SG Duisburg, Beschluss vom 11.07.2016 - S 19 KA 4/16 ER
Fundstelle
openJur 2019, 25243
  • Rkr:
Tenor

Die sofortige Vollziehung des Beschlusses des Berufungsausschusses für Ärzte für den Bezirk der KV Nordrhein vom 17.04.2015 wird angeordnet.

Die Beigeladene zu 7) trägt die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Antragstellers und des Antragsgegners.

Gründe

I.

Der Antragsteller (Ast) begehrt die Aufhebung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs und der Klage der Beilgeladenen zu 7) gegen den Beschluss des Zulassungsausschusses für Kassenärzte Düsseldorf (Zulassungsausschuss) vom 03.12.2014 in Gestalt des Beschlusses des Antragsgegners (AG) vom 17.04.2015. Im Hauptsacheverfahren S 19 KA 4/15 streiten die Beteiligten darüber, ob der Ast weiterhin berechtigt ist, Leistungen nach der GOP 13400 EBM (Ösophago-Gastroduodenoskopie) auf der Grundlage einer Genehmigung nach § 73 Abs. 1 a S. 3 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch -SGB V- zu erbringen.

Der Ast ist als hausärztlich tätiger Internist zur vertragsärztlichen Versorgung mit Praxissitz in Wesel (Schepersweg 1) zugelassen.

Am 28.07.2014 beantragte er beim Zulassungsausschuss die weitere Genehmigung zur Erbringung der Leistungen nach der GOP 13400 EBM gemäß § 73 Abs. 1a S. 3 SGB V. Die entsprechende Genehmigung war ihm erstmals mit Beschluss des Zulassungsausschusses vom 11.02.2004 befristet bis zum 31.12.2006 erteilt worden. Seine Folgeanträge wurden jeweils positiv zuletzt mit Beschluss des Zulassungsausschusses vom 01.12.2010 befristet bis 31.12.2014 beschieden.

Auf seinen Antrag vom 28.07.2014 erneuerte der Zulassungsausschuss die Ausnahmeregelung befristet bis zum 31.12.2018. Zur Begründung führte er aus, bei der beantragten Leistung handele es sich um eine solche, die nicht dem hausärztlichen Versorgungsbereich zugeordnet sei. In diesen Fällen könne nach § 73 Abs. 1a S. 3 SGB V für Internisten ohne Schwerpunktbezeichnung eine Ausnahmeregelung getroffen werden, wenn eine bedarfsgerechte Versorgung nicht zu gewährleisten sei. Nach Auswertung der Frequenztabellen der im Planungsbereich Wesel niedergelassenen Ärzte, welche über die Genehmigung zur Abrechnung der GOP 13400 EBM verfügten, sei eine regelmäßige Auslastung nachgewiesen und der Bedarf weiterhin gegeben. Um die bedarfsgerechte Versorgung der gesetzlich versicherten Patienten im Planungsbereich Wesel ab 01.01.2015 weiterhin gewährleisten zu können, sei daher die Genehmigung der GOP 13400 EBM befristet bis zum 31.12.2018 zu erteilen.

Hiergegen hat die Beigeladene zu 7) am 29.01.2015 Widerspruch erhoben. Darin macht sie geltend, im Bereich der Kreisstelle Wesel werde die beantragte Leistung von einer ausreichenden Anzahl von hierzu berechtigten Ärzten erbracht und damit auch sichergestellt. Rechnerisch seien im Bereich der Kreisstelle Wesel 41,10 fachärztlich tätige Fachärzte für Innere Medizin tätig. Davon verfügten 6 Fachärzte für Innere Medizin über die Schwerpunktbezeichnung Gastroenterologie. Die zur Erbringung der Leistung nach der GOP 13400 EBM berechtigten Ärzte seien imstande, die bisher vom Ast insoweit abgerechneten Fälle zusätzlich durchzuführen. Es lägen auch keine besonderen Umstände vor, die die Ausnahmeregelung notwendig erscheinen ließen.

