LG Bochum, Urteil vom 15.01.2015 - I-8 O 267/14
Fundstelle
openJur 2019, 23245
  • Rkr:
Tenor

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 4.400,-- € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 04.04.2012 zu zahlen.

Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger von den Kosten der vorgerichtlichen Inanspruchnahme der Rechtsanwälte V, in Höhe von 1.029,35 € freizuhalten.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 51 % und die Beklagte zu 49 %. Die Kosten der Nebenintervention werden dem Kläger zu 51 % auferlegt, im Übrigen trägt die Nebenintervenientin ihre Kosten selbst.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für den Kläger jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

In den Jahren 2006 bis 2011 war der Kläger für die Nebenintervenientin, die Bademoden produziert, aufgrund mündlich geschlossener Verträge als Fotograf tätig. Im Rahmen dieser Zusammenarbeit entstandene Lichtbilder des Klägers stellte die Nebenintervenientin einigen ihrer Einzelhändler zu Werbezwecken zur Verfügung. Der Kläger und die Nebenintervenientin streiten darüber, ob die Nebenintervenientin hierzu aufgrund der Einräumung ausschließlicher Nutzungsrechte befugt war oder ob der Kläger ihr nur ein zeitlich befristetes einfaches Nutzungsrecht eingeräumt hat. Gestützt auf letztere Ansicht hat der Kläger in der Vergangenheit etwa 50 Einzelhändler der Nebenintervenientin abgemahnt; darunter auch die Beklagte, die 11 bei einem Fotoshooting im Mai 2011 entstandene Lichtbilder des Klägers auf ihrer Homepage genutzt hat, nachdem ihr diese Bilder von der Nebenintervenientin zur Verfügung gestellt worden waren. Auf die diesbezügliche Abmahnung des Klägers vom 06.06.2014 in der Anlage K 9 zur Klageschrift gab die Beklagte eine strafbewehrte Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung ab; insoweit wird auf die Anlage K 10 zur Klageschrift verwiesen.

Mit der Klage nimmt der Kläger die Beklagte auf Zahlung einer Lizenz in Höhe von 8.910,-- € sowie auf Freistellung von nach einem Gegenstandswert von 69.839,20 € berechneten Abmahnkosten von 1.752,90 € in Anspruch. Hierzu behauptet der Kläger, er habe entsprechend der auf eine bloße Eigennutzung gerichteten Anfrage der Nebenintervenientin dieser nur ein zeitlich begrenztes, einfaches Nutzungsrecht an seinen Lichtbildern eingeräumt; dies ergebe sich auch eindeutig aus den Metadaten der Bilder. Er lizensiere seine Fotografien üblicherweise anhand seiner Preisliste aus dem Jahr 2011, wiedergegeben in der Anlage K 12 zur Klageschrift. Danach ergebe sich für die von der Beklagten zugestandene Nutzung vom 04.04.2012 bis Februar 2013 zuzüglich eines Verlängerungszuschlags und eines 100 %-igen Zuschlags wegen unterlassener Urhebernennung eine fiktive Lizenz von 810,-- € pro Bild. Da sich der Streitwert des Unterlassungsanspruchs auf 55.000,-- € stelle, ergebe sich zuzüglich eines weiteren Streitwertes von 5.000,-- € für den Auskunftsanspruch und des Lizenzanspruchs ein Streitwert von 69.839,20 €, der der Berechnung der Abmahnkosten zugrunde zu legen sei.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verurteilen,

1. an ihn einen Betrag in Höhe von 8.910,-- € zu bezahlen zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 04.04.2012, hilfsweise ab Rechtshängigkeit der Klage sowie

2. ihn von den Kosten der vorgerichtlichen Inanspruchnahme der Rechtsanwälte V in Höhe von 1.752,90 € freizuhalten.

Die Beklagte und die Nebenintervenientin beantragen,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte bestreitet die Aktivlegitimation des Klägers: Dieser habe der Nebenintervenientin die ausschließlichen Nutzungsrechte an den Fotografien übertragen. Die von dem Kläger geltend gemachten Ansprüche seien maßlos überhöht.

Die Nebenintervenientin trägt vor, die Übertragung ausschließlicher Nutzungsrechte an Auftragsfotografien im Modebereich sei branchenüblich und hätte von ihr auch in Anbetracht des exorbitanten Honorars für das Shooting im Mai 2011 in Höhe von 37.022,-- € erwartet werden können. Für sie sei gerade die Möglichkeit, die Bilder an ihre Einzelhändler weitergeben zu können, von ausschlaggebender Bedeutung. Metadaten, die eine eingeschränkte Rechteübertragung beinhalteten, habe der Kläger nur 2006 und bei dem letzten Shooting im November 2011 verwandt, nicht aber bei den anderen Shootings. Das Verhalten des Klägers widerspreche Treu und Glauben, da er ihr gegenüber einen Wissensvorsprung im Bereich des Urheberrechts habe und diesen nunmehr ausnutze. Darüber hinaus sei das Vorbringen des Klägers zur Höhe der von ihm verlangten Lizenz widersprüchlich und nicht nachvollziehbar. So habe sich der Kläger in anderen von ihm geführten Prozessen zur Anspruchsbegründung auf die Tabellen der N gestützt, wohingegen er im vorliegenden Verfahren auf eine Preisliste rekurriere, die er offensichtlich nachträglich nur zur Verwendung im vorliegenden Verfahren erstellt habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze sowie der dem Gericht überreichten Unterlagen ergänzend Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist lediglich teilweise begründet.

