OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 11.12.2017 - 8 A 926/16
Fundstelle
openJur 2019, 20615
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • vorher: Az. 11 K 2094/15
Tenor

Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung der Beigeladenen für die Errichtung und den Betrieb von fünf Windenergieanlagen (WEA) des Typs Enercon E-115 auf den Grundstücken Gemarkung O. -F. , Flur , Flurstück (WEA 1), Flur , Flurstück (WEA 2), Flur , Flurstücke und (WEA 5), sowie Gemarkung St. W. Flur , Flurstück (WEA 6), und Flur , Flurstück (WEA 7).

Die Standorte der Windenergieanlagen liegen innerhalb der Konzentrationszonen, die im Flächennutzungsplan "Windkraft S. -X. " der Stadt S. -X. in der Fassung der 76. Änderung für Windenergieanlagen- bekanntgemacht am 13. Februar 2015 im Amtsblatt der Stadt S. -X. - dargestellt sind.

Der Kläger ist Eigentümer des mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks "G. -H. -Straße " im Ortsteil St. W. der Stadt S. -X. (Gemarkung St. W. , Flur , Flurstück ). Das nicht im Geltungsbereich eines Bebauungsplans gelegene Wohngrundstück liegt von der nächstgelegenen streitbefangenen Windenergieanlage (WEA 7) ca. 2.600 m entfernt.

Mit Schreiben vom 16. Dezember 2014 beantragte die Rechtsvorgängerin der Beigeladenen bei dem Beklagten eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb der fünf Windenergieanlagen (WEA 1 und WEA 2 sowie WEA 5 bis WEA 7) des Typs Enercon E-115 mit einer Gesamthöhe von 206,86 m, einer Nabenhöhe von 149 m und einem Rotordurchmesser von 115,71 m sowie einer Nennleistung von 3.000 kW. Im Rahmen des Genehmigungsverfahrens legte die Rechtsvorgängerin der Beigeladenen unter anderem einen artenschutzrechtlichen Fachbeitrag und einen landschaftspflegerischen Begleitplan des Ingenieurbüros Schmal+Ratzbor (jeweils Stand: Februar 2015, letzterer mit Nachtrag vom 21. April 2015), einen schalltechnischen Bericht der Kötter Consulting Engineers GmbH & Co. KG vom 6. Mai 2015, eine Schattenwurfprognose der CUBE Engineering GmbH vom 12. Januar 2015 sowie eine Stellungnahme des Ingenieurbüros Schmal+Ratzbor vom 25. März 2015 zur optisch bedrängenden Wirkung der Anlagen vor. Außerdem erstellte das Ingenieurbüro Schmal+Ratzbor unter dem 12. Februar und diesen ersetzend nochmals unter dem 11. September 2015 einen Bericht über die "Fachliche[n] Grundlagen für die allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls [...]".

Der Beklagte führte unter dem 30. April 2015 auf Grundlage der von der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen beigebrachten Unterlagen eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalles zur "Notwendigkeit einer Umweltverträglichkeitsprüfung - Einzelfalluntersuchung nach § 3c Satz 2 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung [...]" durch. Diese kam zu dem Ergebnis, dass die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) nicht erforderlich sei. Die erwarteten Umweltauswirkungen für Schutzgüter des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) könnten ausgeglichen werden; erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen seien durch das geplante Vorhaben nicht zu befürchten. Das Ergebnis der allgemeinen Vorprüfung wurde am 29./30. Mai 2015 im Amtsblatt des Kreises H1. und in verschiedenen Tageszeitungen öffentlich bekanntgemacht.

Auf Bitte des Klägers zog der Beklagte ihn zum Verfahren hinzu und gab ihm Gelegenheit zur Stellungnahme.

Der Kläger nahm mit Schriftsatz vom 19. Mai 2015 dahingehend Stellung, dass die beantragten fünf Windenergieanlagen nicht genehmigungsfähig seien. Zur Begründung führte er unter anderem aus, dass für das beabsichtigte Vorhaben eine UVP durchzuführen sei, weil erhebliche Umweltauswirkungen auf Schutzgüter des UVPG zu erwarten seien. Die WEA 1 und die WEA 2 beeinträchtigten die Denkmäler im Umfeld des Hauses O1. und des T. Kreuzweges. Auch seien Beeinträchtigungen der Habitate von geschützten Vogelarten (z. B. Rotmilan, Baumfalke, Schleiereule, Rohrweihe) und von gefährdeten Fledermausarten nicht ausreichend untersucht worden. Zudem werde ignoriert, dass die fünf Windenergieanlagen sowohl das Landschaftsbild als auch die Stadtsilhouette S. -X. erheblich beeinträchtigten. Der erhebliche Eingriff in die Landwirtschaft sei ebenso wenig berücksichtigt worden wie die erheblichen Beeinträchtigungen der Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts. Darüber hinaus verletze das Vorhaben drittschützende Rechte von Nachbarn. Es komme wegen der bestehenden Vorbelastungen trotz der schallreduzierten Betriebsweise zu unzumutbaren Lärmimmissionen während der Nachtzeit. Die Schallimmissionsprognose sei unzureichend, da die genehmigten Anlagen weder dreifach vermessen seien noch das bisherige Prognosemodell ihrer Größe gerecht werde. Durch die vorhandene Schattenabschaltvorrichtung sei sicherzustellen, dass Wohnhäuser nicht von rotierendem Schlagschatten getroffen würden. Zahlreiche Wohnhäuser lägen in einem Abstand unterhalb der dreifachen Gesamthöhe der Anlagen und seien daher einer optischen Beeinträchtigung ausgesetzt; das diesbezügliche Gutachten gehe von falschen Tatsachen aus.

Mit Genehmigungsbescheid vom 1. Juni 2015 erteilte der Beklagte der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen die beantragte immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb von fünf Windenergieanlagen des Typs Enercon E-115. Dieser enthält im Abschnitt "E. Immissionsschutzrechtliche Auflagen" zahlreiche Nebenbestimmungen u. a. zum Lärmschutz und zum Schattenwurf.

Mit weiterem Bescheid vom 3. Juni 2015 ordnete der Beklagte auf Antrag der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen die sofortige Vollziehung des Genehmigungsbescheides an.

