BVerfG, Beschluss vom 21.10.1971 - 2 BvR 367/69
Fundstelle
openJur 2011, 118198
  • Rkr:
Tenor

Die Verfassungsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1. Die am 20. Dezember 1893 geborene Beschwerdeführer ist nach zwölfjähriger Mitgliedschaft mit Ablauf der fünften Wahlperiode (1966) als Abgeordneter aus dem Hessischen Landtag ausgeschieden. Mit seiner Verfassungsbeschwerde beanstandet er, daß nach dem Dritten Gesetz zur Änderung des Abgeordnetenentschädigungsgesetzes vom 1. Juli 1968 (GVBl. S. 175) ein Abgeordnetenruhegeld den dem Landtag der sechsten Wahlperiode nicht mehr angehörenden, früheren Abgeordneten selbst dann nicht gewährt wird, wenn sie die Voraussetzungen im übrigen erfüllen.

a) Bemessungsgrundlage der Aufwandsentschädigung, die die Mitglieder des Hessischen Landtages erhalten, ist ein bestimmter Vomhundertsatz der Aufwandsentschädigung eines Bundestagsabgeordneten. Die Verknüpfung beider Bereiche hatte im Jahre 1968 eine Erhöhung der hessischen Aufwandsentschädigung um monatlich 380 DM zur Folge. Vor allem diese Erhöhung veranlaßte den Hessischen Landtag, im Anschluß an bereits vorhandene Regelungen auf Bundes- und Länderebene eine Altersversorgung für seine Abgeordneten ins Leben zu rufen. Durch Art. 1 Nr. 9-12 des Dritten Gesetzes zur Änderung des Abgeordnetenentschädigungsgesetzes, das am 1. Januar 1968 in Kraft trat (Art. 4 a.a.O.), wurde bestimmt:

§ 7 b

(1) Die Abgeordneten haben Anspruch auf Ruhegeld, wenn sie mindestens acht Jahre dem Landtag angehört haben. Ein Rest von einem halben Jahr gilt als volles Jahr. Das Ruhegeld beträgt nach achtjähriger Zugehörigkeit zum Landtag und Vollendung des fünfundfünfzigsten Lebensjahres monatlich 600 Deutsche Mark. Für jedes weitere Jahr der Zugehörigkeit zum Landtag steigt das Ruhegeld um 75 Deutsche Mark bis zum Höchstbetrag von 1200 Deutsche Mark monatlich. Bei Ausscheiden eines Abgeordneten durch Tod, Berufs- oder Arbeitsunfähigkeit vor dem fünfundfünfzigsten Lebensjahr kann das Präsidium die Auszahlung des Ruhegeldes unabhängig von den in Satz 1 bis 3 genannten Voraussetzungen genehmigen. (2) Das Ruhegeld wird vom Ersten des auf das anspruchsbegründende Ereignis folgenden Monats bis zum Ablauf des Monats gewährt, in dem der Berechtigte stirbt. (3) Der Anspruch auf Ruhegeld ruht während der Zeit, für die nach § 7 a ein Anspruch auf Aufwandsentschädigung besteht.(4) Zeiten der Mitgliedschaft im Landtag, die vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes liegen, werden für Abgeordnete, die dem Landtag in der sechsten Wahlperiode angehören, berücksichtigt.

§ 7 c

(1) Der überlebende Ehegatte eines Mitglieds oder ehemaligen Mitglieds des Landtags erhält sechzig vom Hundert des Ruhegeldes, sofern der Verstorbene im Zeitpunkt seines Todes Anspruch auf Ruhegeld hatte oder die Voraussetzungen für die Gewährung eines Ruhegeldes erfüllte. (2) Die Vollwaisen erhalten zwanzig und die Halbwaisen zwölf vom Hundert des Ruhegeldes nach Abs. 1. (3) § 7 b Abs. 2 und 3 werden entsprechend angewandt.

§ 7 d

Die Anrechnung von Einkommen oder Versorgungsbezügen aus einer Verwendung im öffentlichen oder einem ähnlichen Dienst oder von Renten aus den gesetzlichen Rentenversicherungen oder aus einer zusätzlichen Alters- und Hinterbliebenenversorgung für Angehörige des öffentlichen Dienstes auf das Ruhegeld und die Hinterbliebenenversorgung nach diesem Gesetz ist ausgeschlossen. Das gleiche gilt für die Anrechnung des Ruhegeldes und der Hinterbliebenenversorgung nach diesem Gesetz auf Versorgungsbezüge aus einer Verwendung im öffentlichen oder einem ähnlichen Dienst. Im übrigen werden die für Landesbeamte geltenden versorgungsrechtlichen Vorschriften auf das Ruhegeld und die Hinterbliebenenversorgung sinngemäß angewandt, sofern sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt.