Der AG hat den Widerspruch mit Beschluss vom 20.05.2015 zurückgewiesen. Zwar sei für die vorzunehmende Bedarfsbeurteilung grundsätzlich auf den Planungsbereich der Raumordnungsregion Duisburg/Essen abzustellen. Die Rechtsprechung habe es jedoch für zulässig erachtet, im Rahmen von Entscheidungen nach § 73 Abs. 1a S. 3 SGB V auf den lokalen Bereich abzustellen (vgl. LSG NRW Urteil vom 26.05.2004, L 11 KA 163/03). Nach den vorgelegten Frequenzübersichten entfalle ein Anteil von 80 % der vom Ast nach GOP 13400 EBM abgerechneten Leistung im Quartal IV/14 auf Überweisungen. Dieser hohe Anteil von Überweisungen sowie die mitgeteilten Wartezeiten bei Dr. Lynker zwischen 3 und 7 Wochen sprächen dafür, dass eine Fortführung der Ausnahmegenehmigung unter Versorgungsgesichtspunkten notwendig sei.

Die Beigeladene zu 7) hat am 02.07.2015 hiergegen Klage beim Sozialgericht Duisburg erhoben (S 19 KA 4/15).

Am 09.03.2016 hat der Ast, vertreten durch seinen Prozessbevollmächtigten den vorliegenden Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes gestellt. Da nicht absehbar sei, wann das Hauptsacheverfahren seinen Abschluss finde und zu befürchten sei, dass eine endgültige Entscheidung erst nach Ablauf der Befristung erfolgen werde, sei die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs und der Klage aufzuheben bzw. die sofortige Vollziehung des Beschlusses des Zulassungsausschusses vom 03.12.2014 und des Berufungsausschusses vom 20.05.2015 anzuordnen. Andernfalls stehe zu befürchten, dass die Versorgung der Patienten im benannten Bezirk nicht mehr ausreichend gewährleistet sei. Insoweit werde auf die Begründung des Beschlusses des AG vom 20.05.2015 verwiesen. Außerdem entstünde dem Ast ein nicht zumutbarer wirtschaftlicher Nachteil durch den nicht wiederholbaren Behandlungsausfall, der nicht kompensiert werden könne, wenn eine rechtkräftige Entscheidung erst nach Ablauf der Befristung ergehe. Es liege ein Anordnungsgrund für die Gewährung des begehrten einstweiligen Rechtsschutzes vor, da die Gefahr bestehe, dass der Ast im Hauptsacheverfahren zwar Recht bekommen könnte, er dieses Recht aber aufgrund des Zeitablaufs nicht mehr oder nur noch eingeschränkt nutzen könne.

Der Ast beantragt:

die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs und der Klage gegen den Beschluss des Zulassungsausschusses für Kassenärzte Düsseldorf vom 03.12.2014 und des Berufungsausschusses für Ärzte für den Bezirk der KV Nordrhein vom 20.05.2015 aufzuheben und die sofortige Vollziehung anzuordnen.

Der AG

stellt die Entscheidung in das Ermessen des Gerichts.

Die Beigeladene zu 7) beantragt,

den Antrag des Ast zurückzuweisen.

Sie trägt vor, es bestehe weder ein Anordnungsanspruch noch ein Anordnungsgrund. Ein Anordnungsanspruch scheide bereits deswegen aus, weil der Beschluss des AG vom 20.05.2015 rechtswidrig sei. Insoweit werde auf die Schriftsätze im Klageverfahren S 19 KA 4/15 vom 07.10.2015 und 30.03.2016 verwiesen. Es sei aber auch kein Anordnungsrund ersichtlich. Die Versorgung der Versicherten werde durch die in der Widerspruchs- und Klagebegründung genannten Ärzte sichergestellt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Akten aus dem Verfahren S 19 KA 4/15, insbesondere auf den Vorgang über das Widerspruchsverfahren, Bezug genommen.

Gründe:

II.

Der Antrag auf Regelung der Vollziehung ist zulässig und begründet.

Rechtsgrundlage ist § 86 b Abs. 1 Nr. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG). Danach kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung haben, die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise anordnen.

Die Klage der Beigeladenen zu 7) gegen den stattgebenden Bescheid vom 03.12.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des AG vom 20.05.2015 hat nach § 86 a Abs. 1 SGG aufschiebende Wirkung. Ein Ausnahmefall, in dem gemäß § 86 a Abs. 2 SGG die aufschiebende Wirkung entfällt, liegt nicht vor.

