OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 25.10.2016 - 1 M 124/16
Fundstelle
openJur 2019, 39528
  • Rkr:

1. In Konkurrentenstreitigkeiten um die Besetzung eines Beförderungsdienstpostens mit einhergehender bzw. sich anschließender Beförderung der Bewerber ohne erneutes Auswahlverfahren bezogen auf die Beförderungsplanstelle besteht ein Anordnungsgrund für den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, mit der zwar nicht die vorläufige Besetzung des Dienstpostens, indes die vom Dienstherrn angekündigte, gleichsam "automatische" Beförderung des Mitbewerbers verhindert werden soll.

2. Für die Verhinderung der Vergabe des (Beförderungs-)Dienstpostens besteht zwar grundsätzlich kein Anordnungsgrund, während ein solcher für die Vergabe des (Beförderungs-)Statusamtes glaubhaft gemacht werden kann. Dies ist insbesondere in Fällen anzunehmen, in denen die Beförderung erklärtermaßen ohne weitere Ausschreibung des Statusamtes bzw. ohne neue Auswahlentscheidung zu einem späteren Zeitpunkt (ggf. rechtswidrig, weil nicht in einem engen zeitlichen Zusammenhang zu der Zuweisung des Beförderungsdienstpostens stehend) erfolgen soll.

3. Einzelfall der sog. Vorwirkung mit rechtwidrigem Anforderungsprofilmerkmal (besondere Sprachkenntnisse): Ausnahmefall nicht vom Dienstherrn (rechtzeitig) dargelegt, dass die Wahrnehmung der Aufgaben des streitgegenständlichen Dienstpostens zwingend besondere Kenntnisse oder Fähigkeiten voraussetzt, die ein Laufbahnbewerber regelmäßig nicht mitbringt und sich in angemessener Zeit und ohne unzumutbare Beeinträchtigung der Aufgabenwahrnehmung auch nicht verschaffen kann.

Gründe

1. Die zulässige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichtes Magdeburg - 5. Kammer - vom 30. August 2016, deren Prüfung gemäß § 146 Abs. 4 Satz 1 und 6 VwGO auf die dargelegten Gründe beschränkt ist, hat in der Sache Erfolg.

Das Verwaltungsgericht hat die vom Antragsteller begehrte einstweilige Anordnung in der Sache zu Unrecht versagt, soweit dieser letztlich begehrt (§ 88 VwGO), dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig aufzugeben, keine Stellenbesetzung (Beförderung) auf der dem Dienstposten der/des Referentin/Referenten im Referat 42 - Hochschulen - beim Antragsgegner (BesGr. A 15 LBesO) zugeordneten Planstelle vorzunehmen, solange nicht über die Bewerbung des Antragstellers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut entschieden worden ist. Vielmehr hat der Antragsteller den für den Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 Abs. 1 VwGO i. V. m. §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO erforderlichen Anordnungsanspruch und den Anordnungsgrund glaubhaft gemacht.

Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf das streitige Rechtsverhältnis erlassen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder wenn die Regelung aus anderen Gründen nötig erscheint. Der geltend gemachte Anspruch (Anordnungsanspruch) sowie die Notwendigkeit der vorläufigen Regelung (Anordnungsgrund) sind gemäß § 123 Abs. 3 VwGO in Verbindung mit den §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO glaubhaft zu machen. Wird mit einer Regelungsanordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO die Hauptsache ganz oder teilweise vorweggenommen und dadurch in aller Regel ein faktisch endgültiger Zustand geschaffen, kann eine Regelung nur ergehen, wenn der Antragsteller in der Hauptsache zumindest überwiegende Erfolgsaussichten hat und schlechthin unzumutbaren, anders nicht abwendbaren Nachteilen ausgesetzt wäre, wenn er auf den rechtskräftigen Abschluss eines Klageverfahrens verwiesen werden müsste. Überwiegende Aussichten in der Hauptsache bestehen hingegen nur dann, wenn der geltend gemachte Anspruch mit größter Wahrscheinlichkeit begründet ist und aller Voraussicht nach auch im Hauptsacheverfahren bestätigt werden wird (vgl. OVG LSA, Beschluss vom 5. Januar 2007 - 1 M 1/07 -, juris [m. w. N.]).