§ 7 e

(1) Als Eigenleistung für das zu gewährende Ruhegeld werden allen Abgeordneten des Landtags 380 Deutsche Mark der nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a zu zahlenden Aufwandsentschädigung einbehalten. (2) Bei Ausscheiden aus dem Landtag ohne Anspruch auf Ruhegeld erfolgt keine Rückerstattung der für das Ruhegeld einbehaltenen Eigenleistungen.

In der Neufassung des Abgeordnetenentschädigungsgesetzes vom 12. Juli 1968 (GVBl. S. 189) - im folgenden: HessAbgEntschG - finden sich die vorstehend zitierten Vorschriften als §§ 10-13.

b) Für die Bundestagsabgeordneten hat das Gesetz über die Entschädigung der Mitglieder des Bundestages vom 3. Mai 1968 - Diätengesetz 1968 - (BGBl. I S. 334) eine Alters- und Hinterbliebenenversorgung eingeführt. Sie kommt - auf entsprechenden Antrag - auch den vor dem 1. Januar 1968 aus dem Bundestag ausgeschiedenen Mitgliedern sowie deren Hinterbliebenen zugute. Ähnliche Maßnahmen der Alterssicherung sind in einer Reihe von Bundesländern getroffen worden. Sie erstrecken sich zum Teil ebenfalls auf diejenigen Landtagsabgeordneten, die vor dem Inkrafttreten der entsprechenden Gesetze aus dem Parlament ausgeschieden sind.

2. Der Beschwerdeführer hält die hessische Regelung der Altersversorgung unter Ausschluß der ausgeschiedenen Abgeordneten für unvereinbar mit Art. 3 Abs. 1 GG und beantragt,

die §§ 10-13 des Abgeordnetenentschädigungsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 12. Juli 1968 (GVBl. I S. 189) für verfassungswidrig und nichtig zu erklären.

Er trägt vor:

Die Differenzierung zwischen den vor der sechsten Wahlperiode ausgeschiedenen und den erst in der sechsten Wahlperiode oder später ausscheidenden Abgeordneten sei willkürlich.

Der hessischen Ruhegeldregelung liege die sozialstaatliche Erwägung zugrunde, langjährigen Abgeordneten nach ihrem Ausscheiden aus dem Parlament eine finanzielle Hilfe zukommen zu lassen. Dieser Hilfe bedürften alle Abgeordneten ohne Rücksicht darauf, wann sie ausgeschieden seien. Der Hessische Landtag sei daher gehindert gewesen, eine Stichtagsregelung einzuführen, die lediglich die Abgeordneten der Landtage von der sechsten Wahlperiode an, nicht aber die Abgeordneten, die vor diesem Zeitpunkt dem Landtag angehört hätten, berücksichtige. Dem Landtag sei es im wesentlichen nur um eine Selbstversorgung gegangen. Dafür spreche der Umstand, daß viele Abgeordnete nach Ablauf der sechsten Wahlperiode kein neues Mandat erhalten würden.

Die Eigenleistungen der Abgeordneten seien nicht geeignet, die Differenzierung zu rechtfertigen. Abgesehen davon, daß deren Summe bei Beginn der Ruhegeldzahlung in der Regel keinen nennenswerten Betrag ausmache, sei die entsprechende Belastung der Abgeordneten wegen der gleichzeitigen Erhöhung der Aufwandsentschädigung manipuliert.

Von einer versicherungsrechtlichen Ausgestaltung der Ruhegeldregelung könne keine Rede sein. Zwar werde der Anschein erweckt, als ob Wartezeiten erfüllt sein müßten, wie sie dem Versicherungsrecht eigen seien. Das Wesen einer versicherungsrechtlichen Wartezeit sei aber die Leistung des Versicherten während dieser Zeit. Diese Voraussetzung sei hinsichtlich der Anrechnung der Zeiten der Mitgliedschaft im Landtag vor Inkrafttreten der angefochtenen Bestimmungen nicht erfüllt.

Schließlich sei von Bedeutung, daß der Bundestag im Gegensatz zum Hessischen Landtag auch die vor Inkrafttreten der Ruhegeldregelung ausgeschiedenen Abgeordneten in die Altersversorgung einbezogen habe.

