OLG Hamm, Urteil vom 13.03.2017 - 8 U 79/16
Fundstelle
openJur 2019, 21158
  • Rkr:
Verfahrensgang

Entnimmt ein Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH Beträge aus dem Gesellschaftsvermögen bei Vorliegen einer Unterbilanz, kann darin eine verbotswidrige Auszahlung i. S. d. § 30 Abs. 1 GmbHG liegen, auch wenn das Handeln des Gesellschafter-Geschäftsführers als Untreue zu bewerten ist.

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das am 20.07.2016 verkündete Urteil des Landgerichts Arnsberg wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

A.

Der Kläger verlangt von der Beklagten unter dem Gesichtspunkt der Ausfallhaftung nach § 31 Abs. 3 GmbHG die Erstattung von 13.318,93 €.

Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der Q GmbH (im Folgenden: Schuldnerin). Das Stammkapital der Schuldnerin betrug 77.000,- €, wovon 61.600,- € auf die Beklagte als Gesellschafterin und 15.400,- € auf den Gesellschafter G entfielen. Letzterer war zum maßgeblichen Zeitpunkt auch alleinvertretungsberechtigter und von den Beschränkungen des § 181 BGB befreiter Geschäftsführer der Schuldnerin.

Seit dem Bilanzstichtag vom 31.12.2009 wies die Gesellschaft einen nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag von zunächst 34.000,- € aus. Im Kalenderjahr 2011 bestand ein nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag in Höhe von mindestens 268.000,- €. Dennoch wurden durch G in der Zeit von Mai bis August 2011 Barauszahlungen und Zahlungen mit der Firmenkreditkarte in Höhe von insgesamt 13.318,93 € getätigt, hinsichtlich derer er keine Auskünfte oder Nachweise erbrachte. Vor diesem Hintergrund erstattete die Schuldnerin am 05.01.2012 gegen G Strafanzeige (Anl. K 2) unter Hinweis darauf, dass nach seinerzeitigem Kenntnisstand ein Vermögensnachteil von insgesamt 13.318,93 € entstanden sei. In dem Verfahren 50 Ds 103 Js 24/12 - 162/12 wurde G vom Amtsgericht Hamm durch Urteil vom 17.10.2012 wegen Untreue in 11 Fällen (betreffend die Barauszahlungen) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 1 Jahr auf Bewährung verurteilt.

Der Kläger versuchte, den Geschäftsführer G im Hinblick auf die streitgegenständlichen Barabhebungen und Zahlungen in Anspruch zu nehmen. Die aufgrund eines erwirkten Vollstreckungsbescheides vom 19.05.2015 (Anl. K 3) eingeleitete Zwangsvollstreckung blieb erfolglos.

Mit Schreiben vom 16.11.2015 (Anl. K 6) forderte der Kläger die Beklagte erfolglos zum Ausgleich der entnommenen Beträge gemäß §§ 30, 31 GmbHG bis zum 04.12.2015 auf. Die Beklagte wies die Forderung als unbegründet zurück, da kein Fall einer verdeckten Gewinnausschüttung gem. § 30 GmbHG vorgelegen habe.

Der Kläger hat gemeint, die unberechtigten Entnahmen zugunsten des Gesellschafters und Geschäftsführers G stellten verdeckte Gewinnausschüttungen i.S.v. § 30 GmbHG dar, für welche die Beklagte im Rahmen des § 31 Abs. 3 GmbHG hafte. Außerdem falle der Beklagten infolge ihrer Kenntnis von der sich bereits verfestigten Krise eine Überwachungspflichtverletzung zur Last.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 13.318,93 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 05.12.2015 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat eine Rechtsgrundlosigkeit der vorgenommenen Entnahmen durch G mit Nichtwissen bestritten und die Auffassung vertreten, es habe sich nicht um unter Verstoß gegen § 30 GmbHG geleistete Zahlungen gehandelt. Die Vermögensminderung sei nicht durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst gewesen. Der Gesellschafter-Geschäftsführer G sei zu entsprechenden Abhebungen und Zahlungen nicht ermächtigt gewesen. Bei den Untreuehandlungen, die unter Missbrauch seiner Vertretungsmacht erfolgt seien, liege keine unzulässige Auszahlung i.S.v. § 30 GmbHG vor.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben und zur Begründung ausgeführt: Es sei davon auszugehen, dass den Entnahmen keine Berechtigungen zugrunde gelegen hätten. Entgegen der Auffassung der Beklagten liege eine Leistung aufgrund des Gesellschaftsverhältnisses vor. Die Beklagte hafte für den betreffenden Betrag nach § 31 Abs. 3 GmbHG, weil eine Erstattung von dem Mitgesellschafter G nicht zu erlangen gewesen sei.