Gemäß § 97 UrhG kann der Kläger von der Beklagten wegen der Nutzung der streitgegenständlichen 11 Lichtbilder eine Lizenz von 4.400,-- € beanspruchen.

Denn die Beklagte hat die Lichtbilder genutzt, ohne über die hierfür erforderliche Lizenz zu verfügen. Insbesondere konnte die Nebenintervenientin der Beklagten kein Nutzungsrecht an den Lichtbildern verschaffen, da sie selbst nur über ein einfaches Nutzungsrecht verfügte. Die von der Nebenintervenientin zur Begründung eines ihr zustehenden ausschließlichen Nutzungsrechts ins Feld geführten Argumente greifen nicht durch.

Nach der das Urheberrecht beherrschenden sog. Zweckübertragungslehre gehen Nutzungsrechte stets nur so weit auf den Lizenznehmer über, wie es zur Erreichung des Vertragszwecks notwendig ist; im Übrigen verbleiben die Nutzungsrechte beim Urheber. Nach den allgemeinen Regeln ist es daher Aufgabe der Beklagten bzw. der Nebenintervenientin, Umstände darzulegen und ggfs. zu beweisen, aus denen sich die Übertragung ausschließlicher Nutzungsrechte ergeben soll. Dieser Darlegungslast haben Beklagte und Nebenintervenientin nicht genügt.

Schriftliche Vereinbarungen zwischen dem Kläger und der Nebenintervenientin über den Umfang der Rechteeinräumung liegen nicht vor; jedenfalls aus den Metadaten der im Jahr 2006 und im Herbst 2011 entstandenen Bilder ergibt sich jedoch nur eine Übertragung eingeschränkter Nutzungsrechte. Aus dem Umstand, dass vergleichbare Metadaten für die übrigen Shootings, insbesondere für das im Streitfall relevante Shooting aus dem Monat Mai 2011 fehlen, kann nicht der zwingende Schluss gezogen werden, der Kläger habe der Nebenintervenientin für die bei diesem Shooting entstandenen Bilder ausschließliche Nutzungsrechte einräumen wollen. Auch die Höhe des von dem Kläger für das fragliche Shooting bezogenen Honorars ist kein zwingendes Indiz für die Einräumung ausschließlicher Nutzungsrechte. Soweit die Nebenintervenientin vorträgt, die Übertragung ausschließlicher Nutzungsrechte sei branchenüblich, fehlt es an die Darlegung konkreter, für eine derartige Branchenüblichkeit sprechender Tatsachen. Gleiches gilt im Hinblick auf den seitens der Nebenintervenientin erhobenen Vorwurf treuwidrigen Verhaltens. Die Nebenintervenientin ist ein weltweit tätiges Modeunternehmen, dem gegenüber den Kläger keine Hinweis-, Aufklärungs- oder Belehrungspflichten treffen. Die erforderlichen Kenntnisse des Urheberrechts hat die Nebenintervenientin sich vielmehr selbst zu verschaffen. Dass der Kläger es über längere Zeit hinweg widerspruchslos geduldet haben soll, dass die Nebenintervenientin von ihm geschaffene Lichtbilder zu Werbezwecken zur Verfügung gestellt hat, ist schließlich ebenfalls nicht substantiiert vorgetragen.

Die dem Kläger für jedes der streitgegenständlichen Lichtbilder zustehende Lizenz beläuft sich jedoch nicht auf 810,-- €, sondern lediglich auf 400,-- €.

Denn Lizenzzahlungen in einer Größenordnung, die den Honorarempfehlungen der N oder der Preisliste des Klägers entsprechen, kann der Kläger nur gegenüber solchen Auftraggebern durchsetzen, für die der aus der Verwendung der von dem Kläger erstellten Lichtbilder zu erwartende Gewinn in einem angemessenen Verhältnis zu seinen Honorarforderungen steht. Dies mag bei großen Unternehmen wie der Nebenintervenientin der Fall sein, keinesfalls aber bei kleinen Einzelhändlern wie der Beklagten. Die gegenüber derartigen Einzelhändlern am Markt zu erzielende Honorarhöhe schätzt die Kammer auf einen Betrag von 200,-- € pro Bild. Zuzüglich des hundertprozentigen Aufschlags wegen der unterbliebenen Urheberbenennung kann der Kläger daher für die Verwendung der 11 Lichtbilder eine Lizenz von 4.400,-- € verlangen. Für eine ein Jahr übersteigende Nutzungsdauer sind keine Tatsachen ersichtlich oder von dem Kläger vorgetragen.

Da die Beklagte nicht besser stehen darf als ein berechtigter Lizenznehmer, ist dieser Betrag ab dem 04.04.2012 zu verzinsen.

Teilweise unbegründet ist die Klage auch im Hinblick auf die dem Kläger zustehenden Abmahnkosten. Der der Abmahnung zugrunde zu legende Streitwert beläuft sich nicht auf 69.839,20 €, sondern auf die doppelte Lizenzgebühr zuzüglich des berechtigten Zahlungsbegehrens, das heißt auf einen Betrag von 13.200,-- €. Der Freistellungsanspruch bezieht sich damit nur auf einen Gebührenanspruch in Höhe von 1.029,35 €.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92, 101, 709, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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