1. Es bleibt offen, ob es sich bei einer fehlerhaften FFH-Vorprüfung um eine Verletzung von Verfahrensvorschriften i.S.d. § 4 Abs. 1b Satz 1 UmwRG oder um eine Verletzung materieller Rechtsvorschriften i.S.d. § 7 Abs. 5 Satz 1 UmwRG handelt.
2. Die FFH-Vorprüfung hat bei Stickstoffeinträgen durch Tierhaltungsanlagen grundsätzlich in drei Schritten zu erfolgen.
a) In einem ersten Schritt ist zu prüfen, ob in dem Bereich, in dem die Zusatzbelastung durch Stickstoffeinträge mehr als das Abschneidekriterium von 0,3 kg N/ha/a beträgt, ein FFH-Gebiet liegt.
b) In einem zweiten Schritt ist zu prüfen, ob in dem betroffenen FFH-Gebiet stickstoffempfindliche Lebensraumtypen (LRT) des Anhangs I der FFH-Richtlinie generell vorkommen. Eine genauere Lokalisierung der LRT ist nicht Aufgabe der FFH-Vorprüfung. Dies erfolgt erst auf der Stufe der FFH-Verträglichkeitsprüfung. Soweit innerhalb der von der 0,3 kg N/ha/a-Isolinie erfassten Flächen ein FFH-Gebiet liegt, in dem stickstoffempfindliche LRT generell vorkommen, ist regelmäßig eine FFH-Verträglichkeitsprüfung erforderlich.
c) Die Entbehrlichkeit einer FFH-Verträglichkeitsprüfung kann sich gleichwohl noch aus der in einem dritten Schritt zu prüfenden 3-%-Irrelevanzschwelle ergeben. Eine Berücksichtigung von Irrelevanzschwellen im Rahmen der FFH-Vorprüfung ist jedoch nur dann möglich, wenn die Feststellung der Unterschreitung der Irrelevanzschwelle keinen erheblichen Aufwand verursacht.
3. Die Empfindlichkeit des LRT 3260 gegenüber atmosphärischen Stickstoffeinträgen aus Tierhaltungsanlagen ist nicht von vornherein ohne jede Einzelfallprüfung offensichtlich ausgeschlossen.
4. Die Nachholung der erforderlichen FFH-Verträglichkeitsprüfung in einem ergänzenden Verfahren ist grundsätzlich möglich.
5. Soweit die angefochtene Genehmigung an einem Fehler leidet, der in einem ergänzenden Verfahren behoben werden kann, ist die Genehmigung umfassend auf ihre Rechtmäßigkeit zu prüfen. Der Aufhebungsanspruch kann nur verneint werden, wenn die Genehmigung ansonsten rechtmäßig ist oder nur an Fehlern leidet, die (ebenfalls) durch Entscheidungsergänzung oder in einem ergänzenden Verfahren behoben werden können.
6. Auch für den Biotopschutz ist das Konzept der Critical Loads zur Bestimmung der Erheblichkeit von Beeinträchtigungen durch Stickstoffeinträge i.S.d. § 30 Abs. 2 BNatSchG grundsätzlich geeignet. Die Unterschiede im Schutzstatus von FFH-Gebieten einerseits und gesetzlich geschützten Biotopen andererseits stehen jedoch der Anlegung gleicher Maßstäbe bei der Prüfung, ob eine erhebliche Beeinträchtigung zu erwarten ist, entgegen.
7. Bei der Beurteilung, ob eine erhebliche Beeinträchtigung eines Biotops durch Stickstoffeinträge zu erwarten ist, findet ein Abschneidekriterium von 5 kg N/ha/a keine Anwendung.
8. Die Frage, ob eine nachteilige Veränderung einer Allee oder einer einseitigen Baumreihe i.S.d. § 21 Abs. 1 Satz 2 NatSchG LSA durch Stickstoffdeposition zu erwarten ist, kann ebenfalls grundsätzlich anhand des Konzepts der Critical Loads beurteilt werden.
9. Soweit die ausgelegten Unterlagen nicht i.S.d. § 10 Abs. 3 Satz 1 BImSchG vollständig sind, liegt ein Verfahrensfehler i.S.d. § 4 UmwRG vor.
10. Vollständigkeit der Unterlagen ist gegeben, wenn die Unterlagen in einer Weise prüffähig sind, dass sie sich zu allen rechtlich relevanten Aspekten des Vorhabens verhalten und die Behörde in die Lage versetzen, den Antrag unter Berücksichtigung dieser Vorgaben näher zu prüfen.
11. Die Fehlerhaftigkeit der ausgelegten Unterlagen stellt keinen Verfahrensfehler dar.
12. Die Verlängerung einer Frist i.S.d. § 18 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG durch einen Bescheid gemäß § 18 Abs. 3 BImSchG ist kein zulässiger Gegenstand einer Verbandsklage gemäß § 2 Abs. 1 UmwRG.
Der Kläger wendet sich als anerkannte Umweltschutzvereinigung gegen eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die wesentliche Änderung einer Hähnchenmastanlage.
Die Beigeladene plant die Änderung einer bereits genehmigten Hähnchenmastanlage auf dem Flurstück .../... der Flur A der Gemarkung (S.). Die Anlage soll von der genehmigten Kapazität von 39.990 Tierplätzen auf eine Kapazität von 173.200 Tierplätzen erweitert werden. Der Standort des Vorhabens liegt etwa 1,2 km westlich der Ortschaft (S.). Im Osten grenzt das Betriebsgelände einer Biogasanlage an. In einem Abstand von etwa 1.000 m nordöstlich des Vorhabenstandortes befinden sich die nächstgelegenen Flächen des Flora-Fauna-Habitat-Gebiets DE 3334-301 "Secantsgraben, Milde und Biese". Hierbei handelt es sich um einen naturnahen Niederungsfluss sowie ausgedehnte strukturreiche Grabensysteme mit großer Bedeutung als Lebensraum für gewässerbewohnende Tier- und Pflanzenarten. In dem zuletzt im Mai 2016 aktualisierten Standarddatenbogen werden als geschützte Lebensraumtypen (LRT) die LRT 3260 (Flüsse der planaren bis montanen Stufe), 6430 (Feuchte Hochstaudenfluren der planaren und montanen bis alpinen Stufe), 6510 (Magere Flachland-Mähwiesen) sowie 9160 (Subatlantischer oder mitteleuropäischer Stieleichenwald oder Hainbuchenwald) genannt.
Mit Antrag vom 26.08.2011 beantragte die Beigeladene bei dem Beklagten die Erteilung einer Genehmigung nach § 16 Abs. 1 BImSchG für die wesentliche Änderung der Hähnchenmastanlage (S.) durch Erhöhung der Kapazität von 39.990 auf 173.200 Tierplätze. Dem Antrag war eine Immissionsprognose für Ammoniak und Gesamtstickstoff der (F.) vom 28.07.2011 beigefügt, die zu folgenden Ergebnissen gelangte:
- Der Mindestabstand der Anlage zu empfindlichen Pflanzen und Ökosystemen nach Anhang 1 Abbildung 4 TA Luft betrage 592 m.
- Innerhalb dieses Abstandsradius (vgl. Anlage 2) befänden sich Teilbereiche der zwei gesetzlich geschützten Alleen nördlich und südlich des Anlagenstandortes. Waldflächen sowie andere nach § 22 NatSchG LSA geschützte Biotope seien nicht betroffen.
- Für die Ausbreitungsrechnung wurden die vier Abluftschächte der Tierställe auf der Grundlage des Anhangs 3 Nr. 10 TA Luft als Punktquellen mit einer Höhe von 12,2 m, einem Durchmesser von 1,27 m sowie einer Austrittsgeschwindigkeit von 10 m/s angesetzt. Die Höhe der Abluftaustrittspunkte entspreche der 1,7fachen Gebäudehöhe.
- Im Hinblick auf die Ammoniakimmissionen wurde ausgeführt, an allen umliegenden geschützten Biotopen sowie an allen Waldgebieten werde der Schwellenwert des Anhangs 1 TA Luft für die irrelevante Zusatzbelastung durch Ammoniakimmissionen von 3 µg NH3/m³ sicher unterschritten.
- Hinsichtlich der Stickstoffdepositionen hieß es, an allen umliegenden stickstoffempfindlichen Biotopen sowie an den nahegelegenen Waldgebieten würden Stickstoffdepositionswerte unterhalb der Relevanzschwelle von 5 kg N/ha/a ermittelt.
- an dem nordöstlich gelegenen FFH-Gebiet "Secantsgraben, Milde und Biese" würden lediglich irrelevante Zusatzbelastungen von < 3 % des Critical Loads der jeweiligen LRT verursacht.
- Die durch das Vorhaben verursachte Zusatzbelastung der Stickstoffdeposition liege am Aufpunkt der maximalen Belastung bei 0,4 kg N/ha/a für Vegetationsstrukturen im Uferrandbereich (Depositionsgeschwindigkeit 1,2 cm/s) bzw. 0,33 kg N/ha/a für die Wasserflächen (Depositionsgeschwindigkeit 1,0 cm/s). Dies betreffe lediglich einen kleinen Abschnitt der "Alten Milde" nördlich der Ortslage (S.).
- In dem betreffenden Gebiet könnten die LRT 3260, 6430 und 6510 prinzipiell vorkommen. Die Critical Load Werte für den LRT 3260 reichten je nach spezieller Ausprägung von 10 kg N/ha/a bis 30 kg N/ha/a. Die Critical Load Werte für die LRT 6430 und 6510 lägen bei mindestens 20 kg N/ha/a.
Auf Grund dieser Immissionsprognose gelangte die (E.) in ihrer FFH-Vorprüfung vom 26.08.2011 zu dem Ergebnis, dass erhebliche Beeinträchtigungen der LRT 3260, 6430 und 6510, die in dem betroffenen Gebiet prinzipiell vorkommen könnten, durch stoffliche Immissionswirkungen der geplanten Hähnchenmastanlage auszuschließen seien. Die Zusatzbelastung durch Stickstoffdepositionen infolge des Betriebs der geplanten Anlage liege selbst bei konservativer Annahme des untersten Wertbereichs bei maximal 3 % des Critical Loads für den LRT 3260 und bei maximal 2 % des Critical Loads für die LRT 6430 und 6510. Im Einflussbereich der geplanten Anlage seien neben dem Betriebsgelände der Biogasanlage keine weitere Vorhaben bekannt, die im Zusammenwirken mit dem geplanten Vorhaben geeignet seien, erhebliche nachteilige Auswirkungen auf das FFH-Gebiet zu erzeugen.
Ebenfalls anknüpfend an die Immissionsprognose vom 28.07.2011 wurde in der Umweltverträglichkeitsstudie (UVS) der (E.) vom 26.08.2011 eingeschätzt, dass eine Beeinträchtigung von empfindlichen Biotopen, Lebensräumen und Arten durch Ammoniakkonzentrationen bzw. Stickstoffdepositionen, die aus dem Betrieb der geplanten Hähnchenmastanlage resultierten, ausgeschlossen werden könne. An allen umliegenden geschützten Biotopen sowie an allen Waldflächen werde der Schwellenwert der TA Luft für irrelevante Zusatzbelastungen von 3 µg NH3/m³ sicher unterschritten. Auch das Abschneidekriterium des LAI-Papiers (von 5 kg N/ha/a) werde an allen stickstoffempfindlichen geschützten Biotopen sowie an den Waldflächen deutlich unterschritten. Damit sei auch gewährleistet, dass sich die Habitatqualität der im Untersuchungsraum erfassten streng geschützten Amphibien (Kammmolch und Erdkröte) durch die betriebsbedingten Wirkungen des Vorhabens nicht verschlechtern werde. Bei der Biotopkartierung (Anhang 3) seien im Untersuchungsraum von 1.000 m um die Anlage folgende 4 Biotope erfasst worden:
Biotopnummer
Bezeichnung/Beschreibung
Abstand und Lage
1258
Trockenrasen am (H.)
700 m nordwestlich
1261
Gehölz begleitendes Kleingewässer
610 m nordöstlich
1262
eutrophierter Graben
580 m südwestlich
Hecken/Feldgehölze
Südwestlich
Im Hinblick auf Kleinsäuger wird in der UVS ausgeführt, das Plangebiet einschließlich des festgelegten Untersuchungsraums komme für eine Besiedelung durch den Feldhamster nicht in Frage, so dass dessen Vorkommen im Plangebiet ausgeschlossen werden könne. Der Maulwurf komme zum gegenwärtigen Zeitpunkt auf der Vorhabenfläche nicht vor, eine Einwanderung sei jedoch nicht gänzlich auszuschließen. Vor Beginn der Erdarbeiten werde die Vorhabenfläche erneut auf das Vorkommen von Maulwürfen kontrolliert. Sollte dabei eine Besiedelung nachgewiesen werden, werde eine fachgerechte Umsetzung auf angrenzende Ackerflächen erfolgen.
Zu Amphibien heißt es in der UVS, die linearen Gewässer- und Gehölzstrukturen im Übergangsbereich zu den Grünländern des Untersuchungsraumes böten u.a. der Knoblauchkröte ausreichend gute Lebensbedingungen. Ein Vorkommen dieser Art auf der intensiv bewirtschafteten Ackerfläche im Plangebiet habe im Zuge mehrfacher Begehungen zwischen März und August 2011 nicht nachgewiesen werden können. Die Einfassung des Vorhabenstandortes mit befestigten Verkehrswegen im Norden und Osten schließe relevante Wanderbewegungen über das Vorhabengrundstück aus. Im Nahgebiet der kartierten Stillgewässer ca. 600 m südöstlich und nordöstlich des Plangebietes seien der Kammmolch und die Erdkröte nachgewiesen worden. Das Vorkommen dieser Lurcharten beschränke sich auf diese zwei Biotopkomplexe. Wanderbewegungen zwischen den etwa 1.100 m voneinander entfernten Komplexen seien unwahrscheinlich.
Wegen der artenschutzrechtlichen Verbote verweist die UVS auf die spezielle artenschutzrechtliche Prüfung (Anhang 11). Ein Verstoß gegen geltendes Artenschutzrecht sei auszuschließen, sofern die vorgeschlagenen Vermeidungs- und Minderungsmaßnahmen mit dem geplanten Vorhaben umgesetzt würden.
In der speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung vom 26.08.2011 gelangt die (E.) im Hinblick auf das Tötungsverbot des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG zu dem Ergebnis, eine Betroffenheit des Kammmolches und der Erdkröte sei ausgeschlossen. Das Vorkommen dieser Arten auf der intensiv bewirtschafteten Ackerfläche im Plangebiet habe im Zuge mehrfacher Begehungen zwischen März und August 2011 nicht nachgewiesen werden können. Dennoch könne das Auftreten dieser Arten im Rahmen von Wanderbewegungen nicht gänzlich ausgeschlossen werden. Obwohl auch größere Wanderbewegungen über 1 km möglich seien, werde die Wanderbereitschaft des Kammmolches als gering eingeschätzt. Die Landlebensräume lägen innerhalb des Untersuchungsraumes in unmittelbarer Nachbarschaft zu den beiden untersuchten Wohngewässern. Auch die Erdkröte bevorzuge Sommer- und Winterlebensräume im Umfeld des Laichgewässers. Zwar könnten insbesondere adulte Erdkröten von März bis September auch mehrere Kilometer zurücklegen. Wanderbewegungen zwischen den zwei ca. 1.100 m voneinander entfernten Biotopen nordöstlich und südöstlich des Vorhabenstandortes seien aber wegen der Verbindungsstraße zwischen (S.) und (H.), der intensiven ackerbaulichen Nutzung und des Fehlens geeigneter Leitstrukturen unwahrscheinlich. Die Einfassung des Vorhabenstandortes mit befestigten Verkehrswegen im Norden und Osten schließe relevante Wanderbewegungen über das Vorhabengrundstück aus. Das Störungsverbot des § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG werde ebenfalls nicht verletzt. Die Vorhabenfläche unterliege bereits einer intensiven Nutzung und stehe unter Einfluss des angrenzenden Betriebsgeländes der Biogasanlage. Das Plangebiet weise keine Bedeutung als Lebensraum für Tierarten nach Anhang IV der FFH-Richtlinie auf. Fortpflanzungs-, Aufzucht- und Überwinterungsstätten sowie relevante Wanderkorridore seien weder primär durch Flächeninanspruchnahme noch sekundär durch bau- oder betriebsbedingte Wirkungen des Vorhabens betroffen. Auch gegen das Verbot der Zerstörung von Fortpflanzungs- und Ruhestätten gemäß § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG werde nicht verstoßen. Durch die Hähnchenmastanlage würden keine Biotope zerstört, die auch nur potentiell als Fortpflanzung- oder Ruhestätte dienen könnten. Der Betrieb der Hähnchenmastanlage führe auch nicht zu relevanten Immissionswirkungen, die sekundär zu einem ökologischen Funktionsverlust von Fortpflanzungs- oder Ruhestätten führen könnten. Um Wechselwirkungen mit der Empfindlichkeit derartiger Biotopstrukturen als Fortpflanzungs- und Ruhestätten gänzlich zu vermeiden, sei bei der Planung eine ausreichend große Pufferzone zu diesen Biotopstrukturen berücksichtigt worden.
Die Auslegung der Antragsunterlagen erfolgte vom 25.01.2012 bis zum 24.02.2012.
Mit Schreiben vom 08.03.2012 erhob der Kläger Einwendungen gegen das Vorhaben. Beigefügt waren eine Stellungnahme des Sachverständigen (H.) vom 05.03.2012 zu der Immissionsprognose der (F.) sowie eine Stellungnahme des Vegetationsökologen Dr. (G.) zu gesetzlich geschützten und stickstoffsensiblen Biotopen und Strukturen im Umfeld der geplanten Hähnchenmastanlage vom 07.03.2012. In der dazugehörigen Karte wurden folgende Biotope gekennzeichnet:
-flächige Feldgehölze (gelb umrandet, gekennzeichnet mit Ziffern 1 - 6 auf weißem Grund), gesetzlich geschützt gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 NatSchG LSA,
-wassergefüllte Senken (temporäre Flutrinnen) (blau gestrichelt umrandet), gesetzlich geschützt gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 NatSchG LSA,
-Stillgewässer (blau eingefärbt, gekennzeichnet mit S1 und S2 auf blauem Grund), gesetzlich geschützt gemäß § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BNatSchG,
-Sandmagerrasen (gelb eingefärbt mit Textfeld), gesetzlich geschützt gemäß § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BNatSchG,
-Fließgewässer (blaue Linien, gekennzeichnet mit Ziffern 1 - 8 auf blauem Grund), gesetzlich geschützt gemäß § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BNatSchG,
-Alleen und einseitige Baumreihen (orange Linien, gekennzeichnet mit Ziffern 1 - 5 auf gelbem Grund), gesetzlich geschützt gemäß § 21 NatSchG LSA,
-lineare Feldgehölze (Baumreihen) und Hecken, (gelbe Linien, gekennzeichnet mit Ziffern 1 - 19 auf grünem Grund), gesetzlich geschützt gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 NatSchG LSA,
-lineare Strukturen im FFH-Gebiet (rote Linien, gekennzeichnet mit Ziffern 1 - 5 auf rotem Grund).
Am 24.04.2012 wurde ein Erörterungstermin durchgeführt.
Mit Schreiben vom 12.07.2012 reichte der Kläger eine Stellungnahme von Herrn Dr. (G.) vom 10.07.2012 nach, in der das Umfeld der geplanten Hähnchenmastanlage auf aktuelle Vorkommen von FFH-LRT untersucht wurde. In der dazugehörigen Karte wurden folgende LRT gekennzeichnet:
-
Nr. 1 =
quelliger Bruchwaldrest ca. 600 m nördlich der Anlage (LRT 91E0*)
-
Nr. 2 =
Abschnitt des Wiepker Bachs nördlich der geplanten Anlage (LRT 3260)
-
Nr. 3 =
Flusslauf der Milde nördlich von (S.) (LRT 3260)
-
Nr. 5 =
Abschnitt des Wiepker Bachs westlich der Milde (LRT 3260)
-
Nr. 6 =
Alte Milde nordwestlich von (S.) (LRT 3260)
-
Nr. 7 =
in die Milde entwässernder Grabenlauf (naturnahes Fließgewässer) westlich des FFH-Gebietes
-
Nr. 8 =
Graben mit Vorkommen von Larven der Knoblauchkröte
Am 12.07.2012 legte der Kläger eine Stellungnahme von Herrn Dr. (G.) vom 12.07.2012 zum Nachweis und zum Lebensraum der Knoblauchkröte im Umfeld der geplanten Hähnchenmastanlage vor.
Mit Schreiben vom 26.10.2012 reichte die Beigeladene eine faunistische Sonderuntersuchung zu Brutvögeln, Amphibien und Reptilien der (K.) GbR vom 24.10.2012 sowie eine Bewertung der Ammoniakimmission und Stickstoffdeposition aus der geplanten Hähnchenmastanlage (S.) unter Berücksichtigung des Summationseffektes mit der benachbarten Biogasanlage durch die (F.) vom 25.10.2012 nach.
In der ergänzenden Immissionsprognose der (F.) wurde zunächst die für die Biogasanlage erstellte Beurteilung der Ammoniakimmissionen des Ingenieurbüros (E.) vom 22.01.2011 wiedergegeben:
Immissionsort
Ammoniakimmissionskonzentration(anlagenbezogene Belastung)
junge Allee (nördlich angrenzend)
ca. 20 µg NH3/m³ (nur punktuell)
Hecke überschirmt (nordwestlich angrenzend)
4 µg NH3/m³
FFH-Gebiet (1,2 km östlich)
<< 0,1 µg NH3/m³
An der Hecke sei unter Berücksichtigung der Vor- und Hintergrundbelastung eine (nach Anhang 1 TA Luft unerhebliche) jahresdurchschnittliche Ammoniakkonzentration von nicht mehr als 10 µg NH3/m³ ermittelt worden.
An der Allee sei unter Berücksichtigung der Vor- und Hintergrundbelastung eine jahresdurchschnittliche Ammoniakkonzentration von ca. 26 µg NH3/m³ ermittelt worden. Die Allee werde jedoch nur punktuell sehr hoch beaufschlagt. Blattschädigungen durch Einwirkung von Ammoniak seien erst ab einer Konzentration von etwa 60 µg NH3/m³ zu erwarten. Erhebliche Nachteile durch von der Biogasanlage verursachte Ammoniakimmissionen seien daher nicht gegeben.
Erhebliche Nachteile durch Stickstoffdepositionen seien nicht zu erwarten, da weder Alleen noch Hecken stickstoffempfindliche Biotope seien.
Zur Hähnchenmastanlage (S.) wurde in der Stellungnahme der (F.) vom 25.10.2012 ausgeführt, an der Allee bzw. Hecke ergebe sich eine Zusatzbelastung von weniger als 1,2 µg NH3/m³. Die durch die Biogasanlage verursachte Belastung werde damit nur unwesentlich erhöht. Eine Schädigung durch Ammoniak sei auszuschließen.
Die anlagennahen Biotope (Allee und Hecke) seien nicht stickstoffempfindlich. Die nächstgelegenen stickstoffempfindlichen Biotope lägen 610 bzw. 700 m nordwestlich der Hähnchenmastanlage. Hier liege die Zusatzbelastung aus der Biogasanlage bei etwa 0,2 µg NH3/m³ bzw. darunter, was einer Stickstoffdeposition von etwa 0,6 kg N/ha/a entspreche. Die Zusatzbelastung aus der Hähnchenmastanlage liege in der gleichen Größenordnung bzw. noch deutlich darunter. Auch unter Berücksichtigung des Summationseffektes sei im Hinblick auf das Abschneidekriterium von 5 kg N/ha/a eine Beeinträchtigung durch Stickstoffdeposition auszuschließen.
Die Zusatzbelastung am Randbereich des FFH-Gebietes "Secantsgraben, Milde und Biese" (Alte Milde) stelle sich wie folgt dar:
-Zusatzbelastung durch die Hähnchenmastanlage von 0,40 kg N/ha/a für Vegetationsstrukturen im Uferrandbereich (Depositionsgeschwindigkeit 1,2 cm/s)
-Zusatzbelastung durch Hähnchenmastanlage von 0,33 kg N/ha/a für Wasserflächen (Depositionsgeschwindigkeit 1,0 cm/s)
-Zusatzbelastung durch die Biogasanlage von 0,06 kg N/ha/a für Vegetationsstrukturen im Uferrandbereich
- Zusatzbelastung durch die Biogasanlage von 0,05 kg N/ha/a für Wasserflächen
-kumulierende Zusatzbelastung von 0,46 kg N/ha/a für Vegetationsstrukturen im Uferrandbereich
- kumulierende Zusatzbelastung von 0,38 kg N/ha/a für Wasserflächen.
Soweit für die Ufervegetation ein mittlerer Critical Load von 25 kg N/ha/a herangezogen werde, sei die kumulierende Zusatzbelastung irrelevant, da sie weniger als 3 % des Critical Load (0,75 kg N/ha/a) betrage. An dem tatsächlich als LRT 3260 ausgewiesenen Abschnitt liege die Zusatzbelastung der Stickstoffdeposition durch die Hähnchenmastanlage bei etwa 0,11 kg N/ha/a, die Zusatzbelastung durch die Biogasanlage unter 0,04 kg N/ha/a, so dass sich eine kumulierende Zusatzbelastung von weniger als 0,15 kg N/ha/a ergebe.
Mit Genehmigungsbescheid vom 23.04.2013 erteilte der Beklagte die immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die wesentliche Änderung der Hähnchenmastanlage der Beigeladenen.
Am 28.06.2013 hat der Kläger gegen die Genehmigung Klage erhoben.
In einer Stellungnahme vom 29.04.2014 hat der Sachverständige (H.) die Zusatzbelastung durch Stickstoffdeposition durch die Biogasanlage berechnet. Hierbei hat er ein Abluftvolumen des BHKW von 1 m³/s (3.600 m³/h) sowie eine NOX-Konzentration von 0,5 g/m³ (500 mg/m³) zugrunde gelegt. Darüber hinaus hat er eine vertikale Linienquelle von halber bis ganzer Quellhöhe mit mechanischem Ausstoßimpuls von 15 m/s (Abluftfahnenüberhöhung), einen Durchmesser von 0,20 m sowie verschiedene Depositionsgeschwindigkeiten, die er aus der VDI-Richtlinie 3782 Blatt 5 in Analogie zu NH3 extrapoliert hat, angesetzt.
In einer Stellungnahme vom 20.04.2015 hat der Sachverständige (H.) eine erneute Berechnung der Zusatzbelastung durch Stickstoffdeposition durch die Biogas- und die Hähnchenmastanlage vorgelegt. Hierbei hat er sowohl für die Stickstoffeinträge, die durch die Stickoxidemissionen aus der vorhandenen Biogasanlage verursacht werden, als auch für die Stickstoffeinträge, die durch die Ammoniakemissionen aus der geplanten Hähnchenmastanlage verursacht werden, verschiedene Depositionsgeschwindigkeiten angesetzt, die er aus der VDI-Richtlinie 3782 Blatt 5 entnommen bzw. in Analogie zu NH3 extrapoliert hat.
In einer Stellungnahme vom 18.06.2015 hat die (F.) die Ermittlung der Stickstoffoxid-Emissionen des BHKW und die daraus resultierenden Stickstoffdepositionen, die anzusetzenden Depositionsgeschwindigkeiten sowie den Einfluss der Ablufttürme auf das Immissionsverhalten in der Umgebung erläutert.
In einer Stellungnahme vom 29.07.2015 hat der Sachverständige (H.) die Stickstoffdepositionen aus der Biogas- und der Hähnchenmastanlage erneut berechnet und erklärt:
-Das Abluftvolumen des BHKW betrage nach einem Messbericht 2.540 m³/h. Die gemessene NOX-Konzentration betrage 0,416 g/m³. Diese sei mit der Messungenauigkeit von 0,03 g/m³ zu addieren. Daraus ergebe sich ein Emissionsmassenstrom von 1.132,84 g/h = 0,3147 g/s. Davon entfielen 20 % auf NO2 und 80 % auf NO, wobei der NO-Anteil durch den Divisor 1,53 zu dividieren sei.
-Die Modellierung des BHKW-Schornsteins als Punktquelle in 10 m Höhe mit Abluftfahnenüberhöhung sei nicht sachgerecht, da keine freie Abluftströmung gewährleistet sei. Dazu müsse der Schornstein mindestens 10 m hoch sein. Auch dürfe keine wesentliche Beeinflussung durch andere Strömungshindernisse (Gebäude, Vegetation) im Umkreis um die Quelle zu erwarten sein. Das sei hier nicht der Fall. Der Schornstein des BHKW sei nicht 10 m, sondern nur etwa 8 m hoch. Dies könne einem Foto von der Anlage (GA Bl. 819) entnommen werden. Zudem werde die Abluft von den umliegenden Gebäuden beeinflusst.
-Zur Berücksichtigung dieser Umstände habe er zwei Vergleichsrechnungen durchgeführt. Zum einen habe er mit einem Ersatzquellensystem von 5 - 10 m mit Abluftfahnenüberhöhung (Durchmesser 0,26 m, Temperatur 222 °C, Abluftgeschwindigkeit 28,1 m/s) gerechnet. Dies dürfte die Immissionen unterschätzen, da die Abluftfahnenüberhöhung voll zur Geltung komme, während die Fahne nur leicht nach unten gezogen werde. Zum anderen habe er mit einem Ersatzquellensystem vom Erdboden bis in 8 m Höhe gerechnet. Dies überschätze die Immissionen, da keine Abluftfahnenüberhöhung berücksichtigt werde, was so nicht der Realität entspreche. Mindestens dann, wenn nur geringe Windgeschwindigkeiten vorlägen und die Gebäudeumströmung dadurch schwach ausfalle, werde eine Abluftfahne in klassischer Art auftreten. Die Realität werde zwischen den Ergebnissen dieser beiden Vergleichsrechnungen liegen.
-Die Depositionsgeschwindigkeit von Stickoxiden sei je nach Biotop bzw. LRT-Struktur anzupassen.
- Hähnchenmastanlage weil
-die Diffusoren nicht berücksichtigt worden seien,
-die Ablufttürme aufgrund der Aufteilung des Vertikalrasters nur 9 m hoch modelliert worden seien, obwohl diese 9,2 m hoch seien,
-nur die Ablufttürme modelliert worden seien, obwohl diese an die Ställe angeflanscht seien; die Schornsteine seien zwar 1,7fach so hoch wie die Ställe, jedoch hätten letztere einen Einfluss auf die Anströmung der Ablufttürme, weil sie im Luv (der dem Wind zugewandten Seite) vorgelagert seien,
-die Entmistung nicht berücksichtigt sei.
-Zusätzlich seien die Stickstoffeinträge aus dem von der Hähnchenmastanlage ausgehenden Staub zu berücksichtigen.
-Insgesamt seien bei der Berechnung der Gesamtstickstoffdeposition die Stickstoffeinträge durch NO und NO2 aus dem BHKW sowie durch NH3 und Staub aus der Hähnchenmastanlage zu berücksichtigen.
In einer Stellungnahme vom 04.11.2015 hat der Sachverständige (H.) folgendes ausgeführt:
- Die in der VDI-Richtlinie 3782 Blatt 5 angegebenen Anhaltswerte für die Depositionsgeschwindigkeit von NO und NO2 für Mesoskala berücksichtigten nicht hinreichend die Fortschritte in den wissenschaftlichen Erkenntnissen. Es gebe einen Zusammenhang zwischen Geländeoberfläche und Depositionsgeschwindigkeit.
- Der Schornstein des BHKW weise nicht - wie in Anhang 3 Nr. 10 Buchst. a TA Luft gefordert - die 1,7fache Höhe der umliegenden Strömungshindernisse aus, so dass das BHKW nicht als Punktquelle in 10 m Höhe mit Abluftfahnenüberhöhung modelliert werden könne.
- Die Gesamtstickstoffdeposition liege an dem Immissionsort "Sandmagerrasen" bei 0,72 - 1,5 kg N/ha/a und an dem Immissionsort "Allee" bei 0,69 - 35,53 kg N/ha/a.
Der Kläger hat vorgetragen, die Genehmigung sei rechtswidrig, weil die erforderliche FFH-Verträglichkeitsprüfung nicht durchgeführt worden sei. Die FFH-Vorprüfung sei fehlerhaft. Es könne nicht ohne weitere Untersuchungen ausgeschlossen werden, dass die Erhaltungsziele des FFH-Gebietes "Secantsgraben, Milde und Biese" beeinträchtigt würden. Die anlagenbedingte Stickstoffdeposition im FFH-Gebiet betrage mehr als 3 % des Critical Load und überschreite damit die Irrelevanzgrenze. Dies ergebe sich bereits aus den eigenen Berechnungen der Beigeladenen. Hiernach liege die Zusatzbelastung am Aufpunkt der maximalen Belastung bei 0,4 bzw. 0,33 kg N/ha/a. Die Anwendung eines Abschneidekriteriums von 0,3 kg N/ha/a sei mit den Anforderungen des Habitatschutzrechts nicht vereinbar. Hiernach komme es allein auf Wirkungszusammenhänge und darauf an, ob eine erhebliche Beeinträchtigung von FFH-LRT durch Stickstoffeinträge sicher ausgeschlossen werden könne. Vorliegend fehle es auch an einer ausreichenden Summationsbetrachtung, da sämtliche Vorhaben und Projekte eingeschlossen werden müssten, die nach der Unterschutzstellung des FFH-Gebietes im Dezember 2004 hinzugetreten seien. Auch sei die Irrelevanzgrenze von 3 % nur dann anwendbar, wenn bereits die Vorbelastung den Critical Load (um das Doppelte) überschreite.
Die Immissionsprognose der (F.) sei fehlerhaft. Bei dem Hähnchenmaststall sei keine freie Abluftströmung gegeben, da die Schornsteinhöhe wegen der massiv gemauerten Ablufttürme nicht mehr als das 1,7fache der Gebäudehöhe betrage. Die Berücksichtigung der Abluftkamine als Punktquellen sei daher unzulässig. Auch bei dem BHKW der Biogasanlage sei keine freie Abluftströmung gegeben, da der Kamin nur 8 m hoch sei und in der Umgebung Gebäude vorhanden seien, die die Abluftströmung beeinflussten. Bei der Hähnchenmastanlage müsse zudem berücksichtigt werden, dass Diffusoren eingesetzt werden sollen, die die Abluftgeschwindigkeit und die Austrittshöhe der Luft verringerten. Es fehle auch eine Berücksichtigung der Emissionen aus der Entmistung. Zur Gesamtstickstoffdeposition trage darüber hinaus auch die Zusatzbelastung durch den Staub der Hähnchenmastanlage bei. Schließlich seien auch die Depositionsgeschwindigkeiten zu niedrig angesetzt worden. Nach aktuellen Erkenntnissen sei von höheren Depositionsgeschwindigkeiten auszugehen. Dies ergebe sich aus der im Auftrag des Umweltbundesamtes erstellte Studie "Erfassung, Prognose und Bewertung von Stoffeinträgen" von Juli 2011 (UBA-Texte 38/2011).
In dem FFH-Gebiet befänden sich im Einwirkungsbereich der Anlage die weiteren LRT 3260 und 6430, die bei der Kartierung nicht erfasst worden seien. Der LRT 3260 sei auch stickstoffempfindlich. Die Argumente zu dessen Stickstoffunempfindlichkeit bezögen sich nur auf das Fließgewässer selbst, nicht hingegen auf die Ufervegetation. Für den LRT 6430 sei ein Critical Load von 5 - 10 kg N/ha/a anzusetzen. Bobbink & Hettelingh gäben für den EUNIS-Biotop E4.3 einen solchen Critical Load an. Der LRT 6430 sei mit diesem Biotop eingeschränkt vergleichbar. Bei dem quelligen Bruchwaldrest nördlich der Anlage (Nr. 1 auf der Karte von Dr. (G.) vom 10.07.2012) handele es sich um den LRT 91E0*. Dieser hätte in das FFH-Gebiet einbezogen werden müssen, da der LRT 91E0* ursprünglich als Erhaltungsziel im Standarddatenbogen genannt worden sei. Die Gebietsabgrenzung sei daher fehlerhaft. Die anlagenbedingte Zusatzbelastung des LRT 91E0* betrage 1,66 kg N/ha/a und liege damit bei 10 % des oberen Wertes der Spanne des Critical Load. Die mit der Änderung des Standarddatenbogens verbundene Streichung des LRT 91E0* sei unerheblich, da eine Änderung des Schutzzwecks eines FFH-Gebietes erst nach Bestätigung durch die EU-Kommission vorliege.
Die Genehmigung sei auch deshalb rechtswidrig, weil es zu einer erheblichen Beeinträchtigung von gemäß § 30 BNatSchG und § 22 NatSchG LSA geschützten Biotopen durch von der Anlage verursachte Stickstoffeinträge komme. Bereits die Bestandserfassung sei fehlerhaft. Im Umkreis von 1 km um die Anlage gebe es nicht nur die in der UVS genannten 4 Biotope, sondern deutlich mehr, wie die Erfassung von Dr. (G.) vom 07.03.2012 zeige. Diese Biotope seien stickstoffempfindlich, wobei auch Einträge von weniger als 3 µg NH3/m³ oder 5 kg N/ha/a zu erheblichen Beeinträchtigungen führen könnten. Das Konzept der Critical Loads gelte auch für gesetzlich geschützte Biotope, weil es sich naturschutzfachlich um die gleichen Vorgänge handele. Die Einhaltung des Abschneidekriteriums des LAI-Papiers reiche nicht aus. Wegen der Gesamtstickstoffbelastung der Biotope werde auf die Stellungnahme des Sachverständigen (H.) vom 29.07.2015 verwiesen.
