LG Düsseldorf, Urteil vom 22.08.2014 - 8 O 236/11
Fundstelle
openJur 2019, 20973
  • Rkr:
Tenor

Die Beklagte wird - unter teilweiser Aufhebung des am 11. April 2013 verkündeten Versäumnisurteils - verurteilt,

an den Kläger zu 1) 90.300,73 EUR zuzüglich

Zinsen von 4 % aus 3.237,38 EUR vom 12. Juni 1997 bis zum 7. Juli 1997, aus 39.923,34 EUR vom 8. Juli 1997 bis zum 24. Juli 1997, aus 54.302,66 EUR vom 25. Juli 1997 bis zum 11. August 1997, aus 90.300,73 EUR vom 12. August bis zum 31. Januar 2012 und Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 90.300,73 EUR seit dem 1. Februar 2012,

an den Kläger zu 2) 97.409,24 EUR zuzüglich

Zinsen von 4 % aus 5.306,49 EUR vom 16. Mai 1997 bis zum 5. Juni 1997, aus 41.988,67 EUR vom 6. Juni 1997 bis zum 16. Juni 1997, aus 66.125,28 EUR vom 17. Juni 1997 bis zum 6. Juli 1997, aus 77.765,20 EUR vom 7. Juli 1997 bis zum 17. Juli 1997, aus 97.409,24 EUR vom 18. Juli 1997 bis zum 31. Januar 2012 und Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 97.409,24 EUR seit dem 1. Februar 2012,

an den Kläger zu 3) 50.957,59 EUR zuzüglich

Zinsen von 4 % aus 8.937,89 EUR vom 15. Juli 1997 bis zum 17. Juli 1997, aus 9.918,35 EUR vom 18. Juli 1997 bis zum 24. Juli 1997, aus 46.649,35 EUR vom 25. Juni 1997 bis zum 18. August 1997, aus 50.957,59 EUR vom 19. August bis zum 31. Januar 2012 und Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 50.957,59 EUR seit dem 1. Februar 2012 zu zahlen.

Im Übrigen wird das Versäumnisurteil aufrechterhalten.

Die Kläger tragen vorab die durch ihre Säumnis im Termin vom 11. April 2013 veranlassten Kosten. Im Übrigen werden die Gerichtskosten der Beklagten zu 5/6 und dem Kläger zu 3) zu 1/6 auferlegt. Die außergerichtlichen Kosten der Kläger zu 1) und 2) trägt die Beklagte. Die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu 3) trägt die Beklagte zu ½. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten trägt der Kläger zu 3) zu 1/6.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Kläger nehmen die Beklagte auf Schadensersatz im Zusammenhang mit Börsentermingeschäften in Anspruch.

Die Beklagte, die bis zum Jahr 2007 als Bear, Stears Securities Corp. firmierte, eröffnete als Clearingbroker der Josephthal Lyon & S2 Inc. (fortan Josephthal) auf Grundlage eines Rahmenvertrages („Clearing Agreement“) den Zugang zur Börse, führte die Konten der Kunden, platzierte deren Geschäfte, nahm die von Josephthal weitergeleiteten Kundengelder entgegen und reichte Auszahlungen an diese zurück. Die Beklagte überließ Josephthal Kontoeröffnungsunterlagen, die diese an Neukunden weiterleitete. Gegen die Josephthal verhängte die National Association of Securities Dealers (NASD), die 2008 in der Financial Industry Regulatory Authority (FINRA) aufging, im Frühjahr 1996 eine Strafzahlung X überhöhter Preisaufschläge.

Bereits im Jahr 1995 hatte die T AG, die später als T2 AG firmierte (fortan stets SAL) bei der Beklagten über die Josephthal ein Konto eröffnet. Auf dem Kontoeröffnungsantrag (Anlage K3) gab sie im Feld „EMPLOYED BY AND/OR NATURE OF BUSINESS – POSITION OR OCCUPATION“ an: „Financial Advisor“. In der Folgezeit nahm die Beklagte per Scheck Auszahlungen von dem Konto an die SAL vor.

Die Kläger behaupten, die SAL habe über das von ihr bei der Beklagten eröffnete Omnibuskonto Geschäfte ihrer eigenen Kunden, bei denen es sich um Privatanleger gehandelt habe, platziert. Ihre Geschäftstätigkeit habe SAL von Düsseldorf aus mittels zahlreicher Telefonverkäufer ausgeübt. Diese hätten sie – die Kläger – mit aggressiver Telefonakquise und skrupellosen Hochdruckverkaufstaktiken angeworben, ohne über die kostenbedingten Risiken der angebotenen Geschäfte aufzuklären. Vielmehr sei – auch in der ausgehändigten Aufklärungsbroschüre der SAL (Anlage K 1) – jegliche Aufklärung über die mit den Anlagegeschäften aufgrund der enormen Kostenbelastung verbundenen Risiken für die Durchführung von Optionsgeschäften unterblieben. Sie hätten Anlagebeträge per Scheck an die SAL nach Düsseldorf übermittelt, die unter Einschaltung der Josephtal Lyon & S2 GmbH in Frankfurt eingelöst und an die Beklagte weitergeleitet worden seien, welche die Beträge auf dem Omnibuskonto der SAL gutgeschrieben habe. Die SAL habe sodann über dieses Konto die Termingeschäfte platziert. Dabei habe sie pro roundturn eine exorbitante Kommission von 175,- US$ für jeden einzelnen Kontrakt berechnet. Infolgedessen seien die Optionen für die Anleger von vornherein absolut chancenlos gewesen.

Die Kommissionen habe die SAL erhalten, indem sie die Kommissionssumme ermittelt habe und sich habe über den oftmals sechsstelligen, „runden“ Gesamtbetrag unter Einschaltung der Josephtal-Gesellschaften von der Beklagten Schecks ausstellen lassen (Anlage K 2). Auf diese Weise habe die Beklagte zwei Drittel der SAL-Anlagegelder im Wege von Rückvergütungen ausgezahlt.

Es sei in der Branche bekannt gewesen, dass Omnibuskonten erheblich missbrauchsanfälliger seien als Brokereinzelkonten. Die Beklagte habe gewusst, dass neben ihr weitere kostenpflichtige Vermittler eingeschaltet gewesen seien. Ferner sei ihr bekannt gewesen, dass die SAL auf Rechnung von Privatanlegern handle. Außerdem sei ihr Josephtal als unseriöser Skandalbroker bekannt gewesen; zumindest hätte sich ihr diese Erkenntnis bei einer Routineüberprüfung aufdrängen müssen. Von der Gebührenstruktur der SAL habe die Beklagte positive Kenntnis gehabt, da sie sich die Broschüre der SAL vor Beginn der Geschäftsbeziehung habe aushändigen lassen. Es habe zur Geschäftspolitik der Beklagten gehört, sich zu informieren, welches Geschäft diejenigen Unternehmen betreiben, die ein Konto bei ihr zu eröffnen beabsichtigen. Dies sei auch im Fall der SAL so gewesen.

Die Kläger behaupten, der SAL für Termingeschäfte folgende Beträge zur Verfügung gestellt zu haben:

Der Kläger zu 1) insgesamt 90.300,73 EUR und zwar

am 12. Juni 1997 einen Betrag in Höhe von 3.674,00 USD (= 3.237,38 EUR), am 8. Juli 1997 einen Betrag in Höhe von 40.898,00 USD (= 36.685,96 EUR), am 25. Juli 1997 einen Betrag in Höhe von 15.322,00 USD (= 14.379,32 EUR) und am 12. August 1997 einen Betrag in Höhe von 37.806,00 USD (= 35.998,07 EUR).