3. a) Dem Deutschen Bundestag, dem Bundesrat, der Bundesregierung, dem Hessischen Landtag sowie der Regierung des Landes Hessen ist Gelegenheit gegeben worden, zu der Verfassungsbeschwerde Stellung zu nehmen. Der Hessische Ministerpräsident, der sich für die Landesregierung geäußert hat, hält die Verfassungsbeschwerde für zulässig, wenn der Antrag einschränkend dahin ausgelegt werde, daß der Beschwerdeführer ein Unterlassen des Gesetzgebers, nämlich die Nichtberücksichtigung der vor dem 1. Januar 1968 ausgeschiedenen Abgeordneten, angreife. In der Sache selbst - so führt er aus - sei die Verfassungsbeschwerde unbegründet, weil die Ruhegeldregelung nicht willkürlich differenziere.

b) Auf die im übrigen an den Deutschen Bundestag und alle Landtage gerichteten Fragen, ob die Gewährung eines Ruhegeldes an einen ausgeschiedenen Abgeordneten gemäß §§ 10 ff. HessAbgEntschG überhaupt mit dem repräsentativen Status eines Abgeordneten vereinbar ist bzw. ob - etwa unter dem Blickwinkel des Art. 3 Abs. 1 GG - verfassungsrechtliche Bedenken gegen § 12 HessAbgEntschG bestehen, hat der Präsident des Hessischen Landtages dargelegt, daß der Abgeordnetenstatus einer Altersversorgung nicht entgegenstehe und daß die Nichtanrechnungsregelung des § 12 HessAbgEntschG auf einer sachgerechten Entscheidung des Gesetzgebers beruhe. Der Präsident des Deutschen Bundestages hat sich dieser Auffassung im wesentlichen angeschlossen.

II.

Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig.

1. Der Beschwerdeführer ist im vorliegenden Falle nicht gehindert, das Bundesverfassungsgericht gemäß Art. 93 Abs. 1 Nr. 4 a GG anzurufen. Der Grundsatz, daß der Abgeordnete ein mit seinem verfassungsrechtlichen Status verbundenes Recht nur im Organstreit und nicht im Wege der Verfassungsbeschwerde geltend machen kann (vgl. hierzu BVerfGE 6, 445 [448]; 4, 144 [148 ff.]), steht dem nicht entgegen. Denn der Beschwerdeführer ist nicht mehr Landtagsabgeordneter und nimmt auch für sich kein Recht in Anspruch, das nach der insoweit maßgebenden (BVerfGE 4, 144 [151]) Verfassung des Landes Hessen zu dem verfassungsrechtlich abgesicherten Status eines Abgeordneten gehört (Art. 89 Abs. 1 Satz 1 HessVerf.).

2. Gegen die Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde spricht ferner nicht der Umstand, daß der Beschwerdeführer - entgegen seiner Ansicht - befugt sein könnte, die Nichtberücksichtigung eines bestimmten Personenkreises im Rahmen einer landesgesetzlichen Regelung unter dem Gesichtspunkt eines Verstoßes gegen den Gleichheitssatz im Wege einer Grundrechtsklage beim Staatsgerichtshof für das Land Hessen zu rügen (vgl. Art. 131 Abs. 3 Hess Verf., § 45 Abs. 2 des Gesetzes über den Staatsgerichtshof vom 12. Dezember 1947 (GVBl. 1948 S. 3). Da er geltend macht, daß ein Landesgesetz gegen eine Norm des Grundgesetzes verstoße, kann er auf einen solchen landesrechtlichen Rechtsbehelf nicht verwiesen werden.

3. Die Verfassungsbeschwerde ist rechtzeitig erhoben. Zwar ist das Dritte Gesetz zur Änderung des Abgeordnetenentschädigungsgesetzes vom 1. Juli 1968 rückwirkend am 1. Januar 1968 in Kraft getreten (Art. 4 a.a.O.). Der Lauf der Jahresfrist, innerhalb derer die Verfassungsbeschwerde gemäß § 93 Abs. 2 BVerfGG eingelegt werden muß, begann indessen erst mit der Verkündung des Gesetzes am 3. Juli 1968 (BVerfGE 12, 81 [87 f.]). Die Verfassungsbeschwerde ist am 30. Juni 1969 beim Bundesverfassungsgericht eingegangen. Die Frage, ob sie im vorliegenden Fall überhaupt an eine Frist gebunden war, kann unter diesen Umständen dahingestellt bleiben.

4. Die Ausführungen des Beschwerdeführers zeigen, daß es ihm ausschließlich um die Nichteinbeziehung der vor der sechsten Wahlperiode ausgeschiedenen Abgeordneten in die Regelung des § 10 Abs. 4 HessAbgEntschG geht. Er rügt ein gleichheitswidriges Unterlassen des Gesetzgebers, das ihn deshalb unmittelbar, selbst und gegenwärtig betreffen würde, weil er die Voraussetzungen einer Ruhegeldgewährung im übrigen erfüllt, und erstrebt die Gleichstellung mit der begünstigten Gruppe, also die Einbeziehung der ausgeschiedenen Abgeordneten in die Altersversorgung, nicht aber die Abschaffung einer solchen Versorgung überhaupt.

