FG Münster, Urteil vom 11.04.2018 - 9 K 3850/17 Kg
Fundstelle
openJur 2019, 21422
  • Rkr:
Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Streitig ist, ob ein Kindergeldanspruch der Klägerin für ihre Tochter A zwischen dem Abschluss der Ausbildung zur Finanzwirtin und dem Beginn der Ausbildung zur Dipl.-Finanzwirtin gem. § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG in der seit dem Steuervereinfachungsgesetz 2011 vom 01.11.2011 geltenden Fassung (BGBl I 2011, 2131 – EStG 2009 n.F. –) ausgeschlossen ist, weil die Tochter während dieser Zeit einer Vollzeittätigkeit als Finanzwirtin nachging.

Die am … geborene Tochter der Klägerin bestand im August 2012 die Ausbildung zur Finanzwirtin im mittleren Dienst (heute „Laufbahngruppe 1“). In der Zeit von August 2012 bis August 2016 war sie in Vollzeit (41 Stunden) als Sachbearbeiterin beim Finanzamt B tätig.

Parallel zu ihrer beruflichen Tätigkeit hat die Tochter der Klägerin in der Zeit vom 01.08.2012 bis zum 04.07.2014 das Abendgymnasium B besucht. Träger dieser Schule ist die Stadt B; die rechtlichen Grundlagen sind in der „Verordnung über die Ausbildung und Prüfung in den Bildungsgängen des Weiterbildungskollegs“ (Ausbildungs- und Prüfungsordnung Weiterbildungskolleg – APO-WbK) geregelt. Im Sommer 2014 hat die Tochter das Abitur bestanden.

Erstmals im Jahr 2013 bewarb sich die Tochter um einen Studienplatz an der Fachschule für Finanzen Nordrhein-Westfalen (FHF) im Wege des sog. „verkappten Aufstiegs“ (d.h. Entlassung aus dem mittleren Dienst auf Antrag und Neueinstellung als Anwärterin für den gehobenen Dienst, heute „Laufbahngruppe 2“). Diese Bewerbung wurde noch wegen Nichteinhaltung der vorgesehenen Wartefristen abgelehnt. Eine weitere Bewerbung der Tochter im Jahr 2014 wurde aufgrund der begrenzten Studienplatzzahl abgelehnt.

Im April 2016 bewarb sich die Tochter der Klägerin erfolgreich für den sog. Ausbildungsaufstieg. Am 31.08.2016 nahm die Tochter das Studium zur Diplom-Finanzwirtin an der Fachhochschule für Finanzen Nordrhein-Westfalen (FHF) als sog. Aufstiegsbeamtin auf. Sie wird das Studium voraussichtlich im August 2019 beenden.

Die Beklagte gewährte der Klägerin ursprünglich Kindergeld für ihre Tochter bis zur Beendigung der Ausbildung zur Finanzwirtin im August 2012.

Mit Schreiben vom 25.05.2017 beantragte die Klägerin die Gewährung von Kindergeld für die Zeit des Fachhochschulstudiums ab August 2016. Die Beklagte entsprach diesem Antrag und gewährte mit Bescheid vom 21.06.2017 Kindergeld mit Wirkung ab August 2016.

Mit Schreiben vom 11.09.2017 beantragte die Klägerin die Gewährung von Kindergeld auch für den Zwischenzeitraum von Januar 2013 bis Juli 2016. Zur Begründung führte sie aus, dass die Ausbildung zur Finanzwirtin und das Studium zur Diplom-Finanzwirtin eine einheitliche Erstausbildung darstellten. Angestrebt worden sei der Regelaufstieg, der aufgrund einer Änderung der Richtlinien für den nicht prüfungserleichterten Aufstieg gem. § 6 Abs. 1 Steuerbeamtenausbildungsgesetz erst im Jahr 2016 möglich gewesen sei. Es bestehe daher auch für den Zwischenzeitraum ein Kindergeldanspruch, der nicht gem. § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG ausgeschlossen sei.

Die Beklagte lehnte den Antrag der Klägerin mit Bescheid vom 22.09.2017 ab. Den hiergegen gerichteten Einspruch wies die Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 20.11.2017 als unbegründet zurück. Das Kind habe sich erst während ihrer Berufstätigkeit um ein weiterführendes Studium beworben. Somit sei aufgrund fehlender objektiver Beweisanzeichen nicht erkennbar, dass sie vor Abschluss ihrer Ausbildung im August 2012 noch eine weiterführende Ausbildung als Teil der Erstausbildung angestrebt habe.

Mit der vorliegenden Klage begehrt die Klägerin die Gewährung von Kindergeld für ihre Tochter für den – nicht festsetzungsverjährten – Zeitraum von Januar 2013 bis Juli 2016. Sie trägt vor, dass es sich um eine einheitliche mehraktige Ausbildung gehandelt habe, so dass der Kindergeldanspruch nicht gem. § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG ausgeschlossen sei. Ihre Tochter habe von Anfang an den Abschluss der Diplom-Finanzwirtin angestrebt. Bereits in ihrem Bewerbungsschreiben für den mittleren Dienst vom 25.11.2009 habe die Tochter ihre Absicht zum Ausdruck gebracht, sich beruflich weiterentwickeln zu wollen. Von vornherein beabsichtigt gewesen sei der sog. Regelaufstieg aus dem mittleren in den gehobenen Dienst. Zur Verbesserung ihrer Chancen auf Erhalt des angestrebten dualen Studienplatzes habe ihre Tochter am Abendgymnasium ihr Fachabitur nachgeholt. Nachdem der sog. „verkappte Aufstieg“ nicht gelungen sei, habe sich ihre Tochter, unmittelbar nachdem die Voraussetzungen für den sog. Regelaufstieg erfüllt gewesen seien, um einen Studienplatz an der FHF beworben.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 22.09.2017 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 20.11.2017 zu verpflichten, Kindergeld für ihre Tochter A für den Zeitraum von Januar 2013 bis Juli 2016 zu gewähren,

hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Sie ist der Auffassung, dass die Tochter der Klägerin mit Abschluss der Ausbildung zur Finanzwirtin eine erstmalige Ausbildung i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG bestanden habe. Es handele sich bei der Ausbildung zur Finanzwirtin, dem Besuch des Abendgymnasiums sowie dem sich anschließenden Studium zur Diplom-Finanzwirtin nicht um Bestandteile eines einheitlichen Ausbildungsgangs. Es bestehe eine zeitliche Zäsur zwischen den verschiedenen Ausbildungen, da der Aufstieg in den gehobenen Dienst die Ableistung einer Dienstzeit vorausgesetzt habe. Die Beklagte verweist in diesem Zusammenhang auf das Urteil des Bundesfinanzhofs vom 04.02.2016 (Az. III R 14/15).

Der Rechtsstreit ist am 11.04.2017 vor dem Senat mündlich verhandelt worden; auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung wird Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist unbegründet. Der angefochtene Ablehnungsbescheid ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 101 Satz 1 FGO). Die Beklagte ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Kindergeldanspruch gem. § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG 2009 n.F. ausgeschlossen ist, weil die Tochter des Klägerin mit der Ausbildung zur Finanzwirtin (Laufbahngruppe 1) eine erstmalige Berufsausbildung im Sinne dieser Vorschrift abgeschlossen hat und – was unstreitig ist – im Streitzeitraum einer regelmäßigen Erwerbstätigkeit von mehr als 20 Wochenstunden nachgegangen ist.

I.  Gemäß § 62 Abs. 1, § 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. ac EStG 2002/2009 besteht Anspruch auf Kindergeld unter anderem für Kinder, die das 18., aber noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet haben und für einen Beruf ausgebildet werden, sich in einer Übergangszeit von höchstens vier Monaten zwischen zwei Ausbildungsabschnitten befinden oder eine Berufsausbildung mangels Ausbildungsplatzes nicht beginnen oder fortsetzen können. Gemäß § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG 2009 n.F. wird ein Kind nach Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung oder eines Erststudiums in den Fällen des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 EStG 2002/2009 jedoch nur berücksichtigt, wenn es keiner Erwerbstätigkeit nachgeht. Eine Erwerbstätigkeit mit bis zu 20 Stunden regelmäßiger wöchentlicher Arbeitszeit, ein Ausbildungsdienstverhältnis oder ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis sind unschädlich (§ 32 Abs. 4 Satz 3 EStG 2009 n.F.).

II.  Die Tochter der Klägerin hatte im Streitzeitraum das 18., aber noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet und war jedenfalls in einem Teilzeitraum gemäß § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG 2002/2009 kindergeldrechtlich berücksichtigungsfähig.

1. Im Zeitraum von August 2012 bis zum Juli 2014 – also in der Zeit des Besuchs des Abendgymnasiums – wurde die Tochter gemäß § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG 2002/2009 für einen Beruf ausgebildet.