Ist demnach der Klage der Beigeladenen zu 7) aufschiebende Wirkung beizumessen, hat das Gericht über den Antrag auf Anordnung der sofortigen Vollziehung aufgrund einer Abwägung der betroffenen privaten und öffentlichen Interessen zu entscheiden. Dabei ist die gerichtliche Vollziehungsanordnung nicht an das Vorliegen eines öffentlichen Interesses gebunden, sondern kann auch im überwiegenden Interesse eines Beteiligten erfolgen, insbesondere wenn dieser von der ihm zugebilligten Rechtsposition überhaupt nur Gebrauch machen kann, wenn er kein Hauptsacheverfahren abwarten muss (vgl. Pawlita in Schlegel/Voelzke, jurisPK SGB V, § 97, Rn. 71 mit Verweis auf BSG Urteil vom 05.11.2003 ? B 6 KA 11/03 R und BSG Urteil vom 17.10.2007 ? B 6 KA 4/07 R). Insoweit sind vorrangig die Erfolgsaussichten der Klage zu prüfen. Sind diese zu bejahen, wird das Gericht den Sofortvollzug ablehnen, denn an dem Vollzug eines offensichtlich rechtswidrigen Verwaltungsakts (hier der erteilten Genehmigung zur Abrechnung der Leistung nach GOP 13400 EBM) besteht kein schützenswertes Interesse. Ist der Verwaltungsakt hingegen rechtmäßig, so ist dem Antrag auf Sofortvollzug stattzugeben. Lassen sich die Erfolgsaussichten nicht eindeutig beurteilen, müssen die übrigen für oder gegen eine sofortige Vollziehung sprechenden Gesichtspunkte gegeneinander abgewogen werden.

Diese Maßstäbe im Rahmen der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren lediglich durchzuführenden summarischen Prüfung zugrunde gelegt, spricht vorliegend mehr gegen als für einen Erfolg der Klage S 19 KA 4/15.

Dabei gilt es zunächst zu beachten, dass die von den Zulassungsgremien gemäß § 73 Abs. 1a S. 3 SGB V zu treffende Entscheidung, also die erteilte Genehmigung zur Abrechnung der Einzelleistung GOP 13400 EBM, von den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit nur eingeschränkt überprüft werden kann. Denn die Zulassungsgremien haben bei der von ihnen zu treffenden, von der grundsätzlichen Trennung in haus- und fachärztliche Versorgung gemäß § 73 Abs. 1 Satz 1 SGB V abweichenden Regelung zu prüfen, ob eine bedarfsgerechte Versorgung nicht (mehr) gewährleistet ist. Soweit aber von den Zulassungsgremien als Grundlage ihrer Entscheidung eine Bedarfsfeststellung getroffen werden muss, haben sie einen gerichtlich nur eingeschränkt nachprüfbaren Beurteilungsspielraum (vgl. BSG SozR 3-2500, § 101 Nr. 1; BSG, Urteil vom 10. Mai 2000 - B 6 KA 9/99 R; BSG, Urteil vom 28.06.2000 - B 6 KA 35/99 R). Die gerichtliche Kontrolle beschränkt sich folglich - wie in anderen Fällen der Bedarfsfeststellung auch - darauf, ob der Verwaltungsentscheidung ein richtig und vollständig ermittelter Sachverhalt zu Grunde liegt, ob die durch Auslegung des Begriffes besonderer Versorgungsbedarf zu ermittelnder Grenzen eingehalten und ob die Subsumtionserwägungen so hinreichend in der Begründung der Entscheidung verdeutlicht wurden, dass im Rahmen des Möglichen die zutreffende Anwendung der Beurteilungsmaßstäbe erkennbar und nachvollziehbar ist (vgl. Urteil des LSG NRW vom 26.05.2004 ? L 11 KA 163/03 mit Verweis auf die ständige Rechtsprechung des BSG: BSG SozR 3-2500, § 101 Nr. 1 - für Sonderbedarfszulassungen -; SozR 3-2500 § 116 Nr. 1; BSGE 70, 167, 175; BSGE 73, 25, 29 und BSG SozR 3-2500 § 97 Nr. 2 - für die Ermächtigung von Krankenhausärzten -; BSGE 77, 188, 191 f. - für Zweigpraxen -).