Die Beklagte wehrt sich hiergegen mit ihrer Berufung. Sie macht geltend, das Landgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass jede einzelne der 40 Zahlungen, aus denen sich der Betrag von 13.318,93 € zusammensetze, rechtsgrundlos erfolgt sei. Es werde verkannt, dass G zum damaligen Zeitpunkt in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer noch Auslagen für seine Tätigkeit gehabt und Zahlungen für die Schuldnerin getätigt habe. Insbesondere dürften Tankrechnungen des Geschäftsführers mindestens zum Teil durch seine Tätigkeit für die Schuldnerin veranlasst gewesen sein. Den Kläger treffe die Beweislast für die Unrechtmäßigkeit jeder einzelnen Zahlung. Es sei auch nicht festgestellt worden, dass sämtliche einzelne Zahlungen und Barentnahmen zur Verurteilung des G geführt hätten. Zahlungen unter Verstoß gegen § 30 GmbHG seien nicht geleistet worden. Die Vermögensminderung sei nicht durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst gewesen. G sei weder von der Beklagten noch von der Gesellschaft zu den streitgegenständlichen Zahlungen ermächtigt worden. Für einen Missbrauch der Vertretungsmacht und einen Verstoß gegen den Anstellungsvertrag könne sie nicht in Anspruch genommen werden. Da die Zahlungen von G auf Untreuehandlungen beruhten, stehe der Gesellschaft gegen diesen gemäß § 812 BGB ein Rückzahlungsanspruch zu. Strafbare Handlungen des Geschäftsführers begründeten keine verdeckte Gewinnausschüttung. Ansonsten würden die Gesellschafter bei strafbaren Handlungen des Gesellschafter-Geschäftsführers doppelt bestraft, nämlich einerseits durch eine Minderung des Gesellschaftsvermögens und andererseits durch eine Ausgleichsverpflichtung gegenüber der Gesellschaft.

Die Beklagte beantragt,

abändernd die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das Urteil mit näheren Ausführungen und trägt ergänzend vor: Soweit die Beklagte erstmals einwende, es habe sich um Zahlungen für Unternehmensverbindlichkeiten oder Tankrechnungen gehandelt, handele es sich um ein Verteidigungsmittel, das nach § 531 Abs. 2 ZPO nicht zuzulassen sei. Darlegungs- und beweisbelastet für den Ausnahmetatbestand eines Drittgeschäfts und dafür, dass die Kreditkartenzahlungen eine angemessene Vergütung darstellen könnten, sei die Beklagte. Auch hätte der Geschäftsführerdienstvertrag (Anl. BB 1) keine Berechtigung zur Nutzung eines Pkw eingeräumt.

Die Strafakte StA Dortmund 103 Js 24/12 lag zu Informationszwecken vor und war Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

B.

Die zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet. Das Landgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben. Der Kläger kann von der Beklagten aus §§ 30, 31 Abs. 3 GmbHG, §§ 80, 148 InsO die Zahlung von 13.318,93 € nebst titulierter Zinsen verlangen.

I.

Nach § 31 Abs. 3 GmbHG haften, soweit die Erstattung verbotswidriger Zahlungen gemäß §§ 30 Abs. 1, 31 Abs. 1 GmbHG von dem Empfänger nicht zu erlangen ist, die übrigen Gesellschafter nach dem Verhältnis ihrer Geschäftsanteile.

1. Erforderlich ist eine verbotswidrige Zahlung an den Gesellschafter G i.S.v. § 30 Abs. 1 GmbHG, und zwar bei Vorliegen einer Unterbilanz eine Vermögensminderung, der keine vollwertige Gegenleistung gegenüber steht (Baumbach/Hueck-Fastrich, GmbHG, 21. Aufl. 2017, § 30 Rn. 32).

a) Eine Unterbilanz lag im maßgeblichen Zeitraum der Zahlungen von Mai bis August 2011 unstreitig vor.

b) Es sind Zahlungen an den Gesellschafter G erfolgt und nicht an Dritte etwa zur Bezahlung von Gesellschaftsschulden.

