AG Bonn, Beschluss vom 25.11.2014 - 806 OWi -556 Js 2164/14- 739/14
Fundstelle
openJur 2019, 20508
  • Rkr:
Tenor

Das Amtsgericht Bonn erklärt sich für örtlich unzuständig.

Die Sache wird gemäß § 46 OWiG in Verbindung mit § 14 StPO dem Bundesgerichtshof zur Bestimmung des zuständigen Gerichts vorgelegt.

Gründe

I.

Gegen den Betroffenen ist am 03.03.2014 bzw. 11.03.2014 durch die Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt Außenstelle Nord in L jeweils ein Bußgeldbescheid erlassen worden. In der Rechtsbehelfsbelehrung ist der Betroffene auf Folgendes hingewiesen worden: "Gegen diesen Bußgeldbescheid können Sie nach § 67 OWiG innerhalb zwei Wochen nach Zustellung bei der Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt- Außenstelle Nord, L-Straße ...#, ... L [...] Einspruch einlegen. [...] Über den Einspruch entscheidet das Amtsgericht Kiel [...]."

Nachdem der Betroffene am 12.03.2014 bzw. am 17.03.2014 Einspruch eingelegt hat, wurde die Sache über die Staatsanwaltschaft Kiel gemäß § 69 OWiG an das Amtsgericht Kiel übersandt. Dieses hat die Verfahren zunächst mit Beschluss vom 06.06.2014 verbunden. Im weiteren Verlauf hat sich das Amtsgericht Kiel mit Beschluss vom 10.10.2014 für unzuständig erklärt. Zur Begründung wird angeführt, die Zuständigkeit richte sich nach dem Sitz der Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt (GDWS) in C, da die Außenstelle Nord in L keine selbständige Stelle der Behörde sei. Nunmehr hat die Staatsanwaltschaft Bonn nach Übernahme des Verfahrens dieses dem Amtsgericht Bonn gemäß § 69 OWiG vorgelegt.

II.

Das Amtsgericht Bonn ist örtlich unzuständig, §§ 46 Abs. 1, 68 Abs. 1 OWiG in Verbindung mit § 16 StPO. Wegen des negativen Kompetenzkonfliktes mit dem Amtsgericht Kiel wird die Sache dem Bundesgerichtshof gemäß § 14 StPO zur Bestimmung des zuständigen Gerichts vorgelegt.

Das Amtsgericht Bonn ist örtlich nicht zuständig. Gemäß § 68 Abs. 1 OWiG entscheidet bei einem Einspruch gegen den Bußgeldbescheid das Amtsgericht, in dessen Bezirk die Verwaltungsbehörde ihren Sitz hat. Zwar bestimmt sich die Zuständigkeit in dem Fall, dass bei einer Verwaltungsbehörde Außenstellen nach der behördeninternen Organisation für die Bearbeitung von Bußgeldsachen zuständig sind, grundsätzlich nach dem Ort, an dem sich die Hauptstelle der Verwaltungsbehörde befindet; etwas anderes gilt indes, wenn der Außenstelle nach § 36 OWiG die Zuständigkeit zur Verfolgung und Ahndung übertragen ist (vgl. Göhler OWiG, 16. Auflage, 2012, § 68 Rn. 4; Bohnert, Kommentar zum OWiG, 2. Auflage 2007, § 68 Rn. 4). Der Begriff Verwaltungsbehörde ist in diesem Zusammenhang im funktionellen Sinne zu verstehen. Mit der Bezeichnung "Verwaltungsbehörde" ist also jeweils die Stelle gemeint, die die Befugnis zur Verfolgung und Ahndung von Ordnungswidrigkeiten hat. Es ist demnach irrelevant, ob sie eine Behörde im organisatorischen Sinne ist. Sie wird zur Verwaltungsbehörde im funktionellen Sinne durch die Übertragung der Eingriffsbefugnisse, die mit der Verfolgung und Ahndung von Ordnungswidrigkeiten verbunden sind (vgl. Göhler, a.a.O., vor § 35 Rn. 2 m.N).

Gemessen an Vorstehendem hat die den angefochtenen Bußgeldbescheid erlassende Außenstelle Nord in L erkennbar als eigenständige Verwaltungsbehörde in diesem Sinne gehandelt. Zwar ist auf dem angefochtenen Bescheid der Zusatz "Außenstelle" vorhanden, indes ergibt sich die Anschrift des Hauptsitzes nicht aus dessen Briefkopf. Der Bescheid ergeht vielmehr aus der maßgeblichen Sicht des Empfängers selbständig durch die Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt Außenstelle Nord. Auch wurde der Betroffene in der Rechtsbehelfsbelehrung ausdrücklich darauf hingewiesen, dass das Amtsgericht Kiel über den Einspruch entscheide. Unter Hinweis auf die geänderte Organisation und die Umwandlung der Wasser- und Schifffahrtsdirektionen in regionale Außenstellen der neu gegründeten Generaldirektion Wasserstraßen- und Schifffahrt (GDWS) wird deren Anschrift nicht genannt und ausdrücklich festgehalten, dass die Außenstellen ihre bisherigen Aufgaben weiterhin wahrnehmen und die von den Wasser- und Schifffahrtsdirektionen begonnenen Verwaltungsverfahren fortführen.

Es handelt sich bei der Außenstelle Nord, wie es im Ergebnis auch die Staatsanwaltschaft Kiel zu Recht gesehen hat, damit nicht um eine gewöhnliche "Außenstelle" sondern um eine Verwaltungsbehörde im funktionellen Sinne, nach deren Sitz sich die Zuständigkeit richtet. Dies steht auch nicht im Widerspruch zu der Entscheidung des BGH vom 12.01.1990, 2 ARs 588/89. Der Bundesgerichtshof hat die Frage, ob eine entsprechende Verwaltungsstelle auch als Behörde im Sinne des § 68 Abs. 1 OWiG angesehen werden könnte, wenn diese den Bußgeldbescheid erlassen hat, ausdrücklich ausgeklammert. Im Übrigen wird auf die zutreffenden und überzeugenden Ausführungen der Staatsanwaltschaft Kiel in der, anliegenden, Verfügung vom 17.07.2014 zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen.

Bonn, 25.11.2014

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