OLG Düsseldorf, Urteil vom 18.12.2014 - I-6 U 153/14
Fundstelle
openJur 2019, 23176
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • vorher: Az. 12 O 244/13
Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 04. Juni 2014 verkündete Urteil der 12. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf (12 O 244/13) wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Das angefochtene und dieses Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Gründe

I.

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Klausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten, die als Stromversorger Dienstleistungen auch gegenüber Endverbrauchern erbringt.

Der Kläger ist ein eingetragener Verein, der nach seiner Satzung Verbraucherinteressen wahrnimmt und in die Liste der qualifizierten Einrichtungen nach § 4 UKlaG eingetragen ist. Die Beklagte verwendet auch bei über das Internet zustande gekommenen Stromlieferungsverträgen mit Verbrauchern unter anderem die folgende Allgemeine Geschäftsbedingung:

"Die Kündigung bedarf zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform. Eine Kündigung in Textform (Computerfax, E-Mail, SMS) ist nicht ausreichend. § 127 Absatz 2 BGB findet keine Anwendung."

Der Kläger wendet sich mit der Unterlassungsklage aus § 1 UKlaG gegen die Verwendung dieser Klausel, soweit es um deren Verwendung bei Stromlieferungsverträgen geht, die mit Verbrauchern über das Internet geschlossen wurden.

Wegen des Sachverhalts im Übrigen wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen.

Das Landgericht hat die auf Unterlassung und Erstattung vorgerichtlicher Abmahnkosten gerichtete Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, es stelle keine unangemessene Benachteiligung von Verbrauchern als Vertragspartner der Beklagten dar, dass für die Kündigung des Vertragsverhältnisses die Schriftform verlangt werde. In der Regelung des § 309 Nr. 13 BGB komme eine gesetzgeberische Wertentscheidung zum Ausdruck, aufgrund derer nicht angenommen werden könne, dass durch die für eine Erklärung aufgrund einer AGB-Klausel einzuhaltende Schriftform eine unangemessene Benachteiligung eintrete. Vielmehr sei daraus der Gegenschluss zu ziehen, dass die Vereinbarung der Schriftform regelmäßig zulässig sei.

Die Verwendungssituation der Klausel rechtfertige es nicht, ausnahmsweise deren Unzulässigkeit wegen unangemessener Benachteiligung der Verbraucher anzunehmen. Eine unangemessene Benachteiligung folge insbesondere nicht aus dem vom Kläger pauschal vorgetragenen Umstand, dass das vom Verbraucher abzugebende Angebot zum Abschluss eines Stromlieferungsvertrages - ebenso wie die nach Abschluss erfolgenden Mitteilungen - nur oder vorzugsweise über das Internet erfolge, während die Lösung vom Vertrag für den Verbraucher aufgrund der Klausel nur auf schriftlichem Wege möglich sein solle. In dem damit verbundenen gewissen Ungleichgewicht liege keine unangemessene Benachteiligung im Sinne von § 307 Abs. 1 BGB. Die Beklagte habe zudem konkret und nachvollziehbar vorgetragen, dass es ihr durch die nach Abgabe des Angebots vorzunehmenden Maßnahmen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit möglich sei, die Ernsthaftigkeit und die Richtigkeit der gemachten Angaben zu überprüfen, während dies bei einer per E-Mail ausgesprochenen Kündigung nicht der Fall sei. Ergänzend habe sie in der mündlichen Verhandlung für die Kammer nachvollziehbar darauf hingewiesen, dass es häufig vorkomme, dass ihre Kunden mehrere E-Mail-Adressen unterhielten und nicht selten auch über unterschiedliche E-Mail-Adressen mit ihr kommunizierten, und aus diesem Grunde bereits eine Zuordnung und Verifizierung der Erklärung mit Schwierigkeiten verbunden sein könne.

