LAG Düsseldorf, Urteil vom 28.04.2016 - 5 Sa 784/15
Fundstelle
openJur 2019, 23695
  • Rkr:
Verfahrensgang

Zur Auflösung einer Dienststelle bei den Stationierungsstreitkräften

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Mönchengladbach vom 17.03.2015 - 1 Ca 3502/14 - abgeändert:

Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 10.12.2014 zum 31.12.2015 beendet worden ist.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

Die Revision wird zugelassen.

A.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen betriebsbedingten Kündigung.

Der am 27.02.1967 geborene, geschiedene Kläger ist seit dem 01.08.2003 als ziviler Wachmann bei den britischen Stationierungsstreitkräften beschäftigt. Er bezog zuletzt ein durchschnittliches Bruttomonatsgehalt von ca. 2500,00 €. Die Beschäftigungsbedingungen richteten sich nach den Bestimmungen des Tarifvertrages für Arbeitnehmer bei den Stationierungsstreitkräften im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland (TV-AL II) in der jeweils gültigen Fassung.

Der Kläger war in der Dienststelle Niederkrüchten-Elmpt tätig. Diese bestand nach der Festlegung durch die britischen Stationierungsstreitkräfte (British Forces Germany, künftig BFG) aus der K. Kaserne in Niederkrüchten-Elmpt und der B. Kaserne in Mönchengladbach. Letztere war der Arbeitsort des Klägers. Er ist schwerbehindert mit einem Grad von 60 % und war als Kandidat für die Wahl zur Schwerbehindertenvertretung aufgestellt und ist am 24.11.2014 dann auch als Ersatzmitglied gewählt worden.

Ein "Borona" genanntes Programm der Streitkräfte beinhaltet verschiedene Maßnahmen zum Abzug bzw. zur Verlegung von militärischen Einheiten.

Die oberste Dienstbehörde der britischen Streitkräfte in Deutschland - Delegated Military Representative (DMR) - leitete mit Schreiben vom 19.08.2014 das Mitwirkungsverfahren bei der Hauptbetriebsvertretung ein.

In diesem Schreiben heißt es u. a.:

"Bitte nehmen Sie zur Kenntnis, dass die Oberste Dienstbehörde (HQ BFG) jetzt entschieden hat, die K. Kaserne Elmpt zum 31.12.2015 zu schließen. Zeitgleich wird die Dienststelle RALSU Niederkrüchten/Elmpt aufgelöst.

Mit diesem Schreiben leite ich das Mitwirkungsverfahren in Bezug auf die Auflösung und Schließung der Dienststelle RALSU Niederkrüchten/Elmpt in Übereinstimmung mit Paragraph 56, Absatz 9 des Zusatzabkommens zum NATO Gruppenstatut in Verbindung mit Paragraph 78 des Bundespersonalvertretungsgesetzes (BPersVG) ein.

Wie Sie wissen, besteht die Dienststelle RALSU Niederkrüchten/Elmpt aus der K. Kaserne Elmpt und der B. Kaserne Mönchengladbach. Es ist entschieden worden, eine neue Dienststelle am Standort der B. Kaserne Mönchengladbach im Anschluß an die Schließung und Auflösung der derzeitigen Dienststelle (RALSU Niederkrüchten/Elmpt) einzurichten. Die neue Dienststelle wird unter der Bezeichnung Mönchengladbach South geführt und mit Wirkung zum 1. Januar 2016 eingerichtet werden. Diese neue Dienststelle wird entsprechend dem derzeitigen Kenntnisstand folgende Stellen umfassen:"

Es folgt sodann die Auflistung von 98 Stellen nebst Stellenbezeichnung und Eingruppierung. Im Anschluss daran heißt es:

"Die oben aufgeführten, der neuen Dienststelle Mönchengladbach South zugeordneten Stellen, werden zunächst nach Auswahl sozialer Gesichtspunkte mit Beschäftigten aus der jetzigen Dienststelle RALSU Niederkrüchten/Elmpt (d.h. K. und B. Kaserne) besetzt, bevor Beendigungskündigungen zum 31. Dezember 2015 ausgesprochen werden. Stellen, die nicht von Beschäftigten aus der derzeitigen Dienststelle besetzt werden können, werden im nächsten Schritt entsprechend derzeitiger Verfahrensrichtlinien Arbeitnehmern aus anderen Standorten angeboten, die dort ebenfalls von Kündigung bedroht sind bzw. unter Kündigung stehen."

Mit Schreiben vom 12.11.2014 wurde die örtliche Betriebsvertretung zur Kündigung des Klägers angehört (Bl. 52 d. A.). Mit Schreiben vom gleichen Tage wandte sich der Dienststellenleiter an die örtliche Betriebsvertretung und die HQ BFG an die Hauptbetriebsvertretung unter dem Betreff "Stellenbesetzung in der neuen Dienststelle - Mönchengladbach South - vorsorgliche ergänzende Anhörung unter anderem nach Artikel 56 Abs.9 Zusatzabkommen zum Nato-Truppenstatut (ZA-NTS), § 78 Bundespersonalvertretungsgesetz (BPersVG) (1991)".

Wegen des Inhalts des Schreibens der Dienststellenleitung wird auf Bl. 53 ff d. A. Bezug genommen.

Die Bundesagentur für Arbeit teilte mit Schreiben vom 07.11.2014 mit, dass die Massenentlassungen nicht anzeigepflichtig seien.