Der Begriff „für einen Beruf ausgebildet“ i.S. der vorgenannten Norm ist weit auszulegen. In Berufsausbildung befindet sich, wer sein Berufsziel noch nicht erreicht hat, sich aber ernsthaft und nachhaltig darauf vorbereitet. Dieser Vorbereitung dienen alle Maßnahmen, bei denen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen erworben werden, die als Grundlage für die Ausübung des angestrebten Berufs geeignet sind (BFH-Urteil vom 24.02.2010 – III R 80/08, BFH/NV 2010, 1431). Dazu zählen nicht nur Maßnahmen, die erforderlich sind, um die Mindestvoraussetzungen für die Ausübung des gewählten Berufs zu erfüllen, sondern auch solche Maßnahmen, die aus der maßgeblichen Sicht der Eltern und des Kindes geeignet sind, die berufliche Stellung des Kindes zu verbessern, etwa indem es an weiteren Qualifizierungsmaßnahmen teilnimmt; dabei kann im Einzelfall auch die Teilnahme an Kursen, Vorlesungen und Übungen ohne Abschlussprüfung genügen (vgl. BFH in BFH/NV 2010, 1431). Die Abgrenzung zwischen Ausbildungs- und Fortbildungskosten ist für § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG 2002/2009  nicht relevant (vgl. BFH-Urteil vom 04.03.2010 – III R 23/08, BFH/NV 2010, 1264, zu § 32 EStG 2002). Die Ausbildungs- oder Fortbildungsmaßnahme braucht auch die Zeit und Arbeitskraft des Kindes nicht überwiegend in Anspruch zu nehmen. Mehrstündige Präsenzveranstaltungen nebst zusätzlichem Selbststudium – wie hier im Streitfall – genügen (vgl. Niedersächsisches FG, Urteil vom 06.02.2018 – 13 K 171/17, Juris, m.w.N.). Der Besuch des Abendgymnasiums – mit einer Unterrichtszeit von grundsätzlich mindestens 20 Wochenstunden (vgl. § 15 Abs. 2 APO-WbK) – genügt diesen Anforderungen.

2.  Im Zeitraum von August 2014 bis März 2016 war keiner der Berücksichtigungstatbestände des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. ac EStG 2002/2009 erfüllt.

Die Voraussetzungen des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a) EStG 2002/2009 liegen nicht vor, weil die Tochter in dem Zeitraum von August 2014 bis Juli 2016 keine weitere Schul- oder Berufsausbildung absolviert hat. Das Abendgymnasium hatte die Tochter im Juli 2014 abgeschlossen; das Studium zur Diplom-Finanzwirtin hat die Tochter erst im August 2016 aufgenommen.

Der Berücksichtigungstatbestand des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c) EStG 2002/2009 ist ebenfalls nicht erfüllt. Dies würde voraussetzen, dass die Tochter ihre Berufsausbildung mangels eines Ausbildungsplatzes nicht beginnen oder fortsetzen konnte. Zwar hat sich die Tochter der Klägerin im Jahr 2014 erfolglos für das Studium zur Diplom-Finanzwirtin beworben; dies muss jedoch vor dem hier maßgeblichen Monat August 2014 geschehen sein, da das Studium an der FHF grundsätzlich im August/September beginnt. Die Tochter hat diese Bewerbung im Jahr 2015 nicht wiederholt; vielmehr erfolgte die nächste – dann erfolgreiche – Bewerbung erst im April 2016. Aufgrund der unterbliebenen Bewerbung im Jahr 2015 kann nach Auffassung des Senats ein Kindergeldanspruch auf Grundlage von § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c) EStG 2002/2009 für den Zeitraum von August 2014 bis März 2016 nicht bejaht werden.

3. Im Zeitraum von April 2016 bis Juli 2016 sind die Voraussetzungen des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c EStG 2002/2009 erfüllt, weil die Tochter der Klägerin ihre Berufsausbildung (i.S. der Nr. 2 Buchst. a EStG 2002/2009) mangels Ausbildungsplatzes nicht fortsetzen konnte.

Ein derartiger Hinderungsgrund ist u.a. dann anzunehmen, wenn das Kind trotz ernsthaften Bemühens noch keinen Ausbildungsplatz gefunden hat oder dem Kind bereits ein Ausbildungsplatz zugesagt wurde, es diesen aber aus schul-, studien- oder betriebsorganisatorischen Gründen erst zu einem späteren Zeitpunkt antreten kann (vgl. BFH-Urteil vom 15.04.2015 – V R 27/14, BStBl. II 2016, 163). Vorliegend hatte sich die Tochter der Klägerin im April 2016 für das Studium an der FHF als sog. Aufstiegsbeamtin beworben. Aus schulorganisatorischen Gründen begann das Studium erst im August 2016. Anhaltspunkte dafür, dass die Tochter zwischenzeitlich nicht mehr ausbildungswillig gewesen wäre, bestehen nicht.

III.  Der für den Zeitraum von August 2012 bis Juli 2014 und von April bis Juli 2016 grundsätzlich bestehende Kindergeldanspruch ist nach § 32 Abs. 4 Satz 2, 3 EStG 2009 n.F. ausgeschlossen. Die Voraussetzungen dieses Ausschlusstatbestandes sind erfüllt, da die Tochter mit Abschluss der Ausbildung zur Finanzwirtin eine erstmalige Ausbildung i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG 2009 n.F. absolviert hat und sie zudem während des gesamten Streitzeitraums in Vollzeit in einem regulären Beschäftigungsverhältnis gearbeitet hat.

Nach Auffassung des Senats ist der in § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG 2009 n.F. verwendete Begriff „Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung“ objektiv in dem Sinne auszulegen, dass ein solcher dann vorliegt, wenn eine anerkannte geordnete (vollwertige) Ausbildung mit einer gewissen Mindestdauer vorliegt, die durch eine Abschlussprüfung abgeschlossen wird, und es dem Kind über einen qualifizierten Zugang zum Arbeitsmarkt ermöglicht, sich selbst zu unterhalten. Danach ist davon auszugehen, dass die Tochter der Klägerin mit dem erfolgreichen Abschluss ihrer Berufsausbildung zur Finanzwirtin den Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung im Sinne des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG 2009 n.F. erlangt hat. Dem in der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs vertretenen subjektiven Verständnis des Begriffs „erstmalige Berufsausbildung“, welches zu einer erheblichen Einschränkung des Anwendungsbereichs des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG 2009 n.F. führt, vermag sich der Senat aus den nachfolgend angeführten Gründen nicht anzuschließen.

1.  Nach der BFH-Rechtsprechung liegt der Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG 2009 n.F. dann vor, wenn das Kind befähigt ist, einen von ihm angestrebten Beruf auszuüben. Da es im Rahmen des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG 2009 n.F. auf das angestrebte Berufsziel des Kindes ankomme, müsse das Tatbestandsmerkmal „Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung“ nicht bereits mit dem ersten (objektiv) berufsqualifizierenden Abschluss erfüllt sein. Dies folge u.a. aus einer gegenüber § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG 2002/2009 engeren Auslegung des Berufsausbildungsbegriffs. Ob bereits der erste (objektiv) berufsqualifizierende Abschluss in einem öffentlichrechtlich geordneten Ausbildungsgang zum Verbrauch der Erstausbildung führt oder ob bei einer mehraktigen Ausbildung auch ein nachfolgender Abschluss Teil der Erstausbildung sein kann, richte sich danach, ob sich der erste Abschluss als integrativer Bestandteil eines einheitlichen Ausbildungsgangs darstellt. Mehraktige Ausbildungsmaßnahmen seien dann als Teil einer einheitlichen Erstausbildung zu qualifizieren, wenn sie zeitlich und inhaltlich so aufeinander abgestimmt seien, dass die Ausbildung nach Erreichen des ersten Abschlusses fortgesetzt werden solle und das – von den Eltern und dem Kind – bestimmte Berufsziel erst über den weiterführenden Abschluss erreicht werden könne. Sei aufgrund objektiver Beweisanzeichen erkennbar, dass das Kind die für sein angestrebtes Berufsziel erforderliche Ausbildung nicht bereits mit dem ersten erlangten Abschluss beendet habe, könne auch eine weiterführende Ausbildung noch als Teil der Erstausbildung zu qualifizieren sein. Davon sei jedenfalls dann auszugehen, wenn die Ausbildungsabschnitte in einem engen sachlichen Zusammenhang zueinander stünden (z.B. dieselbe Berufssparte, derselbe fachliche Bereich) und im engen zeitlichen Zusammenhang durchgeführt würden (vgl. BFH-Beschluss vom 29.08.2017 – XI B 57/17, BFH/NV 2018, 22, mit weiteren Nachweisen aus der Rechtsprechung).

Unter Zugrundelegung dieser BFH-Rechtsprechung würde der Umstand, dass die Tochter der Klägerin die Ausbildung zur Finanzwirtin absolviert und nachfolgend einer Vollerwerbstätigkeit im erlernten Beruf nachging, jedenfalls nicht zwingend zum Ausschluss eines weiteren Kindergeldanspruchs führen.

