OLG Düsseldorf, Urteil vom 16.03.2017 - I-15 U 67/16
Fundstelle
openJur 2019, 22385
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • vorher: Az. 4a O 21/15

1. Darlegungs- und beweisbelastet für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 110 Abs. 1 ZPO ist der Beklagte. Ihm obliegt es, Tatsachen vorzutragen, an Hand derer sich die genannte negative Feststellung (..."gewöhnlicher Aufenthalt nicht in der Europäischen Union ...") treffen lässt; ein schlichtes Bestreiten bzw. Bestreiten mit Nichtwissen der vom Kläger vorgetragenen Tatsachen, aus denen sich ein Sitz innerhalb der Europäischen Union ergeben soll, genügt nicht. An die Vortragslast des Beklagten dürfen allerdings keine überspannten Anforderungen gestellt werden. Er hat in der Regel keine eigenen Kenntnisse über die interne Organisationsstruktur des Klägers und kann diese auch nicht von sich aus ermitteln. Dem Kläger ist die erforderliche Aufklärung hingegen regelmäßig ohne weiteres möglich und auch zumutbar, so dass ihn eine sekundäre Darlegungslast trifft. Es genügt deshalb, dass der Beklagte plausible Anhaltspunkte aufzeigt, aus denen sich ergibt, dass der Kläger seinen tatsächlichen Verwaltungssitz nicht in der Europäischen Union oder dem Europäischen Wirtschaftsraum hat.

2. Das Vorliegen der Voraussetzungen des § 110 Abs. 1 ZPO kann im Freibeweisverfahren festgestellt werden, da es sich bei dem Verlangen nach Leistung einer Prozesskostensicherheit um eine prozesshindernde Einrede handelt und die Einrede die Zulässigkeit der Klage betrifft.

3. Ob an einem Ort der tatsächliche Verwaltungssitz einer juristischen Person besteht, ist rein tatsächlich zu bestimmen. Wenn festzustellen ist, dass an einem Ort mit einer gewissen Verfestigung die tatsächliche Umsetzung der Unternehmensleitungsentscheidungen durch die dazu berufenen Vertretungsorgane erfolgt, kommt es nicht darauf an, ob dies in rechtlich zutreffender Weise und ggfs. mittels aller hierfür erforderlicher Verträge sowie unter vollständiger Beachtung steuerrechtlicher Normen geschieht.

4. Ob und wenn ja, in welcher Höhe der Kläger an dem tatsächlichen Verwaltungssitz über Vermögen verfügt, ist ohne Bedeutung. Die Prozesskostensicherheit bezweckt nicht den Schutz vor einem ggfs. vermögenslosen Schuldner eines etwaigen Kostenerstattungsanspruchs, sondern soll die Schwierigkeiten bei der Vollstreckung eines Titels im Ausland, d.h. außerhalb der EuGVVO bzw. des Luganer Übereinkommens vermeiden.

5. Als Ersatzempfänger i. S. v. Art. Art. 14 EuZustVO sind vor allem im Betrieb des Adressaten beschäftigte oder auch nur anwesende Personen anzusehen, die zur Entgegennahme der Sendung berechtigt sind und den Empfang bestätigen bzw. den Rückschein unterzeichnen. Dies kann auch eine Rezeptionist einer Rezeption in einem Bürogebäude sein, die für mehrere der dort ansässigen Unternehmen tätig ist.

6. Für die Zustellmöglichkeit nach der EuZustVO kommt es weder darauf an, dass die Adresse des tatsächlichen Verwaltungssitzes jedermann gegenüber bekannt gegeben worden ist, noch dass diese Adresse mit der in der Klageschrift angegebenen ladungsfähigen Anschrift identisch ist.

Tenor

I. Auf die Berufung der Klägerin werden das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 31.05.2016 und das Zwischenurteil des Landgerichts Düsseldorf vom 25.06.2015 des Verfahrens 4a O 21/15 aufgehoben. Es wird festgestellt, dass die Klage zulässig ist.

II. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Berufungsverfahrens, an das Landgericht Düsseldorf zurückverwiesen.

III. Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

Die zulässige Berufung hat in der Sache Erfolg. Eine Verpflichtung der Klägerin, Prozesskostensicherheit gem. § 110 ZPO zu leisten, besteht nicht. Die Klage ist zulässig. Die Sache ist deshalb unter Aufhebung des Zwischenurteils vom 25.06.2015 sowie des angefochtenen Urteils vom 31.05.2016 und des Verfahrens - da eine weitere Verhandlung in der Sache erforderlich ist - an das Landgericht gem. § 538 Abs. 2 Nr. 3 ZPO zurückzuverweisen (OLG Frankfurt NJW 1995, 538; Zöller/Herget ZPO § 538 Rn. 35).

I.

Die Parteien streiten darüber, ob die Klägerin, die die Beklagten wegen Verletzung des EP 1 252 268 (Anlage W&C 4, nachfolgend Klagepatent) in Anspruch nimmt, Sicherheit wegen der Prozesskosten zu leisten hat.

Die Klägerin, welche sich mit der Verwertung des Klagepatents sowie ggfs. anderer Schutzrechte derselben Patentfamilie und der Geltendmachung von Ansprüchen befasst, die sich aus der Verletzung der entsprechenden Schutzrechte ergeben können, ist eine Gesellschaft englischen Rechts mit Satzungssitz in X. Im britischen Handelsregister ("Companies House") ist seit dem 08.02.2017 als Ort des nach Abschnitt 9 des Companies Act 2006 für juristische Personen vorgeschriebenen "Registered Office" die im Rubrum angegebene Anschrift angegeben. Im Zeitpunkt der Klagerhebung war als Anschrift des "Registered Office" die im Rubrum der Klageschrift als Adresse der Klägerin genannte Anschrift "xx TX, X/England" eingetragen (Anlage ROP 3). Jene Adresse ist für weitere 22 Gesellschaften ebenfalls als "Registered Office" eingetragen (Anlage ROP 2).

Die Beklagten haben die Einrede der mangelnden Prozesskostensicherheit erhoben. Sie haben erstinstanzlich behauptet, das an der in der Klageschrift angegebenen Adresse befindliche Reihenhaus diene offensichtlich nur als "Briefkasten". Eine Verwaltungstätigkeit der Klägerin finde unter dieser Adresse nicht statt. Die allein verantwortliche Geschäftsführerin der Klägerin habe unstreitig ihren gewöhnlichen Aufenthalt in SX/Schweden. Es sei deshalb ausgeschlossen, dass sie am "Registered Office" in X ihrer Geschäftsführertätigkeit nachgehe.

Die Klägerin hat vorgebracht, die darlegungs- und beweisbelasteten Beklagten hätten keinerlei Anhaltspunkte dafür erbracht, dass ihr Sitz außerhalb der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraumes liege. Die Anschrift in X sei ihre Zustelladresse. Das "Registered Office" sei für die Leitung des Unternehmens tatsächlich hinreichend ausgestattet. Ihre Geschäftsführerin könne jederzeit die Geschäfte in X führen. Darüber hinaus halte sie, die Klägerin, unter der Anschrift "BS xx, xxxxx SX, Schweden" sowohl eine (weitere) taugliche Zustellanschrift als auch vollwertige Geschäftsräume vor, wie aus der eidesstattlichen Versicherung der Geschäftsführerin X1 (Anlage W&C 11) hervorgehe. Die Leitung des Unternehmens finde überwiegend in SX statt. Einer Prozesskostensicherheitspflicht stünde ferner entgegen, dass eine etwaige Kostenentscheidung auf der Grundlage der EuGVVO zu vollstrecken wäre, welche ein völkerrechtlicher Vertrag im Sinne des § 110 Abs. 2 ZPO sei.