Der Antrag des Beschwerdeführers entspricht danach nicht seinem Anliegen. Das Bundesverfassungsgericht könnte aber, wenn es einen Vorstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG für gegeben halten sollte und dem Anliegen des Beschwerdeführers entsprechen wollte, feststellen, der Gesetzgeber habe den Gleichheitssatz dadurch verletzt, daß er die Gruppe des Beschwerdeführers nicht berücksichtigte. Die Möglichkeit einer solchen Feststellung reicht aus, um die Zulässigkeit einer Verfassungsbeschwerde zu begründen (BVerfGE 22, 349 [360 f.]). Der Antrag ist entsprechend auszulegen (BVerfGE 1, 14 [39]).

III.

Die Verfassungsbeschwerde ist unbegründet. Gegen die Altersversorgung für Abgeordnete, in die der Beschwerdeführer letztlich einbezogen werden will, bestehen keine grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Bedenken. Die von dem Beschwerdeführer beanstandete Vorschrift des § 10 Abs. 4 HessAbgEntschG ist mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar.

1. Nach Art. 98 Abs. 1 Satz 1 Hess Verf. hat der Landtagsabgeordnete - ebenso wie der Bundestagsabgeordnete nach Art. 48 Abs. 3 Satz 1 GG - einen Anspruch auf im einzelnen bestimmte Entschädigungsleistungen. Diese Bestimmungen sollen nach ihrer anfänglichen Zielsetzung die Entschließungsfreiheit der Abgeordneten sichern, d. h. die Abgeordneten in Stand setzen, die sich aus ihrem repräsentativen Status ergebenden Rechte und Pflichten in Freiheit auszuüben (BVerfGE 4, 144 [149 ff.]; 20, 56 [103 f.]). Im Zuge der Entwicklung von der liberalen parlamentarisch-repräsentativen Demokratie zu der mehr radikal-egalitären parteienstaatlichen Demokratie, wie sie durch Art. 21 GG auch verfassungsrechtlich geprägt ist (BVerfGE 1, 208 [223 ff.]; 4, 144 [149]; 11, 266 [273]), hat sich aber der Status des Abgeordneten und hiermit auch der Charakter der den Abgeordneten gewährten Zuwendungen in Bund und Ländern grundsätzlich gewandelt: Je mehr nämlich die Abgeordneten von ihrem früheren repräsentativen Status eingebüßt haben, um so weniger kann die Aufwandsentschädigung ihren ursprünglichen Sinn erfüllen, die Unabhängigkeit des einzelnen Abgeordneten sicherzustellen. Es ist daher kein Zufall, daß sich die Aufwandsentschädigung mehr und mehr einem Entgelt für die im Parlament geleisteten Dienste angenähert hat und mehr und mehr den Charakter einer Besoldung oder eines Gehalts annimmt (BVerfGE 4, 144 [151]). Die Tätigkeit des Abgeordneten ist im Bund zu einem den vollen Einsatz der Arbeitskraft fordernden Beruf geworden; der Abgeordnete kann daher unter diesem Aspekt heute legitimerweise ein Entgelt beanspruchen, mit dem er seinen und seiner Familie Lebensunterhalt zu bestreiten vermag (vgl. Kai-Uwe von Hassel, Steuerzahler und Parlament, Bulletin des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung 1971, S. 1513 [1515]). Auch die parlamentarische Tätigkeit in den Ländern beansprucht einen großen Teil der Arbeitskraft des Abgeordneten.

Bereits die nach einem bestimmten Prozentsatz des Amtsgehalts eines Bundesministers bemessene Höhe der "Aufwandsentschädigung" (vgl. § 1 des Gesetzes über die Entschädigung der Mitglieder des Bundestages vom 3. Mai 1968 - Diätengesetz 1968 - (BGBl. I S. 334); § 1 Abs. 1 Nr. 3 c HessAbgEntschG) zeigt eindrücklich, inwieweit aus der bloßen "Entschädigung" in Wirklichkeit eine "Bezahlung" für die parlamentarische Tätigkeit geworden ist. Noch deutlicher tritt der veränderte Charakter der Entschädigung bei der Einführung der Altersversorgung in Erscheinung. Mag man sie auch als einen "zusätzlichen, auf die nachparlamentarische Zeit projektierten Unabhängigkeitsschutz" (Th. Eschenburg, Der Sold des Politikers, S. 76 f.) etikettieren und mit diesem Etikett ins Leben gerufen haben (vgl. u. a. Sten. Prot. der 32. Sitzung des Hessischen Landtages, VI. Wahlperiode, S. 1664), in Wirklichkeit ist der Ruhegeldanspruch des Abgeordneten heute ein Annex seiner Besoldung.

Gegen diesen Versorgungsanspruch lassen sich grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedenken nicht erheben; denn Art. 48 Abs. 3 Satz 1 GG ist - wie auch die entsprechenden landesverfassungsrechtlichen Bestimmungen, z. B. Art. 98 Abs. 1 Satz 1 Hess Verf. - heute zugleich im Lichte des Art. 21 Abs. 1 Satz 1 GG zu lesen, der sich auf die Auslegung des Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG und damit ebenfalls auf die des Art. 48 Abs. 3 Satz 1 GG auswirken muß. Aus diesem Bezug ergibt sich verfassungsrechtlich die Möglichkeit einer begrenzten Altersversorgung. Hinzu kommt, daß mit deren Einführung zugleich dem Sozialstaatsprinzip Rechnung getragen wird, dessen Konkretisierung für immer weitere Personenkreise zu einer finanziellen Absicherung des Alters geführt hat und führt.

