ArbG Essen, Urteil vom 04.05.2017 - 1 Ca 3319/16
Fundstelle
openJur 2019, 23376
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Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

3. Der Streitwert wird auf 353.187,00 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien streiten über Schadenersatzansprüche aus einem beendeten Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 1).

Zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 1) bestand von 1983 bis zum 31.03.1998 ein Arbeitsverhältnis, nach welchem der Kläger als P. und D. beschäftigt war, seit 1985 in Vollzeit. Die Beklagte zu 1) kündigte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 15.07.1997 zum 31.03.1998 sowie vorsorglich weiterer Kündigung vom 22.12.1997. Hintergrund der Kündigung war, dass der Kläger nach 1995 erfolgter Trennung von seiner Ehefrau, mit der er 2 Kinder hatte, eine neue Partnerschaft eingegangen war, aus der ein Kind hervorging.

Wegen der Rechtswirksamkeit der Kündigungen führten die Parteien langjährige Rechtsstreitigkeiten. Mit Urteil vom 09.12.1997 gab das Arbeitsgericht Essen der Klage zunächst statt; die Berufung der Beklagten zu 1) wurde mit der Begründung einer fehlenden Abmahnung zurückgewiesen. Das Bundesarbeitsgericht hob das Urteil des LAG Düsseldorf auf; nach neuer Verhandlung vor dem LAG Düsseldorf wies dieses mit Urteil vom 03.02.2000 die Kündigungsschutzklage sodann ab. Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers wurde als unzulässig verworfen, das Bundesverfassungsgericht nahm die Verfassungsbeschwerde des Klägers nicht zur Entscheidung an. Am 11.01.2003 erhob der Kläger vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gegen die Bundesrepublik Deutschland eine Individualbeschwerde. Mit Urteil vom 23.09.2010 (AZ 1620/03) stellte der Gerichtshof einen Verstoß gegen Art. 8 EMRK fest (Achtung des Privat- und Familienlebens), da die Einzelfallabwägung mit Rechten des Klägers nicht stattgefunden habe. Dem Kläger wurde eine Entschädigung von 40.000,00 € zuerkannt. Die vom Kläger im Oktober 2010 erhobene Restitutionsklage vor dem LAG Düsseldorf wurde am 04.05.2011 als unzulässig verworfen. Die hiergegen vom Kläger eingelegte Revision wies das BAG zurück. Die Verfassungsbeschwerde nahm das BVerfG nicht zur Entscheidung an (AZ 2 BvR 1488/14).

Den Wiedereinstellungsanspruch des Klägers wiesen sowohl das Arbeitsgericht Essen als auch das LAG Düsseldorf ab. Die hiergegen eingelegte Revision des Klägers wies das BAG mit Urteil vom 20.10.2015 zurück (AZ 9 AZR 743/14). Die Verfassungsbeschwerde des Klägers vom 20.10.2015 gegen diese Entscheidung ist noch anhängig.

Das LAG Düsseldorf hat ferner die Berufung des Klägers gegen das Urteil des ArbG Essen, mit welcher die Kündigungsschutzklage die zweite Kündigung vom 22.12.1997 betreffend abgewiesen worden war, zurückgewiesen. Dieses Urteil ist rechtskräftig. Ein von dem Kläger geltend gemachter Anspruch auf Annahmeverzug ist durch rechtskräftiges erstinstanzliches Urteil abgewiesen worden.

Mit der vorliegenden Klage verlangt der Kläger die ihm aufgrund der Kündigung entgangene Vergütung unter Anrechnung anderweitigen Verdienstes als Schadenersatz für die Vergangenheit sowie für die Zukunft sowie einen Ausgleich der entgangenen Rentenansprüche. Er begründet dies mit einem seiner Auffassung nach sittenwidrigem Verhalten der Beklagten, weil diese in den innersten Kern seines Persönlichkeitsrechts eingedrungen seien: Sie hätten ihn mit der Kündigung dafür sanktioniert, dass er nach gescheiterter Ehe eine neue Bindung eingegangen und nochmals Vater geworden sei.

Dieser Kündigungsgrund sei von der Grundordnung für den L. nicht umfasst. Dies hätten die Beklagten bewusst ignoriert. Es bestünden starke Verdachtsmomente, dass diese während des gesamten Kündigungsschutzverfahrens bewusst eine gebotenen Stellungnahmen der E. nicht eingeholt hätten, sondern sich auf die Ansicht des H. verlassen hätten.

