung trifft.

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der angegriffene Beschluss des Verwaltungsgerichts geändert.

Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, das Akteneinsichtsgesuch des Antragstellers nach Anhörung der in den "Abschließenden Prüfungsmitteilungen hinsichtlich der Prüfung der öffentlichkeitswirksamen Maßnahmen der FDP-Fraktion im Wahljahr 2013" erfassten Vertragspartner der FDP-Fraktion in Liquidation (i. L.) unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden. Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.

Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller und die Antragsgegnerin tragen die Kosten beider Instanzen je zur Hälfte.

Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 5.000 Euro festgesetzt.

Gründe

Die Beschwerde der Antragsgegnerin mit dem Antrag,

den erstinstanzlichen Beschluss zu ändern und den Antrag des Antragstellers abzulehnen,

ist lediglich zum Teil begründet.

Die von der Antragsgegnerin erhobenen Einwände gegen den angegriffenen Beschluss des Verwaltungsgerichts, auf deren Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, führen zu dessen Änderung im aus dem Tenor ersichtlichen Umfang.

Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis erlassen, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Dabei sind sowohl die tatsächlichen Voraussetzungen des zugrunde liegenden materiellen Anspruchs (Anordnungsanspruch) als auch die Notwendigkeit einer vorläufigen Regelung (Anordnungsgrund) glaubhaft zu machen (§ 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO). Geht es wie hier nicht um eine nur vorläufige Maßnahme, sondern um eine endgültige Entscheidung, die die Hauptsache vorwegnimmt, ist dies im Verfahren nach § 123 Abs. 1 VwGO ausnahmsweise gerechtfertigt, wenn der Erfolg der Hauptsache überwiegend wahrscheinlich ist und das Abwarten in der Hauptsache für den Antragsteller schwere, nachträglich nicht mehr zu beseitigende Nachteile zur Folge hätte. Dabei ist dem jeweils betroffenen Grundrecht und den Erfordernissen eines effektiven Rechtsschutzes Rechnung zu tragen.

Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 29. September 2017 - 15 B 778/17 -, juris Rn. 40, vom 6. Februar 2017 - 15 B 832/15 -, juris Rn. 4, und vom 19. September 2014 - 5 B 226/14 -, juris Rn. 5 f., mit weiteren Nachweisen.

Gemessen an diesen Maßstäben ist der Antrag, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zur Gewährung von Akteneinsicht in die "Abschließenden Prüfungsmitteilungen hinsichtlich der Prüfung der öffentlichkeitswirksamen Maßnahmen der FDP-Fraktion im Wahljahr 2013" zu verpflichten, nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.

I. Der Antragsteller hat keinen gebundenen Anordnungsanspruch auf Gewährung von Akteneinsicht in die betreffenden Prüfungsmitteilungen. Er hat aber einen Anspruch darauf, dass die Antragsgegnerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut über sein Informationsbegehren entscheidet. Diese Verpflichtung kann das Gericht auch im Rahmen der Entscheidung nach § 123 VwGO aussprechen.

1. Grundlage für das Begehren des Antragstellers ist § 96 Abs. 4 Satz 1 BHO. Hiernach kann der Bundesrechnungshof Dritten durch Auskunft, Akteneinsicht oder in sonstiger Weise Zugang zu dem Prüfungsergebnis gewähren, wenn dieses abschließend festgestellt wurde.

§ 96 Abs. 4 BHO normiert einen individuellen Ermessensanspruch auf Informationen, der sich bei einer Reduzierung des Ermessens auf Null oder im Fall der Selbstbindung des Bundesrechnungshofs zu einem unmittelbaren Informationszugangsanspruch verdichten kann.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 22. März 2018 - 7 C 30.15 -, juris Rn. 17.

a) Die Anwendbarkeit des § 96 Abs. 4 BHO ist nicht durch §§ 52 und 53 AbgG ausgeschlossen. Diese Bestimmungen stellen keine den Anspruch nach § 96 Abs. 4 BHO ausschließenden Spezialvorschriften über die Veröffentlichung von Fraktionsfinanzen dar.

Nach § 52 Abs. 1 AbgG haben die Fraktionen über die Herkunft und die Verwendung der Mittel, die ihnen innerhalb eines Kalenderjahres (Rechnungsjahr) zugeflossen sind, öffentlich Rechenschaft zu geben. Es ist eine den Anforderungen der Absätze 2 und 3 der Vorschrift entsprechende Rechnung aufzustellen. Die Rechnung wird nach Prüfung durch einen Abschlussprüfer als Bundestagsdrucksache verteilt, § 52 Abs. 4 Satz 1 und 4 AbgG. Nach § 53 Abs. 1 AbgG prüft der Bundesrechnungshof die Rechnung sowie die den Fraktionen nach § 50 Abs. 1 AbgG zur Verfügung gestellten Geld- und Sachleistungen auf ihre wirtschaftliche und ordnungsgemäße Verwendung.