Der Genehmigungsbescheid sei ferner deshalb rechtswidrig, weil es durch den Betrieb der Anlage zur Beeinträchtigung mehrerer gemäß § 21 NatSchG LSA geschützter Alleen durch Stickstoffeinträge kommen werde. Der Genehmigungsbescheid verhalte sich zu der Frage der Beeinträchtigung der unmittelbar an der Anlage vorbeiführenden Alleen und auch der weiter entfernten geschützten Allen nicht. Für Alleen sei von einem Critical Load von maximal 20 kg N/ha/a auszugehen. Dieser werde hier überschritten, da es nach der Stellungnahme des Sachverständigen (H.) vom 04.11.2015 für die Allee zu Stickstoffeinträgen aus der Hähnchenmastanlage und der Biogasanlage von bis zu 35 kg N/ha/a kommen werde. Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit werde die Allee beschädigt und mittelfristig zerstört.
Der Genehmigungsbescheid sei weiterhin wegen eines Verstoßes gegen das Artenschutzrecht rechtswidrig. Das Tötungsverbot des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG werde verletzt, da die Tötung von streng geschützten Knoblauchkröten, die auf der Anlagenfläche für die Winterruhe eingegrabenen seien, nicht zu vermeiden sei. Der Genehmigungsbescheid enthalte noch nicht einmal eine Nebenbestimmung, mit der die Errichtung von Amphibienzäunen zur Verhinderung der Einwanderung von Knoblauchkröten angeordnet werde. Nicht ausreichend geprüft worden sei das Störungsverbot des § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG. Da sämtliche Flächen um den Anlagenstandort von der Knoblauchkröte sowohl als Sommer- bzw. Winterlebensraum als auch als Fortpflanzungsstätte genutzt würden, sei nicht auszuschließen, dass durch die Anlage eine Unterbrechung von Wanderbewegungen erfolge. Auch die Populationsrelevanz hätte geprüft werden müssen. Es sei auch nicht ausreichend geprüft worden, ob im Hinblick auf das Verbot der Beeinträchtigung von Fortpflanzungs- und Ruhestätten i.S.d. § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG deren ökologische Funktion im räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt werde. Hierfür hätte der Frage nachgegangen werden müssen, ob im Umfeld der Anlage ausreichend Ausweichhabitate tatsächlich zur Verfügung stünden. Zudem komme es zu einer Eutrophierung des nordöstlich der Anlage gelegenen Laichgewässers und damit zu vermehrtem Algenwachstum, welches ab einem bestimmten Grad die Fortpflanzungserfolge der Knoblauchkröte signifikant behindere. Es komme auch zu einer Verletzung des Tötungsverbots des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG im Hinblick auf den Maulwurf, denn eine vollständige Umsiedlung von Tieren, die nicht ohne weiteres zu entdecken seien, sei nicht möglich. Auch sei eine Rückkehr der Tiere während der Bauphase nicht ausgeschlossen. Die erforderliche artenschutzrechtliche Ausnahme hätte Bestandteil des Genehmigungsbescheides sein müssen. Die Auffassung, dass diese nach Erteilung der Genehmigung beantragt werden könne, sei falsch.
Der Genehmigungsbescheid sei auch wegen Verfahrensfehlern aufzuheben. Die ausgelegten Antragsunterlagen seien unvollständig gewesen. Das Vorhandensein stickstoffempfindlicher Lebensräume und der Knoblauchkröte im Umfeld der Anlage seien nicht hinreichend untersucht worden. Auch die nachgereichte faunistische Sonderuntersuchung der (K.) vom 24.10.2012 sei ungenügend. Es habe auch keine Auslegung der nachgereichten Unterlagen stattgefunden. Hierdurch sei sein Mitwirkungsrecht im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren verletzt worden. Die Umweltverträglichkeitsprüfung sei fehlerhaft, da sie auf einer mangelhaften Biotoperfassung beruhe. Hierin liege ein relativer Verfahrensfehler i.S.d. § 4 Abs. 1a UmwRG. Die Kausalitätsvermutung des § 4 Abs. 1a Satz 2 UmwRG sei nicht widerlegt.
Der Kläger hat beantragt,
den Genehmigungsbescheid des Beklagten vom 23.04.2013 aufzuheben.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat vorgetragen, es liege kein Verfahrensfehler vor. Die nachgereichten Untersuchungen zu den Amphibien hätten nicht neu ausgelegt werden müssen. Die ursprünglich ausgelegten Unterlagen seien gemäß § 10 Abs. 3 Satz 1 BImSchG vollständig gewesen. Die Unterlagen müssten hierfür hinreichend aussagekräftig, aber nicht inhaltlich zutreffend sein. Die UVS habe eine hinreichende Anstoßwirkung gehabt, denn die Knoblauchkröte sei behandelt worden. Die nachgereichten Unterlagen hätten keine zusätzlichen Auswirkungen der Anlage auf geschützte Arten aufgezeigt. Die Auslegung der nachgereichten Unterlagen sei gemäß § 10 Satz 3 der 9. BImSchV nicht erforderlich gewesen, da die wesentlichen Merkmale des Vorhabens durch die ursprünglich ausgelegten Unterlagen hinreichend genau beschrieben worden seien.
Die Genehmigung sei auch materiell rechtmäßig. Die Erarbeitung einer vollständigen FFH-Verträglichkeitsprüfung sei nicht erforderlich. Die 3-%-Irrelevanzschwelle sei im Hinblick auf den LRT 3260 nicht überschritten. Am Aufpunkt maximaler Belastung sei eine Zusatzbelastung von 0,4 kg N/ha/a für Vegetationsstrukturen im Uferbereich und von 0,33 kg N/ha/a für Wasserflächen ermittelt worden. In diesem Bereich befinde sich zwar der Grabenabschnitt der "Alten Milde", der zum FFH-Gebiet gehöre. Dieser sei jedoch nicht durch den LRT 3260 besiedelt. Die Zusatzbelastung durch den Betrieb der Hähnchenmastanlage liege im Bereich der Milde, in der das Vorkommen des LRT 3260 bestätigt sei, bei 0,11 kg N/ha/a. Unter Berücksichtigung des Summationseffektes mit der benachbarten Biogasanlage liege die Zusatzbelastung dort bei 0,15 kg N/ha/a. Der LRT 3260 sei zudem gegenüber atmosphärischen Stickstoffeinträgen unempfindlich. Dies ergebe sich aus einem neueren Forschungsvorhaben der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) zu verkehrsbedingten Nährstoffeinträgen. Zwar weise die Ufervegetation eine Stickstoffempfindlichkeit auf; hierfür gälten jedoch höhere Critical Loads als die vom Kläger für den LRT 3260 angegebenen. Zudem bestünden Möglichkeiten einer periodischen oder episodischen Biomasseentnahme, um den Auswirkungen zusätzlicher Stickstoffdepositionen entgegenzuwirken. Vorliegend sei zu erwarten, dass die zusätzlichen luftgetragenen Stickstoffimmissionen nicht zu einer erheblichen oder nachhaltigen Verschlechterung des Erhaltungszustandes vorhandener LRT führen werden. Nur ein marginaler Anteil des Fließgewässersystems sei von zusätzlichen Stickstoffeinträgen betroffen. Diese seien im Verhältnis zu üblichen Einträgen über den Grundwasser- und Luftpfad nur geringfügig. In Bezug auf das jährlich durchströmende Wasservolumen sei dieser zusätzliche Eintrag vernachlässigbar.
Die Immissionsprognose der (F.) sei nicht zu beanstanden. Zu Recht seien die Depositionsgeschwindigkeiten aus der VDI-Richtlinie 3782 Blatt 5 verwendet worden. Auch das LAI-Papier verweise auf diese VDI-Richtlinie. Bei der Hähnchenmastanlage sei auch eine freie Abluftströmung gegeben. Da die Firsthöhe der Ställe bei 7,18 m und die Austrittshöhe der Kamine bei 12,20 m lägen, betrage die Schornsteinhöhe das 1,7fache der Gebäudehöhe. Da die Ablufttürme eine Höhe von 9,20 m hätten und damit 3 m niedriger seien als die Kamine, sei gemäß Nr. 5.5.2 TA Luft zumindest außerhalb des unmittelbaren Nahbereichs eine freie Abluftströmung gegeben. Ein möglicher Effekt der Ablufttürme würde sich im Bereich der ca. 1,6 km entfernten Lebensraumtypen nur marginal auswirken. Die Überhöhung der Abluftfahne werde durch den Einsatz von Diffusoren nur wenig beeinflusst. Zudem sei die Einhaltung der Abluftgeschwindigkeit von 10 m/s in der Nebenbestimmung 3.1.5 des Genehmigungsbescheides festgeschrieben worden. Eine zusätzliche Berücksichtigung der Entmistung sei nicht notwendig, da die in der VDI-Richtlinie 3894 Blatt 1 angegebenen Emissionsfaktoren für die Hähnchenmast auch die Entmistung beinhalteten. Zudem wirkten sich die durch die Entmistung freigesetzten Mengen in einem geschützten Biotop in einer Entfernung von 600 m nicht relevant aus.
Die Auswirkungen der Biogasanlage seien nicht relevant. Der in Tabelle 7 zu Nr. 4.6.1.1 Buchst. a TA Luft angegebene Bagatellmassenstrom für Stickstoffoxide (Stickstoffmonoxid und Stickstoffdioxid), angegeben als NO2, von 20 kg/h werde hier mit ca. 1 kg/h deutlich unterschritten. Selbst wenn man annähme, dass es sich bei der Ableitung der Abluft über den BHKW-Kamin um nicht nach Nr. 5.5 TA Luft abgeleitete diffuse Emissionen handele, läge der Bagatellmassenstrom nach Nr. 4.6.1.1 Buchst. b TA Luft immer noch bei 2 kg/h (10 % von 20 kg/h). Besondere Umstände, aus denen sich etwas anderes ergeben könnte, seien nicht ersichtlich. Zudem fehle eine plausible Erklärung dafür, dass die Stickoxidemissionen eines BHKW den gleichen Ausbreitungsgesetzmäßigkeiten folgten wie Ammoniakemissionen einer Tierhaltung, zumal die Schadstoffe mit völlig unterschiedlichen Abgastemperaturen emittiert würden. Die Abluftfahnenüberhöhung sei zu Recht angesetzt worden. Eine Kontrolle der Anlage am 18.08.2015 habe ergeben, dass der Schornstein des BHKW eine Höhe von 10 m habe. Eine wesentliche Beeinflussung der Abgase durch andere Strömungshindernisse sei ebenfalls nicht gegeben.
Die durch das Landesamt für Umweltschutz bestätigten LRT 3260 und 6430 befänden sich in einem Abstand von ca. 1.600 zum Standort der geplanten Hähnchenmastanlage. Für den LRT 6431 als Untertyp des LRT 6430 werde ein Critical Load von 15 - 77 kg N/ha/a angegeben. Aus dieser Spanne werde deutlich, dass der LRT unter bestimmten Bedingungen nicht zu den stickstoffempfindlichen Biotopen zähle. Das Wäldchen 600 m nördlich der geplanten Ablage sei dem LRT 91E0* zuzuordnen. Dies habe eine Besichtigung der oberen Naturschutzbehörde in der 21. KW des Jahres 2015 ergeben. Es befinde sich jedoch außerhalb des FFH-Gebietes. Eine fehlerhafte Gebietsabgrenzung sei nicht gegeben.
Der Biotopschutz sei beachtet worden. Für die Beurteilung von FFH-Gebieten einerseits und gesetzlich geschützten Biotopen andererseits gälten nicht unterschiedliche Critical Loads, sondern verschiedene Irrelevanzschwellen. Zwar schreibe das Gesetz sowohl in § 30 Abs. 2 BNatSchG als auch in § 34 Abs. 2 BNatSchG für beide Schutzkategorien den Möglichkeitsmaßstab vor. Die Schutzkategorien unterschieden sich jedoch in der Beweisführung. Das Verbot des gesetzlichen Biotopschutzes sei verletzt, wenn eine erhebliche Beeinträchtigung eintreten könne. Demgegenüber sei das Verbot des § 34 Abs. 2 BNatSchG bereits dann verletzt, wenn eine Beeinträchtigung nicht mit Sicherheit auszuschließen sei. Die Anwendung des Abschneidekriteriums von 0,3 kg N/ha/a im Kontext der FFH-Verträglichkeitsprüfung trage dieser höheren Nachweisschwelle Rechnung. Diese gelte jedoch nicht für den Biotopschutz, so dass insoweit gegen die Anwendung der Irrelevanzschwelle von 3 µg NH3/m³ und des Abschneidekriteriums von 5 kg N/ha/a keine Bedenken bestünden. Diese Irrelevanzschwellen würden auch für die gemäß § 21 NatSchG LSA geschützten Alleen in der Nähe der Anlage eingehalten.
Auch den Belangen des Artenschutzes werde hinreichend Rechnung getragen. Die vorliegenden Untersuchungen seien geeignet, die wertgebenden Arten in den Laichgewässern zu erfassen und mögliche Wanderbeziehungen abzuschätzen. Zwar könne nicht vollständig ausgeschlossen werden, dass einzelne Tiere auch das Baufeld der geplanten Hähnchenmastanlage passierten. Um zu vermeiden, dass etwa Knoblauchkröten während der Bautätigkeit in das Baufeld einwandern und dort Schaden nehmen, sei die Aufstellung eines Amphibienzaunes ein geeignetes Mittel. Allerdings sei unter Berücksichtigung der Bauzeitbeschränkungen zum Schutz der Avifauna das Risiko, dass Knoblauchkröten im Baufeld durch die Bautätigkeit Schaden nehmen, als nicht signifikant i.S.d. § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG eingeschätzt worden und daher auf eine entsprechende Nebenbestimmung verzichtet worden. Sollte ein Zaun nötig sein, so könne der Genehmigungsbescheid um die erforderliche Nebenbestimmung ergänzt werden. Fortpflanzungs- und Ruhestätten der Knoblauchkröte i.S.d. § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG würden mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht zerstört. Im Hinblick auf den Maulwurf seien die artenschutzrechtlichen Verbote des § 44 Abs. 1 BNatSchG im vorliegenden Fall gemäß § 44 Abs. 5 Satz 5 BNatSchG nicht relevant. Er sei zwar eine besonders geschützte Art i.S.d. § 7 Abs. 2 Nr. 13 Buchst. c BNatSchG, da er durch die BArtSchV nationalrechtlich geschützt sei, jedoch zähle er nicht zu den besonders geschützten Arten i.S.d. Anhang IV der FFH-Richtlinie. Durch die im Genehmigungsbescheid enthaltene Nebenbestimmung 7.2 werde sichergestellt, dass es nicht zu vermeidbaren Beeinträchtigungen komme. Hiernach sei die Vorhabenfläche vor Beginn der Erdarbeiten erneut auf das Vorkommen von Maulwürfen zu kontrollieren. Sollte dabei eine Besiedelung nachgewiesen werden, sei eine fachgerechte Umsiedlung der betroffenen Individuen durch ein qualifiziertes Fachbüro notwendig.
Die Beigeladene hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat vorgetragen, der Genehmigungsbescheid sei nicht bereits aus formellen Gründen rechtswidrig. Die erst nach Beteiligung der Öffentlichkeit nachgeforderten Unterlagen betreffend die Knoblauchkröte hätten nicht neu ausgelegt werden müssen. Die ursprünglichen Unterlagen seien vollständig gewesen. Dass hierin hinsichtlich des Vorkommens der Knoblauchkröte ein Fehler enthalten gewesen sei, hindere die Vollständigkeit nicht.
Eine FFH-Verträglichkeitsprüfung sei nicht erforderlich gewesen, weil bereits die FFH-Vorprüfung ergeben habe, dass eine erhebliche Beeinträchtigung von FFH-Gebieten ausgeschlossen sei. Der Irrelevanzwert von 3 % des Critical Loads für den LRT 3260 werde nicht überschritten. Bereits das vorhabenbezogene Abschneidekriterium von 0,3 kg N/ha/a werde an keinem Ort, der als LRT 3260 zu qualifizieren sei, überschritten. Der Aufpunkt der höchsten Belastung gemäß der Ausbreitungsrechnung liege außerhalb des LRT 3260. Der nächstgelegene LRT 3260 befinde sich erst in einer Entfernung von 1,66 km. Der Lauf der "Alten Milde" sei - entgegen der Annahme von Dr. (G.) - kein LRT 3260. Zudem werde auch dort das Abschneidekriterium von 0,3 kg N/ha/a nicht überschritten. Ohnehin sei davon auszugehen, dass der LRT 3260 stickstoffunempfindlich sei. Dies werde in der Fachöffentlichkeit sowie in verschiedenen gerichtlichen Auseinandersetzungen jedoch kontrovers diskutiert. Um eine Beeinträchtigung des LRT 3260 dennoch sicher ausschließen zu können, sei bei der Prüfung der Irrelevanz der Zusatzbelastung aus die Hähnchenmastanlage der niedrigste angegebene Critical Load für den LRT 3260 von 10 kg N/ha/a angesetzt worden. Hierbei sei jedoch ausschließlich das Fließgewässer selbst betrachtet worden, für das eine Depositionsgeschwindigkeit von 1,0 cm/s für angesetzt worden sei. Zwar sei in den LRT 3260 auch dessen Ufer mitsamt seiner Ufervegetation aus Röhricht, Hochstaudenflusen etc. eingeschlossen. Hierfür sei die Stickstoffdeposition mit einer Depositionsgeschwindigkeit von 1,2 cm/s mit maximal 0,4 kg N/ha/a am äußersten Rand des FFH-Gebietes unabhängig vom tatsächlichen Auftreten eines entsprechenden LRT berechnet worden. Der empirische Critical Load für Röhrichte und Hochstaudenfluren liege jedoch bei mindestens 20 kg N/ha/a, so dass auch hier die 3-%-Irrelevanzschwelle sicher unterschritten werde. Eine Irrelevanzschwelle von 3 % des Critical Load sei stets anzuwenden, ohne dass dies einer besonderen naturschutzfachlichen Rechtfertigung bedürfe. Dies gelte auch dann, wenn die Vorbelastung den Wert des doppelten Critical Load noch nicht erreiche, denn es bestehe ein fachwissenschaftlicher Konsens darüber, dass eine Zusatzbelastung von nicht mehr als 3 % des Critical Load außerstande sei, signifikante Veränderungen des Ist-Zustandes eines Gebiets auszulösen oder die Wiederherstellung eines günstigen Zustandes signifikant einzuschränken.
Die zugrunde gelegte Immissionsprognose sei zutreffend. Die Ablufttürme seien nicht als Gebäude anzusehen, da sie kein Strömungshindernis darstellten. Entscheidend sei, dass das angegebene Verhältnis von Abluftrohrhöhe und Gebäudehöhe zutreffend sei. Hinsichtlich der vom Kläger kritisierten Diffusoren sei darauf hinzuweisen, dass das Vorhaben nicht mit Diffusoren ausgeführt werden solle. Es habe lediglich eine fehlerhafte Darstellung Eingang in die Bauunterlagen gefunden. Aus den textlichen Darstellungen habe sich jedoch stets ergeben, dass das Vorhaben nicht mit aufgeweiteten Abluftrohren ausgeführt werden solle. Daran werde festgehalten. Die durch die Entmistung verursachten Emissionen seien vernachlässigbar klein und hätten daher nicht gesondert mit einbezogen werden müssen. Der Ansatz einer Depositionsgeschwindigkeit von 1,2 cm/s für Offenlandbiotope gemäß der VDI-Richtlinie 3782 Blatt 5 sei nicht zu beanstanden. Die modellinterne Berechnung der Ammoniakkonzentration und der daraus resultierenden Stickstoffkonzentration werde mit dem niedrigen Depositionsparameter der TA Luft in Höhe von 1,0 cm/s durchgeführt. Dies führe dazu, dass auf dem Transmissionspfad zu einem Immissionsort, der wie im vorliegenden Fall mehr als 1.000 m von der Quelle entfernt sei, zu wenig Ammoniak aus dem System ausgetragen werde. Die daraus resultierenden höheren Konzentrationen am Immissionsort, die dann auch noch - manuell - mit einer höheren Depositionsgeschwindigkeit umgerechnet würden, bildeten in jedem Fall eine konservative Schätzung. Lediglich auf den Wasserflächen der Gräben sei abweichend von der VDI-Richtlinie 3782 Blatt 5 die Depositionsgeschwindigkeit von lediglich 1,0 cm/s angesetzt worden. Dies trage der Tatsache Rechnung, dass Wasseroberflächen eine äußerst geringe Rauhigkeit aufwiesen.
Die Einbeziehung weiterer Gebiete in das FFH-Gebiet sei nicht erforderlich. Die Abgrenzung des FFH-Gebietes sei nicht fehlerhaft. Das vom Kläger beschriebene Wäldchen sei nicht als potentielles FFH-Gebiet anzusehen. Die Voraussetzungen einer Zuordnung zum LRT 91E0* lägen nicht vor.
Auch der Biotopschutz gemäß § 30 Abs. 2 BNatSchG stehe dem Genehmigungsbescheid nicht entgegen. Ob eine erhebliche Beeinträchtigung empfindlicher Pflanzen oder Ökosysteme durch Stickstoff vorliege, bestimme sich grundsätzlich nach Nr. 4.8 TA Luft. Das hierbei anzuwendende Prüfverfahren ergebe sich aus dem Leitfaden zur Ermittlung und Bewertung von Stickstoffeinträgen der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz vom 01.03.2012 (sog. LAI-Papier). Hinsichtlich der Stickstoffbelastung sehe das LAI-Papier ein Abschneidekriterium von 5 kg N/ha/a vor. Eine weitere Prüfung sei nicht erforderlich, wenn dieser Wert nicht überschritten werde, weil davon auszugehen sei, dass erhebliche Nachteile dann nicht drohten. Eine weitere Prüfung bei einem Stickstoffeintrag unterhalb dieses Abschneidewertes sei unverhältnismäßig. Der hohe Schutzstandard des § 34 BNatSchG und der FFH-Richtlinie komme hier nicht zur Anwendung.
Der Genehmigungsbescheid sei auch nicht deshalb rechtswidrig, weil ihm § 21 NatSchG LSA entgegenstünde. Es sei bereits zweifelhaft, ob der vom Kläger identifizierte lockere Bewuchs des Straßenrandes, der großenteils aus Gebüsch bestehe, als Allee oder einseitige Baumreihe von § 21 NatSchG LSA erfasst sei. Jedenfalls übersteige die Belastung an keinem Ort den Abschneidewert von 5 kg N/ha/a.
Der Genehmigungsbescheid sei auch nicht wegen eines Verstoßes gegen das Artenschutzrecht rechtswidrig. Es bestehe nicht die Gefahr einer erheblichen Störung der Knoblauchkröte während ihrer Wanderungen, da deren Wanderwege nicht in unmittelbarer Nähe des Anlagenstandortes entlangführten. Die Errichtung von Schutzzäunen während der Bauzeit sei nicht notwendig, da während der Wanderzeit der Knoblauchkröte bereits aus Gründen des Vogelschutzes eine Bauzeitbeschränkung angeordnet worden sei. Zudem meide die Knoblauchkröte wegen der anthropogenen Überformung des Geländes durch Errichtung einer Biogasanlage dieses Areal. Eine Beeinträchtigung der Laichgewässer der Knoblauchkröte durch Stickstoffeintrag sei nicht anzunehmen, da diese nicht zu den stickstoffempfindlichen Lebensräumen zählten. Der Verwirklichung eines Verbotstatbestandes im Hinblick auf den Maulwurf werde durch die vorgesehene Umsiedlung entgegengewirkt.
In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht hat der Beklagte eine Erfassungskarte aus dem Jahr 2009 vorgelegt. Hierin ist der innerhalb des FFH-Gebiets gelegene Bereich der Milde als LRT 3260 (blau) markiert. Der LRT 6430 ist als Nebencode (NC) angegeben.
Mit dem angefochtenen Urteil vom 25.11.2015 - 2 A 214/13 MD - hat das Verwaltungsgericht den Genehmigungsbescheid vom 23.04.2013 aufgehoben und zur Begründung ausgeführt, der Beklagte habe es rechtswidrig unterlassen, für das in Rede stehende Vorhaben die nach § 34 BNatSchG i.V.m. Art. 6 Abs. 3 FFH-RL vorgeschriebene FFH-Verträglichkeitsprüfung vorzunehmen. Die angefochtene Genehmigung sei rechtswidrig, weil eine FFH-Verträglichkeitsprüfung im Hinblick auf die zu erwartenden Stickstoffeinträge in das angrenzende FFH-Gebiet erforderlich, aber unterblieben sei. Eine FFH-Verträglichkeitsprüfung sei erforderlich, wenn und soweit erhebliche Beeinträchtigungen eines Natura-2000-Gebietes nicht offensichtlich ausgeschlossen werden könnten, also zumindest vernünftige Zweifel am Ausbleiben von erheblichen Beeinträchtigungen bestünden. Bei der Vorprüfung sei (nur) zu untersuchen, ob erhebliche Beeinträchtigungen des Schutzgebietes ernstlich zu besorgen seien. Die Vorprüfung sei nicht der geeignete Rahmen für die Klärung naturschutzfachlich schwieriger, streitiger oder offener Fragen. Hierfür stehe vielmehr die eigentliche FFH-Verträglichkeitsprüfung zur Verfügung. Erst in diesem Rahmen sei Raum für Sachverständigendispute. Das Vorhaben der Beigeladenen sei geeignet, das benachbarte FFH-Gebiet erheblich zu beeinträchtigen, weil erhebliche Beeinträchtigungen durch Stickstoffeinträge nicht offensichtlich ausgeschlossen werden könnten. Beurteilungsmaßstab dafür, ob erhebliche Beeinträchtigungen durch Stickstoffdepositionen ernstlich zu besorgen seien, bilde das Konzept der Critical Loads. Hierbei sei eine Irrelevanzschwelle von 3 % der Critical Loads in Fällen anzuerkennen, in denen die Vorbelastung die Critical Loads signifikant überschreite. Maßgeblich sei, ob die Verträglichkeit des Vorhabens selbst bei einer "worst-case-Betrachtung" sicher zu bejahen sei. Nur dann liege die FFH-Vorprüfung auf der "sicheren Seite". Gemessen daran seien erhebliche Beeinträchtigungen des benachbarten FFH-Gebietes durch Stickstoffeinträge nicht offensichtlich ausgeschlossen. Die Empfindlichkeit des LRT 3260 gegen Stickstoffeinträge aus einer Tierhaltungsanlage könne nicht generell ausgeschlossen werden. Der Stickstoffleitfaden Straße vom 11.11.2014 rechtfertige keine andere Beurteilung. Es sei nicht offensichtlich, dass sich die in diesem Leitfaden getroffene Aussage, für Fließgewässer-LRT seien atmosphärische eutrophierenden N-Zusatzbelastungen vernachlässigbar, auch auf Einträge aus Tierhaltungsanlagen beziehe. Der Leitfaden beziehe sich auf straßenverkehrsbedingte Stickstoffeinträge. Vom Straßenverkehr einerseits und von Tierhaltungsanlagen andererseits gingen jedoch Emissionen unterschiedlicher Stoffverbindungen aus. Bei Tierhaltungsanlagen gehe es anders als bei Straßen nicht um Einträge von NO-Verbindungen, sondern von NH3 (Ammoniak), das anders als NO-Verbindungen eine sehr hohe Wasserlöslichkeit aufweise. Ob diese Unterschiede letztlich durchgriffen, sei im Rahmen einer FFH-Verträglichkeitsprüfung zu prüfen. Gleiches gelte, soweit der Beklagte die Stickstoffempfindlichkeit der in Rede stehenden, als LRT 3260 ausgewiesenen Bereiche aufgrund spezifischer Standortfaktoren bezweifle. Für die weitere Prüfung sei für den LRT 3260 ein Critical Load von 10 bis 20 kg N/ha/a zugrunde zu legen. Um auf der sicheren Seite zu sein, bilde der untere Spannwert von 10 kg N/ha/a als "worst-case-Wert" den Maßstab für die weitere Betrachtung. Hiervon ausgehend überschreite der zu erwartende Gesamtstickstoffeintrag diesen Critical Load. Der aktuelle UBA-Datensatz 2009 weise für das Gebiet eine Hintergrundbelastung von 10 kg N/ha/a für Wiesen und Weiden und von 11 kg N/ha/a für seminatürliche Vegetation oder Ackerland aus. Mit der vom Büro (F.) ermittelten kumulativen Zusatzbelastung ergäben sich Gesamtstickstoffeintragswerte, die jeweils über dem Wert von 10 kg N/ha/a lägen. Am Aufpunkt maximaler Belastung in dem nördlich der Ortslage (S.) gelegenen Abschnitt der Alten Milde, die Teil des FFH-Gebietes sei, werde die Irrelevanzschwelle von 3 % überschritten. Ausgehend von einem Critical Load von 10 kg N/ha/a betrage sie 0,3 kg N/ha/a. Die kumulative Zusatzbelastung von 0,46 kg N/ha/a im Uferrandbereich bzw. 0,38 kg N/ha/a für die Wasserfläche überschreite diese Schwelle. Es sei auch fraglich, ob die Irrelevanzschwelle von 3 % auf die vorliegende Fallgestaltung überhaupt Anwendung finde, da die Hintergrundbelastung den maßgeblichen Critical Load weder um das Doppelte noch signifikant übersteige. Ohne Erfolg wendeten der Beklagte und die Beigeladene ein, die für das FFH-Gebiet eingetragenen LRT 3260 lägen nicht am Aufpunkt der maximalen N-Belastung im Bereich der Alten Milde, sondern östlich der Milde auf der Höhe der Mündung des Wiepker Bachs bzw. im Bereich der Milde und damit etwa 1.700 m bzw. 1.600 m vom geplanten Anlagenstandort entfernt und dort komme es nicht zu erheblichen Stickstoffeinträgen. Die Frage, ob die für das betreffende FFH-Gebiet gemeldeten LRT im Wirkraum des Vorhabens, also im Bereich der maximalen N-Belastung innerhalb des FFH-Gebietes, konkret vorkämen oder nicht, sei nicht in einer FFH-Vorprüfung, sondern in der eigentlichen FFH-Verträglichkeitsprüfung zu beantworten. Die Stellungnahmen des Vegetationsökologen Dr. (G.) zeigten, dass es hinsichtlich des Vorkommens des LRT 3260 innerhalb des FFH-Gebietes weiterer Untersuchungen und einer vertieften Prüfung im Rahmen einer FFH-Verträglichkeitsprüfung bedürfe. Für die Ufervegetation des LRT 3260 sowie für den LRT 6430 sei zwischen den Beteiligten streitig, welcher Critical Load als Maßstab der FFH-Verträglichkeitsprüfung zugrunde zu legen sei. Während der Kläger einen Critical Load von 5 bis 10 kg N/ha/a für maßgeblich halte, verweise der Beklagte auf eine Spanne von 15 bis 77 kg N/ha/a. Lege man auch hier, um auf der sicheren Seite zu sein, den untersten Spannwert von 5 kg N/ha/a als "worst-case-Wert" zugrunde, werde die Irrelevanzschwelle von 0,15 kg N/ha/a durch die ermittelte kumulative Zusatzbelastung im Uferrandbereich von 0,46 kg N/ha/a überschritten. Nichts anderes gelte, wenn man einen mittleren (unteren) Spannwert von 10 kg N/ah/a zugrunde lege, denn auch die hieraus ermittelte irrelevante Zusatzbelastung von 0,3 kg N/ha/a werde durch die ermittelte kumulative Zusatzbelastung im Uferrandbereich von 0,46 kg N/ha/a überschritten. Dass es einer FFH-Verträglichkeitsprüfung bedürfe, zeige auch der Streit über die anzusetzende Depositionsgeschwindigkeit, den Einfluss der Ablufttürme sowie den Umfang der durch die Biogasanlage ausgelösten Stickstoffimmissionen. Die Notwendigkeit einer FFH-Verträglichkeitsprüfung folge auch daraus, dass Anlass für weitere Untersuchungen hinsichtlich der Richtigkeit der Gebietsabgrenzung bestehe. Entsprechende Anhaltspunkte ergäben sich aus der Stellungnahme des Vegetationsökologen Dr. (G.) vom 10.07.2012, der aufgrund einer Begehung am 09.07.2012 zu dem Ergebnis gekommen sei, dass der etwa 600 m nördlich des Anlagenstandorts gelegene quellige Bruchwaldrest (roter Kreis Nr. 1 in der Karte) dem LRT 91E0* anzuschließen sei. Erst in der 21. KW 2015 habe eine Besichtigung des Wäldchens durch die Obere Naturschutzbehörde stattgefunden, in deren Ergebnis die Zuordnung des Wäldchens zum LRT 91E0* bestätigt worden sei. Auf die Korrektur des Standarddatenbogens im Jahr 2014 und die Streichung des LRT 91E0* für das FFH-Gebiet komme es nicht an, denn jedenfalls sei nicht ausgeschlossen, dass bei einer entsprechenden Untersuchung des Waldbestandes eine solche Streichung nicht erfolgt wäre. Anhaltspunkte für eine unrichtige Gebietsabgrenzung seien auch im Hinblick auf den LRT 3260 gegeben. Aus der Stellungnahme des Vegetationsökologen Dr. (G.) vom 10.07.2012 ergebe sich, dass im Abschnitt des Wiepker Bachs nördlich des Vorhabens (blaue Ellipse Nr. 2 in der Karte) eine dem LRT 3260 anzuschließende Wasservegetation ausgeprägt sei. Da der Wiepker Bach in weiten Teilen Bestandteil des FFH-Gebietes sei und bereits zwei Abschnitte dieses Fließgewässers dem LRT 3260 zugeordnet worden seien, nämlich der Abschnitt östlich der Milde auf der Höhe der Mündung des Wiepker Bachs sowie der unter der Milde befindliche Abschnitt des Wiepker Bachs (blaue Ellipse Nr. 5 in der Karte), bestehe auch in Bezug auf den LRT 3260 hinreichender Anlass für weitere Untersuchungen hinsichtlich der Richtigkeit der Gebietsabgrenzung. Das Gericht könne die fehlende abschließende Beurteilung der FFH-Verträglichkeit nicht durch eine eigene Beurteilung ersetzen. Ob die Genehmigung noch aus weiteren Gründen rechtswidrig sei und der Aufhebung unterliege, namentlich wegen eines Verstoßes gegen den Biotopschutz oder den Artenschutz, bleibe dahingestellt.
Im Genehmigungsbescheid vom 23.04.2013 hatte der Beklagte unter Abschnitt I Nr. 7 bestimmt, dass die Genehmigung erlischt, wenn die Anlage nicht bis zum 31.01.2016 in Betrieb genommen worden ist. Mit Bescheid vom 15.09.2016 hat der Beklagte der Beigeladenen eine Verlängerung der Frist für die Inbetriebnahme bis zum 31.01.2018 gewährt. Mit Bescheid vom 04.05.2018 hat der Beklagte die Frist für die Inbetriebnahme der Anlage bis zum 31.01.2020 verlängert.
Bereits am 22.01.2016 hat die Beigeladene die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt.
Zur Begründung trägt sie vor, die Genehmigung verstoße nicht gegen Vorschriften, die dem Schutz von FFH-Gebieten dienten. Entgegen der Auffassung des erstinstanzlichen Gerichts müsse sich die FFH-Vorprüfung nicht auf einfache, unstreitige oder abschließend geklärte Fragen beschränken. Mangels normativer Vorgaben zur Methode der Prüfung sei die Prüfungstiefe der Vorprüfung zwar umstritten. Soweit der Beklagte jedoch auf der Grundlage einer summarischen Prüfung unter Berücksichtigung der besten einschlägigen wissenschaftlichen Erkenntnisse zu dem Schluss komme, dass ohne Zweifel nachteilige Auswirkungen auf das FFH-Gebiet vermieden würden, sei diese Bewertung rechtmäßig.
Das erstinstanzliche Gericht sei zu Unrecht von der Stickstoffempfindlichkeit des LRT 3260 ausgegangen. In Rede stehe vorliegend allein die atmosphärische Stickstoffdeposition, der gegenüber der LRT 3260 unempfindlich sei. Der Stickstoffleitfaden Straße sei auf Tierhaltungsanlagen übertragbar und stelle für den vorliegenden Fall die beste wissenschaftliche Erkenntnis dar. Er sei aus dem Bericht zum FE-Vorhaben 84.0102/2009, Balla et al. "Untersuchung und Bewertung von straßenverkehrsbedingten Nährstoffeinträgen in empfindliche Biotope", der Bundesanstalt für Straßenwesen, Forschung Straßenbau und Straßenverkehrstechnik, Band 1099, herausgegeben vom Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, entwickelt worden. Letzterer sei vom Bundesverwaltungsgericht als "beste wissenschaftliche Erkenntnis" zur Ermittlung der Belastung durch Stickstoffeinträge in geschützte Lebensräume erachtet worden. Der daraus abgeleitete, von denselben Autoren verfasste Stickstoffleitfaden Straße müsse an dieser Bewertung teilnehmen. Der Leitfaden stelle fest, dass für Fließgewässer-LRT atmosphärische eutrophierende N-Zusatzbelastungen aus dem Straßenverkehr vernachlässigbar seien. Diese Ausführungen beanspruchten auch für alle weiteren N-Depositionen Geltung. Der Leitfaden verhalte sich nicht nur zu NO-Verbindungen, denn die straßenverkehrsbedingten Stickstoffeinträge enthielten auch Ammoniak. Die Schlussfolgerung, dass N-Depositionen auf Fließgewässer-LRT zu vernachlässigen seien, schließe mithin auch Ammoniakeinträge ein. Eine Betrachtung des LRT 3260 im Hinblick auf Stickstoffeinträge sei daher nicht erforderlich. Die Ausführungen zu den spezifischen Standortfaktoren der ausgewiesenen Bereiche seien daher nicht erheblich. Ebenso unerheblich seien die Ausführungen zur Anwendbarkeit der Irrelevanzschwelle für diesen LRT sowie zu der Frage, ob der LRT 3260 im Wirkraum des Vorhabens, also im Bereich der maximalen N-Belastung innerhalb des FFH-Gebietes, konkret vorkomme. Eine FFH-Verträglichkeitsprüfung habe sich auch nicht zu den Stickstoffeinträgen in die Ufervegetation des LRT 3260 aufdrängen müssen. Das erstinstanzliche Gericht gehe zu Unrecht davon aus, dass für die Ufervegetation des LRT 3260 die Schutzstandards für den LRT 6430 anzuwenden seien. Dem Beklagten sei zu keinem Zeitpunkt das Vorkommen des LRT 6430 nachgewiesen worden oder bekannt gewesen. Allein Herr Dr. (G.) habe diesen LRT im Wirkraum für möglich gehalten. Dies sei jedoch nicht belegbar. Das erstinstanzliche Gericht habe ohne weitere Begründung festgestellt, dass die im Uferbereich des LRT 3260 vorhandenen Pflanzgesellschaften typisch auch für den LRT 6430 seien. Der Stickstoffleitfaden Straße gehe jedoch davon aus, dass die gesamten Fließgewässer-LRT für atmosphärische eutrophierende Stickstoff-Zusatzbelastungen unempfindlich seien. Eine Einschränkung zulasten der Ufervegetation finde sich nicht. Vielmehr beziehe der Leitfaden die Landflächen ausdrücklich mit ein. Die Denitrifikationsprozesse im Fließwasser kämen offensichtlich auch den Ufervegetationen zu Gute. Der Beklagte habe daher von der Stickstoffunempfindlichkeit des LRT 3260 und damit auch des LRT 6430 ausgehen können.
