FG Münster, Urteil vom 21.11.2018 - 9 K 4187/14 K
Fundstelle
openJur 2019, 21432
  • Rkr:
Tenor

Der Körperschaftsteuerbescheid 2011 vom 23.9.2013 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 24.11.2014 wird dahingehend geändert, dass die Körperschaftsteuer auf 1.213.514 € festgesetzt wird.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird zugelassen.

Das Urteil ist wegen der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, soweit nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in Höhe des vollstreckbaren Betrages leistet.

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob chinesische Quellensteuer auf die deutsche Körperschaftsteuer anzurechnen ist.

Die Klägerin ... hat Tochtergesellschaften in verschiedenen Ländern, u.a. in China. Die X (X) in Shanghai stellt eine 100 %-ige Tochtergesellschaft der Klägerin dar; sie wurde 2004 gegründet.

Die Entwicklungsaktivitäten werden schwerpunktmäßig am Stammsitz in G durchgeführt. Die Entwicklung eines neuen Produkts kann, je nach Innovationsgrad und Anforderung der Kunden, mehr als ein Jahr in Anspruch nehmen. Muss das Produkt auf Anforderung des Kunden im Ausland produziert werden, überlässt die Klägerin das Entwicklungsergebnis entgeltlich an die jeweilige Auslandstochter zur Nutzung. Dies geschah etwa ab dem Jahr 2010 bis zum Jahr 2012 durch Zahlung eines Einmalbetrages, der durch Anwendung der Kostenaufschlagsmethode ermittelt wurde. Heute erfolgen die Überlassungen durch laufende Lizenzzahlungen. Ungeachtet der Tatsache, ob es sich um einmalige oder laufende Zahlungen handelt, unterliegen diese dem Quellensteuerabzug im Ausland.

Im Streitjahr 2011 erzielte die Klägerin aus den an die chinesische X überlassenen Entwicklungsergebnissen Lizenzeinnahmen in Höhe von 1.463.544,36 €, auf die in China in einer Höhe von 10 % (=146.354,47 €) Quellensteuer einbehalten wurde. Die Einnahmen und die einbehaltenen Quellensteuern setzten sich wie folgt zusammen:

Einnahmen Quellensteuer

Projekt C 35.577,36 € 3.537,74 €

Projekt D 10.754,72 € 1.075,47 €

Projekt E 111.415,09 € 11.141,51 €

Diverse Projekte (Forschung und Entwicklung) 485.836,80 € 48.583,68 €

Diverse Projekte (Lizenzen) 820.160,39 € 82.016,07 €

1.463.544,36 € 146.354,47 €

Im Veranlagungszeitraum 2011 waren im Zusammenhang mit den vorgenannten Lizenzeinnahmen Betriebsausgaben in einer Höhe (nach der Korrektur im vorliegenden Klageverfahren) von unstreitig 579.990,04 € angefallen. Für laufende und noch nicht abgeschlossene Entwicklungsarbeiten, die in späteren Jahren zu Lizenzvergaben und Lizenzeinnahmen aus China geführt haben, waren im Jahr 2011 bereits weitere Aufwendungen in Höhe von unstreitig 2.483.100,14 € entstanden.

Am 11.9.2012 erließ der Beklagte (das Finanzamt --FA--) einen Bescheid für 2011 über Körperschaftsteuer. Dieser Bescheid stand unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Dem hiergegen eingelegten Einspruch entsprach das FA durch einen Änderungsbescheid vom 4.3.2013; auch dieser stand unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. In beiden Bescheiden waren die obengenannten Lizenzeinnahmen aus China in dem versteuerten Gewinn enthalten, die chinesischen Quellensteuern aber nicht angerechnet worden.

Mit Schreiben vom 26.2.2013 beantragte die Klägerin gemäß § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung die Anrechnung der in China gezahlten 10%-igen Quellensteuer (rund 146.354 €) sowie einer zusätzlichen fiktiven Quellensteuer in Höhe von 5% (rund 73.177 €) nach (so sinngemäß) näherer Maßgabe der Art. 12, 24 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik China zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen vom 10.6.1985 (--DBA-China 1985--, BGBl. II 1986, 447) i.V.m. § 26 des Körperschaftsteuergesetzes 2002 i.d.F. des Jahressteuergesetzes 2007 (JStG 2007) vom 13.12.2006 (BGBl. I 2006, 2878) --KStG 2002 a.F.--, § 34c des Einkommensteuergesetzes 2009 i.d.F. der Bekanntmachung vom 8.10.2009 (BGBl. I 2009, 3366) --EStG 2009 a.F.--. Die anrechenbare Quellensteuer ermittelte die Klägerin zunächst wie folgt:

Projekt ausländische Einkünfte Quellensteuer

C 5.316,71 € 5.306,61 €

D 1.616,28 € 1.613,21 €

E 16.744,33 € 16.712,27 €

Diverse Projekte (Forschung und

Entwicklung 73.014,33 € 72.875,52 €

Diverse Projekte (Lizenzen) 820.160,39 € 123.024,11 €

916.851,81 € 219.531,71 €

Die Klägerin reichte dazu eine Höchstbetragsberechnung ein, nach der chinesische Quellensteuer in einer Höhe von 131.126 € auf die inländische Körperschaftsteuer 2011 anzurechnen sein sollte. Erläuternd machte sie nachfolgend geltend, die Aufwendungen des Jahres 2011 für die laufenden Entwicklungsarbeiten in Höhe von 2.483.100,14 €, deren Ergebnisse erst später zu Überlassungsverträgen mit X geführt hätten, seien für Zwecke der Höchstbetragsberechnung nicht in die Ermittlung der ausländischen Einkünfte aus China einzubeziehen und dementsprechend in den mitgeteilten ausländischen Einkünften aus China nicht berücksichtigt worden.

