VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 19.09.2017 - 8 L 1688/17
Fundstelle
openJur 2019, 20887
  • Rkr:

Ist der länderübergreifende Wohnsitzwechsel zur Herstellung oder Wahrung der Familieneinheit erforderlich, verbietet es Art. 6 Abs. 1 und 2 GG grundsätzlich der für den vorgesehenen Aufenthaltsort zuständigen Ausländerbehörde, den Ausländer auf die Herstellung der Familieneinheit in einem anderen Bundesland zu verweisen (im Anschluss an OVG NRW, Beschluss vom 29. November 2005 - 19 B 2364/03 -, juris).

Tenor

1. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.

2. Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens, mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

3. Der Streitwert wird auf 1.250,- Euro festgesetzt.

Gründe

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe (§ 166 der Verwaltungsgerichtsordnung [VwGO] in Verbindung mit §§ 114115 der Zivilprozessordnung [ZPO]) ist abzulehnen. Die Rechtsverfolgung bietet keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, wie sich aus den folgenden Ausführungen ergibt.

Der Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes hat keinen Erfolg.

Der sinngemäße Antrag,

die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, dem Antragsteller eine Duldung zu erteilen,

ist zulässig, aber unbegründet.

Nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung des Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Nach Satz 2 des § 123 Abs. 1 VwGO sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung notwendig erscheint, um insbesondere wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern. § 123 Abs. 1 VwGO setzt daher sowohl ein Bedürfnis für die Inanspruchnahme vorläufigen Rechtsschutzes (Anordnungsgrund) als auch einen sicherungsfähigen Anspruch (Anordnungsanspruch) voraus. Die tatsächlichen Voraussetzungen für die besondere Eilbedürftigkeit (Anordnungsgrund) und das Bestehen eines zu sichernden Rechts (Anordnungsanspruch) sind glaubhaft zu machen, § 123 Abs. 3 VwGO in Verbindung mit § 920 Abs. 2 ZPO.

Der Antragsteller hat einen Anordnungsanspruch gegen die Antragsgegnerin nicht glaubhaft gemacht.

Der Anspruch auf Erteilung einer Duldung nach § 60 a Abs. 2 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) richtet sich gegen die Antragsgegnerin (I.). Einem länderübergreifenden Wohnsitzwechsel des Antragstellers stünden bestehende rechtliche Vorgaben hinsichtlich seines örtlichen Aufenthalts nicht entgegen, sofern dies nach den Umständen des Einzelfalls aufgrund des von Art. 6 des Grundgesetzes (GG) gewährleisteten Schutzes tatsächlich miteinander verbundener Familienangehöriger geboten wäre (II.). Die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Erteilung einer Duldung nach § 60 a Abs. 2 AufenthG wurden hier allerdings nicht hinreichend glaubhaft gemacht (III.).

I. Der Duldungsanspruch des Antragstellers richtet sich gegen die Antragsgegnerin. Sie ist passiv legitimiert, weil sie örtlich für die Erteilung der Duldung zuständig ist (1.). Ihrer örtlichen Zuständigkeit steht nicht § 12 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung über Zuständigkeiten im Ausländerwesen vom 4. April 2017, GVBl. 2017, S. 387 (ZustAVO) (2.) oder die etwaige parallele Zuständigkeit der Beigeladenen nach dort einschlägigen landesrechtlichen Vorschriften entgegen (3.).

1. Die Zuständigkeit der Antragsgegnerin ergibt sich aus § 12 Abs. 1 Satz 1 ZustAVO. Danach ist diejenige Ausländerbehörde örtlich zuständig, in deren Bezirk sich die ausländische Person gewöhnlich aufhält oder, soweit kein gewöhnlicher Aufenthalt im Bundesgebiet auf Grund eines Auslandsaufenthalts besteht, sich aufzuhalten beabsichtigt. Jemand hat seinen gewöhnlichen Aufenthalt dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 2. April 2009 – 5 C 2/08 –, BVerwGE 133, 320-329, juris Rn. 22 zu § 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I.