a) Mit Recht macht die Beschwerde geltend, der Antragsteller habe den Anordnungsgrund dafür glaubhaft gemacht, dem Antragsgegner vorläufig zu untersagen, die Beigeladene auf dem streitgegenständlichen Beförderungsdienstposten, d. h. auf die diesem zugeordnete (Beförderungs-)Planstelle zu befördern.

Vorliegend geht es nicht mehr um eine bloße (Beförderungs-)Dienstpostenkonkurrenz (siehe hierzu: OVG LSA, Beschluss vom 7. Juni 2012 - 1 M 60/12 - [m. w. N.]), sondern um eine originäre Beförderungskonkurrenz. In Konkurrentenstreitigkeiten um die Besetzung eines Beförderungsdienstpostens mit einhergehender bzw. sich anschließender Beförderung der Bewerber ohne erneutes Auswahlverfahren bezogen auf die Beförderungsplanstelle besteht ein Anordnungsgrund für den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, mit der zwar nicht die vorläufige Besetzung des Dienstpostens, indes die vom Dienstherrn angekündigte, gleichsam "automatische" Beförderung des Mitbewerbers verhindert werden soll. Denn bei einer solchen Fallgestaltung erhält der unterlegene Bewerber keine Kenntnis mehr von der sodann anstehenden Beförderung des Beförderungsdienstposteninhabers und ist entgegen den Anforderungen des Art. 19 Abs. 4 i. V. m. Art. 33 Abs. 2 GG deshalb gehindert, seinen Bewerbungsverfahrensanspruch wirksam durchsetzen zu können.

Hinzu kommt, dass die Beförderung des Inhabers eines höherwertigen Dienstpostens ohne Bewerberauswahl allenfalls dann mit Art. 33 Abs. 2 GG in Einklang steht, wenn der Beförderungsdienstposten seinerseits aufgrund einer Bewerberauswahl in Anwendung des Leistungsgrundsatzes vergeben worden ist. Nur wenn den Anforderungen des Art. 33 Abs. 2 GG bereits bei der Besetzung des Dienstpostens genügt worden ist, kann der ausgewählte Beamte nach erfolgreichem Abschluss einer Bewährungszeit ohne nochmalige Bewerberauswahl befördert werden (siehe: BVerwG, Urteil vom 11. Februar 2009 - 2 A 7.06 -, juris; Urteil vom 17. August 2005 - 2 C 36.04 -, juris [m. w. N.]). Das bedeutet in Fällen der "kommissarischen" Beförderungsdienstpostenübertragung, dass bei fehlender Entkopplung der Vergabe von Dienstposten und Statusamt zunächst rechtskräftig die Rechtmäßigkeit der Dienstpostenübertragung geklärt sein muss.

Hinzu tritt ferner, dass die Übertragung des Beförderungsamtes selbst nicht in erheblichem zeitlichem Abstand zur Bewerberauswahl um den Beförderungsdienstposten erfolgen darf, ohne dass ein weiterer der Beförderung zeitlich näher gelegener Leistungsvergleich durchgeführt wurde. Denn es ist nicht ausgeschlossen, dass der zeitlich noch vor der Übertragung des Beförderungsdienstpostens durchgeführte Leistungsvergleich inzwischen an Aktualität eingebüßt hat und daher nicht mehr aussagekräftig im Sinne von Art. 33 Abs. 2 GG ist (siehe: BVerwG, Urteil vom 11. Februar 2009 - 2 A 7.06 -, juris). Daher ist der Verzicht auf ein weiteres Auswahlverfahren nur in einem engen zeitlichen Zusammenhang zu der Zuweisung des Beförderungsdienstpostens denkbar, um die Aktualität der dienstlichen Beurteilungen zu wahren und in der Zwischenzeit möglicherweise hinzukommende weitere Bewerber nicht ohne hinreichende Rechtfertigung vom Auswahlverfahren über das Beförderungsamt auszuschließen (so: BVerwG, Beschluss vom 20. Juni 2013 - 2 VR 1.13 -, a. a. O.; OVG NRW, Beschluss vom 24. Oktober 2013 - 6 B 983/13 -, juris).