Das Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung F und diesem folgend das FA vertraten hingegen die Auffassung, für Zwecke der Anrechnung gemäß § 34c Abs. 1 EStG 2009 a.F. sei es erforderlich, alle Betriebsausgaben bei der Ermittlung der ausländischen (chinesischen) Einkünfte zu berücksichtigen, die im Streitjahr aus derselben Einkunftsquelle, nämlich den Einkünften aus Lizenzen mit China, angefallen seien. Dies gehe über eine ausschließlich projektbezogene Ermittlung der Einkünfte hinaus. Vielmehr seien auch solche Betriebsausgaben des Streitjahres für andere Projekte mit einzubeziehen, bei denen es wegen der mehrjährigen Projektentwicklung erst in späteren Jahren zur Erzielung von Lizenzerlösen komme. Dementsprechend müssten weitere Betriebsausgaben von 2.484.100,14 € berücksichtigt werden, so dass die ausländischen Einkünfte aus China gemäß § 34c EStG 2009 a.F. negativ (./. 1.567.248,33 €) seien. Da im Inland bezogen auf diese ausländischen Einkünfte keine Steuern entstanden sei, könne keine Anrechnung der chinesischen Quellensteuer auf die deutsche Körperschaftsteuer erfolgen.

In dem Änderungsbescheid für 2011 über Körperschaftsteuer vom 24.7.2013 setzte das FA dementsprechend die Körperschaftsteuer zwar aufgrund anderweitiger Feststellungen der Betriebsprüfung herab; dem Antrag, die ausländische Quellensteuer anzurechnen, entsprach es jedoch nicht.

Die Klägerin legte hiergegen Einspruch ein. Während des Einspruchsverfahrens erging am 23.9.2013 ein geänderter Körperschaftsteuerbescheid 2011, in dem nunmehr ein Verlustrücktrag aus dem Jahr 2012 in das Jahr 2011 in Höhe von 511.500 € berücksichtigt wurde. Durch Einspruchsentscheidung vom 24.11.2014 wies das FA den Einspruch als unbegründet zurück.

Mit der daraufhin erhobenen Klage trägt die Klägerin vor, dass nur die Aufwendungen bei der Berechnung des Anrechnungshöchstbetrages in einem wirtschaftlichen Zusammenhang mit den quellensteuerbelasteten Einkünften aus China stünden, die während des Veranlagungszeitraums 2011 mit den tatsächlich und konkret abgerechneten Entwicklungsleistungen für X angefallen seien, während Entwicklungsaufwendungen für eigene Projekte in G oder Projekte, die erst später zu Lizenzeinnahmen aus China führen könnten, unbeachtlich seien. Die ausländischen Einkünfte beliefen sich --unter Korrektur ihres ursprünglichen Antrags-- im Jahr 2011 auf 883.554,32 €, denn die bei deren Ermittlung zu berücksichtigenden Aufwendungen seien --namentlich wegen Wechselkursdifferenzen-- auf 579.990,04 € (statt zuvor 546.692,04 €) zu erhöhen. Die anrechenbare chinesische Quellensteuer betrage daher 102.803 €. In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin die Zusammensetzung der Betriebsausgaben durch Vorlage der Auflistung "Auszugsweise Spezifikation der unstreitigen Betriebsausgaben für Zwecke der Höchstbetragsberechnung 2011" und einer weiteren Anlage erläutert. Auf die Inhalte dieser als Anlage 1 und 2 zu Protokoll genommenen Listen wird wegen der Einzelheiten Bezug genommen. Die Beteiligten haben daraufhin in der mündlichen Verhandlung den Betrag in Höhe von 579.990,04 € unstreitig gestellt.

Die Klägerin vertritt die Auffassung, die Neuregelung in § 34c Abs. 1 Satz 4 EStG 2009 a.F. verlange zwar keinen unmittelbaren Zusammenhang zwischen den Einnahmen und den Betriebsausgaben/Betriebsvermögensminderungen mehr. Letztere müssten ersteren jedoch (weiterhin) zurechenbar sein. Forschungs- und Entwicklungskosten fehle in Verrechnung auf Lizenzeinnahmen der so verstandene wirtschaftliche Zusammenhang. Es sei nicht ersichtlich, wieso dies nur für Grundlagenforschung oder weit gefasste Forschungsthemen gelten solle.

Selbst wenn man jedoch anderer Auffassung sein wollte, seien im vorliegenden Fall die Aufwendungen, die auf in späteren Jahren abgeschlossene und lizensierte Projekte entfielen, nicht zu berücksichtigen, da insoweit kein wirtschaftlicher Zusammenhang mit den im Veranlagungszeitraum 2011 erzielten Lizenzeinnahmen zu sehen sei. Ein Zusammenhang mit in späteren Jahren und aus anderen Projekten erzielten Einnahmen könne nicht ausreichend sein, um den vom Gesetz geforderten wirtschaftlichen Zusammenhang herzustellen.

Die auf die im Jahr 2011 erzielten Lizenzeinnahmen entfallenden konkreten Entwicklungsaufwendungen seien sämtlich bereits in vorangegangenen Veranlagungszeiträumen als Betriebsausgaben oder Betriebsvermögensminderungen angesetzt worden. Ihrer Berücksichtigung im Streitjahr stehe das Prinzip der Abschnittsbesteuerung entgegen.

Selbst wenn im Veranlagungszeitraum 2011 Aufwendungen für die Weiterentwicklung der im Jahr 2011 überlassenen Projekte angefallen wären, könnten diese nicht berücksichtigt werden. Eine Weiterentwicklung gehe nicht in die laufende Verwertung ein, sondern könne nur Gegenstand eines Updates sein. Wenn zudem schon Aufwendungen für die Weiterentwicklung nicht einbezogen werden dürften, müsse dies erst recht für Aufwendungen gelten, die auf die Entwicklung neuer Projekte entfielen.

Die Klägerin ist der Auffassung, aus dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 6.4.2016 I R 61/14 ergäben sich für den vorliegenden Streitfall mehrere wesentliche Aussagen. Der BFH differenziere nicht nur nach dem Herkunftsland der Einkünfte (per country limitation), sondern stelle zugleich auf die Einnahmeart ab. Dieser Begriff sei jedoch wiederum nicht legaldefiniert. Die Klägerin meint, dass dieser eine Differenzierung nach den einzelnen Entwicklungsprojekten gebiete. So stelle der BFH zunächst selbst fest, dass es auf den Veranlassungszusammenhang ankomme. In einem ersten Schritt sei auf das auslösende Moment abzustellen. Bezogen auf den vorliegenden Fall bedeute das, dass die im Veranlagungszeitraum angefallenen Entwicklungskosten zunächst den Lizenzeinnahmen zuzurechnen seien, die für die Überlassung des Entwicklungsergebnisses, das aus den aufgewendeten nämlichen Entwicklungskosten entstanden sei, erzielt würden. Vereinfacht ausgedrückt, würden Entwicklungskosten für Projekt B nicht durch das Entwicklungsprojekt A ausgelöst. Außerdem ließen sich im Zeitpunkt der Forschungsarbeiten die dafür anfallenden Betriebsausgaben nur prognostisch einzelnen Standorten bzw. Staaten zuordnen. Im Einzelfall könne es sein, dass sich die Laufzeiten für das entsprechende Produkt veränderten, die Mengen variierten (ggf. auch, wenn für die Produktion z.B. von vornherein zwei oder mehrere Standorte vorgesehen seien) oder sogar ganze Standorte verschoben würden. In der Regel sei es allerdings so, dass zumindest zu 80 % bereits feststehe, in welchem Staat bzw. an welchem Produktionsstandort die entsprechende Lizenz eingesetzt werde.

