VG Würzburg, Urteil vom 31.03.2016 - W 5 K 15.1301
Fundstelle
openJur 2019, 41142
  • Rkr:
Tenor

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Tatbestand

Der Kläger (... vertreten durch den Vorsitzenden) wendet sich gegen einen Leistungsbescheid der Beklagten, mittels dem ihm die Kosten für die Abnahme zweier Plakate auferlegt wurden.

1.

Der Kläger, vertreten durch seinen Vorsitzenden, beantragte mit E-Mail vom 15. Oktober 2015 bei der Beklagten (Sachbereich Bürgerservice) die Genehmigung zur Plakatierung für sechs Plakate DIN A0 in S. vom 18. - 24. Oktober 2015, auf denen für eine Veranstaltung der ... geworben wurde ("DEMO gegen Politikversagen, Samstag 24.10., 11:00 bis 13:00 Uhr, ..., ...-platz") Mit E-Mail vom 16. Oktober 2015 teilte die Beklagte (Amt für öffentliche Ordnung) dem Kläger u. a. mit, dass an nachfolgend aufgeführten Grünflächen-Standorten mit entsprechender Genehmigung durch das Amt für Wirtschaftsförderung und Liegenschaften geworben werden dürfe; Auskunft erteile Herr B. Tel.: 09721/51-497. Zusätzlich wurde auf § 8 Abs. 1 und Nr. 3 der Verordnung der Stadt Schweinfurt über Lärm, Tierhaltung und Anschläge hingewiesen, wonach es u. a. verboten sei, an öffentlichen Straßen oder an öffentlichen Einrichtungen unbefugt zu plakatieren (ausgenommen hiervon seien mit entsprechender Genehmigung die o.g. Standorte).

Am 20. Oktober 2015 wurde die Beklagte durch den Hinweis eines Stadtratsmitgliedes darauf aufmerksam gemacht, dass am ...Ring und der ... Plakate der ... an Straßenlaternen angebracht waren. Die beiden Plakate wurden durch die Beklagte am 20. Oktober 2015 entfernt. Hierfür wurden durch das ausführende Sachgebiet der Beklagten Kosten in Höhe von 135,00 EUR (Arbeitsstunden/Personalkosten 100,00 EUR zuzüglich Fahrtkosten 35,00 EUR) veranschlagt (E-Mail vom einen 20.10.2015).

Laut einem Aktenvermerk vom 21. Oktober 2015 teilte der Kläger der Beklagten telefonisch mit, dass insgesamt sechs Plakate aufgehängt wurden. Er habe angenommen, dass mit der E-Mail vom 16. Oktober 2015 die Genehmigung erteilt worden sei. Innerhalb von zwei Stunden werde er die restlichen vier Plakate holen lassen.

2.

Mit Leistungsbescheid vom 22. Oktober 2015 (adressiert an den Vorsitzenden) wurde Herr ... als Vorsitzender der ... verpflichtet, die Kosten der Ersatzvornahme für die Abnahme der ohne Genehmigung angebrachten Plakate im Stadtgebiet Schweinfurt in Höhe von 135,00 EUR zu tragen (Nr. 1). Auch habe er in dieser Eigenschaft als Veranlasser der Amtshandlung die Kosten des Verfahrens zu tragen und für den Bescheid wurden eine Gebühr in Höhe von 50,00 EUR und Auslagen in Höhe von 3,45 EUR festgesetzt (Nr. 2). Der sich ergebende Gesamtbetrag in Höhe von 188,45 EUR müsse bis spätestens 30. November 2015 überwiesen werden (Nr. 3). Zur Begründung wurde ausgeführt, am 20. Oktober 2015 sei festgestellt worden, dass ohne Genehmigung der Stadt Schweinfurt Plakate im Stadtgebiet aufgehängt worden seien. Zwei dieser Plakate (...Ring und ...) seien von Mitarbeitern der Straßenverkehrsbehörde entfernt worden. Für diese Arbeiten seien Kosten in Höhe von 135,00 EUR angefallen. Für den Erlass dieses Bescheides sei die Stadt Schweinfurt gemäß Art. 30 VwZVG und Art. 32 VwZVG zuständig. Die Kostenentscheidung beruhe auf Art. 41 Abs. 1 VwZVG i. V. m. Art. 2 Abs. 1 und Art. 6 des Kostengesetzes (KG) i. V. m. Tarifgruppe 03 Nr. 032 des Kommunalen Kostenverzeichnisses (KommKVz), die Erhebung der Auslagen für die Postzustellung auf Art. 10 Abs. 1 Nr. 2 KG. Der mit einer Rechtsmittelbelehrung versehene Bescheid wurde dem Kläger am 23. Oktober 2015 mittels Postzustellungsurkunde zugestellt.

3.

Am 4. Dezember 2015 (7:00 Uhr) ging bei Gericht per Post ein Schriftsatz des Bevollmächtigten vom 2. Dezember 2015 zur Begründung der Klage gegen den Leistungsbescheid der Beklagten ein mit dem Hinweis "AZ: unbekannt".

Nach einem Aktenvermerk vom gleichen Tag rief eine Urkundsbeamtin der Rechtsantragsstelle des Gerichts beim Bevollmächtigten des Klägers an. Dieser gab an, eine Klageschrift an das Gericht gesandt zu haben. Da er seitens des VG München lange Warte- und Reaktionszeiten gewohnt sei, habe er sich nichts dabei gedacht, dass ihm bislang noch kein Schreiben mit Aktenzeichen etc. zugegangen sei. Er wolle nun eine Klage mit Wiedereinsetzungsantrag übersenden oder faxen.