aa) Die Darlegungs- und Beweislast liegt nach allgemeinen Grundsätzen für sämtliche Voraussetzungen des § 31 Abs. 3 GmbHG grundsätzlich bei der Gesellschaft bzw. hier bei dem Insolvenzverwalter (Scholz-Verse, GmbHG, 11. Aufl. 2012-2015, § 31 Rn. 66 m.w.N.). Der Kläger behauptet insoweit Privatauskehrungen und verdeckte Gewinnausschüttungen an den Gesellschafter G. Die Beklagte bestreitet solche und behauptet ohne nähere Konkretisierung jedenfalls teilweise eine Veranlassung im Rahmen seiner Tätigkeit für die Schuldnerin.

Unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Streitfalls stellt sich das diesbezügliche Bestreiten der Beklagten mit Nichtwissen aber schon nicht als erheblich dar, weil die Beklagte selbst aus eigener anderer Kenntnis die Strafanzeige vom 05.01.2012 erstattet und damit vorgetragen hat, die Abhebungen und Kontobelastungen seien ausschließlich zu privaten Zwecken des G getätigt worden. Die Beklagte wusste und weiß, dass G für die betreffenden Ausgaben keine Belege eingereicht hatte, wie dies auch vom späteren Geschäftsführer der Schuldnerin B im Strafverfahren am 17.10.2012 bezeugt worden ist. Insofern stellt sich der diesbezügliche Vortrag der Beklagten als widersprüchlich und unbeachtlich dar. Dass keine Belege für die Bewegungen existierten, war der Beklagten unmittelbar selbst bekannt. Dabei liegt auch keine Konstellation dergestalt vor, dass die Beklagte selbst von den maßgeblichen Fakten keine Kenntnis hatte, so dass sie in erheblicher Weise nunmehr eine völlig andere Tatsachenvariante (wie dies etwa im Regressprozess gegen einen Rechtsanwalt denkbar wäre) in erheblicher Weise vortragen könnte.

bb) Darüber hinaus ist, die Erheblichkeit des Vortrags der Beklagten unterstellt, jedenfalls durch Urkundenbeweis belegt, dass mit den von G getätigten Entnahmen keine Verbindlichkeiten der Schuldnerin beglichen worden sind. Die Beklagte selbst beruft sich auf die Strafakte, die das Landgericht auszuwerten verabsäumt habe. Daraus ergibt sich, dass G die Anschuldigungen vor dem Hintergrund von Geldsorgen und einer bei ihm bestehenden Spielsucht vollumfänglich eingeräumt hat. Die Barmittel wurden danach im Spielcasino verspielt. Belege für die Rückführung der Barabhebungen in die Barkasse wie auch für eine Betankung von Firmenfahrzeugen existieren demgegenüber nicht.

Die Barabhebungen - von 10.000,- €, die Gegenstand der strafrechtlichen Verurteilung geworden sind - hat G selbst erhalten, ohne dass diese konkret für Zwecke der Gesellschaft eingesetzt worden sind.

Bei den Kreditkartenzahlungen handelte es sich, wie sich aus den in der Strafakte befindlichen Kontoauszügen ergibt, um Zahlungen an Tankstellen und einen nicht zuzuordnenden Lastschrifteinzug. Auch in Bezug hierauf ist von einem Empfang durch G auszugehen. Zum einen war dies in erster Instanz unstreitig, in der die Beklagte lediglich die Rechtsgrundlosigkeit der Entnahme und eine Veranlassung der Vermögensminderung durch das Gesellschaftsverhältnis bestritten hat. Dass die Barentnahmen und Kreditkartenzahlungen des Mitgesellschafters G dessen Vermögen zugeflossen ist, war nicht bestritten. Auch die tatbestandlichen Feststellungen des landgerichtlichen Urteils (S. 4) sind mit einem Tatbestandsberichtigungsantrag nicht beanstandet worden. Der Vortrag der Beklagten dahin, dass die Tankrechnungen durch die Tätigkeit für die Schuldnerin veranlasst worden sein sollen, ist insofern neu und nach § 531 Abs. 2 ZPO nicht zu berücksichtigen. Zum anderen ist dieser Einwand, wie bereits ausgeführt, auch im Hinblick auf die vorliegende Strafakte als ausgeräumt anzusehen, die als Urkunde in diesem Zusammenhang verwertet werden kann. G hatte für Tankvorgänge für die Schuldner oder entsprechende Rückführungen an diese keinerlei Belege vorgelegt. Im Gegenteil hat er die gegen ihn erhobenen Vorwürfe, die zunächst auch die Kreditkartenzahlungen betrafen, vollumfänglich eingeräumt. Erst im Anschluss an sein Geständnis wurde das Verfahren hinsichtlich der Tatvorwürfe, die über die Barentnahmen hinausgingen, gemäß § 154 Abs. 2 StPO eingestellt. Es gibt keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass demgegenüber Firmenfahrzeuge der Gesellschaft im Rahmen betrieblicher Nutzung betankt worden oder die Leistungen nicht dem Handelnden G für private Fahrten zugeflossen sind.

