OLG Düsseldorf, Beschluss vom 24.01.2018 - VI-U (Kart) 10/17
Fundstelle
openJur 2019, 26080
  • Rkr:
Tenor

Der Senat erklärt sich für sachlich und örtlich nicht zuständig und verweist den Rechtsstreit an das für die Entscheidung über die Berufung der Klägerin zuständige Oberlandesgericht Köln.

Gründe

I.

Die Beklagte gehört zur U…-Gruppe, die unter der Marke U in Deutschland derzeit mehr als 350 stationäre Bau- und Heimwerkermärkte betreibt. Mehr als 200 Märkte werden als Filialmärkte (Regiebetriebe) der Beklagten und die übrigen Märkte entweder (über 100) von Franchisenehmern oder (um 25) als Joint-Venture, das heißt mit einer Minderheitsbeteiligung der U-Gruppe, betrieben.

Die Klägerin ist Franchisenehmerin der Beklagten. Auf der Grundlage eines zwischen den Parteien im Jahr 2003 über eine Laufzeit von zunächst 20 Jahren geschlossenen Franchisevertrags (Anl. K 1 = Anlagenheft [AH] 1 ff.) betreibt sie in ……. einen stationären U-Markt.

Im Jahr 2010 beschloss die U-Gruppe, über den stationären Vertrieb hinaus auch den Internethandel („E-Commerce“) als Vertriebskanal zu nutzen. Im November 2010 eröffnete die U E-Commerce GmbH – eine Schwestergesellschaft der Beklagten – den U-Online-Shop.

Im Jahr 2013 entwickelte U ihr Online-Angebot weiter hin zum sogenannten „Cross-Channel-Konzept“. Hierbei handelt es sich um ein Handelsmodell, bei dem die Absatzkanäle des stationären Warenverkaufs (Offline-Vertrieb) und des elektronischen Handels (Online-Vertrieb) miteinander kombiniert werden. Kunden haben über das genannte Modell neben der Option des Online-Wareneinkaufs bei der U E-Commerce GmbH die Möglichkeit, sich mittels des Internets über das verfügbare Sortiment stationärer U-Märkte zu informieren. Darüber hinaus besteht für den Kunden die Möglichkeit, bestimmte Warenartikel zunächst über das Internet bei einem von ihm ausgewählten stationären U-Markt zu reservieren und anschließend in dem betreffenden Markt zu erwerben und abzuholen; in diesem Fall ist Vertragspartner des Kunden der von ihm ausgewählte stationäre U-Markt. Nachdem die U-Gruppe das „Cross-Channel-Konzept“ zunächst ausschließlich in Bezug auf eigene Filialmärkte entwickelt und praktiziert hatte, bot die Beklagte die vorbezeichneten Funktionen der Online-Suche nach stationären Warenangeboten – als sogenanntes Modul „B……“ – und der Warenreservierung – als sogenanntes Modul „R… und A….“ – ohne Forderung eines insoweit zu entrichtenden Entgelts auch einzelnen Franchisenehmern an; der Klägerin erteilte sie im Mai 2014 ein entsprechendes Angebot. Nach Annahme dieses Angebots erfolgten im Mai bzw. Juli 2014 zu Gunsten der Klägerin Freischaltungen der beiden vorbezeichneten Module.

Am 26. Januar 2016 sprach die Beklagte gegenüber der Klägerin die schriftliche Kündigung (Anl. K 13 = AH 61 ff.) der Vereinbarung der Parteien über die genannten Module zum Ablauf des Folgemonats aus; spätestens seit dem 8. April 2016 sind der Klägerin diese Module nicht mehr zugänglich. Die Klägerin hat die Annahme eines ihr im Rahmen der Kündigungserklärung der Beklagten unterbreiteten Angebotes über eine fortgesetzte Teilnahme an dem „Cross-Channel-Konzept“ abgelehnt. Das Angebot stellte die weitere unentgeltliche Zurverfügungstellung der Module „B….“ und „R… und A…..“ unter die Voraussetzung, dass sich die Klägerin damit einverstanden erklärt, dass die Beklagte mit U-Systemlieferanten kooperiert und von diesen Warenlieferanten in Zusammenhang mit der Bereitstellung des Onlineangebots Vergütungen aus sogenannten „Dienstleistungsverträgen“ vereinnahmt, um den Aufwand für die Entwicklung, Pflege und dauerhafte Bereitstellung des U-Onlineangebots (auch weiterhin) zu bestreiten. Das vorbezeichnete Angebot nimmt Bezug auf von einzelnen Franchisepartnern geäußerte Bedenken gegen solche Kooperationen und sieht eine Begrenzung der auf Grund von „Dienstleistungsverträgen“ zu erbringenden Beteiligung der Lieferanten auf jährlich höchstens 1 % des Netto-Einkaufsumsatzes der deutschen U-Märkte sowie eine anteilige Ausschüttung etwaiger überschießender Dienstleistungsentgelte zu Gunsten der am „Cross-Channel-Modell“ teilnehmenden Märkte vor.

Die Klägerin hat die Beklagte vor dem Landgericht in erster Instanz auf die unbedingte und kostenfreie Ermöglichung ihrer Teilnahme an den Modulen „B….“ und „R… und A…..“ in Anspruch genommen. Sie hat die Auffassung vertreten, die Beklagte sei ohne das Erfordernis einer zusätzlichen Vereinbarung über die Freischaltung der streitbefangenen Module schon auf Grund der Bestimmungen des Franchisevertrages – insbesondere unter dem Gesichtspunkt einer der beklagten Franchisegeberin hiernach obliegenden Bereitstellung und Weiterentwicklung von Werbe- und Verkaufsförderungskonzepten - verpflichtet, sie (unentgeltlich und ohne weitere Voraussetzungen) an dem „Cross-Channel-Modell“ teilnehmen zu lassen. Hilfsweise folge ein dahingehender Anspruch aus der im Mai 2014 geschlossenen Zusatzvereinbarung der Parteien über die erstmalig erfolgte Modulefreischaltung; diese Vereinbarung habe die Beklagte nicht rechtswirksam gekündigt. Weiter hilfsweise sei der Anspruch auf erneute Freischaltung der streitbefangenen Module einer aus dem Franchisevertrag herzuleitenden Nebenpflicht der Franchisegeberin auf Weiterentwicklung des Franchisesystems zu entnehmen.

Das Landgericht hat die Klage mit am 23. Mai 2017 den Prozessbevollmächtigten der Klägerin zugestelltem Urteil abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass die von der Klägerin reklamierten und ihrer Auffassung nach aus dem Franchisevertrag (im Sinne von Haupt- oder Nebenleistungspflichten) bzw. der Zusatzvereinbarung vom Mai 2014 herzuleitenden Ansprüche auf Teilnahme an den streitbefangenen Modulen des „Cross-Channel-Konzepts“ nicht bestünden.

Gegen das landgerichtliche Urteil, in dessen Rubrum der vorliegende Rechtsstreit als „Kartellsache“ bezeichnet ist, richtet sich die Klägerin mit ihrer am 23. Juni 2017 bei dem Oberlandesgericht Düsseldorf – Kartellsenat – eingelegten und innerhalb der mit Verfügung des Senatsvorsitzenden vom 20. Juli 2017 (GA 526) antragsgemäß bis zum 25. September 2017 verlängerten Frist zur Begründung des Rechtsmittels begründeten Berufung, mit der sie an ihrem erstinstanzlichen Klagebegehren festhält. Die Klägerin hat mit Berufungsbegründungsschrift vom 25. September 2017 (GA 545 ff.) unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens an ihrer Auffassung festgehalten, die Beklagte sei ihr unter vertragsrechtlichen Gesichtspunkten verpflichtet, sie erneut an den streitbefangenen Modulen teilnehmen zu lassen.

Mit Verfügung des Senatsvorsitzenden vom 9. Oktober 2017 (GA 562) ist die Klägerin darauf hingewiesen worden, dass durchgreifende Bedenken gegen die Zuständigkeit des angerufenen Oberlandesgerichts Düsseldorf und die Zulässigkeit der Berufung bestehen dürften. Auf diesen Hinweis hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 16. November 2017 (GA 582 ff.) zu einer ihrer Ansicht nach bestehenden Zuständigkeit des angerufenen Gerichts ausgeführt. Erstmalig mit dem vorbezeichneten Schriftsatz hat sie reklamiert, die Beklagte sei im Verhältnis zu ihr relativ marktmächtig im Sinne von § 20 Abs. 1 GWB und habe sie unter Ausnutzung dieser Marktmacht unbillig behindert und diskriminiert. Hierzu hat sie ausgeführt, die Beklagte habe ihr mit dem Franchisevertrag eine umfassende Sortimentsbezugspflicht auferlegt und sich – was kartellrechtlich unzulässig sei – geweigert, sie – die Klägerin - an den Einkaufsvorteilen teilhaben zu lassen, die in denjenigen – so die Klägerin – als Dienstleistungsentgelten „getarnten“ umsatzbezogenen Rückvergütungen zu erblicken seien, die die Systemlieferanten an die Beklagte in Zusammenhang mit der Bereitstellung des U-Onlineangebots entrichteten. Ein weiterer Kartellrechtsverstoß sei der Beklagten insoweit vorzuwerfen, als diese ihr – der Klägerin – den „im modernen Einzelhandel … zwingend erforderlich[en]“ (vgl. Schriftsatz v. 16.11.2017, S. 6 [unter b)]) Zugang zur Warenpräsentation im Hinblick auf das in ihrem stationären Markt verfügbare U-Sortiment vorenthalte bzw. den erneuten Zugang von einer „Freizeichnung“ der – wie die Klägerin meint – unzulässigen Kooperation der Beklagten mit den betreffenden Systemlieferanten abhängig mache und damit sie – die Klägerin – zu einer „mittelbaren Erhöhung“ der von ihr zu entrichtenden Franchisegebühren zu zwingen versuche.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils

die Beklagte zu verurteilen, ihr die Teilnahme an dem von der Beklagten im Zusammenhang mit dem unter der Internetadresse „www.U.de“ betriebenen Internetauftritt für ihre Franchisenehmer bereitgestellten Modell „B…..“ sowie der Funktion „R…. und A…..“ wieder unbedingt und kostenfrei zu ermöglichen und alle hierzu erforderlichen Erklärungen und Rechtshandlungen abzugeben bzw. vorzunehmen,

- hilfsweise für den Fall, dass der angerufene Senat sich für zur Entscheidung über die Berufung nicht zuständig hält –

den Rechtsstreit an das Oberlandesgericht Köln zu verweisen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte hält das Rechtsmittel der Klägerin unter den Gesichtspunkten fehlender Berufungszuständigkeit des angerufenen Gerichts und Versäumung der Berufungsfrist für unzulässig. In der Sache verteidigt sie das Urteil des Landgerichts und tritt dem ihrer Ansicht nach prozessual verspäteten Vorbringen der Klägerin zu von dieser behaupteten Kartellrechtsverstößen bestreitend entgegen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil des Landgerichts und den sonstigen Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Das angerufene Oberlandesgericht Düsseldorf ist zur Entscheidung über das Rechtsmittel sachlich und örtlich nicht zuständig (nachstehend unter A.). Trotz Anrufung des unzuständigen Gerichts hat die Klägerin die Frist zur Einlegung der Berufung (§ 517 ZPO) – ausnahmsweise – gewahrt; auf ihren Antrag hin ist der Berufungsrechtsstreit in entsprechender Anwendung des § 281 ZPO an das zur Entscheidung über das Rechtsmittel zuständige Oberlandesgericht Köln zu verweisen (nachstehend unter B.).