Unter Anwendung dieses eingeschränkten gerichtlichen Überprüfbarkeitsmaßstabes ist die Entscheidung des AG rechtmäßig. Insbesondere ist der Sachverhalt ausreichend ermittelt worden. Der Zulassungsausschuss und der AG haben ihren Entscheidungen die Frequenztabellen der im Planungsbereich Wesel niedergelassenen Ärzte, welche über die Genehmigung zur Abrechnung der GOP 13400 EBM verfügen, zugrunde gelegt und sind unter Berücksichtigung der vom Ast vorgetragenen Wartezeiten bei Dr. Lynker zwischen 3-7 Wochen und unter Berücksichtigung des hohen Anteils der Überweisungsfälle bei den vom Ast abgerechneten Leistungen nach GOP 13400 EMB zu dem Ergebnis gelangt, dass die Fortführung der Ausnahmeregelung unter Versorgungsgesichtspunkten notwendig ist. Dabei durfte der AG im Rahmen der Entscheidung nach § 73 Abs. 1a S. 3 SGB V auf den lokalen Bereich (Einzugsbereich der Stadt Wesel) abstellen und musste nicht, wie die Beigeladene zu 7) in ihrem Widerspruch und der Klage einwendet, den Planungsbereich der Raumordnungsregion Duisburg/Essen prüfen.

Zwar kommt es - wie die Beigeladene zu 7) zutreffend ausführt - grundsätzlich auf die Versorgungssituation im gesamten Planungsbereich an, jedoch ist bei der Regelung gemäß § 73 Abs. 1 a Satz 3 SGB V - ähnlich wie bei der Sonderbedarfszulassung gemäß Ziffer 24 a Bedarfsplanungsrichtlinien - auf die Situation im lokalen Bereich abzustellen (vgl Urteil LSG NRW vom 26.05.2004 ? L 11 KA 163/03, Rn. 26 nach juris).

Auch vor dem Hintergrund des von der Beigeladenen zu 7) im Klageverfahren zitierten Urteils des BSG vom 08.12.2010 ? B 6 KA 36/09 R, wonach (bei Sonderbedarfs?Zulassungen) lediglich bei allgemeinen Leistungen Versorgungsangebote nicht berücksichtigt werden, die 25 km entfernt sind, den Versicherten hingegen bei spezialisierten Leistungen durchaus auch weitere Wege zuzumuten sind, musste der AG nicht prüfen, ob und gegebenenfalls inwieweit es den Patienten, die eine entsprechende Leistung in Anspruch nehmen wollen, zugemutet werden kann, räumlich entfernte Praxen (hier insbesondere die der Dres. K. und K. im 16,8 km entfernten Dinslaken, Dres. P., D. und D.-S. im 31,2 km entfernten Moers oder des Dr. L. im 19 km entfernten Rheinberg) aufzusuchen. Denn Patienten, bei denen eine Gastroskopie gemäß GOP 13400 EBM durchgeführt wird, dürfen bei leitliniengerechter Untersuchung ab 20:00 Uhr des Vortages nichts mehr essen und ab 23:00 Uhr des Vortages auch nichts mehr trinken. Die Untersuchung selbst wird häufig unter Gabe eines kurzfristigen Sedierungsmittels durchgeführt. Der Patient muss in solchen Fällen anschließend noch mindestens eine halbe Stunde in der Praxis liegen und ist dann für mindestens drei weitere Stunden nicht in der Lage, allein mit öffentlichen Verkehrsmitteln und natürlich erst Recht nicht mit einem eigenen Kfz zu fahren. Vor diesem Hintergrund dürfte es Patienten aus Wesel wohl nicht zumutbar sein, auf die oben aufgeführten weiter entfernten Praxen auszuweichen. Es ist daher nicht zu beanstanden, dass der AG die Kapazitäten der oben genannten weiter entfernten Praxen in Dinslaken, Moers und Rheinberg nicht geprüft hat.

Aufgrund des Ergebnisses der Frequenztabellenauswertung (Quartal 4/14), wonach Dr. L. mit 138 Gastroskopien mehr als der Fachgruppendurchschnitt abrechnete, musste sich der AG auch nicht veranlasst sehen, an den durch den Ast mitgeteilten Wartezeiten in der Praxis des Dr. L. von 3-7 Wochen zu zweifeln. Der Einwand der Beigeladenen zu 7), Herr Dr. L. hätte dazu persönlich befragt werden müssen, um die diesbezügliche Aussage des Ast zu verobjektivieren, greift daher nicht.