Allein der Umstand, dass das Abgeordnetengesetz - anders als für die geprüfte Rechnung nach § 52 Abs. 4 - in § 53 eine Veröffentlichung der Prüfergebnisse des Bundesrechnungshofs nicht vorsieht, lässt nicht den Rückschluss zu, dass es die Auskunft aus oder Einsicht in die Prüfungsmitteilungen und einen entsprechenden Anspruch gegen den Bundesrechnungshof auf der Grundlage anderer Vorschriften ausschließen will. Weder der Wortlaut noch die Systematik lassen dies erkennen.

Auch die Gesetzesbegründung gibt dafür nichts her. Die Erwägung in BT-Drs. 12/4756, S. 5 f.,

"Die Fraktionen haben über die an sie erbrachten staatlichen Leistungen Buch zu führen und über ihre Einnahmen und Ausgaben öffentlich Rechnung zu legen (§§ 50 und 51). Diese Verpflichtung den Fraktionen aufzuerlegen, ist sowohl aus Gründen der Transparenz erforderlich als auch verfassungsrechtlich geboten. Die Fraktionen bilden das Bindeglied zwischen dem Staat und den Parteien (vgl. oben III. 1.); da diese zur öffentlichen Rechnungslegung verpflichtet sind, darf für die Fraktionen nichts anderes gelten. Darüber hinaus schreibt der Gesetzentwurf fest, dass die Verwendung der öffentlichen Mittel der Kontrolle durch den Bundesrechnungshof unterliegt (§ 52)",

lässt nicht darauf schließen, dass der Gesetzgeber über die öffentliche Rechnungslegung hinausgehende Auskunfts- oder Einsichtsrechte einzelner Anspruchsteller ausschließen wollte, selbst wenn er sie nicht für verfassungsrechtlich geboten gehalten haben sollte.

b) Der Anwendung von § 96 Abs. 4 BHO stehen auch nicht § 46 Abs. 3 AbgG i. V. m. § 1 Abs. 1 IFG entgegen.

Gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 und 2 IFG richtet sich der informationsfreiheitsrechtliche Auskunftsanspruch gegen Behörden und sonstige Bundesorgane und -einrichtungen, soweit sie öffentlichrechtliche Verwaltungsaufgaben wahrnehmen. In § 46 Abs. 3 AbgG ist beschrieben, dass die Fraktionen des Bundestages nicht Teil der öffentlichen Verwaltung sind und keine öffentliche Gewalt ausüben. Auch wenn das Zusammenspiel dieser Regelungen dazu führt, dass Fraktionen sich keinem Anspruch nach dem Informationsfreiheitsgesetz ausgesetzt sehen, stellt die Anwendung von § 96 Abs. 4 BHO bereits deshalb keine Umgehung des § 1 Abs. 1 IFG i. V. m. § 46 Abs. 3 AbgG dar, weil der Anspruch nach § 96 Abs. 4 BHO sich gerade nicht gegen die Fraktion, sondern gegen den Bundesrechnungshof richtet. Es ist nicht erkennbar, dass es dem Gesetzgeber mit der Beschränkung des Adressatenkreises des Informationsfreiheitsgesetzes darum gegangen ist, weitergehende Auskunftsansprüche gegen Dritte auf Einsicht in bzw. Auskunft aus Akten, in denen sich Informationen über eine Fraktion befinden, auszuschließen. Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber sich mit §§ 52 f. AbgG in der Zusammenschau mit § 46 Abs. 3 AbgG und § 1 Abs. 1 IFG eine "in sich geschlossene Regelung" vorstellte, die weitergehende Auskunftsansprüche gegenüber Dritten ausschließen würde, sind ebenfalls nicht ersichtlich.

Durch die Heranziehung des § 96 Abs. 4 BHO werden etwaige Geheimhaltungsinteressen einer Fraktion auch nicht in unverhältnismäßiger Weise umgangen, denn diese können im Rahmen der in der Vorschrift vorgesehenen Ermessensausübung durch den Bundesrechnungshof Berücksichtigung finden.

2. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 96 Abs. 4 BHO liegen vor. Der Antragsteller ist Dritter im Sinne des § 96 Abs. 4 BHO; hierzu gehören auch Medienvertreter.

Vgl. dazu Engels, in: Heuer, Kommentar zum Haushaltsrecht, Stand: Oktober 2014, § 96 BHO Rn. 45.

Gegenstand des Informationsbegehrens sind abschließend festgestellte Prüfungsergebnisse im Sinne des § 96 Abs. 4 Satz 1 BHO.

3. Als Rechtsfolge begründet § 96 Abs. 4 Satz 1 BHO aber keinen Anspruch des Antragstellers auf die begehrte Akteneinsicht.