2.  Nach Auffassung des erkennenden Senats ist der Begriff „Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung“ hingegen objektiv auszulegen und damit jedenfalls dann erfüllt, wenn die Prüfung für einen nach dem Berufsbildungsgesetz anerkannten Ausbildungsberuf abgelegt worden ist.

a)  Für die Auslegung einer gesetzlichen Vorschrift ist der in ihr zum Ausdruck gekommene objektivierte Wille des Gesetzgebers, so wie er sich aus dem Wortlaut und dem Sinnzusammenhang ergibt, maßgebend. Die Vorstellung der am Gesetzgebungsverfahren Beteiligten können (nur) insoweit berücksichtigt werden, als sie aus dem Gesetz selbst erkennbar sind. Ist der Wortlaut einer Vorschrift nicht eindeutig, ist sie unter Berücksichtigung der Systematik des Gesetzes, des Normzwecks und der Entstehungsgeschichte auszulegen (BFH-Urteil vom 18.03.2004 – III R 50/02, BStBl. II 2004, 594). Eine Auslegung gegen den eindeutigen Wortlaut der Norm ist nur dann zulässig, wenn die wortgetreue Auslegung zu einem sinnwidrigen Ergebnis führt, das vom Gesetzgeber nicht beabsichtigt sein kann (BFH-Urteile vom 08.06.2000 – IV R 37/99, BStBl. II 2001, 162; vom 01.08.1974 – IV R 120/70, BStBl. II 1975, 12). Lassen der Wortlaut, die Entstehungsgeschichte, der Gesamtzusammenhang der einschlägigen Regelungen und deren Sinn und Zweck mehrere Deutungen zu, von denen eine zu einem verfassungsgemäßen Ergebnis führt, so ist diese geboten (BVerfG-Beschlüsse vom 09.01.1991 – BvR 929/89, BVerfGE 83, 201, 214 f.; vom 30.03.1993 – 1 BvR 1045/89 u.a., BVerfGE 88, 145, 166 f.; vom 22.09.2009 – 2 BvL 3/02, BVerfGE 124, 251).

b)  Der Wortlaut des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG 2009 n.F. spricht nach Auffassung des Senats für ein objektives Verständnis des Begriffs „Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung“.

aa)  Es handelt sich bei dem Begriff „Berufsausbildung“ nach allgemeinem Sprachgebrauch um einen objektiven Begriff, dessen Bedeutungsinhalt grundsätzlich nicht von den subjektiven Vorstellungen der beteiligten Personen abhängt. Vielmehr wird der allgemeine Sprachgebrauch vom Berufsleben geprägt und damit insbesondere von den Vorgaben für eine Berufsausbildung durch das Berufsbildungsgesetz (BBiG). Danach hat die Berufsausbildung die für die Ausübung einer qualifizierten beruflichen Tätigkeit in einer sich wandelnden Arbeitswelt notwendigen beruflichen Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten (berufliche Handlungsfähigkeit) in einem geordneten Ausbildungsgang zu vermitteln und den Erwerb der erforderlichen Berufserfahrung zu ermöglichen (§ 1 Abs. 3 BBiG; s.a. § 32 der Handwerksordnung, §§ 4, 5 BBiG). Zwar ist die Ausbildung zur Finanzwirtin nicht durch das BBiG geregelt, sondern – da es sich um eine Ausbildung für die Beamtenlaufbahn in der Finanzverwaltung handelt – durch das Steuerbeamten-Ausbildungsgesetz (StBAG) und die Ausbildungs- und Prüfungsordnung für die Steuerbeamten (StBAPO). Trotz der unterschiedlichen Rechtsgrundlagen der Ausbildungen handelt es sich bei der Ausbildung zur Finanzwirtin um eine Berufsausbildung im üblichen Wortsinn und auch im Sinne des Gesetzes.

Insbesondere durch die Verwendung der Worte „erstmalige Berufsausbildung“ und „Erststudium“ bringt das Gesetz nach allgemeinem Sprachgebrauch deutlich zum Ausdruck, dass die jeweils erste Berufsausbildung oder der erste Studienabschluss eines Kindes (und bei Aneinanderreihung mehrerer Berufsausbildungsabschlüsse eben nicht erst der zweite oder dritte Abschluss) in den Fällen einer erheblichen Erwerbstätigkeit zum Ausschluss von weiteren Kindergeldzahlungen führen soll. Auch aus dem weiteren Gesetzeswortlaut des § 32 EStG 2009 n.F. ergibt sich kein Hinweis darauf, dass es – abweichend vom allgemeinen Sprachgebrauch – bei Prüfung der Frage, ob das Kind eine erstmalige Berufsausbildung i.S. des Abs. 4 Satz 2 dieser Norm abgeschlossen hat, auf die subjektiven Vorstellungen des Kindes über einen von ihm unter Umständen angestrebten weiteren Bildungsabschluss ankommen sollte. Falls der Gesetzgeber das vom Bundesfinanzhof vertretene subjektive Verständnis des Begriffs „Berufsausbildung“ gewollt und bei mehraktigen Ausbildungen auf den letzten angestrebten Abschluss hätte abstellen wollen, wäre eine in diesem Sinne klarere Fassung zu erwarten gewesen. So hätte die Gesetzesformulierung beispielsweise lauten können: „Nach Abschluss der Ausbildung für den angestrebten Beruf wird ein Kind … nur berücksichtigt, wenn…“.

bb)  Vorrangig gegenüber dem allgemeinen Sprachgebrauch sind allerdings Legaldefinitionen im jeweiligen Gesetz. Mit Wirkung zum 01.01.2015 hat der Gesetzgeber eine Legaldefinition des Begriffs der Erstausbildung in § 9 Abs. 6 Satz 2 bis 5 EStG 2009 i.d.F. vom 22.12.2014 (EStG 2015) eingefügt, die sich jedoch grundsätzlich zumindest weitgehend mit dem objektiven Begriff Berufsausbildung nach dem allgemeinen Sprachgebrauch deckt. Denn nach § 9 Abs. 6 Sätze 2 bis 4 EStG 2015 setzt der Begriff der „Erstausbildung“ eine vollzeitige Ausbildung von mindestens 12 Monaten voraus, die auf Grundlage von Rechts- oder Verwaltungsvorschriften oder interner Vorschriften eines Bildungsträgers durchgeführt wird; weiterhin muss i.d.R. eine Abschlussprüfung vorgesehen sein. Bei sinngemäßer Anwendung dieser Legaldefinition für Zwecke des § 32 EStG 2009 n.F. müsste die Ausbildung zur Finanzwirtin als Erstausbildung und dementsprechend als erstmalige Berufsausbildung i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG 2009 n.F. angesehen werden.

Zwar mag selbst eine Legaldefinition im selben Gesetz keine Anwendung finden, wenn sie in einem anderen sachlichen Zusammenhang als die zu beurteilende Norm steht. Dies wird auch zu § 9 Abs. 6 Sätze 2 bis 4 EStG 2015 vertreten, weil diese Norm den Werbungskostenabzug regele und § 32 EStG 2002/2009 demgegenüber den Familienlastenausgleich (so im Ergebnis BMF-Schreiben vom 08.02.2016, BStBl. I 2016, 226, Rz. 12d; Bering/Friedensberger, FR 2016, 265, die allerdings auf einen gewissen Wertungswiderspruch hinweisen; a.A. Selder, jurisPR-SteuerR 50/2014, a.E.). Der Senat verkennt ebenfalls diese unterschiedlichen Regelungszusammenhänge nicht und ebensowenig, dass der steuerliche Familienlastenausgleich (§ 31 EStG 2002/2009) in einem gewissen Zusammenhang mit den jeweiligen Unterhaltspflichten der Eltern steht, die im Rahmen des Unterhalts auch die Kosten „einer angemessenen Vorbildung zu einem Beruf“ übernehmen müssen (§ 1610 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs – BGB –); zivilrechtlich wird hierunter grundsätzlich eine geschuldete Erstausbildung verstanden, und diese wird durchaus subjektiv bestimmt (ausgehend u.a. von dem von vornherein angestrebten Ausbildungsziel, der Einheitlichkeit des Ausbildungsgangs unter Differenzierung zwischen den Abitur-Lehre-Studium-Fällen und den Realschule-Lehre-Fachoberschule-Fachhochschulfällen, der Begabung des Kindes und den finanziellen Verhältnissen der Eltern; vgl dazu grundlegend BGH-Urteil vom 29.06.1977 – IV ZR 48/76, BGHZ 69, 190, und nachfolgend z.B. BGH-Urteile vom 17.05.2006 – XII ZR 54/04, NJW 2006, 221; vom 08.03.2017 – XII ZB 192/16, NJW 2017, 1478; Klinkhammer in Staudinger, BGB, § 1610 Rz. 51 ff.; 117 ff., u. Born in Münchener Kommentar, BGB, § 1601, Rz. 207 ff., jeweils m.w.N.). Diese subjektive Sichtweise wird deshalb auch – zu Recht – für die weite Auslegung des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG 2002/2009 herangezogen. Da jedoch der Begriff der erstmaligen Berufsausbildung in § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG 2009 n.F. nach dem Sinn und Zweck der Norm unstreitig enger auszulegen ist als derjenige der Berufsausbildung in § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG 2002/2009 (s. dazu auch nachfolgend unter III. 2. c) cc) und § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG 2009 n.F. im Gegensatz zum BGB (dort über den Begriff „angemessen“) keine Bezugnahme auf persönliche Verhältnisse erkennen lässt, kann die vom allgemeinen Sprachgebrauch und der Legaldefinition abweichende subjektive Auslegung des Begriffs „erstmalige Berufsausbildung“ dem Gesetzeswortlaut nicht entnommen werden.

c)  Das objektive Verständnis des Begriffs „Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung“ entspricht nach Auffassung des Senats dem Willen des Gesetzgebers, wie er in der Gesetzesentwicklung und den Gesetzesmaterialien zum Ausdruck kommt.

aa)  Seit der Einführung des Familienleistungsausgleichs und der damit einhergehenden Integration des Kindergeldes in das EStG durch das Jahressteuergesetz 1996 vom 11.10.1995 (BGBl I 1995, 1250) war die Berücksichtigung von Kindern i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 und 2 EStG 1996 (und damit u.a. der Kinder, die das 18. aber noch nicht das 27. Lebensjahr vollendet hatten und für einen Beruf ausgebildet wurden) sowohl für Zwecke der Besteuerung wie des Anspruchs auf Kindergeld abhängig von deren Einkommensverhältnissen (§ 32 Abs. 4 Satz 2 EStG 1996). Diese Begrenzung durch die Einkommensverhältnisse des Kindes wurde durch das Steuervereinfachungsgesetz 2011 vom 01.11.2011 (BGBl I 2011, 2131) durch die jetzige Regelung „ersetzt“. Damit stellte der Gesetzgeber selbst eine Verbindung zwischen der entfallenden Einkommensgrenze und der jetzigen Regelung her.

bb)  Bestätigt und konkretisiert wird die vorgenannte Annahme einer gewollten Ersatzregelung durch die Gesetzesmaterialien.