Der Vertragsgegenstand und die im Rahmen des Vertragsschlusses von der Beklagten vorzunehmenden Maßnahmen, die zur Verifizierung des Verbrauchers, der das Vertragsangebot unterbreite, sowie des Lieferortes führten, unterschieden sich auch in maßgeblicher Hinsicht von dem Sachverhalt, der der vom Kläger vorgelegten Entscheidung des LG München I (Urteil vom 30.01.2014, Az. 12 O 18571/13) zu Grunde gelegen habe. Während der dortige Klauselverwender rein virtuelle Dienstleistungen im Internet angeboten habe (Online-Dating), erbringe die Beklagte reale Leistungen im Bereich der Daseinsvorsorge und bediene sich lediglich für den Zugangsweg zum Vertragsschluss sowie zur Abwicklung des Vertrages abseits der eigentlichen Leistungserbringung des Internets. Im Hinblick auf die Bedeutung der Leistungen der Beklagten für ihre Kunden könne sogar angenommen werden, dass es auch im Interesse der Verbraucher sei, die gegenüber der bloßen Textform die wesentlich höhere Sicherheit bietende Schriftform zu verlangen. Vor diesem Hintergrund stelle dies keine unangemessene Benachteiligung dar, da auch nicht ersichtlich sei, dass das Schriftformerfordernis eine gewisse Hemmschwelle für den Kunden darstellen solle.

Da die Abmahnung der Beklagten unberechtigt gewesen sei, stehe dem Kläger auch kein Anspruch auf Erstattung der dafür angefallenen Kosten aus § 5 UKlaG, § 12 Abs. 1 S. 2 UWG oder einem sonstigen Rechtsgrund zu.

Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Berufung, mit der er unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens seine Anträge weiterverfolgt. Er betont, dass - soweit für den geltend gemachten Unterlassungsanspruch von Bedeutung - die wesentlichen Vertragserklärungen via Internet erfolgten und vertritt weiter die Auffassung, dass die Klausel für Online-Tarife unwirksam sei. Dem Argument, dass der Beklagten nur bei Einhaltung der Schriftform die Prüfung der Ernsthaftigkeit ermöglicht werde, komme keine entscheidende Bedeutung zu. Auch bei einem mit einer Unterschrift versehenen Brief könne die Beklagte nicht feststellen, ob die Erklärung von ihrem Vertragspartner stamme, zumal ihr aufgrund des per Internet abgeschlossenen Vertrages kein Unterschriftsbeispiel vorliege. Dass Verbraucher nicht selten mit mehreren E-Mail-Adressen kommunizierten, führe auch zu keiner anderen Bewertung. Zuordnungsprobleme könnten durch die Wahrung der Schriftform nicht gelöst werden, die Situation sei bei Kündigungsschreiben per E-Mail und unterschriebenem Brief identisch. Bei einer E-Mail sei, anders als bei einem Brief, sogar die Übermittlung einer Absenderadresse gewährleistet. Auch dass die Beklagte keine rein virtuellen Dienstleistungen erbringe, rechtfertige die Bewertung des Landgerichts nicht. Entscheidend sei vielmehr, dass die Beklagte für einzelne Tarife die gesamte Vertragskommunikation via Internet abwickeln wolle, diese Art der Vertragskommunikation für die Tarife und die Verträge also prägend sei. Es handele sich um einen auf Fernkommunikation basierenden Vertrag, einer Leistungserbringung eines Mitarbeiters der Beklagten unmittelbar beim Verbraucher bedürfe es nicht. Nicht nachvollziehbar sei die Annahme des Landgerichts, die Schriftform sei auch im Interesse des Verbrauchers. Es stehe diesem frei, die Erklärung in Schriftform abzugeben. Dies könne nur nicht zwingend vorgeschrieben werden, zumal die Schriftform offenkundig allein im Interesse der Beklagten liege. Unzutreffend gehe das Landgericht auch davon aus, dass die Kündigung in Schriftform keine Hemmschwelle für die Kunden darstelle. Es sei zu berücksichtigen, dass die Beklagte mit den Online-Tarifen gezielt Kunden anspreche, die gerade keine papierbasierte Kommunikation wollten und die es gewohnt seien, dass die gesamte Kommunikation mit Dienstleistern per Internet oder Telefon erfolge. Während eine Kündigung per E-Mail ohne weiteres und jederzeit abgeschickt werden könne, müsse bei einer Kündigung in Schriftform das Schreiben erst ausgedruckt und unter Einschaltung eines weiteren Dienstleisters versandt werden. Dies stelle eine nicht zu rechtfertigende Änderung der Kommunikationsform dar.

Der Kläger beantragt (sinngemäß),

die Beklagte unter Abänderung des am 04.06.2014 verkündeten Urteils

der 12. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf (12 O 244/13) zu verurteilen

I. es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 Euro, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, diese zu vollstrecken an dem Geschäftsführer, zu unterlassen, bei Stromlieferungsverträgen, die mit Verbrauchern über das Internet geschlossen wurden, die nachfolgende oder eine inhaltsgleiche Klausel als Allgemeine Geschäftsbedingung einzubeziehen, sowie sich auf die Bestimmung bei der Abwicklung derartiger Verträge zu berufen:

"Die Kündigung bedarf zu Ihrer Wirksamkeit der Schriftform. Eine Kündigung in Textform (Computerfax, E-Mail, SMS) ist nicht ausreichend. § 127 Absatz 2 BGB findet keine Anwendung."