2. Durch § 12 Sätze 1 und 2 HessAbgEntschG werden u. a. ausgeschlossen die Anrechnung von Einkommen oder Versorgungsbezügen aus einer Verwendung im öffentlichen oder einem ähnlichen Dienst auf das Abgeordnetenruhegeld und die entsprechende Hinterbliebenenversorgung oder die Anrechnung von den letztgenannten Bezügen auf Versorgungsbezüge aus einer Verwendung im öffentlichen oder einem ähnlichen Dienst. Dieses Privileg läßt sich angesichts der Entwicklung, die sich im Bereich der Stellung sowie der finanziellen Ausstattung des Abgeordneten vollzogen hat, nicht einfach mit der Erwägung rechtfertigen, daß die herkömmlichen Entschädigungen im Sinne des Art. 48 Abs. 3 Satz 1 GG oder Diäten unverzichtbar, unübertragbar und unpfändbar waren und allen Abgeordneten - unbeschadet ihres individuellen finanziellen Aufwandes und ihres Vermögens und Einkommens - grundsätzlich in gleicher Höhe zustanden (BVerfGE 4, 144 [150]). Werden dem Abgeordneten heutiger Prägung Vorrechte hinsichtlich der Bezahlung seiner Tätigkeit eingeräumt, bedarf es jeweils der Prüfung, ob ihnen ein konkreter legitimierender Grund zur Seite steht.

Dem Beamtenrecht ist ein allgemeiner Grundsatz, nach dem die Bezüge eines Beamten gekürzt werden, wenn er zugleich Einkünfte anderer Art bezieht, fremd (BVerfGE 17, 337 [349]). Nur für besondere Fallkonstellationen (vgl. etwa §§ 83 a, 115 Abs. 2, 158, 160 ff. des Bundesbeamtengesetzes i.d.F. vom 22. Oktober 1965 (BGBl. I S. 1776) sowie der Änderungsgesetze vom 19. Juli 1968 (BGBl. I S. 848), 14. Mai 1969 (BGBl. I S. 365) und 18. März 1971 (BGBl. I S. 208) sah der Gesetzgeber einen Anlaß, eine Kürzung anzuordnen. Ob solche Kürzungsmaßnahmen heute noch sachgerecht sind und ob es nicht angezeigt wäre, das bisherige System der Anrechnungs- und Ruhensnormen einer grundsätzlichen Revision zu unterziehen, braucht hier nicht näher erörtert zu werden. Jedenfalls ist der Gesetzgeber, solange er es bei dem gegenwärtigen Rechtszustande beläßt, gehalten, eine mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbare Gleich- oder Ungleichbehandlung von Sachverhalten zu vermeiden. Die Annahme liegt nahe, daß die durch den Gleichheitssatz begrenzte gesetzgeberische Gestaltungsfreiheit im Fall des § 12 HessAbgEntschG insbesondere hinsichtlich der Angehörigen des öffentlichen Dienstes überschritten ist.

Denn die Abgeordneten haben heute ein öffentliches Amt. Sie erhalten Versorgungsleistungen, die beim Hessischen Landtagsabgeordneten aus einer öffentlichen Kasse gezahlt werden. Auf die Versorgungsbezüge finden "die für Landesbeamte geltenden versorgungsrechtlichen Vorschriften sinngemäß Anwendung" (§ 12 Satz 3 HessAbgEntschG). Hinzu kommt, daß der Beamte, der in den Bundestag oder Hessischen Landtag gewählt wird, nicht nur ein Beamtenruhegeld oder gekürzte Dienstbezüge erhält, sondern zudem sowohl im Besoldungsdienstalter als auch in der ruhegehaltfähigen Dienstzeit aufsteigt (§§ 2 Abs. 2, 4 des Gesetzes über die Rechtsstellung der in den Deutschen Bundestag gewählten Angehörigen des öffentlichen Dienstes vom 4. August 1953 (BGBl. I S. 777) i. d. F. vom 11. September 1957 (BGBl. I S. 1275); §§ 62, 63 Abs. 2 und 125 Abs. 1 Nr. 5 des Hessischen Beamtengesetzes i. d. F. vom 16. Februar 1970 (GVBl. I S. 110), § 9 Abs. 2 des Hessischen Besoldungsgesetzes i. d. F. vom 9. November 1970 (GVBl. I S. 716), also als Parlamentarier ungeachtet des Ruhens seiner Beamtentätigkeit die Voraussetzungen für eine höhere beamtenrechtliche Versorgung zu schaffen in der Lage ist.