Auch aus dem weiteren Vorbringen der Beigeladenen zu 7) im Vorverfahren ergibt sich nichts, was den AG hätte zu einer weiteren Sachverhalts-Ermittlung veranlassen müssen. Die Beigeladene zu 7) hat sich darauf beschränkt, die Anzahl der im Bereich der Kreisstelle Wesel rechnerisch tätigen Fachärzte für Innere Medizin darzulegen (42, wovon 6 Fachärzte für Innere Medizin über die Schwerpunktbezeichnung Gastroenterologie verfügten). Im Weiteren verweist sie auf die im Planungsbereich der Raumordnungsregion Duisburg/Essen zugelassenen 171 fachärztlich Tätigen Internisten, was einem Versorgungsrad von 188,2% entspräche. Hieraus lassen sich aber keine Rückschlüsse auf die tatsächliche Versorgungslage im lokalen Bereich von Wesel ziehen. Der Versorgungsgrad im Planungsbereich sagt nichts darüber aus, wie die örtliche Versorgung bezüglich einzelner Leistungen gesichert ist (vgl. Urteil des LSG NRW vom 26.05.2004, L 11 KA 163/03, RN 12 und 23 nach juris). Die Beigeladene zu 7) hat schließlich auch nicht vorgetragen, dass sich die Versorgungssituation in Wesel im Vergleich zu den Vorjahren seit 2003 durch Neuzulassungen von Fachärzten für Innere Medizin mit der Schwerpunktbezeichnung Gastroenterologie oder Ausweitung von Kapazitäten der bestehenden Praxen verbessert habe. In ihrer Stellungnahme vom 11.11.2010 betreffend den Verlängerungsantrag des Ast vom 16.06.2010 hatte sie aber zuletzt die Verlängerung der Ausnahmeregelung bis 31.12.2014 befürwortet, weil eine bedarfsgerechte Versorgung nicht gewährleistet sei.

Im Ergebnis liegt damit der Verwaltungsentscheidung ein richtig und vollständig ermittelter Sachverhalt zu Grunde liegt, sind die durch Auslegung des Begriffes besonderer Versorgungsbedarf zu ermittelnder Grenzen eingehalten und wurden die Subsumtionserwägungen vom AG so hinreichend in der Begründung der Entscheidung verdeutlicht, dass im Rahmen des Möglichen die zutreffende Anwendung der Beurteilungsmaßstäbe erkennbar und nachvollziehbar ist.

Erscheint nach alledem der Erfolg der Klage der Beigeladenen zu 7) unwahrscheinlich, ist es gerechtfertigt, im vorliegenden Fall von dem Grundsatz, dass Widerspruch und Klage aufschiebende Wirkung haben (§ 86a Abs. 1 S. 1 SGG) abzuweichen und zugunsten des Ast gemäß § 86b Abs. 1 Nr. 1 SGG die sofortige Vollziehung anzuordnen. Denn der Ast liefe andernfalls Gefahr, dass er aufgrund der Befristung der ihm erteilten Genehmigung zur Erbringung von Leistungen nach GOP 13400 EBM bis zum 31.12.2018 von seinem Recht aufgrund des Zeitablaufs bis zum Vorliegen einer für ihn positiven rechtkräftigen Entscheidung im Hauptsacheverfahren keinen Gebrauch mehr machen kann. Hinzu träten wirtschaftliche Nachteile durch den nicht wiederholbaren Behandlungsausfall, die nicht kompensiert werden können, wenn eine rechtkräftige Entscheidung erst nach Ablauf der Befristung erginge. Demgegenüber halten sich die Nachteile für das öffentliche Interesse der Versichertengemeinschaft in Grenzen, sollte im Rahmen einer späteren Hauptsache-Entscheidung doch entschieden werden, dass der Beschluss des Zulassungsausschusses vom 03.12.2014 in Gestalt des Beschlusses des AG vom 20.05.2015 rechtwidrig war. In diesem Fall hätten Patienten in Wesel, die eine Leistung nach GOP 13400 EBM in Anspruch nehmen müssen, bis zu einer rechtkräftigen Entscheidung in der Hauptsache, längstens jedoch bis zum 31.12.2018 kürzere Wege und kürzere Wartezeiten durch das zusätzliche Leistungsangebot des Ast gehabt. Ohne dieses Angebot müssten sie auf die Praxis des Dr. L. oder unter Inkaufnahme längerer Anreisewege auf die o.g. Praxen in Dinslaken, Moers und Rheinbach ausweichen. Abrechnungstechnisch würden diese Patienten dann in diesen Praxen abgerechnet. Das Kostenvolumen bliebe mithin im Wesentlichen gleich.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 SGG i.V.m. §§ 154 Abs. 1,162 Abs. 1 VwGO.

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