OLG Köln, Beschluss vom 24.07.2018 - 9 U 54/18
Fundstelle
openJur 2019, 21976
  • Rkr:
Verfahrensgang
Tenor

Der Senat weist darauf hin, dass beabsichtigt ist, die Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen.

Es besteht Gelegenheit, innerhalb von drei Wochen ab Zustellung Stellung zu nehmen.

Gründe

Die angefochtene Entscheidung beruht weder auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung. Das Landgericht hat zu Recht die Klage mit der Begründung abgewiesen, dass eine Erstattung weiterer Behandlungszyklen im Rahmen der Kinderwunschbehandlung aufgrund des zwischen den Parteien geschlossenen privaten Krankenversicherungsvertrages von der Beklagten nicht geschuldet ist.

Die mit der Berufungsbegründung vorgetragenen Einwendungen gegen die erstinstanzliche Entscheidung greifen nicht durch.

1.

Sofern mit der Berufungsbegründung vorgetragen wird, eine Beschränkung auf drei Behandlungszyklen widerspreche der Rechtsprechung des BGH, so folgt der Senat diesem Einwand nicht. Der BGH hat mit Urteilen vom 21.09.2005 (Az. IV ZR 113/04, juris) und 17.12.1986 (Az. IVa ZR 78/85, juris) zu den Voraussetzungen der Erstattungsfähigkeit einer Kinderwunschbehandlung sowie zur hinreichenden Erfolgsaussicht ausgeführt.

Kinderwunschbehandlungen sind nach der Rechtsprechung des BGH im Grundsatz erstattungsfähig, wenn eine medizinische Notwendigkeit einer solchen Behandlung besteht. Mit dem Begriff der medizinischen Notwendigkeit einer Heilbehandlung wird - für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer erkennbar - zur Bestimmung des Versicherungsfalles ein objektiver, vom Vertrag zwischen Arzt und Patient unabhängiger Maßstab eingeführt. Insoweit hängt die Beurteilung nicht allein von der Auffassung des Versicherungsnehmers oder des ihn behandelnden Arztes ab, sondern von den objektiven medizinischen Befunden und Erkenntnissen im Zeitpunkt der Vornahme der Behandlung. Steht danach die Eignung einer Behandlung, eine Krankheit zu heilen oder zu lindern, nach medizinischen Erkenntnissen fest, folgt daraus grundsätzlich auch die Eintrittspflicht des Versicherers. Medizinisch notwendig kann eine Behandlung aber auch dann sein, wenn ihr Erfolg nicht sicher vorhersehbar ist. Es genügt insoweit, wenn die medizinischen Befunde und Erkenntnisse es im Zeitpunkt der Behandlung vertretbar erscheinen lassen, die Behandlung als notwendig anzusehen (BGH, Urteil vom 21.09.2005, Az. IV ZR 113/04, juris).

Maßgeblich für die bedingungsgemäße Notwendigkeit der IVF/ICSI-Behandlung ist zunächst, dass diese eine medizinisch anerkannte Methode zur Überwindung der Sterilität des Klägers darstellt (BGH, Urteil vom 17.12.1986, Az. IVa ZR 78/85, juris).

Das besagt aber noch nicht, dass die Maßnahme auch in jedem Einzelfall ausreichend Erfolg versprechend ist, um ihre bedingungsgemäße Notwendigkeit zu bejahen. Die Beurteilung der ausreichenden Erfolgsaussicht hat grundsätzlich der Tatrichter vorzunehmen, der sich dazu regelmäßig sachverständiger Hilfe bedienen muss, um die Einschätzung des behandelnden Arztes zu überprüfen. Von einer nicht mehr ausreichenden Erfolgsaussicht - und damit von einer nicht mehr gegebenen bedingungsgemäßen medizinischen Notwendigkeit der IVF/ICSI-Behandlung - ist dann auszugehen, wenn die Wahrscheinlichkeit, dass ein Embryotransfer (Punktion) zur gewünschten Schwangerschaft führt, signifikant absinkt und eine Erfolgswahrscheinlichkeit von 15% nicht mehr erreicht wird (BGH, Urteil vom 21.09.2005, Az. IV ZR 113/04, juris).