Die Verwendung des Begriffs Einnahmeart zeige, dass der BFH bewusst auf die Veranlassung der Betriebsausgaben durch konkrete Einnahmen abstelle. Entgegen der Auffassung des FA könne es nicht allein auf den wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen Betriebsausgaben und Einkunftsart ankommen. Der BFH stelle vielmehr ausdrücklich darauf ab, dass die Gründe maßgebend seien, aus denen der Steuerpflichtige die Aufwendungen vornehme.

Die Klägerin beantragt,

1. den Bescheid für 2011 über Körperschaftssteuer vom 23.9.2013 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 24.11.2014 dahingehend zu ändern, dass die ausländischen chinesischen Quellensteuern in Höhe von insgesamt 219.531 € im Rahmen der Höchstbetragsberechnung in Höhe von 102.803 € auf die festgesetzte Körperschaftsteuer angerechnet werden,

2. hilfsweise, die chinesischen Quellensteuern (ohne die fiktiven Quellensteuern) in Höhe von insgesamt 146.354,47 € gemäß § 26 KStG in Verbindung mit § 34c Abs. 2 EStG als Betriebsausgaben abzuziehen,

3. hilfsweise zu 1., die Revision zuzulassen.

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Zur Begründung führt es aus, dass gemäß § 34c Abs. 1 Satz 4 EStG 2009 u.a. bei Einkünften der in § 34d Nr. 7 und 8c EStG 2009 a.F. genannten Art (namentlich auch Einkünften aus Lizenzen), die zum Gewinn eines inländischen Betriebs gehörten, Betriebsausgaben und Betriebsvermögensminderungen abzuziehen seien, die mit diesen Einnahmen in wirtschaftlichem Zusammenhang stünden. Seit der Gesetzesänderung sei bereits ein mittelbarer Zusammenhang zwischen Betriebsausgaben und steuerfreien Betriebseinnahmen ausreichend. Die mit den ausländischen Einnahmen in wirtschaftlichem Zusammenhang stehenden Betriebsausgaben und Betriebsvermögensminderungen seien in sachlicher und zeitlicher Hinsicht zu würdigen. Die sachliche Zuordnung sei nach § 34c EStG 2009 a.F. vorzunehmen, während die zeitliche Zuordnung nach den allgemeinen Vorschriften über die Einkünfteermittlung erfolge.

Im vorliegenden Fall müssten auch die im Streitjahr angefallenen Forschungs- und Entwicklungskosten für erst in späteren Jahren nach China überlassene Produkte bei der Ermittlung der ausländischen Einkünfte für Zwecke der Höchstbetragsberechnung abgezogen werden. Mangels positiver ausländischer chinesischer Einkünfte sei danach keine chinesische Quellensteuer anzurechnen. Soweit die Klägerin vortrage, wegen des Prinzips der Abschnittsbesteuerung seien Kosten eines anderen Veranlagungszeitraums nicht im Streitjahr von den Erlösen abzuziehen, werde darauf hingewiesen, dass im Streitfall bei der Ermittlung der ausländischen Einkünfte keine Aufwendungen anderer Veranlagungszeiträume berücksichtigt worden seien; eine periodenübergreifende Betrachtung habe nicht stattgefunden. Zwar weise die Klägerin zutreffend darauf hin, dass in der Literatur die Auffassung vertreten werde, eine projektübergreifende Zuordnung scheide aus, weil der bloße wirtschaftliche Zusammenhang den erforderlichen mittelbaren Zusammenhang nicht begründen könne. Das FA vermöge dieser Auffassung aber nicht zu folgen. Denn hierdurch werde der Wille des Gesetzgebers faktisch ignoriert. Mit der Neufassung des Gesetzeswortlauts habe dieser gerade nicht den unmittelbaren Zusammenhang gewollt, da hierdurch nach seiner Auffassung eine unzutreffende Ermittlung der ausländischen Einkünfte stattfinde. Durch die Gesetzesänderung habe eine Erweiterung der zu berücksichtigenden Betriebsausgaben und Betriebsvermögensminderungen erfolgen sollen. Ferner seien in der Literatur mit den Kosten der Forschung und Entwicklung die Grundlagenforschung oder weiter gefasste Forschungsthemen gemeint. Hier bestehe kein konkreter Bezug zu Lizenzeinnahmen für ein bestimmtes Projekt. Solche Kosten seien im vorliegenden Fall aber gar nicht in Ansatz gebracht worden. Im Streitfall gehe es um Kosten für ausentwickelte konkrete Einzelprojekte.