Obwohl die Begründung zum Gesetzentwurf des Jahressteuergesetzes 2011 davon ausging, dass die frühere Einkünfte- und Bezügegrenze nur von einer relativ kleinen Gruppe der nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 und 2 EStG 2002/2009 grundsätzlich berücksichtigungsfähigen Kinder überschritten werde, hielt sie es doch für erforderlich, die Berücksichtigung von Kindern mit einer nebenbei ausgeübten Erwerbstätigkeit typisierend gesondert zu regeln (Bundestags-Drucksache 17/5125, S. 41). Wörtlich heißt es dazu:

„Nach Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung oder eines Erststudiums besteht die widerlegbare Vermutung, dass das Kind in der Lage ist, sich selbst zu unterhalten, und damit nicht mehr zu berücksichtigen ist. Die Vermutung gilt durch den Nachweis als widerlegt, dass das Kind sich in einer weiteren Berufsausbildung befindet und tatsächlich keiner (schädlichen) Erwerbstätigkeit nachgeht, die Zeit und Arbeitskraft des Kindes überwiegend in Anspruch nimmt. Der Umfang der schädlichen Tätigkeit wird … im Wege der Typisierung aus Gründen der Rechtsklarheit gesetzlich festgelegt. …“

Die Neuregelung in § 32 Abs. 4 Sätze 2, 3 EStG 2009 n.F. bezweckte damit eine Typisierung in Bezug auf die Unterhaltsbedürftigkeit des Kindes. Die in der Bundestags-Drucksache 17/6146, S. 1, 6 wiedergegebene Stellungnahme der Koalitionsfraktion, wonach man die Abhängigkeit der Zahlung von Kindergeld bzw. der Gewährung des Kinderfreibetrags von eigenen Einkünften des Kindes streichen werde, wobei dies aber nur für Kinder in Ausbildung gelte, steht der vorgenannten Beurteilung nicht entgegen, denn sie lässt nicht erkennen, ob diese Aussage nur für Kinder in der erstmaligen Ausbildung gelten sollte. Verbunden war mit der gesetzlichen Neuregelung außerdem eine Gewichtung zwischen Zeiten der Erwerbstätigkeit und den danach noch verbleibenden Zeiten für die Ausbildung. Eine (Vollzeit-)Erwerbstätigkeit neben Ausbildungsgängen sollte aus sozialpolitischen Aspekten nur unschädlich sein, wenn die Erwerbstätigkeit „ohne eine vorhergehende Berufsausbildung“ ausgeübt wird:

„Begünstigt sind auch Ausbildungsgänge (zum Beispiel Abendschulen, Fernstudium), die neben einer (Vollzeit-) Erwerbstätigkeit ohne eine vorhergehende Berufsausbildung durchgeführt werden. Durch eine Begünstigung dieser Fälle wird auch dem sozialpolitischen Aspekt Rechnung getragen, dass insbesondere Kinder aus Familien mit geringem Einkommen hiervon erfasst werden.“ (Bundestags-Drucksache 17/5125, S. 41)

Die in der Gesetzesbegründung angeführte Schädlichkeit „einer“ vorhergehenden Berufsausbildung (i.V.m. einer Vollzeiterwerbstätigkeit) weist aber auf die Schädlichkeit jedweder vorangegangen (nach gewissen Mindeststandards) erfolgten Berufsausbildung hin und nicht etwa darauf, dass eine anerkannte Berufsausbildung nur dann schädlich sein solle, wenn sie dem letzten individuell angestrebten Berufsziel entspreche.

cc) Das gebotene engere Verständnis der Berufsausbildung in § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG 2009 n.F. im Vergleich zur Ausbildung für einen Beruf i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2a EStG 2002/2009 wird in der Begründung zum Gesetzentwurf des Steuervereinfachungsgesetzes 2011 ausdrücklich betont (Bundestags-Drucksache 17/5125, S. 41):

„Kinder, die für einen Beruf ausgebildet werden, sollen wie bisher berücksichtigt werden. Eine Einschränkung dieses Ausbildungsbegriffs erfolgt nicht. Der in Satz 2 verwendete Begriff Berufsausbildung ist demgegenüber enger gefasst und soll sicherstellen, dass nicht bereits jede allgemein berufsqualifizierende Maßnahme wie beispielsweise ein Computerkurs zum Verbrauch der Erstausbildung führt. Eine Berufsausbildung liegt demnach vor, wenn der Steuerpflichtige durch eine berufliche Ausbildungsmaßnahme die notwendigen fachlichen Fertigkeiten und Kenntnisse erwirbt, die zur Aufnahme eines Berufs befähigen. Voraussetzung ist, dass der Beruf durch eine Ausbildung im Rahmen eines öffentlichrechtlich geordneten Ausbildungsgangs erlernt wird und der Ausbildungsgang durch eine Prüfung abgeschlossen wird.“

Dieses engere Verständnis gilt danach allerdings in zwei Richtungen. Zum einen wird zugunsten der Kindergeldberechtigten nicht bereits jedwede berufsqualifizierende Maßnahme als Erstausbildung angesehen. Zum anderen beinhaltet die vorgenannte Passage aus den Gesetzesmaterialien hinsichtlich der Definition der Berufsausbildung aber keine subjektiven Elemente, sondern knüpft an die objektive Befähigung „zur Aufnahme eines Berufes an“. Diese objektiven Voraussetzungen sind aber z.B. bereits durch die Ausbildung zum Finanzwirt bzw. zur Finanzwirtin erfüllt, da der erfolgreiche Abschluss dieser Ausbildung zur Aufnahme eines Berufs befähigt und da der Ausbildungsgang durch öffentlichrechtliche Vorschriften geregelt ist und durch eine Prüfung abgeschlossen wird. Der gegenteiligen Auffassung des Bundesfinanzhofs, wonach die  die Gesetzesbegründung nicht erkennen lasse, ob bereits der erste (objektiv) berufsqualifizierende Abschluss als erstmalige Berufsausbildung anzusehen ist (vgl. BFH-Urteil vom 03.07.2014 – III R 52/13, BStBl. II 2015, 152), vermag der Senat nicht zu folgen (s.a. Selder in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 32 EStG Rz. 80: „Der BFH ist jedoch in seiner Rspr. über den gesetzgeberischen Willen hinausgegangen“). Hiergegen spricht insbesondere der letzte Satz der vorstehend zitierten Passage („Voraussetzung ist, dass…“). Dieser Satz lässt – wie bereits dargelegt – erkennen, dass das Vorliegen einer erstmaligen Berufsausbildung nach dem Willen des Gesetzgebers nach den dort genannten objektiven Kriterien zu beurteilen ist.

dd)  Bestätigt wird die vorgenannte Annahme eines vom Gesetzgeber intendierten objektiven Verständnisses der „erstmaligen Berufsausbildung“ in § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG 2009 n.F. durch die spätere Einfügung des § 9 Abs. 6 Satz 2 bis 6 EStG 2015. Die dortige Legaldefinition der Erstausbildung betrifft zwar – wie bereits dargelegt – unmittelbar die Frage des Werbungskostenabzugs. Doch wird in Begründung zum Gesetzentwurf der vorgenannten Norm ausdrücklich ein Bezug zum Familienleistungsausgleich hergestellt („Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung der Abgabenordnung der Abgabenordnung an den Zollkodex der Union und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften“, Bundestags-Drucksache 18/3017 vom 03.11.2014, S. 42):

„Diese Grundentscheidung [zur Nichtabzugsfähigkeit der Kosten der Erstausbildung, Anm. des Gerichts] ist auch vor dem Hintergrund zu betrachten, dass die Auszubildenden oder Studenten in der Zeit vor Abschluss der ersten Berufsausbildung oder des Erststudiums in der Regel noch von den Eltern finanziell unterstützt werden. Bei den Eltern wiederum werden diese Aufwendungen in typisierter Form im Rahmen des Familienleistungsausgleichs und im Rahmen des Sonderbedarfs („Ausbildungsfreibeträge“) berücksichtigt.“