Der Kläger zu 2) insgesamt 97.409,24 EUR und zwar

am 16. Mai 1997 einen Betrag in Höhe von 6.104,00 USD (= 5.306,49 EUR), am 6. Juni 1997 einen Betrag in Höhe von 41.363,00 USD (= 36.682,18 EUR), am 17. Juni 1997 einen Betrag in Höhe von 27.215,00 EUR, am 7. Juli 1997 einen Betrag in Höhe von 13.050,00 USD (= 11.639,92 EUR) und am 18. Juli einen Betrag in Höhe von 21.428,00 USD (= 19.644,04 EUR),

Der Kläger zu 3) insgesamt 101.407,37 EUR und zwar

am 19. August 1997 einen Betrag in Höhe von 53.763,00 USD (= 50.449,78 EUR), am 15. Juli 1997 Beträge in Höhe von 4.697,00 USD, 4.697,00 USD und 350,00 USD (= 8.937,89 EUR), am 18. Juli 1997 einen Betrag in Höhe von 5.769,00 USD (= 5.288,70 EUR) und am 25. Juli 1997 einen Betrag in Höhe von 39.139,00 USD (= 36.731,00 EUR).

In dieser Höhe sei ihnen jeweils ein Schaden entstanden.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 11. April 2013 hat der Klägervertreter keinen Antrag gestellt. Die Kammer hat daraufhin antragsgemäß ein klageabweisendes Versäumnisurteil erlassen, das den Prozessbevollmächtigten der Kläger am 23. April 2013 zugestellt worden ist (Bl. 88 d.A.). Hiergegen haben die Kläger mit Schriftsatz vom 7. Mai 2013, Eingang bei Gericht am selben Tag, Einspruch eingelegt.

Die Kläger beantragen,

das Versäumnisurteil vom 11. April 2013 aufzuheben und

I.               die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger zu 1) 90.300,73 EUR zuzüglich

1.       Zinsen von 4 % aus 3.237,38 EUR vom 12. Juni 1997 bis zum 7. Juli 1997 und

2.       Zinsen von 4 % aus 39.923,34 EUR vom 8. Juli 1997 bis zum 24. Juli 1997 und

3.       Zinsen von 4 % aus 54.302,66 EUR vom 25. Juli 1997 bis zum 11. August 1997 und

4.       Zinsen von 4 % aus 90.300,73 EUR vom 12. August 1997 bis zum 30. April 2000 und

5.       Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 90.300,73 EUR seit dem 1. Mai 2000 zu zahlen,

II.             die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger zu 2) 97.409,24 EUR zuzüglich

1.       Zinsen von 4 % aus 5.306,49 EUR vom 16. Mai 1997 bis zum 5. Juni 1997 und

2.       Zinsen von 4 % aus 41.988,67 EUR vom 6. Juni 1997 bis zum 16. Juni 1997 und

3.       Zinsen von 4 % aus 66.125,28 EUR vom und 17. Juni 1997 bis zum 6. Juli 1997 und

4.       Zinsen von 4 % aus 77.765,20 EUR vom 7. Juli 1997 bis zum 17. Juli 1997 und

5.       Zinsen von 4 % aus 97.409,24 EUR vom 18. Juli bis zum 30. April 2000 und

6.       Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 97.409,24  EUR seit dem 1. Mai 2000 zu zahlen,

III.          die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger zu 3) 101.407,37 EUR zuzüglich

1.       Zinsen von 4 % aus 8.937,89 EUR vom 15. Juli 1997 bis zum 17. Juli 1997 und

2.       Zinsen von 4 % aus 9.918,35 EUR vom 18. Juli 1997 bis zum 24. Juli 1997 und

3.       Zinsen von 4 % aus 46.649,35 EUR vom 25. Juni 1997 bis zum 18. August 1997 und

4.       Zinsen von 4 % aus 97.099,13 EUR vom 19. August 1997 bis zum 30. April 2000 und

5.       Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 97.099,13  EUR seit dem 1. Mai 2000 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

              das Versäumnisurteil vom 11. April 2013 aufrecht zu erhalten.

Sie rügt die internationale und örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Düsseldorf, erklärt sich zu den Geschäftsbeziehungen zwischen den Klägern und der SAL mit Nichtwissen und behauptet, keine Kenntnis von etwaigen Vereinbarungen über Gebühren und Aufschläge zwischen den Klägern und der SAL oder zwischen dieser und Josephthal gehabt zu haben. Aus ihrer Sicht habe es sich bei den Scheckzahlungen um gewöhnliche Auszahlungen von Kontoguthaben an den Inhaber des Kontos, der SAL, gehandelt. Anhaltspunkte für ein unseriöses Geschäftsgebaren hätten nicht vorgelegen. Sie habe nicht einmal gewusst, dass die SAL die Transaktionen nicht auf eigene, sondern auf fremde Rechnung ausgeführt habe, so dass keine Veranlassung bestanden habe, das Geschäftsmodell der SAL zu hinterfragen.

Die Kammer hat Beweis erhoben durch Vernehmung von Zeugen. X des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Niederschrift der Sitzung vom 27. März 2014 Bezug genommen.

Gründe

I.

Infolge des gemäß § 338 ZPO statthaften und auch im Übrigen zulässigen, insbesondere frist- und formgerecht (§§ 339 Abs. 1, 340 Abs. 1 und ZPO) eingelegten Einspruchs ist der Prozess in die Lage vor Eintritt der Säumnis zurückversetzt worden, § 342 ZPO.

Der rechtlichen Beurteilung ist das Vorbringen der Kläger auch insoweit zugrunde zu legen, als sie es erst mit Schriftsatz vom 20. März 2014 in den Prozess eingeführt haben, und die Beklagte die Behauptungen der Kläger in ihrem ihr in der mündlichen Verhandlung nachgelassenen Schriftsatz vom 7. Juli 2014 nicht wirksam bestritten hat. Insoweit kommt eine Zurückweisung der Behauptungen der Kläger gemäß §§ 340 Abs. 3 S. 3, 296 Abs. 1 ZPO oder §§ 296 Abs. 2, 282 ZPO nicht in Betracht. Denn die Vorschriften über die Behandlung verspäteter Angriffs- und Verteidigungsmittel betreffen stets nur streitiges und damit beweisbedürftiges Vorbringen, nicht hingegen unstreitig gewordenen Sachvortrag (vgl. BGH, Beschluss vom 23. Juni 2008 – GSZ 1/08 [unter B II 1]); Urteil vom 18. November 2004 – IX ZR 229/03 [unter II 2 b aa]; Urteil vom 31. Januar 1980 – VII ZR 96/79, NJW 1980, 945 [unter II 2 b ee]).

II.

Die Klage ist zulässig. Das Landgericht Düsseldorf ist zur Entscheidung des Rechtsstreits international und örtlich zuständig.

1.              Mangels vorrangiger anderweitiger Regelung durch internationale Abkommen sind zur Bestimmung der internationalen Zuständigkeit die Vorschriften der deutschen ZPO über die örtliche Zuständigkeit heranzuziehen. Diese regeln mittelbar auch die Abgrenzung zwischen der Zuständigkeit deutscher und ausländischer Gerichte (vgl. BGH, Urteil vom 5. Mai 2011 – IX ZR 176/10 [unter II 2]).

2.              Die örtliche – und damit mittelbar die internationale – Zuständigkeit des Landgerichts Düsseldorf folgt aus § 32 ZPO.

a)              Gemäß § 32 ZPO ist für Klagen aus unerlaubten Handlungen das Gericht zuständig, in dessen Bezirk die Handlung begangen ist. Begehungsort der unerlaubten Handlung ist sowohl der Handlungs-, als auch der Erfolgsort, so dass eine Zuständigkeit wahlweise dort gegeben ist, wo die Verletzungshandlung begangen wurde, oder dort, wo in ein geschütztes Rechtsgut eingegriffen wurde (vgl. BGH, Urteil vom 29. März 2011 – VI ZR 111/10 [unter II 1 b]). Als Erfolgsort ist, sofern zum Tatbestand der unerlaubten Handlung der Eintritt eines Vermögensschadens gehört, derjenige Ort anzusehen, in dem sich das durch die Handlung verminderte Vermögen befindet (vgl. BGH, Urteil vom 15. November 2011 – IX ZR 54/09 [unter II 1 c aa]). Als Handlungsort kommen all diejenigen Orte in Betracht, an denen wenigstens eines der wesentlichen Tatbestandsmerkmale verwirklicht wurde (vgl. BGH, Urteil vom 25. November 1993 – IX ZR 32/93, BGHZ 124, 237 = NJW 1994, 1413 [unter A III 4 a]). Handlungsort ist also nur derjenige Ort, an dem wenigstens ein Teilstück einer zum Tatbestand erforderlichen Tätigkeit ausgeübt worden ist, mithin eine Ausführungshandlung stattgefunden hat; die Begehung bloßer Vorbereitungshandlungen genügt hingegen grundsätzlich nicht (vgl. BGH, Urteil vom 4. Mai 1956 – VI ZR 138/54, BeckRS 2012, 11127 [unter 3]).

