LAG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 04.05.2010 - 1 Ta 55/10
Fundstelle
openJur 2019, 38953
  • Rkr:
Tenor

1. Die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Wertfestsetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts Koblenz vom 25.02.2010 - 2 Ca 1921/09- wird auf Kosten des Beschwerdeführers zurückgewiesen.

2. Ein Rechtsmittel gegen diese Entscheidung ist nicht gegeben.

Gründe

I.

Der beschwerdeführende Prozessbevollmächtigte des Klägers begehrt die Festsetzung eines höheren Gegenstandswertes seiner anwaltlichen Tätigkeit.

Der Kläger war ab dem 18.03.2009 bei dem Beklagten für 40 Stunden in der Woche zu einem Bruttolohn von 12,50 Euro pro Stunde beschäftigt. Die ersten 3 Monate des Arbeitsverhältnisses sollten nach dem Arbeitsvertrag als Probezeit gelten, für die die Parteien eine Kündigungsfrist von 2 Wochen vereinbart hatten. Vom 6. April 2009 bis zum 8. Juni 2009 war der Kläger arbeitsunfähig erkrankt. Mit Schreiben vom 25. Mai 2009 kündigte der Beklagte das Arbeitsverhältnis zum 28. Mai 2009. Die Kündigung ging dem Kläger am 4. Juni 2009 zu. Der Kläger hat vorliegend Klage erhoben auf Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis nicht zum 28. Mai 2009, sondern frühestens zum 19. Juni 2009 aufgelöst wurde sowie auf Zahlung von 3.100,00 Euro. Dieser Betrag setzte sich nach Angaben des Klägers zusammen aus Forderungen auf Entgeltfortzahlung gem. § 3 EFZG in Höhe von 500,00 Euro für 5 Tage im April 2009 und in Höhe von 1.800,00 Euro für 18 Tage im Mai 2009 sowie aus Vergütungsansprüchen in Höhe von 800,00 Euro für die Zeit vom 9. Juni bis zum 18. Juni 2009.

Am 21.01.2010 hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers die Klage nach einer außergerichtlichen Einigung der Parteien zurückgenommen.

Mit Beschluss vom 25. Febr. 2010 hat das Arbeitsgericht nach Anhörung den Gegenstandswert auf 3.100,00 Euro festgesetzt.

Gegen diesen dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 1. März 2010 zugestellten Beschluss hat dieser mit am 2. März 2010 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz Beschwerde eingelegt. Der Beschwerdeführer hat seine Beschwerde damit begründet, dass - entgegen der vorherigen Mitteilung des Arbeitsgerichts -zwischen dem Feststellungsantrag und dem Zahlungsantrag keine wirtschaftliche Identität bestanden habe, so dass die Werte beider Anträge zu addieren gewesen seien. Der Feststellungsantrag sei mit 3 Bruttomonatsgehältern von je 2.200,00 Euro zu bewerten.

Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und hat das Verfahren dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht ausgeführt, der Feststellungsantrag habe lediglich den Wert der von dem Kläger selbst für diesen Zeitraum geltend gemachten Vergütungsansprüche. Mit dem Anspruch auf Zahlung von Lohn für den 9. bis zum 18. Juni 2009 bestehe wirtschaftliche Identität, so dass bei gleichem Wert beider Anträge für beide Anträge zusammen ein Wert von 800,00 Euro festzusetzen sei. Mit den weiteren nicht-identischen und damit streitwerterhöhend zu wertenden Zahlungsanträgen über 500,00 und über 1.800,00 Euro ergebe sich ein Gesamtstreitwert von 3.100,00 Euro.

II.

Die Beschwerde ist nach § 33 Abs. 3 RVG statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie wurde insbesondere fristgerecht eingelegt und der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt, wie nach § 33 Abs. 3 RVG erforderlich, den Wert von 200,00 Euro.

In der Sache hat die Beschwerde jedoch keinen Erfolg. Der Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit des Beschwerdeführers (§ 2 Abs. 1 RVG) war mit 3.100,00 Euro zu bewerten, da für den Feststellungsantrag ein Wert von 800,00 Euro und wegen wirtschaftlicher Identität mit dem Zahlungsantrag auf Vergütung für Juni 2009 insgesamt für beide Anträge 800,00 Euro festzusetzen waren, was addiert mit den Werten der sonstigen Zahlungsanträge einen Gesamtgegenstandswert von 3.100,00 Euro ergibt.