Der durch eine einstweilige Anordnung zu sichernde Bewerbungsverfahrensanspruch dient im Übrigen dem Ziel, im Konkurrentenstreitverfahren die Besetzung der angestrebten (Plan-)Stelle durch Ernennung bzw. Beförderung des Konkurrenten zu verhindern, weil Ernennung bzw. Beförderung nur nach der eingeschränkten Maßgabe der Vorschriften des Beamtenrechtes rückgängig gemacht werden können. In beamtenrechtlichen Konkurrentenstreitverfahren ist die eigentlich dem Hauptverfahren vorbehaltene Frage der Rechtmäßigkeit der Stellenbesetzung regelmäßig bereits im Verfahren der Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes zu klären.

Sind - wie hier - mit der Dienstpostenzuweisung Vorwirkungen auf die spätere Vergabe des Amts im statusrechtlichen Sinne verbunden und wird die hierauf bezogene Auswahlentscheidung damit vorweggenommen oder vorbestimmt, kann der Dienstherr die Bindung an die Auswahlgrundsätze des Art. 33 Abs. 2 GG bereits bei der Auswahlentscheidung für die Dienstpostenvergabe nur dann vermeiden, wenn er die Dienstpostenvergabe von der Auswahlentscheidung für die Vergabe des Statusamtes entkoppelt (so: BVerwG, Beschluss vom 20. Juni 2013 - 2 VR 1.13 -, juris = BVerwGE 147, 20). Dies kann etwa dergestalt erfolgen, dass die Übertragung - der Aufgaben - eines Beförderungsdienstpostens an einen Mitbewerber im laufenden Auswahlverfahren lediglich "kommissarisch" erfolgt und die dort von ihm gezeigten Leistungen dem rechtswidrig übergangenen Beamten nicht entgegengehalten werden dürfen, so dass durch das Ausblenden der höherwertigen Aufgabenwahrnehmung eine Vorwirkung auf künftige Auswahlentscheidungen für die Vergabe von Statusämtern vermieden wird (siehe: BVerwG, Beschluss vom 10. Mai 2016 - 2 VR 2.15 -, juris; VGH BW, Beschluss vom 27. Juli 2016 - 4 S 1083/16 -, juris).

Mit anderen Worten: Für die Verhinderung der Vergabe des (Beförderungs-)Dienst-postens besteht zwar grundsätzlich kein Anordnungsgrund, während ein solcher für die Vergabe des (Beförderungs-)Statusamtes - wie er hier nurmehr noch streitgegenständlich ist - glaubhaft gemacht werden kann. Dies ist insbesondere in Fällen anzunehmen, in denen die Beförderung erklärtermaßen ohne weitere Ausschreibung des Statusamtes bzw. ohne neue Auswahlentscheidung zu einem späteren Zeitpunkt (ggf. rechtswidrig, weil nicht in einem engen zeitlichen Zusammenhang zu der Zuweisung des Beförderungsdienstpostens stehend) erfolgen soll.