Nach dem Willen des Gesetzgebers sollen die Kindergeldgewährung und die Abzugsfähigkeit von Fortbildungskosten demnach in einem wechselseitigen Verhältnis stehen: Bis zum Abschluss der Erstausbildung soll grundsätzlich Kindergeld gewährt werden, dafür jedoch kann das Kind die Ausbildungskosten nicht als vorweggenommene Werbungskosten abziehen. Nach Abschluss der Erstausbildung soll für ein Kind, welches erwerbstätig ist, grundsätzlich kein Kindergeld gewährt werden (§ 32 Abs. 4 Satz 2 EStG 2009 n.F., wenngleich mit Ausnahme der in § 32 Abs. 4 Satz 3 EStG 2009 n.F. geregelten Fälle), dafür jedoch kann das Kind die Kosten seiner beruflichen Fortbildung als Werbungskosten abziehen. Zwar sind vor dem Bundesverfassungsgericht aktuell mehrere Normenkontrollverfahren anhängig, die die Verfassungsmäßigkeit des Werbungskostenabzugsverbots gem. § 9 Abs. 6 EStG 2015 betreffen (vgl. Vorlagebeschlüsse des BFH vom 17.07.2014 – VI R 61/11 u.a., BFH/NV 2014, 1970, Aktenzeichen des BVerfG u.a. 2 BvL 24/14). Selbst wenn das Bundesverfassungsgericht das Werbungskostenabzugsverbot gem. § 9 Abs. 6 Satz 1 EStG 2015 als verfassungswidrig ansehen sollte, könnte dies ein subjektives Verständnis des Begriffs „erstmalige Berufsausbildung“ indes nicht rechtfertigen, da dieses seinerseits – wie nachfolgend unter Gliederungspunkt d) ausgeführt –  gegen Sinn und Zweck des Familienleistungsausgleichs verstößt.

d)  Auch unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG 2009 n.F. ist es geboten, den Begriff der erstmaligen Berufsausbildung objektiv auszulegen.

Das vom Bundesfinanzhof vertretene subjektive Verständnis des Begriffs der erstmaligen Berufsausbildung hat zur Folge, dass die Eltern eines Kindes auch dann Anspruch auf Kindergeld haben können, wenn das Kind in Vollzeit (oder doch zumindest mehr als 20 Stunden in der Woche) arbeitet und daneben eine weiterführende Ausbildung oder eine berufsbegleitende Fortbildung absolviert. Nach Auffassung des Senats ist es mit der sich aus § 31 Abs. 1 EStG 2002/2009 ergebenden Zielsetzung des Familienleistungsausgleichs nicht vereinbar, wenn Kindergeld gewährt wird, obwohl das Kind in Vollzeit (oder zumindest mehr als 20 Wochenstunden) arbeitet und mithin (typischerweise) in der Lage ist, sich selbst zu unterhalten. Denn die Funktion des Kindergeldes als Bestandteil des gesetzlichen Familienleistungsausgleichs besteht darin, bei den Eltern einen Einkommensbetrag in Höhe des Existenzminimums des Kindes einschließlich der Bedarfe für Betreuung, Erziehung und Ausbildung des Kindes steuerlich freizustellen (vgl. § 31 Satz 1 EStG 2002/2009, so auch ausdrücklich BFH-Urteil vom 03.07.2014 – III R 52/13, BStBl. II 2015, 152, Gliederungspunkt II. 3. c) bb). Es besteht kein Anlass, den Eltern die Vorteile des Familienleistungsausgleichs zu gewähren, wenn das Kind aufgrund eigener Arbeitseinkünfte in der Lage ist, sich selbst zu unterhalten. Andernfalls würde das Existenzminimum des Kindes zum einen bei der Einkommensbesteuerung des Kindes durch den Grundfreibetrag gem. § 32a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EStG 2002/2009 berücksichtigt und zum anderen ein zweites Mal bei der Einkommensbesteuerung der Eltern im Rahmen des Familienleistungsausgleichs. Eine solche doppelte Berücksichtigung des steuerlichen Existenzminimums des Kindes verstößt gegen den Sinn und Zweck des Familienleistungsausgleichs.

Nach Auffassung des Bundesfinanzhofs soll ein Kindergeldanspruch hingegen auch dann bestehen können, wenn das Kind nach einer bereits erreichten objektiv anerkannten Berufsausbildung in Vollzeit arbeitet und in der Lage ist, sich selbst zu unterhalten. Denn eine typische Unterhaltssituation seitens der Eltern sei für den Kindergeldanspruch bei volljährigen Kindern nicht mehr erforderlich (vgl. BFH-Urteil vom 08.09.2016 – III R 27/15, BStBl. II 2017, 278, Gliederungspunkt II. 4., m.w.N.). Ausgangspunkt dieser Rechtsprechung war jedoch die Überlegung, dass die Unterhaltssituation nicht bei der Prüfung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 und 2 EStG 2002/2009 zu ermitteln sei, sondern erst und nur nach Maßgabe der gesetzlichen Vorgaben in § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG 2002/2009 a.F. (vgl. BFH-Urteil vom 17.06.2010 III R 34/09, BStBl. II 2010, 982). Der Senat teilt diese Auffassung insofern als die Berücksichtigung der Unterhaltssituation ohne entsprechende gesetzliche Vorgaben nicht möglich ist. Dies schließt es jedoch nicht aus, die Regelung in § 32 Abs. 4 Sätze 2, 3 EStG 2009 n.F. unter Einbeziehung der Frage der typischen Unterhaltssituation auszulegen, weil nach der Intention des Gesetzgebers bei der gesetzliche Neuregelung die Frage der typischen Unterhaltssituation gerade nicht völlig unberücksichtigt bleiben sollte. Vielmehr war beabsichtigt, die Unterhaltssituation im Vergleich zur vorhergehenden Regelung (Einkünfte- und Bezügegrenze) nur vereinfachend in einer anderen Art und Weise zu erfassen, nämlich unter Berücksichtigung sozialpolitischer Erwägungen nunmehr typisierend nach dem Grad der Erwerbstätigkeit und dem vorherigen Abschluss einer objektiv anerkannten Berufsausbildung. Wie bereits anhand der Begründung zum Gesetzentwurf des Jahressteuergesetzes 2011 dargelegt (vgl. vorstehend unter Gliederungspunkt III. 2. c) bb) basiert die Regelung des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG 2009 n.F. auf der typisierenden Annahme (bzw. der „widerlegbaren Vermutung“) des Gesetzgebers, dass ein Kind, welches nach dem Abschluss einer erstmalige Berufsausbildung oder eines Erststudiums mehr als 20 Wochenstunden arbeitet, in der Lage ist, sich selbst zu unterhalten. Weder bestehen nach der Entstehungsgeschichte des Gesetzes Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber insoweit zwischen einer Berufsausbildung ohne von vornherein beabsichtigte weitere Ausbildung und einer Berufsausbildung mit von vornherein beabsichtigter weiterer Berufsausbildung differenzieren wollte, noch vermag der Senat zu erkennen, dass die objektiven Erwerbsmöglichkeiten in den beiden vorgenannten Fallkonstellationen unterschiedlich wären und die typisierende Annahme des Gesetzgebers zur Unterhaltssituation deshalb nur auf die erste Fallkonstellation zutreffen könnte. Erst recht besteht kein Anlass, typisierend von unterschiedlichen Erwerbsmöglichkeiten/Unterhaltssituationen bei einer von vornherein beabsichtigten im Vergleich zu einer erst später aufgenommenen weiteren Ausbildung auszugehen, wenn diese weitere Ausbildung ohnehin nur wenige Wochenstunden umfasst (a.A. i.Erg. aber BFH in BStBl. II 2017, 278 zu einer ausgebildeten Physiotherapeutin mit nachfolgenden Ausbildungsmodulen von fünf Wochenstunden bei gleichzeitiger wöchentlicher Erwerbstätigkeit von 30 Stunden).

Zwar mag man Zweifel an der Sachgerechtigkeit der in § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG 2009 n.F. vorgenommenen Typisierung haben, etwa weil diese die Unterhaltssituation des Kindes weniger zielgenau erfasst als die frühere Einkünfte- und Bezügegrenze. Derartige Zweifel rechtfertigen jedoch nicht die Schlussfolgerung, dass die Leistungen des Familienleistungsausgleichs gänzlich unabhängig von dem Vorliegen einer typischen Unterhaltssituation des Kindes zu gewähren sind, sondern sie gebieten lediglich eine Prüfung, ob der Gesetzgeber die verfassungsrechtlichen Grenzen seines Gestaltungsspielraums eingehalten hat (zu Letzterem vgl. nachfolgend unter Gliederungspunkt III. 2. f).

e)  Das objektive Verständnis des Begriffs der erstmaligen Berufsausbildung erscheint auch deshalb vorzugswürdig, weil sich aus dem subjektiven Begriffsverständnis zahlreiche offene Rechtsfragen ergeben, die nach Einschätzung des Senats gegenwärtig zu einer erheblichen Rechtsunsicherheit führen. Hinzu kommen Nachweisschwierigkeiten, welche weitere Ausbildung bzw. externe oder interne Fortbildung zu welchem Zeitpunkt bereits hinreichend sicher angestrebt wurde. Dies läuft der Intention des Gesetzgeber zuwider, mit der gesetzlichen Neureglung in § 32 Abs. 4 Sätze 2, 3 EStG 2009 n.F. eine „erhebliche Vereinfachung der Anspruchsvoraussetzungen“ zu erreichen (vgl. Bundestags-Drucksache 17/5125, S. 41).

aa)  Zwar folgt der Bundesfinanzhof im Ausgangspunkt einem subjektiven Verständnis des Begriffs „erstmalige Berufsausbildung“, dem zufolge es auf das von dem Kind angestrebte Berufsziel ankommt. Das von dem Kind angestrebte Berufsziel soll jedoch nur dann maßgeblich sein, wenn die verschiedenen Ausbildungsschritte in einem engen zeitlichen und sachlichen Zusammenhang stehen, womit sich die rechtliche Beurteilung doch wieder nach objektiven Kriterien richtet. Dieses objektive Erfordernis eines engen und sachlichen Zusammenhangs zwischen den Ausbildungsabschnitten findet aber nicht nur im Wortlaut des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG 2009 n.F. keine Grundlage, sondern ist zudem in hohem Maße unbestimmt.