Selbst wenn eine Stickstoffempfindlichkeit des FFH-Gebietes grundsätzlich gegeben sein sollte, hätten nachteilige Wirkungen durch das Vorhaben der Beigeladenen ausgeschlossen werden können. Das erstinstanzliche Gericht gehe zu Unrecht davon aus, dass eine Zusatzbelastung unterhalb von 3 % eines Critical Load nur dann unberücksichtigt bleiben könne, wenn eine ohnehin schon hohe Vorbelastung des betreffenden Gebietes bestehe. Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts habe die Vorbelastung bei der Anwendbarkeit der Irrelevanzschwelle keine Bedeutung mehr. Grundlage der Irrelevanzschwelle sei die Erkenntnis, dass unterhalb einer bestimmten Schwelle die zusätzlich von einem Vorhaben ausgehende Belastung nicht mehr mit vertretbarer Genauigkeit bestimmbar bzw. nicht mehr eindeutig von der vorhandenen Hintergrundbelastung abgrenzbar sei. Diese fehlende Bestimmbarkeit oder Abgrenzbarkeit stehe nicht im Zusammenhang mit der Vorbelastung, sondern sei eine allgemeine Problematik wissenschaftlicher Messverfahren. Die Gründe für die Irrelevanzschwelle beanspruchten unabhängig von der Vorbelastung Geltung. Zweifel an der Anwendbarkeit der Irrelevanzschwelle im vorliegenden Fall seien daher verfehlt. Auch die vom erstinstanzlichen Gericht angenommenen unteren Spannwerte der Critical Loads für die LRT 3260 und 6430 seien unzutreffend. Die in Rede stehende Ufervegetation sei mit dem EUNIS-Biotoptyp E4.3 nicht vergleichbar. Der Vergleich mit dem LRT 6431 sei näher liegend. Der Stickstoffleitfaden Straße gehe davon aus, dass für Auen mit naturnahem Überflutungsregime vorhabenbedingte atmosphärische Stickstoffeinträge vernachlässigbar seien. Dies werde mit dem raschen Umsatz der organischen Substanz in der Biomasse und dem natürlichen Standort stickstoffliebender Arten begründet. Dementsprechend gebe der Stickstoffleitfaden Straße weder für den LRT 3260 noch für den LRT 6430 Critical Loads an. Lediglich für den LRT 6431 als Unterform des LRT 6430 werde ein Critical Load mit einer Spanne von 15 bis 77 kg N/ha/a angegeben. Dies zeige, dass auch dieser verwandte LRT regelmäßig stickstoffunempfindlich sei. Angesichts der beschriebenen Stickstoffunempfindlichkeit der Fließwasser-LRT sei es nicht zu beanstanden, für den LRT 6430 einen mittleren Critical Load von 25 kg N/ha/a anzunehmen. Lege man diesen zugrunde, so liege die höchst mögliche kumulative Zusatzbelastung im Uferrandbereich von 0,46 kg N/ha/a unter 3 % dieses Critical Loads (0,75 kg N/ha/a). Selbst wenn man den unteren Spannwert des Critical Loads für den LRT 6431 von 15 kg N/ha/a anwenden würde, läge die kumulative Zusatzbelastung an den tatsächlich als LRT ausgewiesenen Bereichen bei 0,15 kg N/ha/a und damit immer noch unter der Irrelevanzschwelle von 3 % dieses Critical Loads (0,45 kg N/ha/a). Auch im Randbereich des FFH-Gebietes, in dem keine LRT ausgewiesen seien und in dem eine kumulative Zusatzbelastung von 0,46 kg N/ha/a erreicht werden könne, betrage diese lediglich 3,36 % des Critical Loads. Damit befinde sich die Zusatzbelastung im Rahmen der Irrelevanzschwelle, wobei zu berücksichtigen sei, dass der untere Spannwert der Critical Loads schon einen erheblichen Sicherheitspuffer einschließe. Unter der zusätzlichen Annahme des Beklagten, dass durch periodische oder episodische Biomasseentnahmen den Auswirkungen einer Stickstoffdeposition jedenfalls entgegengewirkt werden könne, sei es vertretbar, nachteilige Auswirkungen auf das FFH-Gebiet auszuschließen.
Die Feststellung des erstinstanzlichen Gerichts, dass eine FFH-Verträglichkeitsprüfung bereits aufgrund des gutachterlichen Streits im Klageverfahren erforderlich gewesen sei, ohne eine richterliche Würdigung dieser Gutachten vorzunehmen, verletze ihren Anspruch auf rechtliches Gehör. Dem Gericht hätten alle relevanten Gutachten zur Beurteilung der Depositionsgeschwindigkeit, des Einflusses der Ablufttürme und des Umfangs der durch die Biogasanlage ausgelösten Stickstoffimmissionen vorgelegen. Es sei Aufgabe des Gerichts, diese Gutachten auf Plausibilität zu prüfen und bei fehlender Nachvollziehbarkeit oder mangels eigener Sachkunde ein gerichtliches Sachverständigengutachten einzuholen. Das Gericht habe ihren Vortrag insoweit unberücksichtigt gelassen, obwohl dieser für die Auswirkungen auf das in Rede stehende FFH-Gebiet von entscheidender Bedeutung gewesen sei. So verständlich der Wunsch des Gerichts sei, sich nicht damit befassen zu müssen, sei die "Abkürzung" durch die Verweisung auf eine FFH-Verträglichkeitsprüfung rechtswidrig, wenn sich aus den vorgelegten Gutachten ergebe, dass nachteilige Auswirkungen auf das FFH-Gebiet ausgeschlossen werden könnten und eine FFH-Verträglichkeitsprüfung nicht erforderlich sei.
Das erstinstanzliche Gericht habe zudem fehlerhaft festgestellt, dass bezüglich der Gebietsabgrenzung weitere Untersuchungen notwendig gewesen seien, die nur in einer FFH-Verträglichkeitsprüfung hätten geleistet werden können. Nach der Entscheidung der EU-Kommission bestehe im vorliegenden Fall eine tatsächliche Vermutung für die Richtigkeit der Gebietsabgrenzung. Die Einwendungen des Klägers hätten die Vermutung der Richtigkeit der Gebietsabgrenzung nicht widerlegen können. Die Stellungnahme des Vegetationsökologen Dr. (G.) und der Hinweis des Landesamts für Umweltschutz vom 24.09.2013 auf den 600 m nördlich des Vorhabens gelegenen Bruchwaldrest hätten den Beklagten nicht zu nachträglichen Untersuchungen gezwungen. Maßgeblich für die Abgrenzung eines FFH-Gebietes seien die Kriterien des Anhangs III Phase I der FFH-Richtlinie. Das FFH-Gebiet sei nicht speziell wegen des LRT 91E0* ausgewiesen worden. Anknüpfungspunkte seien vielmehr der LRT 3260 und die daran gebundenen Tierarten des Anhangs II der FFH-Richtlinie gewesen. Die ergänzende Angabe des LRT 91E0* auf der Grundlage einer selektiven Biotopkartierung habe sich in der Folge bei der speziellen Kartierung der Lebensraumtypen nicht bestätigt. Der Repräsentativitätsgrad dieses LRT sei nicht ausreichend. Auch der Wert des FFH-Gebietes für die Erhaltung des LRT 91E0* sei negativ zu beurteilen gewesen, was im Jahr 2014 zutreffend zu der Streichung dieses LRT aus dem Standarddatenbogen geführt habe. Da ausweislich der fachlichen Überprüfung der deutschen Gebietsmeldung durch das European Topic Centre on Biological Diversity für das Land Sachsen-Anhalt kein Meldedefizit für den LRT 91E0* erkannt worden sei, könne die von diesem LRT eingenommene Fläche auch in der Gesamtbetrachtung als ausreichend erachtet werden. Der Beklagte habe keinen Anlass gehabt, an der mit der Vermutung der Richtigkeit versehenen Gebietsabgrenzung zu zweifeln, da die Sachlage und insbesondere die Einschätzung der zuständigen Fachbehörde gegen eine unzutreffende Gebietsabgrenzung gesprochen hätten. Die Gebietsabgrenzung sei vor allem nach der Streichung des LRT 91E0* zutreffend. Auch die unzutreffende Einbeziehung des LRT 91E0* hätte im Rahmen der FFH-Vorprüfung keine Auswirkungen auf deren Ergebnis gehabt. Die Stickstoffunempfindlichkeit dieses LRT sei anerkannt und unterliege dem naturschutzfachlichen Beurteilungsspielraum der zuständigen Behörde.
Die weiteren im Verfahren aufgeworfenen Fragen nach Verstößen gegen den Biotopschutz und den Artenschutz habe das erstinstanzliche Gericht offen gelassen. Zu diesen Punkten könne daher eine Auseinandersetzung mit dem Urteil nicht erfolgen. Es werde insoweit auf die erstinstanzlich eingereichten Schriftsätze Bezug genommen, die zum Bestandteil der Berufungsbegründung gemacht würden.
Die Beigeladene beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Magdeburg vom 25. November 2015 - 2 A 214/13 MD - zu ändern und die Klage abzuweisen.
Der Beklagte beantragt,
festzustellen, dass die Genehmigung vom 23.04.2013 rechtswidrig ist, und das Urteil des Verwaltungsgerichts Magdeburg vom 25. November 2015 - 2 A 214/13 MD - aufzuheben, soweit es darüber hinausgeht.
Er trägt vor, eine FFH-Verträglichkeitsprüfung sei durchzuführen, wenn nach der FFH-Vorprüfung Zweifel am Ausbleiben von erheblichen Beeinträchtigungen eines Natura-2000-Gebietes verblieben. Dabei sei vorausgesetzt, dass sich die Vorprüfung auf eine Offensichtlichkeitskontrolle beschränke und nicht hinsichtlich ihrer Prüftiefe einer FFH-Verträglichkeitsprüfung gleichkomme. Es sei nicht offensichtlich, dass sich die Aussage des Stickstoffleitfadens Straße, Fließgewässer-LRT seien unempfindlich gegenüber atmosphärischen Stickstoffeinträgen, auch auf Einträge aus Tierhaltungsanlagen beziehe. Entscheidend sei, dass sich die Anwendung auf die Wirkung des Stickstoffs auf Biotope bzw. LRT beziehe und nicht auf die Art und Weise der Deposition. Der Leitfaden sei auf straßenbürtige Depositionen ausgelegt. Es gebe keine gesicherten Erkenntnisse darüber, ob die atmosphärische Deposition von Stickstoff auf Fließgewässer relevant sei. Für den LRT 3260 existiere kein gültiger Critical Load, da er in der Regel als unempfindlich gegenüber Stickstoffeinträgen gelte. Er halte die "Untersuchung und Bewertung von straßenverkehrsbedingten Nährstoffeinträgen in empfindliche Biotope" der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) für uneingeschränkt anwendbar. Er schätze nach wie vor ein, dass der LRT 3260 gegenüber luftgetragenen Stickstoffeinträgen unempfindlich sei. Fließgewässern fehle die Eigenschaft, lokal aus der Luft eingetragene Stickstoffverbindungen an Ort und Stelle zu akkumulieren. Stattdessen würden die Stickstoffverbindungen mit der Strömung verfrachtet und verdünnt. Die in Deutschland vorkommenden Fließgewässer-LRT seien zudem phosphorlimitiert. Dies bedeute, dass die Primärproduktion im Gewässer nicht durch das Stickstoffangebot, sondern durch ein zu geringes Angebot an Phosphor begrenzt werde. Ein gleichzeitiges Überangebot an anderen Nährstoffen, z.B. Stickstoff, wirke sich in einer solchen Situation auf den ökologischen Zustand nur gering aus. Eine substantiierte Befassung mit den Daten des Klägers, auch eine nochmalige Vor-Ort-Begehung, sei im Hinblick auf den Bruchwaldrest nördlich der geplanten Anlage zur Prüfung der Frage, ob dieser in den LRT 91E0* einzuordnen sei, erforderlich gewesen. Die Critical Loads für den EUNIS-Biotoptyp E4.3 gemäß Bobbink & Hettelingh seien für die in Rede stehenden Hochstaudenfluren nicht anwendbar, da die standörtlichen Gegebenheiten nicht vergleichbar seien. Das Vorbringen der Beigeladenen hinsichtlich der Anwendbarkeit der Critical Loads für feuchte Hochstaudenfluren gemäß der "Untersuchung und Bewertung von straßenverkehrsbedingten Nährstoffeinträgen in empfindliche Biotope" sei nachvollziehbar. In traditionell genutzten Grünland-Niederungsgebieten bildeten Pflanzengesellschaften nährstoffreicher Standorte die Ufervegetation. Stickstoffunempfindlichkeit könne bei solchen LRT 91E0* angenommen werden, die regelmäßig im Rahmen einer Fließgewässerdynamik überschwemmt würden. Die Deposition von atmosphärisch gebundenem Stickstoff sei dann nicht relevant. Ob dies auch auf den in Rede stehenden Wald angewendet werden könne, sollte hier noch einmal einer gutachterlichen Prüfung unterzogen werden. Insoweit liege ein Erkenntnisdefizit vor. Es sei auch nicht sicher, ob die wissenschaftlichen Gründe für die Anwendung der Irrelevanzschwelle unabhängig von der Vorbelastung eines Gebietes Geltung beanspruchten. Bei einer Überschreitung der Critical Loads durch die Vorbelastung könne eine weitere Zusatzbelastung im Hinblick auf ihren Bagatellcharakter hinzunehmen sein. Wann dies der Fall sei, sei eine naturschutzfachliche Frage, die näherer Prüfung bedürfe.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen,
sowie ergänzend im Wege der Anschlussberufung,
den Fristverlängerungsbescheid des Beklagten vom 04.05.2018 aufzuheben.
Er trägt vor, das Verwaltungsgericht sei zu Recht davon ausgegangen, dass erhebliche Beeinträchtigungen im Zeitpunkt der Genehmigungsentscheidung nicht offensichtlich ausgeschlossen gewesen seien. Das Verdikt, straßenbürtige Stickstoffeinträge könnten nicht zu erheblichen Beeinträchtigungen von Fließgewässer-LRT führen, sei nicht offensichtlich auf Stickstoffeinträge aus Tierhaltungsanlagen übertragbar. Maßgeblich seien die unterschiedliche Zusammensetzung des Stickstoffs (NH3 aus Tierhaltungsanlagen und NOX aus Straßen) sowie die Stickstoffempfindlichkeit der Ufervegetation des LRT 3260. Hiermit habe sich das Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern in seiner Entscheidung vom 10.07.2013 - 3 M 111/13 - ausführlich auseinandergesetzt. Dessen Feststellungen seien weder offensichtlich falsch noch sei deren Unrichtigkeit höchstrichterlich festgestellt worden. Der Genehmigungsbehörde stehe bei der Feststellung des Ergebnisses einer FFH-Vorprüfung kein Entscheidungsspielraum zu. Sowohl das Ergebnis der FFH-Verträglichkeitsprüfung als auch das Ergebnis der FFH-Vorprüfung seien vollständig gerichtlich überprüfbar. Sobald es widerstreitende Argumente zur Frage des Eintretens oder Ausbleibens von Beeinträchtigungen gebe, die nicht völlig von der Hand zu weisen seien, könne das Eintreten von Beeinträchtigungen nicht offensichtlich ausgeschlossen werden. Dem könne nicht durch eine nachvollziehbare Plausibilitätsprüfung der Behörde begegnet werden. Der Behörde stehe auf der Ebene der FFH-Vorprüfung keine Einschätzungsprärogative zu. Eine nachvollziehbare Behördenbegründung hinsichtlich der Frage des offensichtlichen Ausschlusses von Beeinträchtigungen entfalte auch keine Bindungswirkung, sondern unterliege der vollen gerichtlichen Kontrolle. Auch sei im vorliegenden Fall die Behördenbewertung nicht richtig gewesen und die Behörde sei auch selbst zu diesem Schluss gekommen, wie sich aus der Stellungnahme des Beklagten im Berufungsverfahren ergebe. Wenn eine Behörde selbst feststelle, dass ihre Entscheidung vor dem Hintergrund der im Gerichtsverfahren gewonnenen Erkenntnisse nicht richtig gewesen sei, fehle erst recht jede Bindungswirkung.
Der Beklagte habe sich nicht auf den Stickstoffleitfaden Straße verlassen dürfen. Dieser liege derzeit nur im Entwurf vor. Eine abgestimmte Endfassung, also eine Fachkonvention, gebe es bislang noch nicht. Zudem datiere er vom 11.11.2014. Er habe also im Zeitpunkt des Erlasses des Genehmigungsbescheides vom 23.04.2013 noch nicht vorgelegen. Seinerzeit habe es lediglich den "Leitfaden zur Prüfung von Stickstoffeinträgen in der FFH-Verträglichkeitsprüfung für Straßen" (Stand: Juli 2012) (sog. BASt-Leitfaden) gegeben, mit dem sich auch das Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern beschäftigt habe. Der Stickstoffleitfaden Straße stelle auch nicht fest, dass Fließgewässer-LRT generell stickstoffunempfindlich seien. Es werde lediglich ausgeführt, dass sich "nach derzeitigem Stand" für Fließgewässer-LRT keine relevante eutrophierende Wirkung der N-Deposition belegen lasse (S. 68). Abschließende Erkenntnisse lägen offensichtlich nicht vor. In der Fortschreibung der Berner Liste in Bobbink & Hettelingh 2011 werde für Fließgewässer nur deshalb kein Critical Load angegeben, weil dazu (bislang) keine belastbaren Daten vorlägen. Insoweit nehme er Bezug auf ein Gutachten des Diplom-Biologen (F. H.) von Juni 2016. Der Stickstoffleitfaden Straße enthalte auch keine Aussage zu Ammoniak-Immissionen, die von Tierhaltungsanlagen verursacht würden. Er stelle nur die Unerheblichkeit von atmosphärischen Stickstoffeinträgen "aus dem Straßenverkehr" fest. Selbst wenn man aus dem Entwurf des Stickstoffleitfadens Straße entnehme, dass auch die Zusatzbelastungen von NH3 aus dem Straßenverkehr erfasst seien (S. 26), bedeute dies nicht, dass damit auch die NH3-Einträge aus Tierhaltungsanlagen hinsichtlich ihrer spezifischen Wirkung auf Gewässer erfasst seien. Im Gegenteil würden die NH3-Emissionen aus dem Straßenverkehr hinsichtlich ihrer spezifischen Wirkungen (hohe Wasserlöslichkeit) sogar vernachlässigt. Denn im Stickstoffleitfaden Straße werde ausgeführt, die NH3-Deposition könne vereinfacht aus der trockenen NOX-Deposition ermittelt werden. Aussagen zur unterschiedlichen Wirkung von NH3 und NOX hinsichtlich der eutrophierenden Wirkung in Gewässern enthalte der Stickstoffleitfaden Straße gerade nicht.
Zum LRT 3260 gehöre auch dessen Ufervegetation. Hier sei mit höheren Stickstoffeinträgen als auf der Wasserfläche zu rechnen. Zudem gelte ein niedrigerer Critical Load. Entgegen den Angaben der Beigeladenen lägen die Stickstoffeinträge in das FFH-Gebiet nicht bei maximal 0,46 kg N/ha/a. Dies sei durch die Stellungnahme des Sachverständigen (H.) vom 29.07.2015 (Tabelle 9) widerlegt. Der Eintrag in den LRT 3260 im Bereich der Milde (blaue Ellipse Nr. 3 in der Karte) liege bei 0,4 bis 0,6 kg N/ha/a. Der Eintrag in die Ufervegetation in dem Abschnitt des Wiepker Bachs westlich der Milde (blaue Ellipse Nr. 5 in der Karte), in dem eine minimale Ausprägung des LRT 3260 vorliege, betrage 0,56 bis 1,21 kg N/ha/a. Damit werde sowohl die Nachweisschwelle von 0,3 kg N/ha/a als auch die Irrelevanzschwelle von 3 % des Critical Loads überschritten. Darüber hinaus fehle es für die Anwendbarkeit der Irrelevanzschwelle von 3 % an jedweder Untersuchung zu kumulativen Einträgen. Die Zugehörigkeit der Ufervegetation zum LRT 3260 werde von der Oberen Naturschutzbehörde nicht in Frage gestellt und entspreche der LRT-Kartieranleitung des Landesamts für Umweltschutz. Die Ufervegetation gehöre deshalb zum LRT 3260 hinzu, weil die charakteristischen Tierarten dieses LRT, die teilweise im Wasser und teilweise an Land lebten, auf diese Elemente angewiesen seien, beispielsweise Insektenarten, die ihre Eier an Röhrichtpflanzen ablegten. Der Gutachter (F. H.) zeige in Tabelle 2, welche Vegetationseinheiten zum LRT 3260 dazugehören könnten und welche Critical Loads hierfür gälten. Da im vorliegenden Fall die Ufervegetation des LRT 3260 nicht erfasst und kartiert worden sei, fehle es an den erforderlichen Informationen, um festzustellen, welcher Critical Load hierfür gelte, da dies von den örtlichen Verhältnissen abhängig sei. Zur Ufervegetation des LRT 3260 gehörten auch charakteristische Flechtenarten. Die Flechten würden in der LRT-Kartieranleitung des Landesamts für Umweltschutz auch im Einzelnen aufgelistet. Der Critical Load für Flechtenarten liege bei 5 bis 10 kg N/ha/a. Einträge in die Ufervegetation von 0,6 kg N/ah/a bzw. 1,21 kg N/ha/a lägen bei Annahme eines Critical Load von 5 kg N/ha/a bei 12 bis 24 % des Critical Load. Hinsichtlich der standorttypischen Gehölzsäume an Fließgewässern liege der Critical Load bei 10 bis 20 kg N/ha/a. Wegen des sog. Auskämmeffekts sei mit höheren Stickstoffeinträgen in Gehölzreihen und Gebüschen zu rechnen, als vom Sachverständigen (H.) in seiner Stellungnahme vom 29.07.2015 auf Tabelle 9 angegeben. Auch mit einer höheren Hintergrundbelastung sei zu rechnen. Auf die Einordnung der Ufervegetation als dem LRT 3260 zugehörige Begleitvegetation oder als LRT 6430 komme es nicht entscheidend an, denn für die typischerweise dort vorkommenden Pflanzenarten lasse sich unabhängig davon ein Critical Load ableiten.
Aufgrund der Nähe von in das FFH-Gebiet entwässernden Gräben müsse mit einer Beeinträchtigung durch Eintrag von Stickstoff in dieses Grabensystem gerechnet werden. Dies sei ein nicht untersuchter Beeinträchtigungsweg. Über kleinräumige Niederschlagsereignisse im Einzugsgebiet eines Fließgewässers könne es zu Beeinträchtigungen von Fischarten über die toxische Wirkung von Stickstoffeinträgen des Niederschlagswassers kommen. Im vorliegenden Fall würden sämtliche Stickstoffeinträge, die auf die dem Anlagenstandort nahegelegenen Gräben heruntergingen, direkt in den LRT 3260 verfrachtet. Es hätte daher untersucht werden müssen, ob es dadurch zu Stickstoffkonzentrationen kommen könne, die bei Fischen oder Rundmäulern toxisch wirkten. Die Schwellen für die toxische Wirkung von Ammoniak oder Ammonium für charakteristische Tierarten des LRT 3260 seien sehr niedrig. Insoweit werde auf das Gutachten des Diplom-Biologen (F. H.) verwiesen. Ohne Kenntnis der derzeitigen Belastungssituation in den Gräben und Gewässern, die zum LRT 3260 gehörten, und ohne eine Berechnung der Zusatzeinträge durch die von der Anlage und dem BHKW ausgehenden N-Depositionen könne nicht auf eine Unerheblichkeit der N-Einträge über diesen Wirkungsweg geschlossen werden. Gleiches gelte für die als Erhaltungsziele im FFH-Gebiet geschützten Anhang-II-Arten Helm-Azurjungfer, Rapfen, Bitterling, Schlammpeitzger und Steinbeißer.
Das Verwaltungsgericht habe zu Recht festgestellt, dass die Frage der Gebietsabgrenzung nicht hinreichend untersucht worden sei. Die Anforderungen des Bundesverwaltungsgerichts an die Substantiierung von Einwendungen gegen eine Gebietsabgrenzung gälten erst dann, wenn entschieden werde, ob das Gebiet fehlerhaft abgegrenzt sei, nicht dagegen, wenn von der Behörde überprüft werde, ob Anhaltspunkte für eine fehlerhafte Gebietsabgrenzung vorlägen. Solchen Anhaltspunkten müsse die Behörde jedenfalls dann nachgehen, wenn die Argumente nicht von der Hand zu weisen seien und es für eine Behördenentscheidung auf die Richtigkeit der Gebietsabgrenzung ankomme. Die Frage der Gebietsabgrenzung sei nach wie vor relevant. Die vorgenommenen Gebietsabgrenzungen seien nicht endgültig. Es könne auch nicht von einer Endbefassung der Kommission ausgegangen werden. Es komme vielmehr auf die naturschutzfachlichen Gesichtspunkte an. Der nördlich des geplanten Anlagenstandortes gelegene LRT 91E0* (roter Kreis Nr. 1 in der Karte) müsse in das FFH-Gebiet einbezogen werden, weil der LRT 91E0* in dem an die Kommission gemeldeten Standarddatenbogen ausgewiesen sei und es sich um den einzigen LRT 91E0* innerhalb des FFH-Gebietes handeln würde. Hinsichtlich des LRT 3260 in dem Abschnitt des Wiepker Bachs nördlich des Vorhabens (blaue Ellipse Nr. 2 in der Karte) liege die Erforderlichkeit der Einbeziehung in das FFH-Gebiet auf der Hand, weil es keinen Grund gebe, warum ein FFH-Gebiet, das Fließgewässer erfasse, deren Einbeziehung an einer bestimmten Stelle ohne naturschutzfachliche Notwendigkeit abbreche. Darüber hinaus habe die Kommission hinsichtlich der Meldung des LRT 91E0* durch das Land Sachsen-Anhalt ein Defizit festgestellt. Die Kommission gehe davon aus, dass der LRT 91E0* weiterhin Bestandteil des FFH-Gebietes "Secantsgraben, Milde und Biese" sei. Dies ergebe sich aus dem Durchführungsbeschluss (EU) 2015/69 der Kommission vom 03.12.2014, in dessen Anhang das FFH-Gebiet dargestellt werde, wobei sich in der Spalte C ein * befinde. Ein * in Spalte C kennzeichne das Vorhandensein von einem oder mehreren prioritären Lebensraumtypen und/oder einer oder mehrere prioritärer Arten im Sinne von Artikel 1 der Richtlinie 92/43/EWG. Die Einbeziehung des LRT 91E0* nördlich des Anlagenstandortes sei erforderlich, weil der LRT 91E0* mit dem Standarddatenbogen Stand März 2004 mit einer Fläche von 20 ha der Gebietsmeldung an die Kommission zugrunde gelegt worden sei. Der Kommission sei offensichtlich ein Bestand des LRT 91E0* in Sachsen-Anhalt gemeldet worden, der gar nicht vorhanden sei. Daraus dürfe nicht die Konsequenz gezogen werden, den LRT 91E0* aus dem Standarddatenbogen herauszunehmen. Wenn das Land Sachsen-Anhalt feststelle, dass es 20 ha eines prioritären LRT 91E0* fälschlicherweise gemeldet habe, dann sei es seine Aufgabe, jedenfalls diejenigen Bestände des LRT 91E0* in FFH-Gebiete einzubeziehen, die zumindest in der Nähe der Gebietsgrenze lägen. Andernfalls würde die Fehlmeldung durch das Land noch verstärkt. Der LRT 91E0* sei auch stickstoffempfindlich. Etwas anderes gelte nur für LRT 91E0*, die regelmäßig überflutet würden. Der Critical Load für den LRT 91E0* liege bei 10 bis 20 kg N/ha/a, für die charakteristischen Flechtenarten bei 5 kg N/ha/a. Der Stickstoffeintrag in den LRT 91E0* nördlich der Anlage betrage ausweislich der Tabelle 9 in der Stellungnahme des Sachverständigen (H.) vom 29.07.2015 insgesamt 0,99 bis 1,91 kg N/ha/a. Die Schwellen von 0,3 kg N/ha/a und von 3 % des Critical Load würden in jedem Fall überschritten. Eine FFH-Verträglichkeitsprüfung wäre also erforderlich gewesen.
Für die Entscheidung über die Anfechtungsklage sei die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Behördenentscheidung maßgeblich. Spätere Änderungen der Sach- und Rechtslage änderten daran nichts. Der Europäische Gerichtshof habe festgestellt, dass die Prüfung der FFH-Verträglichkeit eines Vorhabens vor Erteilung der Genehmigung abgeschlossen sein müsse. Die Behörde müsse im Zeitpunkt der Genehmigungsentscheidung die Gewissheit haben, dass das Vorhaben mit dem Habitatschutzrecht vereinbar sei. Für die Prüfung der Richtigkeit der Behördenentscheidung, auf eine FFH-Verträglichkeitsprüfung zu verzichten, komme es daher auf den Zeitpunkt des Erlasses der Genehmigung an, nicht auf danach ermittelte oder zutage getretene Informationen. Der Beklagte habe in seiner Stellungnahme im Berufungsverfahren festgestellt, dass zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die erforderliche habitatschutzrechtliche Gewissheit nicht bestanden habe. Dies allein reiche aus, um festzustellen, dass die Genehmigung gegen Habitatschutzrecht verstoße. Zudem beruhe die aus dem Prozessrecht abgeleitete Maxime, dass Veränderungen der Sach- und Rechtslage zu Gunsten des Genehmigungsinhabers zu berücksichtigen seien, darauf, dass es aus Gründen der Prozessökonomie unsinnig wäre, eine Genehmigung aufzuheben, die auf Grund der geänderten Sach- und Rechtslage danach sofort wieder erteilt werden müsse. Das sei hier aber nicht der Fall, da die Privilegierung für UVP-pflichtige Tierhaltungsanlagen für Anträge, die nach dem 04.07.2012 gestellt würden, entfallen sei, so dass feststehe, dass ein neuer Antrag für die hier vorliegende nicht privilegierte Tierhaltung nicht mehr genehmigungsfähig wäre.
Die erstinstanzliche Entscheidung sei auch aus anderen Gründen richtig. Sowohl die Umweltverträglichkeitsprüfung als auch die Öffentlichkeitsbeteiligung seien fehlerhaft gewesen. Es handele sich dabei um Verfahrensfehler, die gemäß § 4 Abs. 1 bzw. 1a UmwRG zur Aufhebung der Genehmigung führten. Sowohl die Nichtauslegung von erforderlichen Unterlagen also auch deren inhaltliche Fehlerhaftigkeit seien unter § 4 Abs. 1a UmwRG zu subsumieren. Im vorliegenden Fall seien die ausgelegten Unterlagen sowohl unvollständig als auch fehlerhaft gewesen, so dass neben § 4 Abs. 1a UmwRG auch die absoluten Verfahrensfehler des § 4 Abs. 1 Nr. 2 und 3 UmwRG in Frage kämen. Die ausgelegten Unterlagen zum Biotopschutz seien fehlerhaft bzw. unvollständig gewesen, weil die Erfassung der gesetzlich geschützten Biotope im Umfeld der Anlage unzureichend gewesen sei. Der Verfahrensfehler sei auch nach § 4 Abs. 1a Satz 2 UmwRG erheblich, da es durch die Stickstoffimmissionen der Anlage zu Beeinträchtigungen gesetzlich geschützter Biotope komme. Die Stickstoffeinträge seien erheblich. Beeinträchtigungen ließen sich nicht ausschließen. Das Gleiche gelte für die Allee. Auch die fehlende Auslegung der Ergänzung der Immissionsprognose im Hinblick auf die Biogasanlage stelle einen Verfahrensfehler dar. Hätten diese Unterlagen ausgelegen, hätten sowohl der Kläger als auch andere Mitglieder der Öffentlichkeit die Möglichkeit gehabt, dazu vorzutragen. Bei vollständiger und korrekter Auslegung hätte sich bereits im Genehmigungsverfahren eine Auseinandersetzung über Beeinträchtigungen durch Stickstoffeinträge aus der Hähnchenmastanlage und der Biogasanlage auf alle stickstoffempfindlichen Lebensräume im Umfeld des Anlagenstandortes ergeben. Diese Diskussion hätte mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einem anderen Ergebnis geführt. Dies lasse sich jedenfalls nicht ausschließen.
Die erstinstanzliche Entscheidung sei auch deshalb richtig, weil es durch den Betrieb der Anlage zu schädigenden Stickstoffeinträgen in gesetzlich geschützte Biotope und eine Allee komme. Insoweit nehme er Bezug auf sein erstinstanzliches Vorbringen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und die vom Beklagten vorgelegten Behördenvorgänge Bezug genommen.
A. Die zulässige Berufung der Beigeladenen ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.
Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist zu ändern. Der angefochtene Genehmigungsbescheid des Beklagten vom 23.04.2013 ist nicht aufzuheben, sondern lediglich für rechtswidrig und nicht vollziehbar zu erklären. Im Übrigen ist die Klage abzuweisen. Dies folgt aus § 4 Abs. 1b Satz 1 und § 7 Abs. 5 Satz 1 des Gesetzes über ergänzende Vorschriften zu Rechtsbehelfen in Umweltangelegenheiten nach der EG-Richtlinie 2003/35/EG (Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz - UmwRG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 23.08.2017 (BGBl. I S. 3290).
Die Vorschriften der §§ 4 Abs. 1b Satz 1, 7 Abs. 5 Satz 1 UmwRG sind im vorliegenden Fall anwendbar, obwohl sie erst nach Einlegung der Berufung durch das Gesetz zur Anpassung des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes und anderer Vorschriften an europa- und völkerrechtliche Vorgaben vom 29.05.2017 (BGBl. I S. 1298) mit Wirkung vom 02.06.2017 in das UmwRG eingefügt worden sind. Dies folgt aus der Überleitungsvorschrift des § 8 Abs. 1 Satz 1 UmwRG, nach der dieses Gesetz für Rechtsbehelfe gegen Entscheidungen nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 UmwRG gilt, die nach dem 25.06.2005 ergangen sind oder hätten ergehen müssen. Die Anwendung des UmwRG in der derzeit geltenden Fassung entspricht auch den Grundsätzen des intertemporalen Prozessrechts. Nach diesen Grundsätzen erfasst eine Änderung des Verfahrensrechts auch anhängige Rechtsstreitigkeiten (vgl. BVerfG, Beschl. v. 07.07.1992 - 2 BvR 1631/90, 2 BvR 1728/90 -, juris RdNr. 43; BVerwG, Urt. v. 21.01.2016 - 4 A 5.14 -, juris RdNr. 46). Zwar gebietet der im Rechtsstaatsprinzip wurzelnde Schutz des Vertrauens, dass eine nachträgliche Beschränkung von Klagemöglichkeiten beim Fehlen abweichender Bestimmungen nicht zu einer Verschärfung der Zulässigkeitsvoraussetzungen einer bereits eingelegten Klage führt (vgl. BVerfG, Beschl. v. 07.07.1992 - 2 BvR 1631/90, 2 BvR 1728/90 -, a.a.O. RdNr. 43; BVerwG, Urt. v. 24.03.2010 - 4 CN 3.09 -, juris Rdnr. 16 zum Grundsatz der Rechtsmittelsicherheit). Darüber hinaus ist der Grundsatz des Vertrauensschutzes über die Verschärfung von Zulässigkeitsvoraussetzungen hinaus ganz allgemein zu beachten, wenn der Gesetzgeber auf eine bislang gegebene verfahrensrechtliche Lage einwirkt, in der sich der Bürger befindet (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.03.2010 - 4 CN 3.09 -, a.a.O. RdNr. 17; Urt. v. 21.01.2016 - 4 A 5.14 -, a.a.O. RdNr. 46). Eine nachträgliche Verschlechterung der verfahrensrechtlichen Lage des Klägers liegt hier jedoch nicht vor. Vielmehr erweitert § 7 Abs. 5 Satz 1 UmwRG die bislang schon im geltenden Planfeststellungsrecht (§ 75 Abs. 1a Satz 2 VwVfG) bestehenden Möglichkeiten der Heilung von materiellen Fehlern auf Zulassungsentscheidungen, insbesondere immissionsschutzrechtliche Genehmigungen (vgl. BT-Drs. 18/9526, S. 44). Ergänzend ermöglicht § 4 Abs. 1b UmwRG die Heilung formeller Fehler (vgl. BT-Drs. 18/12146, S. 16). Hiermit werden die Klagemöglichkeiten von Umweltschutzvereinigungen nicht nachträglich beschränkt, vielmehr werden lediglich die Rechtsfolgen einer erfolgreichen Klage modifiziert.