Anhand dieser Voraussetzungen ist im jeweiligen Einzelfall - ggf. unter Zuhilfenahme eines Sachverständigengutachtens - die ausreichende Erfolgsaussicht einer Kinderwunschbehandlung zu überprüfen, sofern eine Eintrittspflicht nach den vereinbarten AVB in Betracht kommt. An diesem Punkt unterscheidet sich das von der Klägerseite zitierte BGH-Urteil (Urteil vom 21.09.2005, Az. IV ZR 113/04, juris) von dem vorliegenden Fall. In der vorgenannten Entscheidung war eine Begrenzung für Kinderwunschbehandlungen nicht vorgesehen, der Vertrag sah abgesehen von einer jährlichen Selbstbeteiligung des Versicherungsnehmers für ambulante Behandlungen eine Kostenerstattung zu 100 % vor (vgl. BGH, Urteil vom 21.09.2005, Az. IV ZR 113/04, Rz. 2, juris). Die Parteien des hiesigen Rechtsstreits haben einen Krankenversicherungsvertrag mit der Bezeichnung "BestMed Komfort BM4" geschlossen, bei dem unter Ziffer 1.4.2 der zugrundeliegenden AVB eine Beschränkung auf bis zu 3 Versuche nach der intracytoplasmatischen Spermieninjektion (ICSI), einschließlich der dabei erforderlichen IVF besteht. Der BGH-Entscheidung vom 21.09.2005 (Az. IV ZR 113/04, juris) kann mitnichten entnommen werden, dass Kinderwunschbehandlungen ausschließlich abhängig von der medizinischen Notwendigkeit zu erstatten sind. Soweit der BGH in der Entscheidung auf eine Leistungsgrenze nach Treu und Glauben abstellt, so ist dieser Prüfungsansatz dem Umstand geschuldet, dass der dort streitgegenständliche Krankenversicherungsvertrag keine Begrenzung auf eine bestimmte Anzahl von Versuchen oder eine Kostengrenze vorsah.

Soweit der Kläger vorträgt, eine tarifliche Leistungsgrenze sei bereits aus dem Umstand unzulässig, dass bei drei Versuchen eine kumulative Erfolgsprognose von unter 50 % bestehe, so folgt der Senat dieser Argumentation nicht. Denn es kann nicht ohne weiteres angenommen werden, dass pro Versuch in jedem Fall eine Erfolgswahrscheinlichkeit von lediglich 15 % besteht. Die individuelle Erfolgswahrscheinlichkeit kann ohne weiteres auch deutlich höher liegen, die 15 %-Grenze markiert nach der BGH-Rechtsprechung nur den Punkt, bis zu dem eine ausreichende Erfolgsaussicht und damit eine bedingungsgemäße medizinische Notwendigkeit der Kinderwunschbehandlung gegeben ist.

2.

Der Senat folgt auch nicht der Auffassung des Klägers, dass die streitige Klausel 1.4.2 intransparent sei, weil das Merkmal der "deutlichen Erfolgsaussicht" mit der Beschränkung auf drei Behandlungsversuche kollidiere. Das Transparenzgebot gemäß § 307 Abs. 1 S. 2 BGB verpflichtet den Verwender, die Rechte und Pflichten seines Vertragspartners in den AGB möglichst klar, einfach und präzise darzustellen. Dazu gehört nicht nur, dass die einzelne Regelung für sich genommen klar formuliert ist, sie muss auch im Kontext mit dem übrigen Klauselwerk verständlich sein (Palandt, Grüneberg, BGB, 77. Auflage, § 307 Rn 21).