Zur Begründung der Zuständigkeit genügt die schlüssige Darlegung von Tatsachen, aus denen sich eine im Gerichtsbezirk – oder dann, wenn es um die internationale Zuständigkeit geht, im Inland – begangene unerlaubte Handlung ergeben kann (vgl. BGH, Urteil vom 5. Mai 2011 – IX ZR 176/10 [unter II 4]; Urteil vom 28. Februar 1996 – XII ZR 181/93, NJW 1996, 1411 [unter I 3]).

b)              Nach diesen Maßgaben ist die internationale und die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Düsseldorf begründet. Die Kläger haben schlüssig dargelegt, dass die SAL (auch) in Düsseldorf eine unerlaubte Handlung begangen hat, an der sich die Beklagte beteiligt hat.

Nach ihrem Vorbringen war die Geschäftstätigkeit der SAL darauf ausgelegt, für uninformierte Privatanleger Optionsgeschäfte zu vermitteln und hierfür so exorbitant hohe Gebühren zu vereinnahmen, dass die Anleger von vorneherein praktisch chancenlos waren. Angebahnt hat die SAL die Kontakte über ein von ihr in Düsseldorf betriebenes Büro, von dem aus Mitarbeiter telefonisch Kontakt zu möglichen Anlageinteressenten aufnahmen und diese ohne gehörige Aufklärung anwarben. Die geworbenen Kunden leiteten ihre Anlagebeträge jeweils per Scheck zur SAL nach Düsseldorf. Über die Josephthal löste die SAL die Schecks zur Gutschrift auf einem bei der Beklagten eröffneten Omnibuskonto ein, über welches die Termingeschäfte abgewickelt wurden. Dies unterstellt, hat die SAL vorsätzlich Anleger sittenwidrig geschädigt (§ 826 BGB) und hat mit der Entgegennahme der Schecks und ihrer anschließenden Hereingabe in den Geschäftsgang zur Veranlassung ihrer Gutschrift wesentliche Teilstücke dieser unerlaubten Handlung in Düsseldorf begangen. Auf die Frage, wer wann von wo aus welche Telefonate mit den Klägern geführt hat, kommt es nicht an. Der Vortrag der Kläger füllt, ohne dass es auf diese Angaben ankäme, den Tatbestand des § 826 BGB aus und ist damit schlüssig.

Die Beklagte hat sich an dieser in Deutschland begangenen unerlaubten Handlung nach dem Vortrag der Kläger bewusst, jedenfalls aber unter Ausblenden erheblicher Verdachtsmomente, durch die Bereitstellung des Börsenzugangs und die Auszahlung von Rückvergütungen per Scheck als Gehilfin beteiligt (§ 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB).

Dies zugrundegelegt ist für deliktische Ansprüche gegen die Beklagte die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte eröffnet, weil bei einer Beteiligung Mehrerer an einer unerlaubten Handlung jeder Beteiligte sich die von einem anderen Beteiligten erbrachten Tatbeiträge im Rahmen nicht nur des § 830 BGB, sondern auch des § 32 ZPO zurechnen lassen muss (vgl. BGH, Urteil vom 9. März 2010 – XI ZR 93/09 [unter II 1 b]).

Beweis über die Frage, ob die SAL tatsächlich in Düsseldorf gehandelt hat, ist zur Feststellung der Zuständigkeit des Gerichts nicht zu erheben. Im Rahmen der Prüfung der Zulässigkeit einer Klage genügt es, wenn Tatsachen, die sowohl für die Zulässigkeit als auch für die Begründetheit einer Klage notwendigerweise erheblich sind (sogenannte doppelrelevante Tatsachen), schlüssig behauptet sind; festgestellt werden sie erst bei Prüfung der Begründetheit (vgl. BGH, Urteil vom 25. November 1993 – IX ZR 32/93, NJW 1994, 1413 [unter A III 1]; Urteil vom 29. Juni 2010 – VI ZR 122/09 [unter II 1 a]). Die Beklagte bestreitet nicht lediglich, dass die von den Klägern behaupteten schädigenden Handlungen in Düsseldorf stattgefunden haben, sondern stellt in Abrede, dass überhaupt Anleger von der SAL geschädigt wurden. Damit bestreitet sie eine doppelrelevante Tatsache, die nicht künstlich in verschiedene Teilaspekte aufgespalten werden kann. Ein Ereignis findet nicht losgelöst von Raum und Zeit statt, sondern an einem bestimmten Ort zu einer bestimmten Zeit. Der Ort eines Geschehens ist keine eigenständige Tatsache, über die sinnvoll Beweis erhoben werden könnte, solange nicht entweder bereits feststeht, dass dieses Ereignis überhaupt stattgefunden hat (und deshalb lediglich der Ort des Geschehens der Aufklärung bedarf), oder die Beweisaufnahme ohnehin auch auf diese Frage erstreckt wird. Hingegen kann allein über den Ort einer Handlung nicht Beweis erhoben werden, wenn die Frage, ob und welche Handlungen überhaupt stattgefunden haben, zwischen den Parteien streitig ist. Aufgrund dieser hier gegebenen Unmöglichkeit, allein über die Frage des Ortes des von den Klägern behaupteten Geschehens Beweis zu erheben, ist für die Beurteilung der Zulässigkeit der Klage insgesamt von dem Vortrag der Kläger auszugehen. Andernfalls müsste für die Bestimmung des zuständigen Gerichts auch über die für die Begründetheit der Klage bedeutsame Tatsache Beweis erhoben werden, ob überhaupt anspruchsbegründende Handlungen stattgefunden haben, was bei doppelrelevanten Tatsachen aber gerade nicht geboten ist. Anderes ergibt sich nicht aus dem Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 27. Oktober 2009 – VIII ZB 42/08. Vielmehr ist auch danach (vgl. BGH, a.a.O. [unter II 2 a cc]) nur über Tatsachen Beweis zu erheben, die nicht doppelrelevant sind, sondern nur Bedeutung für die Zulässigkeit (in dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall die Bestimmung des Rechtswegs) haben, und die als solche eigenständig sind (und zwar in dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall die Arbeitnehmereigenschaft des dortigen Klägers). Soweit in der Literatur unter Verweis auf gerade diese Entscheidung eine andere Auffassung vertreten werden sollte (vgl. Musielak/Heinrich, § 12 ZPO Rn. 14 a.E.), könnte dem nicht gefolgt werden.

III.

Die Klage der Kläger zu 1) und zu 2) ist bis auf einen Teil der geltend gemachten Zinsen begründet, die Klage des Klägers zu 3) ist nur in Höhe von 50.957,59 EUR begründet.

1.              Der Rechtsstreit ist gemäß Art. 40 Abs. 1 EGBGB nach deutschem Recht zu beurteilen.

a)              Das maßgebliche Deliktsstatut ist den Art. 40 ff. EGBGB zu entnehmen. Die Verordnung (EG) Nr. 864/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Juli 2007 über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom II-VO) ist gemäß Art. 31 f. Rom II-VO nicht anwendbar, da das schadensbegründende Ereignis vor dem maßgeblichen Stichtag (11. Januar 2009) eingetreten ist.

b)              Gemäß den Art. 40 ff. EGBGB ist deutsches Recht anwendbar.