Mit Schreiben vom 9. Juni 2015, zugestellt gegen Empfangsbekenntnis am 23. Juni 2015, übersandte der Beklagte der Prozessbevollmächtigten des Klägers den Genehmigungsbescheid vom 1. Juni 2015. Dieser wurde außerdem am 10. Juni 2015 im Amtsblatt des Kreises H1. sowie in verschiedenen Tageszeitungen bekanntgemacht.

Für zwei weitere Windenergieanlagen (WEA 3 und 4) wurde der Rechtsvorgängerin der S. -X. Energiegenossenschaft eG ebenfalls am 1. Juni 2015 die immissionsschutzrechtliche Genehmigung erteilt; diese ist Gegenstand eines parallelen Berufungsverfahrens des Klägers (8 A 928/16).

Der Kläger hat am 22. Juli 2015 Klage zum Verwaltungsgericht Minden erhoben.

Nach Klageerhebung hat der Beklagte unter dem 15. September 2015 eine "ergänzende Prüfung" zur allgemeinen Vorprüfung unter Einbeziehung einer genehmigten, aber noch nicht errichteten weiteren Anlage in der Gemeinde I. -D. (WEA N. ) durchgeführt. Auch diese Untersuchung kam zu dem Ergebnis, dass die Durchführung einer UVP nicht erforderlich sei. Das Ergebnis der ergänzenden Vorprüfung wurde im Amtsblatt des Kreises H1. vom 16. September 2015 und in verschiedenen Tageszeitungen öffentlich bekanntgemacht.

Zur Begründung seiner Klage hat sich der Kläger im Wesentlichen auf sein Vorbringen im Verwaltungsverfahren berufen und dieses zum Teil vertieft. Ergänzend trägt er vor, dass seine Rechte aus § 4 UmwRG verletzt seien, weil die Durchführung einer UVP erforderlich gewesen sei. Als Eigentümer eines Wohnhauses im Einwirkungsbereich der streitbefangenen Windenergieanlagen sei er Mitglied der im Sinne von § 2 UVPG betroffenen Öffentlichkeit, weshalb ihm nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs - C-137/14 - ein eigenes rügefähiges Recht zustehe. Die durchgeführte UVP-Vorprüfung sei nicht nachvollziehbar, soweit darin keine erhebliche Beeinträchtigung für die Feldlerche, Falken wie den Wespenbussard und den (Rot-)Milan sowie andere windkraftsensible Greifvögel festgestellt worden sei. Durch die Zerstörung früherer Kompensationsmaßnahmen ohne entsprechenden Ausgleich werde die Avifauna erheblich beeinträchtigt. Hinsichtlich der Fledermäuse und Amphibien komme bereits die UVP-Vorprüfung zu dem Ergebnis, dass eine Beeinträchtigung nicht auszuschließen und daher insoweit ein Monitoring anzuordnen sei. Da das klägerische Grundstück von einer reinen Wohnbebauung umgeben sei, belaufe sich der Lärmrichtwert auf maximal 35 dB(A) während der Nachtzeit. Trotz der Entfernung seien die Windenergieanlagen von den Hauptwohnräumen zu sehen und werde das Wohnhaus - wie die grafische Darstellung in der Schattenwurfprognose belege - von einem rotierenden Schlagschatten bis zu einer Dauer von 10 Stunden/Jahr getroffen. Neben der optischen Beeinträchtigung seien auch die Einschätzungen zum Denkmalschutz und zum Landschaftsbild in der UVP-Vorprüfung offensichtlich unzutreffend, weil die geschützte Landschaft erheblich beeinträchtigt werde. Gleiches gelte für die Erholungseignung. Schließlich befänden sich mindestens zwei Anlagen im Bereich der seitlichen Hindernisfreiflächen des Sonderlandeplatzes P. -C. .

Der Kläger hat beantragt,

den Genehmigungsbescheid des Beklagten vom 1. Juni 2015 aufzuheben.

Der Beklagte und die Beigeladene haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung hat der Beklagte im Wesentlichen vorgetragen, dass die Klage bereits unzulässig sei, weil der Kläger in Anbetracht der großen Entfernung seines Wohngrundstückes zu den streitbefangenen Windenenergieanlagen nicht mehr in deren Einwirkungsbereich liege. Weder könne der Kläger deshalb in subjektiven materiellen Rechten verletzt werden noch gehöre er zur klagebefugten "betroffenen Öffentlichkeit" im Sinne von § 2 Abs. 6 Satz 2 UVPG. Ungeachtet dessen sei die Klage jedenfalls unbegründet, weil die durchgeführte allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls sämtliche Verfahrenserfordernisse einhalte und zu dem Ergebnis gelange, dass keine erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen zu erwarten seien. Unter Berücksichtigung der Kompensationsflächen für das Gewerbegebiet B. und der Nebenbestimmungen des Genehmigungsbescheides seien erhebliche Beeinträchtigungen weder von Vögeln noch von Fledermäusen oder Amphibien zu befürchten. Entsprechendes gelte auch im Hinblick auf denkmalgeschützte Gebäude und wichtige Kulturgüter sowie das Landschaftsbild. Schließlich könnten auch Verstöße gegen das Gebot der Rücksichtnahme sowie Beeinträchtigungen des Klägers durch eine optisch bedrängende Wirkung, unzumutbare Lärmbelästigungen oder Schattenwurf verneint werden.

Die Beigeladene hat im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens einen Nachtrag zum schalltechnischen Bericht der Kötter Consulting Engineers GmbH & Co. KG vom 17. Februar 2016 einschließlich detaillierter Ergebnistabellen sowie erweiternder Berechnungsergebnisse der Schallgutachter vom 23. Februar 2016 unter Abzug der bisher einberechneten Bodendämpfung vorgelegt.