Gemäß § 4 Abs. 1b Satz 1 UmwRG führt eine Verletzung von Verfahrensvorschriften nur dann zur Aufhebung einer Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b oder 5, wenn sie nicht durch Entscheidungsergänzung oder ein ergänzendes Verfahren behoben werden kann. Unter den gleichen Voraussetzungen führt gemäß § 7 Abs. 5 Satz 1 UmwRG auch eine Verletzung materieller Rechtsvorschriften nicht zu einer Aufhebung der Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens. Im Fall des ergänzenden Verfahrens spricht das Gericht (nur) die Rechtswidrigkeit der Entscheidung aus, mit der Folge, dass sie bis zur Behebung des Mangels nicht vollziehbar ist (vgl. BT-Drs. 18/9526, S. 44 f.). Hiernach ist die angefochtene Genehmigung des Beklagten vom 23.04.2013 (nur) für rechtswidrig und nicht vollziehbar zu erklären.
I. Die FFH-Vorprüfung ist fehlerhaft, weil sie zu dem Ergebnis hätte gelangen müssen, dass eine FFH-Verträglichkeitsprüfung durchgeführt werden muss. Dieser Fehler kann jedoch in einem ergänzenden Verfahren durch Nachholung der FFH-Verträglichkeitsprüfung behoben werden.
1. Die FFH-Vorprüfung ist fehlerhaft. Die Genehmigung und die zugrundeliegende FFH-Vorprüfung erbringen nicht den Nachweis, dass unter Berücksichtigung der besten einschlägigen wissenschaftlichen Erkenntnisse eine Beeinträchtigung von Erhaltungszielen des FFH-Gebietes "Secantsgraben, Milde und Biese" durch die von der geplanten Hähnchenmastanlage und der vorhandenen Biogasanlage ausgehenden eutrophierenden Stickstoffverbindungen offensichtlich ausgeschlossen ist.
a) Es ist fraglich, ob es sich bei einer fehlerhaften FFH-Vorprüfung bzw. bei einer Unterlassung der erforderlichen FFH-Verträglichkeitsprüfung um eine Verletzung von Verfahrensvorschriften i.S.d. § 4 Abs. 1b Satz 1 UmwRG oder um eine Verletzung materieller Rechtsvorschriften i.S.d. § 7 Abs. 5 Satz 1 UmwRG handelt.
Der Umstand, dass eine FFH-Vorprüfung fehlerhaft gewesen und deshalb zu Unrecht von einer FFH-Verträglichkeitsprüfung abgesehen worden ist, wird teilweise (jedenfalls auch) als Verfahrensfehler eingestuft (vgl. OVG MV, Urt. v. 30.06.2010 - 3 K 19/06 -, juris RdNr. 131; OVG NW, Urt. v. 01.12.2011 - 8 D 58.08.AK -, juris RdNr. 510; Meßerschmidt, BNatSchG, § 34 RdNr. 56). Demgegenüber neigt der Senat dazu, eine fehlerhafte FFH-Vorprüfung als materiellen Fehler einzustufen. Unter den Begriff des Verfahrensfehlers werden nach herkömmlichem Rechtsverständnis nur Verstöße gegen Rechtsvorschriften gefasst, die die äußere Ordnung des Verfahrens, d.h. den Verfahrensablauf als solchen betreffen (vgl. § 9 VwVfG). Hierzu gehören etwa Regelungen über den Beginn des Verfahrens, die Beteiligung anderer Behörden und der Öffentlichkeit sowie sonstige Verfahrensschritte, wie etwa die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) oder UVP-Vorprüfung. Nicht zum äußeren Verfahrensgang in diesem Sinne gehört dagegen der durch materiell-rechtliche Vorgaben gesteuerte Prozess der Willens- und Entscheidungsbildung, der sich regelmäßig auf der Grundlage von Fachgutachten vollzieht (vgl. BVerwG, Urt. v. 28.11.2017 - 7 A 17.12 -, juris RdNr. 29). Bei der FFH-Vorprüfung dürfte es sich um einen solchen, durch materiell-rechtliche Vorgaben gesteuerten Entscheidungsprozess handeln. Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21.05.1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (ABl. L 206 S. 7 vom 22.07.1992) (FFH-RL) und § 34 Abs. 1 BNatSchG verlangen nicht, dass eine Vorprüfung formalisiert durchgeführt wird, sondern regeln nur die Voraussetzungen, unter denen eine Verträglichkeitsprüfung geboten ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.07.2011 - 9 A 12.10 -, juris RdNr. 89). Fehlen diese Voraussetzungen bei Erlass der Entscheidung über die Zulassung des Vorhabens, weil eine Beeinträchtigung der Erhaltungsziele des Gebiets ohne vertiefte Prüfung ausgeschlossen werden kann, so stellt der Verzicht auf eine Verträglichkeitsprüfung unabhängig davon, auf welche Weise die Behörde sich diese Gewissheit verschafft hat, keinen Rechtsfehler dar (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.07.2011 - 9 A 12.10 -, a.a.O.). Erweist sich die behördliche Einschätzung, dass vorhabenbedingte Beeinträchtigungen des geschützten Gebiets ohne vorherige Durchführung einer Verträglichkeitsprüfung ausgeschlossen werden können, hingegen als fehlerhaft, stellt dies einen Verstoß gegen § 34 Abs. 1 BNatSchG und Art. 6 Abs. 3 FFH-RL und damit gegen materielles Recht dar (vgl. Urt. d. Senats v. 06.07.2016 - 2 L 84/14 -, juris RdNr. 186). Solange der Vorhabenträger nicht ausreichend darlegt, dass das Projekt keine erhebliche Beeinträchtigung verursacht, ist das Projekt in Bezug auf die Anforderungen des Habitatschutzes materiell-rechtlich unzulässig (vgl. OVG NW, Urt. v. 01.12.2011 - 8 D 58.08.AK -, a.a.O. RdNr. 180).
Es ist höchstrichterlich bislang nicht entschieden, ob eine fehlerhafte FFH-Vorprüfung als Verfahrensfehler oder als materieller Fehler anzusehen ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat aber die Revision zur Klärung der Frage zugelassen, ob und inwieweit eine unterlassene oder fehlerhafte FFH-Vorprüfung einen Verfahrensfehler (im Sinne von § 4 Abs. 1 Nr. 3 oder Abs. 1a UmwRG) begründen kann (vgl. BVerwG, Beschl. v. 10.07.2017 - 7 B 14.16 <7 C 24.17> -, juris RdNr. 1).
Die Frage, ob im vorliegenden Fall § 4 Abs. 1b Satz 1 UmwRG oder § 7 Abs. 5 Satz 1 UmwRG eingreift, bedarf keiner Vertiefung, denn die Rechtsfolge ist in beiden Fällen gleich. Eine Heilung des Fehlers einer fehlerhaften FFH-Vorprüfung ist in einem ergänzenden Verfahren möglich. Der Fehler führt daher nicht zur Aufhebung der Entscheidung, sondern (nur) zum Ausspruch der Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit.
b) Der sachliche Prüfungsmaßstab für die FFH-Vorprüfung ist der gleiche wie der für die FFH-Verträglichkeitsprüfung. In beiden Verfahren ist zu prüfen, ob ausgeschlossen werden kann, dass das Vorhaben zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Erhaltungsziele eines Natura-2000-Gebietes i.S.d. § 34 Abs. 1 BNatSchG führt. Unterschiede ergeben sich allein in der Prüfungstiefe (vgl. Balla et al., "Untersuchung und Bewertung von straßenverkehrsbedingten Nährstoffeinträgen in empfindliche Biotope", Bericht zum FE-Vorhaben 84.0102/2009 der Bundesanstalt für Straßenwesen, Forschung Straßenbau und Straßenverkehrstechnik Band 1099, herausgegeben vom Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, November 2013 <im Folgenden: BASt-Bericht>, S. 32; Steeck/Lau, NVwZ 2008, 854 <855>). Die FFH-Vorprüfung hat sich auf eine Offensichtlichkeitskontrolle zu beschränken und darf hinsichtlich ihrer Prüftiefe nicht einer FFH-Verträglichkeitsprüfung gleichkommen (vgl. Storost, DVBl. 2012, 457 <462>).
Eine FFH-Vorprüfung ist ausreichend und eine FFH-Verträglichkeitsprüfung nicht erforderlich, wenn erhebliche Beeinträchtigungen offensichtlich ausgeschlossen werden können, also keine vernünftigen Zweifel am Ausbleiben von erheblichen Beeinträchtigungen bestehen (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.01.2007 - 9 A 20.05 -, juris RdNr. 58 und 60; Beschl. v. 26.11.2007 - 4 BN 46.07 -, juris RdNr. 6; Urt. v. 29.09.2011 - 7 C 21.09 -, juris RdNr. 40). Es muss anhand leicht zu ermittelnder Umstände offensichtlich ausgeschlossen sein, dass es zu erheblichen Beeinträchtigungen kommt (vgl. Füßer/Lau, UPR 2014, 121 <123>). Die Vorprüfung ist nicht der geeignete Rahmen für die Klärung naturschutzfachlich schwieriger, streitiger oder offener Fragen. Hierfür steht vielmehr die eigentliche FFH-Verträglichkeitsprüfung zur Verfügung, in der unter Berücksichtigung der besten einschlägigen wissenschaftlichen Erkenntnisse und unter Ausschöpfung aller wissenschaftlichen Mittel und Quellen nachzuweisen ist, dass eine Beeinträchtigung der Erhaltungsziele der betroffenen Gebiete durch das Vorhaben ausgeschlossen ist. Erst in diesem Rahmen ist Raum für Sachverständigendispute (vgl. OVG MV, Beschl. v. 10.07.2013 - 3 M 111/13 -, juris RdNr. 17).
Maßgeblicher Prüfungsgegenstand ist die im Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Genehmigung vorliegende FFH-Vorprüfung, hier die FFH-Vorprüfung der (E.) vom 26.08.2011, auf die sich der Beklagte bei seiner Einschätzung, es seien keine erheblichen Beeinträchtigungen des FFH-Gebietes "Secantsgraben, Milde und Biese" zu erwarten, gestützt hat. Ermittlungs- und Bewertungsdefizite, die der FFH-Verträglichkeits(vor-)prüfung anhaften, können regelmäßig nicht allein anhand nachträglichen Vortrags im Prozess aufgefangen werden. Im Grundsatz ist vielmehr ein ergänzendes Verfahren erforderlich, das mit einer erneuten Entscheidung der zuständigen Behörde abschließt (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.01.2007 - 9 A 20.05 -, a.a.O. RdNr. 71). Da die FFH-Verträglichkeits(vor-)prüfung grundsätzlich vor Zulassung des Vorhabens zu erfolgen hat, kommt die Nachholung der FFH-Verträglichkeits(vor-)prüfung während des gerichtlichen Verfahrens allenfalls bei Vorliegen besonderer Umstände in Betracht (vgl. VGH BW, Urt. v. 20.07.2011 - 10 S 2102/09 -, juris RdNr. 338; OVG NW, Urt. v. 01.12.2011 - 8 D 58.08.AK -, a.a.O. RdNr. 507 ff. <RdNr. 517>; Urt. v. 12.06.2012 - 8 D 38.08.AK -, juris RdNr. 306). Solche sind hier nicht ersichtlich.
aa) Soweit - wie hier - Einwirkungen durch Stickstoff in Rede stehen, ist in der FFH-Vorprüfung der Frage nachzugehen, ob eine Beeinträchtigung von Erhaltungszielen eines FFH-Gebietes durch anlagenbedingte Stickstoffeinträge offensichtlich ausgeschlossen ist.
Eine Stickstoffzufuhr beeinflusst die Nährstoffversorgung der Vegetation und kann Veränderungen im Vorkommen bestimmter Pflanzen bewirken. Insbesondere auf nährstoffarmen und trockenen Standorten ist zu besorgen, dass die für diese Standorte charakteristischen Lebensraumtypen durch die Verbreitung konkurrenzstärkerer Pflanzen verdrängt werden. Dies zieht wiederum Veränderungen im Spektrum der für die Lebensraumtypen charakteristischen Tierarten nach sich (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.01.2007 - 9 A 20.05 -, a.a.O. RdNr. 103).
Genehmigungs- oder Prüfschwellen des BImSchG oder der TA Luft, die nicht explizit den Schutz von Natura-2000-Gebieten vor erheblichen Beeinträchtigungen berücksichtigen, können nicht ohne weiteres in einer FFH-Verträglichkeitsprüfung angewendet werden (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.04.2010 - 9 A 5.08 -, juris RdNr. 92 zu der in der "Vollzugshilfe Brandenburg" vorgeschlagenen Irrelevanzschwelle von 10 % des Beurteilungswertes für Stickstoffdepositionen; Urt. v. 29.09.2011 - 7 C 21.09 -, a.a.O. RdNr. 41; BASt-Bericht, S. 37). Das gilt auch für das im Leitfaden zur Ermittlung und Bewertung von Stickstoffeinträgen der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz (LAI) vom 01.03.2012 (http://stickstoff.naturschutzinformationen-nrw.de/site/files/stickstoff/einleitung/LAI_N-Leitfaden_Langfassung_M%C3%A4rz_2012.pdf) (sog. LAI-Papier) genannte Abschneidekriterium von 5 kg N/ha/a, zumal in diesem Leitfaden ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass sich aus dem Naturschutzrecht insbesondere für FFH-Gebiete zusätzliche Anforderungen ergeben können.
Grundsätzlich geeignet für die Beurteilung der Erheblichkeit von Beeinträchtigungen eines Natura-2000-Gebietes durch Stickstoffdepositionen ist demgegenüber das Konzept der sog. Critical Loads. Critical Loads sollen naturwissenschaftlich begründete Belastungsgrenzen für Vegetationstypen oder andere Schutzgüter umschreiben, bei deren Einhaltung eine Luftschadstoffdeposition auch langfristig keine signifikant schädlichen Effekte erwarten lässt (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.03.2008 - 9 A 3.06 - juris RdNr. 108). In Anbetracht der Unsicherheiten, denen die Beurteilung der durch ein Projekt hervorgerufene Stickstoffbelastungen für habitatrechtlich geschützte Lebensräume unterliegt, ist gegen die Verwendung dieses Konzepts nichts einzuwenden (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.04.2010 - 9 A 5.08 -, a.a.O. RdNr. 87; Urt. v. 29.09.2011 - 7 C 21.09 -, a.a.O. RdNr. 41; BASt-Bericht, S. 114 ff.). Hierbei kann u.a. auf die sog. Berner Liste empirischer Critical Loads zurückgegriffen werden, die im Juni 2010 neu gefasst und mit Erläuterungen bei Bobbink & Hettelingh, "Review and revision of empirical critical loads and dose-response relationships", 2011 (https://www.rivm.nl/dsresource?objectid=474bd9d4-6075-4364-9529-835e901f833f&type=org&disposition=inline) veröffentlicht wurde (vgl. BVerwG, Urt. v. 23.04.2014 - 9 A 25.12 -, juris RdNr. 35).
Zu messen an den Critical Loads ist nicht allein die Zusatzbelastung. Vielmehr ist für eine am Erhaltungsziel orientierte Beurteilung der projektbedingten Zusatzbelastung die Berücksichtigung der Vorbelastung unverzichtbar (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.04.2010 - 9 A 5.08 -, a.a.O. RdNr. 88; Urt. v. 29.09.2011 - 7 C 21.09 -, a.a.O. RdNr. 42). Bei Überschreitung des Critical Loads in der Gesamtbelastung kann im Regelfall eine erhebliche Beeinträchtigung nicht mit hinreichender wissenschaftlicher Sicherheit ausgeschlossen werden (vgl. BASt-Bericht, S. 211 ff.). Werden die Critical Loads bereits von der Vorbelastung ausgeschöpft oder sogar überschritten, so folgt daraus, dass prinzipiell jede Zusatzbelastung mit dem Erhaltungsziel unvereinbar und deshalb erheblich ist, weil sie die kritische Grenze überschreitet oder schon mit der Vorbelastung verbundene Schadeffekte verstärkt (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.04.2010 - 9 A 5.08 -, a.a.O. RdNr. 91).
Dieser Grundsatz steht aus Gründen der Verhältnismäßigkeit unter einem Bagatellvorbehalt. Anerkannt ist eine gebiets- bzw. rezeptorbezogene Irrelevanzschwelle von 3 % des Critical Loads, da Zusatzbelastungen von nicht mehr als 3 % des Critical Loads außerstande sind, signifikante Veränderungen des Ist-Zustandes auszulösen oder die Wiederherstellung eines günstigen Zustandes signifikant einzuschränken (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.04.2010 - 9 A 5.08 -, a.a.O. RdNr. 94; Urt. v. 29.09.2011 - 7 C 21.09 -, a.a.O. RdNr. 42; Urt. v. 06.11.2012 - 9 A 17.11 -, juris Rdnr. 93; Urt. v. 23.04.2014 - 9 A 25.12 -, a.a.O. RdNr. 45; OVG NW, Urt. v. 01.12.2011 - 8 D 58.08.AK -, a.a.O. RdNr. 600; Urt. v. 16.06.2016 - 8 D 99/13.AK -, juris RdNr. 548; BASt-Bericht, S. 216 ff.). Mit dieser Irrelevanzschwelle (Bagatellschwelle) wird die Höhe des zusätzlichen Stickstoffeintrags definiert, der höchstens vernachlässigbare Effekte und mit Sicherheit keine erheblichen Beeinträchtigungen auslösen kann (vgl. Balla et al., "Stickstoffeinträge in der FFH-Verträglichkeitsprüfung: Critical Loads, Bagatellschwelle und Abschneidekriterium", in: Waldökologie, Landschaftsforschung und Naturschutz, Heft 14 (2014), S. 43 ff. <S. 47>).
Bei der Prüfung, ob projektbedingte Schadstoffeinträge die Irrelevanzschwelle von 3 % des Critical Loads überschreiten, ist nicht nur die Zusatzbelastung durch das zur Genehmigung gestellte Vorhaben zu betrachten. Erforderlich ist vielmehr eine Summationsbetrachtung, bei der kumulativ auch die Auswirkungen anderer Projekte oder Pläne i.S.d. § 34 Abs. 1 BNatSchG zu berücksichtigen sind, soweit sich deren Auswirkungen konkret absehen lassen (vgl. OVG NW, Urt. v. 01.12.2011 - 8 D 58.08.AK -, a.a.O. RdNr. 608 ff. <RdNr. 612>; bestätigt durch BVerwG, Beschl. v. 05.09.2012 - 7 B 24.12 -, juris RdNr. 11). Die Irrelevanzschwelle von 3 % des Critical Loads ist damit die höchst zulässige Summe aller Einträge aus verschiedenen Projekten und Plänen (vgl. Balla et al., a.a.O., S. 48).
Die Irrelevanzschwelle von 3 % kommt jedenfalls dann zur Anwendung, wenn bereits die Vorbelastung den maßgeblichen Critical Load für eutrophierende Stoffeinträge überschreitet (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.04.2010 - 9 A 5.08 -, a.a.O. RdNr. 94; Urt. v. 06.11.2012 - 9 A 17.11 -, a.a.O. Rdnr. 93; Urt. v. 23.04.2014 - 9 A 25.12 -, a.a.O. RdNr. 45; OVG NW, Urt. v. 01.12.2011 - 8 D 58.08.AK -, a.a.O. RdNr. 602; Urt. v. 16.06.2016 - 8 D 99/13.AK -, a.a.O. RdNr. 550; Kohls/Mierwald/Zirwick, ZUR 2014, 150 <154>; Weuthen, ZUR 2017, 215 <220>). In der Literatur wird deren Anwendung auch auf Fälle erstreckt, in denen der Critical Load erst durch die Gesamtbelastung überschritten wird (vgl. BASt-Bericht, S. 217; Friedrich/Heesen, UPR 2013, 415 <419>). Jedenfalls kann die Irrelevanzschwelle nicht unabhängig von der Vorbelastung zur Anwendung kommen. Dies entspricht dem Sinn der Irrelevanzschwelle, die Zulassung von Vorhaben auch nach Ausschöpfen des Critical Loads bei geringfügigen Zusatzbelastungen zu ermöglichen (vgl. Friedrich/Heesen, a.a.O. 419 f.). Wird der maßgebliche Critical Load durch die Vor- bzw. Gesamtbelastung nicht überschritten, bedarf es keiner Irrelevanzschwelle. Zudem ist die Irrelevanzschwelle gebiets- bzw. rezeptorbezogen, nicht vorhabenbezogen, d.h. ein Ausschöpfen der Irrelevanzschwelle ist (nach Überschreitung des Critical Loads) nur einmal durch sämtliche zuzulassenden Vorhaben insgesamt möglich. Die Irrelevanzschwelle ist damit irgendwann ausgeschöpft, so dass auch nur minimale Zusatzbelastungen des betroffenen FFH-Gebietes durch eine weitere Anlage nicht mehr möglich sind (vgl. Friedrich/Heesen, a.a.O. S. 416).
Die Frage, ab wann bzw. für welche Vorhaben die Irrelevanzschwelle gilt, wird durch die Abgrenzung von Vorbelastung und Zusatzbelastung gesteuert. Nach einer verbreiteten Auffassung ist als Vorbelastung, die bei der Prüfung der gebietsbezogenen Irrelevanzschwelle von 3 % des Critical Load im Rahmen des Art. 6 Abs. 3 FFH-RL und § 34 Abs. 1 BNatSchG außer Betracht bleibt, (nur) die bis zur Unterschutzstellung des Gebietes bestehende Belastung anzusehen (vgl. OVG NW, Urt. v. 01.12.2011 - 8 D 58.08.AK -, a.a.O. RdNr. 621 ff., RdNr. 735; Urt. v. 16.06.2016 - 8 D 99/13.AK -, a.a.O. RdNr. 460 ff., RdNr. 694; Friedrich/Heesen, a.a.O. S. 420; Kohls/Mierwald/Zirwick, a.a.O. S. 154; Gellermann, NuR 2016, 225 <229>; Weuthen, a.a.O. S. 220 ff.). In der Konsequenz dieser Auffassung sind sämtliche Projekte und Pläne, die nach Unterschutzstellung des FFH-Gebietes hinzutreten, soweit sich deren Auswirkungen konkret absehen lassen, in die Summationsbetrachtung einzubeziehen. Erst das Ergebnis dieser Summationsbetrachtung ist am Maßstab der Irrelevanzschwelle von 3 % des Critical Load zu messen.
Einen anderen Ansatz verfolgt das Bundesverwaltungsgericht in seiner Entscheidung zur Elbvertiefung, in der als Vorbelastung die Auswirkungen umgesetzter Vorhaben oder bisheriger Nutzungen angesehen werden, die bereits in den Ist-Zustand eingegangen sind (vgl. BVerwG, Urt. v. 09.02.2017 - 7 A 2.15 -, juris RdNr. 220; ebenso Füßer/Lau, a.a.O. S. 127; Lau, NuR 2016, 149 <150>; vgl. auch BASt-Bericht, S. 227 f.). Hiernach bezieht sich die im Rahmen des Art. 6 Abs. 3 FFH-RL und § 34 Abs. 1 BNatSchG vorzunehmende Kumulationsprüfung (Summationsbetrachtung) nur auf die noch nicht ins Werk gesetzten Vorhaben. Ein weiterer Ansatz, der vor allem praktische Vorteile bietet, besteht darin, als Vorbelastung alles anzusehen, was in den aktuellen UBA-Datensatz Eingang gefunden hat (vgl. BAST-Bericht, S. 228). Gegen diesen Ansatz spricht indessen, dass hiernach die Gefahr besteht, dass mit jeder Aktualisierung des UBA-Datensatzes gewissermaßen die "Reset-Taste" gedrückt wird und das durch die Irrelevanzschwelle eröffnete Belastungskontingent wieder voll verfügbar wäre (vgl. Kohls/Mierwald/Zirwick, a.a.O. S. 158; Weuthen, a.a.O. S. 221). Auch die Auffassung, die als Vorbelastung die Auswirkungen sämtlicher bereits realisierter Projekte und Pläne ansieht, führt zu der Problematik der mehrfachen Inanspruchnahme der 3-%-Irrelevanzschwelle und würde einer "Salamitaktik" den Weg bereiten (vgl. OVG NW, Urt. v. 01.12.2011 - 8 D 58.08.AK -, a.a.O. RdNr. 612). Es spricht daher Überwiegendes dafür, jedenfalls bei der Prüfung der FFH-Verträglichkeit von Stickstoffeinträgen sämtliche Projekte und Pläne, die nach Unterschutzstellung des FFH-Gebietes hinzugetreten sind, in die von Art. 6 Abs. 3 FFH-RL und § 34 Abs. 1 BNatSchG geforderte Summationsbetrachtung einzubeziehen.
Noch nicht abschließend geklärt ist die Anerkennung von Bagatellflächenschwellen für Stickstoffeinträge. Hierunter sind Zusatzbelastungen zu verstehen, die eine den maßgeblichen Critical-Load ausschöpfende oder überschreitende Vorbelastung nur gering anheben, wenn davon eine Fläche des geschützten Lebensraumtyps betroffen ist, die sowohl absolut als auch in Relation zur Gesamtfläche dieses Lebensraumtyps im Schutzgebiet ohne Bedeutung ist (vgl. BVerwG, Beschl. v. 10.11.2009 - 9 B 28.09 -, juris RdNr. 8; BASt-Bericht, S. 43 und S. 220 f.).
Im Grundsatz anerkannt ist hingegen - zusätzlich zu der gebietsbezogenen Irrelevanzschwelle von 3 % des Critical Loads - ein vorhabenbezogenes (absolutes) Abschneidekriterium (vgl. BVerwG, Urt. v. 23.04.2014 - 9 A 25.12 -, a.a.O. RdNr. 45; OVG NW, Urt. v. 16.06.2016 - 8 D 99/13.AK -, a.a.O. RdNr. 560). Der BASt-Bericht, in dem das Abschneidekriterium eingehend begründet wird, enthält die "besten wissenschaftlichen Erkenntnisse" zu dem Konzept der Critical Loads und zur Ermittlung der Belastungsgrenze für geschützte Lebensraumtypen (vgl. BVerwG, Urt. v. 23.04.2014 - 9 A 25.12 -, a.a.O. RdNr. 45; OVG NW, Urt. v. 16.06.2016 - 8 D 99/13.AK -, a.a.O. RdNr. 535). Ein Abschneidekriterium, d.h. eine untere Grenze relevanter Zusatzbelastung, ist u.a. aus praktischen Gründen notwendig, um in einer entsprechenden Ausbreitungsrechnung einen Untersuchungs- bzw. Betrachtungsraum, also den maßgeblichen Einwirkungsbereich der Anlage, abgrenzen zu können (vgl. BASt-Bericht, S. 216; Friedrich/Heesen, a.a.O. S. 416 ff.). Über die Höhe des Abschneidekriteriums herrscht hingegen Uneinigkeit (vgl. Weuthen, a.a.O. S. 218 ff.>). Überwiegend wird das Abschneidekriterium mit 0,3 kg N/ha/a angesetzt (vgl. BVerwG, Urt. v. 23.04.2014 - 9 A 25.12 -, a.a.O. RdNr. 45; BASt-Bericht, S. 216 ff.; Balla et al., a.a.O., S. 48 ff.>; Kohls/Mierwald/Zirwick, a.a.O. S. 155 ff.; Weuthen, a.a.O. S. 218 ff.). Unterhalb dieser Schwelle sei die zusätzlich von einem Vorhaben ausgehende Belastung nicht mehr mit vertretbarer Genauigkeit bestimmbar bzw. nicht mehr eindeutig von der vorhandenen Hintergrundbelastung abgrenzbar. Bei Stickstoffeinträgen von 0,3 kg N/ha/a oder weniger ließen sich keine kausalen Zusammenhänge zwischen Emission und Deposition nachweisen (vgl. BVerwG, Urt. v. 23.04.2014 - 9 A 25.12 -, a.a.O. RdNr. 45 unter Hinweis auf den BASt-Bericht, S. 216 ff.). Nach anderer Ansicht ist ein Abschneidekriterium in Höhe von nicht mehr als 0,5 % des Critical Loads des jeweils in Betracht kommenden Lebensraumtyps (1/6 der 3 % Bagatellschwelle) zugrunde zu legen, mindestens jedoch 0,05 kg N/ha/a (vgl. OVG NW, Urt. v. 16.06.2016 - 8 D 99/13.AK -, a.a.O. RdNr. 560). Ein Abschneidekriterium von 0,3 kg N/ha/a sei mit Blick auf die notwendige Summationsbetrachtung zu hoch (vgl. OVG NW, Urt. v. 16.06.2016 - 8 D 99/13.AK -, a.a.O. RdNr. 592). Zum Teil wird auch ein Abschneidekriterium von 0,1 kg N/ha/a vorgeschlagen (vgl. Kiel, Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen, FFH-Verträglichkeit und "Stickstoff-Problematik", 16./17.10.2017, http://artenschutz.naturschutzinformationen.nrw.de/artenschutz/web/babel/media/13%20vortrag%20kiel_ffh-vertr%C3%A4glichkeit%20und%20stickstoffproblematik.pdf). Teilweise wird das Abschneidekriterium auch mit 1/10 der Irrelevanzschwelle des niedrigstem CL-Wertes der Berner Liste von 3 kg N/ha/a = 0,009 kg N/ha/a angesetzt (vgl. Gellermann, a.a.O. S. 227 f.). Ebenfalls noch nicht abschließend geklärt ist, ob das Abschneidekriterium (von 0,3 kg N/ha/a) auch bei Critical Loads von weniger als 10 kg N/ha/a zur Anwendung kommen, also Vorrang vor der 3-%-Schwelle erhalten soll (vgl. BASt-Bericht, S. 220; Balla et al., a.a.O., S. 51 ff.; Weuthen, a.a.O. S. 220). Die Frage, in welcher Höhe ein vorhabenbezogenes Abschneidekriterium anzusetzen ist, kann im Einzelfall offen bleiben, wenn die vorhabenbedingte Zusatzbelastung - wie hier - oberhalb von 0,3 kg N/ha/a liegt.
bb) Die FFH-Vorprüfung hat bei Stickstoffeinträgen durch Tierhaltungsanlagen grundsätzlich in drei Schritten zu erfolgen.
(1) In einem ersten Schritt ist zu prüfen, ob in dem Bereich, in dem die anlagenbedingte Zusatzbelastung durch Stickstoffeinträge gemäß der Immissionsprognose mehr als das Abschneidekriterium von 0,3 kg N/ha/a beträgt, ein FFH-Gebiet liegt. Hierzu ist die Depositionsrate von 0,3 kg N/ha/a als Isolinie in einer Karte mit dem FFH-Gebiet darzustellen (vgl. die Handlungsempfehlung des Landesverwaltungsamtes Thüringen zur Prüfung der FFH-Verträglichkeit zu genehmigender Tierhaltungsanlagen in immissionsschutzrechtlichen Zulassungsverfahren in Bezug auf Stickstoffeinträge, Stand: 20.04.2017, <Handlungsempfehlung Thüringen> https://www.thueringen.de/mam/th3/tlvwa/420/immi/tierhaltungsanlagen/ffh-vp_handlempfehl_stand170420.pdf).
(2) In einem zweiten Schritt ist zu prüfen, ob in dem betroffenen FFH-Gebiet stickstoffempfindliche Lebensraumtypen (LRT) des Anhangs I der FFH-Richtlinie generell vorkommen. Eine genauere Lokalisierung der LRT ist nicht Aufgabe der FFH-Vorprüfung. Dies erfolgt erst auf der Stufe der FFH-Verträglichkeitsprüfung (vgl. VG München, Urt. v. 27.03.2012 - M 1 K 11.5898 -, juris RdNr. 36 und RdNr. 42; Handlungsempfehlung Thüringen, S. 7 f.). Soweit innerhalb der von der 0,3 kg N/ha/a-Isolinie erfassten Flächen ein FFH-Gebiet liegt, in dem stickstoffempfindliche LRT generell vorkommen, ist regelmäßig eine FFH-Verträglichkeitsprüfung erforderlich.
(3) Die Entbehrlichkeit einer FFH-Verträglichkeitsprüfung kann sich gleichwohl noch aus der in einem dritten Schritt zu prüfenden 3-%-Irrelevanzschwelle ergeben. Insoweit ist zu prüfen, ob die anlagenbedingten Stickstoffeinträge nach Maßgabe der Irrelevanzschwelle von 3 % des jeweiligen Critical Loads, der für die in dem betroffenen FFH-Gebiet generell vorkommenden LRT anzusetzen ist, irrelevant sind. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts markiert die Irrelevanzschwelle zugleich die Erheblichkeitsschwelle für die Erforderlichkeit einer FFH-Verträglichkeitsprüfung (vgl. BVerwG, Urt. v. 29.09.2011 - 7 C 21.09 -, a.a.O. RdNr. 42). Dies bedarf indessen einer Einschränkung. Eine FFH-Verträglichkeitsprüfung ist nur dann entbehrlich und eine FFH-Vorprüfung ausreichend, wenn - wie ausgeführt - erhebliche Beeinträchtigungen anhand leicht zu ermittelnder Umstände offensichtlich ausgeschlossen werden können. Eine Berücksichtigung von Irrelevanzschwellen im Rahmen der FFH-Vorprüfung ist daher nur dann möglich, wenn die Feststellung der Unterschreitung der Irrelevanzschwelle keinen erheblichen Aufwand verursacht. Erfordert sie hingegen einen nicht unbeträchtlichen Prüfungsaufwand, ist die FFH-Vorprüfung hierfür nicht der richtige Ort (vgl. OVG MV, Beschl. v. 05.11.2012 - 3 M 143/12 -, juris RdNr. 42; Gellermann, NuR 2012, 112 <113 f.>; Füßer/Lau, a.a.O. S. 129). Erheblichen Aufwand kann insbesondere die Bestimmung des maßgeblichen Critical Load sowie der Vor- und Zusatzbelastung einschließlich der erforderlichen Summationsbetrachtung mit sich bringen (vgl. Gellermann, a.a.O., S. 113 f.). Nur wenn insoweit klare Ergebnisse leicht zu ermitteln und offensichtlich sind, kann es mit einer FFH-Vorprüfung sein Bewenden haben.
c) Gemessen daran ist der Beklagte zu Unrecht bereits auf der Grundlage der FFH-Vorprüfung der (E.) vom 26.08.2011 sowie der nachgereichten Stellungnahme der (F.) vom 25.10.2012 zu dem Ergebnis gelangt, dass durch den Betrieb der geplanten Hähnchenmastanlage auch unter Berücksichtigung möglicher Summationseffekte keine erheblichen Beeinträchtigungen des FFH-Gebietes "Secantsgraben, Milde und Biese" durch Stickstoffdepositionen zu erwarten seien. Hiermit wurden die dargestellten rechtlichen Vorgaben und Grenzen einer FFH-Vorprüfung hinsichtlich Stickstoffdepositionen verkannt.
aa) Das FFH-Gebiet "Secantsgraben, Milde und Biese" liegt zum Teil innerhalb der in der Immissionsprognose der (F.) vom 28.07.2011 in Anlage 5 dargestellten Isolinie von 0,3 kg N/ha/a. Die Feststellung der Unbeachtlichkeit der anlagenbedingten Zusatzbelastung durch Stickstoffeinträge in das FFH-Gebiet unter Anwendung des Abscheidekriteriums von 0,3 kg N/ha/a kommt daher vorliegend im Rahmen der FFH-Vorprüfung nicht in Betracht.
bb) In dem betroffenen FFH-Gebiet kommen zudem generell stickstoffempfindliche LRT vor. Im vorliegenden Fall sind die im aktuellen Standarddatenbogen in der Fassung von Mai 2016 genannten LRT 3260, 6510, 9160 und 6430 in Betracht zu ziehen. Außer Betracht bleibt der LRT 91E0*. Dieser war zwar ursprünglich im Standarddatenbogen enthalten, wurde jedoch nachträglich gestrichen.
(1) Die für das FFH-Gebiet maßgeblichen Erhaltungsziele sind - da ein im Verordnungsweg festgelegter Schutzzweck bislang fehlt - der Gebietsmeldung zu entnehmen. Maßgeblich sind nur die im Standarddatenbogen genannten LRT (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.01.2007 - 9 A 20.05 -, a.a.O. RdNr. 75 ff.; Urt. v. 14.04.2010 - 9 A 5.08 -, juris RdNr. 30). Auf LRT, die im Standarddatenbogen nicht genannt sind, hat sich die Verträglichkeitsprüfung daher nicht zu beziehen. Das gilt auch, soweit prioritäre LRT in Rede stehen. Allein die Existenz von Flächen dieses LRT im FFH-Gebiet macht diesen nicht zum Schutzziel des FFH-Gebietes bzw. zum Gegenstand der Verträglichkeitsprüfung (vgl. HessVGH, Urt. v. 21.08.2009 - 11 C 318/08.T -, juris RdNr. 98; bestätigt durch BVerwG, Beschl. v. 14.04.2011 - 4 B 77.09 -, juris RdNr. 36).
Ohne Erfolg macht der Kläger geltend, die Änderung des Standarddatenbogens habe keinen Einfluss auf die über das FFH-Gebiet geschützten LRT, denn die Änderungen müssten nicht nur dem BfN, sondern auch der Kommission mitgeteilt, von dieser geprüft und bestätigt werden. Erst dann liege eine Änderung des Schutzzwecks des FFH-Gebietes vor. Dieser Einwand greift nicht durch. Zwar war in dem Durchführungsbeschluss (EU) 2015/69 der Kommission vom 03.12.2014 zur Annahme einer achten aktualisierten Liste von Gebieten von gemeinschaftlicher Bedeutung in der kontinentalen biogeografischen Region (ABl. L 18 S. 1 vom 23.01.2015) in der im Anhang beigefügten Tabelle in der das FFH-Gebiet "Secantsgraben, Milde und Biese" (DE 3334-301) betreffenden Zeile in Spalte C noch ein * enthalten, womit das Vorhandensein von einem oder mehreren prioritären Lebensräumen und/oder einem oder mehreren prioritären Arten im Sinne von Artikel 1 der Richtlinie 92/43/EWG gekennzeichnet wurde. Im nachfolgenden Durchführungsbeschluss (EU) 2015/2369 der Kommission vom 26.11.2015 zur Annahme einer neunten aktualisierten Liste (ABl. L 334 S. 34 vom 23.12.2015) war in der im Anhang beigefügten Tabelle in der das FFH-Gebiet betreffenden Zeile in der Spalte C indessen kein * mehr eingetragen. Gleiches gilt für den Durchführungsbeschluss (EU) 2016/2334 der Kommission vom 09.12.2016 zur Annahme einer zehnten aktualisierten Liste (ABl. L 353 S. 324 vom 23.12.2016). Damit ist die Streichung des LRT 91E0* auch von der Kommission anerkannt.