Nach Art. 40 Abs. 1 EGBGB unterliegen Ansprüche aus unerlaubter Handlung der Bewertung nach dem Recht des Staates, in dem der Ersatzpflichtige gehandelt hat (Handlungsort), bzw. – nach Wahl des Verletzten – dem Recht des Staates, in dem der Erfolg eingetreten ist (Erfolgs- oder Verletzungsort).

Dieser Ort liegt jeweils – zumindest auch – in Deutschland. Hier hat – nämlich von Düsseldorf aus – die SAL ihre auf den deutschen Markt ausgerichtete Geschäftstätigkeit entfaltet, Kunden angeworben und Anlagegelder entgegen genommen und in Deutschland ist der Schaden der Kläger eingetreten, weil sie von ihren hier – an ihren Wohnorten in Kirchstadt, Peißenberg und Neustadt – belegenen Vermögen Teile an die SAL übermittelt haben. Diese Gewissheit hat die Kammer unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und der durchgeführten Beweisaufnahme nach freier Überzeugung erlangt, § 286 Abs. 1 S. 1 ZPO. Für die Überzeugungsbildung leitend gewesen sind die Erkenntnisse der Staatsanwaltschaft Düsseldorf, wie sie in der als Anlage K6 auszugsweise vorgelegten Anklageschrift gegen den als die Geschäftspolitik der SAL bestimmenden angeklagten Herrn T3 dokumentiert sind, die durch das als Anlage K7 auszugsweise vorgelegte Strafurteil des Landgerichts Düsseldorf belegte Verurteilung des Herrn T3 aufgrund seines Geständnisses, die in den von den Klägern als Anlage K5 vorgelegten Kontoauszügen ausgewiesenen Geldeingänge von der SAL Düsseldorf auf dem bei der Beklagten geführten Konto der SAL und die Aussage des Zeugen Dr. N3, der als Mitglied des Gläubigerausschusses in dem Nachlassverfahren über das Vermögen der SAL in deren Abwicklung eingebunden war. Aufgrund dessen hat die Kammer keinen Zweifel, dass die SAL die von ihrem alleinigen Anteilseigner und „faktischem Geschäftsführer“ T3 gestandenen Geschäftstätigkeit maßgeblich von Düsseldorf aus entfaltet hat, wo T3 wohnhaft war und im Zuge der Ermittlungen gegen die SAL verhaftet wurde, und der Sitz der Gesellschaft in der Schweiz nur vorgeschoben war.

Unerheblich ist, dass die Beklagte in Deutschland nicht gehandelt haben mag. Täter oder Teilnehmer einer unerlaubten Handlung können auch solche Personen sein, die fern des unmittelbaren Geschehens dieses von einem anderen Ort aus lenken oder sonst fördern. Begehen mehrere Beteiligte eine unerlaubte Handlung, ist für alle Teilnehmer das Recht des Ortes maßgeblich, an dem der Haupttäter gehandelt hat, bzw. an dem die den Sachverhalt maßgeblich prägende Handlung stattgefunden hat (vgl. BGH, Urteil vom 9. März 2010 – XI ZR 93/09 [unter II 2 b aa (2)]). Dies ist Deutschland, wo die mit den Anlegern in Kontakt stehende SAL ihre Geschäfte tatsächlich betrieben hat.

2.              Der Anspruch der Kläger gegen die Beklagte auf Zahlung von Schadensersatz folgt jeweils aus §§ 826, 830 BGB. Die Kläger wurden durch die SAL sittenwidrig geschädigt und die Beklagte hat sich hieran beteiligt.

a)              Die Finanzvermittlungsgesellschaft SAL und ihre Verantwortlichen handelten sittenwidrig.

aa)              Sittenwidrig ist ein Verhalten, das gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt. Hierfür genügt im Allgemeinen die bloße Tatsache, dass der Täter gegen eine gesetzliche Vorschrift verstoßen hat, ebenso wenig wie der Umstand, dass sein Handeln bei einem anderen einen Vermögensschaden hervorruft. Vielmehr muss sich die besondere Verwerflichkeit des Verhaltens aus dem verfolgten Ziel, den eingesetzten Mitteln, der zu Tage getretenen Gesinnung oder den eingetretenen Folgen ergeben (vgl. BGH, Urteil vom 19. Juli 2004 – II ZR 217/03 [unter III 2 c]). In die Beurteilung ist einzubeziehen, ob das Verhalten nach seinem Gesamtcharakter, der aus der Zusammenfassung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu entnehmen ist, mit den guten Sitten nicht zu vereinbaren ist (vgl. BGH, Urteil vom 19. Oktober 2010 – VI ZR 145/09 [unter II 2 a aa]). Besteht die schädigende Handlung in einem Unterlassen, sind die guten Sitten nur verletzt, wenn das geforderte Tun einem sittlichen Gebot entspricht. Die Nichterfüllung allgemeiner oder vertraglicher Pflichten reicht nicht aus; es müssen besondere Umstände hinzutreten, die das schädigende Verhalten X seines Zwecks, des angewandten Mittels oder mit Rücksicht auf die dabei gezeigte Gesinnung nach den Maßstäben der allgemeinen Geschäftsmoral und des als „anständig“ Geltenden verwerflich machen (vgl. BGH, Urteil vom 10. Juli 2001 – VI ZR 160/00 [unter II 3 a]).

Daran gemessen ist sittenwidriges Handeln anzunehmen, wenn gewissenlos auf Täuschung und Schädigung von Kunden angelegte Geschäfte betrieben werden oder zum ausschließlich eigenen Vorteil bewusst uninformierte, leichtgläubige und unerfahrene Personen unter Ausnutzung ihres Gewinnstrebens und ihres Leichtsinns als Geschäftspartner gewonnen werden, um sich auf deren Kosten zu bereichern (vgl. etwa BGH, Urteil vom 28. Februar 1989 – XI ZR 70/88, BeckRS 2010, 17069 [unter A 2]; Urteil vom 9. März 2010 – XI ZR 93/09 „Pershing“ [unter II 2 a aa]; Urteil vom 21. Juni 2012 – III ZR 291/11 [unter II 1 a bb (1)]). Dies trifft auf einen Vermittler von Kapitalanlagen zu, dessen Geschäftsmodell, namentlich aufgrund seiner Gebührenstruktur, darauf angelegt ist, für den Anleger chancenlose Geschäfte zum ausschließlich eigenen Vorteil zu vermitteln, dem es also allein darum geht, hohe Gewinne zu erzielen, indem er möglichst viele Geschäfte realisiert, die für den Anleger aufgrund überhöhter Gebühren und Aufschläge chancenlos sind (vgl. BGH, Urteil vom 9. März 2010 – XI ZR 93/09 „Pershing“ [unter II 2 a]; Urteil vom 8. Februar 2011 – XI ZR 168/08 [unter II 2 b]). Bereits ein Gesamtaufschlag von mehr als 11% verschiebt das Gleichgewicht von Chancen und Risiken deutlich und bewirkt, dass ein H erst dann erzielt werden kann, wenn der Marktpreis für den Basiswert der Option erheblich stärker ansteigt, als dies von den Marktteilnehmern für realistisch gehalten wird (vgl. BGH, Urteil vom 27. November 1990 – XI ZR 115/89, NJW 1991, 1106 [unter III 2 b]).

bb)              Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Das Geschäftsmodell der SAL stellt sich bereits aufgrund der Gebührenhöhe und -struktur als sittenwidrig dar.