Zur Sittenwidrigkeit trägt der Kläger im Wesentlichen vor:

Die E. habe 1993 die Grundordnung (GrO) als verbindliches Arbeitsrecht für Arbeitnehmer und Arbeitgeber herausgegeben, welche durch den Beklagten zu 2) am 01.01.1994 in Kraft gesetzt worden sei.

Der Kläger und seine Ehefrau hätten im Januar 1995 den Q. der Beklagten zu 1) über den gemeinsamen Entschluss zur Trennung unterrichtet. Beide hätten die Absicht einer Wiederverheiratung verneint. Die Ehefrau blieb mit den beiden gemeinsamen Kindern in der Dienstwohnung wohnend. Die Kündigung des Klägers erfolgte mit Schreiben vom 15.07.1997 nach Mitteilung der damals 5jährigen Tochter des Klägers im März 1997, dass dieser wieder Vater würde. Nach Auffassung des Klägers sei als Kündigungsgrund im Kündigungsschutzverfahren "Ehebruch und Bigamie" angegeben worden. Er verweist auf einen Schriftsatz der seinerzeitigen Prozessbevollmächtigten der Beklagten zu 1), in welchem es heißt:

"Der Kläger hat gegen die Loyalitätsobliegenheiten gemäß Artikel 5 der Grundordnung des l. verstoßen.

Wie die Beklagte am 02.07.1997 durch den Kläger erfuhr, hat der verheiratete Kläger eine außereheliche Beziehung zu Frau V. N. aufgenommen, aus der demnächst ein Kind hervorgehen wird.

Nach den Grundsätzen der l., die an die weltliche und Unauflösbarkeit der Ehe glaubt, hat der Kläger damit nicht nur Ehebruch begangen, sondern auch Bigamie. Durch sein Verhalten hat der Kläger damit öffentlich und unübersehbar gegen tragende Grundsätze der l. verstoßen und sich einer schwerwiegenden persönlichen sittlichen Verfehlung schuldig gemacht. Er hat sich durch seine Handlung eindeutig von den kirchlichen Glaubensgrundsätzen distanziert, die es der Beklagten unzumutbar machen, den Kläger weiter zu beschäftigen. (…)".

Eine weitere Kündigung habe die Beklagte zu 1) unter dem 22.12.1997 aus demselben Grund sowie wegen eines behaupteten Prozessbetruges ausgesprochen, weil die Vaterschaft im Verfahren bestritten worden sei. Er habe sich jedoch seinerzeit gezwungen gesehen, seine sexuelle Beziehung zu seiner Lebensgefährtin zu bestreiten, nachdem ihm aus seiner damaligen Sicht nur die Wahl zwischen Trennung von seiner Lebenspartnerin oder Weiterbeschäftigung offen gestanden habe.

Die Beklagten hätten durch wider besseren Wissens ausgesprochene Kündigungsgründe und Aufrechterhaltung des unzutreffenden Vortrags während der Instanzen verwerflich gehandelt. Der Beklagte zu 2) habe durch leichtfertige Zustimmung zur Kündigung sowie Beitritt als Streitverkündeter ebenfalls verwerflich gehandelt, da er dem Kläger als zu Recht klagend hätte beistehen müssen.

Insoweit verweist der Kläger auf eine Entscheidung des BVerfG vom 22.10.2014, in der festgestellt werde, dass das BAG gegen das Selbstbestimmungsrecht der Kirchen verstoße, wenn es eine eigene Bewertung einem Rechtsstreit zugrunde lege, in welchem das bloße Zusammenleben nach gescheiterter Ehe als Kündigungsgrund angesehen werde. In diesem Verfahren habe die E. die Rechtsauffassung geäußert, dass nach der GrO nur die Wiederheirat zur Kündigung führen könne. Diese Auffassung hätte die E. der Beklagten zu 1) ebenso mitgeteilt, hätte diese vor Kündigung des Klägers entsprechend nachgefragt. Eine solche Rückversicherung bei der verfassten L. sei auch geboten gewesen, da der Kündigungsgrund aus einem grundrechtssensiblen Bereich stamme. Hier habe die Beklagte zu 1) als L. nicht allein handeln dürfen. Zumindest nach Urteil in der 1. Instanz hätte die Beklagte zu 1) von der Kündigung Abstand nehmen müssen.