Ohne Belang ist, dass der Durchführungsbeschluss (EU) 2015/2369 der Kommission vom 26.11.2015 im Zeitpunkt des Erlasses des Genehmigungsbescheides vom 23.04.2013 noch nicht vorlag. Zwar ist für die rechtliche Beurteilung eines Genehmigungsbescheides im Falle der Drittanfechtung grundsätzlich die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides maßgeblich. Nachträgliche Änderungen zugunsten des Vorhabenträgers sowohl in tatsächlicher als auch in rechtlicher Hinsicht sind jedoch zu berücksichtigen (vgl. OVG NW, Urt. v. 16.06.2016 - 8 D 99/13.AK -, a.a.O. RdNr. 167; Urt. d. Senats v. 06.07.2016 - 2 L 84/14 -, a.a.O. RdNr. 120 m.w.N.). Hiernach ist im vorliegenden Verfahren die Neufassung der Eintragung in der Spalte C in der das FFH-Gebiet betreffenden Zeile in dem Durchführungsbeschluss (EU) 2015/2369 der Kommission vom 26.11.2015 maßgeblich.
Anhaltspunkte dafür, dass die Streichung des prioritären LRT 91E0* die Grenzen des naturschutzfachlichen Beurteilungsspielraums der zuständigen Naturschutzbehörde überschritten hat, liegen nicht vor. Die Mitgliedstaaten müssen nicht den Schutz jedes im Gebiet vorhandenen prioritären LRT unabhängig von seiner konkreten Schutzwürdigkeit als Erhaltungsziel festlegen. Auch bei der Identifizierung eines prioritären LRT innerhalb eines FFH-Gebietes besteht ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Entscheidungsspielraum (vgl. HessVGH, Urt. v. 21.08.2009 - 11 C 318/08.T -, a.a.O. RdNr. 103 ff.; bestätigt durch BVerwG, Beschl. v. 14.04.2011 - 4 B 77.09 -, a.a.O. RdNr. 39). Hiernach ist die Streichung des LRT 91E0* rechtlich nicht zu beanstanden. Das Landesamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt hat mit Schreiben vom 24.09.2013 ausgeführt, die aktuellste Kartierung des FFH-Gebietes "Secantsgraben, Milde und Biese" stamme aus dem Jahr 2009. Die LRT 3260, 6430, 6510 und 9160 seien nachgewiesen worden, der LRT 91E0* hingegen nicht. Ergänzend hat das Landesamt für Umweltschutz mit Schreiben vom 28.05.2015 mitgeteilt, die Angabe des LRT 91E0* sei zunächst auf der Grundlage von Angaben aus der selektiven Biotopkartierung erfolgt, die sich später bei der Überprüfung durch die spezielle FFH-Lebensraumtypkartierung nicht bestätigt hätten. Die Erhebungen im Jahr 2009 hätten vielmehr ergeben, dass es sich bei den flächigen Erlen-Eschen-Wäldern im FFH-Gebiet um Sumpfwälder bzw. degradierte Erlen-Bruchwälder handele, welche nicht dem prioritären LRT 91E0* zuzuordnen seien. Mit dem Korrekturlauf der Standarddatenbögen im Jahr 2014 sei der LRT 91E0* für das Gebiet gestrichen worden. Greifbare Anhaltspunkte dafür, dass diese Vorgehensweise naturschutzfachlich nicht vertretbar war, hat der Kläger nicht vorgetragen. Solche sind auch sonst nicht ersichtlich. Offenbar kommt der LRT 91E0* innerhalb der derzeit gezogenen Grenzen des FFH-Gebietes "Secantsgraben, Milde und Biese" nicht vor.
(2) Es liegen auch keine Anhaltspunkte für eine fehlerhafte Gebietsabgrenzung vor.
Die Maßstäbe für die Gebietsabgrenzung ergeben sich aus Art. 4 Abs. 1 i.V.m. Anhang III Phase 1 FFH-RL. Diese Regelung ist nicht nur für die Identifizierung von FFH-Gebieten, sondern auch für deren konkrete Abgrenzung anzuwenden. Maßgebend sind ausschließlich die in Anhang III Phase 1 genannten naturschutzfachlichen Kriterien. Für die Anwendung der Kriterien ist den zuständigen Stellen ein naturschutzfachlicher Beurteilungsspielraum eingeräumt. Zwingend ist eine Gebietsmeldung nur, wenn und soweit die fraglichen Flächen die von der Habitatrichtlinie vorausgesetzte ökologische Qualität zweifelsfrei aufweisen. Ist die Phase 2 des Auswahlverfahrens abgeschlossen, ein FFH-Gebiet also wie das hier betroffene Gebiet "Secantsgraben, Milde und Biese" bereits von der Kommission in die Liste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung aufgenommen worden, verbürgt der Auswahlprozess eine hohe Richtigkeitsgewähr der Gebietsabgrenzung. Nach der Entscheidung der EU-Kommission über die Gebietslistung spricht eine tatsächliche Vermutung für die Richtigkeit der Gebietsabgrenzung. Deshalb bedürfen Einwände dagegen einer besonderen Substantiierung; sie müssen geeignet sein, die Vermutung zu widerlegen (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.04.2010 - 9 A 5.08 -, a.a.O. RdNr. 38 f.; Urt. v. 06.11.2012 - 9 A 17.11 -, a.a.O. RdNr. 22; Urt. v. 28.04.2016 - 9 A 9.15 -, juris RdNr. 99).
Gemessen daran ist es dem Kläger nicht gelungen, die Richtigkeit der Abgrenzung des FFH-Gebiet "Secantsgraben, Milde und Biese" in Zweifel zu ziehen.
(a) Ohne Erfolg macht der Kläger geltend, die Abgrenzung des FFH-Gebietes sei fehlerhaft, da es sich bei dem 600 m nördlich des Standortes der geplanten Hähnchenmastanlage gelegenen quelligen Bruch- bzw. Auwaldrest (roter Kreis Nr. 1 in der Karte) um einen LRT 91E0* handele, der in das FFH-Gebiet habe einbezogen werden müssen.
Das Landesamt für Umweltschutz hat in seiner Stellungnahme vom 24.09.2013 ausgeführt, der Grenzverlauf des FFH-Gebietes "Secantsgraben, Milde und Biese" bestehe unverändert seit der Erstmeldung gemäß Kabinettsbeschluss von 28./29.02.2000. Die Abgrenzung sei nach dem damals zur Verfügung stehenden Kenntnisstandes erfolgt. Ergänzend hat das Landesamt für Umweltschutz in seiner Stellungnahme vom 28.05.2015 ausgeführt, das FFH-Gebiet "Secantsgraben, Milde und Biese" sei als Fließgewässer- und Niederungsgebiet mit zwei flächigen Wald-Wiesen-Komplexen und den dafür charakteristischen und Fließgewässer begleitenden Lebensraumtypen und Arten nach dem damals (1999) besten Wissensstand ausgewiesen worden. Aus der Abgrenzung als überwiegend linienhaftes, großräumiges Gewässersystem ergebe sich, dass es dem Schutz des Gewässerlebensraumtyps 3260 sowie der daran gebundenen Tierarten der Anhangs II der FFH-Richtlinie diene.
Anhaltspunkte für die Fehlerhaftigkeit der hiernach vorgenommenen Gebietsabgrenzung sind nicht ersichtlich. Zwar handelt es sich bei dem Wäldchen nördlich der Anlage offenbar tatsächlich um den LRT 91E0*. Nach den Angaben des Beklagten in seinem Schriftsatz vom 19.11.2015 habe in der 21. KW 2015 eine Besichtigung des Wäldchens durch die Obere Naturschutzbehörde stattgefunden, wobei dessen Zuordnung zum LRT 91E0* bestätigt worden sei. Dies zwingt jedoch nicht dazu, die Gebietsabgrenzung des FFH-Gebiets zu ändern und dieses Wäldchen mit einzubeziehen. Für die Abgrenzung eines FFH-Gebietes sind mit Blick auf bestimmte Lebensraumtypen entsprechend Anhang III Phase 1 Buchst. A FFH-RL folgende Kriterien maßgeblich:
a) Repräsentativitätsgrad des in diesem Gebiet vorkommenden natürlichen Lebensraumtyps,
b) vom natürlichen Lebensraumtyp eingenommene Fläche im Vergleich zur Gesamtfläche des betreffenden Lebensraumtyps im gesamten Hoheitsgebiet des Staates,
c) Erhaltungsgrad der Struktur und der Funktionen des betreffenden natürlichen Lebensraumtyps und Wiederherstellungsmöglichkeit,
d) Gesamtbeurteilung des Wertes des Gebietes für die Erhaltung des betreffenden natürlichen Lebensraumtyps.
Hierzu hat der Kläger nichts vorgetragen. Es ist auch nichts dafür ersichtlich, dass der nördlich der Anlage befindliche LRT 91E0* besonders repräsentativ ist (a), die von ihm eingenommene Fläche im Vergleich zur Gesamtfläche des betreffenden Lebensraumtyps im gesamten Hoheitsgebiet des Staates besonders groß ist (b), der Erhaltungsgrad der Struktur und der Funktionen des betreffenden natürlichen Lebensraumtyps bzw. dessen Wiederherstellungsmöglichkeit besonders gut sind (c) oder eine Gesamtbeurteilung des Wertes des Gebietes für die Erhaltung des betreffenden natürlichen Lebensraumtyps zwingend für dessen Einbeziehung in das FFH-Gebiet spricht (d). Soweit der Kläger geltend macht, es bestehe zumindest eine entsprechende Prüfpflicht der zuständigen Behörde, führt auch dies nicht zum Erfolg. Entscheidend ist allein, ob die Richtigkeit der Gebietsabgrenzung im Ergebnis in Frage steht. Das ist hier nicht der Fall.
(b) Soweit der Kläger eine fehlerhafte Gebietsabgrenzung des FFH-Gebietes auch im Hinblick auf den LRT 3260 bemängelt, da der Wiepker Bach nördlich der Anlage (blaue Ellipse Nr. 2 in der Karte) kein Gebietsbestandteil und kein Grund ersichtlich sei, warum ein FFH-Gebiet, das Fließgewässer erfasse, deren Einbeziehung an einer bestimmten Stelle abbreche, greift auch dies nicht durch. Maßgeblich für die Verpflichtung zur Einbeziehung eines außerhalb der Gebietsgrenzen gelegenen LRT in das FFH-Gebiet sind die in Anhang III Phase 1 Buchst. A FFH-RL aufgeführten Kriterien (Repräsentativitätsgrad, Flächenverhältnis, Erhaltungsgrad, Gesamtbeurteilung). Es ist nichts dafür ersichtlich, dass der zuständigen Behörde mit Blick auf den nördlich der Anlage gelegenen Abschnitt des Wiepker Bachs und des hierin womöglich vorkommenden LRT 3260 das FFH-Gebiet nach Maßgabe der genannten Kriterien fehlerhaft abgegrenzt hat.
(3) Die Empfindlichkeit des LRT 3260 gegenüber atmosphärischen Stickstoffeinträgen aus Tierhaltungsanlagen ist nicht von vornherein ohne jede Einzelfallprüfung offensichtlich ausgeschlossen.
Es bedarf keiner Vertiefung, ob der LRT 3260 bereits deshalb nicht ohne weiteres als unempfindlich gegenüber atmosphärischen Stickstoffeinträgen aus Tierhaltungsanlagen angesehen werden kann, weil das Oberverwaltungsgericht für das Land Mecklenburg-Vorpommern in seinem Beschluss vom 10.07.2013 - 3 M 111/13 - nach eingehender Prüfung davon ausgegangen ist, dass sich diese Frage weiterhin als offen darstellt, und dieser Beschluss nicht offensichtlich fehlerhaft ist, zumal in der einschlägigen Fachliteratur hierzu ausgeführt wird, dass dessen nachvollziehbare Ausführungen von einigem Gewicht seien (vgl. Kohls/Mierwald/Zirwick, a.a.O. S. 159). Unabhängig hiervon sprechen auch die einschlägigen Sachargumente dafür, dass der LRT 3260 nicht von vornherein als unempfindlich gegenüber atmosphärischen Stickstoffeinträgen aus Tierhaltungsanlagen behandelt werden kann. Dies kann vielmehr nur nach Maßgabe der besonderen Umstände des Einzelfalls festgestellt werden. Hierfür ist die FFH-Vorprüfung nicht der richtige Ort.
(a) Maßgeblich ist zunächst, dass der LRT 3260 - unstreitig - nicht gänzlich unempfindlich gegenüber Stickstoffeinträgen ist. Dies belegen die Angaben des Bundesamtes für Naturschutz (BfN), in denen zu den Hauptgefährdungsursachen des LRT 3260 u.a. Nährstoff- und Schadstoffeintrag gezählt wird (https://www.bfn.de/lrt/0316-typ3260.html).
(b) Weitere Anhaltspunkte für die Empfindlichkeit des LRT 3260 gegenüber luftgetragenen Stickstoffdepositionen ergeben sich aus der Unterlage "Stickstoffempfindliche Biotope/FFH-Lebensraumtypen in Brandenburg" (sog. Brandenburger Liste) vom 10.10.2007 (http://www.mlul.brandenburg.de/media_fast/4055/nhbiotop.pdf). Hierin wird der LRT 3260 in der "Liste der N-empfindlichen geschützten Biotope" aufgeführt, wobei diesem ein Critical Load von 10 - 20 kg N/ha/a zugeordnet wird. Diese Angaben sind indessen als "mit Unsicherheiten behaftet" gekennzeichnet. Gleichwohl legen sowohl die Immissionsprognose der (F.) vom 28.07.2011 als auch die FFH-Vorprüfung der (E.) vom 26.08.2011 einem Critical Load von 10 bis 30 kg N/ha/a für den LRT 3260 zugrunde, womit sie im Ausgangspunkt die Empfindlichkeit des LRT 3260 gegenüber luftgetragenen Stickstoffeinträgen aus Tierhaltungsanlagen anerkennen.
(c) Die Stellungnahme des Landesamtes für Umweltschutz vom 24.09.2013 führt nicht dazu, dass im Rahmen der FFH-Vorprüfung von der Unempfindlichkeit des LRT 3260 gegenüber Stickstoffeinträgen aus Tierhaltungsanlage ausgegangen werden kann.
Das Landesamt für Umweltschutz trägt zur Empfindlichkeit des LRT 3260 gegenüber Stickstoffeinträgen vor, für diesen wie allgemein für Fließgewässer existiere kein anerkannter Critical Load für eutrophierenden Stickstoff. In der "Brandenburger Vollzugshilfe" werde stattdessen auf eine kritische Grenzkonzentration abgestellt. Die lediglich auf die Oberfläche eines Fließgewässers bezogene Betrachtung erscheine auch fachlich nicht angemessen. Die Effekte von Stoffeinträgen würden hier durch Umsetzungsprozesse und vor allem unterschiedlichen Austrag in Abhängigkeit von Gewässervolumen und Durchflussgeschwindigkeit an betrachteten Gewässerabschnitten so stark überlagert, dass ein in Relation zur Gewässeroberfläche bemessener Stoffeintrag keine geeignete Größenordnung zur Prognose von Auswirkungen und Bewertung der Erheblichkeit des Eintrags darstelle. Von ökologischer Bedeutung für aquatische Organismen sei vielmehr die Konzentration der verschiedenen Nährstoffe im Wasserkörper und im Sohlsubstrat des Gewässers. Zudem stellten Fließgewässer wie das vorliegende, in Niedermoorgrünland eingebettete Grabensystem im Regelfall phosphorlimitierte Ökosysteme dar. Dies bedeute, dass eine Erhöhung der Stickstofffracht bei gleich bleibender Phosphatfracht und geringem Phosphatgehalt im Sohlsubstrat des betreffenden Gewässers regelmäßig nicht zu einer Erhöhung des Pflanzenwachstums führe und eine erhöhte Gefahr des Auftretens von Algenblüten, die eine Schädigung des LRT 3260 bewirken könnten, mit großer Wahrscheinlichkeit nicht zu erwarten sei. Die Stickstofffrachten oberirdischer Fließgewässer würden kaum von atmosphärischen Einträgen beeinflusst. Im deutschlandweiten Mittel betrage der Anteil atmosphärischer Einträge an der Stickstofffracht der Fließgewässer nur 1 %. Wesentlich höher sei der Einfluss der Landbewirtschaftung im Einzugsgebiet. 72 % der Stickstoffeinträge Deutschlands in Oberflächengewässer erfolgten diffus, wovon rund 80 % der landwirtschaftlichen Bodennutzung zuzuordnen seien. Die betreffenden Stickstoffmengen gelangten im Wesentlichen über den Grundwasserpfad sowie durch Abläufe landwirtschaftlicher Drainagen in die Gewässer. Gegenüber diesen Einträgen sei der Eintrag durch atmosphärische Depositionen auch im Hinblick auf Auswirkungen auf die Gewässervegetation marginal. Zudem würden wasserlösliche Substanzen in Fließgewässern nicht oder kaum akkumuliert, sondern mit dem Wasserstrom ausgetragen, eine dauerhafte Anreicherung eingetragenen Stickstoffs, wie sie in Standgewässern und vielen terrestrischen Biotopen zu beobachten sei, finde hier nicht statt.
Damit in der Sache übereinstimmend wird im BASt-Bericht auf S. 200 ausgeführt, sämtliche Fließgewässer-LRT (z.B. LRT 3260) seien als grundsätzlich nicht empfindlich gegenüber atmosphärischem Stickstoffeintrag einzustufen. Fließgewässern fehle die Eigenschaft, lokal aus der Luft eingetragene Stickstoffverbindungen an Ort und Stelle zu akkumulieren. Stattdessen würden Stickstoffverbindungen mit der Strömung verfrachtet und verdünnt. Die in Deutschland vorkommenden Fließgewässertypen seien zudem phosphorlimitiert. Dies bedeute, dass die Primärproduktion im Gewässer nicht durch das Stickstoffangebot, sondern durch ein geringes Angebot an Phosphor begrenzt werde. Ein gleichzeitiges Überangebot an anderen Nährstoffen, z. B. Stickstoff, wirke sich in einer solchen Situation auf den ökologischen Zustand nur sehr gering aus.
Auch im Entwurf des Stickstoffleitfadens Straße (Hinweise zur Prüfung von Stickstoffeinträgen in der FFH-Verträglichkeitsprüfung für Straßen - HPSE) vom 11.11.2014, der aus dem BASt-Bericht abgeleitet und von der Beigeladenen als Anlage BG 2 vorgelegt wurde, heißt es auf S. 68 f., für Fließgewässer-LRT seien atmosphärische eutrophierende N-Zusatzbelastungen aus dem Straßenverkehr vernachlässigbar. Ursache dafür seien Denitrifikationsprozesse im Fließgewässer und der sehr geringe Beitrag der N-Deposition über den Luftpfad sowohl direkt auf die Wasserflächen als auch indirekt über Landflächen des Einzugsgebietes. Nach derzeitigem Stand lasse sich für Fließgewässer-LRT keine relevante eutrophierende Wirkung der N-Deposition belegen. Atmosphärische Stickstoffeinträge von Straßenbauvorhaben in Fließgewässer seien also im Vergleich zu anderen Pfaden vernachlässigbar. Eine Betrachtung sei nicht erforderlich.
Im Hinblick auf den BASt-Bericht und den Stickstoffleitfaden Straße ist zu beachten, dass sich diese Unterlagen in erster Linie auf straßenverkehrsbedingte Nährstoffeinträge beziehen. Es ist daher jedenfalls nicht offensichtlich, dass sich deren Ergebnisse auch auf Einträge aus Tierhaltungsanlagen übertragen lassen (vgl. OVG MV, Beschl. v. 10.07.2013 - 3 M 111/13 -, a.a.O. RdNr. 25). Gegen die Übertragbarkeit spricht, dass bei Tierhaltungsanlagen - anders als bei Straßen - nicht NOX, sondern NH3 (Ammoniak) emittiert wird, welches eine sehr hohe Wasserlöslichkeit aufweist. Ein weiterer Unterschied liegt in der höheren Depositionsgeschwindigkeit von NH3 gegenüber NO-Verbindungen (vgl. OVG MV, Beschl. v. 10.07.2013 - 3 M 111/13 -, a.a.O. RdNr. 26). Zwar hat der "Stickstoffleitfaden Straße" grundsätzlich auch die straßenverkehrsbedingten Emissionen von NH3 im Blick (vgl. S. 26 f.), ohne jedoch auf die genannten spezifischen Besonderheiten von NH3 (höhere Wasserlöslichkeit und höhere Depositionsgeschwindigkeit) näher einzugehen. Denn für den Fall, dass keine Daten für NH3 vorliegen, schlägt der "Stickstoffleitfaden Straße" die Ermittlung der NH3-Deposition vereinfacht aus der trockenen NOX-Deposition vor (vgl. S. 27). Diese Einschränkungen gelten allerdings nicht für die Stellungnahme des Landesamtes für Umweltschutz vom 24.09.2013. Hierin wird plausibel und nachvollziehbar die grundsätzliche Unempfindlichkeit jedenfalls der Fließgewässer des LRT 3260 gegenüber jeder Form von atmosphärischen Stickstoffeinträgen begründet.
Entscheidend ist jedoch, dass sowohl der BASt-Bericht - als "beste wissenschaftliche Erkenntnis" - als auch die Stellungnahme des Landesamtes für Umweltschutz vom 24.09.2013 die Unempfindlichkeit des LRT 3260 gegenüber atmosphärischen Stickstoffeinträgen (aus Tierhaltungsanlagen) nicht uneingeschränkt und unabhängig vom Einzelfall annehmen, sondern nur "grundsätzlich" (vgl. BASt-Bericht, S. 200), und zudem darauf abstellen, dass Fließgewässer in Deutschland nur "im Regelfall" phosphorlimitiert sind. Nach aktuellen Forschungsergebnissen sind nicht alle in Deutschland vorkommenden Fließgewässer phosphorlimitiert, vielmehr bedarf es einer diesbezüglichen Prüfung im Einzelfall (vgl. OVG MV, Beschl. v. 10.07.2013 - 3 M 111/13 -, a.a.O. RdNr. 27; Kohls/Mierwald/Zirwick, a.a.O. S. 159 Fn. 89). Auch der Beklagte bringt in der Anordnung der sofortigen Vollziehung vom 05.06.2014 unter Nr. 1.7 und 1.8 (S. 11 ff.) zum Ausdruck, dass der LRT 3260 nicht generell, sondern nur in seiner Ausprägung als Graben in einer Niedermoorlandschaft und unter Berücksichtigung der standörtlichen Gegebenheiten, insbesondere der landschaftlichen Einbindung des Gewässers (Bach in landschaftlich genutzter Niederung), den spezifischen Stoffumsetzungsprozessen in Gewässern sowie der Zusammensetzung der nachgewiesenen Pflanzenarten (überwiegend stickstoffzeigend) nicht empfindlich gegenüber aus der Luft eingetragenen Stickstoffverbindungen ist. Diese Überlegungen zeigen, dass zur Feststellung der Stickstoffunempfindlichkeit des LRT 3260 gegenüber luftgetragenen Stickstoffeinträgen aus Tierhaltungsanlagen eine Einzelfallprüfung erforderlich ist, die nicht in einer FFH-Vorprüfung, sondern in einer FFH-Verträglichkeitsprüfung vorzunehmen ist.
(d) Gegen die Annahme einer generellen Unempfindlichkeit des LRT 3260 gegenüber luftgetragenen Stickstoffeinträgen aus Tierhaltungsanlagen im Rahmen der FFH-Vorprüfung spricht schließlich, dass zum LRT 3260 auch dessen Ufervegetation gehört. Nach der Kartieranleitung Lebensraumtypen Sachsen-Anhalt, Teil Offenland, Stand: 11.05.2010, des Landesamtes für Umweltschutz (https://lau.sachsen-anhalt.de/fileadmin/Bibliothek/Politik_und_Verwaltung/MLU/LAU/Naturschutz/Natura2000/Kartierung_und_Bewertung/Dateien/Kartieranleitung-Offenland.pdf) gehört zum Fließgewässerlebensraum des LRT 3260 auch das Ufer mitsamt der Ufervegetation z.B. aus Röhricht, Staudenfluren oder Gehölzen (S. 44). Die grundsätzliche Empfindlichkeit dieser Ufervegetation auch gegenüber Stickstoffeinträgen über den Luftpfad steht nicht in Frage. Der zur Begründung der (grundsätzlichen) Unempfindlichkeit von Fließgewässer-LRT gegenüber atmosphärischem Stickstoffeintrag angeführte Gedanke der Verdünnung durch abfließendes Wasser gilt somit nicht für den ganzen LRT 3260. Es ist zwar grundsätzlich von einer geringen Belastung der Unterwasservegetation, nicht aber der Ufervegetation auszugehen.
(e) Dem Beklagten steht bei der Beurteilung der Stickstoffempfindlichkeit des LRT 3260 keine gerichtlich nicht überprüfbare Entscheidungskompetenz zu. Die Anerkennung einer naturschutzfachlichen Einschätzungsprärogative kommt auf der Ebene der FFH-Vorprüfung nicht in Betracht. Die Gründe für eine naturschutzfachliche Einschätzungsprärogative der zuständigen Behörden liegen hier nicht vor. Eine abschließende Entscheidung über das Vorliegen bestimmter Voraussetzungen, für die eindeutige fachliche Erkenntnisse der ökologischen Wissenschaft fehlen, ist im Rahmen der FFH-Vorprüfung nicht vorgesehen. Vielmehr macht ein nicht eindeutiger Befund die vertiefende Untersuchung im Rahmen einer FFH-Verträglichkeitsprüfung erforderlich (vgl. OVG MV, Beschl. v. 10.07.2013 - 3 M 111/13 -, a.a.O. RdNr. 32). Demgemäß sind die Ausführungen des Beklagten in seiner Stellungnahme im Berufungsverfahren, er schätze ein, dass der LRT 3260 gegenüber luftgetragenem Stickstoffeintrag unempfindlich sei, rechtlich ohne Relevanz. Sie stehen auch nicht in Einklang mit seiner Aussage, es stelle sich jedenfalls nicht als offensichtlich dar, dass sich die Aussage, Fließgewässerlebensräume gälten generell als unempfindlich gegen atmosphärische Stickstoffeinträge, auch auf Einträge aus Tierhaltungsanlagen beziehe.
(f) Im Ergebnis kann der LRT 3260 nicht ohne eine vertiefende Einzelfallprüfung generell als unempfindlich gegenüber atmosphärischen Stickstoffeinträgen durch Tierhaltungsanlagen angesehen werden. Eine derartige Feststellung ist vielmehr einer FFH-Verträglichkeitsprüfung vorbehalten.
(4) Der LRT 6430, der nach den Angaben im Standarddatenbogen im FFH-Gebiet vorkommt und im Einzelfall Teil der Ufervegetation des LRT 3260 sein kann (vgl. Kartieranleitung Lebensraumtypen Sachsen-Anhalt, a.a.O., S. 44), ist ebenfalls stickstoffempfindlich.
Zu Unrecht macht die Beigeladene unter Hinweis auf den "Stickstoffleitfaden Straße" (S. 69) geltend, in Auen mit naturnahem Überflutungsregime seien vorhabenbedingte atmosphärische Stickstoffeinträge vernachlässigbar. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass es sich bei der Ufervegetation des LRT 3260 bzw. dem LRT 6430 im FFH-Gebiet "Secantsgraben, Milde und Biese" ausschließlich um derartige Auen handelt. Zudem kann nach den Angaben im BASt-Bericht für Auenstandorte mit regelmäßigen Überflutungen und naturnaher Auendynamik nur dann davon ausgegangen werden, dass die Empfindlichkeit gegenüber Stickstoffeintrag aus der Luft gering ist, wenn auf der Basis von Vegetationsuntersuchungen im Einzelfall nachgewiesen werden kann, dass es sich um einen eutrophen Standort handelt, in den regelmäßig Nährstoffe in erheblichem Umfang eingetragen werden und der aus der Sicht des Nährstoffhaushaltes einen guten Erhaltungszustand aufweist (vgl. BASt-Bericht, S. 206). Für derartige Untersuchungen im Einzelfall ist im Rahmen der FFH-Vorprüfung kein Raum. Sie sind ggf. im Rahmen einer FFH-Verträglichkeitsuntersuchung durchzuführen.
(5) Die zwischen den Beteiligten umstrittene Frage, an welcher Stelle im FFH-Gebiet "Secantsgraben, Milde und Biese" die LRT 3260 und 6430 vorkommen, ist im Rahmen der FFH-Vorprüfung ohne Belang. Der Umstand, dass nach der Stellungnahme des Landesamts für Umweltschutz vom 24.09.2013 die graphische Darstellung der Kartierergebnisse nur bis auf den LRT 6430 im GIS-Auskunftssystem LSA nachzuvollziehen sei, während der LRT 6430 nicht graphisch dargestellt sei, da er bei der Kartierung lediglich als "Nebencode" erfasst worden sei, ist für das vorliegende Verfahren daher nicht von Relevanz. Entscheidend ist, dass die genannten LRT nach den Angaben im Standarddatenbogen im FFH-Gebiet grundsätzlich vorkommen. Die genaue Lokalisierung der LRT erfolgt erst auf der Stufe der FFH-Verträglichkeitsprüfung.
Dies wird in der FFH-Vorprüfung der (E.) vom 26.08.2011 sowie in der Stellungnahme der (F.) vom 25.10.2012 verkannt. Die in diesen Unterlagen vorgenommene Anwendung der 3-%-Irrelevanzschwelle beruhte auf der Annahme, dass sich in dem Bereich des FFH-Gebietes, welches mit Stickstoffeinträgen beaufschlagt wird, die über der 3-%-Schwelle liegen, keine geschützten LRT befinden. Eine derartige Feststellung übersteigt den Rahmen einer FFH-Vorprüfung und ist der FFH-Verträglichkeitsprüfung vorbehalten.
cc) Die Voraussetzungen für eine Anwendung der 3-%-Irrelevanzschwelle im Rahmen der FFH-Vorprüfung liegen nicht vor.
(1) Bereits die Feststellung des maßgeblichen Critical Loads für die LRT 3260 und 6430 erfordert einen erheblichen Prüfungsaufwand, für den die FFH-Vorprüfung nicht der richtige Ort ist. Das Bundesverwaltungsgericht geht davon aus, dass die Ermittlung von Belastungsschwellen bei Lebensraumtypen regelmäßig großen praktischen Schwierigkeiten begegnet (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.01.2007 - 9 A 20.05 -, a.a.O. RdNr. 48; 101 ff.). Das ist auch hier der Fall.
(a) Für den LRT 3260 gibt es keinen allgemein anerkannten Critical Load. Insbesondere die im Juni 2010 neu gefasste Berner Liste, die mit Erläuterungen bei Bobbink & Hettelingh (a.a.O.) veröffentlicht wurde, enthält hierzu keine Aussage. Auch die im BASt-Bericht wiedergegebene Liste modellierter Critical Loads (vgl. BASt-Bericht, S. 188 f.; übernommen in Anhang I-2 des Stichstoffleitfadens Straße) enthält keinen Critical Load für den LRT 3260. In der bereits erwähnten Brandenburger Liste vom 10.10.2007 wird dem LRT 3260 ein Critical Load von 10 - 20 kg N/ha/a zugeordnet, wobei dies jedoch als "mit Unsicherheiten behaftet" gekennzeichnet ist. Mangels anderweitiger Anhaltspunkte kann vor diesem Hintergrund im Rahmen einer FFH-Vorprüfung allenfalls der untere Schwellenwert der dort angegebenen Spanne von 10 kg N/ha/a angesetzt werden.
(b) Der für den LRT 6430 bzw. für die Ufervegetation des LRT 3260 anzusetzende Critical Load ist ungewiss. Ein Critical Load von 5 - 10 kg N/ha/a ist jedenfalls für einen Teil der Ufervegetation nicht von vornherein ohne nähere Prüfung offensichtlich ausgeschlossen. Zu Recht weist der Kläger darauf hin, dass es insoweit auf die Einordnung der Ufervegetation als dem LRT 3260 zugehörige Begleitvegetation oder als LRT 6430 nicht entscheidend ankommt.
Sowohl die Immissionsprognose der (F.) vom 28.07.2011 als auch die FFH-Vorprüfung der (E.) vom 26.08.2011 gehen für den LRT 6430 ohne nähere Begründung von einem Critical Load von mindestens 20 kg N/ha/a aus. Ebenfalls ohne nähere Begründung wird in der ergänzenden Immissionsprognose der (F.) vom 25.10.2012 für die Ufervegetation ein "mittlerer" Critical Load von 25 kg N/ha/a zugrunde gelegt. Das genügt den Anforderungen an eine FFH-Vorprüfung nicht.
Demgegenüber hat der Kläger geltend gemacht, für den LRT 6430 sei von einem Critical Load von 5 - 10 kg N/ha/a auszugehen. Er hat dabei auf die bei Bobbink & Hettelingh (a.a.O.) veröffentliche aktuelle Berner Liste empirischer Critical Loads Bezug genommen. Hierin wird auf S. 102 in Tabelle 7.1 für den "ecosystem type" "alpine and subalpine acid grasslands" mit dem EUNIS-code E4.3 ein empirischer Critical Load von 5 - 10 kg N/ha/a angegeben (vgl. auch BASt-Bericht, S. 118). Dieser "EUNIS habitat type" wird bei Bobbink & Hettelingh in Anhang 1 auf S. 195 als mit dem LRT 6430 eingeschränkt vergleichbar bezeichnet (vgl. auch BASt-Bericht, S. 120). Hiergegen wendet die Beigeladene ein, die eingeschränkte Vergleichbarkeit des EUNIS E4.3 mit dem LRT 6430 gelte nur für dessen Unterform 3 nach der Definition des Bundesamtes für Naturschutz, die als "subalpine und hochmontane Hochstaudenvegetation an Fließgewässern, aber auch an Wald- und Wegrändern und auf Schlägen (Betulo-Adenostyletea) mit Ausnahme der Alpenampfer-Gesellschaften (Rumicion alpini)" (vgl. https://www.bfn.de/lrt/0316-typ6430.html) angegeben wird, da nur diese Pflanzgesellschaften den erforderlichen Bezug zur alpinen oder subalpinen Vegetation aufwiesen. Die hier in Rede stehende Ufervegetation sei hingegen nicht ohne weitere Begründung mit diesem Biotoptyp vergleichbar.
Die Beigeladene meint, für den hier in Rede stehenden LRT 6430 sei der für den vergleichbaren LRT 6431 ("Feuchte Hochstaudenfluren der planaren und montanen bis alpinen Stufe") in Anhang I-2 des Stickstoffleitfadens Straße wiedergegebene modellierte Critical Load von 15 - 77 kg N/ha/a (vgl. auch BASt-Bericht, S. 188) heranzuziehen. Dies ist fraglich, weil sich insoweit die Frage stellt, weshalb nicht stattdessen der Critical Load von 11 - 28 kg N/ha/a einschlägig sein soll, der in den genannten Unterlagen (BASt-Bericht und Stickstoffleitfaden Straße) für den ebenfalls mit "Feuchte Hochstaudenfluren der planaren und montanen bis alpinen Stufe" bezeichneten LRT 6432 angegeben wird.
Der Kläger hält offenbar an seinem Hinweis auf den bei Bobbink & Hettelingh angegebenen Critical Load von 5 - 10 kg N/ha/a für den "ecosystem type" "alpine and subalpine acid grasslands" mit dem EUNIS-code E4.3 nicht mehr fest, denn in dem von ihm vorgelegten Gutachten des Diplom-Biologen (F. H.) von Juni 2016 wird für den LRT 6430 ohne jeden Einschränkung ein Critical Load von 15 - 30 kg N/ha/a angegeben. Allerdings macht der Gutachter (F. H.) geltend, dass ein LRT nicht immer mit nur einem Biotoptyp oder einer in sich sehr ähnlichen Biotoptypengruppe gleichgesetzt werden könne. Vielmehr könnten LRT auch Biotopkomplexe oder typische Mosaike aus mehreren sehr unterschiedlichen Biotoptypen darstellen. Bei der Bewertung der Stickstoffempfindlichkeit von LRT sei es daher nicht immer ausreichend, einen Critical Load eines Biotoptyps heranzuziehen, sondern es könne erforderlich sein, mehrere im LRT vorhandene Biotoptypen hinsichtlich ihrer Critical Loads für Stickstoff zu prüfen. Exemplarisch stellt der Gutachter in Tabelle 2 Critical Loads der Vegetationseinheiten bzw. Artengruppen dar, die nach der Definition des Landesamtes für Umweltschutz (https://lau.sachsen-anhalt.de/fileadmin/Bibliothek/Politik_und_Verwaltung/MLU/LAU/Naturschutz/Natura2000/Arten_und_Lebensraumtypen/Dateien/LRT_3260.pdf) zum LRT 3260 dazugehören könnten. Hierin angegeben sind u.a. ein Critical Load von 5 - 10 kg N/ha/a für Flechtenarten sowie ein Critical Load von 10 - 20 kg N/ha/a für standorttypische Gehölzsäume an Fließgewässern. Über deren Präsenz könne nur eine aktuelle Kartierung der Biotoptypen und Flechtenarten des zu prüfenden Abschnitts des FFH-Gebietes Auskunft geben.