Mit Zwischenurteil vom 25.06.2015 (Bl. 70 ff GA) hat das Landgericht die Klägerin zur Leistung einer Prozesskostensicherheit i. H. v. 758.000,00 € verurteilt. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, es ließe sich nicht feststellen, dass die Klägerin überhaupt einen tatsächlichen Verwaltungssitz innerhalb der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraum habe. Die Klägerin bringe selber vor, an der Adresse in X keine Verwaltungsaufgaben auszuüben, wobei sie sich darauf berufe, dass ein "Registered Office" ohnehin nicht diesem Zweck diene. Dass am "Registered Office" Zustellungen an die Klägerin möglich seien, werde auch von den Beklagten nicht in Abrede gestellt. Auf das weitere Vorbringen der Klägerin zu ihrer Büroadresse in SX komme es im Ergebnis nicht an. Sie selbst berufe sich ausdrücklich darauf, dass allein die Adresse des "Registered Office" maßgeblich sei. Dass in ihrem SXer Büro Zustellungen möglich sein sollen, bedeute daher nicht, dass die Klägerin willens wäre, Zustellungen dort auch gegen sich gelten zu lassen. Weder habe die Klägerin ihr Aktivrubrum auf ihre SXer Büroadresse umgestellt noch habe sie erklärt, beide Zustelladressen gleichermaßen für Zustellungen gegen sich akzeptieren zu wollen. Selbst wenn sich also feststellen ließe, dass ein etwaiger zu vollstreckender Kostentitel an die Klägerin womöglich in SX zugestellt werden könnte, befänden sich die Beklagten in Ungewissheit darüber, ob die Klägerin nicht doch auf der Position beharre, maßgeblich sei allein ihr "Registered Office" in X.

Die Klägerin leistete die Prozesskostensicherheit in der Folgezeit nicht.

Die Beklagten haben daraufhin beantragt, die Klage für zurückgenommen zu erklären. Sie haben die Auffassung vertreten, dies habe ohne weitere Sachprüfung infolge der Bindungswirkung des Zwischenurteils zu erfolgen. Abgesehen davon verfüge die Klägerin weder in X noch in SX über den erforderlichen Verwaltungssitz, der sich durch eine Zustellmöglichkeit und die operative Tätigkeit der Geschäftsführung auszeichnen müsse. Die von der Klägerin vorgetragenen Umstände zur Unterhaltung von Räumlichkeiten haben sie mit Nichtwissen bestritten. Sie haben des Weiteren bestritten, dass die Klägerin in SX unter der angegebenen Adresse Büroräume unterhalte, dort über eine Büroausstattung verfüge, eine Buchhalterin beschäftige, Verwaltungstätigkeiten ausübe, die Geschäftsführerin in diesen Räumen regelmäßig zugegen sei und die Zustellung von Schriftstücken an die Klägerin möglich sei und auch tatsächlich erfolge. Ausweislich des - insoweit unstreitigen - Jahresabschlussberichts der Klägerin für 2014 (Anlage ROP 5) verfüge die Klägerin weder über Gesellschaftsvermögen noch Einnahmen noch Ausgaben. Dies spreche gegen die Richtigkeit des klägerischen Vortrages zur räumlichen und personellen Ausstattung des angeblichen Verwaltungssitzes in SX.

Die Klägerin hat erstinstanzlich die Ansicht vertreten, selbst nach der vom Landgericht im Zwischenurteil ausgeführten, fehlerhaften Ansicht sei sie nicht mehr zur Leistung einer Prozesskostensicherheit verpflichtet. Denn nach Erlass des Zwischenurteils hat sie - insoweit unstreitig - die Berichtigung des Aktivrubrums auf die SXer Adresse beantragt und - ebenso unstreitig - erklärt, "ausdrücklich und rechtsverbindlich" jederzeit Zustellungen aller Art an der Adresse in X und der Adresse in SX zu akzeptieren und gegen sich gelten zu lassen. Folglich habe sie die vom Landgericht (fehlerhafterweise) geforderten Umstände nachgeholt. Die veränderte Tatsachengrundlage habe das Gericht zu beachten. Ungeachtet dessen habe die Beklagte nach wie vor nicht dargelegt und bewiesen, dass sie, die Klägerin, keinen tatsächlichen Verwaltungssitz in der Europäischen Union oder dem Europäischen Wirtschaftsraum habe.

Mit Urteil vom 31.05.2016 (Bl. 163 ff. GA) hat das Landgericht die Klage für zurückgenommen erklärt. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, es komme nicht darauf an, ob im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung die Voraussetzungen für die Anordnung einer Prozesskostensicherheit noch vorlägen. Die Pflicht zur Prozesskostensicherheit sei bereits mit dem Zwischenurteil vom 25.06.2015 festgestellt worden, welches gemäß § 318 ZPO bindend sei. Eine erneute Überprüfung sei nicht geboten. Einzige Voraussetzung für die Erklärung gemäß § 113 S. 2 ZPO sei das Nichtleisten der angeordneten Prozesskostensicherheit. Aber selbst dann, wenn in analoger Anwendung des § 111 ZPO keine Bindungswirkung bestehe und eine erneute Prüfung vonnöten sei, helfe dies der Klägerin nicht. § 111 ZPO finde keine Anwendung in Fällen, in denen der Beklagte Einwendungen nicht vorgebracht hat, obwohl er sie hätte vorbringen können. Gleiches müsse dann bei einer analogen Anwendung der Vorschrift zugunsten der Klägerin gelten. Es sei nicht erkennbar, dass die Klägerin die Erklärungen zu Zustellungen an die SXer Adresse und die Prozesserklärung in Form eines Berichtigungsantrages nicht bereits vor dem Erlass des Zwischenurteils hätte abgeben können. Die Klägerin mache auch als Hintergrund für die abgegebenen Erklärungen keine nachträgliche Veränderung tatsächlicher Umstände geltend.

Wegen weiterer Einzelheiten wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil sowie dem Zwischenurteil Bezug genommen.

Mit der gegen das Urteil vom 31.05.2016 form- und fristgerecht eingelegten Berufung begehrt die Klägerin die Aufhebung sowohl des Zwischenurteils von 25.06.2015 als auch des angefochtenen Urteils und die Feststellung der Zulässigkeit der Klage. Ihre erstinstanzlichen Sachanträge verfolgt sie weiter. Unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens führt die Klägerin an, sowohl das Zwischenurteil als auch das angefochtene Urteil seien falsch und unter mehrfachem Verstoß gegen das rechtliche Gehör zustande gekommen.

Bei Anordnung der Prozesskostensicherheit im Zwischenurteil habe das Landgericht die Darlegungs- und Beweislast verkannt. Es sei nicht ausreichend, dass ein Sitz in der Europäischen Union "nicht feststellbar" sei. Anordnungsvoraussetzung sei vielmehr, dass das Fehlen eines solchen Sitzes dargetan und nachgewiesen ist. Dahingehende Feststellungen habe das Landgericht jedoch nicht getroffen und auch gar nicht treffen können. Zustellungen könnten sowohl in X - wo an der alten wie an der nunmehrigen Adressen stets eine Person anwesend (gewesen) sei, die Post entgegennehmen könne - als auch in SX wirksam erfolgen. Ihre grundlegenden Entscheidungen der Unternehmensleitung würden in SX effektiv in laufende Geschäftsführerakte umgesetzt. Die dortigen Räumlichkeiten seien sachlich adäquat und ausreichend für ihr begrenztes Geschäftsfeld ausgestattet. Die Räumlichkeiten nebst Büromöbel habe sie ab dem 01.06.2015 von der 1 A gemietet wie die Anlagen HB 16, HB 17, HB 23 belegten. Für die administrativen Dienstleistungen, welche die Zeugin Z1 für sie erbringe, zahle sie, die Klägerin, eine Vergütung an das Unternehmen 1B, dessen Mitarbeiterin die Zeugin sei (Anlage HB 18). Weitere buchhaltungsbezogene Dienstleistungen erbringe die 1 C für sie (Anlage HB 20). Mit der Zahlung der Verlängerungsgebühren für das Klagepatent und das entsprechende britische Schutzrecht sei, wie die Anlage HB 21 belege, die 1 D beauftragt. Im MärZ2016 habe, was anwaltlich versichert werde, eine Besprechung ihres Prozessbevollmächtigten mit der Geschäftsführerin X1 betreffend die Nichtigkeitsklage in den SXer Büroräumen stattgefunden. Mit der Durchsicht und Auswertung der von der Nichtigkeitsklägerin vorgelegten Unterlagen sei die 1 E befasst (Anlage HB 22). Ferner sei der schriftlichen Bestätigung der Rezeptionistin im Bürogebäudekomplex in SX, Frau Z2 , zu entnehmen, dass die Klägerin dort voll ausgestattete Büroräume unterhalte und diese auch nutze ebenso wie dortige Konferenzräume, in denen des Öfteren Besucher ausländischer Unternehmen empfangen worden seien (Anlage HB 24). Dass sie 2014 keine operativen Tätigkeiten durchgeführt habe, sei für die Zeit ab 2015 bedeutungslos. Darüber, ob die Klägerin über eine schwedische Steuernummer verfüge, und ob eine solche - wie die Beklagten erstmals im Berufungsverfahren verspätet behaupteten - notwendig sei, habe sie keine Kenntnis bzw. könne sie nicht beurteilen.