Auch ohne eine solche Rückversicherung hätte die Beklagte zu 1) Kenntnis darüber haben müssen, dass P. als Mitarbeiter des liturgischen Dienstes nicht zu denjenigen gehören, an die erhöhte Loyalitätspflichten zu stellen seien, und dass das Leben in einer neuen Partnerschaft mit der Wiederverheiratung nicht gleichzusetzen sei.

Bei der Wertung des "Ehebruchs" seien auch die Entwicklungen in der l. seit dem II. W. zu beachten; es wird ergänzend auf den Vortrag des Klägers aus dem Schriftsatz vom 23.12.2016, S. 8 f (Bl. 8 f. d.A.) Bezug genommen.

Der Kläger behauptet, die Beklagte zu 1) und 2) hätten beabsichtigt, durch Verschleierung der Kündigungsrelevanz die Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Kläger durchzusetzen, damit der Gehaltsanspruch erlösche, so dass ein Vermögensschaden entstehe. Insoweit verweist der Kläger auf einen seiner Ansicht nach bestehenden Vertrauensvorschuss der Parteien als katholischer L. vor den Gerichten. Es wird ergänzend auf den Vortrag aus dem Schriftsatz vom 20.04.2017, S. 3 ff. (Bl. 105 ff. d.A.) Bezug genommen. Insbesondere dass der Beklagte zu 2) als Streithelfer seine Amtsautorität eingesetzt habe, hat nach Ansicht des Klägers zu fehlerhaften Urteilen geführt.

Der Kläger verweist darauf, dass die Kündigung für den geltend gemachten Vermögensschaden ursächlich sei. Für ihn als ausgebildeten L. seien katholische Kirchengemeinden der einzig mögliche Arbeitgeber. Unter Berücksichtigung seinerzeitiger Pressemitteilungen sowie wegen einer erforderlichen kirchenaufsichtsrechtlichen Genehmigung sei eine anderweitige Einstellung nicht möglich gewesen. Erst im Jahre 2002 habe aufgrund persönlicher Fürsprache die Ev. L. Essen-Überruhr den Kläger als Teilzeit-C-L. einstellt, obwohl der Kläger A-Musiker sei. Aufgrund seines katholischen Glaubens könne der Kläger nur nebenamtlich in einem Umfang von 49 % tätig sein, da von Vollzeittätigen die f. erwartet werde. Der Kläger verweist insoweit auf Ausnahmegenehmigung des ehemaligen Superintendenten Mundt vom 20.09.2002 (Bl. 89 d.A.).

Die Forderungen seien nicht verjährt. Der Vermögensschaden sei frühestens Ende Dezember eingetreten, da die jährlich als Widerklage geltend gemachten Annahmeverzugslöhne bis Dezember 2006 wegen Aussetzung des Verfahrens gem. § 148 ZPO gehemmt gewesen sei (ArbG Essen - 1 Ca 2625/00 -). Erst Anfang 2010 sei dem einvernehmlich ruhenden Verfahren auf Antrag der Beklagten zu 1) Fortgang gegeben worden. Ergänzend wird auf die Klageschrift, S. 4 (Bl. 4 d.A.) Bezug genommen.

Wegen der Höhe des Schadenersatzes verweist der Kläger auf ein Anlagenkonvolut, Bl. 28 ff. d.A.. Hieraus ergäbe sich der (fiktive) Lohn bei angenommener Weiterbeschäftigung sowie unter Berücksichtigung des erlangten Verdienstes bei seinem jetzigen Arbeitgeber.

Der Kläger beantragt mit seiner am 27.12.2016 beim Arbeitsgericht Essen eingegangenen Klage:

1.Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, den Kläger für die Zeit von Juli 1998 bis Dezember 2016 einen Schadenersatz i.H.v. 275.067 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz ab Zustellung der Klage zu zahlen.

2.Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verpflichtet, den in Schadenseinheit entstandenen zukünftigen Schaden von monatlich 1.449 € ab Januar 2017 bis zum Renteneintritt zu zahlen.

3.Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verpflichtet, ab Renteneintritt den Vermögensschaden aus dem Rentenverlust i.H.v. 1.021 € monatlich zu zahlen.