Die Vorschrift vermittelt - wie dargestellt - grundsätzlich lediglich einen Anspruch auf eine fehlerfreie Ermessensentscheidung über den Informationsantrag, der sich allein bei einer Reduzierung des Ermessens auf Null oder im Fall der Selbstbindung des Bundesrechnungshofs zu einem unmittelbaren Informationszugangsanspruch verdichten kann.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 22. März 2018 - 7 C 30.15 -, juris Rn. 17.

Allerdings ist das dem Bundesrechnungshof eröffnete Ermessen angesichts der Bedeutung der Presse- und Rundfunkfreiheit gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG in Bezug auf Informationsbegehren von Medienvertretern grundsätzlich auf Null reduziert, sofern nicht im Einzelfall der Zugangsgewährung ausnahmsweise ein schutzwürdiges privates oder öffentliches Vertraulichkeitsinteresse entgegensteht.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 29. Juni 2017 - 15 B 200/17 -, juris Rn. 47; Engels, in: Heuer, Kommentar zum Haushaltsrecht, § 96 BHO Rn. 47, Stand: Oktober 2014.

Ob derartige schützenswerte Vertraulichkeitsinteressen dem Informationszugang entgegenstehen, kann derzeit nicht hinreichend sicher beurteilt werden. Zwar sprechen bei der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes allein gebotenen und möglichen summarischen Prüfung aus der Garantie des freien Mandats (a) oder der Chancengleichheit der Parteien (b) fließende Geheimhaltungsinteressen oder urheberrechtliche Belange (c) nicht gegen die Akteneinsicht. Es kann aber derzeit nicht festgestellt werden, ob Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse der Vertragspartner der FDP-Fraktion i. L. der Akteneinsicht entgegenstehen (d).

Bei der Frage, welche Vertraulichkeitsinteressen der Akteneinsicht entgegenstehen können, kann grundsätzlich auf die im Informationsfreiheitsgesetz anerkannten Geheimhaltungsgründe Rückgriff genommen werden.

Vgl. Engels, in: Heuer, Kommentar zum Haushaltsrecht, § 96 BHO Rn. 49, Stand: Oktober 2014.

a) Die Beschwerde zeigt nicht auf, dass die Annahme des Verwaltungsgerichts unrichtig wäre, aus der Garantie des freien Mandats fließende Geheimhaltungsinteressen stünden dem begehrten Informationszugang nicht entgegen. Soweit die Antragsgegnerin ohne Auseinandersetzung mit dem angegriffenen Beschluss lediglich auf ihre Antragserwiderung im erstinstanzlichen Verfahren verweist, genügt dieses Vorbringen schon nicht den Darlegungsanforderungen des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO. Auch die bloße Aussage, es sei zwischen der Prüfung der Mittelverwendung durch den Bundesrechnungshof nach § 53 AbgG und der Veröffentlichung des Prüfungsergebnisses zu unterscheiden, reicht nicht aus, um eine Beeinträchtigung der Mandatsausübung durch die Gewährung von Akteneinsicht darzulegen.

b) Der begehrten Einsicht in die Abschließenden Prüfungsmitteilungen steht auch nicht die Chancengleichheit der Parteien (Art. 21 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1 GG) entgegen. Das Verwaltungsgericht hat angenommen, dass sich aus einer nachträglichen Veröffentlichung nach Ablauf einer gesamten Legislaturperiode nicht derart schwerwiegende Beeinträchtigungen der politischen Chancengleichheit ergeben könnten, dass diese den Informationsanspruch des Antragstellers unter Berücksichtigung der Presse- und Rundfunkfreiheit ausschließen könnten. Dass entgegen dieser Erwägung dennoch schwerwiegende Beeinträchtigungen drohen, führt die Beschwerde nicht weiter aus; der bloße Hinweis, das Verwaltungsgericht argumentiere widersprüchlich, verfängt nicht.

c) Urheberrechtliche Vorschriften stehen der Akteneinsicht bei der gebotenen summarischen Prüfung nicht entgegen. Insbesondere spricht nicht gegen die Akteneinsicht, dass drei Lichtbilder von der Website eines Vertragspartners in den Abschließenden Prüfungsmitteilungen ohne Urhebernennung wiedergegeben werden. Zunächst war der Bundesrechnungshof selbst nicht verpflichtet, in den Abschließenden Prüfungsmitteilungen den Urheber der Bilder zu benennen, denn die Pflicht zur Urhebernennung nach § 63 UrhG erfasst nach dem Wortlaut der Vorschrift nicht die hier einschlägige Vervielfältigung durch Behörden gemäß § 45 Abs. 2 UrhG. Des weiteren stellt bei summarischer Prüfung auch die Gewährung der Einsichtnahme durch die Antragsgegnerin keine zur Urhebernennung verpflichtende Verwertungshandlung im Sinne des Urheberrechtes dar. Gegen die Einsichtnahme in ein bereits veröffentlichtes Werk schützen die Verwertungsrechte der §§ 14 ff. UrhG grundsätzlich nicht, solange keine Vervielfältigung oder eine anderweitige Verbreitung oder Nutzung stattfindet.