Die vom Landgericht im Zwischenurteil angeführten angeblichen Defizite habe sie behoben, so dass selbst nach der (fehlerhaften) Ansicht des Landgerichts die Voraussetzungen für einen Sitz im Sinne des § 110 Abs. 1 ZPO im Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag nach § 113 ZPO gegeben gewesen seien. Eine Bindungswirkung an das Zwischenurteil bestehe nicht.

Darüber hinaus habe sich das Landgericht nicht mit dem vorliegend eingreifenden Ausnahmetatbestand des § 110 Abs. 2 ZPO befasst.

Die Klägerin ist schließlich der Auffassung, Gerichtskosten seien wegen der nicht mehr vertretbaren Sachbehandlung des Landgerichts nicht zu erheben.

Die Klägerin beantragt,

sinngemäß wie zuerkannt,

die Kosten zweiter Instanz gemäß § 21 Abs. 1 S. 1 GKG niederzuschlagen.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagten sind der Ansicht, das Landgericht habe zu Recht mit dem Bindungswirkung entfaltenden Zwischenurteil die Leistung einer Prozesskostensicherheit angeordnet. Die Klägerin besitze überhaupt keinen tatsächlichen Verwaltungssitz, mithin auch keinen innerhalb der Europäischen Union bzw. dem Europäischen Wirtschaftsraum. Der ihr obliegenden sekundären Darlegungslast sei die Klägerin nicht in ausreichendem Maße nachgekommen. Das angefochtene Urteil sei folglich gleichfalls zutreffend.

In X würden weder die Geschäfte der Klägerin geführt noch sei dort eine Zustellung eines etwaigen deutschen Vollstreckungstitels möglich. Bei der im Rubrum angegebenen Adresse handele es sich um ein reines Wohnhaus. Es gäbe keinerlei sichtbare Anhaltspunkte dafür, dass sich hier ein Firmensitz befinde. Es werde insbesondere mit Nichtwissen bestritten, dass dort Personen zugegen seien, die von der Klägerin beauftragt worden seien, Schriftstücke entgegennehmen zu können. Zudem genüge es nicht, wenn eine Zustellung (nur) in ausgewählten Fallkonstellationen möglich sei.

Auch in SX seien Zustellungen nicht möglich. Da der Verwaltungssitz nach objektiven Kriterien im Verhältnis zu jedermann zu bestimmen sei, sei ferner zu berücksichtigen, dass die Klägerin nirgendwo im Geschäftsverkehr öffentlich unter der SXer Adresse auftrete. Die Zustellung einer Sendung in Schweden scheitere für die breite Öffentlichkeit deshalb schon daran, dass ihr die Anschrift des behaupteten Verwaltungssitzes unbekannt sei. An der angegebenen Adresse würden zudem keine Geschäfte geführt. Wenn die Behauptungen der Klägerin zu den von ihr vermeintlich unterhaltenen Büroräumen und zu der von ihr vermeintlich beschäftigten Buchhalterin zuträfen, müsste der vorgelegte Jahresabschluss diese Positionen in Form von Verbindlichkeiten ausweisen. Tatsächlich sei dies indes nicht der Fall. Bei den von der Klägerin vorgelegten Verträgen und Rechnungen handele es sich um vorgeschobene Scheingeschäfte. Tatsächlich habe die Klägerin keinerlei Verbindlichkeiten und bisher auch solche nicht erfüllt. Ein weiteres Indiz, das gegen geschäftliche Aktivitäten in SX spreche, sei das Fehlen einer schwedischen Steuernummer. Nach schwedischem Recht habe jede Firma, die geschäftliche Tätigkeiten in Schweden ausübe, zwangsläufig eine Steuernummer. Da die Klägerin über eine solche Steuernummer nicht verfüge, unterhalte die Klägerin in SX auch keine Büroräume und beschäftige dort auch keine Buchhalterin.

Die Beklagten sind überdies der Ansicht, dass Zustelladresse und Ort der Geschäftsführertätigkeit nicht auseinanderfallen dürften. Nichts anderes folge aus der Entscheidung "Prozesskostensicherheit" des BGH vom 21.06.2016. Der BGH erachte nämlich nur für die besondere Konstellation, dass eine Klägerin zwei Geschäftsführer beschäftige, ein Auseinanderfallen für unerheblich.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen verwiesen.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugin Z1 gemäß Beweisbeschluss vom 27.10.2016 (Bl. 266 ff. GA). Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 09.02.2017 (Bl. 451 ff. GA) verwiesen.

II.

Die von den Beklagten erhobene Einrede mangelnder Prozesskostensicherheit gemäß § 110 ZPO ist unbegründet. Es lässt sich nicht feststellen, dass die Klägerin ihren gewöhnlichen Aufenthaltsort im Sinne des § 110 Abs. 1 ZPO nicht in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraums hat und deshalb zur Leistung einer Prozesskostensicherheit verpflichtet wäre. Angesichts dessen ist die Klage zulässig.

1)

Es kann dahinstehen, ob das Landgericht zu Recht davon ausgegangen ist, dass das Zwischenurteil vom 25.06.2015 Bindungswirkung entfaltet mit der Folge, dass über den Antrag gemäß § 113 S. 2 ZPO ohne jede weitere Sachprüfung und ohne Berücksichtigung etwaiger neuer Tatsachen zu entscheiden ist. Mit der Berufung gegen das Urteil vom 31.05.2016 steht gemäß § 512 ZPO zugleich das Zwischenurteil vom 25.06.2015 zur Prüfung an. Dieses kann mangels selbstständiger Anfechtbarkeit nur gemeinsam mit dem gemäß § 113 S. 2 ZPO ergehenden Schlussurteil angefochten werden (BGH NJW-RR 2006, 710; BGH NJW 1988, 1733; BGH NJW 1952, 381). Infolgedessen hat das Berufungsgericht (eigenständig) zu prüfen und zu entscheiden, ob die Voraussetzungen des § 110 ZPO gegeben sind. Maßgeblich sind dabei die Verhältnisse im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung über die Prozesseinrede, weswegen insbesondere auch eine zwischenzeitlich eingetretene Veränderung der Umstände zu berücksichtigen ist.

2)

Nach § 110 Abs. 1 ZPO müssen Kläger, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt nicht in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum haben, und für die keine der Ausnahmen des § 110 Abs. 2 ZPO eingreift, auf Verlangen des Beklagten wegen der Prozesskosten Sicherheit leisten. Sinn und Zweck dieser Prozesskostensicherheit ist es, den obsiegenden Beklagten vor Schwierigkeiten bei der Durchsetzung seines Kostenerstattungsanspruchs zu bewahren, die typischerweise bei einer Vollstreckung außerhalb der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraum und damit außerhalb der Anwendungsbereiche der EuGVVO bzw. des Luganer Übereinkommens auftreten (BGH GRUR 2016, 1204 - Prozesskostensicherheit m. w. Nachw.; OLG Düsseldorf BeckRS 2015, 06771; OLG Karlsruhe NJW-RR 2008, 944; OLG München BeckRS 2010, 18320).

