OLG Düsseldorf, Beschluss vom 24.06.2014 - I-20 W 133/12
Fundstelle
openJur 2019, 22667
  • Rkr:
Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Gläubigerin wird der Beschluss des Landgerichts Düsseldorf vom 5. September 2012 abgeändert.

Die Schuldner werden durch ein Zwangsgeld von jeweils 2.500,00 Euro, ersatzweise ein Tag Zwangshaft je 500,00 Euro, wobei die Zwangshaft hinsichtlich der Schuldnerin zu 1. an ihrem Geschäftsführer, dem Schuldner zu 2., zu vollstrecken ist, dazu angehalten, der Gläubigerin entsprechend Ziffer II. der einstweiligen Verfügung der 2a. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 9. August 2011 Auskunft zu erteilen.

Die Kosten der Verfahren werden den Schuldnern auferlegt.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Der Gegenstandswert für die Zwangsvollstreckungsverfahren wird - einheitlich für beide Instanzen - auf jeweils 40.000,00 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Gläubigerin ist die deutsche Tochtergesellschaft des international tätigen Herstellers von Computerdruckern und Zubehör Z. Diese ist Inhaberin der Gemeinschaftsmarke "Z", Registernummer CTM ..., die unter anderem für Tonerkartuschen (Klasse 2) eingetragen ist. Die Z. hat die Gläubigerin ermächtigt, die Rechte aus der Marke im eigenen Namen geltend zu machen. Die Schuldnerin zu 1., deren Geschäftsführer der Schuldner zu 2. ist, vertreibt unter anderem Druckerzubehör.

Im Jahr 2011 hat die Gläubigerin im Rahmen eines Testkaufs bei der Schuldnerin zu 1. achtzehn Kartuschen der Marke "Z" erworben, die sie anhand der Seriennummern einem Wiederverkäufer in China zuordnen konnte. Ein Einverständnis der Markeninhaberin mit einem Inverkehrbringen im Europäischen Wirtschaftsraum bestand nicht.

Mit einstweiliger Verfügung vom 9. August 2011 hat der 2a. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf den Schuldnern in Ziffer II. aufgegeben, über die Herkunft und den Vertriebsweg der von ihnen unter der Marke "Z" in der Europäischen Union in Verkehr gebrachten Tonerkartuschen Auskunft zu erteilen, die nicht zuvor von der Z. oder mit deren Zustimmung im Europäischen Wirtschaftsraum in Verkehr gebracht worden sind, sondern außerhalb dieses Raums, und zwar unter Angabe der Namen und Anschrift der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer der Erzeugnisse sowie der gewerblichen Abnehmer und der Verkaufsstellen, für die sie bestimmt waren, und der Menge der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie über die Preise, die für die betreffenden Erzeugnisse bezahlt worden sind.

Auf Antrag der Gläubigerin hat das Landgericht mit Beschluss vom 2. März 2012 gegen die Schuldner zur Erzwingung der Auskunft ein Zwangsgeld von 2.500,00 Euro festgesetzt. Hiergegen haben die Schuldner sofortige Beschwerde erhoben, zu deren Begründung sie ausgeführt haben, sie hätten bereits ordnungsgemäß Auskunft erteilt. Die von ihnen an die Gläubigerin übermittelte Auskunft Anlage AG 3 sei vollständig, Kenntnis von weiteren Lieferungen nicht erschöpfter Ware hätten sie nicht. Die übrigen Lieferungen stammten sämtlich von Lieferanten im Europäischen Wirtschaftsraum, die ihnen jeweils vertraglich garantiert hätten, dass es sich Originalware handelte, die für den Europäischen Wirtschaftsraum geeignet und frei Markenverletzungen sei. Auch preisliche Auffälligkeiten gebe es nicht. Das Landgericht hat daraufhin mit Beschluss vom 5. September 2012 den Zwangsgeldbeschluss aufgehoben und den auf seinen Erlass gerichteten Antrag zurückgewiesen.