Vor diesem Hintergrund kann - entgegen der Ansicht der Beigeladenen - in einer FFH-Vorprüfung für den LRT 6430 bzw. für die Ufervegetation des LRT 3260 nicht ohne weiteres ein "mittlerer" Critical Load von 25 kg N/ha/a angenommen werden. Ohne nähere Kenntnisse der genauen Beschaffenheit der Ufervegetation ist eine Einordnung des Critical Load für den LRT 6430 bzw. für die Ufervegetation des LRT 3260 in eine der angegebenen Spannen im Rahmen der FFH-Vorprüfung nicht möglich. Erforderlich ist vielmehr der Ansatz des unteren Spannwertes der einschlägigen Spanne als "worst-case"-Wert. Hierbei ist für einen Teil der in der Ufervegetation potentiell vorkommenden Vegetationseinheiten bzw. Artengruppen offenbar auch ein Critical Load von 5 - 10 kg N/ha/a bzw. von 10 - 20 kg N/ha/a denkbar. Dies wird in der FFH-Vorprüfung der (E.) vom 26.08.2011 verkannt. Die ohne nähere Begründung erfolgte Annahme eines Critical Load für den LRT 6430 von mindestens 20 kg N/ha/a ist damit fehlerhaft. Ebenso wenig kann ein "mittlerer" Critical Load von 25 kg N/ha/a angesetzt werden.
Im Ergebnis ist der maßgebliche Critical Load für den LRT 6430 bzw. für die Ufervegetation des LRT 3260 unklar. Er liegt jedenfalls nicht offensichtlich bei mindestens 20 kg N/ha/a bzw. bei 25 kg N/ha/a. Vielmehr ist insoweit auch ein Critical Load von 5 - 10 kg N/ha/a bzw. von 10 - 20 kg N/ha/a nicht von vornherein offensichtlich ausgeschlossen. Dies bedarf vielmehr einer näheren Prüfung in einer FFH-Verträglichkeitsprüfung.
(2) Es ist ebenfalls unklar, ob die Irrelevanzschwelle von 3 % des Critical Loads im vorliegenden Fall anwendbar ist bzw. ob es der Heranziehung der Irrelevanzschwelle vorliegend überhaupt bedarf.
Wie bereits ausgeführt, ist die 3-%-Irrelevanzschwelle nur dann anwendbar, wenn die Vorbelastung, zumindest jedoch die Gesamtbelastung den einschlägigen Critical Load übersteigt. Soweit die Beigeladene meint, die Vorbelastung habe bei der Anwendbarkeit der Irrelevanzschwelle keine Bedeutung mehr, verkennt sie deren Sinn als Instrument zur Zulassung geringfügig emittierender Vorhaben bei Überschreitung der Critical Loads bereits durch die Vorbelastung bzw. die Gesamtbelastung. Auch die FFH-Vorprüfung der (E.) vom 26.08.2011 verkennt dies, denn die 3-%-Irrelevanzschwelle wird hier ohne nähere Prüfung der Vor- bzw. Gesamtbelastung herangezogen.
Der Beklagte hat im verwaltungsgerichtlichen Verfahren für Gewässer im Bereich des Vorhabenstandortes eine Vorbelastung (Hintergrundbelastung) (Stand 2007) von 16 kg N/ha/a angegeben. Für Wiesen und Weiden hat er eine Vorbelastung 17 kg N/ha/a angenommen. Diese Angaben sind überholt. Nach den vom Umweltbundesamt (UBA) in dem interaktiven Kartendienst "Hintergrundbelastung Stickstoff" (http://gis.uba.de/website/depo1/) mit einer Auflösung von 1 x 1 km² für das Bezugsjahr 2009 veröffentlichten Angaben ergeben sich für den Bereich (S.) Vorbelastungswerte für Wasserflächen von 9 kg N/ha/a, für Wiesen und Weiden von 10 kg N/ha/a und für Ackerland von 11 kg N/ha/a.
Ausgehend von diesen UBA-Daten wäre die Anwendbarkeit der Irrelevanzschwelle für die Wasserfläche des LRT 3260 nicht gegeben, sofern die in der ergänzenden Immissionsprognose der (F.) vom 25.10.2012 angegebene Zusatzbelastung zugrunde gelegt wird. Bei einer Vorbelastung von 9 kg N/ha/a sowie einer Zusatzbelastung von 0,38 kg N/ha/a ergäbe sich für die Wasserfläche eine Gesamtbelastung von 9,38 kg N/ha/a, die unterhalb des Critical Loads von 10 kg N/ha/a bliebe.
Im Hinblick auf die Ufervegetation hinge die Anwendbarkeit der Irrelevanzschwelle von dem anzusetzenden Critical Load ab. Bei einer Vorbelastung von 10 kg N/ha/a sowie eine kumulierender Zusatzbelastung von 0,46 kg N/ha/a gemäß der ergänzenden Immissionsprognose der (F.) vom 25.10.2012 ergäbe sich für die Ufervegetation eine Gesamtbelastung von 10,46 kg N/ha/a, die nur unterhalb eines Critical Loads von 15 kg N/ha/a (oder höher) bliebe.
Es ist jedoch nicht offensichtlich, dass die UBA-Daten zur Vorbelastung hier zugrunde gelegt werden können. Der Kläger macht geltend, für Waldränder und kleine Waldflächen sei abzuwägen, ob Aufschläge bei der Vorbelastung eingerechnet werden müssten, da an Gehölzreihen ein Auskämmeffekt eintrete. Dies gelte besonders dann, wenn die Waldfläche über eine größere freie Fläche (Wiese oder Acker) frei angeströmt werde. Eine solche Situation sei auch für die standorttypischen Gehölzsäume entlang der Fließgewässer gegeben, da die dort befindlichen Stauden von den umliegenden Wiesen aus angeströmt würden. Es sei daher anzunehmen, dass im Mittel die Vorbelastung der standorttypischen Gehölzsäume mit Stickstoff um den Faktor 1,5 höher sei als die mittlere Vorbelastung für Laubwald. Darüber hinaus hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung mitgeteilt, dass nach seiner Kenntnis zeitnah die Veröffentlichung neuer Hintergrundbelastungsdaten Stickstoff durch das Umweltbundesamt bevorstehe, wobei aufgrund einer neuen Methodik Werte angegeben würden, die etwa zwischen den relativ hohen Werten von 2007 und den relativ niedrigen Werten von 2009 lägen.
Vor diesem Hintergrund ist die am Standort (S.) anzusetzende Vorbelastung unklar. In einer FFH-Verträglichkeitsprüfung wäre die Frage zu klären, ob für diesen Standort die UBA-Daten zur Vorbelastung für das Bezugsjahr 2009 zugrunde gelegt werden können oder ob es insoweit unter Berücksichtigung des vom Kläger dargestellten "Auskämmeffekts" eines Zuschlags bedarf.
(3) Nicht abschließend geklärt ist derzeit auch die Frage, von welcher Zusatzbelastung durch die Hähnchenmastanlage - unter Berücksichtigung der erforderlichen Summationsbetrachtung - auszugehen ist.
(a) Ausgangspunkt für die Feststellung der Zusatzbelastung durch die geplante Hähnchenmastanlage ist die Immissionsprognose der (F.) vom 28.07.2011. Hiernach liegt die Zusatzbelastung durch Stickstoffdepositionen am Aufpunkt der maximalen Belastung im FFH-Gebiet bei 0,4 kg N/ha/a für Vegetationsstrukturen im Uferrandbereich und bei 0,33 kg N/ha/a für die Wasserflächen. Diese Werte können jedoch bei der Prüfung der 3-%-Irrelevanzschwelle nicht ohne weiteres zugrunde gelegt werden, denn derzeit können nicht sämtliche hiergegen erhobenen Einwände des Klägers als unbegründet zurückgewiesen werden.
(aa) Die Modellierung der Abluftschächte als Punktquellen mit einer Austrittshöhe von 12,2 m und einer Austrittsgeschwindigkeit von 10 m/s ist nicht zu beanstanden. Zu Unrecht wendet der Sachverständige (H.) in seiner Stellungnahme vom 05.03.2012 hiergegen ein, die Modellierung der Abluftpunkte als Punktquellen mit Abluftfahnenüberhöhung sei nicht sachgerecht. Die Schornsteinhöhe von 12,2 m betrage nicht - wie von Anhang 3 Nr. 10 Buchst. a TA Luft gefordert - mehr als das 1,7fache der Gebäudehöhe, da die Ablufttürme der Ställe bis zu einer Höhe von 9,2 m massiv gemauert seien und damit selbst ein Strömungshindernis - ein Gebäude - darstellten. Sachgerecht sei eine Modellierung vertikaler Linienquellen in der oberen Hälfte der Schornsteine.
Hierzu hat die (F.) in ihrer Stellungnahme vom 18.06.2015 überzeugend ausgeführt, dass der Einfluss der Ablufttürme unerheblich sei. Bei einer Testrechnung habe sich ergeben, dass die maximale Differenz im Nahbereich der Anlage (Stallbereich bzw. benachbarte Biogasanlage) auftrete, wobei die Differenz zwischen 0,3 und 0,6 µg/m³ liege. Die maximale Ammoniakkonzentration betrage unter Berücksichtigung eines Bauwerks an jedem Stall mit einer Höhe von 9 m, einer Breite von 12,60 m und einer Tiefe von 4,30 m im Windfeldmodell 1,67 µg/m³ und unter Annahme einer freien Abströmung (ohne Windfeld) 1,24 µg/m³. Im Bereich des FFH-Gebietes sei die Differenz zwischen beiden Modellansätzen nicht mehr feststellbar. Hier grenzten Bereiche mit einer Differenz von 0,00 - 0,01 µg/m³ an Bereiche, in denen sogar negative Differenzen ermittelt worden seien, also größere Ammoniakkonzentrationen bei der Variante mit freier Abströmung. Die Differenzen lägen im Bereich der Modellunschärfe. Auf Grund dieser plausiblen Ausführungen geht der Senat davon aus, dass eine Berücksichtigung der Ablufttürme im Rahmen der Ausbreitungsrechnung nicht erforderlich und die Modellierung der Abluftschächte als Punktquelle sachgerecht ist.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Stellungnahme des Sachverständigen (H.) vom 29.07.2015, mit der er u.a. bemängelt hat, die Ablufttürme seien bei der Testrechnung der (F.) aufgrund der Aufteilung des Vertikalrasters nur 9 m hoch modelliert worden, obwohl diese 9,2 m hoch seien. Zudem seien nur die Ablufttürme modelliert worden seien, obwohl diese an die Ställe angeflanscht seien; die Schornsteine seien zwar 1,7fach so hoch wie die Ställe, jedoch hätten letztere einen Einfluss auf die Anströmung der Ablufttürme, weil sie in Luv (der dem Wind zugewandte Seite) vorgelagert seien. Aufgrund der in der mündlichen Verhandlung auf Nachfrage vorgenommenen, nachvollziehbaren Einschätzung der Gutachterin der Beigeladenen, Frau Dr. (O.), wonach der Einfluss der Ställe auf die Stickstoffeinträge in das FFH-Gebiet zu vernachlässigen seien, geht der Senat davon aus, dass auch eine Modellierung der Ablufttürme mit 9,2 m statt mit 9 m und eine zusätzliche Modellierung der Ställe nur minimale, im Bereich der Modellunschärfe liegende und daher nicht relevante Abweichungen ergeben hätten.
(bb) Ebenfalls zu Unrecht wendet der Sachverständige (H.) in seiner Stellungnahme vom 05.03.2012 gegen die Immissionsprognose der (F.) ein, der Ansatz einer Abluftgeschwindigkeit von 10 m/s sei nicht sachgerecht, da laut Bauzeichnung die Installation von Diffusoren geplant sei, die aufgrund ihres größeren Durchmessers zur Abnahme der Abluftgeschwindigkeit auf etwa 9 m/s führten. Auch sei der Ansatz einer Austrittshöhe von 12,2 m nicht sachgerecht, da sich infolge des Einsatzes der Diffusoren die Abluftfahne 1,5 m früher aufweite als aus einem nicht erweiterten Abluftrohr. Um dieses Verhalten der Abluftfahne zu berücksichtigen, seien die Abluftpunkte rechnerisch um die Länge des Diffusors plus einen Meter zu verkürzen. Anzusetzen sei ein Ersatzquellensystem, das nicht von 6,1 m bis 12,2 m, sondern nur bis 10,7 m reiche. Dieser Einwand ist unbegründet, weil bei der Anlage keine Diffusoren vorgesehen sind. Die (E.) hat im Verwaltungsverfahren mit Schreiben vom 21.08.2012 eine überarbeitete Stallzeichnung mit der angepassten Darstellung der Abluftkamine nachgereicht, auf denen keine Diffusoren, sondern Schornsteine mit einem Durchmesser von 1,27 m dargestellt sind. Diese Unterlagen sind Bestandteil des angefochtenen Genehmigungsbescheides geworden, da unter Abschnitt II auf die in Anlage 1 (vgl. S. 55 ff.) genannten Unterlagen und Pläne Bezug genommen wird. Hierzu gehört auch der Nachtrag vom 21.08.2012 (vgl. S. 60).
(cc) Unbegründet ist auch der in der Stellungnahme vom 05.03.2012 enthaltene Einwand, in der Immissionsprognose seien zusätzlich Ammoniakemissionen infolge der nach jedem Mastvorgang durchgeführten Entmistungen zu berücksichtigen, wofür pro Durchgang 2 Tage anzusetzen seien, wobei sich der Emissionsmassenstrom aus dem Emissionsfaktor der VDI-Richtlinie 3894 Blatt 1 errechne. Hiergegen hat der Beklagte nachvollziehbar und plausibel entgegnet, eine zusätzliche Berücksichtigung der Entmistung sei nicht notwendig, da die in der VDI-Richtlinie 3894 Blatt 1 angegebenen Emissionsfaktoren für die Hähnchenmast auch die Entmistung beinhalteten. Zudem wirkten sich die durch die Entmistung freigesetzten Mengen in einem geschützten Biotop in einer Entfernung von 600 m nicht relevant aus.
(dd) Rechtlich nicht zu beanstanden ist der in der Immissionsprognose der (F.) in Übereinstimmung mit Anhang 3 Nr. 3 TA Luft vorgenommene Ansatz einer Depositionsgeschwindigkeit von 1 cm/s für Wasserflächen und von 1,2 cm/s für alle übrigen Flächen gemäß dem in der VDI Richtlinie 3782 Blatt 5 angegebenen Wert für Mesoskala. Dies entspricht den Vorgaben der Nr. 5.2.2 des LAI-Papiers für die Ermittlung der Zusatzbelastung mittels AUSTAL 2000. Dort wird unter Nr. 7 (S. 27) ausgeführt, die Zahlenwerte für Depositionsgeschwindigkeiten seien der VDI-Richtlinie 3782 Blatt 5 zu entnehmen.
Zu Unrecht macht der Kläger unter Bezugnahme auf den vom Umweltbundesamt herausgegebenen Abschlussbericht zu der Studie "Erfassung, Prognose und Bewertung von Stoffeinträgen und ihren Wirkungen in Deutschland" von Juli 2011 (UBA-Texte 38/2011) (http://www.uba.de/uba-info-medien/4137.html) geltend, aufgrund des hier dokumentierten Fortschritts in den wissenschaftlichen Erkenntnissen (vgl. Nr. 5 der Anlage zu § 3 Abs. 6 BImSchG) seien für NH3 höhere Depositionsgeschwindigkeiten anzusetzen als in der VDI-Richtlinie 3782 Blatt 5 vorgegeben. Zwar betragen die im Rahmen dieser Studie berechneten und in den Tabellen 3.3 und 3.4 dargestellten Depositionsgeschwindigkeiten für NH3 nach der Methode M1 für Ackerfläche 1,950 cm/s und für Wasserfläche 1,265 cm/s sowie nach der Methode M2 für Ackerfläche 1,817 cm/s und für Wasserfläche 0,901 cm/s (a.a.O., S. 24). Bereits in dem Abschlussbericht wird aber darauf hingewiesen, dass eine Übernahme der berechneten Depositionsgeschwindigkeiten in andere Berechnungssysteme im Allgemeinen nicht sinnvoll sei, wie auch die deutlich unterschiedlichen Ergebnisse der Methoden M1 und M2 belegten (a.a.O., S. 25).
Hinzu kommt, dass sich anderen Studien entnehmen lässt, dass sich allgemein anerkannte, von der VDI-Richtlinie 3782 Blatt 5 abweichende Werte für bei einer Ausbreitungsrechnungen anzusetzenden Depositionsgeschwindigkeiten für NH3 - je nach Landnutzung - noch nicht herausgebildet haben. Im BASt-Bericht wurde versucht, auf der Grundlage der Werte der VDI-Richtlinie 3782 Blatt 5 sowie der Studie "Erfassung, Prognose und Bewertung von Stoffeinträgen und ihren Wirkungen in Deutschland" (a.a.O.) landnutzungsabhängige Depositionsgeschwindigkeiten abzuleiten (vgl. BASt-Bericht, S. 82 ff.). Die Ergebnisse wurden in Bild 41 und Bild 42 dargestellt (vgl. BASt-Bericht, S. 84). Es wurde empfohlen, für die FFH-Verträglichkeitsprüfung zur Ausbreitungsmodellierung die Depositionsgeschwindigkeiten entsprechend Bild 41 zu verwenden, um im Gegensatz zu den Werten der VDI-Richtlinie 3782 Blatt 5 eine realitätsnähere Differenzierung der Landnutzung zu berücksichtigen (vgl. Bast-Bericht, S. 101 f.). In Bild 41 sind für NH3 Depositionsgeschwindigkeiten beispielsweise für Acker von 1,23 cm/s, für Wasser von 0,57 cm/s und für "sonstige" von 1,20 cm/s (in Übereinstimmung mit der VDI-Richtlinie 3782 Blatt 5) angegeben. Die nachfolgend im September 2014 vom Umweltbundesamt herausgegebenen Studie "Genfer Luftreinhaltekonvention der UNECE: Literaturstudie zu Messungen der Ammoniak-Depositionsgeschwindigkeit" (UBA-Texte 67/2014) (http://www.umweltbundesamt.de/publikationen/genfer-luftreinhaltekonvention-der-unece) gelangt zusammenfassend zu dem Ergebnis, dass die errechneten Werte im Vergleich mit den in der VDI Richtlinie 3782 Blatt 5 genannten Referenzwerten etwas geringer ausgefallen seien (a.a.O., S. 21 mit Tabelle 2).
Darüber hinaus hat der Beklagte nachvollziehbar und plausibel ausgeführt, dass die vom Kläger angenommenen Depositionsgeschwindigkeiten aus folgenden Gründen zu hoch seien (GA Bl. 949 f.): das Programm AUSTAL 2000 enthalte ein statistisches Berechnungs- bzw. Umrechnungsmodul für Ammoniakkonzentration und -deposition. Dabei erfolge die Ausbreitungsrechnung für Ammoniak gemäß Anhang 3 TA Luft unabhängig von der Landschaftsform mit einer Depositionsgeschwindigkeit von 1 cm/s. Das hänge damit zusammen, dass AUSTAL 2000 grundsätzlich nur die Luftschadstoffe berechne, für die in der TA Luft Immissionswerte festgelegt seien, wie z.B. für Ammoniak, nicht aber für Stickstoff. Diese niedrige und oberflächenunabhängige Depositionsgeschwindigkeit führe entsprechend dem konservativen Grundansatz der TA Luft zu Maximalwerten für die Ammoniakkonzentration. Aus diesen Maximalwerten leite der Kläger die Deposition mit oberflächenabhängigen höheren Depositionsgeschwindigkeiten ab. Diese Vorgehensweise führe dazu, dass die Massenbilanz nicht aufgehe, d.h. dass im Ergebnis der Prognose innerhalb des Beurteilungsgebietes in der Summe mehr Ammoniak bzw. Stickstoff als Zusatzbelastung deponiert werde, als emittiert worden sei.
Vor diesem Hintergrund ist es rechtlich nicht zu beanstanden, soweit in der Immissionsprognose der (F.) für Ammoniak eine Depositionsgeschwindigkeit für Wasserflächen von 1 cm/s gemäß Anhang 3 Nr. 3 TA Luft und für alle übrigen Flächen von 1,2 cm/s gemäß dem in der VDI Richtlinie 3782 Blatt 5 angegebenen Wert für Mesoskala angesetzt wurde.
(ee) Soweit der Kläger geltend macht, es komme aufgrund des sog. "Auskämmeffekts" zu höheren Stickstoffeinträgen in Gehölzreihen und Gebüschen, wird diesem Effekt in der Immissionsprognose der (F.) durch die Berücksichtigung der maßgeblichen Depositionsgeschwindigkeit hinreichend Rechnung getragen.
(ff) Möglicherweise zu Recht wendet der Sachverständige (H.) jedoch in seiner Stellungnahme vom 29.07.2015 unter Berufung auf Messungen von Herrn Dr. (J.) vom Thünen-Institut Braunschweig gegen die Immissionsprognose der (F.) ein, dass neben der Zusatzbelastung durch NH3 auch die Zusatzbelastung durch Staub aus der Hähnchenmastanlage relevant sei. Er macht geltend, bei Immissionsprognosen seien bislang fälschlicher Weise immer nur die gasförmigen Emissionen von Stickstoff berechnet worden. Der organisch gebundene Anteil im Staub sei vernachlässigt worden, obwohl er einen bedeutenden Teil zum Eintrag beitragen könne. Der Eintrag von organischem Stickstoff in die umliegenden Ökosysteme/LRT sei daher unter der Annahme, dass der emittierte Staub der Geflügelhaltung zu etwa 10 % aus Stickstoff bestehe, zu berechnen, wobei die Emissionsfaktoren für Staub gemäß der VDI-Richtlinie 3894 Blatt 1 anzusetzen seien. Diesen Einwand gegen die Immissionsprognose konnten weder der Beklagte noch die Beigeladene in der mündlichen Verhandlung entkräften. Die Frage, ob es zur realitätsnahen Abschätzung der Stickstoffdepositionen aus der Hähnchenmastanlage zusätzlich der Berechnung der Staubdeposition und des daraus resultierenden Eintrags an organischem Stickstoff bedarf, ist deshalb in einer FFH-Verträglichkeitsprüfung zu klären.
(b) Bei der für die Prüfung der 3-%-Irrelevanzgrenze notwendigen Summationsbetrachtung sind die von der Biogasanlage verursachten Stickstoffeinträge zusätzlich zu berücksichtigen. Die Immissionen der Biogasanlage bleiben nicht als Vorbelastung außer Betracht, da sie nach der im Dezember 2004 erfolgten Unterschutzstellung des FFH-Gebietes "Secantsgraben, Milde und Biese" hinzugetreten sind. Für die von der Biogasanlage ausgehende Zusatzbelastung kann auf die ergänzende Immissionsprognose der (F.) vom 25.10.2012 zurückgegriffen werden. Die hiergegen erhobenen Einwände des Klägers greifen nicht durch.
(aa) Entgegen der Auffassung des Beklagten können allerdings die Emissionen aus der Biogasanlage nicht gemäß Nr. 4.6.1.1 TA Luft wegen Geringfügigkeit außer Betracht bleiben. Nach dieser Vorschrift ist im Genehmigungsverfahren die Bestimmung der Immissionskenngrößen für den jeweils emittierten Schadstoff nicht erforderlich, wenn
a) die nach Nummer 5.5 abgeleiteten Emissionen (Massenströme) die in Tabelle 7 festgelegten Bagatellmassenströme nicht überschreiten und
b) die nicht nach Nummer 5.5 abgeleiteten Emissionen (diffuse Emissionen) 10 vom Hundert der in Tabelle 7 festgelegten Bagatellmassenströme nicht überschreiten,
soweit sich nicht wegen der besonderen örtlichen Lage oder besonderer Umstände etwas anderes ergibt. Zwar überschreitet der Emissionsmassenstrom des BHKW von ca. 1,1 kg NOX/h weder den in Tabelle 7 festgelegten Bagatellmassenstrom für Stickstoffoxide (Stickstoffmonoxid und Stickstoffdioxid), angegeben als NO2, von 20 kg NO2/h noch 10 % dieses Bagatellmassenstroms von 2 kg NOX/h. Es liegen jedoch besondere Umstände vor, die eine Berücksichtigung dieser relativ geringen NOX-Emissionen notwendig machen, da es um die Prüfung einer erheblichen Beeinträchtigung der Erhaltungsziele eines FFH-Gebietes durch anlagenbedingte Stickstoffeinträge geht. Eine erhebliche Beeinträchtigung in diesem Sinne ist auch bei relativ geringen Einträgen nicht von vornherein ausgeschlossen.
(bb) Die (F.) ist bei ihrer Berechnung gemäß ihrer Stellungnahme vom 18.06.2015 von einem Emissionsmassenstrom von 1,11 kg NOX/h ausgegangen, der sich aus einem Abluftvolumenstrom von 2.220 m³/h und einer Konzentration von NOX von 500 mg/m³ herleitet. Es kann dahinstehen, ob statt dessen - wie der Sachverständige (H.) in seiner Stellungnahme vom 29.07.2015 geltend macht - aufgrund des Messberichts von "chemlab" vom 20.10.2014 von einem Abluftvolumen von 2.540 m³/h, einer NOX-Konzentration von 416 mg/m³ und damit einem Emissionsmassenstrom von 1,13284 kg/h auszugehen ist, denn hierdurch sind bedeutende Abweichungen nicht zu erwarten.
(cc) Die (F.) hat den BHKW-Schornstein zu Recht als Punktquelle mit einer Höhe von 10 m, einer Abgastemperatur von 180 °C und einem Kamindurchmesser von 0,25 m modelliert. Greifbare Anhaltspunkte dafür, dass der Schornstein des BHKW nicht die angesetzte Höhe von 10 m hat, liegen nicht vor. Der Beklagte hat vorgetragen, die von ihm veranlasste Anlagenkontrolle am 18.08.2015 habe ergeben, dass der Schornstein des BHKW mit einer Höhe von 10 m errichtet worden sei. Soweit der Sachverständige (H.) meint, dem von ihm auf Seite 2 seiner Stellungnahme vom 29.07.2015 vorgelegten Foto der Anlage entnehmen zu können, dass der Schornstein des BHKW nicht 10 m, sondern nur 8 m hoch sei, kann der Senat dies nicht nachvollziehen.
Die (F.) hat in ihrer Stellungnahme vom 18.06.2015 auch überzeugend ausgeführt, dass eine Berücksichtigung von Gebäudeeinflüssen (Fermenterdach) im Rahmen eines Windfeldmodells aufgrund der hohen Geschwindigkeit und Temperatur des Abgases und der damit verbundenen großen Abluftfahnenüberhöhung nicht notwendig ist. Hiermit in Übereinstimmung geht auch der Beklagte nachvollziehbar davon aus, dass eine wesentliche Beeinflussung der Abgase durch andere Strömungshindernisse nicht gegeben ist. Bei der Berechnung der Stickoxidemissionen aus dem BHKW und der daraus resultierenden Immissionen ist daher - entgegen der Auffassung des Sachverständigen (H.) in seiner Stellungnahme vom 29.07.2015 - weder ein Ersatzquellensystem von 5 - 10 m mit Abluftfahnenüberhöhung noch ein Ersatzquellensystem vom Erdboden bis 8 m ohne Abluftfahnenüberhöhung anzusetzen.
(dd) Rechtlich nicht zu beanstanden ist schließlich der von der (F.) vorgenommene Ansatz einer Depositionsgeschwindigkeit von 0,05 cm/s für Stickstoffmonoxid (NO) und von 0,3 cm/s für Stickstoffdioxid (NO2). Dies entspricht der VDI-Richtlinie 3782 Blatt 5 (vgl. auch BASt-Bericht, S. 83). Neuere Erkenntnisse, die fachlich allgemein anerkannt sind und die diese Werte als nicht mehr vertretbar erscheinen lassen, sind nicht ersichtlich und werden auch weder vom Kläger noch von dem Sachverständigen (H.) benannt. Fachlich nicht ohne weiteres nachvollziehbar ist demgegenüber der Ansatz von (höheren) Depositionsgeschwindigkeiten, die aus der VDI-Richtlinie 3782 Blatt 5 "in Analogie zu NH3" extrapoliert worden sein sollen, durch den Sachverständigen (H.) in seinen Stellungnahmen vom 20.04.2015 und 29.07.2015.
(c) Bei der Prüfung der 3-%-Irrelevanzschwelle können die Beeinträchtigung durch anlagenbedingte Stickstoffeinträge aus den in das FFH-Gebiet entwässernden Gräben neben den Stickstoffeinträgen durch NH3 (und Staub) aus der Hähnchenmastanlage und durch NOX aus dem BHKW der Biogasanlage außer Betracht bleiben.
Der Kläger macht unter Hinweis auf die Ausführungen des Gutachters (F. H.) geltend, aufgrund der Nähe von in das FFH-Gebiet entwässernden Gräben müsse auch mit einer Beeinträchtigung durch Stickstoff aus diesem Grabensystem gerechnet werden. Dies sei ein bislang nicht untersuchter Beeinträchtigungsweg. Aus dem Umfeld der geplanten Hähnchenmastanlage könnten erhebliche Mengen mit Ammoniak belasteten Niederschlagswassers in das FFH-Gebiet gelangen. Im Hauptniederschlagsgebiet der zu erwartenden anlagenbedingten Zusatzbelastung befänden sich rund 9,77 km Gräben, die alle mehr oder weniger direkt in den LRT 3260 des FFH-Gebietes entwässerten bzw. an einigen Punkten unmittelbar selbst zum LRT 3260 würden. Dies bedeute, dass sich die Stickstoffkonzentration von außerhalb des FFH-Gebietes in Fließrichtung direkt in das FFH-Gebiet verlagere. Diese Gräben müssten daher als wesentliche externe Bestandteile des LRT 3260 und der Habitate der genannten Anhang-II-Arten gesehen werden, da eine direkte stoffliche Verbindung in das FFH-Gebiet bestehe. Entsprechend müsse auch die anlagenbedingte Stickstoffdeposition außerhalb des FFH-Gebietes in die Prüfung einbezogen werden, ob diese eine erhebliche Beeinträchtigung im FFH-Gebiet bewirken könne. Allein über kleinräumige Niederschlagsereignisse im Einzugsgebiet eines Fließgewässers sei eine Beeinträchtigung von Fischarten über die toxische Wirkung von Stickstoffeinträgen des Niederschlagswassers möglich. Es müsse daher heute als Stand der Wissenschaft gelten, mögliche Beeinträchtigungen durch Modellrechnungen auszuschließen, wenn es Hinweise darauf gebe, dass Niederschlagswasser in die Lebensräume von Anhang-II-Arten und der charakteristischen Arten des LRT 3260 gelangen könne.
Hiermit zeigt der Kläger zwar nachvollziehbar einen zusätzlichen Beeinträchtigungsweg für das FFH-Gebiet durch anlagenbedingte Stickstoffeinträge in das umgebende Grabensystem auf, der bislang noch nicht untersucht wurde. Dieser Beeinträchtigungsweg spielt jedoch im vorliegenden Zusammenhang der Prüfung einer Beeinträchtigung stickstoffempfindlicher LRT oder Pflanzenarten durch luftgetragenen Stickstoffdepositionen am Maßstab der Critical Loads keine Rolle. Dieser Maßstab gibt Grenzwerte für einen (luftgetragenen) Stickstoffeintrag pro Fläche und Jahr an, der von dem Eintrag aus den umliegenden Grabensystemen nicht beeinflusst wird. Auch der Gutachter (F. H.) benennt als Folge dieser Beeinträchtigung allein die toxische Wirkung auf Fischarten infolge einer zu hohen Stickstoffkonzentration im Fließgewässer. Der beschriebene Beeinträchtigungsweg ist daher in erster Linie bei der Prüfung einer möglichen Beeinträchtigung der charakteristischen Arten des LRT 3260 oder der nach den Angaben im Standarddatenbogen im FFH-Gebiet vorkommenden Anhang-II-Arten in den Blick zu nehmen, möglicherweise auch als zusätzliche Ursache einer erheblichen Beeinträchtigung der LRT als solche durch eine anlagenbedingt überhöhte Konzentration von Ammoniak oder Stickstoff im Gewässer. Für die Prüfung der Beeinträchtigung stickstoffempfindlicher LRT oder Pflanzenarten durch luftgetragenen Stickstoffdepositionen nach Maßgabe der einschlägigen Critical Loads sind anlagenbedingte Stickstoffeinträge aus dem umgebenden Grabensystem demgegenüber nicht relevant.
(d) Weitere Emissionsquellen, die im Rahmen der Summationsbetrachtung berücksichtigt werden müssen, werden vom Kläger nicht benannt und sind auch sonst nicht ersichtlich.
dd) Die Berücksichtigung von Kompensationsmaßnahmen in der FFH-Vorprüfung ist unzulässig (vgl. OVG MV, Urt. v. 30.06.2010 - 3 K 19/06 -, a.a.O. RdNr. 126; NdsOVG, Beschl. v. 18.09.2014 - 12 LA 15/14 -, juris RdNr. 15 ff.; Meßerschmidt, § 34 BNatSchG RdNr. 56). Die vom Beklagten angesprochenen Möglichkeiten einer periodischen oder episodischen Biomasseentnahme, um ggf. den Auswirkungen zusätzlicher Stickstoffdeposition entgegenzuwirken, auf die auch die Beigeladene in der Berufungsbegründung hingewiesen hat, müssen daher im Rahmen einer FFH-Vorprüfung außer Betracht bleiben.
d) Nach den Ausführungen des Gutachters (F. H.) kann es zu einer Versauerungswirkung durch die anlagenbedingten Stickstoffeinträge im Boden kommen (vgl. auch OVG NW, Urt. v. 16.06.2016 - 8 D 99/13.AK -, a.a.O. RdNr. 511 ff.). In einer FFH-Verträglichkeitsprüfung wird diese Frage zu klären sein.
e) Auch die vom Gutachter (F. H.) angesprochenen Möglichkeit, dass die Oxidation von eingetragenem Ammoniak zu Nitrat im Gewässer zu starker Sauerstoffzehrung führen könne, wird in einer FFH-Verträglichkeitsprüfung zu klären sein.
f) Im Ansatz zu Recht macht der Gutachter (F. H.) weiterhin geltend, dass neben der Prüfung der Einhaltung der Critical Load Spannen geprüft werden müsse, ob charakteristische Arten eines LRT durch toxische Stickstoffverbindungen gefährdet werden können, sofern eine Sensibilität bekannt sei. Nach dessen Angaben gehören zu den charakteristischen Tierarten des LRT 3260, die direkt oder indirekt durch Stickstoffeinträge beeinträchtigt werden könnten, folgende Rundmäuler und Fische:
- Barbe
- Westgroppe
- Flußneunauge
- Bachneunauge
- Elritze
- Lachs
- Bachforelle
- Äsche.
Fischarten könnten direkt durch toxische Stickstoffverbindungen im Gewässer besonders im Ei- und Larvalstadium, aber auch als adulte Tiere an den Kiemen geschädigt werden. Letale Konzentrationen von Ammoniak lägen je nach Fischart bei 0,6 - 1,2 mg/ NH3 und bei Fischbrut bei 0,2 - 0,4 mg/l NH3. Durch Ammonium träten Intoxikationen oder chronische Schädigungen bei Fischen schon bei 0,01 mg/l NH+ auf.
Muschelarten könnten direkt durch toxische Stickstoffverbindungen im Gewässer besonders im Ei- und Larvalstadium, aber auch als adulte Tiere an den Kiemen geschädigt werden. Eine erhöhte Stickstoffverfügbarkeit im Fließgewässer könne auch Schäden im Aufbau der Muschelschalen und damit Vitalitätsverluste der charakteristischen Muschelschalen des LRT 3260 bewirken.
Libellenarten könnten direkt durch toxische Stickstoffverbindungen im Gewässer im Ei- oder Larvalstadium geschädigt werden. Zudem könne es über Veränderungen in der Vegetationszusammensetzung durch die Zunahme nitrophiler Arten und die Verdrängung von Eiablagepflanzen zum Lebensraumverlust kommen. Auch könne die durch eine höhere Stickstoffverfügbarkeit beschleunigte Sukzession auf Erosionsflächen der Uferbereiche zu Lebensraumverlusten der an Offenlandbereiche angepassten Tier- und Pflanzenarten führen.
In einer FFH-Verträglichkeitsprüfung wird zu klären sein, ob anlagenbedingte Stickstoffeinträge zu den vom Gutachter (F. H.) beschriebenen Auswirkungen führen können.
g) In einer FFH-Verträglichkeitsprüfung wird weiterhin der vom Gutachter (F. H.) aufgeworfenen Frage nachzugehen sein, ob eine direkte oder indirekte Beeinträchtigung der nach dem Standarddatenbogen im FFH-Gebiet vorkommenden Anhang-II-Arten über Stickstoffeinträge ausgeschlossen werden kann. Konkret sind die Auswirkungen auf folgende Arten zu prüfen:
- Helm-Azurjungfer
- Rapfen
- Bitterling
- Schlammpeitzger
- Steinbeißer.