Sofern bei der Bestimmung des gewöhnlichen Aufenthalts maßgeblich auch auf ausländerrechtliche Regelungen (beispielsweise Zuweisungsentscheidung, räumliche Beschränkung oder Wohnsitzauflage) abgestellt wird,

vgl. VG Aachen, auch Urteil vom 22. Mai 2015 – 4 K 317/14 –, juris Rn. 47, mit weiteren Nachweisen,

ist dies nach Auffassung der Kammer nur insoweit zutreffend, als dass eine Vermutung rechtstreuen Verhaltens, wonach der gewöhnliche Aufenthaltsort im ausländerrechtlich vorgegebenen Bezirk zu verorten ist, nur dann eingreifen kann, sofern tatsächliche Unklarheiten über den gewöhnlichen Aufenthalt des Ausländers bestehen. Der in der Rechtsprechung vertretenen Auffassung, ohne Erteilung einer neuen Duldung werde am neuen Aufenthaltsort kein gewöhnlicher Aufenthalt im Sinne von § 3 Abs. 1 Nr. 3a VwVfG begründet,

vgl. dazu Keßler, in Hofmann, Ausländerrecht, AufenthG, § 61 Rn. 45 (Fn. 57), mit entsprechenden Nachweisen,

folgt die Kammer ausdrücklich nicht.

Vorliegend hält sich der Antragsteller, der nach Aktenlage zuletzt über eine vom 2. November 2015 bis zum 1. Mai 2016 gültige Aufenthaltsgestattung verfügte (BA1 zu 8 K 8071/17) und dem seither weder von der Antragsgegnerin noch von der Beigeladenen eine Duldungsbescheinigung ausgestellt wurde, aller Voraussicht nach im Bezirk der Antragsgegnerin gewöhnlich auf. Seit dem 29. Februar 2016 ist der Antragsteller nach Auskunft der Beigeladenen nach unbekannt verzogen geführt (BA1 zu 8 K 8071/17). Am 17. Juni 2016 meldete sich der Antragsteller bei der Antragsgegnerin an (Bl. 7 BA1). Nach Aktenlage wurde der Antragsteller ferner am 5. Januar 2017 in H.             von der Polizei angetroffen (BA1 zu 8 K 8071/17). Anhaltspunkte für einen anderweitigen Wohnsitz sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

2. Der örtlichen Zuständigkeit der Antragsgegnerin steht § 12 Abs. 1 Satz 2 ZustAVO nicht entgegen, da die Norm jedenfalls bei länderübergreifenden Sachverhalten – wie dem vorliegenden – keine ausschließliche Zuständigkeit begründen kann.

Gemäß § 12 Abs. 1 Satz 2 ZustAVO ist im Falle, dass der Aufenthalt räumlich beschränkt ist, die Ausländerbehörde des Bezirks zuständig, in dem die Ausländerin oder der Ausländer zu wohnen hat. Nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen ist der Begriff der räumlichen Beschränkung im Sinne der vorstehenden Norm nicht rechtstechnisch, sondern im Sinne einer rechtlichen Vorgabe hinsichtlich des Wohnsitzes zu verstehen, sodass auch eine Wohnsitzauflage zuständigkeitsbegründende Wirkung entfaltet,

vgl. Beschluss vom 27. Juli 2017 – 18 B 543/17 – (n. v.).

Unabhängig von der Frage, ob § 12 Abs. 1 Satz 2 ZustAVO für landesinterne Sachverhalte eine ausschließliche Zuständigkeit zu begründen vermag,

so VG Aachen, Beschluss vom 6. Juli 2017 – 4 L 787/17 –, juris Rn. 24.

lässt sich aus § 12 Abs. 1 Satz 2 ZustAVO jedenfalls keine ausschließliche Zuständigkeit bei länderübergreifenden Sachverhalten – wie dem vorliegenden – herleiten, da sich der Anwendungsbereich der Norm lediglich auf Nordrhein-Westfalen erstreckt,

vgl. VG Aachen, Urteil vom 22. Mai 2015 – 4 K 317/14 –, juris Rn. 47,

und damit keine ausschließliche Zuständigkeitszuweisung an eine Behörde in einem anderen Bundesland, zum Beispiel hier die Beigeladene, erfolgen kann.