Entsprechend den Ausführungen im BFH-Urteil vom vom 6.4.2016 I R 61/14 komme auch im vorliegenden Fall dem Veranlassungszusammenhang eine entscheidende Bedeutung zu. Bei der von der Klägerin wahrgenommenen Entwicklungstätigkeit für die chinesische Produktions-Tochtergesellschaft ergäben sich permanent zeitlich überlagernde Entwicklungsprojekte, die entsprechend den mit dem Autohersteller vereinbarten Produktionsterminen zu unterschiedlichen Zeiten abgeschlossen würden. Gerade dieser Veranlassungszusammenhang sei zwischen den Betriebsausgaben für die noch nicht abgeschlossenen Projekte und den Einnahmen aus der Lizenzierung der bereits abgeschlossenen Projekte gegeben. Dabei müsse namentlich berücksichtigt werden, dass es nach Ansicht des BFH nicht auf die naturwissenschaftliche Kausalität, sondern auf eine wertende Selektion der Aufwandsursachen ankomme. Danach seien Aufwandsursachen der Einkunftsart zuzuordnen, die im Vordergrund stehe und die Beziehung zu den anderen Einkunftsarten verdränge. Maßgebend seien insoweit die Gesamtumstände des Einzelfalls. Im Fall der Entwicklungstätigkeit der Klägerin liege ein ausschließlicher Zusammenhang mit den Einkünften aus Gewerbebetrieb vor ... Sie bediene eine lange Wertschöpfungskette, an deren Ende die fertigen, selbst entwickelten Fahrzeugkomponenten stünden. Da der BFH auf die Einkunftsart abstelle, werde deutlich, dass es entgegen der Ansicht der Klägerin nicht auf die einzelnen Geschäftsvorfälle ankommen könne. Vielmehr komme es auf die Gründe an, aufgrund derer der Steuerpflichtige die Aufwendungen vornehme. Die Klägerin betreibe Entwicklungsleistungen für ihre chinesische Tochtergesellschaft, weil dies Teil ihrer originären gewerblichen Tätigkeit mit einer großen Wertschöpfungstiefe sei. Insofern bestehe zwischen den Einnahmen aus der Lizenzierung an die chinesische Tochtergesellschaft ein unmittelbarer Zusammenhang. Ohne eine fortlaufende Übernahme der Entwicklungsfunktion durch die Klägerin in Deutschland komme es weder zu Einnahmen aus Lizenzierung noch zum Verkauf der selbst entwickelten und in China produzierten ... Komponenten ... Regelmäßig stehe auch bereits im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses mit dem Fabrikanten und der sich daran anschließenden Entwicklungstätigkeit schon fest, in welchem konkreten Werk später die entsprechenden Autoteile produziert würden, weil diese Produktionszuordnung für die Kostenstruktur bzw. -kalkulation von Bedeutung sei.

Der Berichterstatter hat den Sach- und Streitstand am 5.11.2015 mit den Beteiligten erörtert. Am 21.11.2018 ist in dem Verfahren vor dem Senat mündlich verhandelt worden. Wegen der Einzelheiten beider Termine wird auf die Inhalte der Protokolle Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist zulässig und begründet. Der angefochtene Körperschaftsteuerbescheid 2011 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, weil das FA die chinesische Quellensteuer nicht in Höhe von 102.803 € auf die deutsche Körperschaftsteuer angerechnet hat.

I. Bei unbeschränkt Steuerpflichtigen, die mit ausländischen Einkünften in dem Staat, aus dem die Einkünfte stammen, zu einer der deutschen Körperschaftsteuer entsprechenden Steuer herangezogen werden, ist die festgesetzte und gezahlte und um einen entstandenen Ermäßigungsanspruch gekürzte ausländische Steuer auf die deutsche Körperschaftsteuer anzurechnen, die auf die Einkünfte aus diesem Staat entfällt (§ 26 Abs. 1 KStG 2002 a.F.). Zum Zwecke der Anrechnung sind grundsätzlich § 34c Abs. 1 Satz 2 bis 5 und Abs. 2 bis 7 EStG 2009 a.F. entsprechend anzuwenden (§ 26 Abs. 6 Satz 1 Halbsatz 1 KStG 2002 a.F.). Nach § 34c Abs. 6 Satz 1 EStG 2009 a.F. sind die Abs. 1 bis 3 dieser Norm nicht maßgebend, wenn die Einkünfte aus einem ausländischen Staat stammen, mit dem ein Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung besteht. Soweit allerdings in einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung die Anrechnung einer ausländischen Steuer auf die deutsche Steuer vorgesehen ist, sind § 34c Abs. 1 Satz 2 bis 5 EStG 2009 a.F. entsprechend auf die nach dem Abkommen anzurechnende ausländische Steuer anzuwenden (§ 26 Abs. 6 Satz 1 KStG 2002 a.F. i.V.m. § 34c Abs. 6 Satz 2 Halbsatz 1 EStG 2009 a.F.).

II. Ausgehend von den vorgenannten materiellen Maßstäben ist im vorliegenden Fall die chinesische Quellensteuer im Streitjahr 2011 in Höhe eines Betrages von 102.803 € auf die deutsche Körperschaftsteuer der Klägerin anzurechnen.

1. Für die im Streitfall zu beurteilenden chinesischen Lizenzeinkünfte der im Inland mit ihrem Welteinkommen unbeschränkt steuerpflichtigen Klägerin (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG 2002) sieht das einschlägige DBA-China 1985 bei einer in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Person die Anrechnung der in China einbehaltenen Quellensteuern auf die deutsche Körperschaftsteuer vor. Auf die von den Lizenzeinkünften aus der Volksrepublik China zu erhebende deutsche Körperschaftsteuer wird unter Beachtung der Vorschriften des deutschen Steuerrechts über die Anrechnung ausländischer Steuern die chinesische Steuer angerechnet, die nach chinesischem Recht und in Übereinstimmung mit dem DBA-China 1985 für die Lizenzgebühren gezahlt worden ist (Art. 24 Abs. 2 Buchst. b Doppelbuchst. cc i.V.m. Art. 12 Abs. 2 DBA-China 1985). Als anzurechnende chinesische Steuer gelten in diesem Fall 15 % des Bruttobetrags dieser Zahlungen (Art. 24 Abs. 2 Buchst. c Doppelbuchst. bb DBA-China 1985).

