Bayerischer VGH, Beschluss vom 10.02.2016 - 22 ZB 15.2329
Fundstelle
openJur 2019, 41053
  • Rkr:
Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

III.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 15.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Beigeladene erhielt vom Landratsamt E.-... mit zwei Bescheiden jeweils vom 7. November 2014 immissionsschutzrechtliche Genehmigungen zur Errichtung und zum Betrieb von je einer Windkraftanlage vom Typ Nordex N 117. Die eine Windkraftanlage (sog. WKA 1) soll auf den Grundstücken FlNrn. 1697 und 1698 der Gemarkung K. gebaut werden, die andere (sog. WKA 5) auf den Grundstücken FlNrn. 1702 und 1703 der Gemarkung K. Die Anlagen sollen eine maximale Nennleistung von 2400 kW, eine Nabenhöhe von 140,60 m, einen Rotordurchmesser von 116,80 m sowie eine Gesamthöhe von 199 m haben. Die Standorte liegen auf einer bewaldeten Anhöhe nördlich über dem Ortsteil D.

Immissionsschutzrechtlich seit August 2014 genehmigt ist eine weitere Windkraftanlage (sog. WKA 4). Diese Genehmigung ist bestandskräftig. Die WKA 4 liegt jeweils etwa 2 km östlich von der WKA 1 und der WKA 5 entfernt.

Die Klägerin ist Eigentümerin des Wohngrundstücks FlNr. 1598 der Gemarkung K. Das Grundstück liegt am nördlichen Ortsrand der Ortschaft D. in einem Gebiet, das unstreitig eine dorfgebietstypische Nutzung aufweist. Das Wohnhaus liegt ca. 1240 m südlich der WKA 1 und ca. 880 m südlich der WKA 5. Die Wohn- und Schlafräume liegen nach Angaben der Klägerin Richtung Norden, ebenso eine Terrasse.

Die Klägerin erhob gegen die beiden Bescheide vom 7. November 2014 Anfechtungsklagen zum Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach. Die Klagen wurden abgewiesen (Urteil vom 16.9.2015).

Die Klägerin hat die Zulassung der Berufung beantragt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Aus den insoweit maßgeblichen Darlegungen der Klägerin (§ 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO) ergeben sich die geltend gemachten Zulassungsgründe nicht.

A. Dies gilt zunächst für die geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils, aber auch für die ebenfalls geltend gemachten besonderen rechtlichen Schwierigkeiten der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 VwGO).

1. Erforderlichkeit einer standortbezogenen Vorprüfung des Einzelfalls:

Die Klägerin macht geltend, nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (sie zitiert das Urteil vom 18.6.2015 - 4 C 4.14 - NVwZ 2015, 1458) sei eine standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls dann erforderlich, wenn durch das Hinzutreten von Anlagen maßgebliche Schwellenwerte i. S. v. § 3b Abs. 2 Sätze 2 und 3 i. V. m. § 3c Satz 5 UVPG erreicht oder überschritten würden. Dies sei hier der Fall. Zu der im August 2014 genehmigten sog. WKA 4 würden nun die beiden streitgegenständlichen Anlagen hinzutreten; dadurch werde der maßgebliche Prüfwert in Nr. 1.6.3 der Anlage 1 zum UVPG erreicht. Von einander überschneidenden Einwirkungsbereichen sei nach der Rechtsprechung des OVG NRW (sie zitiert den Beschluss vom 24.6.2015 - 8 B 315/15 -) auszugehen, weil die weiteren Prüfbereiche für kollisionsgefährdete Vogelarten bzw. Tierarten nach dem sog. Bayerischen Windkrafterlass vom 20. Dezember 2011 einander überschneiden würden. Vorkommen des Rotmilans und von Fledermäusen seien nachgewiesen. Der hiervon abweichende Ansatz des Verwaltungsgerichts, insofern auf das Zehnfache des Rotordurchmessers abzustellen, sei fehlerhaft. Dieser Vortrag der Klägerin rechtfertigt die Zulassung der Berufung nicht.