Die Beklagte zu 1 beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte zu 2 beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte zu 1) trägt im Wesentlichen vor:

Dem Kläger sei nicht wegen "Bigamie und Ehebruch" gekündigt. Ein Kündigungsgrund sei auch nicht wider besseren Wissens konstruiert und vorgeschoben worden. Auch wenn die Grundordnung diesen Kündigungsgrund nicht ausdrücklich enthalte, sei nicht nur die Wiederverheiratung als Kündigungsgrund etabliert gewesen, sondern auch die Auffassung, dass die Aufnahme einer neuen geschlechtlichen Beziehung eine schwerwiegende sittliche Verfehlung im Sinne des Kirchenrechts darstelle. Insoweit verweist die Beklagte zu 1) auf das Urteil des LAG Düsseldorf vom 5.6.2016 (11 Sa 1484/13) sowie das Urteil des BAG vom 16.9.1999 (2 AZR 712/98).

Insbesondere weist die Beklagte zu 1) den Vorwurf des sittenwidrigen Handelns im Zusammenhang mit der Kündigung und dem nachfolgenden Rechtsstreit zurück. Voraussetzung hierfür sei nämlich, dass der Schädiger die Umstände kennen muss, die sein Verhalten als sittenwidrig - d.h. als besonders verwerflich - kennzeichnen. Dies sei vorliegend nicht der Fall, was sich bereits daraus ergebe, dass das BAG als höchstes deutsches Arbeitsgericht die Kündigung mit Urteil vom 16.09.1992 (2 AZR 712/98) als rechtswirksam bestätigt habe. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus der Entscheidung des EMRK, welche nicht gegen die Beklagte ergangen und erst nach einer Interessenabwägung erfolgt sei.

Es fehle auch an dem erforderlichen Schädigungsvorsatz. Das Führen von Rechtsstreitigkeiten über 2 Jahrzehnte entspreche nicht der Üblichkeit und hätte nicht erwartet werden können.

Auch ein Ursachenzusammenhang zwischen (angeblich) irreführenden Verhalten und der Arbeitslosigkeit des Klägers fehle. Die Kündigung ist als rechtswirksam rechtskräftig erachtet worden.

Die Beklagte zu 1) bestreitet die behauptete Schadenshöhe.

Der Beklagte zu 2) weist gleichfalls den Vorwurf einer sittenwidrigen Schädigung des Klägers zurück und trägt hierzu im Wesentlichen vor:

Eine Rücksprache mit der E. sei nicht entgegen der Auffassung des Klägers geboten gewesen, die Beklagten hätten diese auch nicht bewusst unterlassen. Die jeweilige Rechtssetzungs- und Rechtssprechungsgewalt gehe nicht von der E., sondern von dem jeweiligen E. aus. Bei Zweifeln werde zwar eine Stellungnahme der E. eingeholt, Rechtsträger sei hier der Verband. Entscheidungs- und Regelungsbefugnis für alle C. habe dieser jedoch nicht. Das C. sei vorliegend auch nicht als externe Auskunftsbehörde, sondern als Streithelfer aufgetreten: Eine "Amtsautorität" gegenüber den entscheidenden Richtern und Richterinnen habe nicht bestanden, sei auch nicht suggeriert worden und stellte eine reine Mutmaßung des Klägers dar.

Die Beklagten zu 1) und 2) hätten nicht kollusiv mit der Absicht eines Vermögensschadens zu Lasten des Klägers zusammengewirkt; Verdachtsmomente seien nicht vorgetragen. Dass die Q. nicht auf jeden Fall die Trennung vom Kläger angestrebt habe, zeige sich bereits darin, dass die Kündigung mehr als 2 Jahre nach Trennung des Klägers von seiner Ehefrau erfolgt sei. Der Kläger sei auch nicht vor die Wahl gestellt worden, sich von seiner Partnerin zu trennen oder das Arbeitsverhältnis zu erhalten. Tatsächlicher Kündigungsgrund sei auch keine Einsparung des L. gewesen; auch diese Behauptung sei eine durch nichts untermauerte Behauptung. Eine fehlende Rückversicherung bei der E. stelle kein sittenwidriges Verhalten dar. Es habe auch keine Kenntnis über eine (angebliche) Rechtswidrigkeit der vorgebrachten Kündigungsgründe bzw. anderer Verhaltensweisen bestanden.