Nach dem Schriftbild der abgedruckten Klausel und der Anordnung der unterschiedlichen Voraussetzungen wird deutlich, dass es sich bei den ersten vier Voraussetzungen, die durch vier Aufzählungszeichen voneinander getrennt sind, um solche handelt, die den Leistungsanspruch an sich betreffen, d.h. ob eine Erstattung der Behandlung überhaupt in Betracht kommt. Hier sind neben dem Lebensalter der Partner auch das Vorliegen einer Sterilität sowie das Bestehen einer "deutlichen Erfolgsaussicht für die gewählte Behandlungsmethode" aufgeführt. Erst wenn diese vier Voraussetzungen gegeben sind, regelt die Klausel, in welchem Umfang eine Kinderwunschbehandlung von der Beklagten übernommen wird. Dies wird auch durch den Einleitungssatz "Ein Leistungsanspruch besteht für" gefolgt von drei Aufzählungszeichen, die die verschiedenen Behandlungsalternativen sowie deren Anzahl von Versuchen aufführen, kenntlich gemacht. Dass sich die letztgenannte Regelung als solche zum Leistungsgrund versteht, kann der Senat weder inhaltlich noch anhand der Darstellung der Klausel nachvollziehen. Die beiden Bereiche "Leistungsvoraussetzungen" und "Begrenzung der Kostenübernahme" sind drucktechnisch voneinander getrennt wiedergegeben und für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse auch in der Weise ohne Probleme zu erfassen.

Allgemeine Versicherungsbedingungen sind so auszulegen, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer diese bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen muss (BGH, Urteil vom 23.06.1993, Az. IV ZR 135/92, juris). Der durchschnittliche Versicherungsnehmer weiß, dass der Versicherer im Rahmen eines privaten Krankenversicherungsvertrages Erstattungen nicht unbegrenzt vornimmt, sondern lediglich unter bestimmten Voraussetzungen und innerhalb bestimmter tariflich definierter Grenzen (OLG Koblenz, Urteil vom 21.09.2016, Az. 10 U 952/14, juris).

Dies bedeutet, dass eine Beschränkung auf drei Versuche der ICSI bzw. IVF in den Tarifbedingungen nicht durch das Bestehen einer deutlichen Erfolgsaussicht überwunden werden kann, denn ein Anspruch auf Erstattung auch nur eines Versuches besteht vielmehr nur dann, wenn - neben den übrigen drei Leistungsvoraussetzungen - auch eine deutliche Erfolgsaussicht besteht. Ein Widerspruch oder eine Kollision dieser beiden Regelungen ist daher, entgegen der Auffassung des Klägers, nicht gegeben.

3.

Auch der Umstand, dass die Klausel 1.4.2 keine Öffnungsregelung für Behandlungen ab dem 4. Versuch vorsieht, bei denen eine deutliche Erfolgsaussicht wegen des Erreichens der 15%-Grenze besteht, hat nicht die Unwirksamkeit der Klausel zur Folge.

Dass sich das Erfordernis einer solchen Öffnungsregelung nicht aus einem Widerspruch zwischen Satz 1 und Satz 2 der streitigen Klausel ergibt, ist bereits unter Ziffer 2. des Hinweises ausgeführt. Auch darüber hinaus ist nicht feststellbar, woraus sich ein solches Erfordernis ableiten ließe, insbesondere hält die Klausel einer AGB-Kontrolle auch im Übrigen stand.

a) Die Klausel verstößt nicht gegen § 305c Abs. 1 BGB, denn es handelt sich nicht um eine überraschende Klausel, mit der der Vertragspartner des Verwenders nicht zu rechnen braucht. Hierzu müsste es sich um eine objektiv ungewöhnliche Klausel handeln (Palandt, BGB, 77. Auflage, § 305c Rn 3).

Gegen das Vorliegen einer überraschenden Klausel spricht bereits, dass sowohl in der gesetzlichen Krankenversicherung (vgl. § 27a Abs. 1 Nr. 2 SGB V) als auch beispielsweise in der Beihilfenverordnung NRW (vgl. § 8 Abs. 4 Nr. 1 BVO NRW) eine Beschränkung der Kinderwunschbehandlung auf drei Behandlungsversuche besteht.