Die SAL erhob eine Roundturn-Kommission von USD 175,- pro Optionskontrakt. Davon ist die Kammer aufgrund der von den Klägern als Anlage K1 vorgelegten Borschüre der SAL und des in der als Anlage K6 auszugsweise vorgelegten Anklageschrift gegen Herrn T3 dokumentierten Ermittlungsergebnisses der Staatsanwaltschaft Düsseldorf überzeugt. In der Broschüre der SAL ist diese Gebühr ausgewiesen und entsprechendes hat die Staatsanwaltschaft Düsseldorf als Ergebnis ihrer Ermittlungen festgestellt. In dem Strafurteil werden zwar keine Feststellungen zur konkreten Gebührenhöhe getroffen, doch hat das Landgericht Düsseldorf aufgrund der geständigen Einlassung des Herrn T3 festgestellt, dass die SAL „unverhältnismäßig hohe Gebühren und Provisionen“ berechnete. Anzeichen dafür, dass die SAL entgegen ihrer – im Ermittlungsverfahren bestätigten – Außendarstellung tatsächlich wesentlich niedrigere Gebühren berechnete, bestehen nicht.

Damit fiel pro Kontrakt bereits bei Kauf der Anlage eine Kommission bezogen auf Kauf und Verkauf an und zwar auch für den Fall, dass eine spätere Glattstellung durch ein Gegengeschäft nicht erfolgte, d.h. wenn die Anlage später wertlos verfiel und nicht verkauft wurde. Die Gebühr war nicht abhängig vom einzelnen Wert eines Kontrakts gestaffelt, sondern stand für alle Terminsgeschäfte in gleicher Höhe fest. Die von der SAL verlangten Gebühren brachten damit das Chancen-Risiko-Verhältnis aus dem Gleichgewicht. Die so verminderte Gewinnchance musste mit zunehmender Anzahl von Optionsgeschäften weiter abnehmen und ließ Anleger wie die Kläger selbst für den Fall, dass einzelne Geschäfte H abwarfen, bei mehreren Geschäften praktisch chancenlos erscheinen (vgl. BGH, Urteil vom 25. Januar 2011 – XI ZR 195/08 [unter II 2 a bb]). Dementsprechend sind ausweislich der Feststellungen des Landgerichts Düsseldorf in dem Strafurteil gegen Herrn T3 die von des SAL eingeworbenen Anlegergelder im Wesentlichen als Gebühren an die SAL zurückgeflossen.

Im Übrigen kommt es nicht entscheidend darauf an, ob die SAL in jedem Einzelfall und damit auch der Kläger gerade die Gebühren in Rechnung gestellt hat, die sich aus der Broschüre ergaben. Die Sittenwidrigkeit des Handelns der SAL ergibt sich nicht aus den im Einzelfall berechneten Gebühren, sondern aus dem praktizierten Geschäftsmodell, und kommt in der darin angelegten Gebührenstruktur zum Ausdruck (vgl. etwa BGH, Beschluss vom 13. April 2011 – XI ZR 104/09). Dieses Geschäftsmodell hat sich auch im Falle der Kläger realisiert.

b)              Den Klägern ist durch dieses Verhalten der SAL ein Schaden entstanden.

aa)              Schaden im Sinne des § 826 BGB ist nicht nur die Verletzung bestimmter Rechte oder Rechtsgüter. Es genügt vielmehr jede nachteilige Einwirkung auf die Vermögenslage des Geschädigten und darüber hinaus jede Beeinträchtigung eines rechtlich anerkannten Interesses und jede Belastung mit einer ungewollten Verpflichtung; insbesondere kann es eine Schädigung darstellen, dass überhaupt ein Geschäft ohne Berücksichtigung der Interessen des Geschädigten bzw. unter Verletzung seines Selbstbestimmungsrechtes getätigt wurde (vgl. BGH, Urteil vom 19. November 2013 – VI ZR 336/12 [unter II 3 a]; Urteil vom 19. Juli 2004 – II ZR 217/03 [unter III 2 a]; Urteil vom 13. Juli 2004 – VI ZR 136/03 [unter II 3]).

bb)              Entsprechend dieser Maßgaben liegt der Schaden der Kläger in dem Umstand, dass sie sich überhaupt zur Anlage von Geldern über die SAL entschlossen haben und diesen Entschluss umsetzten. Den ihr obliegenden Beweis, Gelder bei der SAL eingezahlt zu haben, haben die Kläger erbracht. Der Zeuge Dr. N3 hat nachvollziehbar erläutert, wie entsprechende Feststellungen in dem Nachlassverfahren über das Vermögen der SAL zustande gekommen sind und Ablichtungen der der Kläger von der SAL erteilten Einzahlungsbestätigungen (Bl. 185-188 d.A., Bl. 180-184 d.A.; Bl. 163-168 d.A.) vorgelegt.

Sofern der Kläger zu 3) eine weitere Zahlung am 19. August 1997 in Höhe von 53.763,00 USD behauptet, hat er diese nicht nachgewiesen. Weder hat der Zeuge Dr. N3 hierzu eine Einzahlungsbestätigung vorgelegt, noch ergibt sich eine solche Einzahlung aus den Feststellungen des Urteils der 3. großen Strafkammer des Landgerichts Düsseldorf.

c)              Der subjektive Tatbestand ist erfüllt.

Der von § 826 BGB vorausgesetzte Schädigungsvorsatz erfordert das Bewusstsein des Täters, dass sein Handeln die ernstliche Möglichkeit des schädigenden Erfolgs haben wird. Es genügt ein bedingter Vorsatz, der sich nicht auf den genauen Kausalverlauf und den Umfang des Schadens zu erstrecken braucht; es reicht aus, wenn er die gesamten Schadensfolgen sowie Richtung und Art des Schadens umfasst (vgl. etwa BGH, Urteil vom 11. November 2003 – VI ZR 371/02 [unter II 3 a]). Hinzu kommen muss die Kenntnis des Täters von den die Sittenwidrigkeit seines Tuns begründenden Umständen (vgl. BGH, Urteil vom 21. April 2009 – VI ZR 304/07 [unter II 4 a]).

Diese Voraussetzungen liegen vor. Herrn T3 als dem Verantwortlichen der SAL waren alle vorstehend unter a) bb) dargestellten Umstände, die das Verhalten der SAL als sittenwidrig erscheinen lassen, bekannt, wie sich aus den von dem Landgericht Düsseldorf in dem gegen ihn geführten Strafprozess getroffenen Feststellungen ergibt.

d)              Zu dieser sittenwidrigen Schädigung der Kläger hat die Beklagte bedingt vorsätzlich Beihilfe geleistet, § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB.

aa)              Ob sich jemand gemäß § 830 Abs. 1 S. 1 oder Abs. 2 BGB als Mittäter oder Gehilfe – eine Abgrenzung dieser Beteiligungsformen ist X deren haftungsrechtlicher Gleichstellung in § 830 BGB entbehrlich – an einer die zivilrechtliche Haftung begründenden deliktischen Verhaltensweise beteiligt hat, ist nach den für das Strafrecht entwickelten Rechtsgrundsätzen zu beurteilen. Mittäterschaft setzt danach einen gemeinsamen Tatentschluss voraus, der die einzelnen Tatbeiträge zu einer gemeinschaftlich begangenen Tat verbindet (vgl. BGH, Urteil vom 11. September 2012 – VI ZR 92/11 [unter II 2 a]). Beihilfe ist danach (§ 27 Abs. 1 StGB) die vorsätzliche Hilfeleistung zur Vorsatztat eines anderen. Eine Beihilfe in diesem Sinn setzt weder eine kommunikative Verständigung von Haupttäter und Gehilfen auf einen gemeinsamen Tatplan noch eine Mitwirkung des Gehilfen bei der Tatausführung voraus, ebensowenig ist eine objektive Mitverursachung des Taterfolgs in seinem konkreten Gepräge durch den Gehilfen notwendig; ausreichend ist vielmehr ein Verhalten, das die tatbestandsmäßige Handlung fördert, erleichtert oder den Täter in seinem Entschluss zur Tatbegehung bestärkt (vgl. BGH, Urteil vom 11. September 2012 – VI ZR 92/11 [unter II 1 a bb]; Urteil vom 26. Oktober 2004 –XI ZR 279/03 [unter II 2 a]; Urteil vom 25. Juli 2005 – II ZR 390/03 [unter II 1 c aa]). Dementsprechend verlangt eine Teilnahme in subjektiver Hinsicht neben der Kenntnis der Tatumstände wenigstens in groben Zügen den jeweiligen Willen der einzelnen Beteiligten, die Tat gemeinschaftlich mit anderen auszuführen oder sie als fremde Tat zu fördern; objektiv muss eine Beteiligung an der Ausführung der Tat hinzukommen, die in irgendeiner Form deren Begehung fördert und für diese relevant ist, wobei psychische Hilfeleistungen genügen können. Erforderlich ist ein den rechtswidrigen Eingriff in das fremde Rechtsgut unterstützendes Verhalten des Teilnehmers, das von der Kenntnis der Tatumstände und dem auf die Rechtsgutverletzung gerichteten Willen getragen war (vgl. zum Ganzen etwa BGH, Urteil vom 4. November 1997 – VI ZR 348/96, NJW 1998, 377 [unter II 6 a]; Urteil vom 9. März 2010 – XI ZR 93/09 [unter II 2 b bb (1)]; zur subjektiven Seite auch BGH, Urteil vom 19. April 2007 – I ZR 35/04 [unter C III 2 a bb (2) und (3)]).