Mit ihrem vom Ansatz des Verwaltungsgerichts abweichenden Ansatz werden schon deshalb keine schlüssigen Gegenargumente vorgetragen, weil die von der Klägerin in Bezug genommene Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (a. a. O. Rn. 25 f.), der der Verwaltungsgerichtshof gefolgt ist (B. v. 10.12.2015 - 22 CS 15.2247 - Rn. 35 ff.), mehr verlangt als die Möglichkeit von Umweltauswirkungsüberschneidungen. Denn § 3b Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 UVPG verlangt eine Ausführung "auf demselben Betriebs- oder Baugelände" und eine Verbindung "mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen". Dies setzt einen räumlich-betrieblichen Zusammenhang bzw. einen funktionalen und wirtschaftlichen Bezug der einzelnen Anlagen aufeinander voraus. Angesichts eines Abstands der WKA 4 zu den hier streitgegenständlichen Windkraftanlagen WKA 1 und WKA 5 von 2000 m bzw. 1900 m versteht sich jedenfalls nicht von selbst, dass dergleichen im vorliegenden Fall zu bejahen ist. Entsprechende Darlegungen im Zulassungsantrag sind daher unverzichtbar. Ohne solche Darlegungen kann die Zulassung der Berufung unter diesem Gesichtspunkt nicht erreicht werden.

2. Durchführung einer standortbezogenen Vorprüfung des Einzelfalls:

Die Klägerin macht weiter geltend, die vom Landratsamt durchgeführte standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls nach § 3c Satz 2 UVPG sei fehlerhaft durchgeführt worden. Zum einen beziehe sie sich lediglich auf die beiden streitgegenständlichen Windkraftanlagen. Zum andern sei das Ergebnis, vorliegend keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen, nicht nachvollziehbar i. S. v. § 3a Satz 4 UVPG. Dem kann ebenfalls nicht gefolgt werden.

Die vom Landratsamt durchgeführte standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls hatte alle drei in Betracht kommenden Windkraftanlagen einbezogen (vgl. Dokumentation Bl. 230 der VG-Akte AN 11 K 14.1823). Dass unter Landschaftsschutzgesichtspunkten wohl nur zwei von diesen Windkraftanlagen, nämlich die hier strittigen, schwerpunktmäßig in Betracht gezogen wurden, ist nachvollziehbar, denn nur diese zwei liegen in einem Landschaftsschutzgebiet. Die Regelungen in einer Landschaftsschutzgebietsverordnung beziehen sich nur auf die Grundstücke, die innerhalb der Grenzen des Landschaftsschutzgebiets liegen (vgl. dazu BVerwG, B. v. 8.5.2008 - 4 B 28/08 -).

Das Verwaltungsgericht hat zwar auch nach Ansicht der Klägerin zutreffend festgestellt, dass hier ein gebietsbezogenes Schutzkriterium nach Nr. 2.3.4 der Anlage 2 zum UVPG vorliege (Landschaftsschutzgebiet "Naturpark Steigerwald"). Der Auffassung der Klägerin, jede Errichtung von Anlagen in einem Landschaftsschutzgebiet, die nach der Schutzgebietsverordnung grundsätzlich unzulässig sei, bedürfe einer UVP, kann aber nicht gefolgt werden. Diese Rechtsbehauptung findet im UVPG und seiner Anlage 2 keine Stütze. Nach § 3c Satz 2 UVPG entbindet die Feststellung besonderer örtlicher Gegebenheiten nicht von der weiteren Prüfung, ob erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen zu erwarten sind. Die ökologische Empfindlichkeit eines Gebiets ist nach dem Eingangssatz von Nr. 2 der Anlage 2 zum UVPG zwar unter besonderer Berücksichtigung u. a. von Landschaftsschutzgebieten zu beurteilen, in solchen Fällen aber gerade nicht zwingend zu bejahen. Den in Anlage 2 zum UVPG enthaltenen Kriterien kommt für die Beantwortung der Frage nach der Erheblichkeit nachteiliger Umweltauswirkungen daher keine maßgebliche Bedeutung zu. Sie dienen als "Checkliste" lediglich der systematischen und strukturierenden Aufbereitung des Sachverhalts, der anschließend von der Behörde einer Erheblichkeitseinschätzung zu unterziehen ist (OVG LSA, B. v. 18.5.2015 - 2 M 33/15 - NVwZ-RR 2015, 809/812).