Die Regelung des Art. 5 Abs. 2 GrO sowie des Art. 4 Abs. 1 GrO seien nicht abschließend; dies ergebe sich aus dem Wort "insbesondere". Weitere Verstöße seien also vorstellbar. Soweit der Kläger sich auf die Entscheidung des BVerfG vom 22.10.2014 beziehe, bestehe eine Vergleichbarkeit mit den Rechtsstreitigkeiten des Klägers nicht: Insoweit verweist der Beklagte zu 2) auf die zeitliche Diskrepanz sowie auf den Umstand, dass der Kläger mit seiner neuen Partnerin ein Kind gezeugt habe. Darüber hinaus führe eine falsche rechtliche Bewertung eines Sachverhaltes nicht zu einer vorsätzlichen und sittenwidrigen Schädigung.

Der Kläger widerspreche sich im Übrigen auch selbst, wenn er eine "Verschleierung" durch die Beklagten behaupte, andererseits jedoch die unzutreffende Bewertung seines Verhaltens durch die Beklagte als offensichtlich gegeben ansieht.

Der Beklagte zu 2) beruft sich auf den Eintritt der Verjährung; darüber hinaus seien evtl. Schäden bereits durch die Kompensationszahlung der Bundesrepublik Deutschland mit umfasst.

Die Höhe der behaupteten Schäden bestreitet der Beklagte zu 2). Darüber hinaus weist der Beklagte zu 2) darauf hin, dass es dem Kläger unbenommen gewesen wäre, sich bei anderen C. um eine neue Anstellung zu bewerben, so dass er auch seiner Schadensminderungspflicht nicht nachgekommen sei.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.

Gründe

Die Klage auf Zahlung eines Schadenersatzes bis Dezember 2016 ist zulässig, jedoch unbegründet. Die auf Ausgleich des künftigen Schadens gerichtete Leistungsklage ist bereits unzulässig.

I.

Soweit der Kläger den Ausgleich eines künftigen bereits bezifferten Schadens begehrt, zum einen in Höhe einer entgangenen Vergütung ab Januar 2017 bis zum Renteneintritt, zum anderen den Ausgleich eines Rentenverlustes, ist die Klage unzulässig.

Der Kläger kann diesen Schaden als künftige Leistung nicht gem. § 257 ZPO, § 46 Abs. 2 ArbGG geltend machen, da es sich nicht um eine von keiner Gegenleistung abhängige Geldforderung handelt. Die Höhe des vom Kläger geltend gemachten Schadens ist zum einen das entgangene Arbeitseinkommen, hängt damit also von seiner Arbeitsfähigkeit sowie der Höhe des anderweitigen Arbeitsverdienstes sowie anderweitiger Versicherungsleistungen ab. Zum anderen verlangt der Kläger einen monatlichen Ausgleich zu der aufgrund der Beendigung des Arbeitsverhältnisses verminderten Rentenansprüche. Auch hier ist die Höhe einer Differenz davon abhängig, ob der Kläger bis zum Renteneintritt noch weitergehende Ansprüche erwirbt. Dies ist zum Zeitpunkt der Entscheidung nicht absehbar.

Ein entsprechender Anspruch ist dem Kläger auch gem. § 258 ZPO, § 46 Abs. 2 ArbGG verwehrt. Gem. § 258 ZPO ist eine Klage auf wiederkehrende Leistung auf nach Erlass des Urteils fällig werdende Leistungen nur dann zulässig, wenn es sich um eine einseitige, nur vom Zeitablauf abhängige (Geld-) Forderung handelt. Das ist - insoweit kann auf die obigen Ausführungen Bezug genommen werden - bei einem Schadenersatzanspruch, dessen Höhe von der Differenz zwischen entgangenem Arbeitseinkommen/Einzahlungen zur Rentenversicherung und tatsächlich erzieltem Arbeitseinkommen/Einzahlungen zur Rentenversicherung abhängt, gerade nicht der Fall.

II.

Im Übrigen ist die Klage aber auch unbegründet.

1.

Der Kläger hat gegen die Beklagten als Gesamtschuldner keinen Anspruch auf Schadenersatz in Höhe einer entgangenen Vergütung im Zeitraum Juli 1998 bis Dezember 2016 in Höhe von 275.067 €.