Ferner hat der Kläger auch nicht vorgetragen, warum die Begrenzung auf gerade drei Versuche unbillig und zu einer Aushöhlung des Versicherungsschutzes führen sollte. Der Einwand, eine Beschränkung auf drei Versuche führe zu einer Erfolgswahrscheinlichkeit von unter 50 %, ist nicht durchgreifend, wie bereits unter Ziffer 1. ausgeführt.

Weitere Einwendungen gegen die Anzahl der Versuche hat der Kläger nicht erhoben. Eine unbeschränkte Erstattung von Kinderwunschbehandlungen widerspräche dagegen dem Grundsatz von Treu und Glauben und Rücksichtnahme auf die Versichertengemeinschaft.

Versicherungsverträgen sind Leistungsbegrenzungen und Leistungsausschlüsse immanent. Bei deren Ausgestaltung ist es dem Versicherer bei nicht lebensnotwendigen Behandlungen nicht von vornherein verwehrt, finanzielle Aspekte, nämlich die Begrenztheit der von der Versichertengemeinschaft zur Verfügung gestellten Mittel wie auch das Interesse der Versichertengemeinschaft an einer Begrenzung der Prämien, einzubeziehen. Auch das private Krankenversicherungsverhältnis untersteht - sogar in besonderem Maße - den Grundsätzen von Treu und Glauben. Der Versicherungsnehmer muss bei der Inanspruchnahme der besonders kostenträchtigen und nicht vital lebensnotwendigen Kinderwunschbehandlung in angemessener Weise Rücksicht auf den Versicherer und die Versichertengemeinschaft nehmen. Der Versicherer braucht deshalb jedenfalls ganz unverhältnismäßige Kosten für eine solche Behandlung nicht zu erstatten. Einer Kostenerstattung für wiederholte Fertilisationsversuche sind Grenzen gesetzt (BGH, Urteil vom 17.12.1986, Az. IVa ZR 78/85; OLG Düsseldorf, Urteil vom 20.04.2004, Az. 4 U 135/03; OLG Koblenz, Urteil vom 21.09.2016, Az. 10 U 952/14, juris).

b) Die Klausel stellt auch keine unangemessene Benachteiligung im Sinne von § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB dar. Denn dass die tarifliche Beschränkung des Versicherungsschutzes wesentliche Rechte und Pflichten des Vertrages dergestalt einschränkt, dass der Vertragszweck gefährdet ist, kann durch die Beschränkung der Anzahl der Kinderwunschbehandlungen nicht festgestellt werden. Denn es verbleibt ein hinreichend großer Anwendungsbereich für Kinderwunschbehandlungen im Rahmen des Vertrages. Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass im Rahmen der privaten Krankenversicherung verschiedene Tarife mit einem unterschiedlichen Leistungsspektrum angeboten werden.

Die Vertragsparteien bestimmen - wie allgemein im Vertragsrecht - auch im Versicherungsvertragsrecht den Inhalt des Versicherungsvertrages. Soweit der Versicherer verschiedene Tarife mit unterschiedlichen Leistungsinhalten vorhält, kann der potentielle Versicherungsnehmer auswählen, welche Leistungen zu welchen Konditionen er benötigt. Allerdings müssen solche vorformuliert durch Allgemeine Geschäftsbedingungen vorgegebenen Vertragsbedingungen vor allem mit dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen vereinbar sein (BGH, Urteil vom 27.10.2004, Az. IV ZR 141/03, juris). Das ist hier der Fall.

Der Kläger hat sich für einen Tarif entschieden, in dem ein eingeschränkter Leistungsumfang, auch in Bezug auf Kinderwunschbehandlungen, vereinbart ist. Dass sich die Beklagte im Leistungsfall auf diese Einschränkungen beruft, die Grundlage des privatrechtlichen Vertrages sind, macht diese nicht unbillig. Leistungsausschlüsse und Leistungsreduzierungen sind - auch für den Versicherungsnehmer - erkennbar Grundlage einer unterschiedlichen Prämiengestaltung, so dass eine unangemessene Benachteiligung des Klägers zu verneinen ist.

4.

