LAG Düsseldorf, Urteil vom 03.06.2016 - 3 Sa 27/15
Fundstelle
openJur 2019, 23609
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • vorher: Az. 6 Ca 1913/14

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Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Wesel vom 10.12.2014 - 6 Ca 1913/14 - teilweise abgeändert:

1. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, zur Insolvenzmasse des Klägers den pfändbaren Teil des Lohn-/Gehaltsanspruchs des Herrn C. F., T. straße 27, H., für den Zeitraum vom 01.12.2014 bis zum 31.01.2016 zu zahlen.

2. Im Übrigen wird der Feststellungsantrag abgewiesen.

3. Die weitergehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

4. Die Kosten des Rechtstreits werden dem Kläger zu 8 % und der Beklagten zu 92 % auferlegt.

5. Die Revision wird für die Beklagte zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung des pfändungsfreien Teils des Gehaltsanspruchs des Schuldners an die Insolvenzmasse von April 2014 bis einschließlich März 2016 in Höhe von monatlich 661,47 €.

Herr C. F. (im Folgenden: Schuldner) war zuletzt aufgrund Arbeitsvertrages vom 27.10.2006 bei der Beklagten acht Stunden pro Tag als Betriebsleiter Gerüstbau zu einem Monatsgehalt von 2.500,00 € (netto 1995,62 € bei Klageerhebung) beschäftigt (TWE Z. 3,13). Die Geschäftsführerin der Beklagten, Frau F. S. F., ist die Ehefrau des Schuldners.

Auf den Eigenantrag des Schuldners vom 23.03.2013 wurde am 23.03.2014 das Insolvenzverfahren über dessen Vermögen eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt. Der pfändungsfreie Teil seines Einkommens wurde in seinem Antrag als drittrechtsfrei bezeichnet.

Mit Schreiben vom 27.01.2014 beantragte der Schuldner beim Insolvenzgericht die Erteilung der Restschuldbefreiung und trat hierzu die Bezüge aus einem Dienstverhältnis oder an deren Stelle tretende laufende Bezüge für die Zeit von sechs Jahren nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens an dem vom Insolvenzgericht zu bestimmenden Treuhänder ab.

Mit Schreiben vom 20.01.2014 teilte die Beklagte auf das Schreiben des Insolvenzverwalters vom 15.01.2014 mit, dass das der Pfändung unterliegende Einkommen des Herrn C. F. auf das Anderkonto des Treuhänders ab Januar 2014 überwiesen wird. Gleichzeitig wurde mitgeteilt, dass die gewünschten Abtretungserklärungen bereits mit Anschreiben vom 15.01.2014 übersandt worden seien.

Mit Schreiben vom 23.01.2014 teilte die Beklagte mit, dass noch vorrangige Abtretungen zu berücksichtigen seien und deswegen keine Zahlungen auf das Anderkonto erfolgen. Sie verwies auf die vom Schuldner eingereichte Gläubigerauflistung.

Wegen des Inhalts der Gläubigerauflistung vom 13.01.2014 wird auf die Anlage TWE 7 (Bl. 18 d.A.) Bezug genommen. Darüber hinaus wurden folgende "Schuldanerkenntnisse & Sicherungsvereinbarungen", auf deren Inhalt Bezug genommen wird, zur Akte (TW 8-11, Bl. 19-22 d.A.) gereicht:

Schuldanerkenntnis & Sicherungsvereinbarung vom 30.03.2006 zu Gunsten der Ehefrau des Schuldners (40.000,00 €).Schuldanerkenntnis & Sicherungsvereinbarung vom 12.12.2006 zu Gunsten der Ehefrau des Schuldners (15.000,00 €).Schuldanerkenntnis & Sicherungsvereinbarung vom 09.02.2007 zu Gunsten der Beklagten (53.100,00 €). Schuldanerkenntnis & Sicherungsvereinbarung vom 05.06.2007 zu Gunsten der Ehefrau des Beklagten (10.800,00 €).

Unter dem 03.06.2014 forderte der Kläger die Beklagte unter Fristsetzung bis zum 07.06.2014 und unter Ankündigung der Zahlungsklage auf, zu der behaupteten Abtretung vom 09.02.2007 die forderungsbegründenden Unterlagen vorzulegen. Die Beklagte teilte mit Schreiben vom 18.06.2014 durch ihren Prozessbevollmächtigten mit, dass die Abtretung zur Sicherung der durch die Ablösung einer privaten Verbindlichkeit des Schuldners entstandenen Forderung erfolgt sei.

Die Beklagte rechnet für den hier geltend gemachten Zeitraum von April 2014 bis einschließlich März 2016 gegenüber den pfändungsfreien Bezügen mit eigenen Forderungen aus dem Arbeitgeberdarlehen auf.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, dass die Klage begründet sei, da eine Sicherungsabtretung nach § 166 Abs. 2 InsO die Einziehungs- und Verwertungsbefugnis des Insolvenzverwalters begründe. Die Aufrechnung der Beklagten sei unwirksam, da der angebliche darlehensrechtliche Rückgewähranspruch der Beklagten am 17.03.2007 in voller Höhe zur Rückzahlung fällig gewesen und damit zum Zeitpunkt der Aufrechnung verjährt gewesen sei.