Bei einer juristischen Person wie der Klägerin richtet sich die Verpflichtung zur Leistung von Prozesskostensicherheit danach, wo sich der Sitz des Unternehmens im Sinne des § 17 ZPO befindet. Ob es insoweit auf den satzungsgemäßen Sitz der juristischen Person (so OLG Schleswig BeckRS 2013, 02591) oder den tatsächlichen Verwaltungssitz ankommt (so OLG Düsseldorf BeckRS 2015, 06771; OLG Karlsruhe NJW-RR 2008, 944; OLG München BeckRS 2010, 18320. Offen gelassen von: BGH GRUR 2016, 1204 - Prozesskostensicherheit m. w. Nachw.), kann vorliegend dahinstehen. Die Klägerin ist in beiden Fällen nicht zur Leistung einer Prozesskostensicherheit verpflichtet.

a)

Der satzungsgemäße Sitz der Klägerin ist in England. Sie ist im britischen Handelsregister ("Companies House", Anlage von der Beklagten in der mündlichen Verhandlung überreicht) mit der im Rubrum angegebenen Anschrift als "Registered Office" eingetragen. Das Vereinigte Königreich ist Mitglied der Europäischen Union.

b)

Maßgebend dafür, wo eine Gesellschaft ihren Verwaltungssitz hat, ist der Tätigkeitsort der Geschäftsführung oder der sonst dazu berufenen Vertretungsorgane, also der Ort, wo die grundlegenden Entscheidungen der Unternehmensleitung effektiv in laufende Geschäftsführungsakte umgesetzt werden (BGH GRUR 2016, 1204 - Prozesskostensicherheit m. w. Nachw.; OLG Düsseldorf BeckRS 2015, 06771; OLG Karlsruhe NJW-RR 2008, 944; OLG München BeckRS 2010, 18320). Dies setzt jedenfalls eine gewisse organisatorische Verfestigung einschließlich des Vorhandenseins von Räumlichkeiten voraus, in denen die Geschäftsführungsorgane ihre Tätigkeit für das Unternehmen tatsächlich ausüben. Ob daneben kumulativ eine Zustellmöglichkeit an diesem Ort gegeben sein muss (OLG Düsseldorf BeckRS 2015, 6771; OLG Karlsruhe NJW-RR 2008, 944; OLG München BeckRS 2010, 18320), kann vorliegend offen bleiben. Selbst wenn dies zu fordern wäre, lässt sich nicht feststellen, dass die Klägerin ihren Verwaltungssitz nicht in der Europäischen Union oder dem Europäischen Wirtschaftsraums hat. Die Klägerin verfügt zwar nicht über einen tatsächlichen Verwaltungssitz an der Adresse ihres "Registered Office" in X, jedoch über einen in dem Bürogebäude BX xx/ SX. Angesichts dessen muss auch nicht geklärt werden, ob die von den Beklagten geäußerte Ansicht zu teilen ist, § 110 ZPO erfordere nicht die konkrete Feststellung eines außerhalb der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraums gelegenen Ortes als Verwaltungssitz, da die Norm auch die Konstellation umfasse, dass sich für eine juristische Person (mit Satzungssitz in der Europäischen Union) überhaupt kein Verwaltungssitz feststellen lasse.

aa)

Darlegungs- und beweisbelastet für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 110 Abs. 1 ZPO sind die Beklagten (BGH BeckRS 2005, 13656; BeckOKZPO/Jaspersen ZPO § 110 Rn. 30; Cepl/Voß/Rüting ZPO § 110 Rn. 42; MüKoZPO/Schulz ZPO § 110 Rn. 43). Ihnen obliegt es Tatsachen vorzutragen, an Hand derer sich die genannte negative Feststellung (..."gewöhnlicher Aufenthalt nicht in der Europäischen Union ...") treffen lässt; ein schlichtes Bestreiten bzw. Bestreiten mit Nichtwissen der von der Klägerin vorgetragenen Tatsachen, aus denen sich ein Sitz innerhalb der Europäischen Union ergeben soll, genügt nicht. An die Vortragslast der Beklagten dürfen allerdings keine überspannten Anforderungen gestellt werden. Sie haben keine eigenen Kenntnisse über die interne Organisationsstruktur der Klägerin und kann diese auch nicht von sich aus ermitteln. Der Klägerin ist die erforderliche Aufklärung hingegen ohne weiteres möglich und auch zumutbar (sekundäre Darlegungslast: BGH GRUR 2016, 836 - Abschlagspflicht II; BGH WRP 2016, 731 - jameda II; BGH GRUR 2014, 657 - BearShare, jeweils m. w. Nachw.). Es genügt deshalb, dass die Beklagten plausible Anhaltspunkte aufzeigen, aus denen sich ergibt, dass die Klägerin ihren tatsächlichen Verwaltungssitz nicht in der Europäischen Union oder dem Europäischen Wirtschaftsraum hat (OLG Hamm BeckRS 2007, 06216; BeckOKZPO/Jaspersen ZPO § 110 Rn. 30). Gelingt dies, trifft die Klägerin eine sekundäre Darlegungslast, welche jedoch weder zu einer Umkehr der Beweislast noch zu einer über die prozessuale Erklärungslast (§ 138 Abs. 1, 2 ZPO) hinausgehenden Verpflichtung führt, den Beklagten alle für ihren Prozesserfolg benötigten Information zu verschaffen. Es wird "nur" im Rahmen des Zumutbaren das substantiierte Bestreiten der behaupteten Tatsachen unter Darlegung der für das Gegenteil sprechenden Tatsachen und Umstände verlangt. Kommt die nicht beweisbelastete Partei ihrer sekundären Darlegungslast nach, indem sie das Vorbringen der (primär) darlegungs- und beweisbelasten Partei substantiiert bestreitet, kommen die "normalen" Regeln erneut zum Tragen. Der beweisbelasteten Partei obliegt der Beweis (BGH GRUR 2014, 657 - BearShare; BGH GRUR 2014, 578 - Umweltengel für Tragetasche; BGH NJW 2008, 982; Laumen, in: Baumgärtel/Laumen/Prütting, Handbuch der Beweislast, 3. Aufl., Kap. 22, Rn. 35).

bb)

Ausgehend hiervon ist ein tatsächlicher Verwaltungssitz am "Registered Office" in X nicht feststellbar. Die Beklagten haben mit Bezug zu der nunmehr allein maßgeblichen Anschrift in der CXin X dargetan, dass es sich um ein reines Wohnhaus handele und deshalb dort kein Verwaltungssitz gegeben sein könne. Die Klägerin hat zu den tatsächlichen Gegebenheiten dort lediglich vorgetragen, es sei immer eine Person anwesend, die Post entgegen nehmen könne. Dass ihre Geschäftsführerin in Räumlichkeiten der angegebenen Adresse ihrer Geschäftsführertätigkeit nachgeht, ist dem Vortrag der Klägerin nicht zu entnehmen. Ihre alleinige Geschäftsführerin ist in SX wohnhaft und unterhält in X lediglich anderenorts privat ein Appartement.

cc)

Der Nachweis, dass die Klägerin ihren tatsächlichen Verwaltungssitz nicht in der Europäischen Union oder dem Europäischen Wirtschaftsraum hat, ist den Beklagten nicht gelungen. Im Gegenteil, es ist festzustellen, dass sich dieser in SX befindet.

aaa)

Die Beklagten haben, obgleich sie keinen Ort (außerhalb der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraums) namentlich benannten, an dem die Klägerin ihren/einen Verwaltungssitz haben soll, zunächst in zulässiger Weise (pauschal) behauptet, dass die Klägerin keinen Verwaltungssitz in SX habe.