Das Verwaltungsgericht hat die Auffassung vertreten, dass die Einschätzung des Landratsamts, wie sie in der Dokumentation über die Durchführung und das Ergebnis der standortbezogenen Vorprüfung des Einzelfalls zum Ausdruck komme, keinen Bedenken begegne. Die Größe des Schutzgebiets, die Randlage der strittigen Windkraftanlagen, die Vorbelastung des Bereichs durch eine Biogasanlage und durch Gewerbehallen sollen danach die Erheblichkeit der zu erwartenden Umweltauswirkungen auf das Landschaftsschutzgebiet entfallen lassen. Die Klägerin trägt dazu zwar vor, dass auf die Schwere, die Komplexität, die Wahrscheinlichkeit und die Reversibilität der Auswirkungen hätte eingegangen werden müssen, was nicht geschehen sei. Eine hinreichend konkrete Darlegung der Erheblichkeit der zu erwartenden Umweltauswirkungen auf das Landschaftsschutzgebiet liegt darin aber nicht, weil auf die konkrete Argumentation des Verwaltungsgerichts nicht eingegangen wird. Die gerichtliche Nachprüfung erstreckt sich zwar auf die Kontrolle, ob die Behörde den Rechtsbegriff der Erheblichkeit zutreffend ausgelegt hat (BVerwG, U. v. 17.12.2013 - 4 A 1/13 - NVwZ 2014, 669 Rn. 32). Erheblichkeit liegt nicht erst dann vor, wenn die Umweltauswirkungen so gewichtig sind, dass sie nach Einschätzung der Behörde zu einer Versagung der Zulassung führen können (BVerwG a. a. O. Rn. 37), sondern schon dann, wenn im Zeitpunkt der Vorprüfung ein Einfluss auf die Zulassungsentscheidung nicht ausgeschlossen werden kann (BVerwG a. a. O. Rn. 38). Weil ein derartiger Einfluss strenggenommen fast nie ausgeschlossen werden kann, dies aber zu einer Verfehlung der verfahrenslenkenden Funktion der Vorprüfung des Einzelfalls führen würde, ist eine Gewichtung der abwägungserheblichen Belange unter den Aspekten des Ausmaßes, der Schwere und der Komplexität möglicher Auswirkungen nötig (Anlage 2 Nr. 3 zum UVPG, vgl. auch BVerwG, U. v. 25.6.2014 - 9 A 1/13 - NVwZ 2015, 85 Rn. 22). Wenn das Verwaltungsgericht meint, diesen Einfluss im Hinblick auf die Größe des Schutzgebiets, die Randlage der strittigen Windkraftanlagen und die Vorbelastung des Bereichs durch eine Biogasanlage und Gewerbehallen ausschließen zu können, dann muss die Klägerin darlegen, was hieran gemessen an dem materiellen Landschaftsschutzrecht falsch sein könnte. Daran fehlt es hier.