A. Eine Zuständigkeit des Oberlandesgerichts Düsseldorf zur Entscheidung über das Rechtsmittel der Klägerin besteht unter keinem Gesichtspunkt.

1. Gemäß § 119 Abs. 1 Nr. 2 GVG in Verbindung mit § 10 Nr. 3 des Gesetzes über die Justiz im Land Nordrhein-Westfalen (Justizgesetz Nordrhein-Westfalen [JustG NRW]) vom 26. Januar 2010 (GV. NRW. S. 30) ist nicht das Oberlandesgericht Düsseldorf, sondern das Oberlandesgericht Köln das für Berufungen gegen Urteile des Landgerichts Köln allgemein zuständige Rechtsmittelgericht. Der erkennende Senat ist daher an einer Entscheidung über die von der Klägerin bei dem Oberlandesgericht Düsseldorf eingelegte Berufung durch Sachurteil gehindert.

2. Das Oberlandesgericht Düsseldorf ist auch nicht aus sonstigen Gründen - ausnahmsweise - zur Entscheidung über das Rechtsmittel zuständig. Insbesondere folgt eine Zuständigkeit des hiesigen Oberlandesgerichts bzw. des erkennenden Kartellsenats - anders als die Klägerin meint - nicht aus §§ 93, 92 Abs. 1, 91, 87 GWB in Verbindung mit § 2 der Verordnung des Landes Nordrhein-Westfalen über die Bildung gemeinsamer Kartellgerichte und über die gerichtliche Zuständigkeit in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten nach dem Energiewirtschaftsgesetz (Kartellgerichte-Bildungs-VO [KartellGBildVO]) vom 30. August 2011 (GV. NRW. S. 469). Nach diesen Vorschriften ist das Oberlandesgericht Düsseldorf - Kartellsenat - zwar das für Berufungen gegen Urteile nordrheinwestfälischer Landgerichte in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten nach § 87 GWB ausschließlich (§ 95 GWB) zuständige Rechtsmittelgericht. Eine Rechtsstreitigkeit im Sinne des § 87 GWB liegt hier indes objektiv nicht vor; dieser Befund steht einer Zuständigkeit des erkennenden Gerichts zwingend entgegen.

a. Eine Berufungszuständigkeit des erkennenden Kartellsenats ergibt sich - anders als die Klägerin aber offenbar meint - nicht aus dem von der Klägerin reklamierten Befund, dass das Landgericht Köln über den Rechtsstreit - formal - „als Kartellgericht“ entschieden habe. Insoweit ist der Klägerin weder im rechtlichen Ausgangspunkt (nachstehend unter aa.) noch in tatsächlicher Hinsicht (nachstehend unter bb.) zu folgen.

aa. Nach der vor dem Inkrafttreten der 6. GWB-Novelle 1998 geltenden Rechtslage entschied der Kartellsenat gemäß § 92 GWB a.F. über die Berufung „gegen Endurteile … der nach §§ 87, 89 zuständigen Landgerichte“. Die Berufungszuständigkeit des Kartellsenats knüpfte damit, zumindest in erster Linie, an formelle Gesichtspunkte an. Ein Berufungsrechtsstreit war stets dann eine Kartellsache, wenn das Landgericht in erster Instanz gerade in seiner Eigenschaft als Kartellgericht entschieden und dies im Verfahren bzw. Urteil kenntlich gemacht hatte. In einem solchen Fall kam es nach der seinerzeit herrschenden Meinung in der Rechtsprechung sowie der Literatur nicht darauf an, ob es sich bei der Rechtssache gemäß § 87 Abs. 1 GWB a.F. tatsächlich um eine bürgerliche Rechtsstreitigkeit „aus diesem Gesetz“ oder „aus Kartellverträgen oder Kartellbeschlüssen“ handelte (vgl. zur alten Rechtslage BGH, Urteil v. 30. Mai 1978 - KZR 12/77, BGHZ 71, 367 = WuW/E BGH 1553, Rzn. 8, 10 bei juris m.w.N. - Pankreaplex I).

Die Rechtslage hat sich mit dem Inkrafttreten der 6. GWB-Novelle zum 1. Januar 1999 grundlegend geändert. Nach dem heute geltenden § 91 Satz 2 GWB entscheidet der Kartellsenat über die Berufung „gegen Endurteile … in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten nach § 87 Abs. 1 (lies: § 87)“. Damit ist die materielle an die Stelle der formellen Anknüpfung getreten (vgl. BGH, Urteil v. 9. Mai 2000 - KZR 1/99, BGHR GWB 1999 § 87 Abs. 1 Kartellstreitsachen 1, Rz. 11 bei juris - Aussetzungszwang). Für die Entscheidung über Berufungen gegen erstinstanzliche Urteile sind die bei den Oberlandesgerichten eingerichteten Kartellsenate daher immer dann zuständig, wenn es sich um eine Streitigkeit handelt, für die im ersten Rechtszug die Zuständigkeit der Kartell-Landgerichte gemäß § 87 GWB begründet gewesen wäre, ohne dass es darauf ankommt, ob vorinstanzlich tatsächlich ein Landgericht „als Kartellgericht“ entschieden hat (vgl. Bornkamm in Langen/Bunte, Kartellrecht, Band 1: Deutsches Kartellrecht, 12. Aufl. [2014], § 91 Rz. 6; Dicks in Loewenheim/Meessen/Riesenkampff/Kersting/Meyer-Lindemann [Loewenheim], Kartellrecht, 3. Aufl. [2016], § 91 GWB Rz. 6; Bracher in Jaeger/Kokott/Pohlmann/Schroeder, Frankfurter Kommentar zum Kartellrecht [FK], 89. Lieferung 08.2017, § 91 GWB Rz. 11; FK-Nägele, § 93 GWB Rz. 9; so auch - wenn auch den Wortlaut des § 87 GWB lediglich als „Grundtatbestand“ verstehend - K. Schmidt in Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht, Band 2. GWB, 5. Aufl. [2014], § 91 Rzn. 10 f.).

Die in § 91 Satz 2 GWB (n.F.) nunmehr angeordnete materielle Anknüpfung führt nach in Rechtsprechung sowie Literatur wohl überwiegend vertretener und auch zutreffender Ansicht dazu, dass die Berufungszuständigkeit eines Kartell-Oberlandesgerichts nicht mehr damit begründet werden kann, dass im ersten Rechtszug ein Landgericht - obwohl eine Kartellstreitigkeit im Sinne von § 87 GWB objektiv nicht vorgelegen hat - in seiner Eigenschaft „als Kartellgericht“ entschieden hat (so: OLG Köln, Urteil v. 24. Mai 2006 - 6 U 236/05, BeckRS 2009, 22054 [unter II.1.]; OLG München, Urteil v. 12. März 2009 - 23 U 4606/08, BeckRS 2010, 26448; FK-Bracher, § 91 GWB Rz. 13; einschränkend Langen/Bunte-Bornkamm, § 91 Rz. 15: Kartell-OLG für das Rechtsmittel zuständig, sofern vorinstanzlich das Landgericht erkennbar und ohne eklatante Fehlbeurteilung unter Inanspruchnahme seiner kartellrechtlichen Zuständigkeit entschieden hat; a. A. Immenga/Mestmäcker-K. Schmidt, § 91 Rzn. 10, 14: Rechtsmittelzuständigkeit des Kartell-OLG kraft „Doppeltatbestands“ stets auch dann, wenn im ersten Rechtszug das Landgericht objektiv erkennbar in der Eigenschaft als ausschließlich zuständiges „Kartellgericht“ entschieden hat). Die Gegenauffassung steht mit dem Wortlaut des § 91 Satz 2 GWB nicht in Einklang und gegen sie spricht ferner, dass mit der 6. GWB-Novelle der neue Gesetzeswortlaut die vormalige „formelle Anknüpfung“ gerade abgelöst hat (vgl. OLG Köln, a.a.O.). Für ein Beibehalten der „formellen Anknüpfung“ neben der materiellen im Sinne des § 91 Satz 2 GWB besteht auch kein gesteigertes oder gar zwingendes praktisches Bedürfnis, da in den meisten Fällen eine materiellrechtliche Zuordnung möglich ist (vgl. FK-Bracher, a.a.O.). Vielmehr wäre eine „doppelte Zuständigkeitsbegründung“ ihrerseits unpraktikabel, weil mit ihr lediglich das - zusätzliche - praktische Problem verbunden wäre, die Merkmale zu bestimmen, welche den Schluss auf eine (eindeutige) Inanspruchnahme der kartellgerichtlichen Zuständigkeit durch das Landgericht rechtfertigen (vgl. Voss in Kölner Kommentar zum Kartellrecht [KK], Band 2 - §§ 35-131 GWB, 1. Aufl. [2014], § 91 Rz. 16). Dies gilt umso mehr, als durch §§ 87, 89 GWB das erstinstanzlich angerufene Landgericht bei der Prüfung seiner Zuständigkeit in der Sache zu nichts Anderem als eben der materiellen Betrachtung angehalten ist, die im Hinblick auf §§ 91 Satz 2, 92, 93 GWB auch das im zweiten Rechtszug angerufene Berufungsgericht anzustellen hat. Sofern im einzelnen Fall bei der Zuständigkeitsprüfung die durch § 87 GWB vorgeschriebene materielle Zuordnung sich objektiv schwierig gestaltet, trifft dies mithin das Landgericht im ersten Rechtszug bzw. das Oberlandesgericht in zweiter Instanz grundsätzlich gleichermaßen. Angesichts dessen ist schlechthin keine Rechtfertigung dafür ersichtlich, das Oberlandesgericht entgegen den Vorschriften der §§ 91 Satz 2 i.V.m. 87 GWB von der ihm hiernach gerade zugewiesenen Kompetenz, seine Zuständigkeit als Berufungsgericht im Sinne der „materiellen Anknüpfung“ eigenständig zu prüfen, für den Fall auszunehmen und an das vom Landgericht gefundene (materielle) Prüfungsergebnis zu binden, dass die Vorinstanz von dem Vorliegen einer Kartellrechtsstreitigkeit ausgegangen ist und dies kenntlich gemacht hat.