2. Der Höhe nach begehrt die Klägerin zu Recht die Anrechnung der chinesischen Quellensteuer mit einem Betrag von 102.803 €. Dieser ergibt sich aufgrund von chinesischen Einkünften in Höhe von 883.554 € multipliziert mit der deutschen Körperschaftsteuer in Höhe von 1.345.491 €; das insoweit sich ergebende Produkt ist durch die Summe der Einkünfte in Höhe von 11.564.109 € zu dividieren.

a) In welcher Weise und in welchem Umfang die Anrechnung der hier in Rede stehenden chinesischen Quellensteuer zu erfolgen hat, richtet sich entsprechend dem ausdrücklichen Verweis im DBA-China 1985 wie gemäß § 26 Abs. 6 Satz 1 KStG 2002 a.F. i.V.m. § 34c Abs. 6 Satz 2 Halbsatz 1 EStG 2009 a.F nach innerstaatlichem Recht. Die auf die ausländischen Einkünfte entfallende deutsche Körperschaftsteuer ist danach in der Weise zu ermitteln, dass die sich bei der Veranlagung des zu versteuernden Einkommens ergebende deutsche Steuer im Verhältnis dieser ausländischen Einkünfte zur Summe der Einkünfte aufgeteilt wird (§ 26 Abs. 6 Satz 1 KStG 2002 a.F. i.V.m. § 34c Abs. 1 Satz 3 EStG 2009 a.F.). Der Berechnung der auf die ausländischen Einkünfte entfallenden inländischen Körperschaftsteuer ist die Körperschaftsteuer zugrunde zu legen, die sich ohne Anwendung der § 37 und § 38 KStG 2002 a.F. ergibt (§ 26 Abs. 6 Satz 2 KStG 2002 a.F.). Gehören ausländische Einkünfte der in § 34d Nr. 3, 4, 6, 7 und 8 Buchst. c EStG 2009 a.F. genannten Art zum Gewinn eines inländischen Betriebes, sind bei ihrer Ermittlung Betriebsausgaben und Betriebsvermögensminderungen abzuziehen, die mit den diesen Einkünften zugrunde liegenden Einnahmen in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen (§ 26 Abs. 1 Satz 1 KStG 2002 a.F. i.V.m. § 34c Abs. 1 Satz 4 EStG 2009 a.F.). Die ausländischen Steuern sind gemäß § 26 Abs. 6 Satz 1 KStG 2002 a.F. i.V.m. § 34c Abs. 1 Satz 5 EStG 2009 a.F. nur insoweit anzurechnen, als sie auf die im Veranlagungszeitraum bezogenen Einkünfte entfallen. Stammen die ausländischen Einkünfte aus mehreren ausländischen Staaten, so sind die Höchstbeträge der anrechenbaren ausländischen Steuern für jeden einzelnen ausländischen Staat gesondert zu berechnen (§ 68a der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung i.d.F. vom 17.11.2010; zur Geltung dieser Regelung auch für Körperschaften vgl. Staats in Rödder/Herlinghaus/Neumann, KStG, § 26 Rz. 71).

b) Die Höhe der deutschen Körperschaftsteuer (vor Anrechnung) und die Summe der Einkünfte der Klägerin sind zwischen den Beteiligten zur Recht unstreitig. Weitere Ausführungen erübrigen sich deshalb.

c) Entgegen der Auffassung des FA hat die Klägerin 2011 in dem Bereich der chinesischen Lizenzeinkünfte keinen Verlust, sondern positive Einkünfte in Höhe der angesetzten 883.554 € erzielt. Den der Höhe nach unstreitigen Einnahmen aus Lizenzgebühren in Höhe von 1.463.544,36 € stehen Betriebsausgaben in Höhe von nur 579.990,04 € gegenüber. Nur insoweit besteht ein wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen den Betriebsausgaben und den ihnen zugrunde liegenden Einnahmen (vgl. § 26 Abs. 6 Satz 1 KStG 2002 a.F. i.V.m. § 34c Abs. 1 Satz 4 EStG 2009 a.F.).

aa) Der Begriff des wirtschaftlichen Zusammenhangs ist in § 34c Abs. 1 Satz 4 EStG 2009 a.F. nicht definiert. Er bestimmt sich nach dem allgemeinen Veranlassungsprinzip. Hierfür spricht die Bedeutung des Begriffs des wirtschaftlichen Zusammenhangs in § 50 Abs. 1 Satz 1 EStG und § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG (BFH-Urteil vom 6.4.2016 I R 61/14, BFHE 253, 348, BStBl II 2017, 48; vom 18.04.2018 I R 37/16, BFHE 261, 166, BFH/NV 2018, 873).

Ob und inwieweit Aufwendungen in wirtschaftlichem Zusammenhang mit einer Einkunftsart stehen, hängt danach von den Gründen ab, aus denen der Steuerpflichtige die Aufwendungen vornimmt. Maßgeblich ist die --wertende-- Beurteilung des die betreffenden Aufwendungen "auslösenden Moments" (Beschlüsse des Großen Senats des BFH vom 21.9.2009 GrS 1/06, BFHE 227, 1, BStBl II 2010, 672; vom 4.7.1990 GrS 2/88, BFHE 161, 290, BStBl II 1990, 817; BFH-Urteil in BFHE 261, 166, BFH/NV 2018, 873).

Dabei ist der Veranlassungszusammenhang nicht durch die (naturwissenschaftliche) Kausalität, sondern durch das Prinzip der wertenden Selektion der Aufwandsursachen gekennzeichnet (BFH-Urteil vom 27.3.2013 I R 14/12, BFH/NV 2013, 1768). Stehen Ausgaben in mehreren Veranlassungszusammenhängen, ist zunächst zu prüfen, ob sich die Ausgaben den unterschiedlichen Ursachen zuordnen lassen. Ist eine anteilige Zuordnung nicht möglich, ist der vorrangige Veranlassungszusammenhang maßgeblich (BFH-Urteile vom 15.1.2015 I R 48/13, BFHE 248, 535, BStBl II 2015, 713; vom 7.12.2005 I R 34/05, BFH/NV 2006, 1068). Danach sind Aufwendungen der Einkunftsart zuzuordnen, die im Vordergrund steht und die Beziehungen zu den anderen Einkünften verdrängt (BFH-Urteil in BFHE 261, 166, BFH/NV 2018, 873). Maßgebend sind insoweit die Gesamtumstände des jeweiligen Einzelfalls (z.B. BFH-Urteile vom 16.11.2011 VI R 97/10, BFHE 236, 61, BStBl II 2012, 343; vom 25.11.2010 VI R 34/08, BFHE 232, 86, BStBl II 2012, 24; vom 7.2.2008 VI R 75/06, BFHE 220, 407, BStBl II 2010, 48; vom 5.4.2006 IX R 111/00, BFHE 213, 341, BStBl II 2006, 654; vom 30.3.1999 VIII R 70/96, BFH/NV 1999, 1323).