Im gegebenen Fall hat der Antragsgegner mit Schriftsatz vom 20. Oktober 2016 indes gerade ausdrücklich erklärt, dass beabsichtigt sei, nach Ablauf der Bewährungszeit auf dem zu besetzenden (Beförderungs-)Dienstposten die Beigeladene ohne weitere Ausschreibung bzw. ohne erneute Auswahlentscheidung auf die zugeordnete (Beförderungs-)Planstelle zu befördern und damit die bereits mit Schreiben vom 4. Juli 2016 (sog. Negativ-Mitteilung, Bl. 121 f. der Beiakte A) dem Antragsteller mitgeteilte Absicht bestätigt, die Beigeladene "nach Feststellung der Bewährung nach A 15 zu befördern". Es ist seitens des Antragsgegners auch weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich, dass die beabsichtigte Beförderung zeitlich erst dann erfolgen soll, wenn über die Rechtmäßigkeit der Vergabe des Beförderungsdienstpostens in einem verwaltungsgerichtlichen (Hauptsache-)Verfahren abschließend entschieden wurde. Nur eine dahingehende Fallgestaltung oder eine dahin lautende wie rechtzeitige Erklärung des Dienstherrn ließe den statusamtsbezogenen Anordnungsgrund entfallen.

b) Der Antragsteller hat - wie die Beschwerde ebenfalls zutreffend dargelegt hat - zudem den erforderlichen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht.

Nach Art. 33 Abs. 2 GG hat jeder Deutsche nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt. Danach sind öffentliche Ämter nach Maßgabe des Leistungsgrundsatzes zu besetzen, dessen Geltung durch Art. 33 Abs. 2 GG unbeschränkt und vorbehaltlos gewährleistet wird. Art. 33 Abs. 2 GG vermittelt ein grundrechtsgleiches Recht auf leistungsgerechte Einbeziehung in die Bewerberauswahl unmittelbar nach Maßgabe von Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung. Ein Bewerber um ein öffentliches Amt kann verlangen, dass seine Bewerbung nur aus Gründen zurückgewiesen wird, die durch den Leistungsgrundsatz gedeckt sind (Bewerbungsverfahrensanspruch). Der Bewerberauswahl dürfen nur Gesichtspunkte zugrunde gelegt werden, die den von Art. 33 Abs. 2 GG geforderten Leistungsbezug aufweisen (BVerwG, Urteil vom 30. Juni 2011 - 2 C 19.10 -, NVwZ 2011, 1270 [m. w. N.]). Ein Beförderungsbewerber hat dementsprechend einen Anspruch darauf, dass der Dienstherr über seine Bewerbung ermessens- und beurteilungsfehlerfrei entscheidet (BVerfG, Kammerbeschluss vom 9. Juli 2002 - 2 BvQ 25/02 -, NVwZ 2002, 1367, und Kammerbeschluss vom 24. September 2002 - 2 BvR 857/02 -, NVwZ 2003, 200; BVerwG, Urteil vom 21. August 2003 - 2 C 14.02 -, BVerwGE 118, 370 [m. z. N.]).

Aus Art. 33 Abs. 2 GG i. V. m. Art. 19 Abs. 4 GG folgt des Weiteren die Verpflichtung des Dienstherrn, die seiner Entscheidung zugrunde liegenden wesentlichen Auswahlerwägungen schriftlich niederzulegen. Nur durch eine schriftliche Fixierung der wesentlichen Auswahlerwägungen - deren Kenntnis sich der unterlegene Bewerber gegebenenfalls durch Akteneinsicht verschaffen kann - wird der Mitbewerber in die Lage versetzt, sachgerecht darüber befinden zu können, ob er die Entscheidung des Dienstherrn hinnehmen soll oder ob Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen den Anspruch auf faire und chancengleiche Behandlung seiner Bewerbung bestehen und er gerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch nehmen will. Darüber hinaus eröffnet erst die Dokumentation der maßgeblichen Erwägungen dem Gericht die Möglichkeit, die angegriffene Entscheidung eigenständig nachzuvollziehen. Schließlich stellt die schriftliche Dokumentation der Auswahlerwägungen sicher, dass die Bewertungsgrundlagen der entscheidenden Stelle vollständig zur Kenntnis gelangt sind; sie erweist sich damit als verfahrensbegleitende Absicherung der Einhaltung der Maßstäbe des Art. 33 Abs. 2 GG (so ausdrücklich: BVerwG, Beschluss vom 16. Dezember 2008 - 1 WB 19.08 -, NVwZ-RR 2009, 604, unter Bezugnahme auf BVerfG, Beschluss vom 9. Juli 2007 - 2 BvR 206/07-, NVwZ 2007, 1178).