Das Verwaltungsgericht hat am 18. Februar 2016 einen Ortstermin durchgeführt und sodann die Klage mit Gerichtsbescheid vom 11. März 2016 abgewiesen. Zur Begründung hat das Gericht im Wesentlichen ausgeführt, dass die Klage bereits unzulässig sei. Der Kläger sei nicht im Sinne von § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugt. Er könne nicht geltend machen, durch die angefochtene Genehmigung in seinen subjektiven Rechten aus der nachbarschützenden Vorschrift des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG verletzt zu werden. Die genehmigten Anlagen verursachten für ihn offensichtlich keine unzumutbaren Immissionen durch Lärm, Schattenwurf, Infraschall oder in Form einer optisch bedrängenden Wirkung; er sei weder Eigentümer von Grundstücken im Einwirkungsbereich der Anlagen noch halte er sich dort dauerhaft auf. Da die berechneten Immissionswerte für sein Wohngrundstück mehr als 10 dB(A) unter den einschlägigen Immissionsrichtwerten von 55 dB(A) tags und 40 dB(A) nachts lägen, befinde sich das Grundstück außerhalb des Einwirkungsbereiches aller Anlagen. Nach der im Genehmigungsverfahren vorgelegten Schattenwurfprognose liege das Wohngrundstück außerhalb des Beschattungsbereiches und mit einer Entfernung von ca. 2.600 m zu der nächstgelegenen Windenergieanlage zudem in einem Abstand, in dem Infraschall oder tieffrequenter Schall der Anlagen jedenfalls unterhalb der menschlichen Hör- bzw. Wahrnehmungsschwelle lägen. Weil diese Entfernung mehr als dem 10-Fachen der Anlagenhöhe entspreche, sei auch eine optisch bedrängende Wirkung ausgeschlossen. Bei den weiteren geltend gemachten Belangen des Denkmalschutzes, des Landschaftsschutzes, des Richtfunks und des baurechtlichen Rücksichtnahmegebots gegenüber anderen, nicht im Eigentum des Klägers stehenden Grundstücken handele es sich um Belange, denen keine nachbarschützende Wirkung zukomme. Schließlich ergebe sich auch aus dem Unionsrecht für den Kläger keine erweiterte Klagebefugnis, soweit er geltend mache, die im Rahmen des Genehmigungsverfahrens durchgeführte Vorprüfung nach dem UVPG sei mit Fehlern behaftet. Jedenfalls gehöre er nicht zum Kreis der "betroffenen Öffentlichkeit", dem allein im Anwendungsbereich der UVP-Richtlinie ein selbstständiges Klagerecht vermittelt werde.

Der Kläger hat am 11. April 2016 die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt.

Der Beklagte hat gegenüber der Beigeladenen am 12. Dezember 2016 eine Ordnungsverfügung mit Zwangsgeldandrohung und Anordnung der sofortigen Vollziehung erlassen. Darin wurde ihr aufgegeben, die fünf genehmigten Windenergieanlagen mit sofortiger Wirkung in der Nachtzeit von 22.00 Uhr bis 6.00 Uhr im schallreduzierten Betriebsmodus BM IIs zu betreiben.

Am 19./20. Dezember 2016 hat die Beigeladene eine Änderungsgenehmigung für die fünf genehmigten Windenergieanlagen beantragt, um den bisherigen Generatortyp G-115/30-G1 durch eine überarbeitete Version mit der Bezeichnung G-115/30-G2 auszutauschen und die Betriebsweise von durchgängig BM 0s auf BM 0s im Tagbetrieb und BM IIs im Nachtbetrieb umzustellen. Wegen der höheren Schallleistung des neueren Typs hat sie einen aktualisierten schalltechnischen Bericht der Kötter Consulting Engineers GmbH & Co. KG vom 12. Januar 2017 vorgelegt.

Unter dem 14. März 2017 hat der Beklagte anlässlich des Änderungsantrags eine erneute allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls durchgeführt. Auch diese kam zu dem Ergebnis, dass die Durchführung einer UVP nicht erforderlich sei. Erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen durch das geänderte Vorhaben könnten unter Berücksichtigung der vorgesehenen Vermeidungsmaßnahmen, hier dem schallreduzierten Betrieb zur Nachtzeit, offensichtlich ausgeschlossen werden. Das Ergebnis der ergänzenden Vorprüfung wurde am 27./28. März 2017 im Amtsblatt des Kreises H1. und in verschiedenen Tageszeitungen öffentlich bekanntgemacht.

Mit Genehmigungsbescheid vom 8. Mai 2017 hat der Beklagte der Beigeladenen die Genehmigung zur wesentlichen Änderung und zum geänderten Betrieb der mit Bescheid vom 1. Juni 2015 genehmigten fünf Windenergieanlagen erteilt. Abweichend von der bisherigen Genehmigung sind darin - wie beantragt - Änderungen des Generatortyps von G115/30-G1 nach -G2 sowie der Nachtbetriebsweise von BM 0s nach BM IIs geregelt worden. Außerdem sind die Auflagen zum Lärmschutz in Abschnitt III E.1 des Ursprungsbescheids im Änderungsbescheid insgesamt neu gefasst worden.

Mit Schriftsatz vom 23. Mai 2017 hat der Kläger den Klagegegenstand auch auf die Änderungsgenehmigung vom 8. Mai 2017 erstreckt.