3. Der örtlichen Zuständigkeit der Antragsgegnerin steht die etwaige parallele Zuständigkeit der Beigeladenen nicht entgegen. Eine solche etwaige Mehrfachzuständigkeit ist weder nach nordrheinwestfälischem Recht noch bundesrechtlich ausgeschlossen, wie § 72 Abs. 3 Satz 1 AufenthG belegt.

vgl. ausführlich OVG NRW, Beschluss vom 29. November 2005 – 19 B 2364/03 –, juris Rn. 38 ff.

Das Aufenthaltsgesetz kennt bei systematischer Betrachtung ferner durchaus in einigen Konstellationen Mehrfachzuständigkeiten, wie sich aus § 71 Abs. 4 und Abs. 5 AufenthG ergibt. Mit Blick auf räumliche Vorgaben ist darüber hinaus auch dem Asylgesetz eine Mehrfachzuständigkeit bekannt, sofern es um die Durchsetzung einer räumlichen Beschränkung geht, vgl. § 59 Abs. 3 AsylG.

Schließlich ist dem Gesetzgeber die vorliegende Situation der Mehrfachzuständigkeit durchaus bewusst. Zuletzt wurde ein Vorschlag des Bundesrates, die für den Zuzugsort zuständige Ausländerbehörde für allein zuständig zu erklären,

vgl. BT-Drucks. 18/3160 S. 11,

nicht umgesetzt.

Vgl. Kluth, in: BeckOK AuslR, AufenthG, § 61 Rn. 19; Keßler, in: Hofmann, Ausländerrecht, AufenthG, § 61 Rn. 44.

II. Einem länderübergreifenden Wohnsitzwechsel des Antragstellers stünden bestehende rechtliche Vorgaben hinsichtlich seines örtlichen Aufenthalts nicht entgegen, sofern dies nach den Umständen des Einzelfalls aufgrund des von Art. 6 des Grundgesetzes (GG) gewährleisteten Schutzes tatsächlich miteinander verbundener Familienangehöriger geboten wäre. Konkret wäre hier weder die asylrechtliche Zuweisungsentscheidung noch die asylrechtliche räumliche Beschränkung oder (etwaige) Wohnsitznahmeverpflichtungen betreffend den Antragsteller verletzt, sofern vorliegend die Schutzwirkungen von Art. 6 GG durchgreifen würden (zum Eingreifen der Schutzwirkungen von Art. 6 GG vgl. III.).

Zunächst würde die Erteilung einer Duldung durch die Antragsgegnerin bei einem Eingreifen der Schutzwirkungen von Art. 6 GG nicht gegen die Zuweisungsentscheidung nach § 50 Abs. 4, Abs. 5 AsylVfG (nunmehr AsylG), durch die der kosovarische Antragsteller der Beigeladenen in Rheinland-Pfalz zugewiesen worden war (Bl. 92 ff. BA2), verstoßen. Denn die Ausländerbehörde wäre durch die fortgeltende Zuweisungsentscheidung nicht gehindert, dem Ausländer durch Erteilung einer Duldung – insbesondere vor dem Hintergrund des verfassungsrechtlich gebotenen Schutzes der Haushaltsgemeinschaft von Familienangehörigen (Art. 6 GG) – einen asylverfahrensunabhängigen Aufenthalt in ihrem Bezirk zu ermöglichen und die Zuweisungsentscheidung dadurch gegenstandslos werden zu lassen.

Vgl. im Einzelnen OVG NRW, Beschluss vom 29. November 2005 – 19 B 2364/03 –, juris Rn. 30 ff.