Für die Rechtmäßigkeit der Auswahlentscheidung kommt es im Übrigen allein auf die Erwägungen an, die der Dienstherr bei seiner Auswahlentscheidung in Ausübung seines Verwendungsermessens und des ihm vorbehaltenen Beurteilungsspielraums hinsichtlich der Eignung der Kandidaten angestellt hat. Mit dieser Entscheidung wird zugleich die Sach- und Rechtslage fixiert, die maßgeblich für die gerichtliche Beurteilung ist. Zwar können Ermessenserwägungen sowie Einschätzungen, bei denen ein Beurteilungsspielraum besteht, in entsprechender Anwendung des § 114 Satz 2 VwGO im gerichtlichen Verfahren ergänzt werden. Hierzu gehört indes nicht die vollständige Nachholung oder die Auswechslung der die Entscheidung tragenden Gründe. Derartige Erwägungen sind vielmehr unzulässig und bei der gerichtlichen Kontrolle der Auswahlentscheidung nicht berücksichtigungsfähig. Gegenteiliges folgt auch nicht aus § 45 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 VwVfG (i. V. m. § 1 VwVfG LSA), da die Nachholung einer Begründung hiernach bereits dokumentierte materielle Auswahlerwägungen voraussetzt (siehe zum Vorstehenden: BVerwG, Beschluss vom 25. Oktober 2011 - 2 VR 4.11 -, IÖD 2011, 2; Beschluss vom 16. Dezember 2008 - 1 WB 19.08 -, a. a. O.; zudem: OVG LSA, Beschluss vom 26. Oktober 2010 - 1 M 125/10 -, juris [m. w. N.]).

Die im Rahmen der Ermessensentscheidung vorzunehmende Beurteilung von Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung ist ein Akt wertender Erkenntnis, bei dem der Ernennungsbehörde durch Art. 33 Abs. 2 GG ein Beurteilungsspielraum eingeräumt ist mit der Folge, dass Verwaltungsgerichte bei der Überprüfung der behördlichen Entscheidung darauf beschränkt sind, die Einhaltung seiner Grenzen zu kontrollieren, nämlich ob der Dienstherr den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen der Beurteilungsermächtigung verkannt hat, von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, allgemein gültige Bewertungsmaßstäbe nicht beachtet oder sachfremde Erwägungen angestellt hat (siehe: OVG LSA, Beschluss vom 26. August 2009 - 1 M 52/09 -, juris [m. w. N.]). Wird das subjektive Recht aus Art. 33 Abs. 2 GG durch eine fehlerhafte Auswahlentscheidung des Dienstherrn verletzt, folgt daraus, dass der unterlegene Bewerber eine erneute Entscheidung über seine Bewerbung zumindest dann beanspruchen kann, wenn seine Aussichten, beim zweiten Mal ausgewählt zu werden, offen sind, d. h. wenn seine Auswahl möglich erscheint (BVerfG, Beschluss vom 24. September 2002 - 2 BvR 857/02 -, NVwZ 2003, 200).

Soweit der Antragsgegner und mit ihm die Beigeladene davon ausgehen, dass der Antragsteller das in der dienstpostenbezogenen Ausschreibung aufgeführte Anforderungsprofil nicht vollständig erfüllt und daher aus dem weiteren Auswahlverfahren (Leistungsvergleich) ausgeschieden wurde, wird der Bewerbungsverfahrensanspruch des Antragstellers aus Art. 33 Abs. 2 GG i. V. m. Art. 19 Abs. 4 GG - wie die Beschwerde mit Recht rügt - verletzt. Insoweit sind die Aussichten des Antragstellers offen, beim zweiten Mal ausgewählt zu werden, d. h. seine Auswahl erscheint möglich.