Der Kläger ist der Ansicht, die Beklagten hätten die seinerzeitigen Urteile, die die Rechtswirksamkeit der Kündigung festgestellt hätten, erschlichen: Sie hätten in dem Bewusstsein - zumindest dem möglichen Wissen - der Rechtswidrigkeit der Kündigung an dieser festgehalten, die Entwicklung der Einschätzung der l. von sittlichen Verfehlungen im Zusammenhang mit außerehelichen bzw. nachehelichen (sexuellen) Partnerschaften nicht beachtet und gebotene Erkundigungen bzw. Mitteilungen hierzu unterlassen. Dies sowie die Ausnutzung einer Vertrauensstellung habe zu den fehlerhaften Urteilen geführt, so dass dem Kläger der entstandene Vermögensschaden gem. § 826 BGB auszugleichen sei. Ein für einen Schadenersatzanspruch erforderliches sittenwidriges Handeln der Beklagten konnte die Kammer jedoch nicht erkennen.

a) Sittenwidrig ist ein Verhalten, wenn es gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt, d.h. mit den grundlegenden Wertungen der Rechts- und Sittenordnung nicht vereinbar ist. Der Verstoß gegen ein Gesetz oder eine Pflicht führt nicht zu der Annahme der Sittenwidrigkeit, auch wenn dies zu einem Schaden führt. Voraussetzung ist vielmehr darüber hinaus eine Verwerflichkeit des Verhaltens, die sich aus dem verfolgten Ziel, den eingesetzten Mitteln, der zutage tretenden Gesinnung oder den eintretenden Folgen ergeben kann (Wagner in MüKo, 7. Aufl. 2017, § 826 Rz 9 ff.). Maßstab ist dabei die im Zeitpunkt der Handlung herrschende Sozialmoral für den jeweiligen Lebenskreis, vorliegend also der l..

Der Schädiger muss zwar nicht wissen, dass er sittenwidrig handelt, jedoch die Tatumstände kennen, die sein Verhalten als sittenwidrig erscheinen lassen. Diese Kenntnis fehlt, wenn der Handelnde der redlichen Überzeugung war, er dürfe in Verfolgung eines erlaubten Interesses handeln, dies gilt ferner auch dann, wenn er sich über die maßgeblichen Tatumstände irrt, die die Sittenwidrigkeit begründen (BGH vom 21.04.2009 - VI lZR 304/07 - in NJW-RR 09, 1207). Verschließt sich der Handelnde aber bewusst einer solchen Kenntnis, nimmt er etwa eine sich bietende Möglichkeit der Aufklärung bewusst nicht wahr, handelt er grob fahrlässig. Dies ist ihm zuzurechnen.

b) Dies zugrunde gelegt, hat die klagende Partei ein sittenwidriges - d.h. verwerfliches - Handeln der Beklagten zu 1) und 2) nicht darlegen können. Selbst wenn die dem Kläger seinerzeit ausgesprochenen Kündigung rechtswidrig gewesen wäre - das BAG hat gerade nicht in diesem Sinne entschieden - führt dies nicht zu der Annahme eines sittenwidrigen Verhaltens der Beklagten zu 1). Ihr könnte allenfalls vorgeworfen werden, entsprechende Entwicklungen in der l. im Hinblick auf eine "Bewertung" von Kündigungsgründen nicht ausreichend berücksichtigt zu haben. Eine (ggfls.) fehlerhafte Rechtsansicht bei der Frage der Wertung, ob ein Verhalten eines Arbeitnehmers eine Kündigung rechtfertigt oder nicht, führt aber nicht zu der Annahme eines verwerflichen Verhaltens. Dies gilt umso mehr, wenn - wie im vorliegenden Fall - über die Richtigkeit dieser Rechtsansicht über Jahre gestritten und die Rechtsansicht der Beklagten höchstrichterlich, die Frage der sittlichen Verfehlung auch bereits durch die 2. Instanz, bestätigt wurde.

aa) Der Ausspruch einer Kündigung selbst kann zwar rechtswidrig sein, ist aber nicht verwerflich. Beide Vertragspartner eines Dauerschuldverhältnisses haben die Möglichkeit, sich von dem anderen mittels des gesetzlich vorgesehenen Mittels zu trennen.