2. Der Senat kann die fehlende abschließende Beurteilung der FFH-Verträglichkeit nicht durch eine eigene Beurteilung ersetzen. Zwar handelt es sich bei dem angefochtenen Genehmigungsbescheid um eine gebundene Entscheidung, bei der das Gericht grundsätzlich verpflichtet ist, die Sache spruchreif zu machen. Auch steht der zuständigen Behörde nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts bei der Feststellung, dass ein FFH-Gebiet durch ein Vorhaben nicht erheblich beeinträchtigt wird, kein naturschutzfachlicher Beurteilungsspielraum zu (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.01.2017 - 9 A 20.05 -, a.a.O. RdNr. 38). Dem Senat ist es gleichwohl verwehrt, die fehlende abschließende Beurteilung der FFH-Verträglichkeit durch eine eigene Feststellung zu ersetzen. Ob ein Projekt zu einer erheblichen Beeinträchtigung eines FFH-Gebiets führen kann, hängt wesentlich von naturschutzfachlichen Feststellungen und Bewertungen ab. Um die vorhabenbedingten Einwirkungen zutreffend auf ihre Erheblichkeit hin beurteilen zu können, hat die Verträglichkeitsprüfung in einem ersten Schritt eine sorgfältige Bestandserfassung und -bewertung der von dem Projekt betroffenen maßgeblichen Gebietsbestandteile zu leisten. Auf dieser Basis sind sodann die Einwirkungen zu ermitteln und naturschutzfachlich zu bewerten. Jedenfalls bei UVP-pflichtigen Vorhaben ist auch in Bezug auf die FFH-Verträglichkeitsprüfung eine Beteiligung der Öffentlichkeit geboten. Somit bleibt das Ende der Öffentlichkeitsbeteiligung abzuwarten, da andernfalls der mit ihr verfolgte Zweck nicht erreicht werden könnte. Dieser besteht darin, die Beurteilungsgrundlage für die Bewertung der Umweltverträglichkeit und damit auch der FFH-Verträglichkeit zu verbreitern, indem der betroffenen Öffentlichkeit und insbesondere den mit besonderem Sachverstand ausgestatteten Naturschutzverbänden die Möglichkeit eingeräumt wird, ihr Fachwissen in das Verwaltungsverfahren einzubringen, um so eine besondere Richtigkeitsgewähr für das Ergebnis der Umweltverträglichkeitsprüfung zu gewährleisten. Gegen eine gerichtliche Beurteilung der FFH-Verträglichkeit spricht zudem die besondere Komplexität der mit zahlreichen naturschutzfachlichen Bewertungen verbundenen FFH-Prüfung. Erfahrungsgemäß folgt aus dem Ergebnis einer FFH-Verträglichkeitsprüfung in den wenigsten Fällen, dass ein Vorhaben überhaupt nicht durchgeführt werden kann. Vielmehr ergibt sich regelmäßig, dass das Vorhaben mit gewissen Modifikationen oder unter Bedingungen bzw. mit Auflagen zulässig wäre. Es würde die funktionell-rechtlichen Grenzen eines Gerichtsverfahrens überschreiten, derartige Möglichkeiten auszuloten. Zudem kann ein frühzeitiger Interessenausgleich, der durch die Beteiligung der Öffentlichkeit ermöglicht werden soll, durch die Amtsermittlungspflicht nicht gleich wirksam gewährleistet werden (vgl. OVG NW, Urt. v. 12.06.2012 - 8 D 38/08.AK -, a.a.O. RdNr. 309 ff.).
3. Eine Fehlerheilung in einem ergänzenden Verfahren ist durch Nachholung der FFH-Verträglichkeitsprüfung möglich.
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts genügt es für den Ausspruch der Rechtswidrigkeit eines angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses wegen eines erheblichen und offensichtlichen Abwägungsfehlers, dass die konkrete Möglichkeit der Fehlerbehebung in einem ergänzenden Verfahren besteht. Das setzt einerseits voraus, dass der Abwägungsmangel nicht von solcher Art und Schwere ist, dass er die Planung als Ganzes von vornherein in Frage stellt. Das ergänzende Verfahren bietet keine Handhabe dafür, die Planung in ihren Grundzügen zu modifizieren. Die Identität des planfestgestellten Vorhabens darf nicht angetastet werden. Die Durchführung eines ergänzenden Verfahrens kommt ferner nur in Betracht, wenn die Fehlerbehebung nicht von vornherein als ausgeschlossen erscheint. Es muss sich die konkrete Möglichkeit abzeichnen, dass sich der Mangel in absehbarer Zeit beseitigen lässt. Wenn im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung feststeht, dass eine Beseitigung des Mangels aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen auf unabsehbare Zeit nicht in Betracht kommt, steht der Planung ein unüberwindliches Hindernis entgegen, das der Fehlerbehebung in einem ergänzenden Verfahren keinen Raum mehr ließe. Je nach den Gegebenheiten des konkreten Streitfalls ist daher zu prüfen, ob eine Behebung des festgestellten Fehlers bei der Abwägung als ausgeschlossen erscheint (vgl. BVerwG, Beschl. v. 20.01.2004 - 4 B 112.03 -, juris RdNr. 4).
Gemessen daran ist vorliegend der Ausspruch der Rechtswidrigkeit der Genehmigung statt der Aufhebung des Genehmigungsbescheides möglich. Die Heilung des vorliegenden Fehlers in einem ergänzenden Verfahren ist nicht von vornherein ausgeschlossen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist die Nachholung der FFH-Verträglichkeitsprüfung in einem ergänzenden Verfahren möglich (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.01.2007 - 9 A 20.05 -, a.a.O. RdNr. 71; Urt. v. 15.07.2016 - 9 C 3.16 -, juris RdNr. 42; OVG NW, Urt. v. 01.12.2011 - 8 D 58.08.AK -, a.a.O. RdNr. 507 ff.). Es ist auch nicht zu erwarten, dass eine FFH-Verträglichkeitsprüfung zu dem Ergebnis kommt, dass das Vorhaben überhaupt nicht durchgeführt werden kann.
Die Nachholung einer FFH-Verträglichkeitsprüfung in einem ergänzenden Verfahren widerspricht auch nicht der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zu Art. 6 Abs. 3 FFH-RL. Zwar hat dieser eine FFH-Verträglichkeitsprüfung vor Erteilung einer Genehmigung für erforderlich gehalten (vgl. EuGH, Urt. v. 24.11.2011 - C-404/09 - juris RdNr. 99) und eine nachträglich erstellte FFH-Verträglichkeitsprüfung als nicht erheblich angesehen (a.a.O. RdNr. 104). Die Ausführungen des Europäischen Gerichtshofs sind jedoch vor dem Hintergrund zu sehen, dass es in dem zugrunde liegenden Verfahren um die Frage ging, ob Spanien gegen seine mitgliedstaatlichen Pflichten verstoßen hatte. Die nach Durchführung des Projekts nachgeschobene FFH-Prüfung war bezogen auf den Streitgegenstand dieses Vertragsverletzungsverfahrens nicht mehr geeignet, den bereits geschehenen Verfahrensfehler und Pflichtenverstoß zu beheben (vgl. OVG NW, Urt. v. 01.12.2011 - 8 D 58.08.AK -, a.a.O. RdNr. 529 ff.).
Darüber hinaus hat der Europäische Gerichtshof im Hinblick auf die Umweltverträglichkeitsprüfung anerkannt, dass das Unionsrecht nationalen Vorschriften nicht entgegensteht, die in bestimmten Fällen die Legalisierung unionsrechtswidriger Vorgänge oder Handlungen zulassen (vgl. EuGH, Urt. v. 26.07.2017 - Rs. C-196/16 und C-197/16 -, juris RdNr. 37). Dieser Gedanke beansprucht auch für die Nachholung einer FFH-Verträglichkeitsprüfung in einem ergänzenden Verfahren gemäß § 7 Abs. 5 Satz 1 UmwRG Geltung. Davon ausgehend kommt die Nachholung der FFH-Verträglichkeitsprüfung in Betracht, wenn deren Unterlassen nicht auf einem vorsätzlichen, willkürlichen Fehlverhalten oder gar kollusiven Zusammenwirken von Vorhabenträger und Genehmigungsbehörde beruht, das erkennbar der Umgehung der gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben dient, und wenn der Fehler vor Erteilung der erneuten Entscheidung in einem ergänzenden Verfahren geheilt wird (vgl. OVG NW, Urt. v. 01.12.2011 - 8 D 58.08.AK -, a.a.O. RdNr. 532 zur Nachholung einer FFH-Verträglichkeitsprüfung im verwaltungsgerichtlichen Verfahren vor Erteilung der Betriebsgenehmigung in einem gestuften Genehmigungsverfahren). Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Die Entscheidung des Beklagten, von einer FFH-Verträglichkeitsprüfung abzusehen, beruhte auf einer Verkennung der Voraussetzungen einer Berufung auf die 3-%-Irrelevanzschwelle in einer FFH-Vorprüfung, war aber nicht willkürlich. Zudem beabsichtigt der Beklagte, die erforderliche FFH-Verträglichkeitsprüfung in einem ergänzenden Verfahren nachzuholen.
II. Weitere formelle oder materielle Fehler, die zur Aufhebung der Genehmigung führen, liegen nicht vor.
Soweit die angefochtene Genehmigung an einem Fehler leidet, der - wie hier - in einem ergänzenden Verfahren behoben werden kann, ist die Genehmigung umfassend auf ihre Rechtmäßigkeit zu prüfen. Der Aufhebungsanspruch kann nur verneint werden, wenn die Genehmigung ansonsten rechtmäßig ist bzw. nur an Fehlern leidet, die (ebenfalls) durch Entscheidungsergänzung oder in einem ergänzenden Verfahren behoben werden können (vgl. Seibert, NVwZ 2018, 97 <102>).
1. Es ist derzeit zwar nicht auszuschließen, dass Vorschriften des Biotopschutzes durch die Genehmigung verletzt werden. Soweit erforderlich, kann ein Verstoß jedoch durch die Erteilung einer Ausnahme gemäß § 30 Abs. 3 BNatSchG oder durch die Gewährung einer Befreiung gemäß § 67 Abs. 1 BNatSchG im ergänzenden Verfahren geheilt werden.
Gemäß § 30 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG sind Handlungen verboten, die zu einer Zerstörung oder einer sonstigen erheblichen Beeinträchtigung gesetzlich geschützter Biotope führen können. Die Verbote des Satzes 1 gelten gemäß § 30 Abs. 2 Satz 2 BNatSchG auch für weitere von den Ländern gesetzlich geschützte Biotope. Auch die Zerstörung oder erhebliche Beeinträchtigung der in § 22 Abs. 1 Satz 1 NatSchG LSA aufgeführten Biotope ist damit verboten.
Unter Zerstörung ist die irreparable Schädigung eines Bestandes mit der Folge des gänzlichen Verlustes eines Biotops zu verstehen (vgl. Endres, in: Frenz/Müggenborg, BNatSchG, § 30 RdNr. 7). Eine erhebliche Beeinträchtigung ist eine nicht nur geringfügige und nachteilige Veränderung des Biotops, wobei eine dauerhafte Schädigung nicht erforderlich ist (vgl. Endres, in: Frenz/Müggenborg, a.a.O.). Die Handlung muss potentiell geeignet sein, die negative Folge herbeizuführen. Ausreichend ist die hinreichende Wahrscheinlichkeit einer Beeinträchtigung (vgl. VG Münster, Urt. v. 12.04.2018 - 2 K 2307/16 -, juris RdNr. 148; Endres, in: Frenz/Müggenborg, a.a.O., RdNr. 8).
Im Hinblick auf Beeinträchtigungen durch Stickstoffeinträge ist auch für den Biotopschutz das Konzept der Critical Loads zur Bestimmung der Erheblichkeit i.S.d. § 30 Abs. 2 BNatSchG grundsätzlich geeignet (vgl. NdsOVG, Beschl. v. 17.07.2013 - 12 ME 275/12 -, juris RdNr. 51; VG Osnabrück, Urt. v. 29.07.2015 - 3 A 46/13 -, juris RdNr. 121; VG Münster, Urt. v. 12.04.2018 - 2 K 2307/16 -, a.a.O. RdNr. 150; LAI-Papier, S. 28 ff.). Allerdings spricht viel dafür, dass die Überschreitung des Critical Loads beim Biotopschutz - anders als beim FFH-Gebietsschutz - allein noch kein Maßstab für eine erhebliche Beeinträchtigung ist. Vielmehr dürfte sich eine stärkere Differenzierung, etwa durch Zuweisung von Zuschlagfaktoren nach Maßgabe von Schutzgutkategorien und Gefährdungsstufen - wie im LAI-Papier (S. 28 ff.) vorgeschlagen - anbieten. Die unterschiedliche Behandlung von FFH-Gebieten einerseits und gesetzlich geschützten Biotopen andererseits dürfte deshalb erforderlich sein, weil der FFH-Gebietsschutz nach Abs. 6 Abs. 3 FFH-RL und § 34 Abs. 1 BNatSchG den Vorsorgegrundsatz einschließt mit der Folge, dass für die Verträglichkeitsprüfung die Beweisregel gilt, dass die Behörde ein Vorhaben nur dann zulassen darf, wenn sie zuvor Gewissheit darüber erlangt hat, dass dieses sich nicht nachteilig auf das Gebiet als solches auswirkt (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.01.2007 - 9 A 20.05 -, a.a.O. RdNr. 62). Ein derart strenger Maßstab gilt bei § 30 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG nicht. Hier kommt es darauf an, ob eine Beeinträchtigung hinreichend wahrscheinlich ist. Jedenfalls dürften die Unterschiede im Schutzstatus von FFH-Gebieten einerseits und gesetzlich geschützten Biotopen andererseits der Anlegung gleicher Maßstäbe bei der Prüfung, ob eine erhebliche Beeinträchtigung zu erwarten ist, entgegenstehen (a.A. VG Münster, Urt. v. 12.04.2018 - 2 K 2307/16 -, a.a.O. RdNr. 150 ff., das im Hinblick auf die Frage, ob es durch Stickstoffeinträge zu einer erheblichen Beeinträchtigung kommt, bei FFH-Gebieten und gesetzlich geschützten Biotopen den gleichen Maßstab anlegt).
Bei der Beurteilung, ob eine erhebliche Beeinträchtigung eines Biotops durch Stickstoffeinträge zu erwarten ist, dürfte das Abschneidekriterium des LAI-Papiers von 5 kg N/ha/a keine Anwendung finden (vgl. VG Münster, Urt. v. 12.04.2018 - 2 K 2307/16 -, a.a.O. RdNr. 150; a.A. NdsOVG, Beschl. v. 17.07.2013 - 12 ME 275/12 -, a.a.O. RdNr. 50). Eine hinreichende naturschutzfachliche Begründung dieses Abscheidekriteriums ist nicht ersichtlich. Das Abschneidekriterium von 5 kg N/ha/a wird damit begründet, dass "Beispielrechnungen" gezeigt hätten, dass bei einer Zusatzbelastung von weniger als 5 kg N/ha/a in der Regel kein Anhaltspunkt für erhebliche Nachteile gegeben sei (vgl. LAI-Papier, S. 37 Fn. 10). Der Kläger hat jedoch in der mündlichen Verhandlung unwidersprochen vorgetragen, dass er bislang vergeblich versucht habe, diese "Beispielrechnungen" von der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz (LAI) zu erhalten. Darüber hinaus zeigen die unterschiedlichen Fassungen der Entwürfe zur Neufassung der TA Luft, dass ein naturschutzfachlicher Konsens im Hinblick auf ein Abschneidekriterium für anlagenbedingte Stickstoffdepositionen nicht besteht. Während in Anhang 9 des Entwurfs der Neufassung der TA Luft vom 09.09.2016 (http://m.bmu.de/fileadmin/Daten_BMU/Download_PDF/Luft/taluft_entwurf_bf.pdf) noch ein Abschneidekriterium von 2 kg N/ha/a vorgesehen war, enthält der Entwurf vom 07.04.2017 (https://www.luther-lawfirm.com/fileadmin/user_upload/images/Blog/EPR/Referentenentwurf_TA_Luft.pdf) in Anhang 8 nunmehr ein Abschneidekriterium von 3,5 kg N/ha/a. Eine nähere Begründung ist weder für das 2-kg-Kriterium noch für das 3,5-kg-Kriterium ersichtlich. Ein Abschneidekriterium von 5 kg N/ha/a begegnet auch deshalb Bedenken, weil einige der auch im LAI-Papier (S. 82 ff.) wiedergegebenen empirischen Critical Loads einen unteren Spannwert von 5 kg N/ha/a bzw. 10 kg N/ha/a aufweisen, so dass die Anwendung eines Abschneidekriteriums von 5 kg N/ha/a zu dem wenig plausiblen Ergebnis führen würde, dass 50 - 100 % eines Critical Loads als irrelevant zu vernachlässigen wären. Vor diesem Hintergrund dürfte auch bei der Prüfung, ob eine erhebliche Beeinträchtigung eines Biotops i.S.d. § 30 Abs. 2 BNatSchG durch Stickstoffeinträge vorliegt, allenfalls die Anwendung des beim FFH-Gebietsschutz anerkannten Abschneidekriteriums in Betracht kommen, über dessen Höhe indessen - wie ausgeführt - Uneinigkeit besteht.
Gemessen daran ist im vorliegenden Fall unklar, ob eine erhebliche Beeinträchtigung der im Umfeld der geplanten Hähnchenmastanlage befindlichen Biotope durch Stickstoffeinträge zu erwarten ist. Zwar wird das Abscheidekriterium des LAI-Papiers von 5 kg N/ha/a nach den Angaben in der Immissionsprognose der (F.) vom 28.07.2011 an allen stickstoffempfindlichen geschützten Biotopen im Umfeld der Anlage deutlich unterschritten. Dieses Abschneidekriterium ist jedoch - wie ausgeführt - naturschutzfachlich nicht hinreichend begründet. Dessen Heranziehung kommt daher im Rahmen des § 30 Abs. 2 BNatSchG nicht in Betracht.
Vor diesem Hintergrund ist im Rahmen eines ergänzenden Verfahrens bei der Prüfung des Biotopschutzes zu klären, welche Biotope im Einwirkungsbereich der geplanten Anlage vorkommen, wobei als Einwirkungsbereich das Gebiet anzusehen sein dürfte, welches von der Isolinie der Zusatzbelastung von mehr als 0,3 kg N/ha/a erfasst wird. Für die erfassten Biotope dürfte eine Klärung der jeweiligen Belastungsgrenze im Hinblick auf Stickstoffeinträge erforderlich sein. Hierzu dürfte die Heranziehung des Konzepts der Critical Loads grundsätzlich geeignet sein. Zu klären ist ferner die Zusatzbelastung durch die geplante Anlage sowie die Gesamtbelastung an den einzelnen Biotopen.
Soweit hiernach eine erhebliche Beeinträchtigung eines Biotops i.S.d. § 30 Abs. 2 BNatSchG durch Stickstoffeinträge zu erwarten sein sollte, ist zusätzlich die Möglichkeit der Zulassung einer Ausnahme nach § 30 Abs. 3 BNatSchG sowie der Gewährung einer Befreiung gemäß § 67 Abs. 1 BNatSchG zu prüfen.
2. Auch eine Verletzung von Vorschriften zum Schutz von Alleen ist derzeit nicht auszuschließen. Soweit erforderlich, kann ein etwaiger Verstoß jedoch durch die Gewährung einer Befreiung (§ 67 Abs. 1 BNatSchG) im ergänzenden Verfahren geheilt werden.
Gemäß § 29 Abs. 3 BNatSchG i.V.m. § 21 Abs. 1 NatSchG LSA sind Alleen und einseitige Baumreihen an öffentlichen oder privaten Verkehrsflächen und Feldwegen gesetzlich geschützt. Die Beseitigung von Alleen oder einseitigen Baumreihen sowie alle Handlungen, die zu deren Zerstörung, Beschädigung oder nachteiligen Veränderung führen können, sind verboten.
Die Frage, ob eine nachteilige Veränderung einer Allee oder einer einseitigen Baumreihe i.S.d. § 21 Abs. 1 Satz 2 NatSchG LSA durch Stickstoffdeposition zu erwarten ist, kann ebenfalls grundsätzlich anhand des Konzepts der Critical Loads beurteilt werden, wobei auch hier die Unterschiede im Schutzstatus von FFH-Gebieten einerseits und Alleen und einseitigen Baumreihen andererseits der Anlegung gleicher Maßstäbe bei der Prüfung, ob eine erhebliche Beeinträchtigung bzw. nachteilige Veränderung zu erwarten ist, entgegenstehen dürfte. Auch dürfte das Abschneidekriterium des LAI-Papiers von 5 kg N/ha/a - aus den oben genannten Gründen - bei der Beurteilung, ob eine nachteilige Veränderung einer Allee oder einer einseitigen Baumreihe durch Stickstoffeinträge zu erwarten ist, keine Anwendung finden.
Gemessen daran ist derzeit nicht geklärt, ob eine nachteilige Veränderung der Allee am Standort der geplanten Anlage zu erwarten ist. Eine Prüfung anhand der für die Allee anzusetzenden Belastungsgrenze für Stickstoffeinträge wurde bislang nicht vorgenommen. Eine abschließende Klärung dieser Frage bleibt dem ergänzenden Verfahren vorbehalten. Für die Allee dürfte eine Klärung der Belastungsgrenze im Hinblick auf Stickstoffeinträge erforderlich sein. Hierzu dürfte die Heranziehung des Konzepts der Critical Loads grundsätzlich geeignet sein. Zu klären ist ferner die Zusatzbelastung durch die geplante Anlage sowie die Gesamtbelastung. Soweit hiernach ein Verstoß gegen die Vorschrift des § 22 Abs. 1 Satz 2 NatSchG LSA vorliegen sollte, wäre die Erteilung einer Befreiung gemäß § 67 BNatSchG zu prüfen.
3. Die Genehmigung verstößt nicht gegen Vorschriften des Artenschutzes.
Im vorliegenden Fall ist § 44 BNatSchG in der am 29.09.2017 in Kraft getretenen Fassung des Gesetzes zur Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes vom 15.09.2017 (BGBl. I S. 3434) maßgeblich. Bei der Überprüfung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung im Rahmen einer Drittanfechtungsklage sind - wie ausgeführt - nach Erlass des Bescheides eingetretene Änderungen der Sach- und Rechtslage zugunsten des Vorhabenträgers zu berücksichtigen. Hiernach ist insbesondere die Neufassung des § 44 Abs. 5 BNatSchG anzuwenden, die mehrere Klarstellungen zugunsten von Vorhabenträgern enthält (vgl. BT-Drs. 18/11939, S. 17 f.).
a) Eine Verletzung artenschutzrechtlicher Vorschriften im Hinblick auf die Knoblauchkröte (Pelobates fuscus) liegt nicht vor.
aa) Die Errichtung der Anlage führt nicht zu einer Verletzung des Tötungsverbots des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG. Nach dieser Vorschrift ist es verboten, wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören. Zwar zählt die Knoblauchkröte als eine in Anhang IV der FFH-Richtlinie aufgeführte Art gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 13 Buchst. b Doppelbuchst. aa BNatSchG zu den besonders geschützten Arten und gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 14 Buchst. b BNatSchG auch zu den streng geschützten Arten. Entgegen der Auffassung des Klägers verletzt jedoch die Möglichkeit, dass bei den Arbeiten zur Errichtung der Anlage, insbesondere der Baufeldfreimachung, Knoblauchkröten getötet werden können, nicht das Tötungsverbot.
(1) Die Erfassung des Bestandes der Knoblauchkröte ist - entgegen der Auffassung des Klägers - rechtlich nicht zu beanstanden.
Die Prüfung, ob ein Vorhaben gegen naturschutzrechtliche Verbote, insbesondere nach § 44 BNatSchG, verstößt, setzt eine ausreichende Bestandsaufnahme der im Bereich des Vorhabens vorhandenen Arten, die in den Anwendungsbereich des Verbots fallen, voraus. Das verpflichtet die Behörde nicht, ein lückenloses Arteninventar zu erstellen. Welche Anforderungen an Art, Umfang und Tiefe der Untersuchungen zu stellen sind, hängt vielmehr von den naturräumlichen Gegebenheiten im Einzelfall sowie von Art und Ausgestaltung des Vorhabens ab. Der individuumsbezogene Ansatz der artenschutzrechtlichen Vorschriften verlangt Ermittlungen, deren Ergebnisse die Behörde in die Lage versetzen, die tatbestandlichen Voraussetzungen der Verbotstatbestände zu überprüfen. Hierfür benötigt sie Daten zur Häufigkeit und Verteilung der geschützten Arten sowie deren Lebensstätten im Eingriffsbereich. Erforderlich, aber auch ausreichend, ist eine am Maßstab praktischer Vernunft ausgerichtete Prüfung (vgl. BVerwG, Urt. v. 09.07.2008 - 9 A 14.07 -, juris RdNr. 54 ff.; NdsOVG, Urt. v. 22.04.2016 - 7 KS 27/15 -, juris RdNr. 281 ff. zur Straßenplanung).
Gemessen daran ist die Erfassung des Bestandes der Knoblauchkröte im Umfeld der geplanten Hähnchenmastanlage ausreichend. In der faunistische Sonderuntersuchung der (K.) vom 24.10.2012 wurde ausgeführt, im Rahmen der Erfassung der Amphibien im Untersuchungsgebiet (1.000-m-Radius) seien insgesamt 5 Begehungen zwischen Mai und Juli 2012 erfolgt, wobei sowohl Dämmerungs-/Nacht- als auch Tagesbegehungen stattgefunden hätten. Die Knoblauchkröte habe mit insgesamt 5 Vorkommen die größte Verbreitung im Gebiet gezeigt. Die festgestellten Vorkommen verteilten sich über das gesamte Untersuchungsgebiet, so dass keine Verbreitungsschwerpunkte zu erkennen seien, und umfassten jeweils nur wenige Individuen. Die größte Population mit 8 rufenden Individuen seien im Bereich der in Karte 3 aufgeführten Gewässer 15 bis 18 ca. 500 m südwestlich des Vorhabensbereiches festgestellt worden. In den Gewässern 16 und 18 seien für die Knoblauchkröte auch Reproduktionsnachweise erbracht worden. Das strukturreiche Grünland ca. 500 m südwestlich des Vorhabensbereiches sei für Amphibien besonders wertvoll. In diesem Bereich befänden sich mehrere Gräben (Gewässer Nr. 15 - 19), die eine hohe Wasserqualität und eine gut ausgebildete submerse Vegetation aufwiesen. In den Gewässern sei die größte (sich reproduzierende) Knoblauchkrötenpopulation im Untersuchungsgebiet festgestellt worden. Weiterhin sei der im südlichen Randbereich des Untersuchungsgebietes liegende Waldweiher (Gewässer Nr. 1) von hoher Bedeutung für die Amphibien. In dem Gewässer komme auch die Knoblauchkröte vor. Eine Reproduktion der Art in dem Gewässer sei wahrscheinlich. Der Gewässerkomplex ca. 500 m nordöstlich des Vorhabensbereichs (Gewässer Nr. 5 - 12) sei grundsätzlich als wertvoll für Amphibien einzustufen. Neben verschiedenen Gewässertypen fänden sich zahlreiche potentielle Sommer- und Winterquartiere, umgeben von strukturreichem Weidegrünland. In dem größeren Teich (Gewässer Nr. 8) sei die Knoblauchkröte nachgewiesen worden.
Das Landesamt für Umweltschutz hat mit Schreiben vom 28.05.2015 ausgeführt, das Vorkommen der Knoblauchkröte sei mit sieben aktuellen Nachweisen aus dem Jahr 2012 belegt. Die Knoblauchkröte sei im betrachteten Gebiet offensichtlich verbreitet und komme an unterschiedlichen Laichgewässern vor. Die umliegenden Offenlandbereiche (Grünland und Acker) würden großräumig als Landlebensraum genutzt. Die Vielzahl der nachgewiesenen Laichlebensräume lege die Schlussfolgerung nahe, dass eine An- und Abwanderung aus dem Landlebensraum ungerichtet und dezentral erfolge. Eine Vertiefung der Untersuchungen würde, besonders vor dem Hintergrund, dass diese streng nachtaktive Art im Landlebensraum extrem schwer nachweisbar sei, keine zusätzlichen Erkenntnisse erbringen.
Der Senat schließt sich dieser Einschätzung an. Die vorgenommenen Bestandserfassungen bieten ein gutes Bild vom Vorkommen der Knoblauchkröte im Untersuchungsraum. Vertiefte Erkenntnisse, insbesondere zu den Wanderbewegungen, sind durch weitere Untersuchungen nicht zu erwarten.
(2) Entgegen der Auffassung des Klägers ist die Erfüllung des Verbotstatbestandes des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG durch baubedingte Tötungen nicht zu befürchten. Das gilt selbst dann, wenn das Vorkommen der Knoblauchkröte im Baufeld nicht ausgeschlossen ist.
(a) Gemäß § 44 Abs. 5 Satz 1 BNatSchG gelten die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote für nach § 15 Absatz 1 unvermeidbare Beeinträchtigungen durch Eingriffe in Natur und Landschaft, die nach § 17 Absatz 1 oder Absatz 3 zugelassen oder von einer Behörde durchgeführt werden, sowie für Vorhaben im Sinne des § 18 Absatz 2 Satz 1 nach Maßgabe der Sätze 2 bis 5.
Die Voraussetzungen dieser Vorschrift liegen vor. Der mit der Errichtung und dem Betrieb der Hähnchenmastanlage verbundene Eingriff in Natur und Landschaft wurde gemäß § 17 Abs. 1 BNatSchG mit dem angefochtenen Genehmigungsbescheid zugelassen. Die hiermit verbundenen Beeinträchtigungen sind auch i.S.d. § 44 Abs. 5 Satz 1 BNatSchG unvermeidbar. Entscheidend hierfür ist, dass in einem behördlichen Verfahren angemessene Maßnahmen zur Vermeidung und Minderung naturschutzrechtlicher Konflikte festgelegt wurden (vgl. BT-Drs. 18/11939, S. 17). Das ist hier der Fall. Nach der in den Genehmigungsbescheid aufgenommenen Nebenbestimmung 7.1 ist zur Vermeidung erheblicher bauzeitlicher Störungen der Avifauna während der Brutzeit die Vornahme lärmintensiver Bauarbeiten (einschließlich Baufeldfreimachung) nur im Zeitraum von Ende Juli/Anfang August bis Ende Februar/Anfang März gestattet. Durch diese Nebenbestimmung wurden etwaige Beeinträchtigungen der Knoblauchkröte durch Bauarbeiten, insbesondere durch die Baufeldfreimachung, auf unvermeidbare Beeinträchtigungen beschränkt. Die Obere Naturschutzbehörde hat in ihrer Stellungnahme vom 11.12.2012 überzeugend ausgeführt, zur Vermeidung des artenschutzrechtlichen Tötungsverbotes gemäß § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG bestehe zum Zeitpunkt der Amphibienwanderung (Aufsuchen der Gewässer frühestens ab Ende Februar bis Mai) bei Einhaltung der Bauzeitenregelung zum Schutz der Avifauna voraussichtlich kein Handlungsbedarf. Hiernach hätten die lärmintensivsten baulichen Tätigkeiten spätestens zum Märzanfang zu ruhen. Bei Baubeginn um den Zeitraum Ende Juli/Anfang August dürften in Anbetracht einer Bauzeit von ca. 8 Monaten zum Beginn der Amphibienwanderung (frühestens Ende Februar) nur noch Maßnahmen in errichteten Gebäuden in Betracht kommen, die keinerlei Auswirkungen auf die Amphibienwanderung hätten und somit keinerlei Tötungsrisiko bergen. Auch in Bezug auf die Nutzung der Sommer- und Winterlebensräume bestehe bei Einhaltung der Bauzeitenregelung kaum die Gefahr eines erhöhten Tötungsrisikos. Zum einen seien zur eigentlichen Bauzeit (Ende Juli/Anfang August bis Ende Februar/Anfang März) nur einzelne Exemplare auf Landgang und zum anderen dürften zum Zeitpunkt der beginnenden Winterruhe (Bodentemperaturen von 3 bis 4°C) die Tiefbauarbeiten längst abgeschlossen sein.
Die Aufnahme einer weiteren Nebenbestimmung in den Genehmigungsbescheid, mit der die Errichtung von Amphibienzäunen während der Bauphase zum Schutz der Knoblauchkröte angeordnet wird, war nicht erforderlich. Zwar zählen Amphibienleiteinrichtungen zu den typischen Vorkehrungen zur Vermeidung von Beeinträchtigungen (vgl. BT-Drs. 16/12274, S. 58; Guckelberger, in: Frenz/Müggenborg, a.a.O., § 15 RdNr. 16). Auch hat die Beigeladene in der Aktennotiz vom 23.11.2012 selbst vorgeschlagen, zur vollständigen Vermeidung einer Gefährdung von Amphibien während der Bauphase an der nördlichen, südlichen und westlichen Plangebietsgrenze temporär einen Amphibienzaun zu errichten. Amphibienzäune könnten eine Einwanderung währen der Bauphase verhindern, um unvorhersehbare Restrisiken für Einzelindividuen der Knoblauchkröte zu vermeiden. Gleichwohl war die Errichtung von Amphibienzäunen nicht erforderlich. Die Bauzeitregelung zum Schutz der Avifauna erfasst ausdrücklich auch die Baufeldfreimachung. Einer weiteren Nebenbestimmung zum Schutz der Knoblauchkröte bedurfte es nicht, weil Wanderungsbewegungen über das Anlagengelände während der Bauphase sehr unwahrscheinlich und ein hinreichender Schutz bereits durch die Bauzeitregelung gewährleistet war.
(b) Eine signifikante Erhöhung des Tötungs- und Verletzungsrisikos für Exemplare der Knoblauchkröte ist durch den Eingriff oder das Vorhaben nicht gegeben.
Nach § 44 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 BNatSchG, der hier gemäß § 44 Abs. 5 Satz 1 BNatSchG anzuwenden ist, liegt, wenn - wie hier - in Anhang IV Buchstabe a der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführte Tierarten, europäische Vogelarten oder solche Arten betroffen sind, die in einer Rechtsverordnung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 aufgeführt sind, ein Verstoß gegen das Tötungs- und Verletzungsverbot nach Absatz 1 Nummer 1 nicht vor, wenn die Beeinträchtigung durch den Eingriff oder das Vorhaben das Tötungs- und Verletzungsrisiko für Exemplare der betroffenen Arten nicht signifikant erhöht und diese Beeinträchtigung bei Anwendung der gebotenen, fachlich anerkannten Schutzmaßnahmen nicht vermieden werden kann. Die Bedeutung des § 44 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 BNatSchG erschöpft sich darin, die durch das Bundesverwaltungsgericht in gefestigter Rechtsprechung vorgenommene Auslegung des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG positiv-rechtlich zu verankern und zudem festzuhalten, dass Tötungs- und Verletzungsrisiken, die unterhalb der Signifikanzschwelle bleiben, nach Möglichkeit durch die gebotenen, fachlich anerkannten Schutzmaßnahmen vermieden werden müssen (vgl. BayVGH, Beschl. v. 27.11.2017 - 22 CS 17.1574 -, juris RdNr. 32). Denn im Entwurf der Bundesregierung für ein Gesetz zur Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes (vgl. BT-Drs. 18/11939, S. 17) wurde zur Erläuterung des § 44 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 BNatSchG n.F. ausgeführt:
"Die Vorschrift schränkt den Tatbestand des § 44 Absatz 1 Nummer 1 in Übereinstimmung mit der sich namentlich auf betriebs-, aber auch bau- und anlagenbezogene Risiken (z.B. bei Tierkollisionen im Straßenverkehr oder mit Windkraftanlagen, Baufeldfreimachung) beziehenden Rechtsprechung (BVerwGE 134, 166, Rn. 42; BVerwG, Urt. v. 13.05.2009, 9 A 73/07, Rn. 86; BVerwG, Urt. v. 08.01.2014, 9 A 4/13, Rn. 99) dahingehend ein, dass der unvermeidbare Verlust einzelner Exemplare durch ein Vorhaben nicht automatisch und immer einen Verstoß gegen das Tötungsverbot darstellt. Vielmehr setzt ein Verstoß voraus, dass durch das Vorhaben das Tötungsrisiko für Individuen der betroffenen Art signifikant erhöht wird. Der Bedeutungsgehalt von ‚signifikant‘ wird nach der Rechtsprechung in einigen Urteilen auch mit dem Betriff ‚deutlich‘ gleichgesetzt. ... Der in der Praxis bewährte Signifikanzansatz nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu § 44 Absatz 1 Nummer 1 soll mit der Regelung bestätigt werden."
Gemessen daran führen die Errichtung und der Betrieb der geplanten Hähnchenmastanlage nicht zu einem Verstoß gegen das Tötungsverbot. Zwar kann nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts auch eine Baufeldfreimachung den Tötungstatbestand erfüllen, wenn einzelne Tiere im Zuge der Baufeldfreimachung durch den Einsatz schweren Geräts erdrückt werden (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.07.2011 - 9 A 12.10 -, a.a.O. RdNr. 126 ff.). Eine Baufeldfreimachung erfüllt auch dann den Tötungstatbestand, wenn trotz einer Fangaktion ein nicht ganz geringer Teil der geschützten Tiere auf dem vorgesehenen Baufeld verbleibt und zudem ein Teil der eingesammelten und im Ausgleichshabitat ausgesetzten Tiere wieder in ihre angestammten Habitate zurückwandert (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.07.2011 - 9 A 12.10 -, a.a.O. RdNr. 126 ff.). Allerdings gilt auch für Maßnahmen zur Errichtung des Vorhabens eine Bagatellgrenze. Wird das baubedingte Tötungsrisiko durch (im Genehmigungsbescheid festgesetzte) Vermeidungsmaßnahmen bereits bis zur Schwelle des allgemeinen Lebensrisikos, dem die Individuen der jeweiligen Art ohnehin unterliegen, gesenkt, kann nach dem Maßstab praktischer Vernunft keine weitergehende artenschutzrechtliche Verantwortlichkeit bestehen. Wenn allenfalls noch ein ganz geringer Teil der Tiere im Baufeld verbleibt, ist mit der Baufeldfreimachung kein höheres Tötungsrisiko verbunden, als es für einzelne Tiere dieser Art insbesondere mit Blick auf natürliche Feinde auch sonst besteht (vgl. BVerwG, Urt. v. 08.01.2014 - 9 A 4.13 -, juris RdNr. 99; Beschl. v. 06.03.2014 - 9 C 6.12 -, juris RdNr. 58).