Im Unterschied zum unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang i.S. von § 3c Abs. 1 EStG 2009 (s. dazu BFH-Urteil vom 11.2.1993 VI R 66/91, BFHE 170, 392, BStBl II 1993, 450; vgl. auch zu § 50 Abs. 5 Satz 4 Nr. 3 Satz 2 EStG i.d.F. vom 16.4.1997 BFH-Urteile vom 27.7.2011 I R 56/10, BFH/NV 2012, 181; vom 24.4.2007 I R 93/03, BFHE 218, 83, BStBl II 2008, 132) ist nach den vorgenannten Grundsätzen des Veranlassungsprinzips für § 34c Abs. 1 Satz 4 EStG 2009 a.F. ein ausschließlicher Zusammenhang nicht erforderlich. Weisen die Aufwendungen einen Veranlassungszusammenhang sowohl mit ausländischen Einkünften i.S. des § 34d EStG als auch mit inländischen Einkünften oder mit mehreren Arten von ausländischen Einkünften auf, so sind sie --ebenso wie bei den Einkunftsarten i.S. des § 2 Abs. 1 Satz 1 EStG (s. zu einer Aufteilung von Aufwendungen, die einen Veranlassungszusammenhang zu mehr als einer Einkunftsart aufweisen, BFH-Urteile vom 10.6.2008 VIII R 76/05, BFHE 222, 313, BStBl II 2008, 937; vom 15.3.1994 X R 58/91, BFHE 174, 84, BStBl II 1994, 516; vom 23.1.1991 X R 37/86, BFHE 163, 376, BStBl II 1991, 398; vom 4.10.1990 X R 150/88, BFH/NV 1991, 237)-- aufzuteilen oder den Einkünften zuzurechnen, zu denen sie vorwiegend gehören. Dies trägt auch der Gesetzesbegründung Rechnung (in diesem Sinne BFH-Urteile in BFHE 253, 348, BStBl II 2017, 48; in BFHE 261, 166, BFH/NV 2018, 873), nach der Aufwendungen den im Ausland erzielten Einnahmen auch dann zugeordnet werden sollen, wenn sie hierzu lediglich in einem mittelbaren Zusammenhang stehen (BTDrucks 15/119, 40).

bb) Von diesen Maßgaben ausgehend ist zwischen den Beteiligten unstreitig, dass die Betriebsausgaben in Höhe von 579.990,04 € die Lizenzeinnahmen mindernd zu berücksichtigen sind, weil es sich hierbei um Aufwendungen des Streitjahres im Zusammenhang mit bereits erteilten Lizenzen an die chinesische X und darauf beruhenden Lizenzzahlungen der X im Streitjahr handelt.

cc) Entgegen der Auffassung des FA sind jedoch keine weiteren Betriebsausgaben in Höhe von 2.484.100,14 € mit den Lizenzeinnahmen des Jahres 2011 zu verrechnen. Diese --unstreitig nach § 8 Abs. 1 KStG 2002 i.V.m. § 5 Abs. 2 EStG 2009 nicht aktivierungsfähigen-- Aufwendungen sind nicht i.S. des allgemeinen Veranlassungszusammenhanges durch die Lizenzeinnahmen des Streitjahres ausgelöst worden. Die Klägerin hat die Beträge nicht aufgewandt, um diese konkreten Lizenzeinnahmen erzielen zu können. Es handelt sich vielmehr um Beträge, die sich auf ggf. künftig entstehende Lizenzen und damit künftige Lizenzeinnahmen beziehen.

Der Senat vermag dem FA nicht in seiner Auffassung zu folgen, es seien im jeweiligen Veranlagungszeitraum sämtliche Einnahmen und Aufwendungen aus dem Bereich der Entwicklungstätigkeit mit Bezug zu gegenwärtigen oder etwaigen zukünftigen Lizenzzahlungen aus China zusammenzufassen. Eine derartige Auslegung ist mit der besonderen Regelung in § 34c Abs. 1 Satz 4 EStG 2009 a.F. für das Anrechnungsverfahren (u.a.) betreffend die Quellensteuer auf Lizenzzahlungen nicht vereinbar.

aaa) Der Abzug von Betriebsausgaben und Betriebsvermögensminderungen setzt nach § 34c Abs. 1 Satz 4 EStG 2009 a.F. einen wirtschaftlichen Zusammenhang derselben mit konkreten Lizenzeinnahmen voraus.

Die Anrechnungsbestimmung in Art. 24 Abs. 2 Buchst. b DBA-China 1985 und § 34c Abs. 2 Satz 2 EStG 2009 a.F. knüpft zwar grundsätzlich an ausländische "Einkünfte" an. Im Zusammenhang mit der Überlassung von Lizenzen werden als "nachstehende Einkünfte aus der Volksrepublik China" jedoch die "Lizenzgebühren" bezeichnet, welche nach der näheren Definition in Art. 12 Abs. 3 DBA-China 1985 als Bruttovergütung (vor Abzug etwaiger Erwerbsaufwendungen) dem Quellensteuerabzug unterliegen. Ausgangspunkt einer drohenden Doppelbesteuerung, die durch das Doppelbesteuerungsabkommen vermieden werden soll, ist somit nicht die doppelte Besteuerung bestimmter "Einkünfte", sondern bestimmter "Einnahmen". Vor dem Hintergrund derartiger, häufig vereinbarter DBA-Regelungen für Lizenzgebühren (vgl. Pöllath/Lohbeck in Vogel/Lehner, DBA, 6. Aufl. 2015, Art. OECE-MA 2014 Rz. 29, 30) trifft aber § 34c Abs. 1 Satz 4 EStG eine spezielle Regelung u.a. für ausländische Einkünfte i.S. der in § 34d Nr. 7 EStG genannten Art, d.h. für Einkünfte aus der Rechteüberlassung zur Nutzung in einem ausländischen Staat, sofern sie zum Gewinn eines inländischen Betriebes gehören. Danach ist für den Abzug von Betriebsausgaben und Vermögensminderungen auf den wirtschaftlichen Zusammenhang "mit den diesen Einkünften zugrunde liegenden Einnahmen abzustellen." Entgegen der Ansicht des FA lässt sich diese besondere Formulierung auch nicht mit rein sprachlichen Gründen erklären. Vielmehr wäre es naheliegend gewesen, den letzten Teilsatz des § 34c Abs. 1 Satz 4 auf die einfachere Wendung "die mit diesen Einkünften in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen" zu reduzieren, falls tatsächlich die Einkunftsart als Bezugspunkt gewollt gewesen wäre. Nach dem Wortlaut der Norm bedarf es mithin eines wirtschaftlichen Zusammenhangs zu bestimmten Einnahmen und nicht nur allgemein zu einer bestimmten Tätigkeitsart im Ausland (Kroppen, JbFSt 2009/2010, 828; wohl auch Buciek JbFSt 2009/2010, 829, u. Kessler/Dietrich IWB 2012, 544; i.Erg. ebenso Ebel FR 2016, 241; i.Erg. wohl auch Geurts in Frotscher/Geurts, EStG, § 34c Rz. 43 und in Ernst & Young, KStG, § 26 Rz. 84.5; i.Erg. a.A. Morlock JbFSt 2009/1010, 815, 823; wohl auch Grotherr in Festschrift Wassermeyer, S. 303, 316; möglicherweise ebenfalls a.A., aber nicht explizit bezogen auf die hier in Rede stehende Fallkonstellation, Wissenschaftlicher Beirat Steuern der Ernst und Young GmbH, IStR 2016, 922).