Bei der – regelmäßig nur durch Indizien möglichen – Ermittlung der subjektiven Seite ist in Rechnung zu stellen, dass im Rechtsverkehr grundsätzlich jeder darauf vertrauen darf, dass der andere Teil die Regeln und Gepflogenheiten eines redlichen Geschäftsverkehrs beachtet und niemand ohne besondere Anhaltspunkte mit der Unredlichkeit seines Geschäftspartners rechnen muss, weshalb regelmäßig nicht verlangt werden kann, dass das arglistige Verhalten eines Dritten zum Gegenstand der eigenen Betrachtungen und Voraussicht gemacht wird (vgl. BGH, Urteil vom 15. September 1999 – I ZR 98/97, NJW-RR 2000, 393 [unter II 2 b bb]). Auf diesem Gedanken bauen auch die im Strafrecht für die Beurteilung berufstypisch „neutraler“ Handlungen entwickelten Grundsätze auf. Danach ist das Handeln des Hilfeleistenden, der nicht weiß, dass das Handeln des Haupttäters ausschließlich darauf abzielt, eine strafbare Handlung zu begehen, und der es nur für möglich hält, dass sein Tun zur Begehung einer Straftat genutzt wird, regelmäßig noch nicht als strafbare Beihilfehandlung zu beurteilen. Anderes gilt, wenn das von dem Hilfeleistenden erkannte Risiko strafbaren Verhaltens des von ihm Unterstützten derart hoch war, dass er sich mit seiner Hilfeleistung „die Förderung eines erkennbar tatgeneigten Täters angelegen sein“ ließ (vgl. BGH, Beschluss vom 20. September 1999 – 5 StR 729/98, NStZ 2000, 34 [unter 2]). Die Hilfeleistung muss nicht der eigentliche oder einzige Beweggrund für den Helfer sein. Beihilfe kann auch leisten, wer mit der Unterstützung des Täters andere Absichten und Ziele verfolgt, ja es innerlich ablehnt, dem Täter zu helfen, solange er nur gleichwohl die Förderung der Tat bewusst in Kauf nimmt, wozu es genügt, sich mit dem Eintritt eines an sich unerwünschten Erfolges abzufinden und es dem Zufall zu überlassen, ob er eintritt oder nicht (vgl. BGH, Urteil vom 9. März 2010 – XI ZR 93/09 [unter II 2 b bb (2) (b) (aa)]).

Für die Verantwortlichkeit aus § 826 BGB gilt, dass nach dieser Vorschrift nicht nur haftet, wer die die Sittenwidrigkeit seines Handelns begründenden Umstände positiv kennt. Es genügt, dass sich der Handelnde dieser Kenntnis bewusst verschließt, was dann anzunehmen ist, wenn die Unkenntnis auf einem gewissenlosen oder grob fahrlässigen (leichtfertigen) Handeln beruht, etwa Berufspflichten in solchem Maße leichtfertig verletzt wurden, dass das Verhalten als bedenken- und gewissenlos zu bezeichnen ist (vgl. BGH, Urteil vom 11. September 2012 – VI ZR 92/11 [unter II 1 a cc (2)]). Die Schlussfolgerung, dass mit Schädigungsvorsatz gehandelt worden ist, kann sich aus der Art und Weise des sittenwidrigen Handelns ergeben, namentlich wenn der Schädiger so leichtfertig gehandelt hat, dass er eine Schädigung des anderen Teils in Kauf genommen haben muss (vgl. BGH, a.a.O. sowie Urteil vom 9. März 2010 – XI ZR 93/09 [unter II 2 b bb (2) (b) (aa)]). Ein bewusstes „Sichverschließen“ kann schon dann vorliegen, wenn starke, Aufklärung verlangende Verdachtsmomente für ein unlauteres oder kriminelles Handeln sprechen und derjenige, auf dessen Wissen es ankommt, eine sich ihm bietende Möglichkeit, sich Klarheit zu verschaffen, bewusst nicht wahrnimmt, weil er gerade vermeiden will, dass aus einem begründeten Verdacht Gewissheit wird (vgl. BGH, Urteil vom 27. Januar 1994 – I ZR 326/91, NJW 1994, 2289 [unter II 2 b bb]).

Im Falle der Zusammenarbeit eines ausländischen Brokers mit einem inländischen Terminoptionsvermittler ist für den Gehilfenvorsatz von Bedeutung, ob der ausländische Broker positive Kenntnis von dem Geschäftsmodell des vorgeschalteten Finanzdienstleister hat, die in dessen Gebührenstruktur zum Ausdruck kommt und die die Geschäfte für den Anleger chancenlos machen, oder – falls er keine positive Kenntnis der Gebühren und Aufschläge für die ausgeführten Geschäfte hat – mit der Sittenwidrigkeit des Geschäftsmodells rechnete, etwa weil er Kenntnisse des deutschen Rechts, insbesondere der einschlägigen höchstrichterlichen Rechtsprechung in Deutschland, und den zurückliegenden zahlreichen Missbrauchsfällen hatte und damit hätte wissen müssen, dass für den Vermittler aufgrund der hohen Gebührenaufschläge ein großer Anreiz besteht, seine geschäftliche Überlegenheit zum Schaden des Anlegers auszunutzen; in einem solchen Fall genügt es, wenn der Broker das Geschäftsmodell des Vermittlers vor der Zusammenarbeit keiner Überprüfung unterzieht, sondern dem Vermittler zu verstehen gibt, keine Kontrolle seines Geschäftsgebahrens gegenüber seinen Kunden ausüben zu wollen und ihn vielmehr nach Belieben schalten und walten lassen wird und damit bewusst die Augen vor der Erkenntnis der Sittenwidrigkeit verschließt (vgl. BGH, Urteil vom 25. Januar 2011 – XI ZR 195/08 [unter II 2 b bb (2) (b) (aa)]; Urteil vom 15. November 2011 – XI ZR 54/09 [unter IV 1 b]). Gleiches gilt, wenn die Vermittlung chancenloser Terminoptionsgeschäfte und die Anweisung der einzelnen Kauf- und Verkaufsorders für den Anleger mittelbar über einen dem Vermittler – nicht aber dem Broker – vertraglich verbundenen Untervermittler erfolgen; hat der Broker in einem solchen Fall in Kenntnis der hohen Missbrauchsgefahr dem Vermittler ohne vorherige Prüfung seines Geschäftsmodells bewusst und offenkundig den unkontrollierten Zugang zu seinem Handelssystem eröffnet und ihm gleichzeitig ausdrücklich die Einschaltung von Untervermittlern gestattet, findet er sich mit der Verwirklichung der erkannten Gefahr ab und nimmt damit die Schädigung von Anlegern durch ein hierbei praktiziertes sittenwidriges Geschäftsmodell billigend in Kauf, wobei die Gestattung, Untervermittler einzuschalten, nicht nur den Kreis der Beteiligten erweitert, sondern auch die dem Broker bekannte Missbrauchsgefahr steigert (vgl. BGH, Urteil vom 25. Januar 2011 – XI ZR 195/08 [unter II 2 b bb (2) (b) (aa)]). Allein die allgemeine Kenntnis des Brokers von den wesentlichen Grundlagen, den wirtschaftlichen Zusammenhängen und den extremen Verlustrisiken bei Optionsgeschäften mit hohen Aufschlägen auf die Optionsprämie sowie das Unterlassen eigener Schutzmaßnahmen rechtfertigen hingegen nicht den Schluss auf eine Kenntnis oder ein In-Kauf-Nehmen eines nach deutschem Recht sittenwidrigen Geschäftsmodells des Vermittlers (vgl. BGH, Urteil vom 13. Juli 2010 – XI ZR 28/09 [unter II 2 c bb (2) (c)]).