Es liegt auch kein Verfahrensfehler in Form eines Begründungsdefizites, also ein Verstoß gegen § 313 ZPO vor. Das knapp gefasste erstinstanzliche Urteil enthält die tragenden Erwägungen, warum ein Anspruch des Klägers nicht gegeben ist. Nach § 313 Abs. 2 ZPO müssen die Entscheidungsgründe eine kurze Zusammenfassung der Erwägungen enthalten, auf denen die Entscheidung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht beruht,. Dass das Urteil keine Ausführungen zu dem Verhältnis von S. 1 und S. 2 der streitigen Klausel enthält, macht dieses nicht verfahrensfehlerhaft. Denn dass S. 2 eine Leistungsbeschränkung unabhängig vom Vorliegen der medizinischen Erfolgsaussichten enthält, ist offenkundig.

Zu der Frage, ob der 1. Behandlungsversuch im Februar 2016 einen anzurechnenden Versuch im Sinne der Tarifbestimmungen darstellt, hat das Landgericht Ausführungen gemacht, wenn auch nicht unter dem Schlagwort "abgebrochener Behandlungsversuch". Ob dieses von der Klägerseite gewählte Schlagwort die Fallgestaltung korrekt wiedergibt, ist zudem zweifelhaft.

Sofern fehlende Ausführungen zu Auswahlkriterien gerügt werden, ist darauf hinzuweisen, dass das Landgericht in seinen Entscheidungsgründen darauf hingewiesen hat, dass es ein Wahlrecht des Versicherungsnehmers nicht als gegeben ansieht, was es nachfolgend auch begründet hat, so dass im Ergebnis verfahrensfehlerhafte Begründungsdefizite nicht vorliegen.

5.

Zu Recht ist das Landgericht auch davon ausgegangen, dass die 1. Behandlung im Februar 2016 als anzurechnender Versuch im Sinne der vereinbarten Tarifbedingungen anzusehen ist. Bei dem Versuch kam es mangels Fertilisierung der entnommenen Eizellen nicht zu einem Embryonentransfer, alle übrigen Behandlungsschritte wurden vorgenommen.

Zu Recht weist der Kläger darauf hin, dass der Begriff "Versuch" in den Tarifbedingungen der Beklagten nicht definiert ist. Die von dem Kläger aufgeworfene Frage, ob von einem "Versuch" nur dann auszugehen ist, wenn sämtliche Behandlungsschritte, einschließlich des Embryonenrücktransfers, vorgenommen wurden, ist zu verneinen. Auf den konkreten Fall bezogen wurden bei der Behandlung im Februar 2016 sämtliche Behandlungsschritte vorgenommen, bis auf den Rücktransfer von Embryonen, weil solche nicht entstanden waren. Daher wurde, entgegen der Auffassung des Klägers, die Behandlung auch nicht abgebrochen, sondern konnte lediglich nicht zu ihrem vollständigen Ende geführt werden, da keine Embryonen transferiert werden konnten.

Der Verweis auf die "Richtlinien über künstliche Befruchtung" vom 21.08.2014 des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen vermag ebenfalls keine andere Bewertung zu rechtfertigen. Zunächst regelt die Richtlinie in der aktuellen Fassung vom 16.03.2017 gemäß § 27a Abs. 4 i. V. m. § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 10 und i. V. m. § 135 Abs. 1 des 5. Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) die medizinischen Einzelheiten zu Voraussetzungen, Art und Umfang der den gesetzlichen Erfordernissen des § 27a Abs. 1 SGB V entsprechenden ärztlichen Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft durch künstliche Befruchtung, also im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung und findet daher direkt keine Anwendung auf private Krankenversicherungsverhältnisse. Ferner definiert auch Ziffer 8. der Leistungsvoraussetzungen, auf die der Kläger Bezug nimmt, nicht den Begriff "Versuch". Ziffer 8. der Leistungsvoraussetzungen regelt vielmehr, wann eine hinreichende Erfolgsaussicht für die jeweiligen Behandlungsmaßnahmen nicht besteht, nämlich dann, wenn u.a. eine Invitro-Fertilisation bis zu dreimal vollständig durchgeführt wurde, ohne dass eine klinisch nachgewiesene Schwangerschaft eingetreten ist.