Mit seiner Berufung macht der Kläger unter Wiederholung und gleichzeitiger Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens im Wesentlichen geltend, dass ihm eine Klagebefugnis zustehe. Das Verwaltungsgericht verwechsle insofern die Prüfung der Zulässigkeit mit den Maßstäben der Begründetheit. Da auf seinem Grundstück ein rotierender Schlagschatten von mehr als 10 Stunden im Jahr zu erwarten sei, müsse die Möglichkeit einer Beeinträchtigung bejaht werden. Die Annahme, dass bei einer Unterschreitung der in der TA Lärm festgesetzten Orientierungswerte um mehr als 10 dB(A) jegliche Betroffenheit entfalle, gehe über die ausdrücklichen Regelungen der TA Lärm hinaus. Im Übrigen gehe aus der im Gerichtsverfahren übermittelten Ergänzungsberechnung hervor, dass der Schall auf seinem Grundstück gut hörbar sei. Zu den Lärmimmissionen durch die Windenergieanlagen würden weitere gewerbliche Emissionsquellen und Lärmimmissionen durch die Gemengelage aus Bahntrassen und Autobahnen hinzutreten. Ungeachtet dessen seien die zurzeit geltenden Regelungen zur Bewertung des Lärms von Windenergieanlagen der betroffenen Größenordnung nicht mehr sachgerecht. Auch bestünde Konsens, dass Windenergieanlagen der betroffenen Größe Infraschall und tieffrequenten Schall erzeugten. Dass er nicht zur betroffenen Öffentlichkeit gehören solle, sei angesichts der Möglichkeit eigener Rechtsverletzungen nicht nachvollziehbar. Jedenfalls zähle er zu denjenigen Personen im Umkreis des betroffenen Vorhabens, die in Berechnungen/?Prognosen über die Auswirkungen des betroffenen Vorhabens einbezogen würden. Nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs müsse ihm daher die Möglichkeit eines effektiven Rechtsschutzes zukommen, d. h. die Überprüfung einer Entscheidung nach dem UVPG ermöglicht werden. Der Anspruch auf Vollkontrolle und umfassenden Individualschutz ergebe sich bereits aus Art. 9 Abs. 3 der Aarhus-Konvention und werde in einem Leitfaden über den Zugang zum Europäischen Gerichtshof (vgl. "communication from the commission" vom 28. April 2017) betont. Mit der Rechtsprechung des erkennenden Senats erhalte er als Folge der unzutreffenden Anwendung des UVP-Rechts eine eigene Klagemöglichkeit. Die durchgeführte UVP-Vorprüfung sei fehlerhaft erfolgt. Der Sachverhalt sei nicht umfassend ermittelt worden, weil noch mindestens drei weitere Windenergieanlagen zu berücksichtigen gewesen wären. Aus dem aktuellen schalltechnischen Bericht zur Änderungsgenehmigung werde nicht erkennbar, dass die Lärmgrenzwerte für das Schutzgut Mensch tatsächlich eingehalten würden. Die Dreifachvermessung habe bereits im Jahr 2014 und damit vor der ursprünglich angegriffenen Genehmigung stattgefunden. Zudem berücksichtige der schalltechnische Bericht zwar mehrere Blockheizkraftwerke, jedoch nicht die Schallleistungspegel der zugehörigen Biogasanlagen. Dass Windenergieanlagen anerkanntermaßen impulshaltig seien, werde im schalltechnischen Bericht nicht bedacht. Bei den Grenzwerten sei auch einzubeziehen, dass die WHO nächtliche Lärmwerte jenseits von 40 dB(A) für gesundheitsschädlich halte.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Verwaltungsgerichts Minden vom 11. März 2016 zu ändern und den der Beigeladenen erteilten Genehmigungsbescheid des Beklagten vom 1. Juni 2015 in der Fassung der Änderungsgenehmigung vom 8. Mai 2017 zur Errichtung und zum Betrieb von fünf Windenergieanlagen des Typs Enercon E-115 aufzuheben.

Der Beklagte und die Beigeladene beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte führt zur Begründung im Wesentlichen aus, dass sich das klägerische Vorbringen als substanzlos erweise. Zu dem Änderungsantrag der Beigeladenen liege ein neuer schalltechnischer Bericht vor, der Bestandteil der Änderungsgenehmigung sei und den alten schalltechnischen Bericht vollständig ersetze. Auf die Biogasanlagen werde darin ausführlich eingegangen. Weitere Windenergieanlagen wiesen einen Abstand von über 7.400 m auf und seien somit für eine lärmtechnische Betrachtung nicht relevant. Die Änderungsgenehmigung lege nach Dreifachvermessung des zutreffend benannten Generatortyps einen Schallleistungspegel im Betriebsmodus BM IIs fest, der den Ergebnissen des schalltechnischen Berichts entspreche; dort sei noch ein zusätzlicher Sicherheitszuschlag zugrunde gelegt worden. Unter Beachtung der Rahmenbedingungen habe eine Ton- und Impulshaltigkeit ausgeschlossen werden können. Da allein die Immissionsrichtwerte nach der TA Lärm ausschlaggebend seien, sei der von dem Kläger zitierte Wert der WHO nicht relevant und auch öffentlicher Verkehrslärm nicht zu berücksichtigen. Die rechnerische Überschreitung der Immissionsrichtwerte durch die Gesamtbelastung zur Nachtzeit an verschiedenen Immissionsorten sei nach der TA Lärm zulässig, weil sie aus Vorbelastungen resultiere. Am Grundstück des Klägers werde der Immissionsrichtwert von 40 dB(A) durch die tatsächliche Gesamtbelastung zur Nachtzeit deutlich unterschritten.

Die Beigeladene verweist zur Begründung auf den erstinstanzlichen Gerichtsbescheid und betont ergänzend, dass der Kläger aufgrund der weiten Entfernung seines Wohngrundstücks von der nächstgelegenen Windenergieanlage nicht im Einwirkungsbereich liege. Ungeachtet der damit fehlenden Zulässigkeit sei die Klage jedenfalls unbegründet, da die Genehmigung und die Änderungsgenehmigung rechtsfehlerfrei erteilt worden seien. Der Immissionsrichtwert werde am klägerischen Wohnort deutlich unterschritten. An der methodischen und rechnerischen Richtigkeit der Angaben im schalltechnischen Gutachten bestünden keine Zweifel. Die allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls sei ordnungsgemäß durchgeführt worden und das Ergebnis auch nachvollziehbar. Die von dem Kläger vorgetragenen Gründe seien sämtlich nicht stichhaltig und gäben keinen Anlass zu einer Änderung oder Überprüfung des Ergebnisses. Die weiteren von dem Kläger benannten Windenergieanlagen befänden sich für alle untersuchten Immissionsorte außerhalb des Einwirkungsbereichs nach der TA Lärm. Unzutreffend sei auch die klägerische Behauptung, dass die im Einwirkungsbereich befindlichen Biogasanlagen sowie das Gewerbegebiet B. nicht hinreichend berücksichtigt worden seien. Insgesamt habe der Beklagte bei den durchgeführten Vorprüfungen zutreffend angenommen, dass Umweltauswirkungen durch die vorgesehenen Vermeidungs- und Minderungsmaßnahmen offensichtlich ausgeschlossen würden; durch die Änderung des Generators seien die UVP-Schutzgüter offensichtlich nicht betroffen, da dies weder äußerlich sichtbare bauliche noch örtliche Änderungen zur Folge habe.