Noch am gleichen Tag (4.12.2015, 15:30 Uhr) ging bei Gericht per Telefax ein Schriftsatz des Klägers vom 4. Dezember 2015 mit dem Vermerk "Vorab per Fax" ein, in dem dieser Klage gegen den Leistungsbescheid der Beklagten "gem. beigefügter Klageschrift vom 10.11.2015 nebst Anlagen" erhob mit dem Antrag,

den (in der Anlage beigefügten) Leistungsbescheid der Beklagten vom 22. Oktober 2015 aufzuheben.

Des Weiteren beantragte der Bevollmächtigte,

dem Kläger Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Klageerhebung gegen die möglicherweise abgelaufene Klagefrist zu gewähren.

Zur Begründung des Wiedereinsetzungsantrags wurde ausgeführt, am 10. November 2015 sei in der Kanzlei des Bevollmächtigten die beigefügte Klage gegen den Leistungsbescheid gefertigt und unterschrieben worden. Die unterzeichnete Klageschrift sei im Original einschließlich aller notwendigen Abschriften am gleichen Tag in den Postbriefkasten beim Postamt ... eingeworfen worden. Die Richtigkeit dieses Vortrags werde anwaltlich versichert. Die Klagebegründung sei bereits mit Schriftsatz vom 2. Dezember 2015 erfolgt. Beigefügt waren dem Schriftsatz der Leistungsbescheid vom 22. Oktober 2015 sowie ein Klageschriftsatz vom 10. November 2015 mit dem Hinweis "Fax 0931/41995-299".

Zur Begründung der Klage ließ der Kläger in der Klagebegründungsschrift (v. 2.12.2015) sowie in einem weiteren Schriftsatz (v. 14.1.2016) im Wesentlichen vortragen, er sei zu Unrecht zu den Kosten der Ersatzvornahme für die Abnahme von vermeintlich ohne Genehmigung angebrachten Plakaten herangezogen worden. In der E-Mail vom 16. Oktober 2015 auf seinen Antrag hin habe er die Genehmigung für die beabsichtigte Plakatierung gesehen. Der Hinweis der Beklagten auf die Verordnung über Lärm, Tierhaltung und Anschläge sei nur ein Hinweis auf weitere Plakatierungsmöglichkeiten gewesen. Die 6 Plakate seien deshalb von Mitgliedern der ... am Abend des 19. Oktober 2015 an Laternenpfosten in einer Höhe angebracht worden, die die öffentliche Sicherheit und Ordnung nicht beeinträchtigt habe. Es sei kein Hinweis erfolgt, dass der Antrag nochmals zu stellen sei, auch sei keine Verbescheidung erfolgt, zumal die Plakatierung bereits am Sonntag (18.10.) beginnen sollte. Es hätte eines eindeutigen Hinweises auf ein weiteres Genehmigungserfordernis bedurft, zumindest hätte der Antrag an die zuständige Stelle im Haus weitergeleitet werden müssen. Durch die Plakate sei die öffentliche Sicherheit und Ordnung nicht gefährdet, ein sofortiges Einschreiten der Beklagten sei nicht nötig gewesen. Auch hätte dem Kläger Gelegenheit gegeben werden müssen, die Plakate selbst zu entfernen. Der Kläger habe seine Telefonnummer auf dem Antrag angegeben. Die Beklagte hätte durch kurze fernmündliche Kontaktaufnahme den Vorgang abklären können. Dies wäre zweckmäßig und erfolgreich gewesen. Der Kläger habe sofort nach Kenntniserlangung die Plakate ohne jede Diskussion abnehmen lassen. Die Vorschrift des § 8 der Verordnung der Stadt Schweinfurt über Lärm, Tierhaltung und Anschläge regele nicht die Entfernung von Plakaten auf Kosten des Klägers. Auch eine unmittelbare Ausführung der Maßnahme nach Art. 18a Abs. 1 Satz 2 Bayerisches Straßen- und Wegegesetz können nicht ohne vorangegangene Primärmaßnahme erfolgen. Der Verstoß hätte schnell und effektiv durch den Kläger selbst beseitigt werden können. Am 20. Oktober 2015 habe die Beklagte nach entsprechendem Hinweis eines Ratsmitglieds zwei von den sechs Plakaten entfernen lassen. Sofort nach Kenntniserlangung - noch am 20. Oktober 2015 - habe der Kläger die anderen Plakate einsammeln lassen.

4.

Die Beklagte beantragte,

die Klage abzuweisen.

Im Wesentlichen wurde ausgeführt (Schriftsätze v. 14.1. und 23.3.2016), der angegriffene Bescheid sei rechtmäßig und verletze den Kläger nicht in seinen Rechten. In der E-Mail der Beklagten vom 16. Oktober 2015 sei ausdrücklich keine Genehmigung zum Plakatieren erteilt worden. Vielmehr sei auf die verschiedenen Möglichkeiten der Plakatierung hingewiesen und die zuständigen Stellen und Ansprechpartner benannt worden. Auf die Vorschriften der Verordnung der Stadt Schweinfurt über Lärm, Tierhaltung und Anschläge sei aufmerksam gemacht worden. Auch sei nochmals darauf hingewiesen worden, dass "die o.g. Standorte nur mit entsprechender Genehmigung ausgenommen" seien. Dem Kläger sei auch bewusst gewesen, dass die konkreten Standorte unzulässig gewesen seien. In der E-Mail der Beklagten sei ausdrücklich der Begriff "Grünflächen-Standorte" genannt worden. Allein schon daraus ergebe sich, dass eine Anbringung an Laternenmasten an Hauptverkehrsstraßen nicht genehmigungsfähig sei. Eine Weiterleitung der E-Mail an das zuständige Amt für Wirtschaftsförderung und Liegenschaften hätte nur dann erfolgen können, wenn der Kläger sich konkret für eine der in der E-Mail vom 16. Oktober 2015 genannten Möglichkeiten entschieden hätte, da diese allesamt mit Kosten verbunden seien. Die Einlassungen des Klägers stellten bloße Schutzbehauptungen dar, die auch im Zusammenhang mit einem möglichen Bußgeldverfahren zu sehen seien. Politische Parteien seien nach der Verordnung über Lärm, Tierhaltung und Anschläge nur für einen bestimmten Zeitraum vor Wahlen und Bürgerbegehren etc. bevorrechtigt. Die vom Kläger angebrachte Plakatierung sei hiervon nicht erfasst. Die Beklagte habe im vorliegenden Fall die Ersatzvornahme sofort vollziehen dürfen, da sonst der Zweck der Verordnung unterlaufen worden wäre. Hätte die Beklagte Ersatzwang angedroht, wäre die Veranstaltung vorbei gewesen. Es gehe auch um Gleichbehandlung aller Parteien. Es wäre ein Bezugsfall geschaffen worden Die kurzfristige Antragstellung sei im Verantwortungsbereich der Klagepartei. Es gebe keine Genehmigungsfiktion.