II. an ihn 214,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Klageerhebung zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und wiederholt seine Auffassung, dass mit Blick auf die Konformität der Klausel mit § 309 Nr. 13 BGB eine Wertentscheidung getroffen sei, die bei der Wirksamkeitsprüfung nach § 307 BGB berücksichtigt werden müsse. Es fehle aber auch schon deshalb an einer Benachteiligung, weil der Kunde hinsichtlich des Schriftformerfordernisses nicht schlechter gestellt werde als sie selbst, auch sie müsse in Schriftform kündigen. Eine Benachteiligung ergebe sich auch nicht daraus, dass der Kunde in Bezug auf andere Erklärungen und Mitteilungen besser gestellt sei. Mit der Klausel werde lediglich ein gesetzlich zulässiger Standard eingehalten, aus einer Erleichterung an anderer Stelle könne nicht die "Schlechterstellung" in Bezug auf die Kündigung geschlussfolgert werden. Selbst bei einer angenommenen Benachteiligung der Kunden ergebe sich nichts anderes, weil es jedenfalls an der Unangemessenheit fehle. Zum einen liege ihr entgegen der Behauptung des Klägers schon wegen des regelmäßig erteilten SEPA-Basismandates zwecks Lastschrifteinzugs eine Unterschrift des Kunden vor. Zum anderen entspreche es der gesetzgeberischen Wertung, dass bei wichtigen Vertragserklärungen derjenigen in Schriftform mehr Zuverlässigkeit beigemessen werde als der bloßen Textform. Anbieter ersparten bei Online-Tarifen Verwaltungsaufwand und Kosten und gäben diese Ersparnis an ihre Kunden weiter. Ein Internetaffiner Stromkunde, der sich durch ein Schriftformerfordernis von einer an sich gewünschten Kündigung abhalten lasse, existiere nicht.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze, den Inhalt des Sitzungsprotokolls vom 27. November 2014 und die in diesem Urteil getroffenen Feststellungen verwiesen.

II.

Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet. Dem Kläger steht kein Anspruch gemäß §§ 1, 3 Abs. 1 Nr. 1 UKlaG gegen die Beklagte zu, es zu unterlassen, gegenüber Verbrauchern die in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltene Klausel zu verwenden.

1. Der Kläger ist kraft Eintragung in die beim Bundesamt für Justiz geführte Liste qualifizierter Einrichtungen gemäß §§ 3 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 4 UKlaG aktivlegitimiert. Den Ausschluss seiner Prozessführungsbefugnis gemäß § 3 Abs. 2 UKlaG hat der Kläger beachtet, er macht den Anspruch aus § 1 UKlaG nur hinsichtlich der Verwendung gegenüber Verbrauchern geltend.

2. Die Unwirksamkeit der Klausel ergibt sich nicht aus § 309 Nr. 13 BGB. Sie statuiert keine strengere Form als die Schriftform oder besondere Zugangserfordernisse. Im Umkehrschluss folgt aus § 309 Nr. 13 BGB, dass eine Klausel, die für die Abgabe von Erklärungen ein Schriftformerfordernis aufstellt, im Regelfall auch nicht nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unwirksam ist (so zuletzt BGH, Urt. v. 28.01.2014 - XI ZR 424/12, BGHZ 200, 121 ff./juris Tz. 19 m.w.N.).

3. Bei einer Gesamtbetrachtung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten werden deren Vertragspartner durch die Verwendung der Klausel bei Online-Tarifen, um die es allein geht, auch nicht entgegen den Geboten von Treu und Glauben im Sinne von § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unangemessen benachteiligt.