Während des Berufungsverfahrens hat die Beigeladene einen zweiten Nachtrag zum schalltechnischen Bericht der Kötter Consulting Engineers GmbH & Co. KG vom 9. November 2017, aktualisiert unter dem 6. Dezember 2017, vorgelegt; die Berechnungen sind nach den Angaben der Schallgutachter auf Grundlage des sog. Interimsverfahrens erfolgt.

Wegen des Ergebnisses der mündlichen Verhandlung wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung des Senats vom 11. Dezember 2017 Bezug genommen.

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte dieses Verfahrens und der Verfahren 8 A 924/16, 8 A 925/16, 8 A 927/16, 8 A 928/16 und 8 A 929/16 sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten verwiesen.

Gründe

Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg. Sie ist zulässig, aber nicht begründet.

Das Verwaltungsgericht Minden hat die Klage des Klägers auf Aufhebung des Genehmigungsbescheides des Beklagten vom 1. Juni 2015 zu Recht abgewiesen. Die Klage ist, auch unter Berücksichtigung der Änderungsgenehmigung des Beklagten vom 8. Mai 2017, die der Kläger im Wege der Klageerweiterung gemäß § 91 Abs. 1 VwGO in das Berufungsverfahren einbezogen hat, unzulässig.

Der Kläger ist nicht klagebefugt im Sinne von § 42 Abs. 2, 1. Var. VwGO. Nach dieser Vorschrift ist eine Anfechtungsklage, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt - hier die immissionsrechtliche Genehmigung zugunsten der Beigeladenen - in seinen Rechten verletzt zu sein.

Die Verletzung eigener Rechte muss auf der Grundlage des Klagevorbringens möglich erscheinen. Diese Möglichkeit ist dann auszuschließen, wenn offensichtlich und nach keiner Betrachtungsweise subjektive Rechte des Klägers verletzt sein können. Da der Kläger nicht Adressat des von ihm angefochtenen immissionsrechtlichen Genehmigungsbescheides ist, kommt es darauf an, ob er sich für sein Begehren auf eine öffentlichrechtliche Norm stützen kann, die nach dem in ihr enthaltenen Entscheidungsprogramm auch ihn als Dritten schützt.

Vgl. BVerwG, Urteile vom 10. Oktober 2002 - 6 C 8.01 -, BVerwGE 117, 93 = juris Rn. 15, vom 30. März 1995 - 3 C 8.94 -, BVerwGE 98, 118 = juris Rn. 39 f., vom 17. Juni 1993 - 3 C 3.89 -, BVerwGE 92, 313 = juris Rn. 31, und vom 26. Juli 1989 - 4 C 35.88 -, BVerwGE 82, 246 = juris Rn. 18.

Die Möglichkeit einer eigenen Rechtsverletzung des Klägers ergibt sich vorliegend weder aus den von ihm geltend gemachten Verfahrensfehlern der allgemeinen UVP-Vorprüfung (dazu I.) noch auf Grundlage von Nachbarbelangen gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG (dazu II.).

I. Der Kläger ist nicht aufgrund von ihm geltend gemachter Verfahrensfehler der durchgeführten allgemeinen UVP-Vorprüfung im Sinne von § 4 Abs. 1 UmwRG in der Fassung der Bekanntmachung der Neufassung des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes vom 23. August 2017 (BGBl. I, S. 3290) klagebefugt.

Im Hinblick auf die mittlerweile gefestigte Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, die bis in die jüngste Zeit reicht und deren Änderung nicht zu erwarten ist,

vgl. BVerwG, Urteile vom 20. Dezember 2011 - 9 A 30.10 -, juris Rn. 19 ff., vom 27. Juni 2013 - 4 B 37.12 -, juris Rn. 10, vom 2. Oktober 2013 - 9 A 23.12 -, juris Rn. 21 ff., vom 17. Dezember 2013 - 4 A 1.13 -, juris Rn. 41, und vom 22. Dezember 2016 - 4 B 13.16 -, juris Rn. 19,

schließt sich der Senat aus Gründen der Einheitlichkeit der Rechtsprechung der Auffassung an, dass § 4 Abs. 1 i. V. m. Abs. 3 UmwRG keine eigenständige Klagebefugnis begründet. Seine entgegenstehende Ansicht gibt der Senat aus diesem Grund auf.

Nach der zitierten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts können Form- und Verfahrensvorschriften subjektive Rechte, die Grundlage einer Klagebefugnis sind, grundsätzlich nicht selbstständig, sondern nur unter der Voraussetzung begründen, dass sich der behauptete Verstoß auf eine materiellrechtliche Position des Klägers ausgewirkt haben könnte. Dies gilt auch für die Rüge, dass die UVP-Vorprüfung fehlerhaft im Sinne von § 4 Abs. 1 UmwRG sei, weil sie nicht zu dem richtigen Ergebnis komme, dass es der Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung bedurft hätte. § 4 Abs. 3 UmwRG, wonach § 4 Abs. 1 UmwRG auch für Rechtsbehelfe sonstiger Beteiligter i. S. d. § 61 Nr. 1 und Nr. 2 VwGO Anwendung findet, betrifft hiernach nur die Sachprüfung im Rahmen eines zulässigen Rechtsbehelfsverfahrens, hat aber für die Beurteilung der Klagebefugnis keine Bedeutung.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Dezember 2011 - 9 A 30.10 -, juris Rn. 19 f.

Gemessen hieran fehlt es vorliegend an möglichen Auswirkungen des streitbefangenen Vorhabens auf materiellrechtliche Positionen des Klägers (dazu unter II.).

II. Der Kläger kann sich nicht auf subjektive Rechte berufen, die ihm aus der Beeinträchtigung individualschützender Nachbarbelange im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG durch die immissionsschutzrechtliche Genehmigung des Vorhabens erwachsen könnten. Nach dieser Vorschrift sind genehmigungsbedürftige Anlagen so zu errichten und zu betreiben, dass schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können.