Mit Schreiben vom 10.12.2014 kündigte die RALSU Niederkrüchten-Elmpt das Arbeitsverhältnis des Klägers nach Zustimmung des Integrationsamtes zum 31.12.2015. Mit der am 18.12.2014 bei Gericht eingegangenen Klage hat der Kläger die Unwirksamkeit der Kündigung geltend gemacht.

Er hat die Auffassung vertreten, dass die Beklagte eine Massenentlassungsanzeige hätten erstatten müssen, da die Streitkräfte im Bereich der Kraftfahrzeugwerkstatt, wie auch für den Betrieb von Messen und anderen Arbeitsbereichen sich nicht nur auf die Versorgung militärischer Interessen und Angelegenheiten beschränke, sondern auch am privaten Wirtschaftsleben teilnehme.

Des Weiteren hat er bestritten, dass die Entscheidung der Streitkräfte tatsächlich die Schließung der gesamten Dienststelle betreffe. Da die Betriebsorganisation zum Betrieb der B. Barracks erhalten bleibe, könne man nicht von einer kompletten Stilllegung ausgehen. Außerdem sei noch nicht sicher, dass die Dienststelle "Mönchengladbach South" tatsächlich eingerichtet werde. Bislang sei dies noch nicht geschehen. Greifbare Anhaltspunkte für eine Schließung der Dienststelle lägen demnach noch nicht vor.

Der Kläger hat gerügt, dass eine Sozialauswahl nicht durchgeführt worden ist. Der Unterbringungsanspruch nach dem SchutzTV bedeute für den Kläger, dass er bei den Aryshire Barracks weiter beschäftigt werden müsse. Die Bewertung der Streitkräfte, dass der Kläger untauglich zum Führen einer Waffe sei, sei fehlerhaft, wie sich aus dem TÜV-Gutachten vom 10.02.2015 ergebe (Anlage 3 zum Schriftsatz des Klägers vom 03.03.2015).

Der Kläger hat beantragt:

Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 10.12.2014 zum 31.12.2015 beendet wurde.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, dass die Kündigung aus dringenden betrieblichen Gründen sozial gerechtfertigt sei. Die Schließung der Dienststelle RALSU Niederkrüchten-Elmpt zum 31.12.2015 und die Errichtung der Dienststelle Mönchengladbach-South ab dem 01.01.2016 stelle eine Unternehmerentscheidung der Streitkräfte dar. Diese Entscheidung sei endgültig im August 2014 getroffen worden. Richtig sei, dass die BFG keine Sozialauswahl durchgeführt hätten. Eine Sozialauswahl sei betriebsbezogen(dienststellenbezogen) durchzuführen. Die Dienststelle werde jedoch mit Ablauf der Kündigungsfrist geschlossen. Die Dienststelle habe die Möglichkeit einer Weiterbeschäftigung innerhalb eines Einzugsbereiches von 30 km geprüft, was nur für die neu einzurichtende Dienststelle Mönchengladbach-South zutreffe. Für die Stellenbesetzungen würden die Kriterien aus der Dienstvereinbarung zur sozialen Sicherung zu Grunde gelegt. Zum Zeitpunkt der Kündigungsentscheidung habe der Kläger nicht berücksichtigt werden können, da sich der Kläger in der Vergangenheit als untauglich zum Führen einer Waffe herausgestellt habe. Der Kläger verfüge lediglich über 72 Punkte und liege an 23. Stelle. Benötigt würden jedoch nur 17 Beschäftigte mit der Eingruppierung ZW 2.

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 17.03.2015 die Klage abgewiesen unter Hinweis darauf, dass die Auflösung von Dienststellen als Akt hoheitlichen Handelns der Streitkräfte von den deutschen Gerichten grundsätzlich nicht zu überprüfen und die Entscheidung zur Schließung der Dienststelle Niederkrüchten-Elmpt und zur Errichtung einer neuen Dienststelle deshalb hinzunehmen sei. Wegen der weiteren Einzelheiten der Entscheidungsgründe wird auf Bl. 125 ff. d. A. Bezug genommen.

Mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Berufung vertieft der Kläger seine erstinstanzlich bereits vorgebrachten Argumente und verweist u.a. darauf, dass die Beklagte trotz aller Privilegien zur Errichtung einer Dienststelle daran gebunden sei, die für eine Betriebsschließung notwendigen Voraussetzungen zu erfüllen. Dazu gehöre dann nicht nur die Einleitung konkret greifbarer Formen sondern ferner die Beachtung der tarifvertraglichen Vorgaben und eben eine ordnungsgemäße und schlüssige Anhörung der Betriebsvertretung sowie die Durchführung einer Sozialauswahl bei der Kündigung und Besetzung der verbliebenen 98 Stellen. Die Behauptung der Beklagten, der Kläger sei nicht waffentauglich, habe widerlegt werden können durch eine arbeitsmedizinische Untersuchung. Im September 2015 habe er auch das Waffenhandhabungstraining und das Nachschießen bestanden. Erst am 5.11.2015 sei ihm der Waffenschein wieder entzogen worden. Bis dahin habe er als bewaffneter Wachmann gearbeitet. Herr L., der hinter ihm gelistet sei, habe bereits einen neuen Arbeitsvertrag ab dem 1.1.2016 bekommen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Mönchengladbach vom 17.03 2015, AZ 1 Ca 3502/14 abzuändern und festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 20.12.2014 zum 31.12. 2015 beendet worden ist.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil unter Auseinandersetzung mit dem Berufungsvorbringen des Klägers und verweist so u.a. darauf, dass bekanntermaßen die britischen Streitkräfte innerhalb der nächsten Jahre ihre Standorte auflösen und ihre Truppen sowie das zivile Gefolge zurückholen würden. Im Rahmen dieser Rückführungen werde es Konzentrationsprozesse geben, die mit Umstrukturierung verbunden seien. Es würden alte Dienststellen aufgelöst und neue konzentrierte Dienststellen gegründet. Bei der Umsetzung des gesamten Rückzugplans der britischen Streitkräfte sei die Neugründung einer Dienststelle, der Dienststelle Mönchengladbach-South, zum 01.01.2016 beschlossen worden, die sich der B. Kaserne in Mönchengladbach als Unterkunftsmöglichkeit bediene. Diese neue Dienststelle sei jedoch mit neuen Aufgaben versehen und habe eine andere Struktur als die bisherige Dienststelle. Die Organisationsstruktur der einzelnen Dienststellen obliege der alleinigen Entscheidungsbefugnis der alliierten Streitkräfte. Es dürfte nachvollziehbar sein, dass die alliierten Streitkräfte nicht beabsichtigen, Informationen über die Aufgaben und den Aufbau eines militärischen Standortes der Öffentlichkeit - wenn auch in einem arbeitsgerichtlichen Prozess - preiszugeben. Das müssten sie auch nicht.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und die Sitzungsprotokolle Bezug genommen.

B.

Gründe

Die Berufung des Klägers ist statthaft und zulässig und hat auch in der Sache Erfolg.

Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 10.12.2014 zum 31.12.2015 aufgelöst worden, da die hier streitgegenständliche Kündigung sozial ungerechtfertigt i. S. d. § 1 Abs. 2 KSchG ist.

I.

Auf den besonderen Kündigungsschutz als Wahlbewerber zur Schwerbehindertenvertretung nach § 96 Abs. 3 SGB IX i. V. m. § 15 Abs. 3 Satz 2 KSchG kann der Kläger sich allerdings nicht berufen. Dem steht § 15 Abs. 4 KSchG entgegen, nach dem im Falle einer Betriebsstilllegung eine ordentliche Kündigung auch bei Personen mit besonderem Kündigungsschutz zulässig ist.

Dem "Betrieb" im Bereich der privaten Wirtschaft entspricht in der Regel die "Dienststelle" im Bereich des öffentlichen Dienstes (BAG vom 25.10.2012 - 2 AZR 572/11 - Rz. 49 m.w.N.). Für den Begriff der Betriebsstilllegung ist entscheidend, dass die Arbeits- und Produktionsgemeinschaft zwischen Unternehmer und Belegschaft - bzw. im öffentlichen Dienst die Verwaltungseinheit - aufgelöst wird (KR-Etzel, § 15 KSchG, Rz. 79). Die ehemalige Dienststelle Niederkrüchten-Elmpt war eine solche organisatorische (Verwaltungs-)Einheit. Diese organisatorische Einheit ist aufgelöst worden. Damit ist nach Auffassung der Kammer ein Fall des § 15 Abs. 4 KSchG gegeben. Die diesbezüglich klägerseits erhobenen Bedenken teilt die Kammer im Ergebnis nicht.

Noch beizupflichten ist dem Kläger darin, dass im Falle der Beibehaltung der bisherigen Verwaltungseinheit mit im Wesentlichen gleicher Organisation wohl kaum von einer der Betriebsstilllegung gleichzusetzenden Dienststellenauflösung, sondern allenfalls von einer Umbenennung gesprochen werden kann, wenn diese Dienststelle einen neuen Namen bzw. eine andere Bezeichnung erhält. Vorliegend war es jedoch so, dass die zur ehemaligen Dienststelle Niederkrüchten-Elmpt gehörende K. Kaserne in Niederkrüchten-Elmpt geschlossen wurde und damit der Beschäftigungsbedarf für ca. zwei Drittel der bislang der Dienststelle Niederkrüchten-Elmpt zugeordneten zivilen Arbeitskräfte entfiel. Die ehemals aus zwei Standorten bestehende Verwaltungseinheit mit ca. insgesamt 300 beschäftigten zivilen Arbeitskräften konnte von daher zwangsläufig, so wie bisher, nicht mehr fortbestehen. Im Hinblick auf evtl. noch verbliebene restliche Aufgaben und Funktionen, die bislang am Standort Niederkrüchten-Elmpt angesiedelt waren, sowie im Hinblick auf die dem ehemaligen Standort Mönchengladbach vormals zugewiesenen und auch jetzt noch verbliebenen Aufgaben und Funktionen und ihre künftige Wahrnehmung musste eine organisatorische Entscheidung getroffen werden, welche vorliegend darin bestand, eine neue Dienststelle zu schaffen, der die vorgenannten Aufgaben und Funktionen zugeordnet werden sollten. Dabei kann es keine Rolle spielen, ob diese Dienststelle daneben künftig auch andere Aufgaben und Funktionen übernehmen sollte, wie es nach dem Vorbringen der Beklagten anklingt, oder ob sie ausschließlich die vorgenannten (Rest-)Funktionen und Aufgaben wahrnehmen sollte. Denn selbst im letztgenannten Fall wäre die neue Dienststelle Mönchengladbach-South nicht mit der alten Dienststelle Niederkrüchten-Elmpt identisch.