Die Frage der Vereinbarkeit des § 12 Sätze 1 und 2 HessAbgEntschG mit Art. 3 Abs. 1 GG bedarf jedoch keiner abschließenden Beantwortung. Denn die Norm ist nicht Teil einer Gesamtregelung, die ihren Sinn und ihre Rechtfertigung verlöre, nähme man diesen Bestandteil heraus (BVerfGE 26, 246 [258] mit weiteren Nachweisen).

3. Es verstößt nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG, wenn § 10 Abs. 4 HessAbgEntschG die Anrechnung von Zeiten früherer Mitgliedschaft auf diejenigen Abgeordneten beschränkt, die - anders als der Beschwerdeführer - dem Landtag in der sechsten Wahlperiode angehören.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bestimmt die Natur des jeweiligen Sachbereichs, ob und welche Differenzierungen der Gleichheitssatz bei der Ordnung eines Sachverhalts zuläßt. Der Gesetzgeber kann dabei für sich eine weitgehende Gestaltungsfreiheit in Anspruch nehmen und grundsätzlich unter mehreren Lösungen die ihm am geeignetsten erscheinende wählen, mag sie auch nicht zugleich die zweckmäßigste oder gerechteste sein. Der durch Art. 3 Abs. 1 GG geschützte Bereich wird erst dann tangiert, wenn eine ungleiche Behandlung mit einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise nicht mehr vereinbar ist, wenn es an sachlich vertretbaren, sie rechtfertigenden Gesichtspunkten schlechthin fehlt. Nur über die Einhaltung dieser äußersten Grenzen hat das Bundesverfassungsgericht bei der Prüfung der Frage zu wachen, ob der Gleichheitssatz verletzt ist (vgl. u. a. BVerfGE 17, 319 [330]; 23, 12 [24 f., 28]; 24, 220 [228]; 25, 269 [292 f.]; 27, 1 [9 f.] und 364 [371 f.]). Sie sind im vorliegenden Fall nicht überschritten.

Die Einführung der Altersversorgung für Abgeordnete wurde in Hessen von der Absicht getragen, einer "pluralistischen" Zusammensetzung des Landtags den Weg zu ebnen und die gewählten Abgeordneten mehr als bisher in ihrer wirtschaftlichen Unabhängigkeit zu sichern (Sten.Prot. der 32. Sitzung des Hessischen Landtages, VI. Wahlperiode, S. 1662 ff.). Derartige Zielvorstellungen werden nicht dadurch gefördert, daß man bereits ausgeschiedenen Abgeordnete in den Adressatenkreis der beabsichtigten Maßnahmen einbezieht. Soweit es sich darum handelt, auf die gegenwärtige und zukünftige Zusammensetzung des Parlaments Einfluß zu nehmen, erscheint eine Auswahl der Begünstigten nach zeitlichen Kriterien und damit eine Unterscheidung zwischen früheren und jetzigen respektive künftigen Mitgliedern des Landtages sachgerecht. Dem entspricht es, wenn nur die Abgeordneten der sechsten und späteren Wahlperioden an der Altersversorgung teilhaben sollen und die Mitgliedschaft seit dem Inkrafttreten der Neuregelung - 1. Januar 1968 - als Wartezeit zählt (§ 10 Abs. 1 HessAbgEntschG i. V. m. Art. 4 des Dritten Gesetzes zur Änderung des Abgeordnetenentschädigungsgesetzes). Für die vorgenommene Differenzierung läßt sich darüber hinaus der Umstand anführen, daß Eigenleistungen für das zu gewährende Ruhegeld zu erbringen sind, mit denen der vor Beginn der sechsten Wahlperiode ausgeschiedene Abgeordnete zu keiner Zeit belastet wurde.

Von seiner an einem festgelegten Stichtag ausgerichteten Grundkonzeption ist der Landesgesetzgeber allerdings durch die in § 10 Abs. 4 HessAbgEntschG getroffene Sonderregelung abgewichen: Sie gestattet es, zugunsten der Abgeordneten der sechsten Landtagswahlperiode einen sonst für die tatbestandlichen Voraussetzungen des Ruhegeldanspruchs irrelevanten Zeitraum einzubeziehen. Diese "Systemdurchbrechung" ist indessen noch sachlich vertretbar (vgl. BVerfGE 24, 75 [100]; 18, 315 [334]). Die durch § 10 Abs. 4 HessAbgEntschG begründete Gewißheit der Altersversorgung kann älteren Abgeordneten den Entschluß erleichtern, sich nicht mehr um ein Mandat zu bemühen und so jüngeren Bewerbern den Weg in den Landtag zu ebnen - ein Gesichtspunkt, dem angesichts der zumindest Ende der sechziger Jahre noch unausgewogenen Altersschichtung in den Parlamenten eine besondere Bedeutung zukam.

Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG kann schließlich nicht daraus hergeleitet werden, daß § 22 des Gesetzes über die Entschädigung der Mitglieder des Bundestages vom 3. Mai 1968 (Diätengesetz 1968 (BGBl. I S. 334) sowie einige Ländergesetze (vgl. u. a. § 12 Abs. 1 des Bad.-Württ. Gesetzes über die Entschädigung der Abgeordneten i. d. F. vom 6. Oktober 1970 (GBl. S. 459); § 28 Abs. 2 des Gesetzes über die Entschädigung der Abgeordneten des Niedersächsischen Landtages i. d. F. der Neubekanntmachung vom 25. März 1969 (GVBl. S. 67) und des Änderungsgesetzes vom 25. Februar 1970 (GVBl. S. 43) eine für bereits ausgeschiedene Abgeordnete andere, nämlich günstigere Regelung enthalten. Angesichts der föderalistischen Struktur der Bundesrepublik bestand keine Verpflichtung, eine derartige Regelung nach Hessen zu übernehmen, sofern nur das entsprechende, dort geltende Landesrecht als solches dem Gleichheitssatz nicht widerspricht (BVerfGE 27, 175 [179] mit weiteren Nachweisen).

IV.

Die Entscheidung ist im Ergebnis mit 4:3 Stimmen ergangen.

Leibholz Geller v. Schlabrendorff Rupp Geiger Rinck Wand

Abweichende Meinung der Richter Dr. Leibholz, Dr. v. Schlabrenorff und Dr. Rinck zu dem Beschluß des Zweiten Senats des Bundeverfassungsgerichts vom 21. Oktober 1971 - 2 BvR 367/69 -

Die Verfassungsbeschwerde ist nach unserer Ansicht begründet. Entgegen der Auffassung der Senatsmehrheit meinen wir: Die der Abgeordnetenaltersversorgung allgemein zugrundeliegende Stichtagsregelung ist in § 10 Abs. 4 HessAbgEntschG für die Abgeordneten der sechsten Wahlperiode - und zwar nur für diese - ohne zureichende, sachlich irgendwie vertretbare Gründe durchbrochen worden.

Gewiß ist nach dem Hessischen Abgeordnetenentschädigungsgesetz die Lage der zur Zeit der Einführung der Ruhegeldregelung noch dem Parlament angehörenden Abgeordneten und der bereits ausgeschiedenen Abgeordneten nicht die gleiche. Der Gesetzgeber konnte auch im Rahmen seiner Gestaltungsfreiheit diejenigen, die zur Zeit des Inkrafttretens der Ruhegehaltsregelung den Rechtsstatus des Abgeordneten hatten, bei einer auf die Zukunft gerichteten Regelung grundsätzlich anders behandeln als die ausgeschiedenen ehemaligen Mitglieder des Landtages. Der Gesetzgeber war also durchaus in der Lage zu bestimmen, daß den Abgeordneten des Landtages erst von der sechsten Wahlperiode an die einheitlich gewährte Altersversorgung zugute kommen sollte, nicht dagegen den Abgeordneten, die früher einmal dem Landtag angehört hatten.

Nun hat aber § 10 Abs. 4 HessAbgEntschG eine Bestimmung getroffen, nach der Zeiten der Mitgliedschaft im Landtag, die vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes liegen, ausschließlich für Abgeordnete, die dem Landtag in der sechsten Wahlperiode angehören, berücksichtigt werden.

Dieser "Rückgriff in die Vergangenheit" zeigt, daß neben den legitimen, gegenwarts- und zukunftsorientierten Absichten des Gesetzgebers eine weitere, mit diesen nicht unmittelbar zusammenhängende Vorstellung für den Gesetzgeber motivierend gewesen ist. Maßgebend war die Vorstellung, daß für die älteren - während der sechsten Wahlperiode dem Landtag angehörenden - Abgeordneten nicht nur die künftig, sondern auch die bereits vor Inkrafttreten des Dritten Gesetzes zur Änderung des Abgeordnetenentschädigungsgesetzes am 1. Januar 1968 mit der Mandatsübernahme verbundenen Nachteile im Rahmen der Altersversorgung nachträglich ausgeglichen werden sollten. Diese Abgeordneten sind nämlich durch § 10 Abs. 4 HessAbgEntschG in die Lage versetzt worden, sich die Zeiten früherer Parlamentszugehörigkeit anrechnen zu lassen und dadurch - auch wenn das sonst nicht möglich wäre - die Voraussetzungen für die Geltendmachung eines Ruhegeldanspruchs zu erfüllen. Wird aber ein dem Landtag in der sechsten Wahlperiode angehörender Abgeordneter auf diesem Wege gleichsam dafür "belohnt", daß er vor dem 1. Januar 1968 ungeachtet aller Schwierigkeiten seine parlamentarischen Funktionen erfüllt hat, so besteht kein sich aus der Natur der Sache ergebender oder sonst irgendwie einleuchtender Grund, der es rechtfertigen könne, einen früheren Abgeordneten, der - wie der Beschwerdeführer - alle übrigen gesetzlichen Anspruchsvoraussetzungen erfüllt hat, von der Altersversorgung auszuschließen. Insbesondere ist der Hinweis, daß die Anrechnung der vor der sechsten Wahlperiode liegenden parlamentarischen Tätigkeit es älteren Abgeordneten erleichtert habe, ihr Mandat niederzulegen oder sich in Zukunft nicht mehr um ein Mandat zu bewerben, dazu nicht geeignet.

