OLG Düsseldorf, Beschluss vom 09.06.2016 - I-10 W 65/16
Fundstelle
openJur 2019, 22269
  • Rkr:
Tenor

Auf die Beschwerde der Landeskasse wird der Beschluss der 4. Zivilkammer des Landgerichts Kleve vom 30. März 2016 aufgehoben. Auf die Erinnerung der Landeskasse wird die Kostenrechnung vom 14. März 2016 (Blatt II GA) dahin abgeändert, dass statt einer 1,0-Gebühr nach Nr. 1211 i. V.m. Nr. 1210 KV GKG in Höhe von 406 € eine 3,0-Gebühr nach Nr. 1210 KVG KG in Höhe von 1218 € in Rechnung zu stellen ist.

Das Verfahren über die Erinnerung und über die Beschwerde ist gebührenfrei, Kosten werden nicht erstattet.

Gründe

I.

Die Beschwerde der Landeskasse ist gemäß § 66 Abs. 2 S. 1 GKG zulässig und auch in der Sache erfolgreich.

Entgegen den Ausführungen der Kammer liegen die Voraussetzungen für eine analoge Anwendung der Nr. 1211 Ziffer 2 GKG nicht vor.

Eine Analogie ist zulässig, wenn das Gesetz eine planwidrige Regelungslücke enthält und der zu beurteilende Sachverhalt in rechtlicher Hinsicht soweit mit dem vom Gesetzgeber geregelten Tatbestand vergleichbar ist, dass angenommen werden kann, der Gesetzgeber wäre bei einer Interessenabwägung, bei der er sich von den gleichen Grundsätzen hätte leiten lassen wie bei dem Erlass der herangezogenen Gesetzesvorschrift, zu dem gleichen Abwägungsergebnis gekommen. Die Lücke muss sich also aus einem unbeabsichtigten Abweichen des Gesetzgebers von seinem - dem konkreten Gesetzgebungsverfahren zugrunde liegenden - Regelungsplan ergeben (BGH, Urteil vom 17. November 2009 - XI ZR 36/09 -,juris Rn. 23).

Vorliegend fehlt es an einer für eine Analogie erforderlichen planwidrigen Regelungslücke (ebenso OLG Braunschweig 2 W 19/15, Beschluss vom 2. Juni 2015, juris Rn. 13 ff).

In der ursprünglichen Fassung von Nr. 1211 KV GKG war eine Regelung über Gebührenermäßigungen im Fall von Erledigungserklärungen nicht enthalten. Der Gesetzgeber des Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes, das am 01. Juli 2004 in Kraft getreten ist, hat in Nr. 1211 Ziffer 4 KV GKG eine Regelung zur Kostenermäßigung im Fall von Erledigungserklärungen getroffen. Diese ist ausdrücklich auf die Fälle beschränkt, dass keine Entscheidung über die Kosten ergeht oder die Entscheidung einer zuvor mitgeteilten Einigung der Parteien über die Kostentragung oder der Kostenübernahmeerklärung einer Partei folgt. Im Rahmen der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 15/1971, S. 159 f) führt der Gesetzgeber aus, in Rechtsprechung und Literatur sei umstritten, ob bereits das geltende Recht in diesen Fällen eine Gebührenprivilegierung zulasse. Zum Meinungsstand wird in der Gesetzesbegründung ausdrücklich auf Zöller-Vollkommer/Herget, ZPO, 23. Aufl. Rn. 59 zu § 91a, verwiesen. In dieser - sich gerade einmal auf eine halbe Seite erstreckenden - Fundstelle wird der Fall, dass "sich die Parteien vergleichen und die Kostenregelung dem Gericht überlassen, selbst wenn sie dabei auf die Begründung verzichten" ausdrücklich erwähnt und der Meinungsstand mit Rechtsprechungsnachweisen untermauert. Angesichts dessen erscheint es dem Senat ausgeschlossen, dass der Gesetzgeber gerade diesen Fall in seinem - dem Gesetzgebungsverfahren des am 1. Juli 2004 in Kraft getretenen Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes zugrunde liegenden - Regelungsplan übersehen hat. Vielmehr liegt nahe, dass der Gesetzgeber mit der Neuregelung ausschließlich solche Fälle privilegieren wollte, in denen eine Meinungsbildung des Gerichts über die Kostentragungspflicht entfällt. Billigkeitserwägungen, die letztlich nur auf eine Beurteilung hinauslaufen, ob der Gesetzgeber bei der Neukonzeption der Nr. 1211 KV-GKG auch die "richtige" Entscheidung getroffen hat, sind im Hinblick darauf obsolet.

II.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 66 Abs. 8 GKG.

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