Hiergegen wendet sich nunmehr die Gläubigerin mit ihrer sofortigen Beschwerde. Sie ist der Ansicht, dass die bisherige Auskunft in ihrem Umfang hinter der titulierten Verpflichtung zurückbleibe. Die Schuldner hätten ihre Auskunft auf die Tonerkartuschentypen und den Zeitraum beschränkt, der für die Waren des Testkaufs in Frage komme. Der Auskunftsanspruch umfasse aber alle Gegenstände, die noch derselben Verletzungsform zugeordnet werden könnten und demnach mit der konkreten Verletzungshandlung im Kern gleichartig seien. Die Auskunft habe sich daher auf sämtliche Lieferungen beziehen müssen, bei denen die Möglichkeit bestehe, dass die Markenrechte noch nicht erschöpft seien. Der Bezug von Lieferanten aus dem Europäischen Wirtschaftraum und deren Zusicherungen böten hierfür keine Gewähr. Auch die Zulassung der Produkte für den Europäischen Wirtschaftsraum besage nichts; sie würden auch in anderen Ländern vertrieben.

Der Senat hat die Parteien unter Bezugnahme auf die Entscheidung "Converse I" des Bundesgerichtshofs darauf hingewiesen, dass sich aus der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Beweislastverteilung hinsichtlich des Inverkehrbringens mit Zustimmung des Markeninhabers die Konsequenz einer Verpflichtung zur Erteilung der Auskunft über alle mit "Z" gekennzeichneten Produkte ergeben könne, bezüglich derer die Schuldner nicht über den Nachweis eines Inverkehrbringens im Europäischen Wirtschaftsraum mit Zustimmung der Markeninhaberin verfügten.

Die Schuldner haben demgegenüber die Auffassung vertreten, mehr als eine Überprüfung auf auffällige Niedrigpreise, Zulassung der Produkte für den Europäischen Wirtschaftsraum und Zusicherung der Verkehrsfähigkeit durch die europäischen Lieferanten könne von ihnen nicht verlangt werden. Es gebe eine Vielzahl von Händlern, die zwar nicht Vertragspartner der Gläubigerin seien, aber in völlig zulässiger und rechtlich einwandfreier Art und Weise Z.-Produkte verkauften. Es handele sich um einen ganz normalen freien Markt. Diese Händler konnten nicht einfach quasi unter Generalverdacht gestellt werden.

II.

Die zulässige sofortige Beschwerde der Gläubigerin vom 26. September 2012, mit der sie sich gegen die Zurückweisung ihrer Zwangsgeldanträge durch den Abhilfebeschluss vom 5. September 2012 wendet und die Festsetzung von Zwangsgeldern gegen beide Schuldner erstrebt, hat in der Sache Erfolg.

Die Schuldner sind gemäß § 888 Abs. 1 ZPO durch ein Zwangsgeld von jeweils 2.500,00 Euro, ersatzweise ein Tag Zwangshaft je 500,00 Euro, dazu anzuhalten, der Gläubigerin entsprechend Ziffer II. der einstweiligen Verfügung der 2a. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 9. August 2011 Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg der von ihnen unter der Marke "Z" in der Europäischen Union in Verkehr gebrachten Tonerkartuschen Auskunft zu erteilen, die nicht zuvor von der Z. oder mit deren Zustimmung im Europäischen Wirtschaftsraum in Verkehr gebracht worden sind.

Dieser Verpflichtung sind die Schuldner bislang nicht nachgekommen. Die von ihnen mit Schreiben vom 10. November 2011 erteilte Auskunft (Anlage AG 3) beschränkt sich schon nach ihrem eigenen Vortrag auf solche Lieferungen, bei denen Anhaltspunkte für ein Inverkehrbringen nicht erschöpfter Ware bestehen. Damit haben die Schuldner ihrer Auskunftspflicht nicht genügt. Die Schuldner haben der Gläubigerin Auskunft über Herkunft und den Vertriebsweg aller in der Europäischen Union in Verkehr gebrachten Tonerkartuschen der Marke "Z" zu erteilen, bezüglich derer sie nicht über den Nachweis eines Inverkehrbringens im Europäischen Wirtschaftsraum durch die Markeninhaberin, einen hierzu ermächtigten Lizenznehmer oder - was die Gläubigerin ausreichen lässt - einen autorisierten Distributor verfügen.

