OLG Düsseldorf, Beschluss vom 16.08.2016 - I-10 W 229/16
Fundstelle
openJur 2019, 22232
  • Rkr:
Tenor

Die Erinnerung der Erinnerungsführerin zu 1) gegen den Kostenansatz des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 1. März 2016 (Bl. XVI GA) in Verbindung mit der hierzu ergangenen Kostenrechnung vom 2. März 2016 (Bl. XVIc GA, Kassenzeichen 700501002001) wird als unzulässig verworfen.

Die Erinnerung des Kostenschuldners und Erinnerungsführers zu 2) gegen den vorgenannten Kostenansatz wird zurückgewiesen.

Das Erinnerungsverfahren ist gerichtsgebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

Gründe

I.

Die Erinnerung der Erinnerungsführerin zu 1) ist unzulässig. Sie ist durch den Kostenansatz nicht beschwert, denn sie ist weder im Kostenansatz als Schuldnerin bezeichnet noch zur Zahlung von Kosten aufgefordert worden (vgl. Senat, 10 W 329/84, Beschluss vom 15. Januar 1985).

II.

Die Erinnerung des Kostenschuldners und Erinnerungsführers zu 2) ist gemäß § 66 Abs. 1 S. 1 GKG zulässig, bleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg.

1.

Entgegen den Ausführungen der Beschwerde liegen die Voraussetzungen für eine analoge Anwendung der Nr. 1223 KV GKG nicht vor.

Eine Analogie ist zulässig, wenn das Gesetz eine planwidrige Regelungslücke enthält und der zu beurteilende Sachverhalt in rechtlicher Hinsicht soweit mit dem vom Gesetzgeber geregelten Tatbestand vergleichbar ist, dass angenommen werden kann, der Gesetzgeber wäre bei einer Interessenabwägung, bei der er sich von den gleichen Grundsätzen hätte leiten lassen wie bei dem Erlass der herangezogenen Gesetzesvorschrift, zu dem gleichen Abwägungsergebnis gekommen. Die Lücke muss sich also aus einem unbeabsichtigten Abweichen des Gesetzgebers von seinem - dem konkreten Gesetzgebungsverfahren zugrunde liegenden - Regelungsplan ergeben (BGH, Urteil vom 17. November 2009 - XI ZR 36/09 -, juris Rn. 23).

Vorliegend fehlt es an einer für eine Analogie erforderlichen planwidrigen Regelungslücke (vgl. Senat, I-10 W 65/16, Beschluss vom 9. Juni 2009).

In der ursprünglichen Fassung des KV GKG war eine Regelung über Gebührenermäßigungen im Fall von Erledigungserklärungen im Berufungsverfahren nicht enthalten. Der Gesetzgeber des Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes, das am 01. Juli 2004 in Kraft getreten ist, hat in Nr. 1222 Ziffer 4 KV GKG eine Regelung zur Kostenermäßigung im Fall von Erledigungserklärungen im Berufungsverfahren getroffen. Diese ist ausdrücklich auf die Fälle beschränkt, dass keine Entscheidung über die Kosten ergeht oder die Entscheidung einer zuvor mitgeteilten Einigung der Parteien über die Kostentragung oder der Kostenübernahmeerklärung einer Partei folgt. Im Rahmen der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 15/1971, S. 159 f) führt der Gesetzgeber aus, nach Nummer 1222 KV GKG-E solle sich die pauschale Verfahrensgebühr grundsätzlich nur unter den gleichen Voraussetzungen, die für die Verfahrensgebühr der ersten Instanz vorgesehen sind, auf 2,0 ermäßigen. Hierzu (Nr. 1211 KV-GKG-E) heißt es in der Gesetzesbegründung, in Rechtsprechung und Literatur sei umstritten, ob bereits das geltende Recht im Fall von Erledigungserklärungen eine Gebührenprivilegierung zulasse. Zum Meinungsstand wird in der Gesetzesbegründung ausdrücklich auf Zöller-Vollkommer/Herget, ZPO, 23. Aufl. Rn. 59 zu § 91a, verwiesen. In dieser - sich gerade einmal auf eine halbe Seite erstreckenden - Fundstelle wird der Fall, dass "sich die Parteien vergleichen und die Kostenregelung dem Gericht überlassen, selbst wenn sie dabei auf die Begründung verzichten" ausdrücklich erwähnt und der Meinungsstand mit Rechtsprechungsnachweisen untermauert. Angesichts dessen erscheint es dem Senat ausgeschlossen, dass der Gesetzgeber gerade diesen Fall in seinem - dem Gesetzgebungsverfahren des am 1. Juli 2004 in Kraft getretenen Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes zugrunde liegenden - Regelungsplan übersehen hat. Vielmehr liegt nahe, dass der Gesetzgeber mit der Neuregelung ausschließlich solche Fälle privilegieren wollte, in denen eine Meinungsbildung des Gerichts über die Kostentragungspflicht entfällt. Billigkeitserwägungen, die letztlich nur auf eine Beurteilung hinauslaufen, ob der Gesetzgeber bei der Neukonzeption der Nr. 1222 KV-GKG auch die "richtige" Entscheidung getroffen hat, sind im Hinblick darauf obsolet.

2.

Soweit die Einwendungen des Kostenschuldners sich auf die Qualität der Sachverständigenleistung beziehen, hat diese auf die Höhe der zu gewährenden Vergütung keinen Einfluss. Der vom Gericht bestellte Sachverständige handelt nicht im Rahmen eines Dienst- oder Werkvertrags. Seine Vergütung bezieht sich nicht auf das Werk des Sachverständigen, sondern auf seine Tätigkeit als Gehilfe des Gerichts, die er in Erfüllung einer staatsbürgerlichen Pflicht erbringt (BGH NJW 1976, 1154 f.). Deshalb sind sachliche Richtigkeit und Überzeugungskraft eines Sachverständigengutachtens kein Maßstab für die Höhe der dem Sachverständigen zu gewährenden Vergütung; es kommt lediglich darauf an, dass diese Leistung überhaupt erbracht wurde, nicht etwa auch darauf, wie das Gericht oder die Parteien das Gutachten inhaltlich beurteilen (Senat, I-10 W 162/14, Beschluss vom 27. Januar 2015).

III.

Der Kostenausspruch folgt aus § 66 Abs. 8 GKG.

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