Es ist offensichtlich und eindeutig ausgeschlossen, dass der Anlagenbetrieb für den Kläger schädliche Umwelteinwirkungen in Form von Lärmimmissionen (dazu 1.), Infraschall bzw. tieffrequentem Schall (dazu 2.), Schattenwurf (dazu 3.) oder durch eine optische bedrängende Wirkung (dazu 4.) hervorruft. Auf eventuelle schädliche Umwelteinwirkungen auf Grundstücke und Gebäude, die weder in seinem Eigentum stehen noch von ihm bewohnt werden, kann sich der Kläger mangels drittschützender Rechte nicht berufen (dazu 5.).

1. Der Kläger zeigt nicht die Möglichkeit auf, er werde durch Lärmimmissionen, die von dem genehmigten Betrieb der streitbefangenen Windenergieanlagen ausgehen, unzumutbar beeinträchtigt (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG). Sein Grundstück befindet sich nicht innerhalb des räumlichen Bereichs, in dem die von einer Anlage tatsächlich oder voraussichtlich ausgehenden Geräuscheinwirkungen für sich betrachtet oder im Zusammenhang mit bereits existierenden Geräuscheinwirkungen schädliche Umwelteinwirkungen (vgl. § 3 Abs. 1 BImSchG) hervorrufen können.

Vgl. zu diesem Maßstab: BVerwG, Beschluss vom 9. September 2013 - 7 B 2.13 u. a. -, juris Rn. 20; Bay. VGH, Beschluss vom 28. August 2017 - 22 ZB 16.1445 -, juris Rn. 15; OVG NRW, Urteil vom 5. September 2014 - 16 D 77/13.AK -, juris Rn. 29 ff.

Unter welchen Voraussetzungen Geräuschimmissionen von Windenergieanlagen schädlich i. S. v. § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG sind, wird anhand der Sechsten Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Bundes-Immissionsschutzgesetz (Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm - TA Lärm -) vom 26. August 1998 (GMBl. Seite 503), zuletzt geändert durch Bekanntmachung des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit vom 1. Juni 2017 (BAnz AT vom 8. Juni 2017, B5), bestimmt, nicht durch Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation.

Eine subjektive Rechtsbetroffenheit des Klägers durch Lärmeinwirkungen scheidet vorliegend auch bei einer großzügigen Betrachtungsweise offensichtlich aus. Selbst wenn der Senat im Rahmen der gebotenen Einzelfallbetrachtung zu Gunsten des Klägers dessen eigene Beurteilung der tatsächlichen Gegebenheiten zugrunde legt, werden die Richtwerte für Lärmimmissionen (dazu a) an seinem Wohngrundstück sogar durch die Gesamtbelastung so deutlich unterschritten (dazu b), dass die Möglichkeit einer Rechtsverletzung durch Geräuschimmissionen der Anlagen unter allen denkbaren Gesichtspunkten auszuschließen ist.

a) Die Lärmimmissionsrichtwerte für das Grundstück des Klägers betragen, wie er im Rahmen seiner Klagebegründung selbst eingeräumt hat, mindestens 50 dB(A) tagsüber und 35 dB(A) nachts.

Der Senat unterstellt hierbei zugunsten des Klägers, dass sein Grundstück in einem faktischen reinen Wohngebiet liegt (vgl. Nr. 6.1 Buchstabe f) TA Lärm 2017 bzw. Buchstabe e) TA-Lärm 1998), obwohl deutliche Anhaltspunkte für ein (faktisches) allgemeines Wohngebiet vorliegen.

In diesem Zusammenhang kann offen bleiben, ob vorliegend wegen der Randlage zum Außenbereich ein Zwischenwert gemäß Nr. 6.7 Abs. 1 Satz 2 TA Lärm zu bilden wäre.

b) Die vorgenannten Richtwerte für Lärmimmissionen werden durch die Gesamtbelastung, in die neben den streitbefangenen fünf Windenergieanlagen auch die weiteren zwei Anlagen der S. -X. Energiegenossenschaft eG aus dem Parallelverfahren 8 A 928/16 und andere Vorbelastungen einbezogen sind, um 5 dB(A) während der Nachtzeit und noch deutlicher tagsüber unterschritten. Bei diesen Voraussetzungen ist eine Beeinträchtigung des Klägers durch Lärmimmissionen unter jeder Betrachtungsweise ausgeschlossen.

Die Gesamtbelastung am klägerischen Wohngrundstück geht aus den Berechnungen der Schallgutachter (dazu aa) hervor, die - jedenfalls in der aktuellen Fassung - die Bodendämpfung nicht überschätzen (dazu bb). Der Kläger dringt im Übrigen offensichtlich weder mit seinem Vorbringen zum Verkehrslärm (dazu cc) noch mit seinen weiteren Einwänden zu den Schallimmissionsberechnungen (dazu dd) durch.

aa) Die Gesamtbelastung durch Lärmimmissionen am Wohnhaus des Klägers (Immissionspunkt "IO-V5") beläuft sich nach der vorgelegten Schallimmissionsprognose der Kötter Consulting Engineers GmbH & Co. KG aus Rheine vom 6. Mai 2015 unter Berücksichtigung des Nachtrags vom 17. Februar 2016, der Neufassung vom 12. Januar 2017 und des zweiten Nachtrags vom 9. November 2017 in der aktualisierten Fassung vom 6. Dezember 2017 bei einem immissionsrelevanten Gesamt-Schallleistungspegel der streitbefangenen Windenergieanlagen (inkl. Sicherheitszuschlag) von 104,8 dB(A) während der Nachtzeit auf 29,9 dB(A). Der den Berechnungen vorsorglich zugrundeliegende Schallleistungspegel übersteigt damit den in der Nebenbestimmung C. der Genehmigung vom 1. Juni 2015 in der Fassung der Änderungsgenehmigung vom 8. Mai 2017 unter Nr. 3 festgelegten maximalen Schallleistungspegel von 103,4 dB(A) für den Betriebsmodus IIs deutlich; seine Annahme durch das Gutachterbüro begünstigt den Kläger. In der berechneten Gesamtbelastung sind Vorbelastungen durch das Gewerbegebiet B. , mehrere Biogas-Blockheizkraftwerke und eine Windenergieanlage vom Typ Nordex N117 (WEA N. ) einberechnet.