5.

Mit Beschluss vom 10. Februar 2016 wurde der Rechtsstreit auf die Einzelrichterin zur Entscheidung übertragen.

Mit Schreiben vom 9. Dezember 2015 bat das Gericht den Klägerbevollmächtigten umgehend die erforderliche Prozessvollmacht nachzureichen.

Mit Telefax vom 29. März 2016 bat das Gericht den Klägerbevollmächtigten, zur weiteren Glaubhaftmachung der geltend gemachten Gründe für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand das Postausgangsbuch in der mündlichen Verhandlung vorzulegen.

6.

In der mündlichen Verhandlung am 31. März 2016 war für den Kläger der Vorsitzende des Kreisverbandes ..., ... erschienen sowie der Bevollmächtigte. Der Bevollmächtigte stellte klar, dass Kläger im vorliegenden Verfahren ..., vertreten durch den Vorsitzenden, ist. Der Vorsitzende des Klägers erklärt zu Protokoll, dass Rechtsanwalt I. bevollmächtigt ist. Der Bevollmächtigte übergab eine Eidesstattliche Erklärung seines Bürovorstehers (v. 30.3.2015) zu den geltend gemachten Wiedereinsetzungsgründen und wurde informatorisch hierzu befragt. Die Sach- und Rechtslage wurde mit den Beteiligten erörtert. Die Beteiligten hielten ihre gegensätzlichen Rechtspositionen aufrecht. Auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung wird verwiesen.

7.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die beigezogene Behördenakte sowie den nach Schluss der mündlichen Verhandlung per Telefax eingegangenen Schriftsatz vom 31. März 2016 mit Anlage (Kopie eines Auszugs aus dem Fristenbuch) verwiesen.

Gründe

Die erhobene Anfechtungsklage gegen den Leistungsbescheid der Beklagten vom 22. Oktober 2015 ist wegen Versäumung der Klagefrist (§ 74 VwGO) bereits unzulässig. Gründe für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 60 VwGO konnten nicht hinreichend glaubhaft gemacht werden. Der streitgegenständliche Leistungsbescheid der Beklagten war deshalb bei Klageerhebung bereits bestandskräftig, so dass dessen gerichtliche Aufhebung durch die erhobene Klage nicht mehr möglich war (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Inwieweit die Klage in der Sache begründet gewesen wäre, war deshalb nicht mehr zu prüfen.

1.

Der Kläger hat die Klagefrist nach § 74 Abs. 1 Satz 2 VwGO versäumt. Danach muss die Anfechtungsklage innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts erhoben werden. Dies hat gemäß § 81 Abs. 1 VwGO bei Gericht schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zu erfolgen.

Im vorliegenden Fall wurde der streitgegenständliche Leistungsbescheid der Beklagten vom 22. Oktober 2015 dem Kläger, vertreten durch dessen Vorsitzenden, mit Postzustellungsurkunde am 23. Oktober 2015 zugestellt. Der Bescheid war mit einer ordnungsgemäßen Rechtsmittelbelehrung versehen. Zustellungsmängel sind nicht erkennbar. Die einmonatige Klagefrist begann daher am 24. Oktober 2015 zu laufen (§ 58 Abs. 1, § 57 Abs. 2 i. V. m. § 222 Abs. 1 ZPO i. V. m. § 187 Abs. 1 BGB) und endete am (Montag) 23. November 2015 (§ 188 Abs. 2 1. Alt. BGB). Die Klageerhebung am 4. Dezember 2015 war damit verspätet.

2.

Dem Kläger kann auch keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 60 VwGO gewährt werden, da Wiedereinsetzungsgründe - auch unter Berücksichtigung der noch in der mündlichen Verhandlung vorgelegten "Eidesstattlichen Erklärung" eines Mitarbeiters des Bevollmächtigten vom 30. März 2016, dessen ergänzenden Angaben auf Fragen des Gerichts sowie sonstiger Umstände (nachgereichter Schriftsatz vom 31.3.2016) - nicht hinreichend glaubhaft gemacht wurden. Der Kläger muss sich gemäß § 167 VwGO i. V. m. § 85 Abs. 2 ZPO das Verschulden seines Bevollmächtigten zurechnen lassen. Im Einzelnen:

Nach § 60 Abs. 1 VwGO ist auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten. Der Antrag ist gemäß § 60 Abs. 2 Satz 1 VwGO binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen. Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Rechtshandlung nachzuholen (§ 60 Abs. 2 Satz 2 und 3 VwGO).