Dies haben sie insbesondere mit Hilfe des Jahresabschlussberichts 2014 (Anlage ROP 5) begründet, der in 2014 - unwidersprochen - keinerlei Verbindlichkeiten, Einnahmen und Ausgaben der Klägerin verzeichnete. Aus diesem unstreitigen Umstand kann der von den Beklagten erläuterte Schluss gezogen werden, dass in diesem Jahr in SX weder Büroräumlichkeiten angemietet noch Mitarbeiter gegen Entgelt beschäftigt worden sind, weshalb der weitere Schluss, (auch) an diesem Ort habe keine Verwaltungstätigkeit stattgefunden, zulässig war. Im Anschluss daran haben die Beklagten ferner behauptet und unter Beweis gestellt, dass die Klägerin auch ab 2015 weder über Gesellschaftsvermögen oder Einnahmen verfügte noch Ausgaben tätigte, keine Büroräume an der angegebenen Adresse in SX mit einer Büroausstattung unterhält und/oder dort eine Buchhalterin beschäftigt und/oder dort Verwaltungstätigkeiten ausübt.

Die Beklagten haben des Weiteren behauptet, dass die Klägerin keine schwedische Steuernummer besitzt, und dieses Fehlen sodann als Indiz für eine fehlende Tätigkeit dort vorgebracht, weil jedes Unternehmen, das in Schweden tatsächlich geschäftliche Tätigkeiten ausübe, dort steuerpflichtig sei und somit zwangsläufig eine schwedische Steuernummer erhalte. Die erstgenannte Tatsachenbehauptung ist gem. § 138 Abs. 2, 3 ZPO als unstreitig zu werten. Die Klägerin hat das tatsächliche Vorbringen zur schwedischen Steuernummer nicht in zulässiger Weise bestritten. In der mündlichen Verhandlung vom 13.10.2016 hat sie lediglich erklärt, sie habe keine Kenntnis darüber, ob sie über eine schwedische Steuernummer verfüge. Da es sich insoweit um eine Tatsache aus ihrem eigenen Wahrnehmungsbereich handelt, ist diese Art der Erklärung prozessual unzureichend. Das Fehlen einer schwedischen Steuernummer gilt als zugestanden. Infolge dessen greift der Vorhalt der Klägerin, der Vortrag der Beklagten hierzu sei gem. § 531 Abs. 2 ZPO verspätet und damit unbeachtlich, nicht. Unstreitige Angriffs- oder Verteidigungsmittel sind nie präkludiert (BGH NJW 2016, 3654; BGH GRUR 2013, 1272 - Tretkurbeleinheit; BGH NJW 2008, 3434).

bbb)

Der aus dem Beklagtenvorbringen folgenden sekundären Darlegungslast ist die Klägerin nachgekommen. Sie hat substantiiert vorgetragen, dass sie in SX über ein Büro mit vollwertigen Geschäftsräumen verfügt, die für die bei der Klägerin anfallende Verwaltungstätigkeit adäquat und angemessen ausgestattet sind. Sie hat erläutert, dass sich die Räumlichkeiten in einem regulären Bürogebäude mit regulären Adressschildern, einem mit Mitarbeitern besetzten Empfangsbereich mit Rezeption, einer Empfangshalle, Konferenzräumen und ähnlichen befinden, und insbesondere die Geschäftsführerin sowie ihre Buchhalterin dort Büros haben. Sie hat ferner dargetan, dass sie eines der Büros angemietet hat und an der angegebenen Adresse tatsächlich grundlegende Entscheidungen der Geschäftsführung betreffend das Klagepatent in laufende Geschäftsführerakte umsetzt.

Ihren Vortrag hat die Klägerin mittels der eidesstattlichen Versicherung ihrer Geschäftsführerin X1 nebst Fotografien (Anlagen W&C 11, 12), der anwaltlichen Versicherung ihres Prozessbevollmächtigten (mündliche Verhandlung vom 13.10.2016), der schriftlichen Bestätigung der Rezeptionistin Z2 (Anlage HB 24), des Mietvertrags über Büroräume nebst Rechnung (Anlagen HB 16, 17), des Auftragsschreibens der 1 B nebst Rechnungen (Anlagen HB 23, 18, 19), der Rechnung der 1D (Anlage HB 21), der Rechnung der 1E (Anlage HB 22) und des Jahresabschlusses 2016 (Anlage HB 26) belegt.

Dies sind vorliegend zulässige Beweismittel. Das Vorliegen der Voraussetzungen des § 110 Abs. 1 ZPO kann im Freibeweisverfahren festgestellt werden, da es sich bei dem Verlangen nach Leistung einer Prozesskostensicherheit um eine prozesshindernde Einrede handelt (BeckOKZPO/Bacher ZPO § 253 Rn. 18, 18.1; MüKoZPO/Schulz ZPO § 110 Rn. 36; Zöller/Greger ZPO Vor § 253 Rn. 20). Die Einrede betrifft die Zulässigkeit der Klage und ist damit - wie grundsätzlich jede Prozessvoraussetzung (BGH NJW-RR 2012, 429; BGH NJW 1997, 3319; BGH NJW 1992, 627; BGH NJW 1987, 2875; BGH NJW 1951, 441) - dem Freibeweis zugänglich (BeckOKZPO/Jaspersen ZPO § 110 Rn. 31). Im Rahmen des Freibeweises stehen das Verfahren und die einzelnen herangezogenen Beweismittel im Ermessen des Gerichts, so dass neben den üblichen Beweismitteln insbesondere auch eidesstattliche und/oder anwaltliche Versicherungen berücksichtigt werden können. Damit ist keine Absenkung der Anforderungen an die richterliche Überzeugungsbildung verbunden (BGH NJW-RR 2012, 509; BGH BeckRS 2007, 04174; BGH NJW 2003, 1123; BGH NJW 2002, 3027).

Die eidesstattliche Versicherung der Geschäftsführerin X1 (Anlage W & C 11) ist überzeugend. Die Geschäftsführerin hat - trotz teilweiser Übereinstimmung in den Formulierungen mit dem Klägervortrag - nachvollziehbar, ohne Brüche und widerspruchsfrei mit Detailangaben zu den Gegebenheiten an der Adresse in SX eine Erklärung abgegeben, die sich mit den auf den Fotografien dargestellten Gegebenheiten ohne weiteres in Einklang bringen lässt und mit dem klägerischen Vortrag einhergeht. Der eidesstattlichen Versicherung sowie den Fotos (Anlagen W&C 11, 12) ist insbesondere zu entnehmen, dass sich der Name der Klägerin auf dem außen sichtbaren Adressschild des Bürogebäudes an der angegebenen Adresse in SX findet, und dass Büroräume vorhanden sind, an deren Eingang sowohl der Name der Klägerin als auch Namensschilder für Geschäftsführerin X1 und die Zeugin Z1 angebracht sind. Den Fotografien in der eidesstattlichen Versicherung ist darüber hinaus zu entnehmen, dass es (für das gesamte Bürogebäude) einen Empfangsbereich mit einer Rezeptionistin sowie Besprechungsräume gibt. Schließlich hat die Geschäftsführerin auch erklärt, dass sie die Büroräume für ihre Tätigkeit nutzt und sie die Geschäfte der Klägerin aus den Büroräumen heraus betreibt. Diese Angaben lassen sich nahtlos mit den Erklärungen bzw. Bekundungen der Rezeptionist in Z2 und der Zeugin Z1 sowie der weiteren von der Klägerin überreichten Unterlagen zusammenfügen. Konkrete Unzulänglichkeiten der bzw. Widersprüche in der eidesstattlichen Versicherung selbst haben die Beklagten nicht aufgezeigt. Mangels weitergehender Anzeichen führt auch der Umstand, dass die Geschäftsführerin X1 "im Lager" der Klägerin steht, nicht zu der Annahme, dass ihre eidesstattliche Versicherung falsch ist. Dass die bekundete und erkennbare räumliche und/oder personelle Ausstattung nicht genügt, um die Tätigkeiten der Klägerin auszuüben, die sich "nur" mit der Verwertung des Klagepatents sowie ggfs. anderer Schutzrechte derselben Patentfamilie und der Geltendmachung von Ansprüchen befasst, die sich aus der Verletzung der entsprechenden Schutzrechte ergeben können, ist weder dargetan noch sonst wie ersichtlich.