Die an Art. 33 Abs. 2 GG zu messende Auswahlentscheidung für ein - wie vorliegend nurmehr noch streitgegenständlich - Statusamt darf grundsätzlich nicht anhand der Anforderungen eines konkreten Dienstpostens erfolgen (siehe: BVerwG, Beschluss vom 20. Juni 2013 - 2 VR 1.13 -, BVerwGE 147, 20; OVG LSA, Beschluss vom 16. Juni 2014 - 1 M 51/14 -, juris). Zwar kann der Dienstherr über die Eignung des Bewerberfeldes auch in einem gestuften Auswahlverfahren befinden. Bewerber, die die allgemeinen Ernennungsbedingungen oder die laufbahnrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllen oder die aus sonstigen Eignungsgründen für die Ämtervergabe von vornherein nicht in Betracht kommen, können in einer ersten Auswahl ausgeschlossen werden und müssen nicht mehr in den Leistungsvergleich einbezogen werden. Bei der Bestimmung des Anforderungsprofils ist der Dienstherr aber an die gesetzlichen Vorgaben gebunden und, soweit - wie im gegebenen Fall - eine an Art. 33 Abs. 2 GG zu messende Dienstpostenvergabe in Rede steht, auch zur Einhaltung des Grundsatzes der Bestenauswahl verpflichtet (siehe: BVerwG, Beschluss vom 20. Juni 2013, a. a. O. [m. w. N.]; OVG LSA, Beschluss vom 16. Juni 2014, a. a. O.).

Hiermit ist eine Einengung des Bewerberfeldes aufgrund der besonderen Anforderungen eines bestimmten Dienstpostens grundsätzlich nicht vereinbar. Zwar entscheidet der Dienstherr über die Einrichtung und nähere Ausgestaltung von Dienstposten innerhalb des von Verfassung und Parlament vorgegebenen Rahmens aufgrund der ihm zukommenden Organisationsgewalt nach seinen Bedürfnissen. Setzt ein Dienstposten nach seiner Funktionsbeschreibung spezifische Anforderungen voraus, die der Inhaber zur ordnungsgemäßen Wahrnehmung der Dienstaufgaben erfüllen muss, können diese Kriterien im Rahmen der Stellenausschreibung verlangt werden (siehe: BVerwG, Beschluss vom 20. Juni 2013, a. a. O.; OVG LSA, Beschluss vom 16. Juni 2014, a. a. O.).

Die Organisationsgewalt des Dienstherrn ist aber beschränkt und an die Auswahlgrundsätze des Art. 33 Abs. 2 GG gebunden, wenn - wie hier vom Verwaltungsgericht angenommen und von der Beschwerde nicht weiter in Frage gestellt - mit der Dienstpostenzuweisung Vorwirkungen auf die spätere Vergabe des Amtes im statusrechtlichen Sinne verbunden sind und die hierauf bezogene Auswahlentscheidung damit vorweggenommen oder vorbestimmt wird. In diesen Fällen sind die Vorgaben des Anforderungsprofils vielmehr den Maßstäben aus Art. 33 Abs. 2 GG unterworfen. Da der Bezugspunkt der Auswahlentscheidung nach Art. 33 Abs. 2 GG indes nicht die Funktionsbeschreibung des konkreten Dienstpostens, sondern das angestrebte Statusamt ist, ist es mit Art 33 Abs. 2 GG unvereinbar, einen Bewerber vom Auswahlverfahren auszuschließen, nur weil er den besonderen Anforderungen des aktuell zu besetzenden Dienstpostens nicht entspricht (so: BVerwG, Beschluss vom 20. Juni 2013, a. a. O.; OVG LSA, Beschluss vom 16. Juni 2014, a. a. O.).