Gegenteiliges folgt nach Ansicht des Senats auch nicht zwingend aus dem vom FA zitierten BFH-Urteil in BFHE 253, 348, BStBl II 2017, 48. Richtig ist zwar, dass dort zu § 34c Abs. 1 Satz 4 EStG 2009 a.F. der wirtschaftliche Zusammenhang "mit einer Einkunftsart" erörtert wird (ebenso im BFH-Urteil in BFHE 261, 166, BFH/NV 2018, 873). Die Ausführungen des BFH dürfen jedoch nicht isoliert betrachtet werden. Sie sind eingebettet in dem hier nicht weiter interessierenden Problem, dass Aufwendungen in mehreren Veranlassungszusammenhängen stehen, m.a.W. also multikausal sind. Dort ging es um die Frage einer Aufteilung von Aufwendungen, die sowohl mit ausländischen Einkünften i.S. des § 34d EStG als auch mit inländischen Einkünften oder mit mehreren Arten von ausländischen Einkünften in einem Veranlassungszusammenhang standen. Dieses Zuordnungsproblem würde sich im Ansatz aber gleichermaßen stellen, wenn Aufwendungen eines Jahres mit verschiedenen "Einnahmen" oder "Einnahmearten" desselben Jahres in Zusammenhang stehen. Die vorgenannte BFH-Entscheidung beantwortet deshalb nicht eindeutig die Frage, auf welchen Bezugspunkt für die Prüfung des Veranlassungszusammenhangs im Rahmen der Höchstbetragsberechnung nach § 34c EStG 2009 abzustellen ist - auf die konkreten ausländischen Einnahmen bzw. Erträge im jeweiligen Veranlagungszeitraum oder auf eine (ggf. jahresübergreifende) Tätigkeit in Form wiederholter Nutzungsüberlassungen im jeweiligen ausländischen Staat.

Hinzu kommt, dass die Definition der ausländischen Einkünfte i.S. des § 34d Nr. 7 EStG 2009 objektbezogen ist, d.h. die Überlassung von Rechten zur Nutzung in einem ausländischen Staat voraussetzt. Danach steht die Beurteilung der Überlassung konkreter einzelner Rechte im Vordergrund und nicht die vorgelagerte Entwicklungstätigkeit, zumal diese prinzipiell auch stets die Option beinhaltet, dass Recht nicht zu überlassen, sondern zu veräußern.

bbb) Im Streitfall fehlt es hinsichtlich der Aufwendungen i.H.v. 2.484.100,14 € an dem erforderlichen wirtschaftlichen Zusammenhang mit Lizenzeinnahmen des Streitjahres.

Wie unter aaa) dargelegt, sind im Rahmen der Höchstbetragsberechnung bei der Ermittlung der ausländischen Einkünfte aufgrund von Lizenzzahlungen nur solche Aufwendungen zu berücksichtigen, welche mit den den Einkünften zugrunde liegenden Einnahmen in einem wirtschaftlichen Zusammenhang stehen. Dies können allerdings nur die Ausgaben sein, die einen Zusammenhang zu bestehenden Lizenzansprüchen aufweisen; Aufwendungen für erst noch zu schaffende Rechte und erwartete zukünftige Lizenzeinnahmen stehen demgegenüber nicht mit den aktuellen Lizenzeinnahmen in Verbindung.

Es ist nicht angängig, den Begriff der Einnahmen im Sinne von bestehenden oder zukünftig zu erzielenden Einnahmen zu verstehen. Im Ertragsteuerrecht gilt der Grundsatz der Abschnittsbesteuerung; die Grundlagen für die Festsetzung der Körperschaftsteuer sind jeweils für ein Kalenderjahr zu ermitteln (§ 7 Abs. 3 Sätze 1, 2 KStG 2002). Lässt das Gesetz nichts Abweichendes erkennen, ist davon auszugehen, dass es, wenn es um die Einnahmen als Ausgangsgröße der Besteuerung geht, auch nur tatsächlich dem konkreten Veranlagungszeitraum zuzuordnende Einnahmen erfassen will, zumal zukünftige Einnahmen häufig nur erwartete Einnahmen sein könnten und für die Besteuerung der Ist-Leistungsfähigkeit nicht zugrunde gelegt werden könnten (vgl. BFH-Beschluss vom 10.4.2013 I R 80/12, BFHE 241, 483, BStBl II 2013, 1004, Az. des BVerfG: 2 BvL 8/13). Bezogen auf § 34c Abs. 1 EStG 2009 a.F. kann dem Gesetz nicht entnommen werden, dass es von der veranlagungszeitraumbezogenen Betrachtungsweise abrücken will. Im Gegenteil weist namentlich § 34c Abs. 1 Satz 5 EStG 2009 darauf hin, dass § 34c EStG 2009 a.F. allein auf die Verhältnisse eines konkreten Veranlagungszeitraums abstellen will.