So liegt es hier. Es ist bereits unwahrscheinlich, dass sich auf dem Anlagengelände überhaupt einzelne Exemplare der Knoblauchkröte befinden, da bei den Bestandserfassungen dort keine Tiere gefunden wurden. Ebenfalls unwahrscheinlich ist, dass einzelne Knoblauchkröten während der Bauphase in das Anlagengelände einwandern. Die Beigeladene hat in ihrer Aktennotiz vom 23.11.2012 plausibel ausgeführt, dass mögliche Wanderrouten der Knoblauchkröte nur in Südwest-Nordost-Ausrichtung über den Wiepker Bach etwa 450 m nordwestlich des Plangebietes wahrscheinlich seien. Wanderbewegungen im unmittelbaren Einzugsbereich des Vorhabens seien mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auszuschließen. Darüber hinaus wird ein dennoch bestehendes Risiko - wie ausgeführt - durch die Bauzeitregelung zum Schutz der Avifauna weitestgehend minimiert. Das verbleibende Tötungsrisiko für die Knoblauchkröte ist nicht höher als das für einzelne Tiere dieser Art insbesondere mit Blick auf natürliche Feinde auch sonst bestehende Risiko.
Vor diesem Hintergrund bedarf es keiner Vertiefung, ob ein Verstoß gegen das Tötungsverbot des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG die Rechtmäßigkeit der Genehmigung unberührt lässt, weil eine Ausnahme nach § 45 Abs. 7 Satz 1 BNatSchG hätte erteilt werden können (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.07.2011 - 9 A 12.10 -, a.a.O. RdNr. 129; Beschl. v. 08.03.2018 - 9 B 25.17 -, juris RdNr. 23).
bb) Eine Verletzung des Störungsverbots des § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG liegt ebenfalls nicht vor. Nach dieser Vorschrift ist es verboten, wild lebende Tiere der streng geschützten Arten und der europäischen Vogelarten während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten erheblich zu stören; eine erhebliche Störung liegt vor, wenn sich durch die Störung der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art verschlechtert. Hiernach führt die Errichtung der Anlage nicht zu einer erheblichen Störung im Sinne dieser Vorschrift, denn das Vorhaben hat erkennbar keine Populationsrelevanz. Das Landesamt für Umweltschutz hat in seinem Schreiben vom 28.05.2015 ausgeführt, ein relativ geringer Flächenentzug am in großem Umfang zur Verfügung stehenden Landlebensraum verursache keine erheblichen Beeinträchtigungen der lokalen Population. Diese plausible Einschätzung ist rechtlich nicht zu beanstanden und gilt für Störungen i.S.d. § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG entsprechend.
cc) Ein Verstoß gegen das Verbot der Entnahme, Beschädigung oder Zerstörung von Fortpflanzungs- und Ruhestätten der wild lebenden Tiere der besonders geschützten Arten gemäß § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG liegt ebenfalls nicht vor. Er ist gemäß § 44 Abs. 5 Satz 2 Nr. 3 BNatSchG ausgeschlossen. Nach dieser Regelung liegt ein Verstoß gegen das Verbot nach Absatz 1 Nummer 3 nicht vor, wenn die ökologische Funktion der von dem Vorhaben betroffenen Fortpflanzungs- und Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt wird. Der Vorschrift liegt eine funktions- und individuenbezogene Betrachtung zugrunde. Der vorausgesetzte volle Funktionserhalt ist gegeben, wenn für die mit ihren konkreten Lebensstätten betroffenen Exemplare einer Art die von der Lebensstätte wahrgenommene Funktion vollständig erhalten bleibt (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.03.2009 - 9 A 39.07 -, juris RdNr. 67).
Das ist hier der Fall. Nach der Stellungnahme der Oberen Naturschutzbehörde vom 11.12.2012 werden Fortpflanzungsstätten von Amphibien nicht überbaut und auch nicht durch betriebsbedingte Ammoniakimmissionen bzw. Stickstoffdepositionen beschädigt oder zerstört. Ein Entzug von Sommer- und Winterlebensraum durch Überbauung von Acker insbesondere für die Knoblauchkröte sei jedoch möglich, da diese sich zeitweise in den Boden eingrabe (bei Hitze im Sommer meist tagsüber und während der Winterruhezeit von Oktober bis März). Allerdings bevorzuge die Knoblauchkröte eher extensiv bewirtschaftete Flächen und weniger intensiv bewirtschaftete Ackerflächen. Ein Suchraum von etwa 1.000 m um die Laichgewässer könne angenommen werden. Der potentielle Verlust einer räumlich begrenzten Ackerfläche in einer Entfernung von ca. 500 m zu den nächsten Laichhabitaten habe aber nicht zur Folge, dass die ökologische Funktion der Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang nicht mehr erfüllt werden könne. Es stünden besser geeignete Ausweichhabitate in ausreichendem Umfang zur Verfügung. Auf der Grundlage dieser nachvollziehbaren Einschätzung ist ein Verstoß gegen § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG ausgeschlossen.
b) Auch im Hinblick auf den Maulwurf (Talpa europaea) liegt eine Verletzung artenschutzrechtlicher Vorschriften nicht vor.
Gemäß § 44 Abs. 5 Satz 5 BNatSchG liegt bei Handlungen zur Durchführung eines Eingriffs oder Vorhabens kein Verstoß gegen die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote vor, wenn andere besonders geschützte Arten betroffen sind, also nicht die in § 44 Abs. 5 Satz 2 BNatSchG genannten, in Anhang IV Buchstabe a der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführte Tierarten, europäische Vogelarten oder solche Arten, die in einer Rechtsverordnung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 aufgeführt sind.
Hiernach sind die Zugriffsverbote des § 44 Abs. 1 BNatSchG auf das Vorhaben der Beigeladenen im Hinblick auf den Maulwurf nicht anzuwenden. Bei dem Maulwurf handelt es sich um eine "andere besonders geschützte Art" i.S.d. § 44 Abs. 5 Satz 5 BNatSchG. Er ist in Anhang IV Buchst. a der FFH-RL nicht aufgeführt, keine europäische Vogelart und auch nicht in einer Rechtsverordnung nach § 54 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG aufgeführt. Zwar ist er gemäß § 1 Satz 1 der Verordnung zum Schutz wild lebender Tier- und Pflanzenarten (Bundesartenschutzverordnung - BArtSchV) vom 16.02.2005 (BGBl. I S. 258) unter besonderen Schutz gestellt, da er zu den in Anlage 1 Spalte 2 mit einem Kreuz (+) bezeichneten heimischen Säugetieren (Mammalia) gehört. Die BArtSchV ist jedoch keine Rechtsverordnung nach § 54 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG. Sie enthält vielmehr eine Unterschutzstellung aus Gründen der Gefährdung im Inland gemäß § 54 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG. Von der Möglichkeit, Arten gemäß § 54 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG unter besonderen bzw. strengen Schutz zu stellen, für die die Bundesrepublik Deutschland in hohem Maße verantwortlich ist, hat das gemäß § 54 Abs. 1 BNatSchG zuständige Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit bislang keinen Gebrauch gemacht (vgl. Lau, in: Frenz/Müggenborg, a.a.O., § 54 RdNr. 7).
Auch die Voraussetzungen für die Anwendbarkeit des § 44 Abs. 5 Satz 5 BNatSchG auf das Vorhaben der Beigeladenen, die sich aus § 44 Abs. 5 Satz 1 BNatSchG ergeben, liegen vor. Der Eingriff wurde gemäß § 17 Abs. 1 BNatSchG zugelassen und im Hinblick auf den Maulwurf durch die Nebenbestimmung 7.2 auf unvermeidbare Beeinträchtigungen beschränkt. Hiernach ist vor Beginn der Erdarbeiten die Vorhabenfläche erneut auf das Vorkommen von Maulwürfen zu kontrollieren. Sollte dabei eine Besiedelung nachgewiesen werden, ist eine fachgerechte Umsiedlung der betroffenen Individuen durch ein qualifiziertes Fachbüro notwendig. Sollte dennoch - wie der Kläger meint - eine vollständige Umsiedlung von Tieren, die nicht ohne weiteres zu entdecken seien, nicht möglich und eine Rückkehr der Tiere während der Bauphase nicht ausgeschlossen sein, handelt es sich bei den durch das Vorhaben hervorgerufenen Risiken für den Maulwurf um eine gemäß § 44 Abs. 5 Satz 1 BNatSchG zulässige unvermeidbare Beeinträchtigung.
Vor diesem Hintergrund bedarf es keiner Klärung, ob die Umsiedlung von Tieren im Rahmen von Vermeidungsmaßnahmen einen Verstoß gegen das Fangverbot des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG darstellt (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.07.2011 - 9 A 12.10 -, a.a.O. RdNr. 130). Nach dem Privilegierungstatbestand des § 44 Abs. 5 Satz 2 Nr. 2 BNatSchG liegt ein Verstoß gegen das Verbot des Nachstellens und Fangens wild lebender Tiere nicht vor, wenn die Tiere im Rahmen einer erforderlichen Maßnahme, die auf den Schutz der Tiere vor Tötung oder Verletzung gerichtet ist, beeinträchtigt werden und diese Beeinträchtigungen unvermeidbar sind. Hiernach dürfte ein Verstoß gegen das Verbot des Fangens bei Maßnahmen, die im Rahmen vorgezogener Ausgleichsmaßnahmen zur Umsetzung der Tiere unternommen werden, nicht (mehr) vorliegen (vgl. BT-Drs. 18/11939, S. 18).
4. Der Genehmigungsbescheid ist auch nicht wegen eines Verfahrensfehlers i.S.d. § 4 UmwRG aufzuheben. Es liegt weder ein absoluter Verfahrensfehler i.S.d. § 4 Abs. 1 UmwRG noch ein relativer Verfahrensfehler i.S.d. § 4 Abs. 1a UmwRG vor.
Gemäß § 4 Abs. 1 UmwRG kann die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b verlangt werden, wenn
1. eine nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung, nach der Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung bergbaulicher Vorhaben oder nach entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften
a) erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung oder
b) erforderliche Vorprüfung des Einzelfalls zur Feststellung der UVP-Pflichtigkeit
weder durchgeführt noch nachgeholt worden ist,
2. eine erforderliche Öffentlichkeitsbeteiligung im Sinne von § 18 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder im Sinne von § 10 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes weder durchgeführt noch nachgeholt worden ist oder
3. ein anderer Verfahrensfehler vorliegt, der
a) nicht geheilt worden ist,
b) nach seiner Art und Schwere mit den in den Nummern 1 und 2 genannten Fällen vergleichbar ist und
c) der betroffenen Öffentlichkeit die Möglichkeit der gesetzlich vorgesehenen Beteiligung am Entscheidungsprozess genommen hat; zur Beteiligung am Entscheidungsprozess gehört auch der Zugang zu den Unterlagen, die zur Einsicht für die Öffentlichkeit auszulegen sind. Eine durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalls zur Feststellung der UVP-Pflichtigkeit, die nicht dem Maßstab des § 5 Absatz 3 Satz 2 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung genügt, steht einer nicht durchgeführten Vorprüfung nach Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b gleich.
Gemäß § 4 Abs. 1a UmwRG gilt für Verfahrensfehler, die nicht unter Absatz 1 fallen, § 46 des Verwaltungsverfahrensgesetzes. Lässt sich durch das Gericht nicht aufklären, ob ein Verfahrensfehler nach Satz 1 die Entscheidung in der Sache beeinflusst hat, wird eine Beeinflussung vermutet.
a) Entgegen der Auffassung des Klägers waren die ursprünglich ausgelegten Unterlagen nicht unvollständig.
Soweit die ausgelegten Unterlagen nicht i.S.d. § 10 Abs. 3 Satz 1 BImSchG i.V.m. § 8 Abs. 1 Satz 1 der 9. BImSchV vollständig sind, liegt ein Verfahrensfehler i.S.d. § 4 UmwRG vor. Im Hinblick auf die Öffentlichkeitsbeteiligung bestimmen § 10 Abs. 3 Satz 2 BImSchG und § 10 Abs. 1 der 9. BImSchV den Umfang der auszulegenden Unterlagen. Nach § 10 Abs. 3 Satz 2 BImSchG sind der Antrag und die vom Antragsteller vorgelegten Unterlagen, mit Ausnahme der Unterlagen nach Absatz 2 Satz 1, die Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse enthalten, sowie die entscheidungserheblichen Berichte und Empfehlungen, die der Behörde im Zeitpunkt der Bekanntmachung vorliegen, zur Einsicht auszulegen. § 10 Abs. 1 Satz 1 der 9. BImSchV konkretisiert den Umfang dieser Unterlagen. Diese Regelungen beziehen sich nach ihrem Wortlaut auf die tatsächlich vorgelegten Unterlagen. Im systematischen Zusammenhang mit dem Erfordernis des § 7 Abs. 1 der 9. BImSchV, die Unterlagen vor Durchführung des weiteren Verfahrens auf Vollständigkeit zu prüfen und gegebenenfalls auf ihre Vervollständigung hinzuwirken, ist aber davon auszugehen, dass Fehler auf dieser vorgängigen Verfahrensstufe auf die nachfolgende Auslegung der Unterlagen durchschlagen können mit der Folge, dass ein solcher Mangel der Auslegung sich nur durch Einholung ergänzender Unterlagen und erneute Beteiligung der Öffentlichkeit ausräumen ließe (vgl. BVerwG, Urt. v. 28.09.2016 - 7 C 1.15 -, juris RdNr. 19).
Vollständigkeit der Unterlagen im Sinne der genannten Vorschriften ist grundsätzlich dann gegeben, wenn die Unterlagen in einer Weise prüffähig sind, dass sie sich zu allen rechtlich relevanten Aspekten des Vorhabens verhalten und die Behörde in die Lage versetzen, den Antrag unter Berücksichtigung dieser Vorgaben näher zu prüfen. Nicht vollständig sind Unterlagen etwa dann, wenn sie rechtlich relevante Fragen vollständig ausblenden (wie bei einer erforderlichen, aber fehlenden Schallimmissionsschutzprognose für Windenergieanlagen) (vgl. OVG NW, Beschl. v. 23.10.2017 - 8 B 565/17 -, juris RdNr. 25). Es müssen nicht alle Unterlagen, die möglicherweise zur umfassenden Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Vorhabens erforderlich sind, ausgelegt werden, sondern nur solche, die - aus der Sicht der potenziell Betroffenen - notwendig sind, um den Betroffenen das Interesse an der Erhebung von Einwendungen bewusst zu machen (Anstoßwirkung). Ob dazu Gutachten gehören, beurteilt sich nach den Gegebenheiten des Einzelfalles. Sachverständigengutachten sind grundsätzlich dann auszulegen, wenn sich erst aus ihnen Auswirkungen auf die Belange potenziell Betroffener oder anerkannter Vereinigungen ergeben, diese also nur bei Kenntnis des Gutachtens hinlänglich über das Vorhaben und dessen Auswirkungen auf ihre Rechte und Interessen unterrichtet sind und sachkundige Einwendungen erheben oder eine Stellungnahme abgeben können (vgl. BVerwG, Urt. v. 28.11.2017 - 7 A 17.12 -, a.a.O. RdNr. 26). Voraussetzung der Vollständigkeit der Unterlagen ist nicht, dass sie die Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens belegen. Es ist nicht erforderlich, dass ein vorzulegendes Gutachten der Prüfung in jeder Hinsicht standhält und keine weiteren fachlichen Fragen aufwirft. Fachliche Einwände und ein fachliches Nachhaken stehen der Annahme der Vollständigkeit nicht entgegen, sofern die fragliche Unterlage eine fachliche Prüfung überhaupt ermöglicht (vgl. BayVGH, Beschl. v. 16.09.2016 - 22 ZB 16.304 -, juris RdNr. 10; OVG NW, Beschl. v. 23.10.2017 - 8 B 565/17 -, a.a.O. RdNr. 25).
Gemessen daran waren die in der Zeit vom 25.01.2012 bis zum 24.02.2012 ausgelegten Unterlagen vollständig. Sie ließen insbesondere die naturschutzrechtlich relevanten Auswirkungen der geplanten Hähnchenmastanlage deutlich und vollständig erkennen. Die mögliche Beeinträchtigung des FFH-Gebietes "Secantsgraben, Milde und Biese" sowie der nahegelegenen Biotope und Allen durch Ammoniakimmissionen und Stickstoffdepositionen waren auf Grund der Immissionsprognose der (F.) erkennbar. Das gleiche gilt für die artenschutzrechtlich maßgeblichen Auswirkungen der Baumaßnahmen auf die im Umfeld der Anlage lebenden Amphibien. Ohne Belang ist, dass in der ausgelegten Immissionsprognose die habitatschutzrechtlich erforderliche Summationsbetrachtung mit den Immissionen der Biogasanlage fehlte und die Erfassung der im Umfeld der geplanten Anlage vorhandenen Biotope und Amphibien möglicherweise lückenhaft war. Die ausgelegten Unterlagen entfalteten gleichwohl die für ihre Vollständigkeit erforderliche, aber auch ausreichende Anstoßwirkung. Dies zeigt sich gerade an den durch die ausgelegten Unterlagen veranlassten Stellungnahmen des Klägers im Genehmigungsverfahren, in denen sachgerecht auf die Biogasanlage, weitere Biotope sowie die Knoblauchkröte hingewiesen wurde.
b) Eine mögliche Fehlerhaftigkeit der ausgelegten Unterlagen, insbesondere die vom Kläger gerügte mangelhafte Erfassung der Biotope im Umfeld der geplanten Anlage, stellt keinen Verfahrensfehler dar.
Der im UmwRG nicht näher definierte Begriff des Verfahrensfehlers erfasst nur Verstöße gegen Rechtsvorschriften, die die äußere Ordnung des Verfahrens, d.h. den Verfahrensablauf als solchen betreffen (vgl. § 9 VwVfG). Nicht zum äußeren Verfahrensgang in diesem Sinne gehört der durch materiell-rechtliche Vorgaben gesteuerte Prozess der Willens- und Entscheidungsbildung, der sich regelmäßig auf der Grundlage von Fachgutachten vollzieht. Inhaltliche oder methodische Fehler von ausgelegten Fachgutachten sind daher keine Verfahrensfehler (vgl. BVerwG, Urt. v. 28.11.2017 - 7 A 17.12 -, a.a.O. RdNr. 29 ff.). Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Begründung zum Entwurf des Gesetzes zur Änderung des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes zur Umsetzung des Urteils des Europäischen Gerichtshofs vom 7. November 2013 in der Rechtssache C-72/12. Zwar wird hierin zu § 4 Abs. 1 Nr. 3 UmwRG ausgeführt, die Voraussetzungen der Nummer 3 seien wegen fehlender Vergleichbarkeit mit den Verfahrensverstößen nach Nummer 1 und 2 nicht erfüllt, "wenn lediglich einzelne Unterlagen oder Angaben fehlen oder inhaltlich fehlerhaft sind" (vgl. BT-Drs. 18/5927, S. 10). Dieser Passus lässt jedoch nicht den Schluss zu, dass inhaltliche Fehler der Unterlagen nach der Vorstellung des Gesetzgebers relative Verfahrensfehler darstellen. Im Fokus der Ausführungen steht, wie sich aus dem Kontext ergibt, das Bemühen um eine Konturierung der vergleichbaren absoluten Verfahrensfehler im Sinne von § 4 Abs. 1 Nr. 3 UmwRG, nicht aber eine Beschreibung möglicher relativer Verfahrensfehler (vgl. BVerwG, Urt. v. 28.11.2017 - 7 A 17.12 -, a.a.O. RdNr. 38).
Nach diesen Grundsätzen kann dahinstehen, ob die ausgelegten Unterlagen inhaltliche oder methodische Fehler aufwiesen. Es bedarf insbesondere keiner Vertiefung, ob die UVS der (E.) vom 26.08.2011 - gemessen an den Angaben in der Stellungnahme des Herrn Dr. (G.) vom 07.03.2012 - eine fehlerhafte Erfassung der Biotope im Einwirkungsbereich der Anlage enthielt. Selbst wenn dies der Fall gewesen sein sollte, liegt hierin kein Verfahrensfehler i.S.d. § 4 UmwRG.
c) Der Beklagte hat es auch nicht verfahrensfehlerhaft versäumt, eine (erneute) Auslegung der nach Durchführung des Erörterungstermins vom 24.04.2012 nachgereichten Unterlagen, insbesondere der faunistischen Sonderuntersuchung zu Brutvögeln, Amphibien und Reptilien der (K.) GbR vom 24.10.2012 sowie der Bewertung der Ammoniakimmission und Stickstoffdeposition aus der geplanten Hähnchenmastanlage (S.) unter Berücksichtigung des Summationseffektes mit der benachbarten Biogasanlage durch die (F.) vom 25.10.2012, durchzuführen.
Nach § 10 Abs. 3 Satz 3 BImSchG und § 10 Abs. 1 Satz 3 der 9. BImSchV sind Unterlagen, die der zuständigen Behörde erst nach Beginn der Auslegung bis zur Entscheidung über den Genehmigungsantrag zugehen, der Öffentlichkeit nach den Bestimmungen über den Zugang zu Umweltinformationen zugänglich zu machen. Daraus folgt zugleich, dass die Genehmigungsbehörde nicht ohne weiteres verpflichtet ist, nachgereichte Unterlagen (erneut) auszulegen (vgl. BVerwG, Urt. v. 28.09.2016 - 7 C 1.15 -, a.a.O. RdNr. 20; Urt. d. Senats v. 06.07.2016 - 2 L 84/14 -, a.a.O. RdNr. 126). Die genannten Bestimmungen über die Zugänglichmachung nach Beginn der Auslegung bis zur Entscheidung über den Genehmigungsantrag nachgereichter Unterlagen widersprechen auch nicht europäischem Recht, insbesondere werden Regelungen des Art. 6 der Richtlinie 2011/92/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13.12.2011 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (UVP-Richtlinie) (ABl. 2012 L 26, S. 1) nicht verletzt (vgl. BVerwG, Urt. v. 28.09.2016 - 7 C 1.15 -, a.a.O. RdNr. 20; Urt. d. Senats v. 06.07.2016 - 2 L 84/14 -, a.a.O. RdNr. 128). Eine Auslegung der nach Durchführung des Erörterungstermins nachgereichten Unterlagen war damit nicht notwendig.
B. Die Anschlussberufung des Klägers hat keinen Erfolg.
Die Einbeziehung des Verlängerungsbescheides vom 04.05.2018 in das Berufungsverfahren stellt eine Klageänderung dar (vgl. BVerwG, Urt. v. 28.09.2016 - 7 C 1.15 -, juris RdNr. 33). Diese Klageänderung ist zulässig. Gemäß § 125 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 91 VwGO ist eine Klageänderung grundsätzlich auch noch im Berufungsverfahren statthaft. Die Voraussetzungen des § 91 Abs. 1 VwGO liegen vor. Zwar hat der Beklagte der Klageänderung nicht zugestimmt, sie ist jedoch sachdienlich, weil sie der endgültigen Beilegung des sachlichen Streits zwischen den Beteiligten im laufenden Verfahren dient und der Streitstoff im Wesentlichen derselbe bleibt (vgl. BVerwG, Urt. v. 08.12.2016 - 4 CN 4.16 -, juris RdNr. 10). Würde im vorliegenden Verfahren nur eine Entscheidung über die Klage gegen den Genehmigungsbescheid vom 23.04.2013 ergehen und die Zulässigkeit und/oder Begründetheit der Klage gegen den Fristverlängerungsbescheid vom 04.05.2018 offen bleiben, würde für die Beteiligten eine unklare Situation entstehen, die den sachlichen Streit zwischen ihnen weiter verlängern würde.
Der Zulässigkeit der Klageänderung steht auch nicht entgegen, dass eine Klageänderung durch den in erster Instanz obsiegenden Kläger in der Berufungsinstanz nach überwiegender Auffassung nur im Wege der Anschlussberufung nach § 127 VwGO erfolgen kann (vgl. BVerwG, Urt. v. 23.09.2010 - 7 C 20.09 -, juris RdNr. 15; OVG NW, Urt. v. 09.05.2011 - 1 A 1508/07 -, juris RdNr. 45; a.A. VGH BW, Urt. v. 12.03.2015 - 10 S 1169/13 -, juris RdNr. 31 für den Fall, dass der Beklagte den in erster Instanz angefochtenen Verwaltungsakt während des Berufungsverfahrens modifiziert und teilweise ersetzt). Sofern eine Klagänderung nur im Wege einer Anschlussberufung erfolgen kann, hat der Kläger diese mit seinem Schriftsatz vom 24.05.2018 eingelegt. Der Kläger konnte auch noch in zulässiger Weise Anschlussberufung einlegen. Die Frist des § 127 Abs. 2 Satz 2 VwGO wurde nicht in Lauf gesetzt, weil die Berufungsbegründungsschrift der Beigeladenen dem Kläger nicht zugestellt worden ist.
Der Kläger kann den Fristverlängerungsbescheid auch in das laufende Berufungsverfahren einbeziehen. Er ist insbesondere nicht gehalten, hiergegen - entsprechend der dem Bescheid beigefügten Rechtsbehelfsbelehrung - Klage bei dem Verwaltungsgericht Magdeburg zu erheben. Erlässt die Behörde nach Erhebung einer Anfechtungsklage gegen einen von ihr erlassenen belastenden Verwaltungsakt einen neuen, abändernden Verwaltungsakt, hat der Kläger ein Wahlrecht, ob er den nach Erhebung einer Anfechtungsklage erlassenen Bescheid im Wege der Klageänderung nach § 91 VwGO in das anhängige Klageverfahren mit einbezieht oder ob er diesen neuen Bescheid selbständig angreift (vgl. Beschl. d. Senats v. 19.01.2017 - 2 L 2/17 -, juris RdNr. 7 m.w.N.). Dies gilt auch dann, wenn die Behörde einen Verlängerungsbescheid nach § 18 Abs. 3 BImSchG erlässt. Bei einem solchen Verlängerungsbescheid handelt es sich um einen eigenständigen, die ursprüngliche Genehmigung abändernden Verwaltungsakt (vgl. Scheuing/Wirths, in: Koch/Pache/Scheuing, GK-BImSchG, § 18 RdNr. 70). Solange die Genehmigung Gegenstand eines Klageverfahrens ist, kann ein Verlängerungsbescheid in diesen Anfechtungsstreit gegen die Genehmigung einbezogen werden. Im Rahmen der Anfechtung des Genehmigungsbescheids können dann auch gegebenenfalls Verstöße gegen gesonderte rechtliche Anforderungen an die Verlängerung gemäß § 18 Abs. 3 BImSchG geltend gemacht werden (vgl. SaarlOVG, Beschl. v. 24.06.2014 - 2 A 10/14 -, juris RdNr. 14; Jarass, BImSchG, 12. Aufl., § 18 RdNr. 20).
Die Klage gegen den Verlängerungsbescheid des Beklagten vom 04.05.2018 ist jedoch unzulässig. Dem Kläger fehlt die hierfür erforderliche Klagebefugnis.
Die Verlängerung einer Frist i.S.d. § 18 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG durch einen Bescheid gemäß § 18 Abs. 3 BImSchG ist kein zulässiger Gegenstand einer Verbandsklage gemäß § 2 Abs. 1 UmwRG (vgl. Urt. d. Senats v. 28.11.2013 - 2 L 157/12 -, juris RdNr. 47; VG Halle, Urt. v. 28.08.2012 - 4 A 51/10 -, juris RdNr. 469; ThürOVG, Urt. v. 17.06.2015 - 1 LO 369/14 -, juris Rdnr. 77; a.A. VG Weimar, Urt. v. 27.02.2013 - 7 K 224/11 We, juris RdNr. 378; OVG BBg, Beschl. v. 05.09.2014 - OVG 11 WS 44.14 -, juris RdNr. 19; Beschl. v. 22.04.2016 - OVG 11 S 23.15 -, juris RdNr. 31; Jarass, a.a.O., § 18 RdNr. 20).
Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 UmwRG ist dieses Gesetz u.a. anzuwenden auf Rechtsbehelfe gegen Zulassungsentscheidungen im Sinne von § 2 Absatz 6 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung über die Zulässigkeit von Vorhaben, für die nach (a) dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung, (b) der Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung bergbaulicher Vorhaben oder (c) landesrechtlichen Vorschriften eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) bestehen kann. Zulassungsentscheidungen nach § 2 Abs. 6 UVPG sind u.a. die Bewilligung, die Erlaubnis, die Genehmigung, der Planfeststellungsbeschluss und sonstige behördliche Entscheidungen über die Zulässigkeit von Vorhaben, die in einem Verwaltungsverfahren getroffen werden, einschließlich des Vorbescheids, der Teilgenehmigung und anderer Teilzulassungen, mit Ausnahme von Anzeigeverfahren. Die Verlängerung einer Frist gemäß § 18 Abs. 3 BImSchG ist keine Zulassungsentscheidung i.S.d. § 2 Abs. 6 UVPG, insbesondere keine "sonstige behördliche Entscheidung über die Zulässigkeit von Vorhaben". Zwar ist bei einer Entscheidung über eine solche Verlängerung im Rahmen des Tatbestandsmerkmals der Zweckgefährdung auch kursorisch das Fortbestehen der Genehmigungsvoraussetzungen zu prüfen (vgl. BVerwG, Urt. v. 28.10.2010 - 7 C 2.10 - juris Rn. 17; Urt. v. 21.12.2017 - 4 C 7.16 -, juris RdNr. 23). Die Genehmigungsentscheidung, die Gegenstand der Umweltverbandsklage nach § 2 Abs. 1 UmwRG sein kann, ist jedoch nicht der Verlängerungsbescheid, der nur die in dem Genehmigungsbescheid gesetzte Frist betrifft, sondern die Genehmigung gemäß § 4 BImSchG (vgl. auch BVerwG, Urt. v. 28.09.2016 - 7 C 1.15 -, a.a.O. RdNr. 29, wonach im immissions-schutzrechtlichen Verfahren als Gegenstand der Umweltverbandsklage nach § 2 Abs. 1 UmwRG die Zulassungsentscheidung nach § 4 BImSchG, die Teilgenehmigung nach § 8 BImSchG und der Vorbescheid nach § 9 BImSchG in Betracht kommen).
Die Voraussetzungen einer Klage nach § 2 Abs. 1 UmwRG gegen einen Verlängerungsbescheid liegen auch deshalb nicht vor, weil für das Verfahren auf Erlass eines Verlängerungs-bescheids keine Öffentlichkeitsbeteiligung vorgesehen ist. Wie sich aus § 2 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a UmwRG ergibt, ist ein Rechtsbehelf in Verfahren nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 2b UmwRG nur zulässig gegen Entscheidungen, die in einem Verfahren mit Öffentlichkeits-beteiligung getroffen werden. Eine solche Entscheidung liegt hier nicht vor. Bei Erlass eines Verlängerungsbescheids nach § 18 Abs. 3 BImSchG bedarf es keiner Öffentlichkeitsbeteiligung (vgl. BVerwG, Urt. v. 28.09.2016 - 7 C 1.15 -, a.a.O. RdNr. 29; Jarass, a.a.O., § 18 RdNr. 20; a.A. OVG BBg, Beschl. v. 05.09.2014 - OVG 11 WS 44.14 -, a.a.O. RdNr. 23).
Die Klage ist auch nicht gemäß § 2 Abs. 1 UmwRG als Klage gegen die Unterlassung einer Entscheidung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG zulässig (vgl. VG Halle, Urt. v. 28.08.2012 - 4 A 51/10 -, a.a.O. RdNr. 472; a.A. OVG BBg, Beschl. v. 22.04.2016 - OVG 11 S 23.15 -, a.a.O. RdNr. 31). Zwar findet das UmwRG gemäß § 1 Abs. 1 Satz 2 UmwRG auch Anwendung, wenn ein rechtswidriges Unterlassen einer Entscheidung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 UmwRG vorliegt. Das ist etwa dann der Fall, wenn für ein Vorhaben zwar eine behördliche Zulassungsentscheidung ergangen ist, jedoch anders als gesetzlich vorgeschrieben nicht in der Form einer rechtsbehelfsfähigen Entscheidung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 UmwRG. Die Rechtsbehelfsmöglichkeiten nach dem UmwRG sollen nicht durch Formenmissbrauch umgangen werden können. Ein solcher Formenmissbrauch liegt hier nicht vor. Die Anlage der Beigeladenen wurde vielmehr mit der angefochtenen Genehmigung vom 23.04.2013 zugelassen. Hierbei handelt es sich um eine Entscheidung, gegen die ein Rechtsbehelf nach dem UmwRG grundsätzlich möglich ist. Ein Formenmissbrauch, der als Unterlassung im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 2 UmwRG anzusehen ist, liegt auch nicht in dem Erlass des Verlängerungsbescheids nach § 18 Abs. 3 BImSchG. Hierbei handelt es sich vielmehr um die nach dem Gesetz einschlägige Handlungsform bei Ablauf der in der Genehmigung gesetzten Frist. Eine solche Verlängerung ist auch nicht bei jeder immissionsschutzrechtlichen Genehmigung erforderlich, sondern nur in den Fällen, in denen die Behörde von dem ihr gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG eingeräumten Ermessen Gebrauch macht und bestimmt, dass die Genehmigung erlischt, wenn nicht innerhalb einer bestimmten Frist mit der Errichtung oder dem Betrieb der Anlage begonnen wird. Die Rechtmäßigkeit der Verlängerungsentscheidung kann im Rahmen des § 1 Abs. 1 Satz 2 UmwRG nicht Gegenstand der Umweltverbandsklage sein, da dies zu einer Umgehung der Regelungen der §§ 1 Abs. 1 Satz 1, 2 Abs. 1 UmwRG führen würde, die eine Klage gegen einen Verlängerungsbescheid nach § 18 Abs. 3 BImSchG gerade nicht vorsehen. Hierdurch werden die Rechtsbehelfsmöglichkeiten des Klägers auch nicht vereitelt, denn die von ihm geltend gemachte Rechtswidrigkeit des Genehmigungsbescheides kann im Rahmen der von ihm hiergegen erhobenen Verbandsklage überprüft werden.
Entgegen der Auffassung des Klägers ergibt sich die Anwendbarkeit des UmwRG auf den Verlängerungsbescheid des Beklagten vom 04.05.2018 gemäß § 18 Abs. 3 BImSchG auch nicht aus § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 UmwRG. Hiernach ist das UmwRG auch anzuwenden auf Verwaltungsakte, durch die andere als in den Nummern 1 bis 2b genannte Vorhaben unter Anwendung umweltbezogener Rechtsvorschriften des Bundesrechts, des Landesrechts oder unmittelbar geltender Rechtsakte der Europäischen Union zugelassen werden. Die Vorschrift ist nicht einschlägig, denn das maßgebliche Vorhaben der Errichtung und des Betriebs einer Hähnchenmastanlage ist bereits von § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG erfasst, da für die Anlage gemäß Nr. 7.3.1 der Anlage 1 zum UVPG eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung besteht.
Anders als der Kläger meint ergibt sich seine Klagebefugnis gegen den Verlängerungsbescheid auch nicht aus Art. 9 Abs. 2 i.V.m. Abs. 6 Abs. 1 Buchst. b des Übereinkommens vom 25.06.1998 über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten (Aarhus-Übereinkommen <Aarhus-Konvention - AK>; Gesetz vom 09.12.2006, BGBl. II S. 1251). Nach Art. 9 Abs. 2 Satz 1 AK stellt jede Vertragspartei im Rahmen ihrer innerstaatlichen Rechtsvorschriften sicher, dass Mitglieder der betroffenen Öffentlichkeit, die (a) ein ausreichendes Interesse haben oder alternativ (b) eine Rechtsverletzung geltend machen, sofern das Verwaltungsprozessrecht einer Vertragspartei dies als Voraussetzung erfordert, Zugang zu einem Überprüfungsverfahren vor einem Gericht und/oder einer anderen auf gesetzlicher Grundlage geschaffenen unabhängigen und unparteiischen Stelle haben, um die materiell-rechtliche und verfahrensrechtliche Rechtmäßigkeit von Entscheidungen, Handlungen oder Unterlassungen anzufechten, für die Artikel 6 und - sofern dies nach dem jeweiligen inner-staatlichen Recht vorgesehen ist und unbeschadet des Absatzes 3 - sonstige einschlägige Bestimmungen dieses Übereinkommens gelten. Zwar gewährt Art. 9 Abs. 2 AK nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs Umweltschutzorganisationen, die den in Art. 2 Nr. 5 AK genannten Anforderungen genügen, ein Recht auf einen Rechtsbehelf, soweit dieser gegen eine Entscheidung gerichtet ist, die in den Anwendungsbereich von Art. 9 Abs. 2 AK fällt (vgl. EuGH, Urt. v. 08.11.2016 - C-243/15 -, juris RdNr. 55). Der Verlängerungsbescheid vom 04.05.2018 ist jedoch keine Entscheidung, die in den Anwendungsbereich des Art. 9 Abs. 2 AK fällt. Art. 9 Abs. 2 AK erfasst u.a. Entscheidungen, Handlungen und Unterlassungen, für die Art. 6 AK gilt. Art. 6 Abs. 1 Buchst. a AK erfasst Entscheidungen über die Zulassung von in Anhang I aufgeführten geplanten Tätigkeiten. Hierunter fällt der Verlängerungsbescheid nicht, denn hierbei handelt es sich nicht um eine Zulassungsentscheidung. Art. 6 Abs. 1 Buchst. b Satz 1 AK erfasst Entscheidungen über nicht in Anhang I aufgeführte geplante Tätigkeiten, die eine erhebliche Auswirkung auf die Umwelt haben können. Auch hierzu gehört der Verlängerungsbescheid nicht, denn er erfasst eine in Anhang I Nr. 15 Buchst. a AK aufgeführte Tätigkeit.
C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 und 3 i.V.m. § 155 Abs. 1 Satz 1 und 3 VwGO (vgl. BVerwG, Beschl. v. 20.01.2004 - 4 B 112.03 -, a.a.O. RdNr. 9).
D. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 709 Satz 1 und 2 ZPO.
E. Die Revision wird zugelassen, soweit die Anschlussberufung des Klägers zurückgewiesen wird. Insoweit hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Ein Revisionsverfahren kann zur Klärung der Frage beitragen, ob sich die Klagebefugnis anerkannter Umweltverbände nach § 2 Abs. 1 UmwRG auch auf Verlängerungsbescheide gemäß § 18 Abs. 3 BImSchG bezieht. Im Übrigen wird die Revision nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht gegeben sind.