Vgl. Ramsauer, AnwBl. 2013, 410, 416; siehe hingegen zum Eingriff in das Erstveröffentlichungsrecht, wenn das Werk noch nicht mit Zustimmung des Urhebers veröffentlicht wurde und die Einsichtnahme erstmals zu einer Veröffentlichung führen würde: OVG NRW, Urteil vom 24. November 2017 - 15 A 690/16 -, juris.

d) Ob dem Zugang zu den Abschließenden Prüfungsmitteilungen Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse entgegenstehen, kann derzeit nicht festgestellt werden. Die Antragsgegnerin hat die in den Prüfungsmitteilungen genannten identifizierbaren Vertragspartner der FDP-Fraktion i. L. noch nicht zur beantragten Akteneinsicht angehört. Diese Anhörung ist aber erforderlich (aa). Die Sache ist damit noch nicht spruchreif (bb). Das Gericht kann die Antragsgegnerin deshalb nur zur erneuten Entscheidung über das Einsichtsbegehren verpflichten. Diese Verpflichtung ist auch im Verfahren auf einstweiligen Rechtsschutz möglich (cc.). Dem steht nicht entgegen, dass es sich insoweit um eine Vorwegnahme der Hauptsache handelt (dd.).

aa) Anders als das Informationsfreiheitsgesetz in seinem § 8 ordnet die Bundeshaushaltsordnung keine Beteiligung Dritter bei der Auskunftserteilung bzw. Gewährung der Akteneinsicht nach § 96 Abs. 4 BHO an. Eine Beteiligung Dritter, deren Belange durch den Antrag auf Informationszugang berührt sind, ist jedoch auch in den Fällen des § 96 Abs. 4 BHO erforderlich, sofern Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Dritten ein schutzwürdiges Interesse am Ausschluss des Informationszugangs haben könnten.

Da der Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen grundrechtlich durch Art. 12 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 GG gewährleistet wird,

vgl. BVerwG, Urteil vom 27. November 2014 - 7 C 12.13 -, juris Rn. 28,

würde der Bundesrechnungshof durch die Preisgabe solcher Geheimnisse in die Grundrechte der betroffenen Personen eingreifen.

Dementsprechend hat der Bundesrechnungshof im Rahmen seines Ermessens den Schutz Betroffener und Drittbetroffener zu berücksichtigen, die in den Prüfungsergebnissen erwähnt sind und deren Rechte tangiert sein können. Diesen ist damit spätestens dann rechtliches Gehör zu gewähren, wenn die Weitergabe des Prüfungsergebnisses in Betracht kommt.

Vgl. dazu Engels, in: Heuer, Kommentar zum Haushaltsrecht, § 96 BHO Rn. 48, Stand: Oktober 2014.

Dies entspricht auch der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum verfassungsunmittelbaren Auskunftsanspruch der Presse. Auch in dessen Rahmen ist dort, wo eine Auskunftserteilung in Grundrechte eines Dritten eingreifen würde, eine vorherige Mitteilung an den Dritten geboten und sein Anspruch auf effektiven Rechtsschutz zu berücksichtigen.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 25. März 2015 - 6 C 12.14 -, juris Rn. 42.

Zudem dient die Beteiligung der betroffenen Dritten - wie auch bei § 8 IFG - der Aufklärung der entscheidungserheblichen Interessenlage. Es ist durchaus möglich, dass die Behörde die Interessenlage des Dritten - insbesondere bei möglichen Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen - nicht umfassend kennt oder der Dritte selbst mit der Offenbarung der ihn betreffenden Informationen einverstanden ist. Die Behörde ist daher auch verpflichtet, sich aktiv um die Einwilligung der betroffenen Dritten zu bemühen.

Vgl. zum IFG BVerwG, Urteil vom 17. März 2016- 7 C 2.15 -, juris Rn. 22; OVG NRW, Urteil vom 10. August 2015 - 8 A 2410/13 -, juris Rn. 90 ff.; vgl. dazu auch BT-Drs. 15/4493, S. 15.

Hieraus folgt im Übrigen auch, dass ein Gericht beim Vorliegen der Voraussetzungen für ein Drittbeteiligungsverfahren nicht von der unzureichenden Darlegung des Ausschlussgrundes nach § 6 Satz 2 IFG auf dessen Nichtvorliegen schließen kann, wenn das Drittbeteiligungsverfahren noch nicht durchgeführt worden ist.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 17. März 2016 - 7 C 2.15 -, juris Rn. 37 f.

Diese Beteiligung Dritter wird im Rahmen des § 96 Abs. 4 BHO nicht dadurch obsolet, dass nach § 9 Abs. 2 und 3 der Prüfungsordnung des Bundesrechnungshofes Drittbetroffenen, auf die Rückschlüsse durch Namensnennung oder auf andere Weise möglich sind, Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben ist, wenn die Prüfungsmitteilungen, Berichte und Bemerkungen für sie nachteilige Wertungen enthalten oder nachteilige Bewertungen erwarten lassen und in der Berichterstattung an das Parlament verwandt werden oder konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sie öffentlich werden. Nicht zwingend hiervon erfasst werden gerade Fälle, in denen es - wie hier - nicht um nachteilige Wertungen geht, sondern um die Offenbarung von Tatsachen aus der Sphäre eines Dritten durch die Veröffentlichung des Berichts selbst.