Auch der schriftlichen Erklärung der Rezeptionistin Z2 (Anlage HB 24) ist in sich widerspruchsfrei und nachvollziehbar zu entnehmen, dass die Geschäftsführerin der Klägerin an der angegebenen Adresse in SX über ein - im Einzelnen näher beschriebenes - voll möbliertes Büro verfügt. Die Angaben decken sich, ohne wortgleich mit der eidesstattlichen Versicherung der Geschäftsführerin X1 zu sein, mit deren Bekundungen zu den Räumlichkeiten und den dortigen Fotografien. Sie sind zudem detailliert und stimmen mit den Bekundungen der Zeugin Z1 überein. Aus der schriftlichen Erklärung folgt des Weiteren, dass die Klägerin die im Bürogebäude vorhandenen Besprechungsräume für betriebliche Besprechungen bucht und regelmäßig Geschäftsbesuche von anderen Unternehmen und Akademikern erhält und die Rezeptionistin auch für die Klägerin tätig ist. Anhaltspunkte, die an der Glaubhaftigkeit dieser schriftlichen Erklärung Zweifel aufkommen lassen könnten, sind weder dargetan noch ersichtlich. Es ist insbesondere kein Eigeninteresse der Rezeptionistin Z2 , die nicht Angestellte der Klägerin ist, an einer falschen, die Klägerin begünstigenden Erklärung zu erkennen.

Ebenso überzeugend und keine Zweifel erweckend ist die anwaltliche Versicherung des Prozessbevollmächtigten der Klägerin, in welcher dieser versichert hat, dass im März 2016 in SX mit der Geschäftsführerin X1 in den angegebenen Räumlichkeiten eine Besprechung zur Nichtigkeitsklage betreffend das Klagepatent durchgeführt wurde. Eine solche Besprechung gehört in Anbetracht des Gegenstands des klägerischen Unternehmens zu den Tätigkeiten, die einen Verwaltungssitz im obigen Sinne mitkennzeichnen.

Eine gewisse organisatorische Verfestigung belegt ferner der als Anlage HB 16 vorgelegte Mietvertrag aus Mai 2015 zwischen der Klägerin und der 1 A über den Raum 305/307 einschließlich der darin vorhandenen Büromöbel. Dieser Vertrag verpflichtet die Klägerin als Mieterin für das Büro nebst Büromöbel an die 1A als Vermieterin 7.270 SEK Miete pro Monat zu zahlen. Für das Jahr 2015 sind die Mietkosten der Klägerin unter dem 06.12.2016 (Anlage HB 17) auch in Rechnung gestellt worden.

Dass die Geschäftsführerin der Klägerin zugleich Geschäftsführerin der Vermieterin 1A ist, deren Adresse ebenfalls "BX 2, xxxxx SX" lautete und es sich um einen Untermietvertrag handelt, ist für die hier maßgebliche Frage ohne Belang. Ob an einem Ort der tatsächliche Verwaltungssitz einer juristischen Person im oben definierten Sinne besteht, ist rein tatsächlich zu bestimmen (so für natürliche Personen: Cepl/Voß/Rüting ZPO § 110 Rn. 13; MüKoZPO/Schulz ZPO § 110 Rn. 12). Entscheidend sind die tatsächlich stattfindenden Handlungen und Gegebenheiten, nicht hingegen die Art bzw. die rechtliche Qualifizierung eines für den Ort geschlossenen Mietvertrages. Infolge dessen ist es ebenso wenig zwingend erforderlich, dass ein schriftlicher Mietvertrag über alle genutzten Räumlichkeiten existiert und angemietete Räume ausschließlich von der Partei genutzt werden. Wenn festzustellen ist, dass an einem Ort mit einer gewissen Verfestigung die tatsächliche Umsetzung der Unternehmensleitungsentscheidungen durch die dazu berufenen Vertretungsorgane erfolgt, kommt es nicht darauf an, ob dies in rechtlich zutreffender Weise und ggfs. mittels aller hierfür erforderlicher Verträge geschieht. Deshalb begegnet es auch keinen durchgreifenden Bedenken, dass der vorgelegte Mietvertrag (Anlage HB 16) nur einen Büroraum betrifft, während der eidesstattlichen Versicherung der Geschäftsführerin X1, der schriftlichen Erklärung der Rezeptionistin Z2 und der Aussage der Zeugin Z1 zu entnehmen ist, dass die Klägerin zwei Büros in dem Bürogebäude hat und bei Bedarf Besprechungsräume bucht. Gleichsam ohne Relevanz ist, dass die Klägerin nach Aussage der Zeugin Z1, die sich die Beklagten insoweit zu Eigen gemacht haben, bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung am 09.02.2017 die mit einem Fälligkeitszeitpunkt von 30 Tagen im Dezember 2016 in Rechnung gestellte Miete nicht beglichen hatte. Eine etwaige Verletzung vertraglicher Pflichten ist für den tatsächlichen Verwaltungssitz nicht von ausschlaggebender Bedeutung. Gleichfalls nicht, ob die Schuldnerin des Mietvertrages ihre Mietschulden selbst begleicht oder ggfs. ein Dritter derartige Zahlungen vornimmt. Überdies können die Gründe für die Nichtzahlung vielfältig sein, so dass ohne weitere Anhaltspunkte nicht festgestellt werden kann, dass die Rechnungsbegleichung unterblieben ist, weil - wie die Beklagten weiter reklamieren - der abgeschlossene Mietvertrag nur ein Scheingeschäft sei, da in Wahrheit die 1 A die Verpflichtete sei. Aber selbst wenn dem so wäre und eigentlich die 1 A die Geschäfte der Klägerin führen oder in irgendeiner Weise entscheidungserheblich beeinflussen würde - wofür sich im Vortrag der Parteien keine Stütze findet -, wäre zum einen zu bedenken, dass (auch) die 1 A ihren Sitz in SX hat. Und zum anderen, dass § 110 ZPO nicht dazu dient, den Beklagten vor einem eventuell vermögenslosen Kläger zu schützen (siehe auch unten ccc).

Aus dem von der Klägerin vorgelegten Auftragsschreiben vom Oktober 2010 (Anlage HB 23) geht ferner hervor, dass die 1 B nicht nur für die Vertragspartnerin 1 A administrative Dienstleistungen ausführen soll, sondern dass mit Datum vom 15.01.2016 auch vereinbart wurde, dass die Zeugin Z1 für die Klägerin administrative Bezahlvorgänge und Abrechnungen vornehmen soll (Administrative Dienstleistungen Anlage Nr. 1). Die für die Zeit vom 02.02.2015 bis 15.01.2016 sowie im Jahr 2016 erbrachten Dienstleistungen wurden der Klägerin mit Rechnung vom 30.12.2016 (Anlage HB 18) bzw. vom 27.12.2016 (Anlage HB 19) in Rechnung gestellt. Soweit die Beklagten auch insoweit darauf hinweisen, dass die Rechnungen nicht beglichen worden sind, gilt das zum Mietvertrag Ausgeführte entsprechend.

Der - unwidersprochen gebliebene - Jahresabschluss 2016 (Anlage HB 26) weist zudem Eigen-/Betriebskapital bzw. eine Gewinn- und Verlustrechnung in Höhe von 179,842 £ aus.