Dabei lässt sich aus dem Umstand, dass der Standort Mönchengladbach möglicherweise vormals eine organisatorisch abgegrenzte Teileinheit der Dienststelle Niederkrüchten-Elmpt darstellte und als solche auch in der neuen Dienststelle Mönchengladbach-South bei Bestand geblieben sein mag, vorliegend nichts herleiten. Insbesondere verbietet es sich nach Auffassung der Kammer, die vormalig gegebene und die jetzt (noch fort-)bestehende bzw. neu geschaffene Organisationsstruktur anhand des betriebsverfassungsrechtlichen und kündigungsrechtlichen Betriebsbegriffs daraufhin zu überprüfen, ob bei Zugrundelegung desselben hier nicht von einer Teilbetriebsschließung anstelle einer Betriebsstilllegung gesprochen werden müsste, was u. a. wesentlich davon abhängen würde, wie die Dienststelle Niederkrüchten-Elmpt vormals organisiert war. Theoretisch denkbar ist insoweit, dass der Standort Niederkrüchten- Elmpt und der Standort Mönchengladbach organisatorisch derart verselbstständigt waren, dass sie nach betriebsverfassungsrechtlichem Verständnis als zwei selbstständige Betriebe zu qualifizieren gewesen wären, mit der Folge, dass nunmehr evtl. nur der Betrieb Niederkrüchten-Elmpt als stillgelegt angesehen werden könnte. Denkbar ist aber auch, dass die Dienststelle Niederkrüchten-Elmpt einem einzigen Betrieb gleichzusetzen gewesen wäre, und dies je nach der zugrundeliegenden Organisationsstruktur, mit oder ohne zwei selbstständigen Betriebsabteilungen. Schließlich könnte die Dienststelle Niederkrüchten-Elmpt nach betriebsverfassungsrechtlichem und kündigungsrechtlichem Verständnis überhaupt nicht als Betrieb anzusehen gewesen sein, sofern sie nur ein unselbstständiges "Anhängsel" einer anderen Dienststelle gewesen wäre.

Gemäß Art. 56 Abs. 9 ZA-NTS i. V. m. Abs. 1 des Unterzeichnungsprotokolls zu § 56 Abs. 9 ZA-NTS sind bei den Stationierungsstreitkräften Dienststellen i. S. des Personalvertretungsgesetzes die einzelnen Verwaltungsstellen und Betriebe einer Truppe und eines zivilen Gefolges nach näherer Bestimmung durch die betreffende Truppe selbst. Die autonome Bestimmung der Dienststellen durch die Entsendestaaten mit Wirkung für das Personalvertretungsrecht ist völkerrechtlich vorgegeben. Es gibt keinen Anhaltspunkt dafür, dass kündigungsrechtlich im Bereich der Stationierungsstreitkräfte ein vom personalvertretungsrechtlichen abweichender Dienststellenbegriff maßgeblich sein sollte (BAG vom 25.10.2012 - 2 AZR 552/11 - Rz. 51, 52). Danach kann es nicht darauf ankommen, wie sich die geschaffene Organisationsstruktur nach betriebsverfassungsrechtlichem bzw. kündigungsrechtlichem Betriebsbegriffsverständnis darstellt, weshalb es sich nach Auffassung der Kammer hier dann auch verbietet, das Vorliegen des Tatbestandes der "Dienststellenauflösung" von der Beantwortung der Frage abhängig zu machen, ob ungeachtet der Auflösung einer Dienststelle in ihrer bisherigen Organisationsstruktur noch eine organisatorische Teileinheit geblieben ist, die nach betriebsverfassungsrechtlichem oder kündigungsrechtlichem Verständnis eine Betriebsfortführung - wenngleich in erheblich reduziertem Umfang - darstellen würde. Zwar hätten die Streitkräfte die ehemalige Dienststelle Niederkrüchten-Elmpt als einem auf den Standort Mönchengladbach reduzierte Dienststelle beibehalten können. Wenn sie sich demgegenüber dann aber dafür entschieden haben, eine neue, nunmehr (alleine oder auch) für den Standort Mönchengladbach zuständige Dienststelle zu schaffen, ist dies von ihrer autonomen Entscheidungsbefugnis zur Dienststellenbestimmung gedeckt. Dafür, dass nicht organisatorische Gesichtspunkte, sondern die Absicht zur Umgehung des besonderen tariflichen oder gesetzlichen Kündigungsschutzes für ihre Entscheidung maßgeblich gewesen sein sollte, sind klägerseits keine hinreichenden Anhaltspunkte vorgetragen worden.

II.

Auf das Bestehen eines besonderen Kündigungsschutzes kommt es im Falle des Klägers letztendlich nicht an, da die Rechtswirksamkeit der ihm gegenüber ausgesprochenen Kündigung bereits wegen Nichtvorliegens dringender betrieblicher Erfordernisse i. S. d. § 1 Abs. 2 KSchG zu verneinen ist.