Es liegen auch die Voraussetzungen vor, unter denen ein Drittbeteiligungsverfahren durchzuführen ist. Dieses ist - wie auch in § 8 Abs. 1 IFG - geboten, wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass ein Dritter ein schutzwürdiges Interesse am Ausschluss des Informationszugangs haben könnte. Dies ist hier der Fall. Die Antragsgegnerin hat nachvollziehbar dargelegt, dass sich die Abschließenden Prüfungsmitteilungen eingehend mit den Vertragspartnern der FDP-Fraktion i. L. befassen, insbesondere mit den Beziehungen zu einem Vertragspartner. Ihr seien Einzelheiten zu den Konditionen zu entnehmen, auf deren Basis die Vertragspartner für die Fraktion tätig gewesen seien. Hierbei handle es sich etwa um Stundensätze und prozentuale Pauschalen wie Veranstaltungs- und Vergütungspauschalen, die durch die Dienstleister mit der Tätigkeit für die Fraktion erzielten Umsätze, die Kalkulation einer Veranstaltungspauschale sowie Angaben zur Mindestvergütung.

Dieser Vortrag der Antragsgegnerin ist auch im Beschwerdeverfahren zu berücksichtigen. Ein Ausschluss nach § 128a VwGO greift ungeachtet der Frage der Anwendbarkeit im Eilverfahren bereits deshalb nicht, weil es an einer Fristsetzung nach § 87b VwGO fehlt. Im Übrigen können auch in der Beschwerdeinstanz neue Tatsachen vorgetragen werden, da die Beschwerde der Überprüfung der erstinstanzlichen Entscheidung in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht dient.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 26. März 2004- 21 B 2399/03 -, juris Rn. 21.

Es spricht vieles dafür, dass es sich bei dem in Rede stehenden Inhalt der Abschließenden Prüfungsmitteilungen um Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse handelt.

Als Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse sind alle auf ein Unternehmen bezogenen Tatsachen, Umstände und Vorgänge zu verstehen, die nicht offenkundig, sondern nur einem begrenzten Personenkreis zugänglich sind und an deren Nichtverbreitung der Rechtsträger ein berechtigtes Interesse hat. Ein berechtigtes Geheimhaltungsinteresse ist anzuerkennen, wenn die Offenlegung der Information geeignet ist, den Konkurrenten exklusives technisches oder kaufmännisches Wissen zugänglich zu machen und so die Wettbewerbsposition des Unternehmens nachteilig zu beeinflussen (Wettbewerbsrelevanz). Hierfür muss die prognostische Einschätzung nachteiliger Auswirkungen im Falle des Bekanntwerdens der Information nachvollziehbar und plausibel dargelegt werden. Der erforderliche Wettbewerbsbezug kann fehlen, wenn die Informationen abgeschlossene Vorgänge ohne Bezug zum heutigen Geschäftsbetrieb betreffen. Dabei kommt es nicht maßgeblich auf die Beurteilung der Geheimhaltungsbedürftigkeit durch den Inhaber des Geheimnisses an.

Vgl. BVerwG, Urteile vom 23. Februar 2017 - 7 C 31.15 -, juris Rn. 64 f. (zu § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UIG), vom 17. März 2016 - 7 C 2.15 -, juris Rn. 35 (zu § 6 Satz 2 IFG), und vom 27. November 2014 - 7 C 12.13 -, juris Rn. 28 (zu § 6 Satz 2 IFG), Beschluss vom 24. September 2009 - 7 C 2.09 -, juris Rn. 58 f. (zu § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UIG); OVG NRW, Urteile vom 21. November 2018 - 15 A 861/17 -, juris Rn. 91, vom 30. Januar 2018 - 15 A 28/17 -, juris Rn. 143, vom 18. Oktober 2017 - 15 A 530/16 -, juris Rn. 84, vom 2. Juni 2015 - 15 A 2062/12 -, juris Rn. 81, und vom 19. März 2013 - 8 A 1172/11 -, juris Rn. 125 (jew. zu § 6 Satz 2 IFG).