Ausnahmen hiervon sind nur zulässig, wenn die Wahrnehmung der Aufgaben eines Dienstpostens zwingend besondere Kenntnisse oder Fähigkeiten voraussetzt, die ein Laufbahnbewerber regelmäßig nicht mitbringt und sich in angemessener Zeit und ohne unzumutbare Beeinträchtigung der Aufgabenwahrnehmung auch nicht verschaffen kann. Diese Voraussetzungen hat der Dienstherr darzulegen, sie unterliegen voller gerichtlicher Kontrolle (siehe: BVerwG, Beschluss vom 20. Juni 2013, a. a. O.). Das Anforderungsprofil muss dabei zwingend vor Beginn der Auswahlentscheidung festgelegt und dokumentiert werden, damit die Gründe für diese Entscheidung transparent sind und die Entscheidung nach den Kriterien des Art. 33 Abs. 2 GG überprüft werden kann. Die nach Art. 19 Abs. 4 GG gebotene effektive gerichtliche Kontrolle wäre anderenfalls praktisch nicht möglich (siehe: BVerwG, Urteil vom 3. März 2011 - 5 C 16.10 -, BVerwGE 139, 135; Beschluss vom 20. Juni 2013, a. a. O.; OVG LSA, Beschluss vom 16. Juni 2014, a. a. O.).

Eine solche dienstpostenbezogene Ausnahme macht der Antragsgegner vorliegend zwar geltend. Indes ist nach der hier allein maßgeblichen Dokumentation vom 11. Februar 2016 (Bl. 3 der Beiakte A) über das Anforderungsprofil vor Beginn der Auswahlentscheidung weder zu erkennen, dass die Wahrnehmung der Aufgaben des streitgegenständlichen Dienstpostens zwingend besondere Kenntnisse oder Fähigkeiten in Bezug auf Englischsprachkenntnisse voraussetzt, noch dass sich ein Bewerber das gegebenenfalls erforderliche Sprachniveau in angemessener Zeit und ohne unzumutbare Beeinträchtigung der Aufgabenwahrnehmung nicht verschaffen kann.

Danach soll sich das mit der Ausschreibung vom 2. März 2016 geforderte Anforderungsmerkmal "Verhandlungssicheres Englisch in Wort und Schrift (Nachweis durch Sprachzertifikat; Sprachniveau mindestens BS)" zwingend daraus ergeben, dass Englisch im Bereich der Wissenschaft jene Sprache sei, in der Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen miteinander regelmäßig kommunizieren. Der Anteil ausländischer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an den Hochschulen des Landes Sachsen-Anhalt liege bei etwa 17%. Im Bereich der außeruniversitären Forschungseinrichtungen sei er nochmals deutlich höher. Insoweit seien für die auf dem Arbeitsplatz anfallenden Fachdiskussionen das Erläutern von Standpunkten sowie das Darstellen von Vor- und Nachteilen verschiedener Möglichkeiten in der englischen Sprache zwingend erforderlich und würden vom jeweiligen Gesprächspartner im Übrigen auch vorausgesetzt. Nach Maßgabe der Richtlinie des Gemeinsamen europäischen Referenzrahmens für Sprachen (CEFR) müsse es sich hierbei um solche Kenntnisse handeln, die dem Kompetenzniveau B 2 entsprächen.

Dass ein Bewerber objektiv nicht in der Lage sei, die auf dem Arbeitsplatz anfallenden Aufgaben zu erfüllen, wenn er über die geforderten Sprachkenntnisse nicht verfügt (siehe Seite 4 des Vermerkes vom 11. Februar 2016 (Bl. 6 der Beiakte A), ergibt sich aus der vorstehenden Begründung schon nicht zwingend. Englischsprachkenntnisse können angesichts des breiten Aufgabenbereiches des streitgegenständlichen Dienstpostens wie auch ausweislich des Vermerkes vom 11. Februar 2016 erkennbar nur für bestimmte Bereiche des Dienstpostens Relevanz aufweisen. In welchem Umfang und ab welchem Zeitpunkt ein bestimmtes Sprachniveau für welchen spezifischen Aufgabenbereich zwingend ist, erschließt sich aus dem Vermerk hingegen nicht. Erst recht ist nicht plausibel, aus welchen spezifischen Gründen das geforderte konkrete Sprachniveau sogleich vorhanden sein muss und insbesondere aufgrund welchen konkreten zeitlichen Aus-/Fortbildungsaufwandes ab welchem konkreten Sprachniveau ein Bewerber sich in angemessener Zeit und ohne unzumutbare Beeinträchtigung der Aufgabenwahrnehmung die geforderten Kenntnisse (aufgrund eines zu niedrigen Sprachniveaus) nicht mehr soll verschaffen können.