a) Ausgehend von den gesetzlichen Vorschriften, die ohne die beanstandete Klausel gelten würden, werden durch die Abweichung vom dispositiven Recht schon keine Nachteile von einigem Gewicht, einem Anwendungserfordernis des § 307 BGB (Palandt/Grüneberg, BGB, 71. Auflage 2012, § 307 Rn 12), für die Kunden der Beklagten begründet. § 127 BGB sieht vor, dass die Parteien, wenn sie für Willenserklärungen Schriftform, elektronische Form oder Textform vereinbaren, die an die Wahrung der Form zu stellenden Anforderungen frei bestimmen können und, wenn sie hierüber keine Regelung treffen, die §§ 126, 126a oder 126b BGB mit den Erleichterungen des § 127 Abs. 2 und 3 BGB im Zweifel auch für die rechtsgeschäftlich bestimmte Form gelten. Hiervon abweichend regelt die in Rede stehende Klausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten, dass die Kündigung zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform des § 126 BGB bedarf, eine Kündigung in der Textform des § 126b BGB daher nicht ausreichend wäre und (die Erleichterung in) § 127 Abs. 2 BGB nicht gelten soll. Da die Formtypen der §§ 126, 126a und 126b BGB jedoch grundsätzlich gleichrangig nebeneinander stehen, dürfte die Entscheidung der Beklagten, für die Abgabe einer besonders bedeutsamen Vertragserklärung wie der Kündigung einen dieser Formtypen vorzugeben und die übrigen gesetzlich zulässigen Formtypen für diesen Fall auszuschließen, schon keine Benachteiligung von einigem Gewicht für ihre Kunden darstellen, wie sie für die Heranziehung des § 307 Abs. 1 S. 1 BGB zu fordern ist. Dies gilt erst recht unter Berücksichtigung des unter 2. erwähnten Umkehrschlusses aus § 309 Nr. 13 BGB. Eine gemä? § 307 BGB relevante Benachteiligung ließe sich im Übrigen, erst recht im Verbandsklageprozess, der nicht dem Schutz einzelner Kunden, sondern des Rechtsverkehrs dient, ebenso wenig damit begründen, dass die Schriftformklausel einzelne besonders Internetaffine Kunden subjektiv besonders belastet, noch würde sie dadurch entfallen, dass andere Kunden den mit der Abgabe der Kündigungserklärung in der Form des § 126 BGB verbundenen Aufwand nicht als besonders belastend empfinden.

b) Jedenfalls ist die Benachteiligung nicht unangemessen, weil die Beklagte bei verständiger Würdigung der Umstände unter Berücksichtigung der Art der Verträge, der typischen Interessen beider Vertragsparteien und der sich aus der Gesamtheit der Rechtsordnung ergebenden Bewertungskriterien durch die Klausel nicht missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten ihrer Vertragspartner durchzusetzen versucht, ohne dabei von vorneherein auch deren Belange hinreichend zu berücksichtigen.

Mit dem Landgericht geht der Senat davon aus, dass sich eine unangemessene Benachteiligung der Kunden durch die Klausel nicht daraus ergibt, dass sie, auch wenn ihr Vertragsangebot über das von der Beklagten unter www."x".de vorgehaltene Bestellformular abgegeben wird und sie den Online-Tarif wählen, die Kündigung nicht wirksam mittels elektronischer Kommunikation erklären können, sondern dies in der Schriftform des § 126 BGB tun müssen. Der Umstand, dass der Online-Tarif sich an Internetaffine Kunden richtet und die elektronische Kommunikation bei der Wahl dieses Tarifs nach den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten nach § 24 (1) S. 7 der AGB (Anlage K 1) "verpflichtend" ist, vermag die Unwirksamkeit der Klausel wegen unangemessener Benachteiligung ebenso wenig zu begründen wie die Tatsache, dass die Kommunikation zwischen der Beklagten und ihren Kunden bei der Wahl des Online-Tarifs sowie, auch ohne Wahl des Online-Tarifs, bei deren Einwilligung in die elektronische Kommunikation gemäß § 24 Abs. 1 S. 2 der AGB ganz überwiegend auf diesem Wege erfolgt. All dies hindert die Beklagte nicht daran, für besonders bedeutsame Vertragserklärungen ein Schriftformerfordernis aufzustellen, zumal dieses nicht nur für die Kunden gilt, sondern auch für die Beklagte selbst.