1.Dringende betriebliche Erfordernisse i. S. d. § 1 Abs. 2 KSchG liegen vor, wenn die Umsetzung einer unternehmerischen (Organisations-)Entscheidung auf der betrieblichen Ebene spätestens mit Ablauf der Kündigungsfrist zu einem voraussichtlich dauerhaften Wegfall des Bedarfs an einer Beschäftigung des betroffenen Arbeitnehmers führt. Diese Prognose muss schon im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung objektiv berechtigt sein (BAG vom 31.07.2014 - 2 AZR 422/13 -).

Mit ihrem Hinweis auf die Auflösung der Dienststelle Niederkrüchten-Elmpt ist solches beklagtenseits nicht ausreichend dargetan. Die hier in Rede stehende Organisationsentscheidung beschränkte sich nämlich nicht darauf, die bisherige Dienststelle Niederkrüchten-Elmpt ersatzlos aufzulösen. Vielmehr war auch entschieden worden, eine neue Dienststelle am Standort der B. Kaserne Mönchengladbach im Anschluss an die Schließung und Auflösung der derzeitigen Dienststelle Niederkrüchten-Elmpt einzurichten, welche 98 Stellen umfassen sollte. Damit stand bereits im Kündigungszeitpunkt fest, dass es für 98 Arbeitnehmer eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit geben werde mit/zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist am 31.12.2015 ab 01.01.2016.

Die aus Anlass einer zum Wegfall des bisherigen Arbeitsplatzes führenden organisatorischen Maßnahme ausgesprochene Kündigung ist nur dann durch ein dringendes betriebliches Erfordernis "bedingt", wenn der Arbeitgeber keine Möglichkeit hat, den Arbeitnehmer anderweitig zu beschäftigen. Dies folgt aus dem "ultimaratio-Grundsatz", dem vor allem bei der betriebsbedingten Kündigung maßgebliche Bedeutung zukommt. Dieser ist in § 1 Abs. 2 Satz 2 KSchG normativ konkretisiert (BAG vom 21.09.2000 - 2 AZR 385/99 - Rz. 39). Nach § 1 Abs. 2 Satz 2 Ziff. 2 b KSchG ist eine Kündigung dann sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweiges an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebietes weiterbeschäftigt werden kann, wobei dies auch ohne Widerspruch des Betriebsrats - oder wie hier ohne Einwendungen der Personalvertretung - im Rahmen der Generalklausel des § 1 Abs. 2 Satz 2 KSchG zu berücksichtigen ist.

Fallen in verschiedenen Betrieben eines Unternehmens - vergleichbare Grundsätze gelten im öffentlichen Dienst - Arbeitsplätze weg und ist die Weiterbeschäftigung nur einer entsprechend geringeren Zahl von Arbeitnehmern auf einem oder mehreren freien Arbeitsplätzen in einem dieser Betriebe möglich, so hat der Arbeitgeber bei der Besetzung der freien Arbeitsplätze die sozialen Belange der betroffenen Arbeitnehmer zumindest nach § 315 BGB mit zu berücksichtigen (BAG vom 22.09.2005 - 2 AZR 544/04 -). Tritt aufgrund der in § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 bzw. Nr. 2 b normierten Weiterbeschäftigungspflicht die Situation ein, dass mehrere Arbeitnehmer verschiedener Betriebe des Unternehmens - oder wie hier aus einer anderen Dienststelle - um einen oder mehrere Arbeitsplätze in einem dieser Betriebe - oder wie hier in einer neuen Dienststelle - konkurrieren, so ist - jedenfalls für sich betrachtet - keine der Kündigungen i. S. von § 1 Abs. 2 KSchG durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt. Welche Kündigungen nach § 1 Abs. 2 KSchG sozial gerechtfertigt sind, lässt sich erst nach einer Auswahlentscheidung des Arbeitgebers beurteilen (BAG vom 21.09.2000 - 2 AZR 385/99 - Rz. 40).

Vorliegend wurde ohne Vornahme einer Sozialauswahl sämtlichen Arbeitnehmern gekündigt, d.h. die hier in Rede stehende Organisationsentscheidung wurde nicht so umgesetzt, wie es noch im Schreiben der DMR vom 19.08.2014 angegeben worden war. Danach sollten die der neuen Dienststelle Mönchengladbach-South zugeordneten Stellen zunächst nach Auswahl sozialer Gesichtspunkte mit Beschäftigten aus der jetzigen Dienststelle Niederkrüchten-Elmpt (d.h. K. und Ayshire Kaserne) besetzt werden, bevor Beendigungskündigungen zum 31.12.2015 ausgesprochen werden. Wäre die Beklagte auf diese Weise vorgegangen, wären die nach sozialen Gesichtspunkten vergebenen Arbeitsplätze bei der neuen Dienststelle im Zeitpunkt des Kündigungsausspruchs nicht mehr als frei, sondern als besetzt anzusehen gewesen. Auf eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit in der neuen Dienststelle hätte sich der Kläger dann allenfalls bei einer - zu seinen Lasten - unzutreffend vorgenommenen Sozialauswahl berufen können. Von einem solchen Vorgehen hatte die Beklagte jedoch ganz bewusst Abstand genommen, um solchen Arbeitnehmern, die an einem Ausscheiden interessiert waren, ein Ausscheiden zu ermöglichen, ohne evtl. Ansprüche auf Abfindung oder sonstiger tariflicher Vergünstigungen zu gefährden, wie im Falle der Ablehnung eines zuvor gemachten Weiterbeschäftigungsanspruches so nicht mehr gegeben gewesen wären.