Der Ansatz der Schuldner, sie müssten nur über solche Lieferungen Auskunft erteilen, bei denen sie mit zumutbaren Aufwand Kenntnis von einer Markenverletzung erlangen könnten oder bei denen zumindest Anhaltspunkte hierfür bestünden, verkennt die gesetzliche Beweislastverteilung. Es kommt nicht darauf an, ob Zweifel an der Erschöpfung bestehen, sondern ob es sich um zweifelsfrei erschöpfte Ware handelt. Das Fehlen der Feststellung einer Zustimmung der Markeninhaberin geht zu Lasten der Schuldner. Die Schuldner müssen folglich über alle in der Europäischen Union in Verkehr gebrachten, mit "Z" gekennzeichneten Tonerkartuschen Auskunft erteilen, bei denen nicht positiv feststeht, dass es sich um erschöpfte Ware gehandelt hat. Vertragliche Zusicherungen von Vorlieferanten, bei denen es sich nicht um die Markeninhaberin, einen Lizenznehmer für den Europäischen Wirtschaftsraum oder einen autorisierten Distributor handelt, genügen nicht.

Für das Zwangsvollstreckungsverfahren kann insoweit nichts anderes gelten als für das Erkenntnisverfahren, wonach derjenige für das Vorliegen der Zustimmung des Markeninhabers im Sinne von Art. 9 Abs. 1 GMV darlegungs- und beweispflichtig ist, der die gekennzeichneten Waren in Verkehr gebracht hat (vgl. BGH, GRUR 2004, 156, 157 - stüssy II). Das Ausschließlichkeitsrecht an der Marke nach Art. 9 Abs. 1 GMV ist nicht auf das Recht zur Kennzeichnung der Waren mit der Marke beschränkt, sondern umfassend zu verstehen und hat auch das Recht zum Anbieten und Inverkehrbringen der mit der Marke versehenen Ware zum Inhalt (vgl. EuGH, GRUR 2006, 146 Rn. 58 - Class International; BGH, GRUR 2012, 626 Rn. 22 - Converse I). Die Verwendung eines identischen Zeichens für identische Waren, für die die Marke Schutz genießt, stellt daher eine Markenverletzung dar, es sei denn, es handelt sich um Originalmarkenwaren, die vom Markeninhaber oder mit seiner Zustimmung im Europäischen Wirtschaftsraum in Verkehr gebracht worden sind (BGH, GRUR 2012, 626 Rn. 26 - Converse I). Markenrechtlich spielt es keine Rolle, warum die Zustimmung fehlt (Senat, GRUR-RR 2011, 323, 324 - Converse). Dementsprechend obliegt dem in Anspruch genommenen Dritten die Beweislast dafür, dass es sich um Originalmarkenwaren handelt und diese vom Markeninhaber oder mit seiner Zustimmung im Europäischen Wirtschaftsraum in Verkehr gebracht worden sind. Die Voraussetzungen der Schutzschranke der Erschöpfung nach Art. 13 Abs. 1 GMV sind nach den allgemeinen Regeln von demjenigen darzulegen und zu beweisen, der wegen einer Markenverletzung in Anspruch genommen wird (BGH, GRUR 2012, 626 Rn. 30 - Converse I).