Bei einem Eingreifen der Schutzwirkungen von Art. 6 GG würden die Wohnsitznahmeverpflichtung und räumliche Beschränkung gemäß §§ 47 Abs. 1, Abs. 1a, 56 Abs. 1, 59a Abs. 2 AsylG aus dem mit Bescheid vom 4. April 2016 als offensichtlich unbegründet nach § 29a AsylG (BA1 zu 8 K 8071/17) bestandskräftig abgeschlossen Asylverfahren sowie die (etwaige) aufenthaltsrechtliche Wohnsitznahmeverpflichtung nach § 61 Abs. 1d AufenthG (i.V.m. § 51 Abs. 6 AufenthG) zulasten des auf Leistungen Dritter zur Lebensunterhaltssicherung (vgl. PKH-Heft) angewiesenen Antragstellers der Erteilung einer Duldung in Nordrhein-Westfalen ebenfalls nicht entgegen stehen. Denn mit der Erteilung einer Duldung, die aufgrund von Art. 6 GG einen länderübergreifenden Wohnsitzwechsel ermöglicht, erlöschen jedenfalls eine behördlich angeordnete räumliche Beschränkung und Wohnsitznahmeverpflichtung für ein anderes Bundesland. Da bei einem vorgenannten länderübergreifenden Wohnsitzwechsel ferner eine gesetzliche räumliche Beschränkung nach dem Aufenthaltsgesetz auf das Gebiet des Bundeslandes, in dem die neue Duldung erteilt wird, an die Stelle der bisherigen räumlichen Beschränkung tritt,

vgl. zur Konstellation einer Duldung mit räumlicher Beschränkung nach § 61 Abs. 1 Satz 1 AufenthG a.F.: OVG NRW, Beschluss vom 29. November 2005 – 19 B 2364/03 –, juris Rn. 17, mit ausführlicher Begründung,

müsste dies in rechtsvergleichender Betrachtung auch für die vorliegend fortbestehende asylrechtliche Wohnsitzauflage und räumliche Beschränkung nach §§ 47 Abs. 1, Abs. 1a, 56 Abs. 1, 59a Abs. 2 AsylG gelten.

A. A. zur asylrechtlichen räumlichen Beschränkung Hess. VGH, Beschluss vom 25. August 2006 – 8 TG 1617/06.A –, juris Rn. 18; offenlassend OVG NRW, Beschluss vom 10. März 2010 – 18 B 1702/09 –, juris Rn. 10.

Denn sofern der Hessische Verwaltungsgerichtshof in der zuvor zitierten Entscheidung auf eine länderübergreifende Umverteilung nach § 51 AsylG zur Überwindung der asylverfahrensrechtlichen räumlichen Beschränkung abstellt, würde dieses Vorgehen unbeachtet der Frage, ob in der vorliegenden Konstellation überhaupt der Anwendungsbereich der Norm eröffnet ist, dem gebotenen verfassungsrechtlichen Schutz nach Art. 6 GG, sofern entsprechende Umstände vorliegen würden, nicht gerecht.

III. Der Antragsteller hat allerdings die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Erteilung einer Duldung nach § 60 a Abs. 2 AufenthG nicht glaubhaft gemacht.

Nach dieser Vorschrift ist die Abschiebung eines Ausländers auszusetzen, solange die Abschiebung unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Der Antragsteller hat namentlich nicht glaubhaft gemacht, dass seine Abschiebung aller Voraussicht nach gegenwärtig unmöglich ist, weil seine Abschiebung zu einer unzumutbaren Verletzung des Rechts auf Schutz der Familie aus Art. 6 Abs. 1 und 2 des Grundgesetzes (GG) sowie aus Art. 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention führen würde.

Die in Art. 6 Abs. 1 i.V.m. Art. 6 Abs. 2 GG enthaltene wertentscheidende Grundsatznorm, nach welcher der Staat die Familie zu schützen und zu fördern hat, verpflichtet die Ausländerbehörde dazu, bei der Entscheidung über aufenthaltsbeendende Maßnahmen die familiären Bindungen des Ausländers an Personen, die sich berechtigterweise im Bundesgebiet aufhalten, in ihren Erwägungen angemessen zur Geltung zu bringen. Bei aufenthaltsrechtlichen Entscheidungen, die den Umgang mit einem Kind berühren, ist maßgeblich auch auf die Sicht des Kindes abzustellen und im Einzelfall zu untersuchen, ob tatsächlich eine persönliche Verbundenheit besteht, auf deren Aufrechterhaltung das Kind zu seinem Wohl angewiesen ist.