Eine solche Bindung ist schließlich auch nicht mit der Begründung zu rechtfertigen, dass anderenfalls, das heißt bei einer ausschließlich materiellen Anknüpfung, Rechtsunsicherheit zum Nachteil des Rechtsmittelführers drohe (so aber wohl: Bechtold, GWB, 7. Aufl. [2013], § 91 Rzn. 2 f.; Immenga/Mestmäcker-K. Schmidt, § 91 Rz. 14). Richtig ist zwar, dass für den Rechtsmittelkläger im Einzelfall erhebliche Schwierigkeiten bestehen können, den rechtlichen Charakter der Rechtsstreitigkeit, namentlich ihre Einordnung als Kartell- oder Nichtkartellsache, und den sich daraus ergebenden Instanzenzug sicher zu beurteilen. Diesen Schwierigkeiten kann indes ohne Nachteil für den Rechtsmittelführer wirksam begegnet werden, ohne bei der Entscheidung über die Berufungszuständigkeit an der „formellen Anknüpfung“ festzuhalten. Denn die Berufung gegen das Urteil eines Kartell-Landgerichts, das im Bezirk eines Nichtkartell-Oberlandesgerichts liegt, kann gerade wegen dieser Schwierigkeiten - in Ausnahme zu § 519 Abs. 1 ZPO - fristwahrend immer auch bei dem im Hinblick auf § 119 Abs. 1 Nr. 2 GVG allgemein zuständigen Oberlandesgericht eingelegt werden; jenes hat einen Kartellrechtsstreit sodann auf Antrag in entsprechender Anwendung des § 281 ZPO an das zuständige Kartell-Oberlandesgericht zu verweisen. Dies ist in der kartellrechtlichen Literatur anerkannt und entspricht überdies der ständigen und vom Bundesgerichtshof unbeanstandet gebliebenen Senatspraxis (vgl. zum Ganzen Senat, Urteil v. 3. November 2010 - VI-U (Kart) 15/10, WuW/E DE-R 3114, Rzn. 17 ff. bei juris m.w.N. - EPG; vgl. auch FK-Bracher, § 91 GWB Rz. 14 und FK-Nägele, § 93 GWB Rz. 11, jew. m.w.N.; ebenso zur vor dem Inkrafttreten der 6. GWB-Novelle bestehenden Rechtslage BGH, Urteil v. 30. Mai 1978 - KZR 12/77, BGHZ 71, 367 = WuW/E BGH 1553, Rzn. 14 ff. bei juris - Pankreaplex I).

bb. Darüber hinaus trifft die Auffassung der Klägerin, dass das Landgericht Köln vorliegend in der Eigenschaft „als Kartellgericht“ entschieden habe, auch in tatsächlicher Hinsicht nicht zu, worauf es freilich im Hinblick auf die vorstehend unter aa. erfolgten Ausführungen nicht tragend ankommt. Daher lediglich ergänzend wird hierzu das Folgende ausgeführt:

(1) Im Sinne einer „formellen Anknüpfung“ ist nach der hierzu ergangenen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nur dann von einer Entscheidung des Landgerichts „als Kartellspruchkörper“ auszugehen, wenn sich die vom Landgericht in Anspruch genommene kartellrechtliche Zuständigkeit aus seinem Urteil eindeutig ergibt (vgl. BGH, Urteil v. 24. Februar 1976 - KZR 15/74, MDR 1976, 736, Rz. 14 bei juris - Fotokopiergerät).

(2) Hieran gemessen ist vorliegend eine erstinstanzliche Entscheidung des Rechtsstreits durch das Landgericht Köln als Kartellspruchkörper nicht festzustellen.

(2.1) Insoweit ist zunächst in den Blick zu nehmen, dass sich eine Zuständigkeit der im ersten Rechtszug angerufenen Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln mitnichten - etwa im Hinblick auf § 1 Nr. 3 KartellGBildVO NRW - sinnvoll überhaupt nur aus einer Einstufung des Rechtsstreits als Kartellrechtssache hat ergeben können. Vielmehr ist die Zuständigkeit des erstinstanzlich angerufenen Gerichts gemäß §§ 23 Nr. 1, 71 Abs. 1, 95 Abs. Nr. 1 GVG, 17 ZPO bereits mit Rücksicht auf den Wert der Klageforderung, den Sitz der beklagten Partei und die Tatsache festzustellen gewesen, dass die Klägerin ihre Klage in der Sache – und zwar ausschließlich - auf vertragliche Ansprüche aus dem Franchiseverhältnis (und nicht andeutungsweise auf womöglich kartellrechtlich relevante Sachverhalte) gestützt hat, das für beide Parteien des Rechtsstreits ein Handelsgeschäft (§§ 343, 344 Abs. 1 HGB) darstellt. Bezeichnend ist, dass – wie bereits in der Verfügung des Senatsvorsitzenden vom 9. Oktober 2017 ausgeführt - die Klägerin selbst die Zuständigkeit des von ihr in erster Instanz angerufenen Gerichts allein aus den vorgenannten Rechtsvorschriften (und einer Gerichtsstandsvereinbarung der Parteien) hergeleitet hat (vgl. Klageschrift v. 23.5.2015 [GA 35 ff.], S. 30), ohne eine (auch) auf § 95 Abs. 2 Nr. 1 GVG in Verbindung mit § 87 GWB gestützte Zuständigkeit der angerufenen Kammer für Handelssachen auch nur ansatzweise zu reklamieren.

(2.2) Umstände, die mit gebotener Eindeutigkeit für eine vorliegend vom Landgericht Köln in Anspruch genommene Zuständigkeit „als Kartellspruchkörper“ sprechen, sind vor dem Hintergrund des Vorstehenden weder von der Berufung aufgezeigt worden noch im Übrigen ersichtlich. Daran ändert der bloße Umstand, dass das Landgericht den vorliegenden Rechtsstreit im Rubrum seines Urteils als „Kartellsache“ bezeichnet hat, nichts. Für eine derartige Klassifizierung fehlt es sowohl im Hinblick auf den erstinstanzlichen Sach- und Streitstand als auch mit Rücksicht auf die in dem Urteil des Landgerichts niedergelegten rechtlichen Erwägungen an jedwedem sachlichen Grund. Weder das erstinstanzliche Vorbringen der Parteien noch das Landgericht selbst - in seiner Entscheidung oder seinem sonstigen nach außen zu Tage getretenen Handeln - haben sich im Ansatz mit kartellrechtlichen Fragestellungen und deren mögliche Bedeutung für die Entscheidung des Rechtsstreits befasst. Der gesamte dem Landgericht zur Beurteilung unterbreitete Streitstoff hat auch objektiv nicht die geringste Veranlassung geboten, eine mögliche Abhängigkeit der Entscheidung des Rechtsstreits von Normen des Kartellrechts auch nur zu erwägen; Gegenteiliges hat auch die Berufung mit Recht nicht geltend gemacht. Bei dieser Sachlage reicht die im Urteilsrubrum erfolgte Bezeichnung des Rechtsstreits als „Kartellsache“ für sich genommen zur eindeutigen Annahme einer vom Landgericht tatsächlich in Anspruch genommenen besonderen Zuständigkeit „als Kartellgericht“ freilich ebenso wenig aus, wie dies etwa für die Verwendung eines Kartellaktenzeichens („Kart“) gilt (vgl. insoweit BGH, Urteil v. 24. Februar 1976 - KZR 15/74, MDR 1976, 736, Rz. 15 bei juris - Fotokopiergerät). Dies gilt umso mehr, als nach dem Gesagten eine solche Inanspruchnahme in sachlichmaterieller Hinsicht als schlechterdings unvertretbar anzusehen wäre. Es spricht aus diesem Grund alles dafür, dass die in der Bezeichnung des Rechtsstreits objektiv nicht nachvollziehbare und fehlerhafte Fassung des Urteilsrubrums entweder auf einem Versehen des Gerichts oder aber auf nicht an der Auslegung und Anwendung des § 87 GWB orientierten und folglich sachfremden Erwägungen – insoweit denkbar wäre zum Beispiel eine möglicherweise unter rein gerichtsstatistischen Gründen erfolgte Einordnung des Rechtsstreits als „Kartellsache“ – beruht. Keinesfalls kann nach alledem von einer eindeutigen Inanspruchnahme der besonderen Zuständigkeit für Kartellrechtssachen im Sinne von § 87 GWB die Rede sein, wie sie im Falle der Befürwortung einer (auch) „formellen Anknüpfung“ zu verlangen wäre.

(2.3) Keine andere Betrachtung der Dinge ist vor dem Hintergrund der (beweislosen) Behauptung der Klägerin gerechtfertigt, das Landgericht habe in seiner mündlichen Verhandlung erklärt, „die Sache gehe ohnehin in zweiter Instanz an das OLG Düsseldorf“ (vgl. Schriftsatz v. 16.11.2017, S. 10).

Dieser Ansatz verfängt bereits deshalb nicht, weil von einem solchen Sachverhalt angesichts des Bestreitens der Beklagten (vgl. Berufungserwiderung v. 18.12.2017 [GA 638 ff.], S. 19 [unter a)]) tatsächlich nicht ausgegangen werden kann.

Unabhängig davon ist der Einwand der Berufung selbst bei Zugrundelegung einer – unterstellt – trotz der Neufassung des § 91 Satz 2 GWB immer noch möglichen „formellen Anknüpfung“ auch unerheblich.

Insoweit kann auf sich beruhen, ob dies schon auf den Umstand zurückzuführen ist, dass vorliegend der von der Klägerin behauptete Sachverhalt außerhalb des angefochtenen Urteils steht, das heißt dessen Inhalt und insbesondere seinen Entscheidungsgründen nicht zu entnehmen ist (vgl. hierzu BGH, Urteil v. 24. Februar 1976 - KZR 15/74, MDR 1976, 736, Rzn. 14/15 bei juris - Fotokopiergerät).