Eine Modifikation dieses Grundsatzes ist im Streitfall nicht veranlasst. Die Erfordernisse des Schutzes des freien Warenverkehrs nach Art. 34 und 36 AEUV gebieten nur dann eine Modifizierung der allgemeinen Beweisregel, wenn ihre Anwendung es einem Markeninhaber ermöglichen könnte, die nationalen Märkte abzuschotten und damit die Beibehaltung von etwaigen Preisunterschieden zwischen den Mitgliedstaaten zu begünstigen (vgl. EuGH, GRUR 2003, 512 Rn. 33 bis 38 - Van Doren + Q; BGH, GRUR 2004, 156, 158 - stüssy II; BGH, GRUR 2012 Rn. 30 - Converse I). So obliegt dem Markeninhaber der Nachweis, dass die Waren ursprünglich von ihm oder mit seiner Zustimmung nur außerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums in Verkehr gebracht worden sind, wenn er seine Waren über ein ausschließliches Vertriebssystem absetzt, weil dann die Gefahr besteht, dass es zu einer Abschottung der nationalen Märkte kommt, wenn der angegriffene Händler seine Bezugsquelle offen legen müsste; der Markeninhaber könnte dann nämlich auf seinen Vertragshändler mit dem Ziel einwirken, derartige Lieferungen künftig zu unterlassen (vgl. BGH, GRUR 2004, 156, 158 - stüssy II; GRUR 2012, 626 Rn. 30 - Converse I). Die Gefahr kann auch bei anderen Vertriebssystemen auftreten, wenn es den ausgewählten Vertriebspartnern vertraglich untersagt ist, ihre Produkte an Zwischenhändler außerhalb des Vertriebssystems zu verkaufen (vgl. BGH, GRUR 2006, 433, Rn. 21 - Unbegründete Abnehmerverwarnung; GRUR 2012, 630 Rn. 30 - Converse II). Die Beweislast für das Bestehen einer tatsächlichen Gefahr der Abschottung der nationalen Märke obliegt wiederrum dem angegriffenen Händler (BGH, GRUR 2004, 156, 158 - stüssy II; GRUR 2012, 626 Rn. 30 - Converse I).

Vorliegend besteht kein Anhalt für eine tatsächliche Gefahr der Abschottung der nationalen Märke. Die Schuldner haben selbst vorgetragen, es gebe eine Vielzahl von Händlern, die zwar nicht Vertragspartner der Gläubigerin seien, aber in völlig zulässiger und rechtlich einwandfreier Art und Weise Z-Produkte verkauften; es handele sich um einen ganz normalen freien Markt. Soweit die Schuldner mit Schriftsatz vom 18. März 2013 nunmehr doch Anhaltspunkte für eine Marktabschottung in dem Vorbringen der Gläubigerin sehen, die Waren, bezüglich derer sich die Firma X. mit der Prüfung der Verkehrsfähigkeit an sie gewandt habe, hätten aus Verkäufen zu Sonderkonditionen an besondere Endkunden gestammt, die vertraglich nicht für den weiteren Vertrieb bestimmt gewesen seien, verkennen sie, dass entsprechende Regelungen nur relevant sind, soweit Händler Verkaufsbeschränkungen unterliegen. Beschränkungen, die Endkunden aufgegeben werden, begründen grundsätzlich nicht die Gefahr einer Marktabschottung. Dass es den autorisierten Distributoren der Gläubigerin erlaubt ist, an Händler außerhalb des Systems zu veräußern, stellen auch die Schuldner nicht in Abrede.

Die von den Schuldnern angeführte Entscheidung des Bundesgerichtshofs "Parfümtestkäufe" ist von daher nicht einschlägig. In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall bestand gerade die Gefahr einer Abschottung der nationalen Märkte, weil die Abnehmer verpflichtet waren, die Produkte nur an Endverbraucher oder an Händler weiterzuverkaufen, die ihrerseits entsprechende Verträge mit der Lizenznehmerin geschlossen hatten (GRUR 2006, 504).

Dem Senat erscheint ein Zwangsgeld von jeweils 2.500,00 Euro als angemessen. Das Zwangsgeld muss geeignet sein, den Schuldner zur Vornahme der Handlung anzuhalten, was eine gewisse Spürbarkeit voraussetzt.

Die Kostenentscheidungen in den jeweils selbstständigen Zwangsmittelverfahren folgen aus § 91 Abs. 1 ZPO.

Der Senat hat die Rechtsbeschwerde gemäß § 574 Abs. 3 ZPO zugelassen, da dies im Hinblick auf das Fehlen einer höchstrichterlichen Entscheidung zur Frage der Konsequenz der Beweislastverteilung für Zustimmungserteilung im Erkenntnisverfahren für den Umfang der Auskunftspflicht als zur Fortbildung des Rechts geboten erscheint.

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