bb) Wer ein gerichtliches Verfahrens betreibt, welches gesetzlich vorgesehen und geregelt ist, verhält sich nicht unredlich. Dies gilt sowohl für denjenigen, der das Verfahren einleitet, als auch für den Verfahrensgegner. Eine Rechtswidrigkeit besteht in diesem Verhalten auch dann nicht, wenn sich sein Begehren oder seine Verteidigung als ungerechtfertigt erweisen und der Verfahrensgegner über das eigentliche Verfahren hinaus Nachteile erleidet (Palandt § 823 Rz. 37). Dabei ist es einer Partei auch unbenommen, einen Instanzenzug auszuschöpfen. Auch wenn also unterstellt würde, die Beklagten hätten in den Vorverfahren die fehlerhafte Rechtsansicht vertreten, dass das Eingehen des Klägers einer neuen Lebenspartnerschaft nach Trennung von seiner Ehefrau kein Kündigungsgrund gem. § 1 KSchG i.V.m. der GrO darstellt, würde dies entgegen der Auffassung des Klägers kein sittenwidriges Verhalten darstellen. Für ein solches müssen vielmehr zusätzliche Umstände hinzutreten, die die Art und Weise der Einleitung oder der Führung des Verfahrens betreffen.

c) Solche zusätzlichen mit dem grundlegenden Wertesystem der Rechts- und Sittenordnung nicht vereinbaren Umstände, die den Beklagten zum damaligen Zeitpunkt des Kündigungsausspruchs bzw. Kündigungsschutzverfahrens hätten bewusst sein müssen, die zudem durch das Ziel oder die eingesetzten Mittel als verwerflich anzusehen sind, sind nicht ersichtlich.

aa) Soweit der Kläger darauf verweist, dass bereits nach dem Wortlaut der GrO der Beklagten zu 1) bei Ausspruch der Kündigung hätte bewusst sein müssen, dass das Eingehen einer neuen (auch sexuellen) Lebenspartnerschaft durch ihn als P. und D. keinen Kündigungsgrund darstellte, führt dies nicht zur Annahme einer Sittenwidrigkeit. Denn allein eine ggfls. fehlerhafte Rechtsansicht bei der Wertung eines Kündigungsgrundes ist nicht verwerflich. Hinzu kommt vorliegend, dass Art. 5 Abs. 2 GrO keine abschließende Aufzählung der Kündigungsgründe enthält ("insbesondere") und es sich bei dem Grund der "schweren persönlichen sittlichen Verfehlung" und einen der Auslegung bedürftigen Grund handelt. Auch dass nach langjährigen Rechtsstreitigkeiten das BAG die Rechtsansicht der Beklagten letztendlich bestätigt hat, zeigt, dass die Rechtsansicht der Beklagten nicht offensichtlich fehlerhaft war. Insofern kann bei dem Streit der Parteien über die Wertung eines Verhaltens des Klägers als Kündigungsgrund i.S. von Art. 5 Abs. 2 GrO nicht von einem sittenwidrigen Verhalten der Beklagten gesprochen werden.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht insoweit, als die Beklagte zu 1) in seinerzeitigen Verfahren dem Kläger "Ehebruch und Bigamie" vorgeworfen hat. Bereits aus dem vom Kläger vorgelegten Schriftsatzauszug geht hervor, dass es sich bei diesem Vorwurf um eine von der Beklagten zu 1) vorgenommene Wertung handelt, welche in dem folgenden Absatz näher erläutert wird. Diese Wertung erfolgt aufgrund des (tatsächlichen) beschriebenen Verhaltens der außerehelichen Beziehung des Klägers. Die Kammer kann nicht ansatzweise erkennen, dass eine entsprechend deutlich gemachte Wertung eines Verhaltens in einem Rechtsstreit sittenwidrig ist; ein Gericht nimmt Wertungen der Parteien zwar zur Kenntnis, überprüft aber gerade, ob dieser Wertung gefolgt wird. Falschen Tatsachenvortrag hat der Kläger selbst nicht behauptet.

bb) Auch der Vorwurf, die Beklagten hätten bei der Wertung des Verhaltens des Klägers als Kündigungsgrund vor Ausspruch der Kündigung bewusst eine Nachfrage bei der E. unterlassen, führt zu keinem anderen Ergebnis. Arbeitgeber des Klägers war die Beklagte zu 1) als L.. Zwar mag ein Arbeitgeber gut beraten sein, die Stichhaltigkeit von Kündigungsgründen vor Kündigungsausspruch von sachkundiger Stelle überprüfen zu lassen. Jedoch ist dies keine Pflicht und ein entsprechendes Unterlassen führt nicht zur Annahme eines verwerflichen Verhaltens.