Das Ruhegehalt des Abgeordneten ist - wie in dem Beschluß unter III 1 im einzelnen dargelegt - heute ein "Annex seiner Besoldung", die ihre Rechtfertigung darin findet, daß die "Entschädigung" des Abgeordneten im Zuge der Entwicklung von der liberalen parlamentarisch-repräsentativen Demokratie zu der mehr radikal-egalitären parteienstaatlichen Demokratie, wie sie durch Art. 21 GG auch verfassungsrechtlich geprägt worden ist, von einer bloßen Aufwandsentschädigung mehr und mehr zu einem Entgelt für die im Parlament geleisteten Dienste geworden ist. Es liegt auf der Hand, daß unter diesem Blickpunkt der Beschwerdeführer nicht anders hätte behandelt werden dürfen als die übrigen älteren Abgeordneten, mit denen er gemeinsam dem Landtag angehört hat.

Die Absicht des hessischen Gesetzgebers, durch die Einführung der Altersversorgung für Abgeordnete einer "pluralistischen" Zusammensetzung des Landtages den Weg zu ebnen, ist jedenfalls nicht dazu angetan, die verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Ausnahmeregelung für die älteren Abgeordneten der sechsten Wahlperiode auszuräumen. Nichts spricht dafür, daß gerade die älteren Abgeordneten der sechsten Wahlperiode die "pluralistische" Zusammensetzung des Landtages in besonderem Maße erschwert hätten. Im übrigen hat die in den letzten Jahren zu beobachtende Entwicklung gezeigt, daß sich die Altersschichtung in den Parlamenten bereits aus anderen Gründen unabhängig von der Regelung der Altersversorgung zugunsten der jüngeren Abgeordneten zu ändern begonnen hat. Zunehmend werden jüngere Wahlbewerber aufgestellt und kommen ältere Abgeordnete nicht mehr zum Zuge.

Auch der Umstand, daß der durch § 10 Abs. 4 HessAbgEntschG privilegierte Abgeordnete in Zukunft Eigenleistungen zu erbringen hatte, kann nicht zur Rechtfertigung dieser Bestimmung dienen. Denn diese Beiträge werden für die anrechenbaren Zeiträume vor dem 1. Januar 1968 nicht nacherhoben. Sie sind nicht ein ins Gewicht fallendes Äquivalent für ein möglicherweise schon alsbald nach Inkrafttreten der Neuregelung fällig werdendes Ruhegeld.

Nach alledem vermögen die zur Rechtfertigung des § 10 Abs. 4 HessAbgEntschG denkbaren Gesichtspunkte bei näherem Zusehen nicht die Annahme zu entkräften, daß diese systemwidrige Ausnahmeregelung auf eine Art "Selbstversorgung" der Abgeordneten der sechsten Wahlperiode hinausläuft. Dies wird vollends deutlich, wenn man hinzunimmt, daß ältere Abgeordnete, die während der sechsten Wahlperiode nicht dem Landtag angehörten, auf ihre frühere Parlamentszugehörigkeit auch dann nicht zurückgreifen können, falls sie in der siebenten oder einer späteren Wahlperiode wieder Mitglieder des Landtages werden. Eine solche "Selbstversorgung" ist aber mit dem Gleichheitssatz nicht vereinbar.

Die Anrechnung früherer Zeiten der Mitgliedschaft ausschließlich bei den dem Landtag in der sechsten Wahlperiode angehörenden Abgeordneten ohne gleichzeitige Berücksichtigung dieser Zeiten auch bei den während der sechsten Wahlperiode nicht dem Landtag angehörenden Abgeordneten widerspricht nicht nur dem bei den Beratungen zu der entsprechenden Regelung auf Bundesebene hervorgehobenen "natürlichen Gedanken der Loyalität" (Sten.Ber. der 161. Sitzung des Deutschen Bundestages, 5. Wahlperiode S. 8506). Sie verletzt darüber hinaus das Grundrecht des Beschwerdeführers aus Art. 3 Abs. 1 GG.

Leibholz v. Schlabbrendorff Rinck