Die Barentnahmen und Kreditkartenzahlungen waren nicht mit vollwertigen Gegenleistungen für die Gesellschaft verbunden. Die Schuldnerin hatte so bereits im Rahmen ihrer Strafanzeige vom 05.01.2012 ausgeführt, dass G die Entnahmen über die ihm zustehende Vergütung hinaus ausschließlich zu privaten Zwecken vorgenommen habe.

c) Diese Leistungen an den Gesellschafter G sind aufgrund des Gesellschaftsverhältnisses erfolgt und nicht nur im Rahmen einer Drittbeziehung, bei der der Gesellschafter der Gesellschaft wie ein unabhängiger Dritter gegenübersteht.

aa) Die Haftung der Beklagten scheidet nicht aus dem Grunde aus, dass der Gesellschafter-Geschäftsführer G vermeintlich außerhalb des Gesellschaftsverhältnisses deliktisch Untreuehandlungen begangen hat. Denn dieser konnte die verbotenen Zahlungen nur erlangen, weil er in seiner Funktion als Geschäftsführer Zugriff auf das Gesellschaftsvermögen hatte, im Rahmen seiner Vertretung für die Gesellschaft die Gelder entnehmen und mittels der im zur Verfügung stehenden Kreditkarte die weiteren Zahlungen zu Lasten der Gesellschaft veranlassen konnte.

Im Allgemeinen muss die Vermögensminderung von der Gesellschaft veranlasst worden sein, um als Auszahlung i.S.d. § 30 Abs. 1 GmbHG qualifiziert werden zu können (BGHZ 31, 258, 276; Scholz-Verse, a.a.O., § 30 Rn. 24 m.w.N.). Entscheidend dabei ist, ob das Handeln des Organs in den ihm zugewiesenen Wirkungskreis fiel. Hieran kann es fehlen, wenn das Organ durch Überschreiten der ihm zustehenden Vertretungsmacht sein schadenstiftendes Verhalten so sehr außerhalb seines Aufgabenbereichs stellt, dass ein innerer Zusammenhang zwischen dem Handeln und dem allgemeinen Rahmen der ihm übertragenen Geschäfte nicht mehr erkennbar und daher der Schluss geboten ist, dass das Organ nur bei Gelegenheit, nicht aber in Ausführung der ihm zustehenden Verrichtungen gehandelt hat (BGH NJW 1987, 1193; wobei letzteres verneint wurde, weil zum Wirkungskreis des Geschäftsführers auch die Vertretung der dortigen KG gehörte und weil diese nur durch die Komplementär-GmbH und ihren Geschäftsführer am Geschäftsverkehr teilnehmen konnte). So wird ein der Gesellschaft nicht mehr zuzurechnender Akt etwa angenommen, wenn ein Gesellschafter, der nicht zugleich Geschäftsführer ist, die Gesellschaft bestiehlt oder Gesellschaftsvermögen unterschlägt (MünchKomm.-Ekkenga, GmbHG, 2. Aufl. 2015, § 30 Rn. 215 m.w.N.; Scholz-Verse, a.a.O., § 30 Rn. 24; str.). In einem solchen Fall hat der Gesellschafter außerhalb ihm eingeräumter Vertretungsbefugnisse wie ein außenstehender Dritter gehandelt. Demgegenüber ist jedoch der Wille des (auch Gesellschafter-) Geschäftsführers der Gesellschaft zuzurechnen, selbst wenn er seine Befugnisse im Innenverhältnis überschritten hat. Verstöße gegen § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG können insofern mit einer strafbaren Untreue des Geschäftsführers zusammentreffen (MünchKomm.-Ekkenga, a.a.O., § 30 Rn. 215). Ein allgemeiner Rechtssatz dahin, dass, wie die Beklagte meint, strafbare Handlungen zu Lasten der Gesellschaft insgesamt nicht erfasst würden, ist nicht begründet.