Geschäftsgeheimnisse zielen auf den Schutz kaufmännischen Wissens. Sie betreffen alle Konditionen, durch welche die wirtschaftlichen Verhältnisse eines Unternehmens maßgeblich bestimmt werden können. Dazu gehören unter anderem Umsätze, Ertragslagen, Geschäftsbücher, Kundenlisten, Marktstrategien, Bezugsquellen, Informationen zur Kreditwürdigkeit oder Kalkulationsunterlagen. Auch konkrete Vertragsgestaltungen, das heißt ein bestimmtes Vertragswerk, können als Geschäftsgeheimnis geschützt sein.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 24. November 2015 - 20 F 4.14 -, juris Rn 20, Beschlüsse vom 13. Februar 2014 - 20 F 11.13 -, juris Rn. 8 f., vom 28. November 2013 - 20 F 11.12 -, juris Rn. 8, und vom 19. Januar 2012 - 20 F 3.11 -, juris Rn. 8, Urteil vom 28. Mai 2009 - 7 C 18.08 -, juris Rn. 13; OVG NRW, Urteil vom 21. November 2018 - 15 A 861/17 -, juris Rn. 93.

Ungeachtet der mittlerweile verflossenen Zeit ist nicht von vornherein ausgeschlossen, dass Stundensätze, Vergütungspauschalen und deren Kalkulation sowie Regelungen über Mindestvergütungen sowie Darstellungen erzielter Umsätze auch heute noch für die Wettbewerbsposition der beteiligten Dienstleister von Bedeutung sein können. Dies genügt, um weitere Prüfungen im Rahmen des Drittbeteiligungsverfahrens als geboten erscheinen zu lassen. Bei diesem Verfahrensstand scheidet die Feststellung, dass Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse dem Anspruch nicht entgegenstehen, aus.

Gegen diese Einschätzung spricht nicht, dass die Vertragspartner der FDP-Fraktion i. L. in den Abschließenden Prüfungsmitteilungen nicht namentlich genannt werden.

Für den Schutz von Vertraulichkeitsinteressen ist insoweit ausreichend, dass einzelnen Adressaten eine Identifikation der betroffenen Personen auf Grund von Einblicken in das berufliche oder persönliche Umfeld des Betroffenen möglich ist,

Vgl. zum Schutz personenbezogener Daten OVG NRW, Urteile vom 20. September 2018 - 15 A 3070/15 -, juris Rn. 95, und vom 18. Oktober 2017- 15 A 651/14 -, juris Rn. 71, sowie Beschluss vom 27. Juni 2012 - 5 B 1463/11 -, juris Rn. 23; im Zusammenhang mit einer Persönlichkeitsrechtsverletzung BVerfG, Beschluss vom 14. Juli 2004 - 1 BvR 263/03 -, juris Rn. 1.

Dies ist hier der Fall. Die Antragsgegnerin hat nachvollziehbar vorgetragen, dass auf die Namen der Vertragspartner rückgeschlossen werden kann bzw. diese in den maßgeblichen Verkehrskreisen bekannt sind, zumal die Vertragspartner gerade Maßnahmen im Bereich Öffentlichkeitsarbeit durchgeführt haben.

bb) Die Sache ist somit wegen der fehlenden Beteiligung der Vertragspartner der FDP-Fraktion i. L. noch nicht spruchreif. Zum einen steht noch nicht fest, mit welchem Gewicht die etwaigen Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse in die von der Antragsgegnerin vorzunehmende Abwägung einzustellen sind. Zum anderen käme es auf eine Abwägung des Informationsinteresses mit dem Geheimhaltungsinteresse nicht an, wenn die Vertragspartner ihre Einwilligung erteilten.

Damit kann der Senat die Sache nicht durchentscheiden. Dem Antragsteller steht lediglich ein Neubescheidungsanspruch nach Durchführung des Drittbeteiligungsverfahrens zu.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 17. März 2016 - 7 C 2.15 -, juris Rn. 39; OVG Berlin-Bbg., Urteil vom 4. Mai 2017 - OVG 12 B 5.16 -, juris Rn. 46; OVG LSA, Urteil vom 6. Dezember 2016 - 3 L 99/15 -, juris Rn. 117.

Der Senat kann die Sache auch nicht selbst spruchreif machen. Das gerichtliche Verfahren vermag die ordnungsgemäße Durchführung des Drittbeteiligungsverfahrens nicht zu ersetzen. Das gilt umso mehr, als etwa durch eine Beiladung der Betroffenen deren Identität einem größeren Personenkreis offenbart würde.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 17. November 2014 - 7 C 12.13 -, juris Rn. 47; OVG NRW, Urteil vom 10. August 2015 - 8 A 2410/13 -, juris Rn. 95; OVG Berlin-Bbg., Urteil vom 4. Mai 2017 - OVG 12 B 5.16 -, juris Rn. 46; OVG LSA, Urteil vom 6. Dezember 2016 - 3 L 99/15 -, juris Rn. 117.

cc) Der in der Hauptsache voraussichtlich bestehende Neubescheidungsanspruch des Antragstellers kann auch im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens durch Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Neubescheidung gesichert werden. Der darauf gerichtete Antrag ist im weitergehenden Verpflichtungsantrag enthalten.