Soweit ersichtlich ist die finanzgerichtliche Rechtsprechung überwiegend der Auffassung, dass ein enger zeitlicher und sachlicher Zusammenhang zwischen den Aus- bzw. Fortbildungsabschnitten dann nicht gegeben sei, wenn eine berufspraktische Erfahrung im bereits erlernten Ausbildungsberuf unabdingbare Voraussetzung für das Erreichen des weiteren Berufsabschlusses sei. Durch die Notwendigkeit der berufspraktischen Erfahrung ergebe sich eine Zäsur zwischen den Ausbildungsabschnitten; dies gelte selbst dann, wenn die Berufserfahrung parallel zu der weiteren Ausbildungsmaßnahme gesammelt werden könne (vgl. BFH-Urteil vom 04.02.2016 – III R 14/15, BStBl. II 2016, 615, zum „Betriebswirt (VWA)“; s.a. BFH-Beschluss vom 29.08.2017 – XI B 57/17, BFH/NV 2018, 22, zur „Führungskraft Handel“; dem folgend: Niedersächsisches FG, Urteil vom 17.10.2017 – 13 K 76/17, Juris, zur „Steuerfachwirtin“; FG Düsseldorf vom 06.12.2017 – 2 K 1605/17, Juris, Revision anhängig unter III R 3/18; FG Düsseldorf, Urteil vom 11.01.2018 – 9 K 1541/17 Kg, Juris, zur „Steuerfachwirtin“; FG Münster, Urteil vom 14.12.2017 – 3 K 2536/17, Juris, zur „Staatlich geprüften Betriebswirtin“; FG Münster, Urteil vom 17.01.2018 – 3 K 2555/17 Kg, Juris, zum „Steuerfachwirt“; FG Münster, Urteil vom 23.05.2017 – 1 K 2410/16 Kg, Juris, zur „Staatlich geprüften Betriebswirtin“; FG Münster, Urteil vom 23.05.2017 – 1 K 3050/16 Kg, Juris, Revision anhängig unter III R 47/17, zur „Staatl. geprüften Betriebswirtin“ bzw. zur „Bilanzbuchhalterin“). Es erscheint aus Sicht des Senats indes verständlich, dass diese Rechtsprechung von den Kindergeldberechtigten angegriffen und die Rechtslage teilweise auch von Finanzgerichten anders beurteilt wird (Niedersächsisches FG, Urteil vom 13.11.2017 – 1 K 115/17, Juris, zum „Bankfachwirt BankColleg“ bzw. zum „Bankfachwirt IHK“; Niedersächsisches FG, Urteil vom 06.02.2018 – 13 K 171/17, juris, zum „Bankfachwirt BankColleg“ bzw. zum „Bankfachwirt IHK“; s.a. Finanzgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 28.06.2017 – 5 K 2388/15, juris, zur „geprüften Immobilienwachwirtin“ laut IHK) . Denn es erschließt sich nicht ohne weiteres, weshalb bei einem nahtlosen Übergang von der ersten Berufsausbildung zur Fortbildung eine schädliche Zäsur vorliegen sollte, obwohl ein zeitlicher und sachlicher Zusammenhang zwischen diesen Berufsaus- bzw. Berufsfortbildungsabschnitten ansonsten wohl gegeben sein dürfte.

Die Entscheidung über den Kindergeldanspruch könnte nach gegenwärtigem Stand der Rechtsprechung unter Umständen davon abhängen, für welche konkrete weitere Ausbildung oder ggf. Fortbildung sich das Kind entscheidet bzw. wie die konkreten Fortbildungs- oder Studienordnungen ausgestaltet sind. Im vorliegenden Fall hat sich die Tochter der Klägerin zunächst im Wege des sog. „verkappten Aufstiegs“ beworben. Dieser ist verbunden mit der Entlassung aus dem mittleren Dienst und der Neueinstellung als Anwärterin des gehobenen Dienstes. Da die Einstellung als Anwärterin in den gehobenen Dienst keine vorherige berufspraktische Tätigkeit voraussetzt, läge insoweit wohl keine schädliche Zäsur vor. Nachdem die ersten Bewerbungen nicht erfolgreich waren, hat sich die Tochter der Klägerin jedoch sodann im Jahr 2016 im Wege des Regelaufstiegs beworben. Der Regelaufstieg setzt gem. § 31 der „Verordnung über die Laufbahnen der Beamtinnen und Beamten im Lande Nordrhein-Westfalen“ vom 28.01.2014 (Laufbahnverordnung – LVO a.F.) bzw. § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der Laufbahnverordnung vom 21.06.2016 (LVO n.F.) die Ableistung einer mindestens dreijährigen Dienstzeit voraus, die gem. § 20 Abs. 1 Satz 2 LVO um lediglich ein Jahr verkürzt werden kann. Hiernach könnte aufgrund der erforderlichen Dienstzeit eine kindergeldrechtlich schädliche Zäsur vorliegen. Die sich somit u.U. ergebende unterschiedliche kindergeldrechtliche Behandlung ähnlicher Ausbildungs-/Fortbildungswege erscheint nach Auffassung des Senats wenig überzeugend.

bb)  Die Abgrenzungsfragen zum zeitlichen Zusammenhang lassen sich auch nicht durch die von der beklagten Familienkasse aufgestellten formellen Voraussetzungen klären, wonach der Nachweis einer Bewerbung innerhalb eines Monats nach Abschluss der ersten Ausbildungsmaßnahme oder eine Anzeige der Weiterverfolgung eines konkreten Berufsziels bei der Familienkasse innerhalb eines Monats nach Abschluss der ersten Ausbildungsmaßnahme erforderlich sein soll (Dienstanweisung zum Kindergeld nach dem Einkommensteuergesetz 2017 – DA-Kg 2017 –, V 6.1 Abs. 1 Satz 8). Derartige Anforderungen sind dem Gesetz nicht zu entnehmen.

Zur Feststellung einer bestimmten Anspruchsvoraussetzung bedarf es grundsätzlich einer Würdigung aller Umstände des Einzelfalls. Formalisierte Nachweisverlangen, die sich nicht aus dem Gesetz ergeben, widersprechen dem § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO (so zu § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG 2009 n.F.: Niedersächsisches FG, Urteil vom 06.02.2018 – 13 K 171/17, Juris; FG Düsseldorf, Urteil vom 11.01.2018 – 9 K 994/17, Juris, Revision anhängig unter Az. III R 8/18). Dies gilt jedenfalls dann, wenn ein bestimmter Sachverhalt aus anderen Quellen hinreichend sicher festgestellt werden kann (vgl. – wenngleich dort zu § 33 EStG 2002 – BFH-Urteil vom 11.11.2010 VI R 17/09, BStBl. II 2011, 969), wie dies bei einer beabsichtigten mehrstufigen Ausbildung prinzipiell möglich ist.

cc)  Des Weiteren bestehen nach Auffassung des Senats Bedenken, ob das  Kriterium des zeitlichen Zusammenhangs zwischen den verschiedenen Berufsbildungsabschnitten eine Differenzierung rechtfertigt. Die Eltern von Kindern, die weniger zielstrebig vorgehen und ihre weitere Ausbildung nicht unmittelbar im Anschluss an die subjektiv zunächst beabsichtigte Berufsausbildung angehen, würden kindergeldrechtlich schlechter gestellt (vgl. auch BFH-Urteil vom 04.02.2016 – III R 14/15, BStBl. II 2016, 615, wonach wohl bereits eine Bedenkzeit von rd. 4 Monaten schädlich sein soll). Ein nachvollziehbarer Grund für eine solche Ungleichbehandlung ist nicht ersichtlich, zumal der Gesetzgeber grundsätzlich alle Ausbildungsmaßnahmen i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2a EStG 2002/2009 als entlastungs-/förderungswürdig ansieht und er – wie dargelegt – mit § 32 Abs. 4 Sätze 2, 3 EStG 2009 n.F. vorrangig die Möglichkeiten des Kindes, sich selbst zu unterhalten, typisieren und daneben ggf. die Zeiten der Erwerbstätigkeit im Verhältnis der noch für die Ausbildung zur Verfügung stehenden Zeit gewichten wollte. Anhaltspunkte für eine beabsichtigte Benachteiligung von Spätentschlossenen – zusätzlich zu der ohnehin bestehenden Altersgrenze – sind nicht erkennbar. Soweit der Gesetzgeber in anderem Zusammenhang auf sozialpolitische Erwägungen zurückgegriffen hat (Förderung von Kindern ohne Berufsausbildung bei späterer Ausbildung neben einer Vollerwerbstätigkeit), spricht dies eher gegen eine Benachteiligung von Spätentschlossenen, da gerade bei eher bildungsfernen Elternhäusern die Ausbildung der Kinder nicht von vornherein bis ins Letzte geplant, sondern durch die persönliche und fachliche Entwicklung im Rahmen der Erstausbildung mit geprägt wird.