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 5.291,76 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten aus 2.645,88 € ab Klagezustellung und aus weiteren 2.645,88 € ab 10.12.2014 zu zahlen;

2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, zur Insolvenzmasse des Klägers den pfändbaren Teil des für den Zeitraum vom 01.12.2014 bis zum 31.03.2016 entstehenden Lohn-/Gehaltsanspruchs des Herrn C. F., T. straße 27, H., jeweils bei dessen Fälligkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, dass aufgrund der Aufrechnung keine Einziehungs- und Verwertungsbefugnis des Insolvenzverwalters mehr bestehe. Die zu Gunsten der Geschäftsführerin der Beklagten persönlich erfolgten Lohnabtretungen wegen ihrer eigenen Forderungen gegen den Schuldner stünden der Aufrechnung nicht entgegen. Sie seien zwar älter als die Forderung der Beklagten, die Geschäftsführerin der Beklagten als Gläubigerin habe jedoch den Rangrücktritt gegenüber den Ansprüchen der Beklagten erklärt.

Mit Urteil vom 10.12.2014 hat das Arbeitsgericht der Klage stattgegeben und im Wesentlichen ausgeführt, dass eine Sicherungsabtretung nach § 166 Abs. 2 InsO die Einziehungs- und Verwertungsbefugnis des Insolvenzverwalters begründe. Dem stehe nicht die von der Beklagten für den Zeitraum von April 2014 bis einschließlich März 2016 erklärte Aufrechnung gemäß § 114 Abs. 2 InsO entgegen. Die Aufrechnung sei unwirksam. Eine Verjährung stehe gemäß § 215 BGB einer Aufrechnung nur dann nicht entgegen, wenn der Anspruch zu dem Zeitpunkt noch nicht verjährt gewesen sei, zu dem erstmals aufgerechnet oder die Leistung verweigert werden konnte. Dies sei hier nicht der Fall gewesen, da der Schuldner nach der Vereinbarung vom 09.02.2007 am 17.03.2007 zur vollen Rückzahlung des Darlehens verpflichtet gewesen sei und die Verjährung des Rückzahlungsanspruchs damit am 31.12.2010 eingetreten sei.

Gegen das der Beklagten am 19.12.2015 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts hat die Beklagte mit dem am 22.12.2015 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit dem am 13.02.2016 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet.

Die Beklagte ist der Auffassung, dass sie vorrangig berechtigt sei, mit ihren Rückgewährsansprüchen aus dem Arbeitgeberdarlehen vom 09.02.2007 i.H.v. 53.100,00 € aufzurechnen. Das Darlehen vom 09.02.2007 habe der Ablösung von erheblichen persönlichen Kreditverbindlichkeiten des Schuldners bei der Sparkasse Ratingen gedient. Der spätere Insolvenzschuldner habe über erheblichen Grundbesitz (Häuser und Firmenbeteiligungen) verfügt. Die Umschuldung habe seine Liquidität entlastet. Der Aufrechnung stehe nicht die Verjährung entgegen. Diese sei nicht eingetreten. Die ermöglichte Umschuldung im Jahre 2007 sei in einem ganz besonderen Vertrauensverhältnis begründet gewesen. Die Rückzahlungsraten seien von Anfang an so kalkuliert worden, dass zur Tilgung die restliche Dauer seiner voraussichtlichen Lebensarbeitszeit verbleiben sollte. Schon aus dieser Konzeption ergebe sich, dass der Rückzahlungsanspruch nicht habe verjähren sollen. Arbeitsvertragsparteien, erst recht Eheleute, seien zur Rücksichtnahme verpflichtet. Im Übrigen sei von einem Verjährungsverzicht in analoger Anwendung des § 207 BGB auszugehen. Bei eheähnlichen Lebensgemeinschaften spreche eine große Wahrscheinlichkeit für einen solchen Verzicht. Das Darlehen habe zwar die Möglichkeit gegeben, die Gesamtfälligkeit geltend zu machen. Das Vertrauensverhältnis sei jedoch Veranlassung gewesen, den Zahlungsrückstand folgenlos zu dulden, zumal aufgrund von Immobiliengeschäften Rückzahlungen zu erwarten gewesen seien. Die Vertragsparteien seien sich einig gewesen, dass die Darlehensrückgewährung über den regulären Verfallstag am 17.03.2007 hinaus gestundet bleiben sollte, soweit die Möglichkeit bestanden habe, durch seine Immobilien oder anderweitigen Firmenbeteiligungen zusätzliches Geld zu verdienen. Dieses "de non petendo", dass die Parteien natürlich nicht als solches bezeichnet hätten, sei als Ausschluss einer Verjährungseinrede zu verstehen. Zudem habe sich der Prozessbevollmächtigte der Beklagten anlässlich von Überprüfungen bei Lohnpfändungen 11/2007,01-08/2008 und 09/2010 durch persönliche Nachfragen beim Schuldner vergewissert, ob und in welchem Umfang jenes Arbeitgeberdarlehen Bestand hätte. Er habe jeweils anerkennend bestätigt, dass jene Forderung noch in vollem Umfang bestehe. Auch am 29.09.2010, 31.03.2011 und 16.07.2012 habe der Prozessbevollmächtigte der Beklagten den Schuldner kontaktiert und dieser habe auf Nachfrage bestätigt, dass die Darlehensforderungen der Beklagten gegen ihn weiterhin in vollem Umfang beständen. Solche Erklärungen könnten nur als Anerkenntnis gemäß § 212 Abs. 1 S. 1 BGB gewertet werden. Der Aufrechnung ständen auch nicht die vorrangigen Sicherungsabtretungen vom 30.03.2006 und 12.12.2006 zu Gunsten der Ehefrau des Schuldners entgegen. Sie habe sich entschieden, ihr Sicherungsrecht nicht geltend zu machen, jedenfalls nicht mit Vorrang vor der Aufrechnung der Beklagten. Im Übrigen erfordere jedes Sicherungsrecht das Bestehen eines zu sichernden Anspruchs. Der Kläger berufe sich als zu sichernde Anspruch auf den Darlehensrückgewähranspruch aus den Verträgen vom 30.03.2006 und 12.12.2006. Da er jedoch die Ansprüche in der Insolvenztabelle bestritten habe, gelte ein solcher Anspruch als nicht als existent. Letztlich sei das Vorgehen widersprüchlich, da die Einziehung nach § 166 InsO den Insolvenzverwalter nach § 170 Abs. S. 2 InsO verpflichte, die Beträge abzüglich der Kostenbeitragspauschale an den Gläubiger weiterzuleiten. Der Kläger habe sich aber im Verfahren dahin geäußert, dem nicht nachzukommen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Wesel (6 Ca 1113/14) vom 10. Dezember 2014 abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen;