Da im ersten Rechtszug – wie dargelegt – nicht im Ansatz berechtigter Anhalt für die mögliche Annahme einer kartellrechtlich relevanten Streitigkeit im Sinne des § 87 GWB bestanden hat, wäre eine gleichwohl erfolgte Behandlung des Rechtsstreits „als Kartellsache“ als (zumindest) objektiv willkürlich anzusehen und jedenfalls aus diesem Grund untauglich, verbindlich eine besondere Berufungszuständigkeit des angerufenen und nicht bereits nach § 119 Abs. 1 Nr. 2 GVG allgemein für Rechtsmittel gegen Entscheidungen des betreffenden Ausgangsgerichts zuständigen Kartell-Oberlandesgerichts zu begründen (vgl. in diesem Punkt zutreffend Langen/Bunte-Bornkamm, § 91 Rz. 15 und Loewenheim-Dicks, § 91 GWB Rz. 17). Eine hiervon abweichende Beurteilung wäre mit dem Sinn und Zweck der ausschließlichen Zuständigkeit der nach dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) zur Entscheidung berufenen Gerichte und Spruchkörper schlechterdings nicht zu vereinbaren. Die Regelung zur ausschließlichen Zuständigkeit (§ 95 GWB) soll eine einheitliche Rechtsprechung auf dem Gebiet des Wirtschaftsrechts, soweit es das GWB ordnet, gewährleisten (BGH, Beschluss v. 4. April 1975 – KAR 1/75, BGHZ 64, 342 = NJW 1975, 1840 [1841] [unter II.3.], Rz. 6 bei juris – Abschleppunternehmen; vgl. auch BAG, Urteil v. 29. Juni 2017 – 8 AZR 189/15, BB 2017, 2877 Rz. 22; KK-Voss, § 87 Rz. 7). Könnte auch eine willkürliche Inanspruchnahme der besonderen Zuständigkeit für Kartellrechtssachen durch das Ausgangsgericht eine Rechtsmittelzuständigkeit des Kartellberufungsgerichts nach § 91 Satz 2 GWB determinieren, würde eine nicht hinzunehmende Belastung der Kartellsenate mit Streitigkeiten zu besorgen sein, die die Bewältigung ihrer eigentlichen Aufgabe, die Einheitlichkeit der Rechtsprechung auf dem vom GWB berührten Gebiet des Wirtschaftsrechts zu wahren, hemmt (vgl. in diesem Sinne BGH, a.a.O.; vgl. auch KK-Voss, § 91 Rz. 16). Eine solche Möglichkeit der „Überstülpung“ von Rechtsmittelzuständigkeit ist daher abzulehnen.

b. Auch unter dem Gesichtspunkt der „materiellen Anknüpfung“ ist eine Berufungszuständigkeit des angerufenen Oberlandesgerichts Düsseldorf bzw. des erkennenden Kartellsenats zu verneinen.

aa. Für die Beurteilung, ob eine Rechtsstreitigkeit im Sinne von § 87 GWB kartellrechtliche Relevanz besitzt, kommt es auf eine von dem angerufenen Gericht vorzunehmende Würdigung des Parteivorbringens an. Ob von einer Streitigkeit kartellrechtliche Normen gemäß § 87 Satz 1 GWB betroffen sind, hängt nicht von der vorgetragenen Rechtsauffassung der klagenden Partei ab, sondern von der richterlichen Beurteilung des Klagebegehrens auf Basis des Tatsachenvortrags des Klägers. Insoweit hat das Gericht zwar keine Schlüssigkeitsprüfung danach vorzunehmen, ob der Kläger den behaupteten kartellrechtlichen Anspruch substantiiert vorgetragen hat. Ausreichend, aber auch erforderlich ist jedoch, dass nach dem bisherigen Tatsachenvortrag, dieser als zutreffend unterstellt, das Vorliegen einer kartellrechtlichen Streitigkeit hinreichend wahrscheinlich ist (vgl. hierzu etwa Senat, Beschluss v. 13. Dezember 2010 - VI-W (Kart) 8/10, Rz. 16 bei juris; OLG Frankfurt, Beschluss v. 16. Dezember 2010 - 11 AR 3/10, WuW/E DE-R 3229, Rz. 15 bei juris; OLG Celle, Beschluss v. 1. Oktober 2010 - 13 AR 5/10 (Kart), WuW/E DE-R 3130, Rzn. 13 f. bei juris; FK-Meyer-Lindemann, § 87 GWB Rz. 32; Immenga/Mestmäcker-K. Schmidt, § 87 Rz. 12; Langen/Bunte-Bornkamm, § 87 GWB Rz. 10; KK-Voss, § 87 Rz. 24). Insoweit ist zu verlangen, dass der Vortrag des Klägers für das Gericht einen Lebenssachverhalt ergibt, der nach einer ersten summarischen Würdigung nicht ohne Berücksichtigung kartellrechtlicher Normen und Grundsätze zu beurteilen und zu lösen ist (vgl. FK-Meyer-Lindemann, a.a.O.). Allerdings ist auch in diesem Zusammenhang in den Blick zu nehmen, dass – wie oben bereits dargelegt – der Sinn und Zweck der in § 95 GWB erfolgten Anordnung, die ausschließliche Zuständigkeit in Kartellrechtssachen auf bestimmte Gerichte und Spruchkörper zu konzentrieren, in der Gewährleistung einer einheitlichen Rechtsprechung auf dem Gebiet des durch das GWB berührten Wirtschaftsrechts liegt. Im Sinne einer möglichst effektiven und unbeeinträchtigten Bewältigung dieser Aufgabe durch die vom GWB zur Entscheidung berufenen Kartellgerichte und –spruchkörper genügt zur Verneinung einer Kartellrechtszuständigkeit daher richtigerweise, dass das Gericht unabhängig von womöglich abweichendem Rechtsvortrag der klagenden Partei keinerlei ernsthafte Zweifel daran hat, dass sich der Klaganspruch nicht aus kartellrechtlichen Normen herleiten lässt (so – zur Frage der internen Zuständigkeit des Kartellsenats beim Bundesgerichtshof – BGH, Beschluss v. 4. April 1975 – KAR 1/75, BGHZ 64, 342 = NJW 1975, 1840 [1841] [unter II.3.], Rz. 6 bei juris – Abschleppunternehmen); in diesem Sinne kann ein offensichtlich unschlüssiger Vortrag des Klägers keine kartellrechtliche Streitigkeit begründen (so zutreffend FK-Meyer-Lindemann, § 87 GWB Rz. 32).

bb. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze scheidet eine Berufungszuständigkeit des angerufenen Kartell-Oberlandesgerichts nach §§ 91 Satz 2, 87 GWB unabhängig davon aus, auf welchen Zeitpunkt bei der Beurteilung der Zuständigkeitsfrage maßgeblich abzustellen ist. Richtigerweise ist dies der Zeitpunkt der Einlegung der Berufung (hierzu nachstehend unter (1)), zu dem nach der materiellen Anknüpfung eine Kartellrechtssache – wie dies offenbar auch von der Berufung nicht anders beurteilt wird - im Streitfall nicht vorgelegen hat (hierzu nachstehend unter (2)); freilich würde sich vorliegend im Ergebnis an der Beurteilung selbst dann nichts ändern, wenn man dafürhielte, dass eine Rechtsstreitigkeit grundsätzlich auch erst in zweiter Instanz zu einer „nachträglichen Kartellberufungssache“ werden kann (hierzu nachstehend unter (3)).

(1) Entgegen einer im Schrifttum verbreiteten Meinung (vgl. FK-Bracher, § 91 Rz. 12; Immenga/Mestmäcker-K. Schmidt, § 91 Rz. 13; Langen/Bunte-Bornkamm, § 91 Rz. 12; Loewenheim-Dicks, § 91 Rzn. 11 ff.) kommt es für die Frage der Berufungszuständigkeit sowie deren Beurteilung richtigerweise maßgeblich auf den Zeitpunkt der Einlegung der Berufung bei dem insoweit angerufenen Gericht an und kann ein (unmittelbar) bei dem Kartell-Oberlandesgericht anhängig gemachter Berufungsrechtsstreit nicht (erst) durch neues tatsächliches Vorbringen im zweiten Rechtszug zu einer „nachträglichen Kartellberufungssache“ werden (offenlassend BGH, Urteil v. 14. Februar 1996 – VIII ZR 68/95, WuW/E BGH 3053 ff. = NJW-RR 1996, 765 [unter II.1.], Rz. 11 bei juris: Zuständigkeit des Kartellsenats „allenfalls“ dann, wenn sich der kartellrechtliche Tatbestand aus Vorbringen ergibt, das in der Berufungsinstanz in prozessrechtlich zulässiger Weise nachgeschoben worden ist).

Der Wortlaut des § 91 Satz 2 GWB drängt zu der Annahme, dass das Kartell-Oberlandesgericht nur dann zuständiges Rechtsmittelgericht ist, wenn der Rechtsstreit schon im ersten Rechtszug in materieller Hinsicht eine Kartellrechtssache gewesen ist. Denn die in dieser Vorschrift statuierte Rechtsmittelzuständigkeit setzt voraus, dass die zur Überprüfung gestellte erstinstanzliche Entscheidung in einer bürgerlichen Rechtsstreitigkeit nach § 87 GWB ergangen ist. Dies ist § 91 Satz 2 GWB in Ansehung seines Normwortlauts entgegen teilweiser anderslautender Ansicht im Schrifttum (vgl. insoweit FK-Bracher, § 91 GWB Rz. 12) unzweideutig zu entnehmen. Die Qualifizierung „… in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten nach § 87 Absatz 1 [lies freilich: § 87]“ ist notwendiger Bezugspunkt der mit ihr korrespondierenden „Endurteile“ bzw. „sonstige[n] Entscheidungen“, wie diese im Normtext des § 91 Satz 2 GWB erwähnt werden. Eine abweichende Betrachtung ist vernünftigerweise ausgeschlossen. Wollte man die vorbezeichnete Qualifizierung im Sinne eines nicht notwendigen Bezuges zu den in § 91 Satz 2 GWB genannten Ausgangsentscheidungen verstehen, würden nach dem dann gegebenenfalls eröffneten Normverständnis alle berufungsfähigen zivilgerichtlichen Entscheidungen dafür in Betracht kommen, der ausschließlichen Zuständigkeit der Kartellgerichte (§ 95 GWB) zu unterfallen; dies würde indes, wie auf der Hand liegt, dem Anliegen des GWB, durch die Einrichtung besonders berufener Gerichte und Spruchkörper der Qualität und Einheitlichkeit der Rechtsprechung auf dem von diesem Gesetz erfassten Gebiet des Wirtschaftsrechts zu dienen, eklatant widersprechen. Hiergegen kann nicht eingewendet werden, die Qualifizierung der Rechtsstreitigkeit als eine solche nach § 87 GWB könne, und zwar im Sinne einer Alternativität, auch auf die in § 91 Satz 2 GWB genannten Rechtsmittel bezogen werden (so aber FK-Bracher, a.a.O.). Ein dahingehendes Verständnis ist mit der Syntax des Normtextes schlechterdings nicht zu vereinbaren und schon deshalb abzulehnen.