Schließlich findet sich in der als Anlage HB 21 vorgelegten Rechnung der 1D und in der als Anlage HB 22 zur Akte gereichten Rechnung der 1E als Rechnungsanschrift der Klägerin jeweils die Adresse in SX. Die Klägerin verwendet diese Adresse folglich auch im Rechtsverkehr. Die letztgenannte Rechnung belegt im Übrigen, dass die Klägerin die im Rahmen der Nichtigkeitsklage gegen das Klagepatent vorgebrachten Dokumente überprüfen lässt und eine Verteidigung in dem Nichtigkeitsverfahren beabsichtigt. Dies haben die Beklagten nicht in Abrede gestellt.

ccc)

Den ihnen damit (wieder) obliegenden Beweis haben die Beklagten nicht erbracht.

Die Aussage der von den Beklagten benannten Zeugin Z1 (siehe Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 09.02.2017, Bl. 451 ff. GA) war überwiegend (negativ) unergiebig. Die Behauptungen, die Klägerin verfüge auch ab 2015 nicht über Gesellschaftsvermögen, an der angegebenen Adresse in SX nicht über Büroräume, nicht über eine Büroausstattung, sie beschäftige dort auch keine Buchhalterin und übe dort keine Verwaltungstätigkeiten aus, sind von der Zeugin nicht positiv bestätigt worden. Die Bekundungen der Zeugin Z1 zu diesen Punkten beweisen vielmehr den Vortrag der Klägerin. Die Zeugin hat insbesondere - zum Teil unter Bezugnahme auf die Fotografien der eidesstattlichen Versicherung Anlagen W&C 11, 12 - ausgesagt, dass die Klägerin an der Adresse "BS xx" in SX über zwei für Verwaltungstätigkeiten ausreichend ausgestattete Büroräume verfügt, von denen einer von der Geschäftsführerin X1 und einer von ihr, der Zeugin, genutzt wird. Sie hat weiterhin bekundet, dass sie - als Inhaberin des Unternehmens 1 B - Verwaltungs- bzw. Rechnungslegungsdienstleistungen für die Klägerin, insbesondere Abrechnungen, Zahlungsverkehr und Buchungstätigkeiten vornimmt und hierfür ca. 1 Stunde im Monat Arbeitszeit aufwendet. Die Erledigung der Tätigkeiten erfolgt einmal wöchentlich im von der Klägerin angemieteten Büro. Die Zeugin hat des Weiteren angegeben, dass die Geschäftsführerin X1 oft in den Büroräumen zugegen ist und dort arbeitet. Sie, die Zeugin, erledigt nur die administrativen Angelegenheiten, die Geschäftsführerin trifft die Entscheidungen. Schließlich hat die Zeugin Z1 auch die von der Klägerin vorgelegten Unterlagen, insbesondere die verschiedenen Rechnungen und die Zahlung der Patentkosten bestätigt. All dies spricht für die Umsetzung der grundlegenden Entscheidungen der Unternehmensleitung in laufende Geschäftsführungsakte in SX. Dass die Zeugin keine Angestellte der Klägerin, sondern für diese selbständig Rechnungsdienstleistungen erbringt, steht dem nicht entgegen.

Positiv im Sinne der Beklagten hat die Zeugin Z1 lediglich die Frage nach Einnahmen und "getätigten" Ausgaben beantwortet. Sie hat bekundet, keine Einnahmen gesehen zu haben und dass die Mietkosten noch nicht bezahlt worden sind sowie dass die in Rechnung gestellten Patentkosten von dem Konto der 1 A abgebucht worden sind, da die Klägerin nicht über ein schwedisches Konto verfüge. Allein diese Bekundungen belegen jedoch nicht, dass - wie die Beklagten meinen - in SX kein Verwaltungssitz anzunehmen ist. Da die Zeugin nicht die einzige Person ist, die mit Buchhaltungsangelegenheiten für die Klägerin befasst ist, weiß sie nicht zwingend über alle Einnahmen und/oder Ausgabe der Klägerin Bescheid. Ob und wenn ja, in welcher Höhe die Klägerin (an dem angegebenen Ort) tatsächlich über Vermögen verfügt, ist hier nicht von Bedeutung. Die Prozesskostensicherheit bezweckt nicht den Schutz vor einem ggfs. vermögenslosen zukünftigen Schuldner eines etwaigen Kostenerstattungsanspruchs (BGH GRUR 2016, 1204 - Prozesskostensicherheit m. w. Nachw.; OLG Düsseldorf BeckRS 2015, 06771; OLG Karlsruhe NJW-RR 2008, 944; OLG München BeckRS 2010, 18320), sondern soll die Schwierigkeiten bei der Vollstreckung eines Titels im Ausland (außerhalb der EuGVVO bzw. des Luganer Übereinkommens) vermeiden. Folglich würde selbst dann, wenn die Klägerin tatsächlich vermögenslos wäre, hieraus nicht die Pflicht zur Leistung einer Prozesskostensicherheit erwachsen, solange die besagten Schwierigkeiten nicht bestehen.

Soweit die Beklagten die Überzeugungskraft der Zeugin Z1 angezweifelt haben, ist zunächst in Erinnerung zu rufen, dass sich bei Unergiebigkeit eines Beweismittels eine weitergehende Überprüfung an sich erübrigt. Selbst dann, wenn an der Glaubhaftigkeit oder der Glaubwürdigkeit Zweifel bestehen, könnte dies nie dazu führen, dass die aufgestellten Behauptungen letztlich im Sinne der Beklagten als erwiesen angesehen werden. Bezüglich des ergiebigen Teils der Aussage der Zeugin Z1 hätte eine mangelnde Überzeugungskraft zur Folge, dass die - für die Beklagten insoweit positive - Aussage unberücksichtigt bleiben müsste, so dass sie ihre Behauptungen nicht bewiesen hätte.

Der Senat hat indes keine Zweifel an der Glaubhaftigkeit der Aussage und der Glaubwürdigkeit der Zeugin Z1. Ihre Aussage war zwar stellenweise knapp, gleichwohl ausreichend detailliert, nachvollziehbar und in sich schlüssig. Die Zeugin hat nur eigene Wahrnehmungen bekundet und von sich aus zu erkennen gegeben, wenn sie nicht über solche verfügte. Sie hat sich nicht in Spekulationen oder Vermutungen geflüchtet. Die im Einklang mit den übrigen Beweismitteln stehende präzise Aussage ist widerspruchsfrei und auch bei Nachfragen hat sich die Zeugin nicht in Widersprüche verwickelt. Sie ist bei ihren Bekundungen geblieben und hat neue Fragen bereitwillig beantwortet. Entlastungstendenzen zugunsten der Klägerin können nicht festgestellt werden. Die Zeugin hat vielmehr (auf Nachfrage) auch solche Umstände bekundet, wie z. B. die Nichtzahlung der Mietkosten trotz fälliger Rechnung oder das Fehlen einer schwedischen Steuernummer, die die Klägerin in einem "schlechteren" Licht erscheinen lassen könnten. Eigene Interessen am Ausgang des Rechtsstreits zugunsten der Klägerin sind desgleichen nicht zu Tage getreten; hierfür genügt es nicht, dass die Klägerin Auftraggeberin des von der Zeugin geführten Unternehmens ist. Dies allein ist kein Indiz für eine Falschaussage.

ddd)

Dem gewonnenen Ergebnis der Beweisaufnahme steht letztlich nicht das (unstreitige) Fehlen einer schwedischen Steuernummer entgegen. Selbst wenn, wie die Beklagten geltend machen, nach schwedischem Recht bei jedweder geschäftlichen Tätigkeit eines Unternehmens in Schweden dort Steuern entrichtet werden müssen, mag zwar ggfls. von einem Verstoß gegen schwedisches Steuerrecht ausgegangen werden können. Auch ein solcher Verstoß hätte indes nichts mit der Frage zu tun, ob in SX ein Verwaltungssitz im Sinne des § 110 ZPO vorhanden ist. Die Einhaltung von steuerrechtlichen Normen ist keine Voraussetzung der genannten Vorschrift.

eee)

Erachtet man zudem die Existenz einer zustellungsfähigen Anschrift in der Europäischen Union bzw. im Europäischen Wirtschaftsraum als eine notwendige - kumulative - Bedingung des Verwaltungssitzes (OLG Düsseldorf BeckRS 2015, 06771; OLG Karlsruhe NJW-RR 2008, 944; OLG München BeckRS 2010, 18320), so ist auch diese erfüllt. Jedenfalls in SX ist eine zustellfähige Adresse vorhanden, so dass dahinstehen kann, ob selbiges für das "Registered Office" in X gilt.