bb)              Die Beklagte hat einen objektiven Beitrag zur vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung durch die SAL geleistet, indem sie über die Josephthal für die SAL das Konto führte, auf das die SAL die Anlegergelder einzahlte und über das die SAL die Termingeschäfte abgewickelte. Damit hat die Beklagte am Gesamtvorgang fördernd mitgewirkt.

cc)              Die Beklagte handelte zumindest bedingt vorsätzlich.

Zugunsten der Beklagten kann davon ausgegangen werden, dass sie weder positive Kenntnis von der Gebührenstruktur der SAL hatte noch sicher wusste, dass es sich bei dem Konto um ein von der SAL auf fremde Rechnung für Privatkunden geführtes Konto handelte. Die Kammer verkennt auch nicht, dass zwischen der Beklagten und der SAL kein unmittelbarer Kontakt bestanden haben mag, sondern die Josephthal Inc. das Konto bei der Beklagten für die SAL eröffnete, die Anlagebeträge nicht von den einzelnen Kunden der SAL auf das bei der Beklagten geführte Konto eingezahlt, sondern die Schecks der Anleger von der SAL gesammelt, sodann von der Josephthal eingelöst und erst dann – als Gesamtbetrag – an die Beklagte weitergeleitet wurden, die Beklagte infolgedessen keinerlei Kontakt zu einzelnen Anlegern hatte und anhand der Buchungsvorgänge nicht ersehen konnte, dass und in welcher Höhe einzelne Anleger Vermögen in Optionsgeschäfte investiert hatten. Gleichwohl lassen die Gesamtumstände den Schluss zu, dass die Beklagte sich an der vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung der Anleger zumindest bedingt vorsätzlich beteiligt hat.

(1)              Es lagen mehrere Verdachtsanzeichen vor, die der Beklagten zu einer Überprüfung sowohl der Josephthal als auch der SAL dringenden Anlass boten.

Als großem Brokerhaus war ihr bekannt, dass Börsentermingeschäfte hochspekulativ und mit erheblichen Risiken für die Anleger verbunden sind, hohe Aufschläge auf den Optionspreis das Gleichgewicht von Chancen und Risiken deutlich zu Lasten des Anlegers verschieben und mit steigender Kostenbelastung ein Gesamterfolg der Anlage – insbesondere bei einer Mehrzahl von Geschäften – immer unwahrscheinlicher wird. Diese Erwägung musste sich der Beklagten umso mehr aufdrängen, als nach den Regeln der für sie in den USA zuständigen, regulierend tätigen berufsständischen Organisation Gebührenaufschläge von mehr als 5% in der Regel als unangemessen gelten (vgl. die über die Internetseite der FINRA abrufbare NASD rule 2440, die auf der 1943 entwickelten „5% Policy“ beruht und später von der FINRA rule 2121 abgelöst wurde), was – unbeschadet der Frage der Verbindlichkeit dieser Regeln oder ihrer Anwendbarkeit im Falle der Kläger – verdeutlicht, mit welcher Sensibilität amerikanische Finanzdienstleister seit je her der Kostenproblematik begegnen. Vor diesem Hintergrund ist letztlich nicht erheblich, inwieweit sich die Beklagte über die in Deutschland bestehende Rechtswirklichkeit informierte, weil sich ihr auch ohne diese Kenntnis aufgrund der erheblichen Risiken der Termingeschäfte und der gerade auch in den USA stark beachteten Gebührenproblematik (NASD bzw. nunmehr FINRA-Regeln) aufdrängen musste, dass mit steigenden Gebühren nicht nur die Gewinnchancen für spekulative Anleger nahezu auf Null reduziert werden konnten, sondern auch der Anreiz zur sittenwidrigen Ausnutzung der geschäftlichen Überlegenheit des Vermittlers gegenüber dem privaten Anleger stieg, was die Beklagte hätte veranlassen müssen, sich von der Seriosität der Vermittlungsunternehmen, denen sie den unkontrollierten Zugang zu ihrer Handelsplattform eröffnete, zu überzeugen (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 14. Juni 2010 – 9 U 186/09, bei juris [unter II B 2 b bb]; die dagegen gerichtet Nichtzulassungsbeschwerde ist vom Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 28. Juni 2011 – XI ZR 248/10 – zurückgewiesen worden).

Hinzu kommt, dass die damals zuständige Regulierungskörperschaft, die National Association of Securities Dealers (NASD), die 2008 in der Financial Industry Regulatory Authority (FINRA) aufging, im Frühjahr 1996 eine Strafzahlung X überhöhter Preisaufschläge gegen die Josephthal verhängte und darüber in einer Pressemitteilung berichtete. Dies hätte für die Beklagte, die selbst nicht geltend macht von dieser Maßnahme nicht gewusst zu haben, weiterer Anlass sein müssen, die Josephthal und ihre Methoden auch insoweit zu überprüfen, als diese in Deutschland tätig wurde, selbst wenn die Geschäftsbeziehung zu diesem Zeitpunkt bereits bestand, da die Beklagte es nicht bei einer Kontrolle zu Beginn einer Geschäftsbeziehung bewenden lassen durfte. Zudem kannte die Beklagte die von der Josephthal vereinnahmten Gebühren, die von ihr auf den Kontoauszügen ausgewiesen wurden und die – auch nach den Berechnungen der Beklagten – bereits für sich genommen über weite Zeiten in einem kritischen Bereich lagen.

Ferner bestand für die Beklagte Anlass zu einer Überprüfung der SAL selbst. Die Beklagte macht nicht geltend, der Josephthal den Einsatz von Untervermittlern untersagt und die Einhaltung dieser Vereinbarung kontrolliert zu haben, so dass sie mit dem – wie der Kammer aus Parallelverfahren bekannt ist, nicht branchenunüblichen – Einsatz von Untervermittlern durch die Josephthal grundsätzlich rechnen musste. Zudem hatte die SAL im Kontoeröffnungsantrag als ihre Tätigkeit „financial advisor“ angegeben, was angesichts der von der Beklagten nicht in Abrede gestellten Verwendung dieses Begriffes für Finanzdienstleister dafür sprach, dass die SAL als Vermittlerin für private Endkunden tätig war, und das Konto nicht für Eigengeschäfte, sondern als (Kunden-)Sammelkonto nutzte. Die Annahme von Eigengeschäften lag überdies angesichts der von den Klägern aufgezeigten Zahlungsströme fern, weil die Termingeschäfte überwiegend Verluste erbrachten und gleichwohl erhebliche, nicht durch Eigenhandel erwirtschaftete Auszahlungen stattfanden. Drängte sich aber nach den Umständen auf, dass das Konto als (Kunden-)Sammel- oder Omnibuskonto diente, bestand erst recht ein Grund für eine kritische Überprüfung. Denn ein solches Sammelkonto weist für den Anleger gegenüber einem Einzelkonto erhebliche und unkalkulierbare Risiken auf (vgl. BGH, Urteil vom 6. Februar 1990 – XI ZR 184/88, NJW-RR 1990, 604 [unter II 4 a]) und ist zudem wesentlich intransparenter und missbrauchsanfälliger als die Führung von Einzelkonten. Letztlich zeigt ein Vermittler mit der Wahl einer solchen, weitere Risiken zu Lasten der Anleger schaffenden Vorgehensweise seine Bereitschaft, die Interessen der Anleger den eigenen unterzuordnen. Im Übrigen lag eine Gefährdung der Anlegerinteressen deshalb nahe, weil bereits die Josephthal Gebühren in kritischer Höhe erhob und durch die Einschaltung eines Untervermittlers eine weitere Verschlechterung der Gewinnchancen der Anleger drohte.