Sind somit die Einnahmen des konkreten Veranlagungszeitraums der Bezugspunkt für die Prüfung, welche Betriebsausgaben bzw. Wertminderungen damit in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, so ist es ausgeschlossen, Betriebsausgaben für die Entwicklung künftiger Projekte und Lizenzen in die Ermittlung der ausländischen Einkünfte i.S. des § 34c Abs. 1 Satz 2 EStG 2009 einzubeziehen. Denn die Entwicklungstätigkeit lässt sich vollständig wegdenken, ohne dass die konkreten Einnahmen der Klägerin aus China im Streitzeitraum entfallen wären. Insofern hilft auch nicht, dass sich das FA von der naturwissenschaftlichen Kausalität trennen will und eine wertende Betrachtung vornehmen möchte, durch die es die Aufwendungen zuordnen will. Auch eine wertende Betrachtung könnte im vorliegenden Fall nicht dazu führen, dass Aufwendungen der allgemeinen Entwicklungstätigkeit den Einnahmen im Jahr 2011 zuzuordnen sind.

Nichts anderes ergibt sich durch die Erwägung, dass der Gesetzgeber durch § 34c Abs. 1 Satz 4 EStG 2009 a.F. den Kreis der zu berücksichtigenden Aufwendungen erweitern und nicht nur unmittelbare, sondern auch mittelbare Aufwendungen in die Berechnung einbeziehen wollte. Im Blick hatte er namentlich Refinanzierungszinsen im Zusammenhang mit ausländischen Portfolioanlagen, weil zuvor bei der Ermittlung der ausländischen Einkünfte nur Aufwendungen berücksichtigt wurden, die mit im Ausland erzielten Einnahmen in unmittelbarem wirtschaftlichem Zusammenhang standen. Dies führte nach Auffassung des Gesetzgebers zu einer sachlich nicht gerechtfertigten Erhöhung der ausländischen Bemessungsgrundlage der auf die deutsche Einkommensteuer bzw. Körperschaftsteuer anrechenbaren Steuer (BTDrucks. 15/119, 40). Auch mittelbare Aufwendungen verlangen indes stets einen --wenn auch mittelbaren-- Veranlassungszusammenhang.

Die vom Senat befürwortete Betrachtung steht mit Sinn und Zweck des § 34c Abs. 1 EStG 2009 a.F., die ausländische Quellensteuer anzurechnen, in Einklang. Die ausländische Quellensteuer knüpft ebenfalls an tatsächliche Zahlungsvorgänge und nicht an periodisierte Ergebnisausschnitte des gewerblichen Totalgewinns an. Sie ist mit konkreten Einnahmen entstanden und muss deshalb im selben Veranlagungszeitraum eine Einkommen- oder Körperschaftsteuer ermäßigen (vgl. Ebel, Finanz-Rundschau 2016, 241, 251). Insoweit ist es nicht angängig, den Begriff der Einnahmen auch i.S. von zukünftig entstehenden Einnahmen zu verstehen, zumal im Zeitpunkt der Entwicklungstätigkeit noch gar nicht feststehen muss, ob bestimmte Aufwendungen im Forschungs- und Entwicklungsbereich überhaupt einmal zu Einnahmen führen werden, ob es zu einer Nutzungsüberlassung oder zu einer Veräußerung der Rechte kommt und ggf. zur Nutzung in welchem Staat die Rechte überlassen werden. So beruhte im Streitfall die spätere Verwertung der Entwicklungsergebnisse zunächst ebenfalls lediglich auf einer--wenngleich weitgehend relativ sicheren-- Prognose.

Der Sinn und Zweck der Steueranrechnung muss aber auch nicht deshalb zu einer Einbeziehung der Aufwendungen für die Entwicklungstätigkeit führen, weil aus dem gesamten Bereich "Entwicklung und Lizenzvergabe an die chinesische X" nach allgemeinen Grundsätzen für die Ermittlung von Einkünften im Veranlagungszeitraum 2011 ein Verlust entstanden und daher auf diesen Bereich keine inländische Körperschaftsteuer zu zahlen ist. Diese Betrachtung beruht auf einer verschobenen Perspektive. Denn die chinesische Quellensteuer greift nicht auf Einkünfte aus Entwicklungstätigkeit, sondern auf die Bruttoeinnahmen aus der Nutzungsüberlassung an Rechten (vgl. § 34d Nr. 7 EStG 2009 a.F.) zu. Von diesem Blickwinkel ausgehend erscheint es --wie bereits oben unter aaa) dargelegt-- folgerichtig, dass dann auch für die Frage der Steueranrechnung nur allein auf den Veranlassungszusammenhang zu diesen Bruttoeinnahmen abzustellen ist. Die percountrylimitation, wonach alle aus einem Staat stammenden Einkünfte für Zwecke der Ermittlung des Anrechnungshöchstbetrags zusammen zu rechnen sind (§ 68a EStDV, BFH-Urteil vom 20.12.1995 I R 57/94, BFHE 179, 392, BStBl II 1996, 261) führt zu keinem anderen Ergebnis, weil die laufende bloße Entwicklungstätigkeit sich eben noch nicht als Erzielung negativer chinesischer Einkünfte i.S. des § 34d Nr. 7 EStG darstellt.

dd) Es sind auch nicht Aufwendungen aus den vergangenen Jahren, die in diesen Veranlagungszeiträumen zu den Aufwendungen aus Forschung und Entwicklung gehört haben, nachträglich im Rahmen der Höchstbetragsberechnung des § 34c Abs. 1 EStG 2009 a.F. als Betriebsausgaben mit den Einnahmen des Veranlagungszeitraums 2011 zu verrechnen. Dieser Norm liegt --wie bereits erläutert-- eine streng veranlagungszeitraumbezogene Betrachtungsweise zugrunde, die nur danach fragt, ob Einnahmen eines konkreten Veranlagungszeitraums in derselben Zeitspanne konkrete Betriebsausgaben oder Betriebsvermögensmehrungen gegenüberstehen (in diesem Sinne Gosch in Kirchhof, EStG, 17. Aufl. 2018, § 34c Rz. 15; Kroppen, JbFfSt 2009/2010, 828, 829; Müller-Dott in Herrmann/Heuer/Raupach, § 26 KStG Rz. 84; Wagner in Blümich, § 34c EStG Rz. 60; Buciek, JbFfSt 2009/2010, 829, 830).

III. Über den auf § 34c Abs. 2 EStG 2009 gestützten Hilfsantrag musste der Senat nicht befinden, da sich die Klägerin mit dem Hauptantrag bereits umfassend durchgesetzt hat.

IV. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.

V. Gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO war die Revision zuzulassen.

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