hilfsweise,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger weitere 10.583,52 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 12.04.2016 zu zahlen.

Der Kläger ist der Auffassung, dass § 207 BGB nicht zur Anwendung komme, da er einen speziellen Fall regelt, der hier nicht vorliege. Aus dem Vertragstext der Vereinbarung vom 09.02.2007 ergebe sich auch nicht, dass bei Ausbleiben der vereinbarten Raten die Gesamtfälligkeit geltend zu machen sei. Vielmehr hätten die Parteien eine auflösende Bedingung für die Ratenzahlungsabrede vereinbart, die allein durch Zeitablauf eintreten sollte. Soweit sich die Beklagte auf ein Anerkenntnis berufe, werde dieses bestritten. Im Übrigen entspreche es nicht den Voraussetzungen des § 212 Abs. 1 S. 2 BGB. Selbst wenn keine Verjährung des Rückforderungsanspruchs vorliege, sei er einziehungsbefugt. Es bestehe im Hinblick auf die zeitlich vorrangige Abtretung aufgrund der Vereinbarungen vom 30.03.2006 und 12.12.2006 zugunsten der Ehefrau und der Nichterfüllung ihrer Forderungen keine Forderung, mit der die Beklagte habe aufrechnen können. Dass die Ehefrau ihr Absonderungsrecht nicht geltend gemacht habe, sei unerheblich. Der von der Ehefrau mit Schreiben vom 29.09.2014 erklärte Rangrücktritt zu den Sonderrechten zugunsten der Ansprüche der Beklagten führe auch nicht dazu, dass die Beklagte die Sonderrechte aus §§ 144 Abs. I bzw. 114 II InsO erworben habe und erstrangig zu befriedigen sei. Die weitere Abtretung gehe mangels Inhaberschaft des Schuldners an der Forderung und zwar der pfändungsfreien Beträge ins Leere. Das Bestreiten der Forderungsanmeldung der Ehefrau des Schuldners sei unerheblich, da damit nur die Berechtigung der Forderung zur Teilnahme am Verteilungsverfahren abgesprochen werde.

Wegen der weiteren Einzelheiten des zugrundeliegenden Sachverhaltes sowie des widerstreitenden Sachvortrags und der unterschiedlichen Rechtsauffassungen der Parteien wird ergänzend Bezug genommen auf die in beiden Instanzen zu den Akten gereichten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie Protokolle der mündlichen Verhandlungen und den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils.

Gründe

A. Die Berufung ist zulässig.

Sie ist an sich statthaft (§ 64 Abs. 1 ArbGG), nach dem Wert des Beschwerdegegenstandes zulässig (§ 64 Abs. 2 Ziffer b ArbGG) sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§ 66 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 ArbGG, §§ 519, 520 ZPO).

B. Die Berufung ist nicht begründet.

Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von 5.291,76 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 2.645,88 € ab Klagezustellung und aus weiteren 2.645,88 € ab 10.12.2014.

I. Gem. § 166 Abs. 2 InsO darf der Verwalter eine Forderung, die der Schuldner zur Sicherung eines Anspruchs abgetreten hat, einziehen oder in anderer Weise verwerten.

1. Der Schuldner hat aufgrund der Vereinbarungen (Schuldanerkenntnis & Sicherheitsvereinbarung) vom 30.03.2006, 12.12.2006 und 05.06.2007 an die Ehefrau, vom 09.02.2007 an die Beklagte seine künftigen Lohnansprüche zur Sicherung der aufgeführten Forderungen abgetreten.

2. Bedenken gegen die Wirksamkeit der Abtretung künftiger Lohnansprüche bestehen nicht. Nach allgemeiner Auffassung können auch künftige Lohnforde-

rungen gegen den jeweiligen Arbeitgeber abgetreten werden (BGH, Urteil vom 20.09.2012 - IX ZR 208/11 -, Rn. 8, juris; BAG, Urteil vom 21.11.2000 - 9 AZR 692/99 -, BAGE 96, 266-273 ).