2.1

Im vorliegenden Fall hat der Kläger die gesetzlich vorgesehene Klagefrist versäumt. Der vom Bevollmächtigten übermittelte Klageschriftsatz vom 10. November 2015 war bei Gericht nicht innerhalb der Klagefrist (Ablauf: 23.11.2015) eingegangen. Der Wiedereinsetzungsantrag kann als rechtzeitig gestellt betrachtet werden und innerhalb der Antragsfrist wurde die Klageerhebung nachgeholt.

Nach dem Vortrag des Bevollmächtigten war Hindernis für die rechtzeitige Klagehebung dessen Unkenntnis von dem Umstand, dass bei Ablauf der Klagefrist (23.11.2015) tatsächlich noch keine Klage erhoben war. Der Klageschriftsatz vom 10. November 2015 soll am gleichen Tag zur Post gelangt und auf dem Postweg verloren gegangen sein. Erst nach einem Anruf der Urkundsbeamtin des Gerichts am 4. Dezember 2015 (nach Eingang des Klagebegründungsschriftsatzes vom 2.12.2015 mit dem Hinweis "Az. unbekannt") wurde dies bekannt. Der Klägerbevollmächtigte hat dann noch am gleichen Tag (4.12.2015, 15:30 Uhr) Klage ("vorab per Fax") erhoben, verbunden mit einem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Der Wiedereinsetzungsantrag wäre insoweit innerhalb der 2-Wochenfrist nach Wegfall des Hindernisses gestellt und die versäumte Rechtshandlung nachgeholt worden, sofern nicht bereits vom Wegfall des Hindernisses i. S. d. § 60 Abs. 2 Satz 1 VwGO zu einem früheren Zeitpunkt auszugehen wäre, da über eine längere Zeit (nahezu 4 Wochen) keine Mitteilung des Gerichts über Klageeingang und Aktenzeichen und keine Nachfrage des Bevollmächtigten erfolgt waren.

Das Hindernis für die Einhaltung einer gesetzlichen Frist fällt weg, sobald die Partei bzw. der Bevollmächtigte erkannt hat oder bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt hätte erkennen können und müssen, dass die Frist versäumt ist (BFH, U. v. 16.12.1988 - III R 13/85 - juris). Grundsätzlich besteht für den Rechtsanwalt, der ein Schriftstück entsprechend den postalischen Bestimmungen und so rechtzeitig zur Post gegeben hat, dass es unter Berücksichtigung der üblichen Beförderungszeit (1 - 3 Tage) den Empfänger rechtzeitig erreicht hätte, keine Nachfrageverpflichtung beim Empfangsgericht. Auf die üblichen Postlaufzeiten darf der Bevollmächtigte im Regelfall vertrauen. Anders ist dies aber dann, wenn der Bevollmächtigte gewusst hat oder hätte wissen können, dass mit einer normalen und üblichen Postbeförderung nicht zu rechnen war oder sonstige Umstände auf eine nicht rechtzeitige Klageerhebung hinweisen. In diesem Fall ergeben sich dann gesteigerte Sorgfaltsanforderungen, insbesondere die Verpflichtung zur Nachfrage, ob das Schriftstück das Gericht erreicht hat. (BVerfG, B. v. 11.1.1991 - 1 BvR 1435/89; OLG Schleswig Holstein, B. v. 20.10.2014 - 10 UF 105/14 für den Fall eines unregelmäßig geleerten Briefkastens - jeweils juris). Das Hindernis entfällt bereits ab dem Zeitpunkt, in dem Zweifel an der Einhaltung der Frist aufkommen (Eyermann, VwGO, 13. Aufl., § 60 Rn. 26).

In der mündlichen Verhandlung hat der Klägerbevollmächtigte angegeben, dass es in seiner Kanzlei üblich sei, die Schriftsätze mit weitem Vorlauf und auch nicht per Telefax an die Gerichte zusenden. Den Einwand "vom VG München lange Warte- und Reaktionszeiten gewöhnt" zu sein, hat der Klägerbevollmächtigte nicht näher präzisiert, sondern in der mündlichen Verhandlung in Abrede gestellt, eine solche Äußerung gegenüber einem Mitarbeiter des Gerichts getätigt zu haben unter Hinweis darauf, dass er beim VG München nicht so viele Verfahren führe. Er hat jedoch dann ausgeführt, er wisse, dass es beim VG München lange Reaktionszeiten, bis zu vier Wochen, gebe. Da andererseits - wie eine Rückfrage bei der Geschäftsstelle des Gerichts ergeben hat - nicht auszuschließen ist, dass Mitteilungen des Gerichts in Reaktion auf eine Klageerhebung bis zu zwei Wochen sich - je nach Arbeitsanfall - noch im Rahmen des Üblichen halten können, kann letztlich dahinstehen, ob bereits zu einem früheren Zeitpunkt eine Rückfrage des Klägerbevollmächtigten bei Gericht bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt veranlasst gewesen wäre.

2.2

Der Klägerbevollmächtigte konnte jedoch bei Gesamtbetrachtung seines Vorbringens und der vorhandenen Beweismittel nicht hinreichend glaubhaft machen, dass die Klagefrist ohne sein Verschulden versäumt wurde. Organisatorische Vorkehrungen und Maßnahmen in seiner Kanzlei, die für eine überwiegende Wahrscheinlichkeit sprechen könnten, dass der Klageschriftsatz vom 10. November 2015 rechtzeitig auf den Weg zum Gericht gebracht wurde, konnte der Bevollmächtigte nicht darlegen. Den vorgelegten Mitteln zur Glaubhaftmachung (anwaltliche Versicherung, Eidesstattliche Erklärung eines Mitarbeiters, die Einlassungen des Bevollmächtigten) konnte wegen nicht plausibel ausgeräumter Widersprüche kein ausreichender Beweiswert zugemessen werden.