Das Verwaltungsgericht hat weiter die Auffassung vertreten, da hier keine erheblichen Umweltauswirkungen auf eines der in Anlage 2 Nr. 2.3 zum UVPG genannten Schutzgebiete möglich erscheine, stelle sich die Frage der Betroffenheit konkreter Vogelarten nicht. Die Klägerin macht dazu geltend, das Landratsamt habe die Entscheidung, welche Unterlagen bei der Vorprüfung des Einzelfalls zugrunde zu legen seien, offensichtlich rechtsfehlerhaft vorgenommen. Eine bewusste Entscheidung, welche Unterlagen herangezogen werden sollten, sei nicht aktenkundig. Abgesehen davon müsse das Landratsamt bei der Entscheidung alle relevanten Erkenntnisse zugrunde legen und dürfe nicht gerade die Informationen, die eine weitergehende Prüfung begründen könnten, bereits von vornherein aus der Entscheidungsfindung ausklammern. Danach hätte das Landratsamt jedenfalls die spezielle artenschutzrechtliche Prüfung bei der standortbezogenen Vorprüfung des Einzelfalls einbeziehen müssen, was offensichtlich nicht geschehen sei. Danach hätte das Landratsamt erkennen müssen, dass erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen auf die Tierarten Fledermaus und Rotmilan zu erwarten seien. Dieser Vortrag geht an der Grundaussage des Verwaltungsgerichts vorbei, dass sich bei einer standortbezogenen Vorprüfung des Einzelfalls die Frage der Betroffenheit konkreter Vogelarten so lange nicht stelle, als erhebliche Umweltauswirkungen auf eines der in Anlage 2 Nr. 2.3 genannten Schutzgebiete nicht als möglich erschienen. Legt man diese von der Klägerin nicht substantiiert in Frage gestellte Rechtsauffassung zugrunde, sind die Ausführungen der Klägerin nicht entscheidungserheblich.

3. Verletzung des artenschutzrechtlichen Tötungsverbots des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG:

Soweit sich die Klägerin unmittelbar auf das artenschutzrechtliche Tötungsverbot des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG bezieht, hat sie lediglich deutlich gemacht, dass es sich hier um ein europa- und sogar weltweites öffentliches Interesse handle, nicht aber, weshalb diese Verbotsnorm auch den Interessen eines von der Allgemeinheit abgegrenzten Kreises von Privatpersonen zu dienen bestimmt sein könnte, so dass hinreichende Darlegungen zum drittschützenden Charakter dieser Rechtsnorm fehlen.

4. Unzureichender Lärmschutz:

Die Klägerin macht geltend, die Gesamtbelastung der Klägerin durch Lärm sei fehlerhaft ermittelt worden. Die Vorbelastungen seien nicht ermittelt worden. Der von der Klägerin vorgelegte Messbericht eines privaten Sachverständigen bestätige bezüglich der Vorbelastung einen Beurteilungspegel für die lauteste Nachtstunde von mindestens 45,5 dB(A). Weitere Lärmimmissionen dürften nicht mehr hinzutreten, so dass die Genehmigung der strittigen Windkraftanlagen gegen § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG verstoße.

Das Verwaltungsgericht hat den vorgelegten Messbericht für unbrauchbar gehalten aus Gründen, die die Beigeladene in einem Schriftsatz vom 21. Juli 2015 (Bl. 185 der VG-Akte AN 11 K 14.1823) vorgetragen hat, auf den das Verwaltungsgericht ausdrücklich Bezug genommen hat. Danach hat der von der Klägerin eingeschaltete private Sachverständige entgegen Nr. A.1.3 Buchst. a des Anhangs zur TA Lärm eine Innenraummessung vorgenommen, die für die Frage des Umfangs der Vorbelastung nicht aussagekräftig ist. Außerdem hat der Sachverständige entgegen Nr. 2.4 Abs. 1 der TA Lärm in die Vorbelastung nicht nur die Anlagen einbezogen, für die die TA Lärm gilt, sondern auch die Anwohnerin selbst oder deren Besucher, deren Anliegerverkehr sowie land- oder forstwirtschaftliche Fahrzeuge. Der Betrieb landwirtschaftlicher Maschinen fällt wegen seiner Privilegierung nach Nr. 1 Abs. 2 Buchst. c der TA Lärm aber nicht in deren Anwendungsbereich (vgl. dazu auch BayVGH, B. v. 4.3.2015 - 22 CS 15.33 und 34 - Rn. 17). Die Klägerin hat sich mit dieser Argumentation nicht auseinandergesetzt. Abgesehen davon hat sie auch nicht substantiiert in Frage gestellt, dass die Zusatzbelastung durch die beiden strittigen Windkraftanlagen den für die Nachtzeit maßgeblichen Immissionsrichtwert von 45 dB(A) um mehr als 6 dB(A) unterschreitet, so dass es auf eine Überschreitung des Immissionsrichtwerts aufgrund der Vorbelastung gar nicht mehr ankommt (vgl. Nr. 3.2.1 Abs. 2 der TA Lärm).