Anstatt im Einklang mit den gesetzlichen Vorgaben vorzugehen (§ 1 Abs. 2 Satz 2 KSchG) und eine insoweit von sich aus (unter Mitwirkung der Betriebsvertretung) zu treffende Sozialauswahl vorzunehmen mit Festlegung der weiter zu beschäftigenden Arbeitnehmer sowie derjenigen Arbeitnehmer, für die nach entsprechender Sozialauswahl (oder auch sonst) keine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit, sondern nur eine Kündigung in Betracht kam, hat sich die Beklagte somit dafür entschieden, in Art einer "Vorratskündigung" sämtlichen Mitarbeitern (ohne Änderungsangebot) zu kündigen, um in dem dann noch verbleibenden Zeitraum von einem Jahr nach Maßgabe ihres Punktesystems und den jeweiligen Interessen der insoweit anzusprechenden bzw. angesprochenen Mitarbeiter an einer Weiterbeschäftigung die in der neuen Dienststelle zur Verfügung stehenden Arbeitsplätze zu besetzen. Unproblematisch für die Beklagte ist dieses Vorgehen, soweit die Arbeitnehmer die Kündigung akzeptiert haben und an einer Weiterbeschäftigung nicht interessiert waren, oder aber an einer Weiterbeschäftigung interessiert waren, es dann aber der Beklagten überlassen haben, ihnen nach Maßgabe ihres Punktesystems nach Bestandskraft der ausgesprochenen Kündigung (§§ 4, 7 KSchG) ein Weiterbeschäftigungsangebot zu machen. Problematisch ist das Vorgehen der Beklagten jedoch bei denjenigen Arbeitnehmern, die, wie der Kläger, Kündigungsschutzklage erhoben haben und im Zeitpunkt des Kündigungsausspruches zu Recht darauf verweisen konnten, dass die in der neuen Dienststelle vorgesehenen Arbeitsplätze zum Zeitpunkt des Kündigungsausspruchs wegen der diesbezüglich unterlassenen Sozialauswahl (noch) unbesetzt und damit als frei anzusehen waren (vgl. dazu BAG vom 15.12.2011 - 2 AZR 42/10 - Rz. 24). Allerdings führt dieser Umstand nicht dazu, dass diese Arbeitnehmer wegen der bis dato unterlassenen Sozialauswahl zwangsläufig im Kündigungsschutzprozess obsiegen müssten, sofern sie für den noch unbesetzten Arbeitsplatz in der neuen Dienststelle geeignet sind. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist eine betriebsbedingte Kündigung dann nicht wegen unterlassener Sozialauswahl unwirksam, wenn mit der Kündigung des Arbeitnehmers - eine gleichwohl zufällig - vertretbare Auswahlentscheidung getroffen wurde (BAG vom 14.03.2013 - 8 AZR 153/12 - Rz. 43 m.w.N.).

Nach Auffassung der Kammer kann sich die Beklagte allerdings bei der hier gegebenen Sachverhaltskonstellation nicht darauf berufen, dass der Kläger bei einem gesetzeskonformen Vorgehen nach § 1 Abs. 2 Satz 2 KSchG h.., wie es ursprünglich so auch geplant gewesen war, nach sozialen Auswahlgesichtspunkten angesichts seiner geringen Punktzahl mit seiner Kündigungsschutzklage - jedenfalls insoweit - nicht hätte obsiegen können. Die Entscheidung der Beklagten, hier anders vorzugehen, und so insbesondere auch bei der künftigen Stellenbesetzung neben den sozialen Auswahlgesichtspunkten das Interesse der danach jeweils in Frage kommenden Arbeitnehmer an einer Weiterbeschäftigung im Einzelfall maßgeblich sein zu lassen und die sich danach insoweit dann ergebenden Vakanzen im Stellenplan durch nachrückende Interessenten zu füllen, muss auch im Falle des Klägers maßgeblich bleiben. Er muss sich nicht auf eine fiktive - so arbeitgeberseits bei Kündigungsausspruch gar nicht vorgenommene - Sozialauswahl verweisen lassen mit entsprechender Chancenlosigkeit im Kündigungsschutzprozess, auch wenn aufgrund des beklagtenseits gewählten tatsächlichen Vorgehens bis zum Ablauf der hier immerhin noch zwölf Monate währenden Kündigungsfrist die (reelle) Chance auf ein (erfolgreiches) "Nachrücken", d.h. eine Weiterbeschäftigung nach Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist, bestand. Von daher kommt es vorliegend nach Auffassung der Kammer nicht darauf an, wie zu entscheiden gewesen wäre, wenn die Beklagte schon bei Kündigungsausspruch die zu besetzenden Stellen in der neuen Dienststelle - insoweit kündigungsvermeidend - nach sozialen und Eignungsgesichtspunkten vergeben hätte, sondern nur darauf, wie sich ihre Entscheidung zu einer abweichenden Handhabung und ihr tatsächliches Vorgehen auf die Kündigung des Klägers auswirkt. Insofern ist hier, wie sonst bei betriebsbedingten Kündigungen auch, danach zu fragen, ob zum Zeitpunkt des Kündigungszugangs eine auf Tatsachen gestützte Vorschau gerechtfertigt war, dass es spätestens mit Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist am 31.12.2015 an einer Weiterbeschäftigungsmöglichkeit für den Kläger fehlen würde, was im konkreten Fall bedeutet, dass die Beklagte hätte darlegen müssen, dass und warum zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung bereits die Prognose gerechtfertigt war, dass der Kläger nach Maßgabe der Punkteliste nicht soweit würde nachrücken können, dass ihm danach vor Ablauf der Kündigungsfrist ein Weiterbeschäftigungsangebot hätte gemacht werden können und müssen.