Soweit der Kläger in der Berufungsbegründung auf Fälle verweist, in denen die Behandlung wegen anderweitiger Erkrankungen der Frau tatsächlich abgebrochen werden musste, so treffen diese Fallgestaltungen nicht den hier zu entscheidenden Sachverhalt, so dass diese auch nicht zur Begründung herangezogen werden können.

6.

Auch das hilfsweise vorgebrachte Argument, die streitgegenständliche Klausel sei deswegen unwirksam, weil unklar sei, welche drei Versuche erstattungsfähig seien, wenn Paare mehr als drei Versuche vorgenommen hätten, greift nicht durch. Zu Recht ist das Landgericht davon ausgegangen, dass die tariflich zugesagten drei Behandlungsversuche nach ihrer chronologischen Reihenfolge zu zahlen sind. Anhaltspunkte, die eine anderweitige Auslegung der Klausel zuließen, bestehen nicht. Der durchschnittliche Versicherungsnehmer wird bei Durchsicht der Tarifbedingungen davon ausgehen, dass die ersten drei durchgeführten Versuche der IVF-Behandlung von der Beklagten ersetzt werden. Hätte ein Wahlrecht vereinbart werden sollen, wären zusätzliche Regelungen zu erwarten gewesen, z.B. zur zeitlichen Ausübung des Wahlrechts. All solche Vereinbarungen fehlen, so dass aus dem Wortlaut sowie dem übrigen Kontext der Vertragsbestimmungen kein Hinweis für eine andere als chronologische Erstattung von Kinderwunschbehandlungen zu entnehmen ist.

Dies hat die Beklagte auch durch ihre Kostenübernahmeerklärungen verdeutlicht (vgl. Schreiben vom 12.03.2015, Bl. 96, Anlage BLD 2), ferner hat sie in der Leistungsabrechnung vom 28.06.2016 auf die Erfüllung der Zusage ausdrücklich hingewiesen (Anlage BLD 8, Bl. 109).

Davon ist offenkundig auch der Kläger ausgegangen, der mit Email vom 15.02.2016 die Rechnungen des "ersten Versuches" eingereicht hat (Anlage BLD 3, Bl. 100). Würde man ein Wahlrecht bejahen, hätte der Kläger mit diesem Leistungsantrag wohl bereits von seinem Wahlrecht Gebrauch gemacht, da er die Rechnungen mit der Bitte um Regulierung bei der Beklagten einreichte.

7.

Die Revision wird nicht zugelassen, denn es ist nicht erkennbar, dass die Sache grundsätzliche Bedeutung hat, § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Eine Rechtssache hat dann grundsätzliche Bedeutung, wenn eine klärungsbedürftige Frage zu entscheiden ist. Klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage, wenn zu ihr unterschiedliche Auffassungen vertreten werden und noch keine höchstrichterliche Entscheidung vorliegt (Zöller, ZPO, 32. Auflage, § 543 Rn 11). Dass unterschiedliche Rechtsprechung sowie Literaturmeinungen zu der hier streitgegenständlichen Klausel vorliegen, die eine höchstrichterliche Entscheidung erfordern, ist nicht ersichtlich. Daher ist auch nicht von dem Vorliegen einer klärungsbedürftigen Frage auszugehen.

8.

Die weiteren Voraussetzungen des § 522 Abs. 2 ZPO liegen vor. Die Sache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Senates auf Grund mündlicher Verhandlung, die auch sonst nicht geboten ist (§ 522 Abs. 2 S. 1 ZPO).

Der Kläger erhält Gelegenheit, binnen 3 Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses zu den Hinweisen des Senats Stellung zu nehmen. Auf die bei förmlicher Entscheidung nach § 522 Abs. 2 ZPO dem Rechtsmittelführer verloren gehende Möglichkeit einer Kosten sparenden Rücknahme nach Nr. 1222 Kostenverzeichnis zum GKG wird vorsorglich hingewiesen.