(2)              Zumindest in ihrer Gesamtheit hätten diese Erkenntnisse die Beklagte veranlassen müssen, sich von der Seriosität der Vermittlungsunternehmen, denen sie mittelbar oder unmittelbar Zugang zu ihrer Handelsplattform eröffnete, zu überzeugen. Diese Überprüfung hat sie unterlassen, obwohl ihr dies im Fall der SAL durch eine Vorlage von Vertragswerken und Gebührenregelungen möglich und zumutbar gewesen wäre. Anhand der Gebührenstruktur der SAL hätte sie erkennen können und als erfahrendes Brokerhaus erkannt, dass die vorgesehenen Gebühren jedenfalls im unteren Preissegment zu exorbitanten Kostensteigerungen führten und gerade hierin ein Anreiz für unseriöse Vermittler lag, mit verfügbaren Anlagebeträgen über eine entsprechende Anzahl von Optionen möglichst hohe Vergütungen zu erlangen, zumal kein Anlass zu der Annahme bestand, dass ausschließlich hochpreisige Optionen gehandelt würden.

(3)              In der Gesamtschau führt das Vorgehen der Beklagten, ihre Handelsplattform ohne effektive Kontrolle ausländischen Finanzdienstleistern zur Verfügung zu stellen, für die Kammer zu dem sicheren Schluss, dass die Beklagte vor der sich ihr nach den Umständen aufdrängenden Erkenntnis, dass mit der SAL einer dieser Finanzdienstleister ein Anleger durch übermäßige Gebühren schädigendes Geschäftsmodell umsetzte, bewusst die Augen verschloss, denn sie handelte mit der Außerachtlassung naheliegender Kontrollen trotz mehrerer Verdachtsmomente so leichtfertig, dass sie die Verwirklichung der erkannten Gefahr dem Zufall überließ und auf diese Weise Nachteile für die Anleger billigend in Kauf nahm.

e)              Der Höhe nach beläuft sich der Schaden der Kläger auf den von ihnen mit der Klage geltend gemachten Betrag, also die Differenz zwischen den von ihnen nachgewiesenen Zahlungen an die SAL und den von ihnen angegebenen Rückzahlungen.

Soweit die Beklagte in Zweifel zieht, dass dieser Betrag den Schaden darstellt, weil die Kläger weitere Zahlungen hätten erhalten haben können, greift dies nicht durch. Ihre Zahlungen an die SAL haben die Kläger – bis auf eine behauptete Einzahlung des Klägers zu 3) – nachgewiesen. Ausgehend von diesen Zahlungen ist der den Klägern zu ersetzende Schaden zu berechnen. Soweit die Beklagte auf mögliche weitere Zahlungen an die Kläger verweist, müssen die Kläger nicht beweisen, solche nicht erhalten zu haben. Zwar wären weitere Auszahlungen, soweit sie aus erzielten Gewinnen vorgenommen wurden, als ein aus der Schädigung erlangter Vorteil auf den Schaden anzurechnen und weitere Rückzahlungen – seien sie unmittelbar von der SAL geleistet worden, seien sie über die Staatsanwaltschaft vermittelt worden – hätten gemäß § 362 Abs. 1 BGB zu einer teilweisen Erfüllung des Schadensersatzanspruchs geführt. Darlegungs- und beweisbelastet für anzurechnende Vorteile ist jedoch die Beklagte als Schädiger bzw. dessen Gehilfe, den Geschädigten trifft insoweit unter Umständen nur eine sekundäre Darlegungslast (vgl. BGH, Urteil vom 1. März 2011 – XI ZR 96/09 [unter II 1 b bb]). Ebenso hätte die Beklagte eine teilweise Erfüllung des Schadensersatzanspruchs der Kläger nachzuweisen. Einer sie etwa treffenden sekundären Darlegungslast haben die Kläger durch Angabe, keine Zahlungen erhalten zu haben, genügt.

3.              Die von der Beklagten erhobene Einrede der Verjährung greift nicht durch.

Nach §§ 195, 199 BGB beträgt die Verjährungsfrist drei Jahre beginnend vom Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Anspruchssteller Kenntnis von den den Anspruch begründenden Umständen sowie der Person des Schuldners hat oder diese Kenntnis infolge grober Fahrlässigkeit nicht hat. Bei einer deliktischen Haftung eines Brokers X bedingt vorsätzlicher Teilnahme an einem sittenwidrigen Geschäftsmodell kann von der erforderlichen Kenntnis bzw. grob fahrlässigen Unkenntnis nur ausgegangen werden, wenn dem Anleger sowohl die Umstände bekannt oder grob fahrlässig nicht bekannt sind, die in Bezug auf dieses Geschäftsmodell einen Ersatzanspruch begründen, als auch die Umstände, aus denen sich ergibt, dass auch der das Transaktionskonto führende Broker als möglicher Haftender in Betracht kommt (vgl. BGH, Urteil vom 25. Januar 2011 – XI ZR 106/09 [unter IV 3]). Hier gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass die Kläger vor dem Jahr 2008 Kenntnis von einer möglichen Haftung der Beklagten hatten oder ihnen dies grob fahrlässig unbekannt geblieben ist. Die Beklagte behauptet eine solche Kenntnis oder grob fahrlässige Kenntnis von der Person des Schuldners auch nicht.

4.              Die Zinsforderung der Kläger ist lediglich in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Sie ist für den Zeitraum zwischen den einzelnen Einzahlungen der Anlagebeträge und der Klagezustellung (1. Februar 2012) aus §§ 849, 246 BGB gerechtfertigt (vgl. BGH, Urteil vom 26. November 2007 – II ZR 167/06) und ergibt sich für die Zeit nach Klagezustellung aus §§ 291, 288 Abs. 1 BGB. Nicht beanspruchen können die Kläger hingegen eine Verzinsung in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz für die Zeit zwischen dem 1. Mai 2000 und der Klagezustellung. Zwar kann ein Schuldner, der dem Gläubiger durch eine unerlaubte Handlung einen Geldbetrag entzieht, mit der Begehung der unerlaubten Handlung gemäß § 286 Abs. 2 Nr. 4 BGB unmittelbar in Verzug geraten (vgl. BGH, Urteil vom 13. Dezember 2007 – IX ZR 116/06 [unter II 2 c]). Ob diese Voraussetzungen auch hier vorliegen, kann allerdings dahinstehen, weil gemäß Art. 229 § 1 Abs. 1 S. 3 EGBGB auf einen eventuellen Verzugsschadensersatzanspruch der Kläger § 288 Abs. 1 S. 1 BGB in der bis zum 30. April 2000 geltenden – eine Verzinsung von 4 % vorsehenden – Fassung anzuwenden ist.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1, 100 Abs. 1 ZPO in Verbindung mit § 344 ZPO. Es ist angemessen, die Kläger zu 1) und zu 2) – mit Ausnahme der Kosten ihrer Säumnis – von den Kosten des Rechtsstreits freizustellen, da ihr Unterliegen verhältnismäßig geringfügig ist und keine höheren Kosten verursacht hat.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 1, 2 ZPO.

Streitwert (§ 48 Abs. 1 S. 1 GKG, § 3 ZPO):              bis EUR 290.000,00.

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