Mit Recht hat das Landgericht eine der Unangemessenheit einer etwaigen Benachteiligung der Kunden entgegenstehende Rechtfertigung der Schriftformklausel in deren Zweck gesehen. Das hiergegen gerichtete Vorbringen in der Berufungsbegründung überzeugt nicht, zumal es die allgemein anerkannten Funktionen der Schriftform nach § 126 BGB außer Acht lässt. Nach der notariellen Beurkundung gemäß § 128 BGB - und der Protokollierung eines gerichtlichen Vergleichs gemäß § 127a BGB - ist die Schriftform die nächstzuverlässige und sicherste Form. Sie ist in ihren Funktionen weitreichender als die Formen des § 126b BGB. Die Textform gemäß § 126b BGB erfüllt lediglich die Informationsfunktion, sie gewährleistet, dass die Beteiligten sich zuverlässig über den Inhalt von Erklärungen informieren können. Die Textform erfüllt jedoch nicht die Formzwecke der Schriftform gemäß § 126 BGB, also die Warn-, Klarstellungs-, Beweis- und Identifikationsfunktion. Zwar muss in der Erklärung in Textform nach § 126b BGB die Person des Erklärenden genannt werden, sie enthält aber keine eigenhändige Unterschrift und erlaubt daher keine der Schriftform nach § 126 BGB vergleichbare Identifikation des Ausstellers. Darüber hinaus fehlt es auch an der mit der eigenhändigen Unterschrift verbundenen Beweisfunktion. Durch die Einhaltung der Schriftform wird klargestellt und beweisen, dass und mit welchem Inhalt eine Erklärung abgegeben worden ist, wobei die eigenhändige Unterschrift die Verbindung zwischen der Urkunde und dem Aussteller herstellt. Die Unterschrift hat den Zweck, die Identität des Ausstellers erkennbar zu machen, die Echtheit der Urkunde zu gewährleisten und dem Empfänger die Prüfung zu ermöglichen, wer die Erklärung abgegeben hat (Palandt/Ellenberger, BGB, 71. Auflage 2012, § 126 Rn 6 unter Hinweis auf § 125 Rn 3).

Dass die Beklagte bei einem mit einer Unterschrift versehenen Brief nicht feststellen kann, ob die Erklärung von ihrem Vertragspartner stammt, mag zwar grundsätzlich stimmen, ist aber schon wegen der gesetzgeberischen Entscheidung, nicht stets beglaubigte Unterschriftsleistungen zu fordern, hinzunehmen, da die dargestellten allgemein anerkannten Funktionen schon der Einhaltung der Form des § 126 BGB zukommen. Einer Vergleichbarkeit steht auch der Straftatbestand der Urkundenfälschung in § 267 StGB entgegen. Die per E-Mail abgegebene Erklärung genießt einen derartigen strafrechtlichen Schutz gerade nicht. Auch das Argument des Klägers, die E-Mail lasse wenigstens die Adresse des Absenders erkennen, überzeugt schon deshalb nicht, weil der kündigende Verbraucher aus ureigenstem Interesse Angaben zu den Vertragsdaten machen wird, die der Beklagten die Zuordnung zu dem zu kündigenden Vertragsverhältnis erlauben, sodass die Beklagte die Anschrift des Kunden dem Kündigungsschreiben entnehmen kann.

Die Aufstellung des Schriftformerfordernisses erlaubt der Beklagten demnach die weitestgehende - und aus den genannten Gründen auch der Kündigung in Textform überlegene - Absicherung, dass die Kündigungserklärung auch wirklich von ihrem Kunden abgegeben worden und ernst gemeint ist. Dass es im wohlverstandenen und berechtigten Interesse der Beklagten liegt, sich nur mit ernst gemeinten Kündigungen zu befassen, liegt auf der Hand. Die Einhaltung der Schriftform sichert indes die Eindeutigkeit und Endgültigkeit der Erklärung und dient daher auch den Interessen des Kunden (BGH a.a.O./juris Tz. 23). Die Einhaltung der Schriftform für besonders bedeutsame Erklärungen dient also schon nicht allein den Interessen der Beklagten, für die sie im Übrigen ebenfalls mit einem höheren Bearbeitungsaufwand verbunden ist. Hinzu tritt, dass die Beklagte die Einhaltung der Schriftform nicht nur ihren Kunden abverlangt. Für die von ihr selbst ausgesprochenen Kündigungserklärungen gilt das Erfordernis gleichermaßen, wie sich aus § 25 (5) ihrer AGB ergibt.