2.Bei 17 von insgesamt 34 (nach der beklagtenseits vorgelegten Anlage B15) zu vergebenden Wachmannstellen ist die nach den vorgenannten Grundsätzen zu stellende Prognose anhand der Punkteliste mit den beim Kläger zu verzeichnenden 72 Punkten weder signifikant in der einen noch in der anderen Richtung zu stellen. Anders als bei normalen Sachverhaltskonstellationen, bei denen ein Weiterbeschäftigungsinteresse bei den von einer Kündigung betroffenen Arbeitnehmern in der Regel vorausgesetzt werden kann, ist hier zu bedenken, dass eine Weiterbeschäftigung bei den Streitkräften wegen der vorliegend gegebenen Besonderheiten keine dauerhafte Perspektive bot bzw. nicht dauerhaft gewährleistet war und es verschiedene tarifvertragliche Anreize und Absicherungen für den Fall des Ausscheidens gab, an denen insbesondere rentennahe Jahrgänge ein Interesse haben konnten, aber auch solche Arbeitnehmer, die lieber vor Ort (an ihrem Wohnsitz) eine neue Stelle suchen wollten - mit der ihnen insoweit dann nach "TASS" gebotenen Absicherung - anstatt nach Mönchengladbach zu wechseln bzw. dort zu bleiben. Insofern ist der Listenplatz im Falle des Klägers wenig aussagekräftig, wenn es um die Beantwortung der Frage geht, ob im Zeitpunkt des Kündigungsausspruches die Prognose zu stellen war, dass bis zum Auslaufen der Kündigungsfrist am 15.12.2015 alle 17 zu vergebenden "ZW II"-Stellen besetzt sein würden und für den Kläger deshalb eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit absehbar nicht gegeben sein würde, d.h. im Zeitpunkt der Kündigung eine negative Prognose zu stellen war - gegen die hier im Übrigen auch die tatsächliche Entwicklung nach Kündigungsausspruch streitet, da noch vor Auslaufen der Kündigungsfrist Wachmannstellen mit geringer bepunkteten Arbeitnehmern besetzt wurden (L. mit 71 Punkten, E. mit 70 Punkten). Zur Begründung einer berechtigterweise bei Kündigungsausspruch zu stellenden negativen Prognose hätte es zumindest der Darlegung der insoweit hier für eine solche Prognose sprechender Anhaltspunkte bedurft, wie z. B. die Anzahl der rentennahen Jahrgänge in dem hier auswahlrelevanten Bereich der ZW2-Kräfte, die vor dem Kläger in der Punkteliste rangierten, oder die Angaben derjenigen Erkenntnisse, die sich im Hinblick auf ein Weiterbeschäftigungsinteresse der betroffenen ZW2-Kräfte aus bereits vorhandenen Fragebögen u. U. hätten entnehmen lassen. Der ihr im Termin vom 18.02.2016 gemachten Auflage, zur Frage vorzutragen, inwiefern zum Zeitpunkt des Kündigungsausspruchs die Prognose zu stellen war, dass eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit für den Kläger nach Ablauf der Kündigungsfrist nicht bestehen werde, ist die Beklagte weder auf die zuvor genannte Weise noch anderweitig ausreichend nachgekommen.

Diesbezüglich hat die Beklagte im Wesentlichen nur darauf verwiesen, dass im Kündigungszeitpunkt bereits absehbar gewesen sei, dass in der neuen Dienststelle 17 Stellen entstehen würden, die mit Wachleuten besetzt werden sollten, die einen Waffenschein und die Befähigung, die Waffe auch führen zu dürfen, besitzen und der Kläger hierfür nicht geeignet gewesen sei, da ihm die Waffe entzogen worden und er im Kündigungszeitpunkt nicht berechtigt gewesen sei, eine Waffe zu führen. Nicht zu bestreiten ist, dass die Beklagte das Anforderungsprofil der von ihr zu besetzenden Stellen autonom bestimmen und insoweit dann auch (bis zur Grenze der Willkür) autonom über die Eignung des jeweiligen Mitarbeiters für die zu besetzenden Stelle zu befinden hat, wie hier z. B. über die Waffentauglichkeit des Klägers. Wäre tatsächlich - wie es so im Schriftsatz der Beklagten vom 11.04.2016 allenfalls pauschal anklingt - seinerzeit (vor oder bei Kündigungsausspruch) entschieden worden, dass der Kläger auf Dauer keine Waffe mehr führen darf, wäre dies dann wohl zu seinen Lasten zu berücksichtigen gewesen. Auf eine solche Entscheidung wird im Schriftsatz der Beklagten vom 11.04.2016 zwar abgehoben, nicht angegeben wurde jedoch, wann und durch wen sie getroffen worden sein soll und ob es sich tatsächlich um eine Entscheidung und nicht nur um eine (momentane) Einschätzung handelte, und dass und wieso diese Entscheidung, so sie denn tatsächlich getroffen worden sein sollte, irreversibel gewesen war. Gegen Letzteres spricht bereits die eigene Handhabung der Beklagten, wurde so z. B. doch auch der Mitarbeiter K. S. in der Anhörung vom 12.11.2014 als einer derjenigen bezeichnet, der dauerhaft keinen Waffenschein mehr erhalten sollte, obwohl ihm danach gleichwohl noch die Möglichkeit zur Absolvierung des erforderlichen Waffentrainings gegeben wurde, um ihm bei erfolgreichem Abschluss eine Wachmannsstelle anbieten zu können. Für eine bloße momentane Einschätzung und gegen eine irreversible Entscheidung im Falle des Klägers sprechen des Weiteren die eigenen Ausführungen der Beklagten in ihrem Klageerwiderungsschriftsatz vom 06.02.2015. Dort heißt es u. a.: "Zwischenzeitlich wird die Frage der Untauglichkeit zum Führen einer Waffe jedoch einer erneuten Prüfung unterzogen. Das abschließende Ergebnis steht noch nicht fest. Im Ergebnis ist jedoch darauf hinzuweisen, dass dem BFG allein die Entscheidungsbefugnis obliegt, wer im Rahmen seiner Tätigkeit eine Waffe führen darf und wer nicht. Für den Fall, dass die Prüfung zu dem Ergebnis führen sollte, dass bei dem Kläger eine Waffentauglichkeit besteht und die BFG dies bezüglich des Klägers auch verantworten können, wäre weiter zu prüfen, ob er eine ZW2-Stelle in der neuen Dienststelle angeboten bekommen kann."