3. Der Wirksamkeit der Sicherungsabtretungen steht auch nicht § 114 Abs. 1 InsO entgegen. Hat der Schuldner vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens eine Forderung für die spätere Zeit auf Bezüge aus einem Dienstverhältnis oder an deren Stelle tretende laufende Bezüge abgetreten oder verpfändet, wie hier in Ziffer 4. der jeweiligen Vereinbarungen, so ist diese Verfügung gem. § 114 Abs. 1 InsO nur wirksam, soweit sie sich auf die Bezüge für die Zeit vor Ablauf von zwei Jahren nach dem Ende des zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens laufenden Kalendermonats bezieht. Dies ist hier erfüllt. Da das Insolvenzverfahren am 23.03.2014 eröffnet wurde, waren Abtretungen bis zum März 2016 wirksam. Der Kläger macht auch nur den pfändbaren Teil der Lohnansprüche von April 2014 bis März 2016 geltend.

4. Der Anspruch des Klägers ist nicht durch die von der Beklagten mit Schreiben vom 25.04.2014 erklärte Aufrechnung erloschen.

a) Gem. § 114 Abs. 2 InsO in der bis zum 30.06.2014 geltenden Fassung der Insolvenzordnung kann der Verpflichtete (die Beklagte) zwar gegen die Forderung auf die Bezüge für den in Absatz 1 bezeichneten Zeitraum mit einer Forderung aufrechnen, die ihm gegen den Schuldner zusteht. Hier rechnet die Beklagte gegenüber der Forderung des Klägers auf den pfändungsfreien Teil des Lohnanspruchs des Schuldners mit der im "Schuldanerkenntnis & Sicherungsvereinbarung" vom 09.02.2007 aufgeführten Schuld von 53.100,00 € nebst Zinsen auf.

b) Es kann zunächst dahinstehen, ob die Beklagte überhaupt einen Anspruch auf Zahlung des pfändungsfreien Teils des Lohnanspruchs erworben. Der Aufrechnung steht bereits die Verjährung des Anspruchs auf Rückzahlung des Darlehens vom 09.02.2007 entgegen, auf die sich der Kläger u.a. mit Schriftsatz vom 16.10.2014 berufen hat. Gem. § 214 Abs. 1 BGB ist der Schuldner nach Eintritt der Verjährung berechtigt, die Leistung zu verweigern.

aa) Nach § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB beginnt die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren (§ 195 BGB) mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist. Ein Anspruch ist im verjährungsrechtlichen Sinn entstanden, sobald er erstmals geltend gemacht und notfalls im Wege der Klage durchgesetzt werden kann, was grundsätzlich voraussetzt, dass der Anspruch auch fällig ist. Die Maßgeblichkeit des Fälligkeitszeitpunkts für § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB folgt aus der Erwägung, dass zu Lasten des Gläubigers die Verjährungsfrist nicht beginnen kann, solange er nicht in der Lage ist, den Anspruch geltend zu machen (vgl. BGH NJW 2001, 1724; OLG München, Urteil vom 06.12. 2011 - 9 U 1741/11 -, Rn. 24, juris).

Nach dem Vertrag hat der Schuldner anerkannt, der Beklagten die sofort fälligen 53.100,00 € nebst Zinsen zu schulden. Dem Schuldner wurde jedoch die Möglichkeit gegeben (Ziffer 3.), den Betrag in monatlichen Raten von 550,00 € zurückzuzahlen, wobei die erste Rate bis zum 01.03.2007, die folgenden Raten jeweils am 1. des folgenden Monats zahlbar waren. Diese Vereinbarung sollte jedoch hinfällig sein, wenn der Schuldner mit einer Rate ganz oder teilweise um mehr als 15 Tagen in Rückstand gerät. Diese Klausel kann nur dahingehend verstanden, dass dem Schuldner die Ratenzahlung nur unter der Bedingung bewilligt wird, dass die Raten, wie vereinbart, gezahlt werden. Für den Fall eines Rückstandes um mehr als 15 Tage wurde der gesamte Betrag sofort fällig. Da der Schuldner keine Raten gezahlt hat, war der Anspruch auf Rückzahlung des gesamten Darlehens am 17.03.2007 fällig. Die 3-jährige Verjährungsfrist begann Ende 2007 und war Ende 2010 abgelaufen.

bb) Gem. § 215 BGB steht zwar der Aufrechnung nicht die Verjährung des Anspruchs entgegen, wenn der Anspruch in dem Zeitpunkt noch nicht verjährt war, in dem erstmals aufgerechnet werden konnte. Hier konnte aber noch nicht in einem nicht verjährten Zeitraum aufgerechnet werden. Der pfändbare Teil des Aprilgehalts 2014 war gem. § 614 BGB am Ende des Monats fällig. Zu diesem Zeitpunkt konnte erstmals aufgerechnet werden. Zu dem Zeitpunkt war der Rückzahlungsanspruch aus dem Darlehen aber bereits verjährt.