Schließlich ist bei der Gesamtwürdigung zu berücksichtigen, dass die Beklagte auch bei Wahl des Online-Tarifs, d.h. weitgehend elektronischer Kommunikation mit dem Kunden, neben der Kündigung noch weitere bedeutsame Erklärungen wie zum Beispiel die Ankündigung von Preiserhöhungen wirksam nur in Briefform abgeben kann, § 6 (2) AGB. Es verhält sich also gerade nicht so, dass die Kommunikation via Internet durchgängig praktiziert wird. Auch insofern unterscheidet sich die strittige Schriftformklausel im Übrigen von derjenigen, die Gegenstand der Entscheidung des Landgerichts München I vom 30.01.2014 (12 O 18571/13/zitiert nach juris) und ihm nachfolgend des Oberlandesgerichts München vom 09.10.2014 (29 U 857/14) ist. Jene Klausel enthält besondere Zugangserfordernisse und verstößt deshalb schon gegen § 309 Nr. 13 BGB. Zudem war es dort so, dass bis auf die Kündigung in allen Teilen der Vertragsgestaltung von einer Schriftform abgesehen wurde. Die strittige Klausel unterscheidet sich schließlich auch von der Klausel, die dem Hinweisbeschluss des Hanseatischen Oberlandesgerichts vom 23.09.2014 (Bl. 146 ff. GA) zugrundeliegt. Jene Klausel schließt nämlich bestimmte Varianten der Übermittlung von Erklärungen in Schriftform für Teilbereiche der Reglung aus, womit eine strengere Form als die gesetzliche Schriftform vorgegeben wird, was gegen § 309 Nr. 13 BGB verstößt. Eine derartige Einschränkung ist der hier strittigen Klausel aber gerade nicht zu entnehmen, da sie lediglich die Einhaltung der Schriftform vorgibt und die Kündigung in Textform ausschließt.

Überzeugend hat das Landgericht schließlich auch darauf abgestellt, dass die Beklagte gerade keine bloß virtuellen Dienstleistungen, wie etwa der Anbieter eines Online-Dating-Portals, erbringt. Die Vergleichbarkeit der zustande kommenden Verträge ist nicht schon deshalb gegeben, weil kein Mitarbeiter der Beklagten an der Verbrauchsstelle tätig werden muss, damit die Belieferung mit Strom stattfinden kann. Tatsächlich besitzen die von der Beklagten erbrachten Leistungen realen und eben nicht bloß virtuellen Charakter.

4. Die Klausel entspricht entgegen der vom Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat geäußerten Rechtsauffassung schließlich auch den Erfordernissen des Transparenzgebotes. Der Verwender Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist gehalten, Rechte und Pflichten seines Vertragspartners möglichst klar, präzise und durchschaubar darzustellen, d.h. er muss die tatbestandlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen so genau beschreiben, dass für ihn kein ungerechtfertigter Beurteilungsspielraum entsteht (BGH, Urt. v. 09. Juni 2011 - III ZR 157/10, WM 2011, 1678-1684/juris Tz 27). Die Beschreibung muss für den anderen Vertragsteil nachprüfbar und darf nicht irreführend sein. Bei der Auslegung ist ein objektiver Maßstab anzulegen. Entscheidend ist, wie ein durchschnittlicher Verbraucher sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen muss. Gemessen daran wird der durchschnittliche Verbraucher ohne Weiteres erkennen, dass er seine Kündigungserklärung in Schriftform, also mit eigenhändiger Unterschrift versehen, abgeben muss, wenn diese Wirksamkeit erlangen soll. Über die Art der Übermittlung dieser Kündigungserklärung ist damit nichts gesagt, sodass, worauf auch der Prozessbevollmächtigte der Beklagten hingewiesen hat, deren (lediglich) telekommunikative Übermittlung mit elektronischer Signatur (§ 126a BGB) gerade nicht ausgeschlossen wird. Entscheidend ist, dass auch dieser die Identitätsfunktion zukommt, was der Verbraucher aufgrund der erwähnten Ausschlusstatbestände, die sämtlich keine eigenhändige Unterschrift aufweisen, auch problemlos erkennen wird.

5. Erweist sich demnach die Abmahnung vom 07.03.2013 als unbegründet, scheidet auch die Erstattung hierfür aufgewendeter Kosten des Klägers aus.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Streitwert des Berufungsverfahrens: 2.500,00 EUR.

Dies entspricht dem Wert, mit dem der Senat regelmäßig den Streit um die Wirksamkeit einer Klausel im Verfahren nach dem UKlaG bemisst.

Die Revision ist nicht zuzulassen, § 543 Abs. 2 ZPO. Noch klärungsbedürftige Fragen grundsätzlicher Bedeutung werden nicht aufgeworfen, die Entscheidung beruht auf der zitierten BGH-Rechtsprechung.