Bei einem Neubescheidungsanspruch handelt es um einen im Rahmen des § 123 VwGO sicherbaren Anspruch.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 19. Dezember 1986 - 1 B 1160/86 -, NJW 1988, 89; Sächs. OVG, Beschlüsse vom 24. November 2008 - 2 B 370/08 -, juris Rn. 7, und vom 11. September 2002 - 4 BS 228/02 -, juris Rn. 19; VG Freiburg (Breisgau), Beschluss vom 11. November 2014 - 4 K 2310/14 -, Rn. 3, juris; VG Aachen, Beschluss vom 1. Dezember 2006 - 6 L 628/06 -, juris Rn. 48 ff.; Funke-Kaiser in: Bader/Funke-Kaiser/Stuhlfauth/von Albedyll, Verwaltungsgerichtsordnung, 7. Aufl. 2018, § 123, Rn. 61; a.A. BVerwG, Beschluss vom 16. August 1978 - 1 WB 112.78 -, juris Rn. 16; OVG NRW, Beschluss vom 3. März 2015 - 6 B 1125/14 -, juris Rn. 5; Bay. VGH, Beschluss vom 3. Juni 2002- 7 CE 02.637 -, juris Rn. 22; VG SH, Beschluss vom 8. September 2017 - 11 B 33/17 -, juris Rn. 8.

Der Senat kann die Verpflichtung zur Neubescheidung bereits im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes aussprechen.

Ausgehend davon, dass eine Behörde nach einhelliger Auffassung durch einstweilige Anordnung sogar zur Vornahme einer in ihrem Ermessen stehenden Maßnahme verpflichtet werden kann - bei sog. Ermessensreduzierung auf Null -, muss erst recht eine weniger weitreichende Verpflichtung der Behörde, nämlich zur bloßen Betätigung ihres Ermessens, im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes angeordnet werden können. Dies auch deshalb, weil es grundsätzlich im Ermessen des Gerichts steht, die notwendigen und zweckmäßigen Anordnungen zu treffen (§ 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. § 938 Abs. 1 ZPO). Es darf hierbei nur nicht über das Begehren des Antragstellers und den verfolgten Sicherungszweck hinausgehen.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 19. Dezember 1986 - 1 B 1160/86 -, NJW 1988, 89.

Warum eine derartige Anordnung nicht geeignet sein sollte, den Antragsteller vor Rechtsnachteilen zu schützen,

so Bay. VGH, Beschluss vom 3. Juni 2002 - 7 CE 02.637 -, juris Rn. 22,

ist nicht ersichtlich. Vielmehr kommt eine Verpflichtung zur Neubescheidung im Wege der einstweiligen Anordnung in Betracht, wenn ein berechtigtes Interesse daran besteht, dass die Behörde möglichst frühzeitig eine (erneute) Ermessensentscheidung trifft.

Vgl. Sächs. OVG, Beschluss vom 11. September 2002 - 4 BS 228/02 -, juris Rn. 22; VG Aachen, Beschluss vom 1. Dezember 2006 - 6 L 628/06 -, juris Rn. 50.

Dies ist vorliegend der Fall, wie die noch folgenden Ausführungen unter II. zum Anspruchsgrund zeigen.

dd) Der Senat kann die Antragsgegnerin auch zur endgültigen, nicht nur vorläufigen Neubescheidung verpflichten. Die für die Vorwegnahme der Hauptsache erhöhte Wahrscheinlichkeit des gesicherten Anspruchs - hier des Neubescheidungsanspruchs - liegt nach dem oben Gesagten vor. Ein Abwarten kann dem Antragsteller auch nicht mehr zugemutet werden, wie die folgenden Ausführungen zum Anordnungsgrund zeigen.

II. Es ist auch ein Anordnungsgrund glaubhaft gemacht.

Geht es - wie hier - nicht um eine nur vorläufige Maßnahme, sondern um eine endgültige Entscheidung, die die Hauptsache vorwegnimmt, setzt die Bejahung des Anordnungsgrundes voraus, dass das Abwarten in der Hauptsache für den Antragsteller schwere, nachträglich nicht mehr zu beseitigende Nachteile zur Folge hätte. Dabei ist dem jeweils betroffenen Grundrecht und den Erfordernissen eines effektiven Rechtsschutzes Rechnung zu tragen.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 17. März 2017- 15 B 1112/15 -, juris Rn. 9, mit weiteren Nachweisen.

In Fällen presserechtlicher Auskunftsansprüche darf an die Annahme eines schweren, die Vorwegnahme der Hauptsache rechtfertigenden Nachteils mit Blick auf die Garantie effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) sowie das von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG mitumfasste Selbstbestimmungsrecht der Presse hinsichtlich der Themenauswahl und der Entscheidung, ob eine Berichterstattung zeitnah erfolgen soll, kein zu enger Maßstab angelegt werden. Demgemäß ist zwar einerseits erforderlich, andererseits aber auch ausreichend, dass für die begehrte Auskunft ein gesteigertes öffentliches Interesse vorliegt sowie ein starker Gegenwartsbezug besteht.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 17. März 2017- 15 B 1112/15 -, juris Rn. 58, mit weiteren Nachweisen.