cc) Soweit die Beklagte darauf verweist, dass der Konzeption der Rückzahlung bereits zu entnehmen sei, dass der Rückzahlungsanspruch nicht verjähren sollte, kann dem nicht gefolgt werden. Solche Umstände sind nicht in dem Vertrag vom 09.02.2007 enthalten. Das Argument des Vertrauensverhältnisses aufgrund der ehelichen Lebensgemeinschaft führt schon deswegen nicht weiter, weil es sich nicht um ein Darlehen von seiner Ehefrau handelt, sondern um ein Arbeitgeberdarlehen. Dass seine Ehefrau Geschäftsführerin der Beklagten ist, ändert nichts an der Beurteilung.

dd) Der Annahme der Verjährung des Rückzahlungsanspruchs steht auch nicht § 207 BGB entgegen. Danach ist die Verjährung von Ansprüchen zwischen Ehegatten gehemmt, solange die Ehe besteht. Hier geht es um einen Anspruch des Arbeitgebers gegen den Arbeitnehmer und nicht um Ansprüche zwischen Ehepartnern. Eine analoge Anwendung der Vorschrift auf die vorliegende Fallkonstellation kommt nicht in Betracht. Aus Gründen der Rechtssicherheit darf die eindeutig formale Ausrichtung des § 207 Abs. 1 BGB nicht unterlaufen werden. So wird selbst eine analoge Anwendung des § 207 Abs. 1 S. 1 BGB auf die nicht eheliche Lebensgemeinschaft nach ganz herrschender Meinung ausgeschlossen (OLG Nürnberg, Beschluss vom 22.11.2013 - 14 W 1107/13 -, Rn. 10, juris; OLG Brandenburg, Urteil v. 08.05.2007 - 11 U 142/06, BeckRS 2009, 5859, juris Rn. 22; OLG Köln, Beschl. v. 08.12.1998 - 13 U 105/98, NJW-RR 2000, 558, juris Rn. 7; Palandt/Ellenberger, BGB, 72. Aufl., § 207 Rn. 2; Staudinger/Peters/Jacoby, BGB, Neubearbeitung 2009, § 207 Rn. 5; Soergel/Niederführ, BGB, 13. Aufl., § 207 Rn. 6; Bamberger/Roth/Henrich, BeckOK-BGB, § 207 Rn. 6; AnwK-BGB/Mansel/Budzikiewicz, § 207 Rn. 24; Prütting/Wegen/Weinrich-Kesseler, BGB, 5. Aufl., § 207 Rn. 2 ; a.A. MünchKommBGB/Grothe, 6. Aufl., § 207 Rn. 10; Erman/Schmidt-Räntsch, BGB, 12. Aufl., § 207 Rn. 7)(OLG Nürnberg, Beschluss vom 22.11.2013 - 14 W 1107/13 -, Rn. 10, juris). Eine vergleichbare Situation wie bei einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft ist zudem nicht gegeben.

ee) Die Beklagte kann sich auch nicht mit Erfolg auf einen Verjährungsverzicht berufen. Ein Verjährungsverzicht wird allgemein für zulässig gehalten. Er kann auch schon vor Eintritt der Verjährung rechtswirksam erklärt werden (BGH NJW 2009, 1598, 1602). Er erfolgt durch einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung, die nicht formgebunden ist und auch konkludent erfolgen kann. Sie setzt Verzichtswillen voraus. Da maßgeblich für die Auslegung der Willenserklärung die Sicht des Erklärungsempfängers ist (BGH NJW 1996, 661, 663; NJW 1997, 516, 518), kommt es darauf an, ob dieser annehmen durfte, der Erklärende wisse um die eingetretene Verjährung oder rechne zumindest damit (BGHZ 83, 382, 389 = NJW 1982, 1815; OLG Düsseldorf NJW-RR 2000, 836). Hiervon ist bei einem ausdrücklich erklärten Verjährungsverzicht wegen der Maßgeblichkeit der objektiven Erklärungsbedeutung idR auszugehen (Palandt/Ellenberger Rn. 7). Allerdings sind auch dann bei der Feststellung des Erklärungsinhalts sämtliche Begleitumstände mit zu berücksichtigen (BGH NJW 2002, 1044, 1046 zum Forderungsverzicht).

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze kann nicht von einem Verjährungsverzicht ausgegangen werden. Dass der Schuldner eine entsprechende Erklärung im Wortlaut abgegeben hat, hat die Beklagte nicht behauptet. Der weitere Vortrag der Beklagten zu den Umständen führt auch nicht zur Annahme eines Verjährungsverzichts. Die Beklagte hat hierzu vorgetragen, dass der Vertrag zwar die Möglichkeit gegeben habe, die Gesamtfälligkeit geltend zu machen. Das Vertrauensverhältnis sei jedoch Veranlassung gewesen, den Zahlungsrückstand folgenlos zu dulden. Die Vertragsparteien seien sich einig gewesen, dass die Darlehensrückgewähr über den regulären Verfallstag am 17.03.2007 hinaus gestundet bleiben sollte, zumal die Möglichkeit des Schuldners bestanden habe, durch seine Immobilien oder anderweitigen Firmenbeteiligungen zusätzliches Geld zu verdienen. Dieses "de non petendo", dass die Parteien natürlich nicht als solches bezeichneten, sei als Ausschluss einer Verjährungseinrede zu verstehen. Dies reicht nicht aus. Der Hinweis darauf, dass sich die Vertragspartner einig waren, ersetzt keinen Sachvortrag, welche konkreten Absprachen sie getroffen haben. Daran fehlt es. Insofern kam auch keine Vernehmung des Schuldners in Betracht.