c) Soweit der Kläger auf die Entwicklung zur Sexualmoral innerhalb der l. seit dem 2. W. verweist, führt auch dies nicht zur Annahme eines sittenwidrigen Verhaltens der Beklagten. Denn hieran sowie in den in jüngster Zeit vermehrten Urteilen zur Rechtswirksamkeit von Kündigungen kirchlicher Mitarbeiter im Zusammenhang mit Trennung, Scheidung oder Wiederheirat zeigt sich gerade die nicht gesicherte, sich in der Entwicklung befindliche Auffassung innerhalb der verfassten l. sowie katholischer Gläubigen im Falle der Verletzung des Sakraments der Ehe und der Auswirkung auf Arbeitsverhältnisse. Die Beklagten durften seinerzeit vertreten, dass sie sowohl bei Ausspruch der Kündigung als auch bei Verteidigung der Rechtswirksamkeit dieser Kündigung in eigenem erlaubten Interesse handelten, weil ihrer Ansicht nach die neue Partnerschaft des Klägers eine Verletzung des Sakraments der Ehe und damit eine kündigungsrelevante sittliche Verfehlung darstellt. Dass sie nicht allein mit dieser Auffassung waren, zeigt sich gerade in den ergangenen Urteilen.

d) Dass sich die Gerichte durch einen "Amtsbonus" insbesondere des Beklagten zu 2) in ihrer Entscheidung haben beeinflussen lassen, dass dieser einen solchen Vertrauensvorschuss darüber hinaus bewusst ausgenutzt habe, ist eine reine Mutmaßung des Klägers, die durch nichts gerechtfertigt ist.

e) Die Behauptung des Klägers, die Beklagten hätten mittels einer "Verschleierung der Kündigungsrelevanz" die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zwecks Erlöschen von Gehaltsansprüchen durchsetzen wollen, ist eine reine Mutmaßung, die nicht ansatzweise belegt ist. Der Wegfall der Vergütung ist eine Folge der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses und sicherlich auch Ziel eines Arbeitgebers, welches jedoch nur bei Rechtswirksamkeit der Kündigung erreicht wird. Genau über Letzteres haben die Parteien gestritten.

4.

Andere Anspruchsgrundlagen, auf die der Kläger seine Klage stützen könnte, sind nicht ersichtlich. Ein gem. § 823 BGB geschütztes Rechtsgut hat die Beklagte zu 1) durch den Ausspruch der Kündigung nicht verletzt. Ein Anspruch aus § 280 BGB i.V.m. der Rücksichtnahmepflicht aus dem seinerzeitigen Arbeitsverhältnis besteht gleichfalls nicht.

II.

Die Kostenentscheidung erging gem. § 91 ZPO i.V.m. § 46 Abs. 2 ArbGG.

Die Streitwertentscheidung erging gem. § 61 ArbGG i.V.m. §§ 3 ff. ZPO. Die Entscheidung über den Streitwert zur Berechnung der Gerichtsgebühren gem. § 63 GKG ergeht gesondert.

RECHTSMITTELBELEHRUNG

Gegen dieses Urteil kann von der klagenden Partei Berufung eingelegt werden. Für die beklagte Partei ist gegen dieses Urteil kein Rechtsmittel gegeben.

Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist* von einem Monat schriftlich oder in elektronischer Form beim

Landesarbeitsgericht Düsseldorf

Ludwig-Erhard-Allee 21

40227 Düsseldorf

Fax: 0211 7770-2199

eingegangen sein.

Die elektronische Form wird durch ein qualifiziert signiertes elektronisches Dokument gewahrt, das nach Maßgabe der Verordnung des Justizministeriums über den elektronischen Rechtsverkehr bei den Arbeitsgerichten im Lande Nordrhein-Westfalen (ERVVO ArbG) vom 2. Mai 2013 in der jeweils geltenden Fassung in die elektronische Poststelle zu übermitteln ist. Nähere Hinweise zum elektronischen Rechtsverkehr finden Sie auf der Internetseite www.egvp.de.

Die Notfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach dessen Verkündung.

Die Berufungsschrift muss von einem Bevollmächtigten unterzeichnet sein. Als Bevollmächtigte sind nur zugelassen:

1.Rechtsanwälte,

2.Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,

3.juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in Nummer 2 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.

Eine Partei, die als Bevollmächtigte zugelassen ist, kann sich selbst vertreten.

* Eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden.

Richterin am Arbeitsgericht