Hat der Dienstherr im Rahmen der Stellenausschreibung - wie hier - zwingende Vorgaben gemacht, die weder durch Art. 33 Abs. 2 GG noch vorab hinreichend schriftlich fixiert als dienstpostenbezogene Ausnahme im Interesse der Funktionsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung gerechtfertigt sind, ist das Auswahlverfahren fehlerhaft. Dieser Mangel kann nachträglich nicht geheilt werden, das Auswahlverfahren muss abgebrochen und die Stellenvergabe mit einer zulässigen Ausschreibung neu in Gang gesetzt werden (siehe: BVerwG, Beschluss vom 20. Juni 2013, a. a. O.; OVG LSA, Beschluss vom 16. Juni 2014, a. a. O.). Auf die im erst- wie zweitinstanzlichen verwaltungsgerichtlichen Verfahren hierzu nachgetragenen Gründe vermag sich der Antragsgegner hiernach ebenso wenig wie die Beigeladene mit Erfolg zu berufen.

Wird mithin infolge des fehlerhaften Auswahlverfahrens das subjektive Recht des Antragstellers aus Art. 33 Abs. 2 GG verletzt, kann dieser eine erneute Entscheidung über seine Bewerbung beanspruchen, denn der Antragsgegner hat die weitere Einbeziehung des Antragstellers in den Leistungsvergleich allein wegen der im Anforderungsprofil zwingend vorausgesetzten Englischsprachkenntnisse (siehe Seite 6 [unten] f. des Auswahlvermerkes vom 23. Mai 2016, Bl. 92 ff. der Beiakte A) versagt. Da nach den vorstehenden Ausführungen das Auswahlverfahren abgebrochen und die Stellenvergabe mit einer zulässigen Ausschreibung neu in Gang gesetzt werden muss, sind die Aussichten des Antragstellers, beim zweiten Mal ausgewählt zu werden, offen und erscheint seine Auswahl möglich.

2. Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 154 Abs. 1 und 3, 155 Abs. 1 Satz 3, 162 Abs. 3 VwGO; die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen als unterliegender Beteiligte des Verfahrens waren insgesamt nicht aus Gründen der Billigkeit für erstattungsfähig zu erklären.

3. Die Entscheidung über die Festsetzung der Höhe des Streitwertes für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG i. V. m. §§ 47, 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 bis 4 GKG. Insofern war hier für das Beschwerdeverfahren die Hälfte der Summe der für ein Kalenderjahr nach der Besoldungsgruppe A 15 LBesO LSA zu zahlenden Bezüge im Zeitpunkt der Rechtsmitteleinlegung zugrunde zu legen. Dabei geht der Senat nach den - unwidersprochen gebliebenen - Angaben des Antragstellers im Schriftsatz vom 12. September 2016 davon aus, dass dieser der 5. Erfahrungsstufe (5.573,78 € monatlich) zugeordnet ist. Der sich daraus ergebende Betrag war nicht im Hinblick auf ein bloßes Neubescheidungsbegehren weiter zu reduzieren (siehe: OVG LSA, Beschlüsse vom 15. April 2014 - 1 M 31/14 und 1 M 33/14 -, juris [m. w. N.]).

4. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 GKG i. V. m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).