Der wesentlich höhere Lärmimmissionsrichtwert für die Tagzeit (6:00 bis 22:00 Uhr) von 60 dB(A) wird angesichts einer nur um 2 dB(A) höheren Zusatzbelastung der streitbefangenen Anlagen am Wohngrundstück des Klägers noch deutlicher unterschritten.

bb) Die Schallimmissionsprognose ist in der aktualisierten Fassung des zweiten Nachtrags vom 6. Dezember 2017 auch nicht fehlerhaft, weil die Bodendämpfung in den Berechnungen überschätzt worden wäre. Die Berechnungen erfolgten nach entsprechender Angabe der Gutachter (Seite 1 und 8 des Nachtrags) gemäß der "Dokumentation zur Schallausbreitung. Interimsverfahren zur Prognose der Geräuschimmissionen von Windkraftanlagen" in der Fassung 2015-05.1 und aufgrund der LAI-Hinweise zum Schallimmissionsschutz bei Windkraftanlagen in der überarbeiteten Fassung vom 23. Juni 2016 (Stand: 30. Juni 2016) auf Basis des sog. Interimsverfahrens.

cc) Die Bildung eines Lärmsummenpegels unter Einbeziehung des Verkehrslärms umliegender öffentlicher Verkehrsflächen im Rahmen einer Sonderfallprüfung nach Nr. 3.2.2 Satz 1 TA Lärm war entgegen der Auffassung des Klägers in Anbetracht der erheblichen Unterschreitung des Richtwerts ersichtlich nicht geboten. Bei der gegebenen Entfernung zur Bundesautobahn (BAB ) von mehr als 1.200 m und zur Eisenbahnstrecke zwischen S. -X. und I1. von mehr als 3.000 m - jeweils gemäß einer Entfernungsmessung bei "timonline" - bestehen keine Anhaltspunkte, dass die Verkehrsgeräusche die mangelnde Erheblichkeit der Lärmbelastung durch die Windenergieanlagen wesentlich verändern und einen relevanten Beitrag zum Entstehen schädlicher Umwelteinwirkungen zu Lasten des Klägers leisten können. Eine erhöhte Geräuschbelastung durch den Verkehr im Nahbereich ist weder dargelegt noch sonst ersichtlich.

dd) Schließlich dringt der Kläger auch mit seinen weiteren Einwänden offensichtlich nicht durch, die sich mit einzelnen Berechnungsgrundlagen der Schallimmissionsprognosen befassen.

Entgegen seiner Auffassung wurde die zwischenzeitliche Änderung des Generatortyps bei den WEA 1, 2 und 5 bis 7 in der ergänzenden Fassung des schalltechnischen Berichts der Kötter Consulting Engineers GmbH & Co. KG vom 12. Januar 2017 berücksichtigt. Darin (Anlage C) wurde aufgrund einer Dreifachvermessung des geänderten Generatortyps G2 im Jahr 2016 - und nicht bereits im Jahr 2014, wie der Kläger meint - ebenfalls nachgewiesen, dass weder eine Ton- noch eine Impulshaltigkeit der streitbefangenen Windenergieanlagen vorliegt. Im Hinblick auf den weiteren klägerischen Einwand, dass die Lärmimmissionsprognose nur Blockheizkraftwerke, nicht aber den Schallleistungspegel der Biogasanlagen berücksichtige, erläutert der Schalltechnische Bericht vom 12. Januar 2017, dass die Biogasanlagen allesamt eine elektrische Leistung von unter 500 kW aufwiesen, für die im Genehmigungsverfahren eine Schallimmissionsprognose nicht erforderlich sei. Nach dem Vermerk des Beklagten vom 17. August 2015 werden die Beurteilungspegel von 35 dB(A) bei überschlägiger Berechnung bereits in einer Entfernung von 290 m zu den Biogasanlagen eingehalten. Es ist weder substantiiert vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass sich die Biogasanlagen in der Nähe des klägerischen Grundstücks befinden, wo sich deren Geräusche gemeinsam mit anderen Geräuschquellen in erheblicher Weise auswirken könnten. Die weiteren drei Windenergieanlagen, auf die der Kläger in seinem Berufungsvorbringen hinweist, befinden sich nach Angaben des Beklagten und gemäß einer nachträglichen Stellungnahme der Kötter Consulting Engineers GmbH & Co. KG vom 30. August 2017 (dort Seite 3) in einem Abstand von mehr als 7.400 m und infolgedessen außerhalb des Einwirkungsbereichs nach der TA Lärm für alle untersuchten Immissionsorte.

Auch der Verweis des Klägers auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts,

vgl. BVerwG, Beschluss vom 7. April 2016 - 4 B 37.15 -, BauR 2016, 1285 = juris Rn. 1,

wonach eine weitere Genehmigung im Falle einer bestehenden Überschreitung (der Immissionsrichtwerte) unzulässig ist, selbst wenn es hierdurch zu einer Verbesserung der Situation kommt, begründet offensichtlich keine Klagebefugnis. Denn das hier streitgegenständliche Vorhaben erreicht die Immissionsrichtwerte - wie unter aa) dargelegt - nicht einmal annähernd und führt demgemäß nicht zu einer - vom Bundesverwaltungsgericht vorausgesetzten - Vertiefung einer vorhandenen Überschreitung in Bezug auf das klägerische Grundstück.

2. Auch eine Rechtsverletzung des Klägers aufgrund von Infraschall oder tieffrequentem Schall ist auf seinem Grundstück offensichtlich und nach jeder Betrachtungsweise ausgeschlossen.

Die Rechtsprechung des Senats und anderer Obergerichte geht davon aus, dass Infraschall (= Luftschall unterhalb der Frequenz von 20 Hertz) bzw. tieffrequenter Schall (= Luftschall unterhalb der Frequenz von 100 Hertz),

vgl. zur Definition etwa Umweltbundesamt, Artikel "Tieffrequente Geräusche" vom 7. April 2017, abrufbar unter: http://www.umweltbundesamt.de/themen/verkehrlaerm/laermwirkung/tieffrequentegeraeusche#textpart-1,

durch Windenergieanlagen im Allgemeinen unterhalb der Wahrnehmungsschwelle des menschlichen Gehörs liegt und nach dem bisherigen Stand wissenschaftlicher Erkenntnisse grundsätzlich nicht zu Gesundheitsgefahren führt.