Vgl. BVerfG, Beschluss vom 1. Dezember 2008 – 2 BvR 1830/08 –, juris; sowie OVG NRW, Urteil vom 16. November 2010 – 17 A 2434/07 –, juris Rn. 35 ff. m.w.N.

Art. 6 GG entfaltet ausländerrechtliche Schutzwirkungen nicht schon bzw. allein aufgrund formalrechtlicher familiärer Bindungen. Entscheidend ist vielmehr die tatsächliche Verbundenheit zwischen den Familienmitgliedern.

Vgl. BVerfG, Beschluss vom 10. Mai 2008 – 2 BvR 588/08 –, juris, mit zahlreichen weiteren Nachweisen.

Dies zugrunde gelegt geht die Kammer zwar – wie eingangs dargelegt – davon aus, dass sich der Antragsteller gewöhnlich im Bezirk der Antragsgegnerin aufhält. Allerdings ergibt sich daraus nicht ohne weiteres, dass der Antragssteller im Bezirk der Antragsgegnerin tatsächlich eine schützenswerte familiäre Lebensgemeinschaft mit seiner am 9. November 2015 geborenen, serbischen Tochter, für die er sorgeberechtigt ist (vgl. BA1), deren serbischer Mutter und ihrem deutschen Kind führt, wobei das deutsche Kind grundsätzlich nicht ohne weiteres darauf verwiesen werden könnte, die familiäre Lebensgemeinschaft mit seiner Mutter und Schwester sowie dem kosovarischen Antragsteller im Kosovo bzw. in Serbien fortzusetzen,

vgl. zu den Anforderungen an die Zumutbarkeit mit Blick auf ein deutsches Kind in einer sogenannten Patchwork-Familie: BVerwG, Urteil vom 30. Juli 2013 – 1 C 15/12 –, BVerwGE 147, 278-292, juris Rn. 17 ff.

Auch der wiederholt unsubstantiierte Vortrag, dass der Antragsteller mit der Kindsmutter und den vorgenannten Kindern unter der gleichen Anschrift wohnhaft sei und mit ihnen in häuslicher Gemeinschaft zusammenlebe, führt zu keiner Glaubhaftmachung der hier relevanten Umstände einer familiären Lebens- und Erziehungsgemeinschaft. Dies gilt zumal in der vorliegenden Konstellation vor dem Hintergrund der zuvor beschriebenen weitreichenden, auf Art. 6 GG beruhenden (Schutz-)Wirkungen einer Duldungserteilung durch die Antragsgegnerin und der damit einhergehenden, ausnahmsweisen Durchbrechung der gesetzgeberischen Vorgaben aufgrund Verfassungsrechts (vgl. II). Konkret macht der Antragsteller keinerlei Angaben zum Alltag der Familie, schildert keine Details zu häuslichen Abläufen und Aufgabenverteilungen, zu gemeinsamen Aktivitäten oder zu erzieherischen Fragen. Dies wäre jedoch angezeigt gewesen, zumal er bereits seit Juni 2016 im Bezirk der Antragsgegnerin gemeldet ist. Mit Blick auf das für den Antragsteller negativ abgeschlossene Asylverfahren und die aufenthaltsrechtliche Geschichte der Kindsmutter (vgl. BA4) kann ferner nicht ausgeschlossen werden, dass die Vaterschaftsanerkennung allein zur Sicherung des weiteren Aufenthalts des Antragstellers im Bundesgebiet erfolgt ist, ohne dass die Herstellung einer familiären Lebensgemeinschaft beabsichtigt war bzw. ist. Das von der Kammer insbesondere berücksichtigte Wohl des Kindes des Antragstellers wäre demnach bei seiner Rückführung aller Voraussicht nach nicht beeinträchtigt.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Da die Beigeladene keinen Antrag gestellt hat, sind deren Kosten auch nicht dem Antragssteller aufzuerlegen (§§ 154 Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO).

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 1 GKG.

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