dd)  Die vorstehend unter aa) bis cc) geschilderten Bedenken könnten zwar beseitigt  werden, indem das Erfordernis eines zeitlichen und sachlichen Zusammenhangs zwischen den Ausbildungsabschnitten eingeschränkt oder sogar gänzlich fallen gelassen würde. Die damit zwangsläufig verbundene weitere erheblichen Ausweitung des Kindergeldanspruchs steht jedoch nicht mit dem Wortlaut des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG 2009 n.F. („erstmalige“ Berufsausbildung, „Erst“-Studium), der Entstehungsgeschichte dieser Regelung und dem Sinn und Zweck des Familienleistungsausgleichs in Einklang. Auch aus diesem Grund erscheint es vorzugswürdig, den Begriff der erstmaligen Berufsausbildung in § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG 2009 n.F. objektiv auszulegen.

f)  Nach Auffassung des Senats ist die Regelung des § 32 Abs. 4 Sätze 2, 3 EStG 2009 n.F. auch (noch) verfassungsgemäß. Insbesondere ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz gem. Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) liegt nicht vor. Vielmehr würde umgekehrt die doppelte Berücksichtigung des Existenzminimums des Kindes zu einer ungerechtfertigten Bevorzugung der hierdurch begünstigten Familien führen. Eine die einfachgesetzliche Auslegung modifizierende verfassungskonforme Auslegung ist deshalb nicht geboten.

aa)  Der allgemeine Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) gebietet dem Gesetzgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Er gilt für ungleiche Belastungen wie auch für ungleiche Begünstigungen. Verboten ist daher auch ein gleichheitswidriger Begünstigungsausschluss, bei dem eine Begünstigung einem Personenkreis gewährt, einem anderen aber vorenthalten wird. Differenzierungen, die dem Gesetzgeber verboten sind, dürfen auch von den Gerichten im Wege der Auslegung oder Fortbildung gesetzlicher Vorschriften nicht für Recht erkannt werden (BVerfG-Beschluss vom 11.01.2005 – 2 BvR 167/02, BVerfGE 112, 164). Zu beachten ist im vorliegenden Fall zudem das aus Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG abzuleitende subjektive Nettoprinzip, welches die steuerliche Verschonung des Existenzminimums gebietet (BVerfG-Beschluss vom 14.06.2016 – 2 BvR 290/10, BStBl. II 2016, 801).

Mit seiner Begrenzung des Anspruchs auf Kinderfreibeträge gemäß § 32 Abs. 6 EStG 2009 n.F. und auf Kindergeld gemäß §§ 62 ff. EStG 2009 n.F. ist § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG 2009 n.F. allerdings zwei unterschiedlichen Sach- und Regelungsbereichen zuzuordnen. Zum einen geht es um die vorgenannte verfassungsrechtlich gebotene steuerliche Verschonung des Familienexistenzminimums, zum anderen dienen die Regelungen zum Kindergeld, soweit dieses für die steuerliche Freistellung nicht erforderlich ist, der Förderung der Familie (§ 31 Satz 2 EStG n.F.), sie haben also eine von den verfassungsrechtlichen Anforderungen an die steuerrechtliche Belastung unabhängige sozialrechtliche Funktion. Dem Gesetzgeber ist aber in beiden Sach- und Regelungsbereichen nicht gestattet, bei der Abgrenzung der Begünstigten sachwidrig zu differenzieren (vgl. – wenngleich dort zu § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG in der für das Jahr 1998 geltenden Fassung – BVerfG in BVerfGE 112, 164). Zwar darf der (Steuer-)Gesetzgeber aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung typisieren und die Besonderheiten des einzelnen Falles vernachlässigen. Dies setzt jedoch voraus, dass die aus der Typisierung erwachsenden Vorteile im rechten Verhältnis zu der mit der Typisierung notwendig verbundenen Ungleichheit der steuerlichen Belastung stehen, der Steuergesetzgeber sich realitätsgerecht am typischen Fall orientiert und ein vernünftiger, einleuchtender Grund vorhanden ist (BVerfG-Urteil vom 10.04.2018 – 1 BvL 11/14, DStR 2018, 791, Gliederpunkt B. IV. 3. c.).

bb)  Ausgehend von den vorgenannten Grundsätzen ist die Gewährung von Kinderfreibeträgen bzw. von Kindergeld an Kinder, die selbst in der Lage sind, sich zu unterhalten, verfassungsrechtlich nicht geboten. Vielmehr verstößt die doppelte steuerliche Berücksichtigung des steuerlichen Existenzminimums des Kindes umgekehrt im Ansatz gegen den Grundgedanken des subjektiven Nettoprinzips und einer sachgerechten Abgrenzung der Familienförderung. Denn unter beiden Gesichtspunkten bedarf es zwar einer einmaligen – aber eben auch nur einer einmaligen – Freistellung bzw. Begünstigung des Existenzminimum des Kindes und verbietet es sich andererseits, in den Fällen einer Ausbildungs-/Fortbildungssituation allein nach Maßgabe subjektiver Vorstellungen des Kindes oder seiner Eltern eine doppelte Freistellung/Begünstigung zu gewähren oder zu versagen.

cc)  Den vorgenannten Erwägungen trägt die gesetzliche Neuregelung in § 32 Abs. 4 Sätze 2, 3 EStG 2009 n.F. Rechnung. Insbesondere sieht der Senat die Typisierung des Gesetzgebers in § 32 Abs. 4 Sätze 2, 3 EStG 2009 n.F., wonach Kinder nach einer erstmaligen Berufsausbildung bei einer Erwerbstätigkeit mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von mehr als 20 Stunden in der Regel in der Lage sind, sich selbst zu unterhalten und deshalb insoweit keine Familienentlastung/-förderung durch Kinderfreibeträge/Kindergeldgewährung mehr erforderlich ist, als noch vertretbar an (a.A. Helmcke/Bauer, Steuerlicher Familienleistungsausgleich, § 32 EStG Rz. 121.2; Felix, NJW 2012, 22).

aaa)  Der Bundesfinanzhof stützt seine Auffassung, wonach im Rahmen des § 32 Abs. 4 Sätze 2, 3 EStG 2009 n.F. nicht auf die objektiv erstmalige Berufsausbildung, sondern auf die angestrebte Berufsausbildung abzustellen sei, auch auf die Annahme, dass die aktuelle gesetzliche Regelung des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG 2009 n.F. in bestimmten Konstellationen dazu führen könne, dass das steuerliche Existenzminimum des Kindes nicht in ausreichender Weise von der Besteuerung freigestellt werde. Bei Annahme einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 21 Wochenstunden und eines Stundensatzes von 7,50 bis 8,50 EUR – wie er für typische Aushilfstätigkeiten von in Ausbildung befindlichen Kindern nicht unüblich sei – würden sich nach Berücksichtigung üblicher Abzugsbeträge (insbesondere für Werbungskosten) häufig unter dem Existenzminimum des Kindes liegende Einkünfte des Kindes ergeben (vgl. BFH-Urteil vom 03.07.2014 – III R 52/13, BStBl. II 2015, 152, Gliederungspunkt II. 3. c) dd).

Die Bedenken des Bundesfinanzhofs greifen jedoch jedenfalls im vorliegenden Fall nicht durch. Die Tochter der Klägerin arbeitete in Vollzeit in dem von ihr erlernten Beruf der Finanzwirtin, so dass ihr Verdienst über dem Existenzminimum liegt. Darüber hinaus mögen die vom Bundesfinanzhof angenommenen Stundensätze zwar für typische Aushilfstätigkeiten von in Ausbildung befindlichen Kindern nicht unüblich sein. Der Senat sieht jedoch keine konkreten Anhaltspunkte dafür, dass Entsprechendes auch für Kinder nach einer erstmaligen Berufsausbildung gilt, die darüber hinaus nicht nur in einem sehr geringen Umfang beschäftigt werden (und denen deshalb eventuell nur ein geringes Arbeitsplatzangebot zur Verfügung steht), sondern die über einen längeren Zeitraum (d.h. länger als im Falle eines geringfügigen Beschäftigungsverhältnisses i.S. des § 8 Abs. 1 Nr. 2 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch; vgl. auch BMF-Schreiben vom 08.02.2016, BStBl. I 2016, 226, Rz. 24) zumindest im Umfang einer normalen Halbzeittätigkeit erwerbstätig sind.