Soweit die Beklagte Umstände und sonstige Erklärungen des Schuldners gegenüber ihrem Prozessbevollmächtigten vorgetragen hat, konnte denen auch aus Sicht der Beklagten kein Verzicht oder ein Anerkenntnis iSd. § 212 BGB entnommen werden, welches der Verjährung des Anspruchs entgegensteht. Die Beklagte hat vorgetragen, dass der Schuldner im Zusammenhang mit Anforderungen zu Drittschuldenerklärungen zu vorrangigen Rechten 11/2007, 01.08/ 2008 und 9/2010 anerkennend bestätigt habe, dass die Forderung in vollem Umfang fortbestehe. Auch im Zusammenhang mit der Aktualisierung von Lohnabtretungen am 29.9.10, 13.03.2011 und 16.07.2012 habe er im persönlichen Kontakt mit dem Prozessbevollmächtigten bestätigt, dass die Forderungen noch bestehen. Auf gezielte Nachfrage habe dieser erklärt, dass die Darlehensforderung der Beklagten gegen ihn weiterhin in vollem Umfang bestehe.

Nach der Rechtsprechung des BGH genügt für eine Verjährungsunterbrechung durch Anerkenntnis jedes - auch ein rein tatsächliches - Verhalten des Schuldners gegenüber dem Gläubiger, aus dem sich das Bewusstsein vom Bestehen des Anspruchs - wenigstens dem Grunde nach - unzweideutig ergibt und das deswegen das Vertrauen des Gläubigers begründet, dass sich der Schuldner nicht nach Ablauf der Verjährungsfrist alsbald auf die Verjährung berufen wird (BGH NJW-RR 2009 S. 455; BGH, NJW 2002, S. 2872). Ein solches tatsächliches Anerkenntnis ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Schädiger oder der auch insoweit für ihn Handelnde dem Geschädigten bzw. dessen Rechtsnachfolger auf Verlangen Schadensersatzleistungen erbringt (BGH NJW-RR 2009, S. 455 mwN). Denn nach dem Wortlaut des § 212 Abs. I Nr. 1 beginnt die Verjährung insbesondere dann erneut, wenn der Schuldner dem Gläubiger gegenüber den Anspruch durch Abschlagszahlung anerkennt (BGH, Urteil vom 27.11.2015 - VI ZR 87/14 - NJW 2015, 1589-1590 Vorbehaltlose Zahlung).

Hier hat der Schuldner auf die Forderung aus dem Darlehensvertrag vom 09.02.2007 keine Abschlagszahlungen geleistet. Den sonstigen Erklärungen ist auch kein Verjährungsverzicht zu nehmen. Der bloßen Bestätigung eines un-

streitigen Sachverhalts, dass auf die Darlehensforderung noch keine Leistungen erbracht sind und die Darlehensforderung noch offen ist, lässt sich nach Auffassung der Kammer nicht entnehmen, dass sich der Schuldner nicht mehr auf eine Verjährung berufen will. Hierzu wäre erforderlich, dass die Frage eines Verzichtes auf Rechte in diesem Zusammenhang im Raum gestanden hätte. Dies ergibt sich aber nicht.

4. Selbst wenn der Auffassung des Klägers hinsichtlich der Verjährung des Anspruchs nicht gefolgt wird, geht die Aufrechnung ins Leere. Aufgrund vorrangiger Sicherungsabtretung des pfändbaren Teils des Lohnanspruch mit Vereinbarung vom 30.03.2006 (Darlehen über 40.000,00 €) und vom 12.12.2006 (über 15.000,00 €) an seine Ehefrau bestand keine Forderung des Schuldners auf Lohn gegen die Beklagte, gegen die sie aufrechnen konnte.

a) Dem kann die Beklagte nicht mit Erfolg entgegen halten, dass die Ehefrau auf ihren Vorrang zugunsten der Beklagten verzichtet habe bzw. die Anwendung des § 166 Abs. 2 InsO voraussetze, dass der Vorranggläubiger sein Recht geltend mache und die Vorschrift keine isolierten Vorrangrechte des Insolvenzverwalters begründe, sondern er nur Dienstleister des Sicherungsnehmers sei.

Der Vorschrift des § 166 Abs. 2 InsO ist nicht zu entnehmen, dass eine Rangstellung von Bedeutung ist und die Einziehungsbefugnis des Insolvenzverwalters bei mehreren Sicherungsabtretungen der Dispositionsbefugnis der Sicherungsgläubiger unterliegt. Die Sicherungsabtretung führt zur Übertragung des Vollrechts. Inhaber des Anspruchs auf den pfändbaren Teil des Lohns des Schuldners ist damit die Ehefrau des Schuldners aufgrund der zeitlich vorrangigen Verträge. Ist eine Forderung mehrfach abgetreten worden, so steht sie nach dem Prioritätsgrundsatz idR dem ersten Zessionar zu. Dies gilt auch bei einer antizipierten Abtretung vor dem Entstehen der Forderung. (MüKoBGB/Roth, § 398 Rn. 79; Palandt/Heinrichs, § 398 Rn. 13; Gottwald, Insolvenzrechts-Handbuch, Kapitel III, Das eröffnete Insolvenzverfahren 6. Abschnitt. Aussonderung, Absonderung, Aufrechnung § 40. Aussonderung Rn. 23-26, beckonline). Materiellrechtlich besteht die Forderung weiterhin beim Zessionar (Neugläubiger). Erst wenn darauf verzichtet wird, wird der Gegenstand für die Masse frei. Ein Verzicht auf die Forderung hat die Ehefrau des Schuldners aber nicht erklärt, sondern allein auf eine Vorrangstellung.