Der Feststellungsantrag des Klägers war mit 800,00 Euro und nicht, wie der Beschwerdeführer meint, mit 3 Bruttomonatsgehältern zu je 2.200,00 Euro zu bewerten. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. grundsätzlich BAG, Urteil v. 30.11.1984 - 2 AZN 572/82, NZA 1985, 369 ff.) und der ständigen Rechtsprechung des gesamten Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz und insbesondere der erkennenden Beschwerdekammer (vgl. zuletzt Beschl. v. 21.07.2009 - 1 Ta 159/09) enthält § 42 Abs. 3 S. 1 GKG keinen Regelstreitwert. Der Vierteljahresverdienst ist vielmehr nur die Obergrenze für den vom Gericht nach freiem Ermessen (§ 3 ZPO) festzusetzenden Streitwert. Der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit ist nach dieser Rechtsprechung in typisierender Betrachtungsweise bei einem Bestand des Arbeitsverhältnisses von bis zu 6 Monaten grundsätzlich mit einem Monatsverdienst, bei einem Bestand von 6 bis 12 Monaten grundsätzlich mit 2 Monatsverdiensten und ab einem Bestand von 12 Monaten grundsätzlich mit 3 Monatsverdiensten festzusetzen. Da das Arbeitsverhältnis der Parteien noch keine 6 Monate bestanden hat, war vorliegend nicht ein volles Monatsgehalt in Ansatz zu bringen, sondern lediglich die Vergütung bis zum 19. Juni 2009, weil der Kläger den Streitgegenstand auf die Einhaltung der richtigen Kündigungsfrist - der materiellen Rechtslage entsprechend - begrenzt hat. Im vorliegenden Fall hat der Kläger durch den konkret bezifferten Antrag auf Zahlung von Vergütung in Höhe von 800,00 Euro für Juni 2009 den für ihn mit dem Feststellungsantrag verbundenen Wert auch zum Ausdruck gebracht. Da nach § 3 ZPO das wirtschaftliche Interesse des Klägers am Klageantrag über den Wert des Klageantrages entscheidet, war der Feststellungsantrag folgerichtig mit 800,00 Euro zu bewerten.

Zwischen dem Feststellungsantrag und dem Antrag auf Zahlung von 800,00 Euro Annahmeverzugslohn aus Juni 2009 bestand auch wirtschaftliche Identität, so dass von dem Grundsatz aus § 39 Abs. 1 GKG, verschiedene Anträge zu addieren eine Ausnahme zu machen war. Mit dem Antrag, der sich auf Feststellung eines späteren Beendigungszeitpunktes als vom Arbeitgeber beabsichtigt richtet und den weiteren Antrag auf Lohnfortzahlung für die Zeit zwischen dem vom Arbeitgeber beabsichtigten Ende des Arbeitsverhältnisses und dem vom Kläger mit dem Feststellungsantrag benannten Ende, werden keine unterschiedlichen wirtschaftlichen Werte in den Prozess eingeführt, sondern beide Anträge sind auf den Erhalt desselben wirtschaftlichen Wertes, nämlich der Vergütung für die Zeit des Fortbestandes des Arbeitsverhältnisses, gerichtet (vgl. zuletzt LAG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 11.08.2009 - 1 Ta 170/09). Es wird also nicht addiert, wenn in einem der Anträge etwas begehrt wird, was bereits auch Inhalt des anderen ist oder in seinem Bestehen von ihm abhängt. Vorliegend hing der Erfolg des Zahlungsantrages vom Erfolg des Feststellungsantrages ab, beide Anträge richteten sich auf dasselbe wirtschaftliche Interesse, den Erhalt von Vergütung für Juni 2009. Nach den eigenen Angaben des Klägers sollte das Arbeitsverhältnis (nur) bis zum 19. Juni 2009 fortbestehen und in diesem Fall sollten ihm bis dahin weitere konkret bezifferte Vergütungsansprüche in einer Gesamthöhe von 800,00 EUR zustehen. Für diesen Streitgegenstand war sein prozessbevollmächtigter Beschwerdeführer für ihn tätig im Rahmen von § 2 Abs. 1 RVG.

Aufgrund der Gleichwertigkeit der wirtschaftlich identischen Anträge (800,00 Euro) konnte die Rechtsprechung, nach der der höhere Wert anzusetzen ist, entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers nicht greifen, weil es vorliegend keinen höheren Wert gegeben hat.

Da mit den weiteren in dem Zahlungsantrag des Klägers geltend gemachten Ansprüchen in Höhe von 500,00 und 1.800,00 Euro keine wirtschaftliche Identität bestand, waren diese zu den 800,00 Euro hinzuzuaddieren. Damit ergab sich ein Gegenstandswert in Höhe von 3.100,00 Euro.

Der Beschwerdeführer hat gem. § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Ein Rechtsmittel ist gegen diesen Beschluss nach § 33 Abs. 4 S. 3 RVG nicht gegeben.