Darüber hinaus gebieten auch die prozessrechtlichen Vorschriften zum Rechtsmittel der Berufung das vorstehend befürwortete Normverständnis. Die Berufung gegen im ersten Rechtszug erlassene Endurteile ist gemäß § 519 Abs. 1 ZPO „bei dem Berufungsgericht“, das heißt bei dem für die Entscheidung über das Rechtsmittel zuständigen Gericht (vgl. BGH, Urteil v. 9. Dezember 1999 - III ZR 73/99, NJW 2000, 1574 [1575] [unter 3.a)] m.w.N.; Beschluss v. 28. September 2017 – V ZB 109/16, NJW 2018, 164 Rz. 7; vgl. auch Rimmelspacher, Münchener Kommentar zur ZPO [MüKoZPO], 5. Aufl. [2016], § 519 Rz. 21; Wulf in Beck´scher Online-Kommentar zur ZPO [BeckOKZPO], Stand 15.09.2017, § 519 Rz. 16), einzulegen, und zwar binnen der Monatsfrist des § 517 ZPO. Die Einhaltung dieses Erfordernisses ist von Amts wegen zu überprüfen; ist die Berufung nicht entsprechend den genannten Anforderungen eingelegt, ist gemäß § 522 Abs. 1 Satz 2 ZPO die Berufung grundsätzlich als unzulässig zu verwerfen, und zwar in der Regel ohne dass insoweit eine mündliche Verhandlung durchzuführen ist (arg. § 522 Abs. 1 Satz 3 ZPO). Im Hinblick auf die so gefassten Zulässigkeitsvoraussetzungen bedeutet dies bei unbefangener Betrachtung der Dinge nichts Anderes als dass schon mit Einreichung der Berufungsschrift objektiv feststehen muss, ob das zweitinstanzlich angerufene Gericht zur Entscheidung über das Rechtsmittel zuständig und die Berufung deshalb (unter diesem Gesichtspunkt) im Sinne von §§ 517, 519 Abs. 1 ZPO zulässig eingelegt ist. Diese Frage kann vor dem genannten Hintergrund vernünftigerweise von vornherein nicht von etwaigem Sachvortrag abhängen, den die das Rechtsmittel führende Partei mit oder nach Einlegung der Berufungsschrift über das tatsächliche Vorbringen erster Instanz hinaus hält.

Das vorstehend dargelegte Verständnis führt auch nicht dazu, dass dem Berufungsführer der Zugang zu den staatlichen Gerichten unzumutbar erschwert oder er nicht hinnehmbaren Prozessrisiken im Hinblick auf die richtige Adressierung seines Rechtsmittels ausgesetzt wird. Zwar können sich die am Maßstab des § 87 GWB vorzunehmende Einordnung einer Rechtsstreitigkeit als Kartell- oder Nichtkartellsache und hiermit einhergehend auch die Beurteilung des Instanzenzuges im Einzelfall durchaus schwierig gestalten. Wie bereits dargelegt, ist der Rechtsmittelführer im Hinblick auf die genannten Unsicherheiten aber bereits dadurch hinreichend geschützt, dass er nach anerkannter Rechtspraxis in Ausnahme von § 519 Abs. 1 ZPO die Berufung fristwahrend stets bei dem für Berufungen gegen Urteile des betreffenden Ausgangsgerichts allgemein zuständigen Gericht einlegen kann, das heißt auch dann, wenn über die Berufung ein von dem vorbezeichneten Gericht verschiedenes Kartell-Oberlandesgericht zu entscheiden hat. Angesichts dessen besteht vor dem Hintergrund des oben erörterten Verständnisses sowohl des § 91 Satz 2 GWB als auch der Berufungsvorschriften der Zivilprozessordnung kein sachlich gerechtfertigter Grund dafür, die Frage der Zuständigkeit eines Kartell-Oberlandesgerichts für die Entscheidung über eine unmittelbar bei ihm eingelegte Berufung in denjenigen Fällen offenzuhalten und von etwaigem neuen Sachvortrag abhängig zu machen, in denen das Vorliegen einer kartellrechtlichen Rechtsstreitigkeit dem angefochtenen Urteil nicht zu entnehmen ist.

Ein solcher Grund ist auch nicht darin zu erkennen, dass den Parteien im Berufungsverfahren in den Grenzen der §§ 529 Abs. 1 Nr. 2, 531 Abs. 2 ZPO grundsätzlich neuer Tatsachenvortrag offensteht und sich im einzelnen Fall womöglich (erst) aus solchem Vorbringen (auch) das Vorliegen einer kartellrechtlichen Rechtsstreitigkeit im Sinne des § 87 GWB ergeben kann. Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel im Sinne von § 531 Abs. 2 ZPO, die entweder der Berufung zum Erfolg verhelfen oder zur Abweisung des Rechtsmittels führen sollen, sind, wie auch das Parteivorbringen aus erster Instanz, Gegenstand der Prüfung, ob und inwieweit die im einzelnen Fall zur Beurteilung stehenden Klage- bzw. Rechtsmittelbegehren begründet sind. Das Eintreten in die Begründetheitsprüfung setzt indes bei jeglicher Zivilrechtsstreitigkeit das Vorliegen einer prozessordnungsgemäß, insbesondere im Sinne der §§ 517, 519 und 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Berufung voraus; sind die insoweit bestehenden Anforderungen nicht erfüllt, ist die Berufung nämlich bereits als unzulässig zu verwerfen (§ 522 Abs. 1 Satz 2 ZPO), ohne dass noch eine materielle Beurteilung der Sache selbst erfolgt. Verwirft ein unmittelbar angerufenes Kartell-Oberlandesgericht eine Berufung unter dem Gesichtspunkt als unzulässig, dass eine fristgerechte Einlegung des Rechtsmittels bei dem zuständigen Berufungsgericht mangels Vorliegens einer kartellrechtlichen Streitigkeit im ersten Rechtszug nicht festzustellen ist, verletzt dies mithin keine anerkennenswerten Rechtsinteressen des hiervon betroffenen Berufungsführers, insbesondere auch nicht dessen Anspruch auf rechtliches Gehör. In den Blick zu nehmen ist auch insoweit, dass – wie oben bereits wiederholt aufgezeigt – dem Berufungsführer der – für ihn sichere und völlig unproblematische - Weg offensteht, die Berufung bei dem in Bezug auf das im ersten Rechtszug erkennende Gericht allgemein zuständigen Berufungsgericht einzulegen und das angefochtene Urteil zur Überprüfung in der Sache zu stellen. Sofern sich bei dieser Vorgehensweise im einzelnen Fall auf Grund eines neuen und prozessual beachtlichen Vorbringens herausstellen sollte, dass der Berufungsrechtsstreit, anders als derjenige erster Instanz, nur unter Heranziehung kartellrechtlicher Vorschriften und Grundsätze zu entscheiden ist, ist gegebenenfalls der Rechtsstreit ebenso in entsprechender Anwendung des § 281 ZPO an das dann zuständige Kartell-Oberlandesgericht zu verweisen, wie dies – wie insoweit oben schon dargelegt – dann zu erfolgen hat, wenn das nach dem GVG allgemein zuständige Gericht dafürhält, dass der Rechtsstreit bereits in erster Instanz eine Kartellrechtssache gewesen ist. Mit der vorstehend dargelegten Betrachtungsweise sind sowohl die berechtigten Interessen der um gerichtlichen Rechtsschutz nachsuchenden Parteien als auch das öffentliche Interesse an Qualität und Einheitlichkeit der kartellrechtlichen Rechtsprechung durch hierzu berufene Gerichte und Spruchkörper ausreichend gewahrt.

(2) Legt man die vorstehend unter (1) dargelegte Betrachtung zu Grunde, ist die Berufungszuständigkeit des angerufenen Kartellsenats schon deshalb zu verneinen, weil – wie bereits dargelegt - dem angefochtenen Urteil (und auch dem sonstigen erstinstanzlichen Verfahren) nichts für die Annahme eines im ersten Rechtszug im Sinne von § 87 Satz 1 GWB tatsächlich auf Kartellrechtsnormen gestützten Klaganspruch zu entnehmen ist; ebenso wenig sind kartellrechtlich relevante Einwendungen (§ 87 Satz 2 GWB) der Beklagten festzustellen. Insoweit ist dem tatsächlichen Vorbringen der Klägerin schon nicht ansatzweise tragfähiger Anhalt für eine mögliche Normadressatenschaft der Beklagten im Hinblick auf die kartellgesetzlichen Missbrauchsverbote zu entnehmen. Nach dem erstinstanzlichen Sach- und Streitstand ist – Gegenteiliges hat auch die Berufung nicht reklamiert – darüber hinaus mitnichten eine hinreichende Wahrscheinlichkeit dafür zu entnehmen, dass die Beklagte die Klägerin mit den von ihr gestellten Bedingungen einer weiteren Teilnahme an ihrem „Cross-Channel-Konzept“ womöglich unbillig behindert oder gegenüber mit der Klägerin gleichartigen Unternehmen diskriminiert haben könnte. Dies liegt ganz offensichtlich auf der Hand, zumal da die Klägerin schon nicht im Ansatz Sachvortrag zu einer tatsächlichen Beeinträchtigung ihrer wettbewerblichen Handlungsspielräume oder zu einer unterschiedlichen Behandlung im Vergleich mit anderen Unternehmen, namentlich anderen Franchisenehmern der Beklagten, gehalten hat.

(3) Im Ergebnis freilich nichts Anderes gilt, wenn man prinzipiell auch im Falle einer - wie im Streitfall - unmittelbar bei einem Kartell-Oberlandesgericht eingelegten Berufung von der Möglichkeit einer „nachträglichen Kartellberufungssache“ ausgehen wollte. Denn der Klägerin ist es auch nicht mit neuem und prozessual beachtlichem Tatsachenvortrag gelungen, eine die Zuständigkeit der Kartellgerichte betreffende Rechtsstreitigkeit aufzuzeigen.

Bei unbefangener und verständiger Würdigung aller Umstände unterliegt unabhängig von der abweichenden Rechtsauffassung der Klägerin keinem ernsthaften Zweifel, dass sich der von ihr geltend gemachte Klaganspruch auch in zweiter Instanz nicht im Sinne des § 87 GWB aus kartellrechtlichen Normen herleiten lässt und auch der von der Klägerin auf die ihr mitgeteilten Zulässigkeitsbedenken des Senats hin gehaltene Vortrag in diesem Sinne ganz offensichtlich unschlüssig ist. Aus diesem Grund kann von dem Vorliegen einer Kartellrechtsstreitigkeit unverändert nicht die Rede sein.