Demnach darf ein Verweis auf das Hauptsacheverfahren nicht dazu führen, dass eine begehrte Auskunft mit starkem Aktualitätsbezug ihren Nachrichtenwert verliert und allenfalls noch von historischem Interesse ist.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 26. Oktober 2017- 6 VR 1.17 -, juris Rn. 13, mit weiteren Nachweisen.

Hiervon ausgehend hat das Verwaltungsgericht den erforderlichen Gegenwartsbezug zu Recht bereits deshalb bejaht, weil die Prüfung der Mittelverwendung durch die FDP-Fraktion i. L. erst im Jahr 2017 abgeschlossen wurde. Demgegenüber kommt es entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin nicht vorrangig darauf an, dass Gegenstand der Prüfungsmitteilungen die Mittelverwendung in der Legislaturperiode 2009-2013 ist. Informationswert hat insoweit nicht nur die Mittelverwendung durch die Fraktion in den Jahren 2009 bis 2013 (wobei offen bleiben kann, ob es sich hierbei bereits um einen länger zurückliegenden Vorgang handelt), sondern jedenfalls auch die Bewertung durch den Bundesrechnungshof im Jahr 2017. Hinsichtlich dieser Bewertung sind ein Gegenwartsbezug und ein gesteigertes öffentliches Interesse jedenfalls (noch) gegeben, was nicht nur durch die vom Antragsteller vorgelegte Presseberichterstattung belegt wird, sondern auch dadurch, dass bei der Diskussion betreffend die Verfahren bei Liquidation von Fraktionen die Mittelverwendung durch die FDP-Fraktion i. L. ebenfalls thematisiert wird.

Vgl. etwa Hannoversche Allgemeine, "FDP-Fraktion bleibt Betriebsrenten schuldig", 25. Juli 2018; Legal Tribune Online, "Eine profitable Pleite", 6. August 2018.

Dass der Antragsteller vor diesem Hintergrund gerade Einsicht in die Abschließenden Prüfungsmitteilungen benötigt, ist - anders als dies im von der Antragsgegnerin herangezogenen Fall, der der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts im Verfahren 1 BvR 23/14 zugrunde gelegen hat, gewesen sein mag - zwanglos nachvollziehbar.

Betreffend die Mittelverwendung selbst hat das Verwaltungsgericht zudem zutreffend darauf abgestellt, dass die derzeitige FDP-Fraktion die erste FDP-Fraktion nach dem Ausscheiden der FDP aus dem Bundestag im Jahr 2013 ist und die Mittelverwendung durch die FDP-Fraktion 2013 auch für die Bewertung des politischen Handelns der aktuellen FDP-Fraktion und ihrer Mitglieder relevant sein kann. Dem steht nicht entgegen, dass - worauf die Antragsgegnerin hinweist - die derzeitige FDP-Fraktion nicht Rechtsnachfolgerin der FDP-Fraktion i. L. ist und auch ca. ¾ ihrer Mitglieder nicht der früheren Fraktion angehörten. Vielmehr ist ohne weiteres nachvollziehbar, dass ungeachtet etwaiger rechtlicher oder personeller (Dis-)Kontinuitäten die Bewertung der Mittelverwendung der jetzigen FDP-Fraktion die der früheren FDP-Fraktion als Bezugspunkt haben kann. Damit begegnet es auch keinen Bedenken, dass das Verwaltungsgericht darauf verwiesen hat, dass die in Rede stehende Mittelverwendung nicht nur im Hinblick auf Wahlen eine Rolle spielt, sondern die politische Glaubwürdigkeit und Handlungsfähigkeit der FDP-Fraktion und ihrer Mitglieder durch öffentliche Informationen über eine zweckwidrige Verwendung öffentlicher Mittel der FDP-Fraktion i. L., aber auch durch eine Widerlegung dieser bereits in der Presse erhobenen Vorwürfe auch während der laufenden Legislaturperiode beeinflusst sein könnte.

Haben die begehrten Informationen damit einen starken Gegenwartsbezug, spricht gegen die Gefahr des Verlustes des Nachrichtenwertes nicht, dass das Verwaltungsgericht selbst angenommen hat, dass die FDP-Fraktion als Fraktion des Deutschen Bundestags kontinuierlich an politischen Vorhaben mitwirkt. Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin kann hieraus nicht geschlossen werden, dass auch die Frage der Mittelverwendung zwischen 2009 und 2013 dauerhaft relevant bleiben wird. Der Antragsteller hat in seiner Beschwerdeerwiderung nachvollziehbar darauf verwiesen, dass die aktuelle öffentliche Debatte naturgemäß nicht Jahre anhält und der Nachrichtenwert über die Jahre hinweg laufend absinkt, was bei einer Verweisung auf das Hauptsachverfahren zu einer weitgehenden Entwertung des Informationsanspruchs führen würde.

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 2, 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).