Tatsächlich wurde dann auch unter dem 10.02.2015 eine arbeitsmedizinische Untersuchung durchgeführt, die in ihrem Ergebnis nicht negativ, sondern positiv - wenngleich insoweit auch zur nochmaligen Überprüfung gestellt - ausgefallen war. Auch hat der Kläger mit Schriftsatz vom 12.10.2015 - insoweit beklagtenseits unwidersprochen geblieben - vorgetragen, im September 2015 das Waffenhandhabungstraining und das Nachschießen bestanden zu haben. Mit Schriftsatz vom 18.04.2016 hat er sodann nochmals darauf verwiesen, weit über die Kündigung hinaus eine Waffe getragen zu haben. All diese Umstände zeugen dafür, dass die Beklagte zum Zeitpunkt des Kündigungsausspruchs selbst (noch) nicht vom Vorliegen einer dauerhaften, d.h. unabänderlich gegebenen Waffenuntauglichkeit des Klägers überzeugt war bzw. dass sie sich zum damaligen Zeitpunkt noch nicht irreversibel dazu entschieden haben kann, den Kläger endgültig und unabänderlich aus dem Kreis der bewaffneten Wachmänner herauszunehmen und ihm künftig keine Waffe mehr "an die Hand zu geben". Insofern hätte auch hier die streitgegenständliche Kündigung nur dann gerechtfertigt gewesen sein können, wenn zum Zeitpunkt ihres Ausspruchs berechtigterweise die Prognose zu Stellen war, dass sich der Kläger innerhalb des noch verbleibenden Jahres bis zum Auslaufen der ordentlichen Kündigungsfrist am 31.12.2015 nach wie vor untauglich zum Führen einer Waffe erweisen würde und für ihn deshalb eine Weiterbeschäftigung auf einem der ZW2-Stellen von vornherein nicht infrage kam. Für eine solche Prognose wurde beklagtenseits indes nichts dargetan.

Der Berufung des Klägers konnte nach alledem der Erfolg nicht versagt bleiben.

III.

Die Kosten des Rechtsstreits hat die unterliegende Beklagte gemäß § 91 Abs. 1 ZPO zu tragen.

IV.

Die Revision war für die Beklagte gemäß § 72 Abs. 2 Ziff. 2 ArbGG zuzulassen, da die streitgegenständliche Entscheidung in einem entscheidungserheblichen Punkt von der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG vom 14.03.2013 - 8 AZR 153/12 -) abweicht.

RECHTSMITTELBELEHRUNG

Gegen dieses Urteil kann von der beklagten Partei

R E V I S I O N

eingelegt werden.

Für die klagende Partei ist gegen dieses Urteil kein Rechtsmittel gegeben.

Die Revision muss innerhalb einer Notfrist* von einem Monat schriftlich oder in elektronischer Form beim

Bundesarbeitsgericht

Hugo-Preuß-Platz 1

99084 Erfurt

Fax: 0361-2636 2000

eingelegt werden.

Die Notfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.

Die Revisionsschrift muss von einem Bevollmächtigten unterzeichnet sein. Als Bevollmächtigte sind nur zugelassen:

1.Rechtsanwälte,

2.Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,

3.Juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in Nummer 2 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.

In den Fällen der Ziffern 2 und 3 müssen die Personen, die die Revisionsschrift unterzeichnen, die Befähigung zum Richteramt haben.

Eine Partei, die als Bevollmächtigter zugelassen ist, kann sich selbst vertreten.

Bezüglich der Möglichkeit elektronischer Einlegung der Revision wird auf die Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr beim Bundesarbeitsgericht vom 09.03.2006 (BGBl. I Seite 519) verwiesen.

* eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden.

Dr. StoltenbergPeterSchauf