(3.1) Soweit die Klägerin pauschal reklamiert, sie habe mit ihrem „Systembeitritt“ zur Franchiseorganisation der Beklagten ihre Wettbewerbsfreiheit aufgegeben und sich mit Abschluss des Franchisevertrags einer „kartellrechtlich problematisch[en]“ Koppelung von das U-Systemsortiment betreffenden Bezugsbindungvereinbarungen und einer von der Beklagten verweigerten Weitergabe von Einkaufsvorteilen unterworfen (vgl. Schriftsatz v. 16.11.2017, S. 4 f.), liegt dies schlechterdings neben der Sache. Entgegen ihrer Auffassung vermag die Klägerin hiermit nicht einmal ansatzweise eine auch nur denkbare unbillige Behinderung in ihrem Wettbewerb mit dritten Anbietern von Baumarktsortimentswaren oder auch der Beklagten selbst aufzuzeigen.

Fehl geht der Ansatz der Berufung – und zwar ganz offensichtlich - allein schon deshalb, weil jedenfalls zu dem von ihr bemühten Zeitpunkt des „Systembeitritts“ – Abschluss des Franchisevertrags – die Beklagte noch kein (relativ) marktmächtiges Unternehmen im Sinne von § 20 Abs. 1 oder Abs. 3 GWB und damit bereits nicht Normadressatin des kartellrechtlichen Behinderungs- und Diskriminierungsverbots gewesen ist. Eine unternehmensbedingte Abhängigkeit der Klägerin bzw. ein Wettbewerbsverhältnis zwischen den Parteien können frühestens durch den langfristigen Franchisevertrag entstanden sein und für die Frage eines in Zusammenhang mit der von der Klägerin nach Maßgabe der Ugen Darlegungen beanstandeten Koppelung stehenden Kartellrechtsverstoßes kommt es allein auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses an (vgl. hierzu nur Senat, Urteil v. 6. April 2011 – VI-U (Kart) 27/10, Umdruck S. 12, Rz. 51 bei juris).

Darüber hinaus besteht angesichts des Vorbringens der Klägerin auch nicht der geringste Anhalt, um im hier interessierenden Zusammenhang tatbestandlich eine unbillige Behinderung auch nur als möglich in Betracht zu ziehen. Durch ständige Rechtsprechung ist längst geklärt, dass in Franchiseverhältnissen sowohl langfristige Bezugsbindungvereinbarungen als auch die unterbliebene (vollständige) Weitergabe der von dem Franchisegeber bei seinen Lieferanten erzielten Einkaufsvorteile weder mit den gesetzlichen Pflichten des Franchisegebers nicht zu vereinbaren sind noch grundsätzlich eine unbillige Behinderung des Franchisenehmers darstellen; dies gilt sowohl für die Bezugsbindung und die Nichtweitergabe von Einkaufsvorteilen jeweils für sich genommen als auch für die Kombination dieser beiden Elemente (vgl. zum Ganzen nur BGH, Beschluss v. 11. November 2008 – KVR 17/08, WuW/E DE-R 2514 = NJW 2009, 1753 Rzn. 15 ff., 19 ff, 26 f. m.w.N. – Bau und Hobby; EuGH, Urteil v. 28. Januar 1986 – C-161/84, Slg. 1986, 00353 Rzn. 14 ff. – Pronuptia). Dass im einzelnen Fall die unterbleibende Weitergabe von Einkaufsvorteilen des Franchisegebers in Ausnahme von den genannten Rechtsgrundsätzen doch als eine unbillige Behinderung des Franchisenehmers anzusehen sein soll, bedarf daher eines substantiierten Tatsachenvortrags des hieraus Rechte herleitenden Franchisenehmers, den im Streitfall die Klägerin freilich auch im zweiten Rechtszug nicht im Ansatz gehalten hat.

Die Klägerin reklamiert, die von der Beklagten bei den Systemlieferanten für die Bereitstellung des U-Onlineangebots vereinnahmten „Dienstleistungsentgelte“ stellten der Sache nach umsatzbezogene Rückvergütungen dar, die als Einkaufsvorteile anzusehen seien. Bereits dies erscheint indes äußerst fraglich. Auch wenn die „Dienstleistungsentgelte“ betragsmäßig von den Warenumsätzen der Lieferanten mit allen Partnern des U-Vertriebssystems abhängen, stellen sie der Sache nach doch die Gegenleistung für die Bereitstellung und Weiterentwicklung des U-Onlineangebots dar; dies hat die Beklagte wie im ersten Rechtszug auch in der Berufungsinstanz vorgetragen (vgl. Berufungserwiderung v. 18.12.2017, S. 31 [unter (2)]), ohne dass die Klägerin dem rechtserheblich entgegengetreten ist.

Des Weiteren (und vor allem) hat die Klägerin nicht andeutungsweise aufgezeigt, dass aus der Nichtweitergabe dieser angeblichen Einkaufsvorteile – anderweitige Einkaufsvorteile hat die Beklagte nach ihrem insoweit unwidersprochen gebliebenen Vortrag durchaus anteilig an die Klägerin weitergegeben (vgl. hierzu Berufungserwiderung S. 11 f. [unter 8.]) – tatbestandlich überhaupt eine Behinderung ihres Unternehmens folgt. Wie die Klägerin und ihre Rechtsvertretung aber bereits aus einem vorgängigen Rechtsstreit vor dem Senat – VI-U (Kart) 4/14 – wissen, ist unter der Behinderung eines anderen Unternehmens in einem objektiven Sinn jede Beeinträchtigung seiner wettbewerblichen Betätigungsmöglichkeiten zu verstehen, wobei eine tatsächliche Behinderung erforderlich ist und die bloße Eignung insoweit nicht ausreicht (vgl. hierzu Senat, Urteil v. 15. Oktober 2014 – VI U (Kart) 4/14, ZVertriebsR 2016, 44, Rz. 56 bei juris m.w.N.). Die jegliche Substanz vermissen lassende Behauptung der Klägerin, der „Einbehalt von solchen Einkaufsvorteilen“ stelle „ohne Zweifel eine unbillige Behinderung“ dar (vgl. Schriftsatz v. 16.11.2017, S. 5 [unter bb)]), ist im hier interessierenden Zusammenhang – ganz offensichtlich – völlig unzulänglich und unbrauchbar. Es liegt zudem auf der Hand, dass vor dem genannten Hintergrund auch nichts für eine tatsächlich auch nur mögliche, geschweige denn unbillige, Behinderung der Klägerin ersichtlich ist, soweit die Beklagte die weitere Teilnahme der Klägerin an den streitbefangenen Modulen davon abhängig gemacht hat, dass die Klägerin ihrer – der Beklagten – Kooperation mit Systemlieferanten, die die Erhebung von „Dienstleistungsentgelten“ in Bezug auf die Zurverfügungstellung des U-Onlineangebots zum Gegenstand hat, zustimmt.

(3.2) Auch in Ansehung des übrigen Vorbringens der Berufung sind die hinreichende Wahrscheinlichkeit des Bestehens eines aus einer im Sinne von §§ 20 Abs. 1 i.V.m. 19 Abs. 2 Nr. 1 GWB oder § 20 Abs. 3 GWB unbilligen Behinderung herzuleitenden Anspruchs der Klägerin gegen die Beklagte auf weitere Teilnahme an den streitbefangenen Modulen und hiermit einhergehend auch das Vorliegen einer kartellrechtsrelevanten Streitigkeit im Sinne von § 87 GWB offensichtlich ausgeschlossen.

(a) Nicht verfangen kann die jedwede Substanz entbehrende und nichtssagende Behauptung der Klägerin, dass „im modernen Einzelhandel die Warenpräsentation im Internet zwingend erforderlich“ sei, damit ein Unternehmen wettbewerbsfähig bleiben könne (vgl. Schriftsatz v. 16.11.2017, S. 6). Dieses in der Berufungsinstanz neue Vorbringen hat die Beklagte (vgl. Berufungserwiderung S. 8) ebenso wie die weitere neue Behauptung substantiiert bestritten, dass durch die von U entwickelte Internetplattform der „Katalog der Franchisenehmer in Papierform … ersetzt“ worden sei (vgl. insoweit Berufungsbegründung S. 5).

Die genannten Behauptungen der Klägerin sind unter Verspätungsgesichtspunkten bereits prozessual unbeachtlich, weil im Sinne von § 531 Abs. 2 ZPO anzuerkennende Gründe für ihre Zulassung weder ansatzweise dargetan noch glaubhaft gemacht worden sind.

Dessen unbeschadet erreicht das vorbezeichnete Vorbringen der Klägerin auch in der Sache nicht annähernd die für die Darlegung einer tatsächlichen Behinderung notwendige Begründungstiefe. Nicht einmal ansatzweise hat die Klägerin Vortrag dazu gehalten, ob überhaupt und inwieweit sich ihre gegenwärtige Nichtteilnahme an dem „Cross-Channel-Modell“ der Beklagten auf ihren Warenabsatz und ihre wettbewerblichen Betätigungsmöglichkeiten auswirkt. Keiner näheren Erörterung bedarf, dass auch kein Sachvortrag der Klägerin vorliegt, der im Hinblick auf die von ihr reklamierte Behinderung und die Frage deren Unbilligkeit eine an der Zielsetzung des GWB, die auf die Sicherung des Leistungswettbewerbs und die Offenheit der Marktzugänge gerichtet ist (vgl. hierzu nur BGH, Urteil v. 24. Oktober 2011 – KZR 7/10, WuW/E DE-R 3446 = NJW 2012, 773 Rz. 37 m.w.N. – Grossistenkündigung), orientierte Abwägung aller beteiligten Interessen ermöglicht.

(b) Ebenso greift die wiederum ohne jede Substanz ausgebrachte und haltlose Behauptung der Klägerin ins Leere, mit der verlangten „Freizeichnung“ der bei den Lieferanten vereinnahmten Rückvergütungen versuche die Beklagte, ihre Franchisenehmer „zur mittelbaren Erhöhung“ der Franchisegebühren zu zwingen (vgl. Schriftsatz v. 16.11.2017, S. 7). Dies ist derart offensichtlich, dass sich eine weitere Erörterung erübrigt. Darüber hinaus entbehrt dieses pauschale Vorbringen aber auch in quantitativer Hinsicht jeglicher Darlegung, die eine Beurteilung zulässt, ob überhaupt und inwieweit sich die vermeintliche „Gebührenerhöhung“ tatsächlich auf die Handlungs- und Entscheidungsspielräume der Klägerin in ihrem Wettbewerb mit dritten Händlern von Baumarktsortimentswaren auswirkt und ob das von der Berufung in diesem Kontext beanstandete Verhalten als unbillig anzusehen wäre.