Auch im Streitfall konnte G nur als Gesellschafter-Geschäftsführer im Rahmen seiner Vertretung für die Gesellschaft die Barabhebungen tätigen und für sich die Firmenkreditkarte einsetzen. Dabei hat er im Rahmen seiner nach außen rechtlich zulässigen Vertretung für die Gesellschaft gehandelt. Er handelte damit nicht derart außerhalb seines Wirkungskreises, dass ein Zusammenhang mit den Geschäften der Gesellschaft nicht mehr erkennbar war, zumal in seinem Verantwortungsbereich eine Barkasse geführt wurde und auch Dienstfahrzeuge im Rahmen des Betriebs der Gesellschaft hätten betankt werden können. Der nötige Gesellschaftsbezug war von daher gegeben.

bb) Drittgeschäfte fallen von vornherein nicht in den Anwendungsbereich des § 30 Abs. 1 GmbHG. Ein bedeutsamer Anwendungsfall hierfür ist etwa die Zahlung des üblichen und angemessenen Geschäftsführergehalts an den Geschäftsführer (vgl. Baumbach/Hueck-Fastrich, a.a.O., § 30 Rn. 29 f.).

Darunter würde es fallen, wenn der Gesellschafter-Geschäftsführer G auf Vergütungszahlungen oder Auslagenersatz gehabt hätte oder im Rahmen seines Anstellungsvertrages sein privates Fahrzeug hätte vertragsgemäß betanken dürfen. Hierfür ist aber nichts ersichtlich. Einen kompensierenden Vergütungsanspruch behauptet selbst die - insoweit darlegungs- und beweisbelastete (vgl. Scholz-Verse, a.a.O., § 30 Rn. 115) - Beklagte nicht. Dass und welche Auslagen gegenüber G geschuldet waren, ist schon nicht im Ansatz ersichtlich. Eigene Vergütungs- und Erstattungsansprüche hatte dieser selbst auch im Rahmen seiner Einlassung vom 30.05.2012 im Strafverfahren nicht behauptet. Ein Recht, privat zu Lasten der Gesellschaft zu tanken, und ein Recht zur privaten Pkw-Nutzung waren ihm gemäß Geschäftsführeranstellungsvertrag vom 15.01.2005 (Anl. BB 1) nicht eingeräumt.

2. Eine Erstattung ist vom Empfänger der Leistung G nicht zu erlangen. Die aufgrund des erwirkten Vollstreckungsbescheids vom 19.05.2015 eingeleitete Zwangsvollstreckung blieb erfolglos. Ebenso wenig ist vorgetragen und feststellbar, dass sich dies zwischenzeitlich geändert und die Aussichtslosigkeit der Beitreibung entfallen ist.

3. Der eingeforderte Betrag ist unstreitig zur Befriedigung der Gläubiger erforderlich.

4. Die streitgegenständliche Forderung bewegt sich zudem im Rahmen der Stammkapitalziffer der Beklagten, auf die die Forderung der Höhe nach beschränkt ist (vgl. BGH NJW 2002, 1803).

5. Der Einwand der Beklagten, sie würde durch ihre Haftung doppelt belastet, nämlich einmal im Rahmen der Vermögensminderung bei der Gesellschaft und einmal durch die nunmehrige Ausfallhaftung, ist nicht durchgreifend, weil im Rahmen der Regelungen der §§ 30, 31 GmbHG der Schutz der Gesellschaftsgläubiger bis zur Höhe der Stammkapitalziffer höher gewichtet wird als das insofern gegenläufige Gesellschafterinteresse.

II.

Auf eine weitergehende (Verschuldens-) Haftung der Beklagten wegen einer vermeintlichen Überwachungspflichtverletzung infolge einer bereits verfestigten Krise kommt es nicht mehr an.

III.

Die Zinsforderung folgt aus §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB.

IV.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 und 713 ZPO.

Die Zulassung der Revision war nicht veranlasst, § 543 Abs. 1 ZPO. Das Urteil stellt eine Einzelfallentscheidung dar, die der Senat auf der Grundlage anerkannter Auffassungen in Rechtsprechung und Literatur getroffen hat. Die Rechtssache besitzt weder grundsätzliche Bedeutung, noch ist eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs zur Fortbildung des Rechts oder Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich.

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