2.2.1

Tatsachen zur Begründung des Antrags sind glaubhaft zu machen. Die Anforderungen dürfen nicht überspannt werden; erforderlich ist nicht der volle Beweis sondern die überwiegende Wahrscheinlichkeit. Diese Voraussetzungen sind dann erfüllt, wenn bei der erforderlichen umfassenden Würdigung der Umstände des jeweiligen Falls mehr für das Vorliegen der in Rede stehenden Behauptung spricht als dagegen. Die Feststellung der überwiegenden Wahrscheinlichkeit unterliegt dem Grundsatz der freien Würdigung des gesamten Vorbringens, was grundsätzlich Sache des Gerichts ist (BGH, B. v. 1.12.2015 - II ZB 7/15 m. w. N. - juris). Grundsätzlich ist jedes Beweismittel einschließlich der Versicherung an Eides statt zugelassen. Anhand der Umstände des Einzelfalls ist zu entscheiden, ob eine Erklärung an Eides statt zur Glaubhaftmachung ausreicht oder ob weitere Beweismittel verlangt werden müssen (BVerwG, B. v. 16.10.1995 - 7 B 163/95 - juris).

Nach der obergerichtlichen Rechtsprechung, der das Gericht folgt, muss eine Partei die den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand mit der Behauptung begründet, der Schriftsatz sei auf dem Postweg verloren gegangen, glaubhaft machen, dass die Ursache für die Versäumung der Frist außerhalb eines ihr nach § 85 Abs. 2 ZPO zurechenbaren Anwaltsverschuldens liegt. Denn es gehört zu den Aufgaben des Prozessbevollmächtigten, dafür zu sorgen, dass ein fristgebundene Schriftsatz rechtzeitig gefertigt wird und innerhalb der Frist bei dem zuständigen Gericht eingeht, indem er durch organisatorische Maßnahmen in seiner Kanzlei gewährleistet, dass für den Postversand vorgesehene Schriftstücke zuverlässig auf dem Postweg gebracht werden. Zu diesem Zweck hat er eine Ausgangskontrolle zu organisieren, die einen gestuften Schutz gegen Fristversäumungen bietet (BGH, B. v. 7.1.2015 - IV ZB 14/14 - juris). Diesbezüglich bedarf es einer detaillierten Darlegung. Den Verlust des Schriftstücks auf dem Postweg kann die Partei regelmäßig nicht anders glaubhaft machen als durch die Glaubhaftmachung der rechtzeitigen Aufgabe zur Post (BGH, B. v. 10.9.2015 - III ZB 56/14 - juris). Im Einzelnen ist darzulegen, wann, von wem, in welcher Weise das Schriftstück zur Post gegeben wurde. Der Vortrag ist durch präsente Beweismittel glaubhaft zu machen (BFH, B. v. 13.12.2001 - X R 42/01 - juris). Soll die rechtzeitige Aufgabe eines Schriftstücks zur Post nachgewiesen und glaubhaft gemacht werden, reicht die anwaltliche Versicherung allein hierfür auch dann nicht aus, wenn der Bevollmächtigte darlegt, er selbst habe das fristwahrend Schriftstück zur Post gegeben. Zusätzlich erforderliche objektive Beweismittel - vor allem die Eintragung der Frist im Fristenkontrollbuch und deren Löschung aufgrund der Eintragung im Postausgangsbuch - müssen im Zeitpunkt der Entscheidung über den Wiedereinsetzungsantrag präsent sein. Eine eidesstattliche Versicherung (oder anwaltliche Versicherung) ist uneingeschränkt zur Glaubhaftmachung eines Sachverhalts nur dann geeignet, wenn - außer der eigenen Erklärung des Antragstellers oder dritter Personen - keine weiteren Mittel der Glaubhaftmachung zur Verfügung stehen; ansonsten dargelegt werden muss, weshalb objektive Beweismittel nicht vorgelegt werden können. Soll die rechtzeitige Absendung eines fristwahrenden Schriftsatzes glaubhaft gemacht werden, kommen insbesondere die Eintragung der Frist in ein Fristenkontrollbuch, das Festhalten der Absendung in einem Postausgangsbuch und die Löschung der Frist auf der Grundlage der Eintragung im Postausgangsbuch als objektive Beweismittel in Betracht. Werden im Postausgangsbuch nicht nur der Empfänger und die Postgebühr vermerkt sondern ist auch die Art der Versendung (Einschreiben, Brief, Fax), der Empfangsort, die Beteiligten des Rechtsstreits und das Aktenzeichen vermerkt, bedarf es keiner weiteren Darlegung darüber, wie die Fristenkontrolle im Übrigen organisiert ist (BFH, B. v. 13.12.2001 - X R 42/01 - für den Fall der Führung eines Postausgangsbuch auf dem PC ohne erkennbares Programm gegen spätere Korrekturen; BFH, U. v. 13.11.1996 - X R 30/96 zum Fall des Nachweises des rechtzeitigen Absendens anhand eines "Portobuchs" - jeweils juris). Ein Postausgangsbuch muss zum Nachweis der behaupteten Absendung zumindest das nicht zugegangene Schriftstück einschließlich beigefügter Unterlagen, den Empfänger und das Datum der Absendung hinreichend sicher ausweisen (BFH, B. v. 3.8.2005 - IX B 26/05 - juris).

Die Glaubhaftmachung ist bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag vorzunehmen. Sie ist auch noch nach Ablauf der Antragsfrist möglich (Eyermann, a. a. O., § 60 Rn. 24). Auch ein nachgeschobener, ergänzender Vortrag ist möglich, sofern der wesentliche Wiedereinsetzungsgrund innerhalb der Frist des § 60 Abs. 2 Satz 2 VwGO geltend gemacht ist (BVerwG, B. v. 27.7.1982 - 7 B 84/81 - juris).