An dieser Beurteilung ändert die abermals völlig substanzlose und schlichtweg unbrauchbare Behauptung der Klägerin (vgl. Schriftsatz v. 16.11.2017, S. 7) nichts, die von der beklagten Franchisegeberin bei den Lieferanten vereinnahmten Einkaufsvorteile kämen „auch und gerade dem weiteren Wettbewerber der Klägerin, der E-Commerce GmbH der Beklagten“ zugute. Die Klägerin zeigt schon nicht andeutungsweise auf, in welchem Verhältnis die angeblich an die U E-Commerce GmbH weitergeleiteten Einkaufsvorteile zu denjenigen Einkaufsvorteilen stehen, die ihr selbst – wie dargelegt: insoweit als solches unstreitig - aus anderen Zusammenhängen als der Bereitstellung und Weiterentwicklung des U-Onlineangebots anteilig von der Beklagten zufließen. Vor allem aber blendet die Klägerin die ihr bereits durch das Senatsverfahren VI-U (Kart) 4/14 (vgl. Senat, Urteil v. 15. Oktober 2014 – VI-U (Kart) 4/14, ZVertriebsR 2016, 44, Rz. 61 bei juris m.w.N.) vermittelte Erkenntnis aus, dass die mit der Beklagten konzernverbundene U-E-Commerce GmbH im Hinblick auf die bestehende wirtschaftliche Einheit nicht als mit der Klägerin gleichartiges Unternehmen anzusehen ist und die Bevorzugung von Konzernunternehmen und anderen interessenmäßig verbundenen Unternehmen in der Regel nicht unbillig ist, weil grundsätzlich niemand verpflichtet ist, fremden Wettbewerb zu fördern (vgl. hierzu auch BGH, Urteil v. 24. Oktober 2011 – KZR 7/10, WuW/E DE-R 3446 = NJW 2012, 773 Rz. 38 m.w.N. – Grossistenkündigung; Beschluss v. 11. November 2008 – KVR 17/08, WuW/E DE-R 2514 = NJW 2009, 1753 Rz. 24 m.w.N. – Bau und Hobby). Dafür, dass gleichwohl in Ausnahme von den genannten Rechtsgrundsätzen die reklamierte Bevorzugung der Schwestergesellschaft der Beklagten die Klägerin unbillig behindert, spricht schlechterdings nichts, nachdem die Klägerin zu diesem Gesichtspunkt nicht im Ansatz Sachvortrag gehalten hat. Eine zu Gunsten der Klägerin ausfallende Interessenabwägung dürfte – worauf diese ebenfalls bereits im Senatsverfahren VI-U (Kart) 4/14 hingewiesen worden ist (vgl. insoweit Senat, Urteil v. 15. Oktober 2014 – VI-U (Kart) 4/14, ZVertriebsR 2016, 44, Rz. 64 bei juris) – nach den genannten Rechtsgrundsätzen ohnehin allenfalls im Falle einer nachhaltigen Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz der Klägerin durch die angebliche Bevorzugung der Schwestergesellschaft der Beklagten in Betracht kommen; hierfür bietet das Vorbringen der Klägerin indes nicht den geringsten Anhaltspunkt.

(3.3) Bereits den vorstehenden Ausführungen ist unmittelbar zu entnehmen, dass auch der auf eine verbotene Diskriminierung der Klägerin im Sinne von §§ 20 Abs. 1, 19 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 Alt. 2 GWB abstellende Ansatz der Berufung (vgl. insoweit Schriftsatz v. 16.11.2017, S. 7 f. [unter bb)]) versagt. Die Regiebetriebe der Beklagten und die U-E-Commerce GmbH gehören zu einundderselben wirtschaftlichen Einheit und scheiden daher von vornherein als im Verhältnis zu der Klägerin „gleichartige“ Unternehmen im Sinne des Diskriminierungsverbotes aus (vgl. hierzu nochmals BGH, Urteil v. 24. Oktober 2011 – KZR 7/10, WuW/E DE-R 3446 = NJW 2012, 773 Rz. 31 m.w.N. – Grossistenkündigung). Davon abgesehen gilt auch im Hinblick auf das Diskriminierungsverbot, dass es sich nicht gegen jede Ungleichbehandlung als solche richtet, sondern gegen die sich hieraus ergebende Beeinträchtigung der wettbewerblichen Chancengleichheit gleichartiger Unternehmen, weshalb sich eine als Ungleichbehandlung beanstandete Bevorzugung nachteilig auf die Wettbewerbsposition des anspruchstellenden Unternehmens auswirken muss (vgl. BGH, a.a.O. Rz. 32 m.w.N. – Grossistenkündigung); wie schon oben ausgeführt, hat die Klägerin aber auch in diesem Zusammenhang in Ermangelung jeglichen Sachvortrags keinen Anhalt für eine solchermaßen qualifizierte „Ungleichbehandlung“ aufgezeigt.

B. Da die Berufung – wie vorstehend unter A. ausgeführt – nicht bei dem gemäß § 519 Abs. 1 ZPO zur Entscheidung über das Rechtsmittel zuständigen Gericht eingelegt worden ist, wäre bei Anwendung der allgemeinen Grundsätze davon auszugehen, dass die Klägerin die Einhaltung der Berufungsfrist des § 517 ZPO versäumt hat und ihr Rechtsmittel im Hinblick auf § 522 Abs. 1 Satz 2 ZPO als unzulässig zu verwerfen ist (vgl. hierzu nochmals BGH, Urteil v. 9. Dezember 1999 - III ZR 73/99, NJW 2000, 1574 [1575] [unter 3.a)] m.w.N.; Beschluss v. 28. September 2017 – V ZB 109/16, NJW 2018, 164 Rz. 7).

Im Streitfall ist indes – in Ausnahme von diesen Grundsätzen – die Berufung nicht zu verwerfen, sondern der in der Berufungsinstanz anhängige Rechtsstreit auf den von der Klägerin hilfsweise gestellten Antrag hin in entsprechender Anwendung des § 281 ZPO an das sachlich und örtlich zuständige Oberlandesgericht Köln zu verweisen. Denn unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des vorliegenden Falles ist zu Gunsten der Klägerin ein schützenswertes Vertrauen dahin zu erkennen, die Berufung fristwahrend bei dem Kartellberufungsgericht einlegen und gegebenenfalls auf den Hinweis des angerufenen Gerichts, zur Entscheidung über das Rechtsmittel nicht zuständig zu sein, Antrag auf Verweisung des Rechtsstreits an das tatsächlich zuständige Berufungsgericht stellen zu können.

1. Im Ausgangspunkt ist allerdings in den Blick zu nehmen, dass es zu der (im Verschuldensfalle der Partei über § 85 Abs. 2 ZPO zurechenbaren) anwaltlichen Pflicht des Prozessbevollmächtigten der rechtsmittelführenden Partei gehört, das für die Entscheidung über das Rechtsmittel gegen das anzufechtende Urteil zuständige Gericht zu ermitteln und insoweit den prozessual sichersten Weg zu wählen (vgl. in diesem Sinne nur etwa BGH, Beschluss v. 25. April 2017 – VI ZB 45/16, BeckRS 2017, 111679 = NJW-RR 2017, 956 Rz. 6; Beschluss v. 22. Juli 2015 – XII ZB 583/14, BeckRS 2015, 14067 = MDR 2015, 1027; Beschluss v. 14. Juli 2011 – V ZB 67/11, NJW 2011, 3306 Rz. 7; BeckOKZPO-Wendtland, [1.12.2017], § 233 Rzn. 37 f., alle m.w.N.). Bei der insoweit gebotenen Prüfung hat der anwaltliche Parteivertreter auch die im Hinblick auf die im Einzelfall unter Umständen schwierige Abgrenzung zwischen Kartell- und Nichtkartellsachen seit Langem anerkannte Rechtspraxis zu beachten, die dem Berufungsführer in einer tatsächlich anzunehmenden Kartellrechtsstreitigkeit im Sinne von § 87 GWB die fristwahrende Einlegung der Berufung auch bei dem lediglich allgemein zuständigen Berufungsgericht gestattet.

Angesichts dieser Umstände ist von vornherein Zurückhaltung geboten, wenn – wie im Streitfall – die Frage aufgeworfen wird, ob überhaupt bzw. unter welchen Voraussetzungen dem Berufungsführer trotz des ihm stets sicher zur Verfügung stehenden Wegs der fristwahrenden Berufungseinlegung bei dem allgemein zuständigen Berufungsgericht unter Umständen auch umgekehrt das Recht zuzugestehen ist, sein Rechtsmittel fristwahrend bei dem (vom allgemein zuständigen Berufungsgericht verschiedenen) Kartellberufungsgericht einzulegen.

2. Gleichwohl liegen im Streitfall qualifizierte Umstände vor, die zu Gunsten der Klägerin für eine fristwahrend erfolgte Einlegung der Berufung sprechen.

a. In der Literatur wird die hier interessierende – höchstrichterlich noch nicht geklärte – Frage zum Teil, inzwischen wohl überwiegend, dahin beantwortet, dass dem Berufungsführer entweder generell oder doch zumindest in bestimmten Fällen ein Recht zur fristwahrenden Berufungseinlegung auch bei dem Kartellberufungsgericht zugestanden wird (so etwa Immenga/Mestmäcker-K. Schmidt, § 93 Rz. 9; Langen/Bunte-Bornkamm, § 91 Rz. 17; Loewenheim-Dicks, § 91 GWB Rz. 17; FK-Nägele, § 93 GWB Rz. 12); teilweise wird die Frage ohne die Anerkennung bestimmter Ausnahmefälle verneint (so etwa FK-Bracher, § 91 GWB Rz. 14; KK-Voss, § 93 Rzn. 11 ff., der die Möglichkeit einer gleichzeitigen Einlegung der Berufung sowohl bei dem allgemein zuständigen Berufungsgericht als auch bei dem Kartellberufungsgericht für ausreichend hält).