5. Optisch bedrängende Wirkung:

Die Klägerin macht eine gegen das bauplanungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme (§ 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB) verstoßende optisch bedrängende Wirkung geltend für ihren 2000 m² großen, nordöstlich bis südlich ausgerichteten Garten und den Wintergarten ihres Anwesens, vor allem in der unbelaubten Jahreszeit, nicht zuletzt auch durch nächtliche Blinkfeuer.

Das Verwaltungsgericht hat insofern bei einer Entfernung der nächstgelegenen, knapp 200 m hohen WKA 5 von 880 m keine Indikation für eine optisch bedrängende Wirkung angenommen, zumal die Sichtbarkeit vom Wohnhaus der Klägerin aus ohnehin sehr einschränkt sei.

Diese auf eine sog. Ortsinformation vom 28. Juli 2015 gestützte richterliche Überzeugungsbildung (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) vermochte die Klägerin nicht durchgreifend in Frage zu stellen (vgl. zu den rechtlichen Grenzen richterlicher Überzeugungsbildung BayVGH, B. v. 14.3.2013 - 22 ZB 16.103 und 104 - Rn. 11). Die bloße Erkennbarkeit vom Wintergarten aus ist optisch bedrängender Wirkung nicht gleichzusetzen. Dass die Nutzung eines Gartens mit 2.000 m² Fläche und nord-östlich bis südlicher Ausrichtung allein dadurch unzumutbar beeinträchtigt wird, dass allein bei Blickrichtung Richtung Norden die strittigen Windkraftanlagen direkt, massiv und erhöht zu sehen sein sollen, ist nicht nachvollziehbar. Daran ändern auch die von der Klägerin befürchteten Belästigungen durch Blinkfeuer nichts; dass diese die Erheblichkeitsschwelle und damit die Zumutbarkeitsschwelle überschreiten könnten, hat die Klägerin lediglich behauptet, nicht aber nachvollziehbar belegt. Blinkfeuer können vor allem während der Nacht wahrgenommen werden, während Gärten üblicherweise während der Tagzeit genutzt werden. Im Wohnhaus der Klägerin hingegen kann es ohnehin nicht zu einer optisch bedrängenden Wirkung kommen, vor allem im Hinblick auf die vom Verwaltungsgericht festgestellte nur sehr eingeschränkte Sichtbarkeit vom Wohnhaus und damit auch von den Wohn- und Schlafräumen der Klägerin aus.

6. Kumulatives Zusammenwirken einzelner Immissionen:

Die Klägerin macht geltend, dass das zeitgleiche Zusammenwirken von periodischem Schattenwurf und periodischem Lärm besonders gravierende Effekte haben könne. Hinzu kämen Blinkfeuer und Beeinträchtigungen durch rote Markierungen an den Rotorblättern.

Das Verwaltungsgericht hat dazu festgestellt, dass das Anwesen der Klägerin nicht in relevanter Weise durch Schattenwurf tangiert werde, was angesichts der Lage im Süden der strittigen Windkraftanlagen naheliegt. Die Klägerin bestreitet dies zwar, führt dies aber nicht näher aus. Im Übrigen ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs und nach dem rechtswissenschaftlichen Schrifttum davon auszugehen, dass sich das Erfordernis, die Gesamtbelastung eines Schutzguts durch Immissionen zu berücksichtigen, grundsätzlich auf die einzelnen Immissionsarten beschränkt (vgl. BayVGH, B. v. 13.10.2015 - 22 ZB 15.1186 - Rn. 69 m. w. N.). Dass aufgrund der Schutzpflicht, die der öffentlichen Gewalt in Bezug auf die Grundrechte obliegt, hier etwas anderes gelten könnte, lässt sich den Darlegungen der Klägerin nicht entnehmen.