2.2.2

Bei Anlegung dieser Maßstäbe und Würdigung aller Umstände des Falles war nicht mit ausreichender Wahrscheinlichkeit erkennbar, dass der Schriftsatz vom 10. November 2015 tatsächlich auf dem Postweg oder in sonstiger Weise an das Gericht gesandt wurde.

Im vorliegenden Fall hatte der Klägerbevollmächtigte bereits mit der Klageerhebung am 4. Dezember 2015 "anwaltlich versichert", dass der Schriftsatz vom 10. November 2015 rechtzeitig zur Post gegeben wurde und auf dem Postweg verloren gegangen ist. Die wesentlichen Wiedereinsetzungsgründe waren damit vorgetragen, so dass dieses Vorbringen ergänzende Erklärungen und sonstige Mittel zur Glaubhaftmachung noch nachträglich zugelassen werden konnten. Das Gericht hat deshalb den Bevollmächtigten noch aufgefordert (Telefax v. 29.3.2016), zur weiteren Glaubhaftmachung der rechtzeitigen Aufgabe des Schriftsatzes vom 10. November 2015 zur Post, das Postausgangsbuch in der mündlichen Verhandlung vorzulegen und auch die in der mündlichen Verhandlung vorgelegte "Eidesstattliche Erklärung" des Kanzleimitarbeiters vom 30. März 2015 sowie die ergänzenden Angaben des Bevollmächtigten auf Befragung des Gerichts konnten noch Berücksichtigung finden.

Der Klägerbevollmächtigte konnte jedoch keine objektiven Beweismittel vorlegen, die mit hinreichender Wahrscheinlichkeit seinen Vortrag, der Schriftsatz vom 10. November 2015 sei an diesem Tag auch zur Post aufgegeben worden, tragen, was bei entsprechender Kanzleiorganisation jedoch möglich gewesen wäre. Den vorliegenden Erklärungen konnte im Hinblick auf nicht plausibel aufgeklärte Widersprüche kein hinreichender Beweiswert zugesprochen werden.

Als Mittel der Glaubhaftmachung hatte der Bevollmächtigte anlässlich der Klageerhebung (Schriftsatz vom 4.12.2015) anwaltlich versichert, dass die unterzeichnete Klageschrift vom 10. November 2015 im Original einschließlich aller notwendigen Abschriften zur Post gelangt sei. Der Schriftsatz sei am gleichen Tag in den Postbriefkasten beim Postamt ... eingeworfen worden. Der ausführende Mitarbeiter des Bevollmächtigten Herr B. erklärte in seiner "Eidesstattlichen Erklärung" vom 30. März 2016, dass er die Sache ... ./. Stadt Schweinfurt geschrieben habe. Er habe die Klage vom Bevollmächtigten unterschreiben lassen und habe sie dann am 10. November 2015 einkuvertiert, frankiert und in den Briefkasten geworfen.

In der mündlichen Verhandlung gab der Klägerbevollmächtigte an, dass er kein Postausgangsbuch mehr führe und dies seines Wissens auch nicht mehr üblich sei. Auf Frage nach seiner Kanzleiorganisation führte der Klägerbevollmächtigte aus, dass Fristen bei ihm mit einer Anwaltssoftware elektronisch geführt würden. Daneben führe er noch einen handschriftlichen Kalender, in dem gerichtliche Termine aufgeführt seien. Werde die Frist erfüllt, werde ein Haken an diesem Termin gemacht. Auf Nachfrage des Gerichts, wie der Bevollmächtigte sicherstellen, dass die Post seine Kanzlei auch verlasse, erklärte er, er gebe Anweisung an seine Mitarbeiter. Dies erfolge mündlich und habe bisher immer geklappt. Im vorliegenden Fall habe er die Anweisung mündlich an seinen Mitarbeiter Herrn B. erteilt. Dieser habe den Schriftsatz gefertigt, die Unterschrift eingeholt und den Schriftsatz dann zur Post gebracht. Wenn er Schriftsätze mit einer bestimmten Versendungsart wünsche, zum Beispiel als Einschreiben oder per Fax, dann diktiere er dies und die Versendungsart erscheine dann auch im Schriftsatz. Angesprochen darauf, dass auf dem Schriftsatz vom 10. November 2015 der Hinweis "Fax" mit der Fax-Nr. des Gerichts enthalten sei, erklärte der Bevollmächtigte, wenn diese Schriftstück tatsächlich per Fax hinausgegangen wäre, dann müsste sich dort ein Haken befinden. Auf (spätere) Frage, weshalb sich dieser Vermerk dann überhaupt hier (ohne Haken) befinde, erklärte der Bevollmächtigte, er gehe davon aus, dass sein Programm automatisch eine Fax-Nr. einfüge. Die Ausdrucke über gefertigte Faxe befänden sich in einem extra Leitzordner, wo sie gesammelt würden. Im vorliegenden Fall existiere ein solcher Nachweis nicht, da er davon ausgehe, dass das Schriftstück nicht per Fax an das Gericht gesandt wurde. Auf Hinweis des Gerichts, dass der übermittelte streitgegenständliche Leistungsbescheid vom 22. Oktober 2015 weder einen Eingangsstempel noch eine Fristennotierung enthalte, erklärte der Bevollmächtigte, üblicherweise erhielten eingehende Bescheide bei ihm einen Eingangsstempel und die Frist werde notiert. Weshalb dies im vorliegenden Fall nicht erfolgt sei, könne er anhand seiner Handakten nicht nachvollziehen. Er streiche eine Frist dann, wenn der Schriftsatz gefertigt sei.