b. Der erstgenannten Auffassung ist (nur) insoweit zuzustimmen, als es bestimmte „Grenzfälle“ (vgl. Immenga/Mestmäcker-K. Schmidt, a.a.O.) bzw. „unsichere Fälle“ (vgl. FK-Nägele, a.a.O.) geben kann, in denen der Berufungsführer mit hinreichender Berechtigung auf eine fristwahrende Einlegung seines Rechtsmittels bei dem von ihm angerufenen, indes tatsächlich nicht zur Entscheidung zuständigen Kartellberufungsgericht vertrauen darf. Keinesfalls gerechtfertigt wäre es dagegen, dem Berufungsführer generell die fristwahrende Rechtsmitteleinlegung bei dem Kartellberufungsgericht zu gestatten. Wollte man von einer solchen generellen Gestattung ausgehen, könnte der Berufungsführer das Kartell-Oberlandesgericht auch in allen Fällen (fristwahrend) anrufen, in denen die Frage, ob im ersten Rechtszug eine kartellrechtliche Rechtsstreitigkeit im Sinne von § 87 GWB geführt worden ist, - wie namentlich auch im Streitfall - objektiv ohne ins Gewicht fallende bzw. ohne ernstliche Schwierigkeiten oder gar völlig offensichtlich zu verneinen ist; in konsequenter Befolgung eines solchen Ansatzes müsste selbst in derart abwegigen Fällen wie zum Beispiel der Anfechtung von in Verkehrsunfallsachen ergangenen Entscheidungen von einer Möglichkeit der fristwahrenden Anrufung des Kartell-Oberlandesgerichts ausgegangen werden. Für eine derartige Begünstigung des Berufungsführers gibt es keinen sachlich gerechtfertigten Grund. Diesem ist es – wie bereits wiederholt dargelegt – bereits ohne Ausnahmen erlaubt, aus Gründen der Fristwahrung sein Rechtsmittel bei dem für Entscheidungen des Ausgangsgerichts allgemein zuständigen Berufungsgericht einzulegen. Eine solche Begünstigung würde darüber hinaus aber auch unweigerlich die Gefahr hervorrufen, dass die Kartellberufungsgerichte in einer erheblichen Anzahl von der Sache nach mehr oder weniger eindeutigen Fällen mit der Prüfung ihrer, letztlich zu verneinenden, Entscheidungzuständigkeit befasst und auf diese Weise an einer möglichst effektiven Bewältigung ihrer eigentlichen Aufgabe gehemmt würden, Qualität und Einheitlichkeit der Rechtsprechung auf dem von dem GWB berührten Gebiet des Wirtschaftsrechts zu gewährleisten. Dies ist nicht hinzunehmen, so dass der Ansatz einer generellen Zuständigkeit (auch) der Kartellberufungsgerichte zur Entgegennahme fristwahrend eingelegter Berufungsrechtsmittel zu verwerfen ist.

aa. Kommen nach dem Gesagten für eine „Anrufungszuständigkeit“ der Kartellberufungsgerichte von vornherein allenfalls „Grenzfälle“ in Betracht, sind unter solchen allerdings richtigerweise nicht solche Rechtsstreitigkeiten zu verstehen, in denen (ernsthafte) Unsicherheiten allein hinsichtlich der Schwierigkeit bestehen, im konkreten Fall das Vorliegen oder Nichtvorliegen einer Kartellrechtssache im Sinne von § 87 GWB objektiv festzustellen. Denn gerade im Hinblick auf solche Schwierigkeiten besteht für den Berufungsführer bereits die durch ständige Rechtspraxis gesicherte Möglichkeit, sein Rechtsmittel jedenfalls bei dem für Entscheidungen des erstinstanzlichen Gerichts allgemein zuständigen Berufungsgericht fristwahrend einzulegen. Es besteht aus diesem Grund objektiv schon keine Notwendigkeit, wegen derselben Schwierigkeiten dem Berufungsführer die zusätzliche Möglichkeit einzuräumen, aus Gründen der Fristwahrung die Berufung stets auch bei dem Kartell-Oberlandesgericht einlegen zu können. Eine solche – zusätzliche – Option dürfte darüber hinaus auch vor dem Hintergrund der bereits dargelegten anwaltlichen Verantwortung für die Ermittlung des richtigen Adressaten fristgebundener Verfahrenserklärungen nicht zu rechtfertigen sein; diese Verantwortung ist einer Partei und ihrem Prozessbevollmächtigten nicht allgemein abzunehmen und auf unzuständige Gerichte zu verlagern (vgl. in diesem Sinne auch BGH, Beschluss v. 18. Oktober 2017 – LwZB 1/17, NJW 2018, 165 Rz. 10). Die vorstehenden Ausführungen beanspruchen zumindest in Bezug auf diejenigen Fälle Geltung, in denen – wie auch im Streitfall – eine Zuständigkeit der Kartellgerichte allenfalls gemäß § 87 Satz 1 GWB in Betracht kommen könnte. Sie dürften freilich – was vorliegend auf sich beruhen kann – gleichermaßen im Hinblick auf eine etwaige Kartellrechtszuständigkeit im Sinne des § 87 Satz 2 GWB gelten, da die Frage der Entscheidungserheblichkeit kartellrechtlicher Vorschriften im Sinne dieser Norm von der in einem ersten Schritt durchzuführenden Prüfung nichtkartellrechtlicher Einwendungen abhängt, die sinnvollerweise (zunächst) den allgemeinen Zivilgerichten (Nichtkartellgerichten) vorzubehalten ist.

bb. Ein im hiesigen Kontext anerkennenswerter Grenzfall kann aber unter Gesichtspunkten der Meistbegünstigung dann anzunehmen sein, wenn für den Berufungsführer auf Grund einer Unklarheit der angefochtenen Entscheidung, die durch einen Fehler des erstinstanzlichen Gerichts verursacht worden ist, Unsicherheit darüber entsteht, welches Rechtsmittel er bei welchem Gericht einlegen soll (vgl. in diesem Sinne zum Meistbegünstigungsgrundsatz etwa BGH, Beschluss v. 14. Juli 2011 – V ZB 67/11, NJW 2011, 3306 Rz. 9; Urteil v. 13. Oktober 1998 – VI ZR 81/98, NJW 1999, 291 [291 f.] [unter II.2.a)], alle m.w.N.).

So verhält es sich bei richtiger Betrachtung auch im Streitfall.

Das Landgericht hat den vorliegenden Rechtsstreit im Rubrum seines Urteils als „Kartellsache“ bezeichnet. Dies genügt freilich für sich genommen nicht, die Berufungszuständigkeit des angerufenen Kartellsenats zu begründen, da sich diese – wie vorstehend unter II.A.2. im Einzelnen dargelegt – aus Rechtsgründen schon nicht nach der „formellen Anknüpfung“ beurteilt und darüber hinaus das Landgericht bei seiner Entscheidung auch tatsächlich nicht eindeutig „als Kartellgericht“ gehandelt hat. Unbeschadet dessen kann die – fehlerhafte – Bezeichnung des Rechtsstreits als Kartellsache im Streitfall aus der unbefangenen (subjektiven) Sicht eines verständigen Betrachters aber durchaus die unzutreffende Vorstellung hervorrufen, das Landgericht habe seine Zuständigkeit (auch) als Kartellgericht am materiellen Maßstab des § 87 GWB geprüft und im Ergebnis mit Recht angenommen. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass die Frage nach dem Vorliegen einer kartellrechtlichen Streitigkeit im Sinne von § 87 GWB keiner schematischen Beurteilung zugänglich ist, sondern – wie bereits ausgeführt - vielmehr unter Würdigung des Tatsachenvortrags der Parteien die mitunter schwierig zu treffende Wertung verlangt, ob die Entscheidung des Rechtsstreits mit „hinreichender Wahrscheinlichkeit“ von kartellrechtlichen Normen und Grundsätzen abhängen wird bzw. ob die Klage im Hinblick auf etwaige kartellrechtliche Ansprüche „offensichtlich unschlüssig“ ist. Weiterhin ist zu bedenken, dass die Prüfung der Kartellrechtszuständigkeit und ihr Ergebnis nicht notwendigerweise im Urteil niederzulegen sind, so dass das Fehlen diesbezüglicher Ausführungen als solches nicht den Rückschluss zulässt, dass das erkennende Gericht eine Zuständigkeit als Kartellgericht gar nicht geprüft oder zu Unrecht angenommen hat. Vor diesem Hintergrund ist im Streitfall das angefochtene Urteil geeignet, im Hinblick auf das Vorliegen einer kartellrechtlichen Rechtsstreitigkeit im Sinne von § 87 (Satz 1) GWB und einer hieraus folgenden Berufungszuständigkeit des Kartell-Oberlandesgerichts nach §§ 91 Satz 2, 87 GWB den Anschein der Richtigkeit zu erwecken.

Dieser durch einen Fehler des im ersten Rechtszug erkennenden Gerichts verursachte Anschein ist in wertender Betrachtung der Situation gleichzustellen, in der sich die Beurteilung, ob objektiv eine kartellrechtliche Streitigkeit vorliegt, schwierig gestaltet. Wenn im Hinblick auf solche Schwierigkeiten dem Berufungsführer – zu Recht – generell die fristwahrende Berufungseinlegung bei dem für Entscheidungen des Ausgangsgerichts allgemein zuständigen Berufungsgericht zugestanden wird, ist es folglich geboten, der um gerichtlichen Rechtsschutz nachsuchenden Partei zu gestatten, dem durch die angefochtene Entscheidung bei ihr erzeugten Anschein entsprechend das Berufungsrechtsmittel in weiterer Ausnahme von § 519 Abs. 1 ZPO fristwahrend bei dem, wenn auch tatsächlich zur Entscheidung nicht zuständigen, Kartell-Oberlandesgericht einzulegen und gegebenenfalls entsprechend § 281 ZPO eine Verweisung des Rechtsstreits an das für Entscheidungen des erstinstanzlichen Gerichts allgemein zuständige Berufungsgericht zu erwirken.

Dies kommt auch der Klägerin zugute, da sie im Vertrauen auf den vom Landgericht fehlerhaft erzeugten Anschein des Vorliegens einer kartellrechtlichen Rechtsstreitigkeit die Berufung irrig beim Oberlandesgericht Düsseldorf – Kartellsenat – eingelegt hat. Für ein durch den vorbezeichneten Anschein bestimmtes Handeln der Klägerin spricht richtigerweise bereits eine tatsächliche Vermutung. Der vorliegende Fall des durch einen Fehler des Gerichts bei der Bezeichnung des Rechtsstreits im Urteil erzeugten Anscheins ist der Sache nach mit der einem Urteil anhaftenden fehlerhaften Rechtsmittelbelehrung vergleichbar. Im Fall der unzutreffenden Rechtsmittelbelehrung und einer Versäumung der Rechtsmittelfrist wird für das Verfahren auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen des durch die Rechtsmittelbelehrung erzeugten Anscheins der Richtigkeit gemäß § 233 Satz 2 ZPO die Vermutung aufgestellt, dass die Fristversäumung nicht auf ein Verschulden der rechtsmittelführenden Partei zurückzuführen ist (vgl. in diesem Sinne BGH, Beschluss v. 28. September 2017 – V ZB 109/16, NJW 2018, 164 Rz. 13). Es gibt keinen sachlichen Grund, die im Streitfall vorliegende Fallkonstellation anders zu betrachten, weshalb zu Gunsten der Klägerin die, nach dem Sach- und Streitstand durch nichts widerlegte, Vermutung streitet, dass sie gerade wegen des durch das angefochtene Urteil fehlerhaft erzeugten Anscheins einer im ersten Rechtszug bestehenden Rechtsstreitigkeit im Sinne von § 87 GWB die Berufung bei dem hiesigen Kartell-Oberlandesgericht eingelegt hat.

3. Nach alledem ist der Berufungsrechtsstreit auf den hilfsweise gestellten Antrag der Klägerin zur Entscheidung an das insoweit zuständige Oberlandesgericht Köln zu verweisen.

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