Es ist anerkannt, dass das Verwertungsrecht des Insolvenzverwalters nach § 166 Abs. 2 InsO das Verwertungsrecht des Sicherungszessionars ausschließt. Der Sicherungszessionar verliert vom Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung an seine Einziehungsbefugnis (BGH, Urteil vom 20.02.2003 - IX ZR 81/02; Urteil vom 17.11.2005 - IX ZR 174/04; OLG Dresden, Urteil vom 10.08.2006 - 13 U 926/06; OLG Frankfurt, Urteil vom 25.05.2005 - 1 U 124/04; OLG Düsseldorf, Urteil vom 25.08.2006 - 16 U 87/05; Uhlenbruck/Brinkmann InsO § 166 Rn. 26-28, beckonline). Das folgt aus § 173 Abs. 1 InsO, der im Umkehrschluss besagt, dass der absonderungsberechtigte Gläubiger nicht zur Verwertung berechtigt ist, soweit das Verwertungsrecht des Insolvenzverwalters besteht. Hierfür spricht auch die Begründung des Regierungsentwurfs zur Insolvenzordnung, wo ausgeführt wird, die Sicherungszession von Forderungen unterliege mit der Verfahrenseröffnung einem automatischen Verwertungsstopp (BT-Drucks. 12/2443 S. 87). Die Insolvenzordnung hat das Verwertungsrecht von zur Sicherung abgetretenen Forderungen beim Insolvenzverwalter konzentriert. Die Interessen der Beteiligten sollen so koordiniert werden, dass der Wert des Schuldnervermögens maximiert wird (BGH, Urteil vom 11.07. 2002 - IX ZR 262/01- NJW 2002, 3475-3477). Das alleinige Einziehungsrecht des Verwalters schafft die notwendige Rechtsklarheit. Insofern folgt die Einziehungsbefugnis allein nach dem Bestehen einer Sicherungsabtretung, die hier bereits durch den Vertrag vom 12.12.2006 bzw. 09.02.2007 dokumentiert ist. Dass der Abtretungsvertrag keine Wirksamkeit hat, hat die Beklagte nicht behauptet.

b) Soweit die Beklagte darauf verweist, dass eine Mehrfachabtretung des pfändbaren Teils der Lohnforderung aufgrund der in der Sicherheitsabtretung festgelegten Abhängigkeit von der Darlehensforderung möglich sei und sie damit ebenfalls Inhaber des hier streitigen pfändbaren Teils des Lohnanspruchs geworden sei, kann dem nicht gefolgt werden. Der pfändbare Teil des Lohns wurde zwar zur Sicherung einer bestimmten Forderung und zwar mit Vertrag vom 30.03.2006 iHv. einer Forderung von 40.000,00 € und mit Vertrag vom 12.12.2006 iHv. einer Forderung von 15.000,00 € abgetreten. Dies kann hier aber wenn überhaupt nur von Bedeutung sein, wenn die der Sicherung zugrundeliegende Forderung erfüllt wurde bzw. für einen bestimmten festgelegten Zeitraum der pfändbare Teil eines Lohnanspruchs abgetreten wurde und dieser zum Zeitpunkt der Einziehung bereits abgelaufen war. Solche Umstände liegen aber nicht vor. Es wurden weder auf die ersten Darlehensforderungen Zahlungen geleistet, noch wurde der pfändbare Teil nur für einen bereits abgelaufenen Zeitraum zugunsten der Ehefrau des Schuldners abgetreten.

d) Dem Einziehungsrecht steht letztlich auch entgegen der Auffassung der Beklagten nicht entgegen, dass der Insolvenzverwalter die angemeldeten Forderungen der Ehefrau aus den Vereinbarungen vom 30.03.2006 und 12.12.2006 bestritten hat. Dies lässt sich der Vorschrift des § 166 Abs. 2 InsO nicht entnehmen. In der Vorschrift wird nicht darauf abgestellt, ob die Forderung vom Insolvenzverwalter bestritten ist oder nicht. Zudem enthält die InsO Regelungen, wie mit streitigen Forderungen zu verfahren ist. Gem. § 179 Abs.1 InsO kann der Gläubiger bei Bestreiten der nicht titulierten Forderungen die Feststellung gegen den Bestreitenden betreiben. Nach § 189 Abs. 1 InsO werden bestrittene nicht titulierte Forderungen bei der Verteilung nur berücksichtigt, wenn dem Insolvenzverwalter innerhalb einer Ausschlussfrist von zwei Wochen nach der öffentlichen Bekanntmachung gem. § 188 S. 3 InsO nachgewiesen wird, dass die Forderung gem. § 179 Abs. 1 InsO weiter verfolgt wird. Wird dieser Nachweis rechtzeitig geführt, so behält der Verwalter den auf die Forderung entfallenden Anteil bei der Verteilung gemäß § 189 Abs. 2 InsO zurück, solange der Rechtsstreit anhängig ist. Wird der Nachweis nicht rechtzeitig geführt, so bleibt die Forderung bei der Verteilung unberücksichtigt (§ 189 Abs. 3 ZPO; Uhlenbruck/Wegener InsO § 189 Rn. 1-2, beckonline). Auch diesen Vorschriften ist eine Einschränkung des § 166 Abs. 2 InsO nicht zu entnehmen. Insofern ist der Kläger zur Einziehung der in der Höhe unstreitigen pfändbaren Teile des Lohnspruchs des Schuldners gegen die Beklagte für die Zeit von April 2014 bis November 2014 berechtigt.

2. Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 286, 288 BGB.

II. Der Feststellungsantrag zu 2. ist zulässig. Er erfüllt die Voraussetzungen des § 256 Abs. 1 ZPO. Der Kläger hat das erforderliche Feststellungsinteresse. Die Parteien streiten darüber, ob der Kläger den abgetretenen pfändungsfreien Lohn des Schuldners für die Zeit von Dezember 2014 bis März 2016 einziehen darf. Der Antrag ist geeignet, den Streit zu beseitigen. Dem steht nicht der Vorrang der Leistungsklage (künftige Leistung) entgegen. Die Möglichkeit von vornherein, eine Klage auf künftige Leistung nach § 259 ZPO zu erheben, beseitigt das Feststellungsinteresse nicht. Dem Kläger steht ein Wahlrecht zu (BAG, Urteil vom 18.11.2003 - 3 AZR 592/02 -, Rn. 32, juris). Unabhängig davon ist eine Klage auf künftige Leistung nur möglich, wenn der Anspruch bei Klageerhebung bereits entstanden ist. Vergütungsansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und damit auch der hier begehrte pfändbare Teil entstehen aber erst mit Erbringung der Arbeitsleistung (BAG, Urteil vom 22.10.2014 - 5 AZR 731/12 -, BAGE 149, 343-354, Rn. 42). Der Zulässigkeit des Antrags steht auch nicht entgegen, dass zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung der Zeitraum abgelaufen war, für den die pfändbaren Teile des Lohns begehrt werden. Ist eine Feststellungsklage gemäß § 256 ZPO - wie hier - in zulässiger Weise erhoben worden, braucht ein Kläger nicht nachträglich zur Leistungsklage überzugehen, wenn dies im Lauf des Rechtsstreits möglich wird (BAG Urteil vom 18.03.1997 - 9 AZR 84/96 - AP Nr. 8 zu § 17 BErzGG; BGH, Urteil vom 28.09.2005 - IV ZR 82/04 - MDR 2006, 448-450 BGH, Urteil vom 17.10.2003 - V ZR 84/02 - NJW-RR 2004, 79 unter B II 1 mwN).

2. Der Antrag ist zum überwiegenden Teil begründet. Der Kläger kann die Feststellung für die Zeit ab Dezember 2014 bis Januar 2016 verlangen. Auf die obigen Ausführungen unter I. 1. wird Bezug genommen. Für die Monate Februar und März 2016 ist der Antrag unbegründet. Nach dem unstreitigen Beklagtenvortrag erzielt der Schuldner seit dem 01.02.2016 bei der Beklagten nur noch ein Bruttomonatsgehalt von 550,00 €. Es ist nicht dargetan, dass für die Monate ein pfändbarer Teil des Lohnanspruchs verbleibt.

3. Aufgrund der Zulässigkeit des Feststellungsantrags fiel der Hilfsantrag nicht zur Entscheidung an.

II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 64 Abs. 6 ArbGG iVm § 92 Abs. 1 ZPO.

D. Die Revision war für die Beklagte gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG zuzulassen. Die Kammer hat der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung beigemessen.

RECHTSMITTELBELEHRUNG

Gegen dieses Urteil kann von der beklagten Partei

R E V I S I O N

eingelegt werden.

Für die klagende Partei ist gegen dieses Urteil kein Rechtsmittel gegeben.

Die Revision muss innerhalb einer Notfrist* von einem Monat schriftlich oder in elektronischer Form beim

Bundesarbeitsgericht

Hugo-Preuß-Platz 1

99084 Erfurt

Fax: 0361-2636 2000

eingelegt werden.

Die Notfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.

Die Revisionsschrift muss von einem Bevollmächtigten unterzeichnet sein. Als Bevollmächtigte sind nur zugelassen:

1.Rechtsanwälte,

2.Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,

3.Juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in Nummer 2 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.

In den Fällen der Ziffern 2 und 3 müssen die Personen, die die Revisionsschrift unterzeichnen, die Befähigung zum Richteramt haben.

Eine Partei, die als Bevollmächtigter zugelassen ist, kann sich selbst vertreten.

Bezüglich der Möglichkeit elektronischer Einlegung der Revision wird auf die Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr beim Bundesarbeitsgericht vom 09.03.2006 (BGBl. I Seite 519) verwiesen.

* eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden.

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