In diesem Vorbringen sind Widersprüche und Ungereimtheiten festzustellen, die nicht plausibel aufgeklärt werden konnten. Der Klägerbevollmächtigte hat keine Kanzleiorganisation darstellen können, die mit hinreichender Sicherheit und nachvollziehbar gewährleistet, dass Schriftsätze auch die Kanzlei verlassen und in der vorgesehenen Versendungsart auf den Weg gebracht werden. Der Klägerbevollmächtigte führt kein Postausgangsbuch und konnte auch im Übrigen nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit darlegen, dass der Klageschriftsatz vom 10. November 2015 die Kanzlei an diesem Tag verlassen hat. Der "Eidesstattlichen Erklärung" des Kanzleimitarbeiters B., die auf diese Umstände nicht eingeht, kann deshalb kein maßgeblicher Beweiswert zugemessen werden.

Die Zweifel des Gerichts machen sich vor allem daran fest, dass der Klageschriftsatz vom 10. November 2015 den Hinweis "Fax" mit der Fax-Nr. des Gerichts enthält. Dies steht im Widerspruch zu den Angaben, im vorliegenden Fall sei der Schriftsatz (per einfachem Brief) zur Post aufgegeben worden. Eine plausible Aufklärung dieses Widerspruchs erfolgte nicht. Der Klägerbevollmächtigte wurde in der mündlichen Verhandlung zunächst allgemein befragt, wie er sicherstelle, dass Post seine Kanzlei auch verlasse. Er erklärte hierzu, er gebe Anweisung an seine Mitarbeiter. Dies erfolge - wie im vorliegenden Fall auch - mündlich und habe bisher immer geklappt. Auf weitere Frage des Gerichts, wie er vorgehe, wenn er eine bestimmte Versendungsart (Einschreiben, Fax) wünsche, erklärte der Bevollmächtigte dass er dies dann diktiere und die Versendungsart erscheine dann auch im Schriftsatz. Geht man davon aus, dass dies im vorliegenden Fall ebenfalls so geschehen ist, dann hätte der Mitarbeiter B. entgegen der im Schriftsatz erkennbaren Weisung des Bevollmächtigten gehandelt, wenn er den Schriftsatz zur Post gebracht. Zwar erscheint nicht ausgeschlossen, dass zunächst eine bestimmte Versendungsart ("per Fax") diktiert wird und später diese mündlich abgeändert wird. In diesem Fall wäre jedoch zu erwarten gewesen, dass die nicht zur Anwendung kommende Versendungsart auf dem Schriftsatz gestrichen wird. Auf späteren Vorhalt des Gerichts, dass der Schriftsatz den Hinweis "Fax" enthalte, erklärte der Bevollmächtigte, wenn das Schriftstück tatsächlich per Fax hinausgegangen wäre, dann müsse sich dort ein Haken befinden. Auf spätere Nachfrage, weshalb sich dieser Vermerk dann überhaupt hier befinde, erklärte der Bevollmächtigte, er gehe davon aus dass sein Programm automatisch eine Faxnummer einfüge. Dieses Vorbringen ist nicht plausibel, da die weiteren im Verfahren gefertigten Schriftsätze des Bevollmächtigten Unterscheidungen bei der Versendungsart erkennen lassen (z. B. "vorab per Fax" Schriftsatz vom 4.12.2015), die dann auch so durchgeführt wurden. Insofern hätte erwartet werden können, dass der Versendungsvermerk "Fax" gestrichen worden wäre, wenn er nicht zur Ausführung kommen sollte. Auch hätte erwartet werden können, dass die Eidesstattliche Erklärung des Mitarbeiters B. zu diesem Umstand etwas aussagt, nämlich weshalb er entgegen des Vermerkes "Fax" den Schriftsatz zur Post gebracht hat und weshalb dies nicht kenntlich gemacht wurde. Auch wird nicht dargelegt, weshalb es dem Mitarbeiter B. möglich war, sich ca. fünfeinhalb Monate nach dem Vorgang genau daran zu erinnern, dass er den Schriftsatz - entgegen dem Vermerk "Fax" - in einem Briefkasten eingeworfen haben will. Auch insoweit hätte es Ausführungen zur Kanzleiorganisation bedurft. Der Eidesstattlichen Erklärung, die auf diese Widersprüche nicht eingeht, kann deshalb kein maßgeblicher Beweiswert zugemessen werden. Gleiches gilt für die anwaltliche Versicherung des Bevollmächtigten im Schriftsatz vom 4. Dezember 2015, zumal die Aussagen zum Einwurf in den Briefkasten nicht auf eigener Wahrnehmung beruhen können.

Auch sonstige Umstände, konnten die Angabe, der Schriftsatz sei am 10. November 2015 zur Post gegeben worden, nicht stützen. Entgegen den Angaben des Bevollmächtigten, dass üblicherweise auf in seine Kanzlei eingehenden Bescheiden ein Eingangsstempel sich befinde und die Frist notiert werde, enthält der dem Gericht mit dem Klageschriftsatz vom 4. Dezember 2015 übermittelte Leistungsbescheid solche Hinweise nicht. Auch der nach Schluss der mündlichen Verhandlung am Nachmittag des 31. März 2016 übermittelte Auszug (Kopie) aus dem Fristenkalender des Bevollmächtigten lässt nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit erkennen, dass der Schriftsatz vom 10. November 2015 die Kanzlei des Bevollmächtigten verlassen hat. Zwar ist erkennbar, dass für das Verfahren eine Vorfrist (am 16.11.2015) eingetragen wurde und auch ein Eintrag am Tag des Fristablaufs (23.11.2015) erfolgt ist und beide Fristen mit einem Haken versehen sind. Der Klägerbevollmächtigte hat in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, dass er einen handschriftlichen Kalender führe, in dem gerichtliche Termine aufgeführt sind. Werde die Frist erfüllt, werde ein Haken an diesen Termin gemacht. Im weiteren Verlauf der mündlichen Verhandlung hat er nochmals im Zusammenhang mit dem fehlenden Eingangsstempel und Fristennotierung auf dem übermittelten Leistungsbescheid ausgeführt, er streiche eine Frist dann, wenn der Schriftsatz gefertigt sei. Der übermittelte Auszug aus dem Fristenkalender kann deshalb nur so verstanden werden, dass ein Schriftsatz gefertigt wurde, an den ausgewiesenen Tagen oder möglicherweise auch schon zu einem früheren Zeitpunkt, da die Eintragungen im Fristenbuch keinen Hinweis auf den Zeitpunkt der Erledigung enthalten. Keine Aussagekraft hat der vorgelegte Fristenkalender jedoch bezüglich des Umstandes, ob der Schriftsatz dann auch die Kanzlei des Bevollmächtigten verlassen hat (oder möglicherweise liegen geblieben ist).