Selbst wenn man aber die Bedenken des Bundesfinanzhofs teilt und davon ausgehen wollte, dass in einer Reihe von Fällen trotz einer zuvor abgeschlossenen Berufsausbildung und einer mehr als 20-stündigen Erwerbstätigkeit die Einkünfte dieser Kinder unter dem Existenzminimum liegen würden, könnte dies eine subjektive Auslegung des Begriffs der erstmaligen Berufsausbildung nicht rechtfertigen. Denn sowohl die bislang veröffentlichten Entscheidungen der Finanzgerichte und des Bundesfinanzhofs wie die Anzahl der bereits allein beim erkennenden Senat anhängigen Verfahren zu diesem Problemkreis weisen darauf hin, dass eine derartige subjektive Auslegung in einer Vielzahl anderer Fälle – wie auch im vorliegenden Fall – dazu führen würde, dass das steuerliche Existenzminimum des Kindes in systemwidriger Weise doppelt berücksichtigt würde. Die Anzahl dieser anderen Fälle geht deutlich über seltene und im Rahmen einer Typisierung hinnehmbare Ausnahmefälle hinaus (zur hohen Zahl von Kindern in Dualen Studiengängen siehe z.B.: Bundesinstitut für Berufsbildung – BIBB – AusbildungPlus, Duales Studium in Zahlen 2016). Neben der Anzahl der letztgenannten Fälle kommt jedoch entscheidend hinzu, dass ein subjektives Verständnis des Begriffs der erstmaligen Berufsausbildung kein angemessenes Mittel wäre, um den vom Bundesfinanzhof angenommenen Missstand bezüglich Kindern mit geringen Einkünften trotz einer Wochenarbeitszeit von mehr als 20 Stunden zu beheben: Einem relevanten Personenkreis wird nicht geholfen (nämlich unterhaltsverpflichteten Eltern mit erwerbstätigen Kindern mit geringen Einkünften, welche ohne hinreichenden sachlichen und zeitlichen Zusammenhang eine mehrstufige Ausbildung absolvieren), während ein anderer relevanter Personenkreis  gleichheitswidrig begünstigt wird (nämlich nicht unterhaltsverpflichtete Eltern von regulär verdienenden Kindern mit von vornherein vorgesehener mehrstufiger Ausbildung). Darüber hinaus hat der Senat Zweifel, ob derartige grundlegende Abweichungen vom Gesetzeswortlaut und von den Vorstellungen des Gesetzgebers im Rahmen einer verfassungskonformen Auslegung möglich sind.

bbb)  Im Hinblick auf die Regelung des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG 2009 n.F. mag bedenklich erscheinen, dass die Unterhaltsbedürftigkeit des Kindes allein anhand des Arbeitseinkommens unter Ausklammerung etwaiger weiterer Einkünfte  ermittelt wird (z.B. Kapitaleinkünfte oder Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung). Dies kann zu Ungleichheiten führen (kritisch deshalb Reiß, FR 2011, 462). Während für ein Kind, welches in Vollzeit arbeitet, der Kindergeldanspruch regelmäßig ausgeschlossen ist, kann für ein Kind, welches Kapitaleinkünfte in derselben Höhe bezieht, bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen  ein Kindergeldanspruch bestehen. Der Gesetzgeber hat diese Ungleichbehandlung indes durchaus erkannt. In der Begründung des Gesetzentwurfs wird hierzu ausgeführt, dass sich die nach alter Rechtslage vorzunehmende konkrete Ermittlung der Einkünfte des Kindes kompliziert und aufwändig gestaltete und dass die neue gesetzliche Regelung zu einer erheblichen Verwaltungsvereinfachung führe. Weiter wird argumentiert, dass die nach altem Recht bestehende Einkünfte- und Bezügegrenze ohnehin nur von einer relativ kleinen Gruppe von Kindern überhaupt überschritten worden sei (Bundestags-Drucksache 17/5125, S. 26, 41; dagegen allerdings Stellungnahme der SPD-Fraktion laut BT-Drucks. 17/6146, S. 1, 6). Diese Erwägungen des Gesetzgebers halten sich nach Auffassung des Senats zumindest deshalb noch im Rahmen der diesem zustehenden Gestaltungs- und Typisierungsbefugnis, weil die gesetzliche Neuregelung auch auf den Gedanken einer Gewichtung zwischen Erwerbstätigkeit und Ausbildung gestützt werden kann. Es erscheint nicht von vornherein sachwidrig, eine Förderung/Entlastung auszuschließen, wenn eine Ausbildung in zeitlicher Hinsicht im Verhältnis zur Erwerbstätigkeit eher nachrangig betrieben wird. So dürfte z.B. ein ernsthaft betriebenes Vollzeitstudium mit einer beruflichen Tätigkeit von mehr als 20 Wochenstunden regelmäßig nur schwer zu vereinbaren sein.

3.  Auch unter Zugrundelegung eines – von der Auffassung des erkennenden Senats abweichenden – subjektiven Verständnisses des Begriffs der erstmaligen Berufsausbildung könnte die vorliegende Klage keinen Erfolg haben, da es an dem notwendigen sachlichen Zusammenhang zwischen den Ausbildungsabschnitten fehlt.

Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs liegt eine einheitliche mehraktige Berufsausbildung dann vor, wenn die Ausbildungsabschnitte in einem engen sachlichen Zusammenhang zueinander stehen (z.B. dieselbe Berufssparte, derselbe fachliche Bereich) und im engen zeitlichen Zusammenhang durchgeführt werden (vgl. BFH-Beschluss vom 29.08.2017 – XI B 57/17, BFH/NV 2018, 22). Vorliegend liegen die Ausbildung der Tochter der Klägerin zur Finanzwirtin und der sich anschließende Besuch des Abendgymnasiums zwar in einem unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang. Ein näherer sachlicher Zusammenhang ist jedoch nicht erkennbar. Bei dem Schulabschluss des Abiturs, welchen die Tochter der Klägerin durch den erfolgreichen Besuch des Abendgymnasiums erlangt hat, handelt es sich um einen allgemeinen Schulabschluss, der keinen besonderen Zusammenhang zum Beruf der Finanzwirtin oder der Diplom-Finanzwirtin aufweist.

Gegebenenfalls ließe sich auf Basis der BFH-Rechtsprechung argumentieren, dass der notwendige sachliche Zusammenhang auch dann gegeben sei, wenn der Besuch einer allgemeinbildenden Schule durch zwei weitere, sachliche zusammenhängende Ausbildungsschritte – wie hier die Ausbildung zur Finanzwirtin und zur Diplom-Finanzwirtin – umklammert wird (vgl. – wenngleich dort zum Erwerb einer Fachhochschulreife – BFH-Urteil vom 08.09.2016 – III R 27/15, BStBl. II 2017, 278; siehe auch Selder, jurisPR-SteuerR 9/2017). Dies würde jedoch zu einer weiteren Aufweichung des ohnehin unbestimmten und im Gesetz nicht vorgesehenen Kriteriums des sachlichen Zusammenhangs führen. Zudem ist im vorliegenden Fall zu berücksichtigen, dass zwischen dem Abschluss des Abendgymnasiums im Juli 2014 und der Aufnahme des Studiums zur Diplom-Finanzwirtin im August 2016 ein Zeitraum von zwei Jahren liegt, so dass – falls man auf das Studium zur Diplom-Finanzwirtin als endgültiges Ausbildungsziel der Tochter der Klägerin abstellt – der nach der BFH-Rechtsprechung notwendige zeitliche Zusammenhang nur gegeben wäre (ggf. bis Mitte des Jahres 2014 oder des Jahres 2015), sofern es allein auf die ursprüngliche oder zwischenzeitlich geänderte letzte Absicht vor dem Abschluss der Ausbildung als Finanzanwärterin ankäme (hier: Bewerbung in den Jahren 2013 und 2014 für den „verkappten Aufstieg“) und nicht auf die später (erneut) geänderte Ausbildungsplanung (hier: keine Bewerbung mehr im Jahr 2015 für den „verkappten Aufstieg“, sondern Wechsel zum Ausbildungsweg Aufstiegsbeamtin).

Gegebenenfalls könnte der Kindergeldanspruch auch deshalb (zumindest ab Mitte des Jahres 2015, d.h. ab dem Zeitpunkt der erneut geänderten Ausbildungsplanung) ausgeschlossen sein, weil aufgrund der Bestimmungen der LVO zum Regelaufstieg eine schädliche Zäsur vorliegt. Denn nach § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 LVO setzt der Regelaufstieg grundsätzlich die Ableistung einer mindestens dreijährigen Dienstzeit voraus, die gem. § 20 Abs. 1 Satz 2 LVO n.F. (wie zuvor nach § 31 Abs. 1, 2 LVO a.F.) auf lediglich ein Jahr verkürzt werden kann. Diese aufgrund der LVO notwendige berufspraktische Erfahrung könnte eine Zäsur im Sinne der BFH-Rechtsprechung begründen. Diese Frage ist jedoch unter Zugrundelegung der Rechtsauffassung des Senats nicht mehr entscheidungserheblich und kann deshalb dahingestellt bleiben.

IV.  Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Die Revision war gem. § 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 FGO zuzulassen, da der Senat mit dem vorliegenden Urteil von der bisherigen BFH-Rechtsprechung abweicht und im Hinblick auf die hier streitigen Rechtsfragen bereits die Revisionsverfahren III R 47/17, III R 2/ 18, III R 3/18 und III R 32/17 anhängig sind.