B. Was die von der Klägerin für grundsätzlich klärungsbedürftig gehaltene Frage (vgl. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) angeht, in welchem Umkreis von der Überschneidung von Wirkungsbereichen von Windkraftanlagen auszugehen ist, hat die Klägerin deren Entscheidungserheblichkeit und Klärungsfähigkeit im vorliegenden Fall nicht dargelegt. Wie oben unter A.1 ausgeführt, verlangt die von der Klägerin angeführte Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts mehr als Wirkungsbereichsüberschneidungen, nämlich auch einen räumlich-betrieblichen Zusammenhang bzw. einen funktionalen und wirtschaftlichen Bezug. Dass dergleichen hier trotz des großen Abstands der WKA 4 zu den hier streitgegenständlichen Anlagen WKA 1 und WKA 5 gegeben sein könnte, versteht sich nicht von selbst und ergibt sich aus den Darlegungen der Klägerin nicht. Damit ist auch nicht erkennbar, inwieweit es hier auf Wirkungsbereichsüberschneidungen ankommen sollte.

C. Was die von der Klägerin geltend gemachte Abweichung des Verwaltungsgerichts von dem vom Bundesverwaltungsgericht aufgestellten Rechtssatz angeht, dass es einer Prüfung nach den Vorgaben des UVPG dann bedürfe, wenn durch Hinzutreten von Anlagen maßgebliche Schwellenwerte i. S. v. § 3b Abs. 2 Sätze 2 und 3 i. V. m. § 3c Satz 5 UVPG erreicht oder überschritten würden, so ist diese Abweichung (vgl. § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO) nicht i. S. v. § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 dargelegt. Das Verwaltungsgericht hat diesen Rechtssatz nicht in Frage gestellt, sondern lediglich ein "Hinzutreten" von Anlagen verneint.

D. Was die von der Klägerin geltend gemachten Verfahrensfehler (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) angeht, so ist zunächst auszuführen, dass es keinen Verfahrensfehler darstellt, wenn im die Klägerin betreffenden Urteil auf Sachvortrag anderer, den selben Verwaltungsakt bekämpfender Kläger eingegangen wird.

Dass der in der mündlichen Verhandlung gestellte Antrag der Klägerin, zum Beweis unzumutbarer Lärmbelästigungen ein Sachverständigengutachten einzuholen, verfahrensfehlerhaft abgelehnt worden ist, ergibt sich aus den Darlegungen der Klägerin nicht. Warum sich das Verwaltungsgericht nicht auf die von der Beigeladenen vorgelegten Gutachten und die vom Umweltingenieur des Landratsamts gefertigten Stellungnahmen (zuletzt vom 9.7.2015, Bl. 180 der VG-Akte AN 11 K 14.1823) stützen durfte, legt die Klägerin nicht konkret dar. Pauschale Bezugnahmen auf erstinstanzliches Vorbringen genügen insofern nicht. Auch ein Aufklärungsmangel (§ 86 Abs. 1 VwGO) kann so nicht dargelegt werden.

Dass der in der mündlichen Verhandlung gestellte Antrag der Klägerin, zum Beweis unzumutbarer Beeinträchtigungen durch das Zusammenwirken von Immissionen ein Sachverständigengutachten einzuholen, verfahrensfehlerhaft abgelehnt worden ist, ergibt sich aus den Darlegungen der Klägerin ebenfalls nicht. Nach den eigenen Darlegungen der Klägerin hat das Verwaltungsgericht diese Fragestellung für materiell-rechtlich unerheblich gehalten. Auf der Grundlage dieser materiell-rechtlichen Auffassung kann die Ablehnung des Beweisantrags nicht verfahrensfehlerhaft sein. Aus dem gleichen Grund kann auch kein Aufklärungsmangel i. S. v. § 86 Abs. 1 VwGO vorliegen (vgl. BVerwG, U. v. 24.10.1984 - 6 C 49.84 - BVerwGE 70, 216, 220 f.).

Kosten: § 154 Abs. 2 VwGO, § 162 Abs. 3 VwGO.

Streitwert: § 52 Abs. 1, § 47 Abs. 3 VwGO.