Ungünstig zu bewerten war in diesem Zusammenhang auch der Umstand, dass der Bevollmächtigte die vom Gericht mit Schreiben vom 9. Dezember 2015 geforderte Prozessvollmacht nicht vorgelegt hat (§ 67 Abs. 6 VwGO), sondern es seiner Bevollmächtigung zu Protokoll in der mündlichen Verhandlung durch den Klägervertreter bedurfte. Der Einwand des Bevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung, es sei zu vermuten, dass die Originalvollmacht mit der Klageschrift verloren gegangen sei, verfängt nicht, da der Klageschriftsatz vom 10. November 2015 nicht erkennen lässt, dass eine Vollmacht als Anlage beigefügt war. Zwar ist im Schriftsatz vom 4. Dezember 2015 davon die Rede, dass die "Klage .... gemäß beigefügter Klageschrift vom 10.11.2015 nebst Anlagen", erhoben wird, ohne dass jedoch erkennbar wäre, welche Anlagen gemeint sind. In der Begründung des Wiedereinsetzungsantrags (Klageschriftsatz vom 4.12.2015) ist die Rede davon, dass die Klageschrift im Original "einschließlich aller notwendigen Abschriften" zur Post gelangte. Von weiteren Anlagen ist nicht die Rede. Die Klageschrift vom 10. November 2015 enthält lediglich den Hinweis, dass eine "Kopie des Bescheides" beigefügt ist. Andererseits zeigen andere Schriftsätze (z. B. die Klagebegründungsschrift vom 4.12.2015), dass sofern Anlagen vorhanden sind, diese auch im Einzelnen aufgeführt werden. Auch lässt der Bevollmächtigte unberücksichtigt, dass die Vollmacht nach Klageerhebung gefordert wurde, nachdem offenkundig war, dass sie noch nicht zu Gericht gelangt war. Auch dass der Klägerbevollmächtigte in Abrede stellte, am 4. Dezember 2015 mit der Urkundsbeamtin des Gerichts telefoniert zu haben und die Äußerung im Hinblick auf Reaktionszeiten des VG München getätigt zu haben, erscheint fragwürdig. Zwar ist nicht gänzlich auszuschließen, dass seitens der Urkundsbeamtin eine Verwechslung mit dem Mitarbeiter B. erfolgt ist, andererseits hätte dann erwartet werden können, dass dieser dann auch zu seinen Erfahrungen mit dem VG München Stellung nimmt

Bei Gesamtbetrachtung aller Umstände, dem Fehlen objektiver Nachweise darüber, dass der Schriftsatz vom 10. November 2015 die Kanzlei des Bevollmächtigten tatsächlich verlassen hatte, und wegen der dargestellten nicht plausibel aufgeklärten Ungereimtheiten, konnte den vorgelegten Beweismitteln kein ausreichender Beweiswert zugemessen werden. Da die Glaubhaftmachung durch präsente Beweismittel zu erfolgen hat (§ 294 ZPO), war eine weitere Sachaufklärung (z. B. durch Ladung und Befragung des Mitarbeiters B.) nicht veranlasst. Der Kläger muss sich ein Verschulden seines Bevollmächtigten zurechnen lassen (§ 85 Abs. 2 ZPO).

Der Wiedereinsetzungsantrag war daher abzulehnen und die Klage als unzulässig abzuweisen.

3.

Da der streitgegenständliche Leistungsbescheid vom 22. Oktober 2015 somit bei Klageerhebung bereits bestandskräftig war und mangels Zulässigkeit der Klage eine Aufhebung des Bescheides im Klagewege nicht mehr möglich ist, erübrigt sich ein Eingehen auf die Frage einer evtl. Begründetheit der Klage.

4.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO; die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zugelassen wird. Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils beim Bayerischen Verwaltungsgericht Würzburg,

Hausanschrift: Burkarderstraße 26, 97082 Würzburg, oder

Postfachanschrift: Postfach 11 02 65, 97029 Würzburg,

schriftlich zu beantragen. Hierfür besteht Vertretungszwang.

Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist; die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof

Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder

Postfachanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München,

Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach,

einzureichen.

Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn

1. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,

2. die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,

3. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,

4. das Urteil von einer Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder

5. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind Rechtsanwälte, Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, oder die in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.

Der Antragsschrift sollen 4 Abschriften beigefügt werden.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 135,00 EUR festgesetzt.

Gründe:

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 in Verbindung mit § 52 Abs. 1 GKG. Maßgeblich war hierfür der in Rechnung gestellte Betrag für die Abnahme zweier Plakate. Die Bescheidgebühren nebst Auslagen bleiben als Nebenforderungen gemäß § 43 GKG berücksichtigt.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde.

Für die Streitwertbeschwerde besteht kein Vertretungszwang.

Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Würzburg,

Hausanschrift: Burkarderstraße 26, 97082 Würzburg, oder

Postfachanschrift: Postfach 11 02 65, 97029 Würzburg,

schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht.

Der Beschwerdeschrift sollen 4 Abschriften beigefügt werden.