Schweden ist Mitglied der Europäischen Union. Die Anerkennung und Vollstreckung eines deutschen Urteils bzw. Vollstreckungstitels in Schweden richtet sich deshalb nach Art. 32 ff. EuGVVO, wobei gem. Art. 42 f. EuGVVO vor der Vollstreckung eines Titels die Zustellung desselben erforderlich ist. Innerhalb der Europäischen Union (mit Ausnahme von Dänemark) erfolgt die Zustellung eines Vollstreckungstitels auf der Grundlage der EuZustVO, welcher der Vorrang gegenüber § 183 ZPO gebührt, § 183 Abs. 5 ZPO. Die EuZustVO bietet vier Wege für die Zustellung von Schriftstücken; die förmliche Zustellung (Art. 4 - 11 EuZustVO), die Zustellung durch diplomatische oder konsularische Vertretungen (Art. 12 EuZustVO), die Zustellung durch Postdienste (Art. 14 EuZustVO) und die unmittelbare Zustellung (Art. 15 EuZustVO). Die Zustellungsarten nach Art. 4-11, 14 und Art. 15 EuZustVO stehen gleichrangig nebeneinander (EuGH NJW 2006, 975 - Plumex/Young Sports NV in Bezug auf die Zustellung vAw; Cepl/Voß/Matthes ZPO § 183 Rn. 17; Heiderhof IPrax 2007, 293; Heß NJW 2001, 15; Stadler IPrax 2001, 514).

Anhaltspunkte dafür, dass vorliegend eine Zustellung eines etwaigen Kostenerstattungstitels zugunsten der Beklagten an die Klägerin unter der angegebenen Adresse in SX nach keiner dieser Zustellarten möglich ist, sind weder dargetan noch sonst wie ersichtlich.

Die Klägerin unterhält an der angegebenen Adresse in SX eine (Post-)Anschrift sowie Büroräume, welche - wie die Beweisaufnahme ergeben hat - von der gesetzlichen Vertreterin der Klägerin, der Geschäftsführerin X1, und auch der Zeugin Z1 zu geschäftlichen Zwecken genutzt werden. Beide sind jedenfalls zeitweise in den Räumlichkeiten. Das Bürogebäude weist zudem einen Empfangsbereich mit einer Rezeption auf, an der die Rezeptionistin Z2 sitzt und - auch für die Klägerin - tätig ist. Angesichts dessen ist jedenfalls eine Zustellung gem. 14 EuZustVO mittels Einschreiben mit Rückschein möglich. Diese Zustellung wird mit Übergabe des Schreibens an den Adressaten oder einen Ersatzempfänger, dem die Sendung nach den im Bestimmungsland geltenden Postbestimmungen ausgehändigt werden kann, wirksam vollzogen (BT-Drucks. 14/4554; OLG Celle NJW-RR 2005, 1589; BeckOKZPO/Dorndörfer ZPO § 183 Rn. 3 ff.; MüKoZPO/Häublein ZPO § 183 Rn. 7; MusielakZPO/Wittschier ZPO § 183 Rn. 4). Als Ersatzempfänger sind vor allem im Betrieb des Adressaten beschäftigte oder auch nur anwesende Personen anzusehen, die zur Entgegennahme der Sendung berechtigt sind und den Empfang betätigen bzw. den Rückschein unterzeichnen (vgl. OLG Celle NJW-RR 2005, 1589: Hausmeister einer Appartementanlage in Spanien).

Soweit die Beklagten meinen, es fehle an einer Zustellmöglichkeit, weil die Klägerin die SXer Adresse nicht gegenüber Jedermann als Zustelladresse kommuniziert, verfängt dies nicht. Den Beklagten ist zwar darin beizupflichten, dass der tatsächliche Verwaltungssitz im Sinne des § 110 ZPO objektiv zu bestimmen ist. Dies bedeutet jedoch nicht, dass es zur Bestimmung dieses Sitzes zwingend einer Anschrift bedarf, die gegenüber Jedermann bekannt gegeben wird. Die Prozesskostensicherheit soll den konkret in Anspruch Genommenen, die konkrete Partei des Verfahrens vor Schwierigkeiten bei der Durchsetzung ihres etwaigen Kostenerstattungstitels im nicht europäischen Ausland bewahren. Kennen die Beklagten - wie hier - die Anschrift des klägerischen Verwaltungssitzes und ist an diesem Sitz eine Zustellung des etwaigen Vollstreckungstitels möglich, dann ist dem Zweck des § 110 ZPO genüge getan. Auf eine allgemeine Bekanntheit der Anschrift kommt es dann nicht an.

Dass es sich bei dieser Anschrift nicht um die in der Klageschrift genannte Anschrift handelt, ist gleichfalls irrelevant. Eine Partei kann mehr als eine zustellfähige Anschrift haben. Eine Norm, aus der sich ergibt, dass im Rubrum der Klageschrift der tatsächliche Verwaltungssitz gem. § 110 ZPO angegeben werden bzw. dass dieser mit der angegebenen Ladungsanschrift deckungsgleich sein müsse, findet sich nicht.

Da das Bewirken der Zustellung nach einer der Möglichkeiten der EuZustVO letztendlich nicht von einer subjektiven Zustellungsbereitschaft des Empfängers oder Ähnlichem abhängt, wären etwaige "innere" Zustellungsvorbehalte der Klägerin, so sie denn überhaupt festzustellen wären - die Klägerin hat mehrfach erklärt, dass sie Zustellungen in SX akzeptiert "und gegen sich gelten" lässt - für die Zustellung ohne Bedeutung.

c)

Da die Klägerin ihren tatsächlichen Verwaltungssitz in SX hat und an diesem Sitz auch eine Zustellmöglichkeit gegeben ist, bedarf es keiner Erörterung der weiteren zwischen den Parteien streitigen Frage, ob § 110 ZPO zwingend verlangt, dass die Zustellungsmöglichkeit gerade an dem Ort besteht, an dem die Geschäftsführerin der Klägerin ihre Tätigkeit ausübt. Nach Ansicht des Senats hat der BGH diese Frage in der Entscheidung "Prozesskostensicherheit" (BGH GRUR 2016, 1204) allerdings verneint, und zwar nicht nur für den Fall, dass eine Klägerin mehrere Geschäftsführer hat.

III.

Die Kostenentscheidung bleibt dem erstinstanzlichen Schlussurteil vorbehalten. Der Erfolg der Klage ist offen (OLG Köln NJW-RR 1987, 1152).

Eine Niederschlagung der Gerichtskosten zweiter Instanz gemäß § 21 Abs. 1 S. 1 GKG ist nicht vorzunehmen. Das Urteil des Landgerichts beruht nicht auf einem offensichtlichen schweren Verfahrensfehler und/oder einer offensichtlichen, eindeutigen Verkennung des materiellen Rechts (KG FGPrax 2002, 136; BayObLG FamRZ2000, 174; OLG Düsseldorf Rpfleger 1978, 70).

Das Urteil ist wegen § 775 Nr. 1 ZPO für vorläufig vollstreckbar zu erklären (OLG München NZM 2002, 1032; OLG Karlsruhe JZ1984, 635; Zöller/Herßler ZPO § 538 Rn. 59).

Ein Grund für eine Zulassung der Revision (§ 543 ZPO) besteht nicht. Die vorliegende Rechtssache wirft als Einzelfallentscheidung weder entscheidungserhebliche Fragen von grundsätzlicher Bedeutung noch solche auf, die zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung oder zur Fortbildung des Rechts eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes als Revisionsgericht erfordern.

Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 10.000.000,00 € festgesetzt.