Vgl. Bay. VGH, Beschluss vom 28. September 2017 - 22 CS 17.1506 -, juris Rn. 25 ff.; OVG NRW, Beschluss vom 29. Juni 2017 - 8 B 1233/16 -, juris Rn. 29 ff.; Hess. VGH, Beschluss vom 17. Januar 2017 - 4 B 1863/16 -, juris Rn. 8; Nds. OVG, Beschluss vom 19. Dezember 2016 - 12 ME 85/16 -, juris Rn. 22; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 6. Juli 2016 - 3 S 942/16 -, juris Rn. 21 ff. (jeweils m. w. N.); siehe auch Nr. 5.2.1.1 des Erlasses für die Planung und Genehmigung von Windenergieanlagen und Hinweise für die Zielsetzung und Anwendung vom 4. November 2015 (sog. Windenergie-Erlass NRW).

Zu diesem Ergebnis gelangen auch die Feststellungen in der ergänzenden Fassung des schalltechnischen Berichts vom 12. Januar 2017 (dort Seite 34).

Der Kläger legt demgegenüber keine Anhaltspunkte dar, dass spürbare Auswirkungen auch noch in einer Entfernung von ca. 2.600 m - wie in seinem Fall zur nächstgelegenen WEA 7 - wahrzunehmen wären. Der Kläger zeigt durch sein Vorbringen, dass Windenergieanlagen gemäß den - dem Senat nicht bekannten - Messungen am Windpark C1. -L. tieffrequenten Schall "über deutlich mehr als 500 m emittieren" (Seite 6 der Berufungsbegründungsschrift vom 27. Mai 2016) nicht ansatzweise auf, dass derartige Erkenntnisse - sein Vorbringen als zutreffend unterstellt - auch auf Immissionspunkte in der hier vorliegenden Entfernung zu übertragen sind und sich dort gesundheitsschädlich auswirken können.

3. Auch eine Beeinträchtigung des klägerischen Grundstücks durch Schattenwurf ist ersichtlich zu verneinen. Entgegen der Auffassung des Klägers liegt sein Grundstück vollständig außerhalb des diesbezüglichen Einwirkungsbereichs der genehmigten Windenergieanlagen. Dies geht aus der von der Beigeladenen vorgelegten Schattenwurfprognose der CUBE Engineering GmbH vom 12. Januar 2015 hervor. Dabei haben die Gutachter ihrer Prognose die allgemein anerkannten Maßstäbe gemäß den "Hinweise[n] zur Ermittlung und Beurteilung der optischen Immissionen von Windenergieanlagen" der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz (LAI) vom 13. März 2002 zugrunde gelegt (vgl. Seite 39 des Gutachtens, Nr. 7 und Seite VI der Anlage zur Schattenwurfprognose). Nach der dortigen grafischen Darstellung (vgl. Seiten 41 und 42 des Gutachtens) liegt das klägerische Wohngrundstück außerhalb des maximal denkbaren Beschattungsbereiches, in dem eine astronomisch maximal mögliche Beschattungsdauer zwischen 1 und 10 Stunden/Jahr zu erwarten ist. Das Grundstück des Klägers wird daher zu keinem Zeitpunkt von einem rotierenden Schlagschatten im Sinne der zitierten LAI-Hinweise getroffen. Soweit der Kläger gleichwohl hiervon ausgeht, legt er keine Anhaltspunkte für diese Behauptung dar.

4. Auch die Möglichkeit einer subjektiven Rechtsverletzung des Klägers wegen einer optisch bedrängenden Wirkung der streitbefangenen Windenergieanlagen auf sein Grundstück ist offensichtlich ausgeschlossen. Bei einer Entfernung zwischen der nächstgelegenen Windenergieanlage des Windparks (WEA 7) und dem Wohnhaus auf dem Grundstück des Klägers von - wie bereits dargelegt - ca. 2.600 m, was mehr als dem 10-Fachen der Gesamthöhe der Anlagen (Nabenhöhe von 149 m + Hälfte des Rotordurchmessers von 115,71 m = 206,86 m) entspricht, ist nicht ansatzweise ersichtlich, dass eine beherrschende Dominanz gegenüber der Wohnbebauung auftreten kann. Für die Möglichkeit einer optisch bedrängenden Wirkung reicht es nicht aus, dass die Windenergieanlage von den Wohnräumen aus, wie der Kläger unter Bezugnahme auf die bayerische Abstandsregelung (10-fache Höhe) meint, überhaupt optisch wahrnehmbar ist. Das Gebot der Rücksichtnahme vermittelt dem Nachbarn keinen Anspruch auf eine von technischen Bauwerken freie Sicht.

Vgl. etwa OVG NRW, Beschlüsse vom 6. Mai 2016 - 8 B 866/15 -, BauR 2016, 1760 = juris Rn. 27 ff., vom 8. Juli 2014 - 8 B 1230/13 -, juris Rn. 20 m. w. N., und vom 17. Januar 2007 - 8 A 2042/06 -, ZNER 2007, 79 = juris Rn. 18.

5. Auf die erstinstanzlich geltend gemachten Belange des Denkmalschutzes, des Landschaftsschutzes und der Flugsicherung sowie schädliche Umwelteinwirkungen infolge von Lärmeinwirkungen oder einer optisch bedrängenden Wirkung auf Grundstücke Dritter kann sich der Kläger zur Begründung eines klagefähigen subjektiven Rechts - wie bereits das Verwaltungsgericht dargelegt hat - nicht berufen. Ihnen kommt eine nachbarschützende Wirkung ihm gegenüber nicht zu, weil insoweit keine Möglichkeit einer subjektivindividuellen Rechtsbetroffenheit, vor allem das Eigentum am Grundstück "G. -H. -Straße " betreffend, besteht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 sowie § 162 Abs. 3 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind erstattungsfähig, weil sie sich im Berufungsverfahren substantiiert zur Sache eingelassen und durch Stellung eines Sachantrags einem eigenen Kostenrisiko ausgesetzt hat (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO).

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.