AG Solingen, Beschluss vom 30.06.2017 - 7 M 3242/17
Fundstelle
openJur 2019, 20111
  • Rkr:
Tenor

Auf die Erinnerung der Gläubigerin wird die Kostenrechnung des Gerichtsvollziehers vom 04.05.2017 abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Vermögensverzeichnis an Dritte,

Ziffer 261 des Kostenverzeichnisses zum Gerichtsvollzieherkostengesetz

33,00 €

Entgelte für Zustellung

Ziffer 701 des Kostenverzeichnisses zum Gerichtsvollzieherkostengesetz

4,11 €

Auslagenpauschale

Ziffer 716 des Kostenverzeichnisses zum Gerichtsvollzieherkostengesetz

6,60 €

Summe

43,71 €

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet

Gründe

Die Gläubigerin betreibt gegen die Schuldnerin die Zwangsvollstreckung aus einem Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts Mayen vom 04.04.2008.

Die Gläubigerin stellte über die Gerichtsvollzieherverteilerstelle des Amtsgerichts Solingen den Antrag, der Schuldnerin die Vermögensauskunft nach § 802c ZPO abzunehmen (Antrag ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 03.04.2017). In dem Antrag vom 03.04.2017 heißt es weiter:

Sollte der Schuldner eine Ratenzahlung anbieten, bitten wir darum sich mit uns in Verbindung zu setzen, damit wir ggf. den Auftrag zurücknehmen können.

Die Schuldnerin hatte ausweislich der Ermittlungen des zuständigen Gerichtsvollziehers die Vermögensauskunft bereits am 19.01.2016 geleistet.

Mit Schreiben vom 04.05.2017 informierte der Gerichtsvollzieher die Schuldnerin über den Vollstreckungsauftrag. Er teilte der Schuldnerin mit, dass sie in das Schuldnerverzeichnis einzutragen sei, weil eine Vollstreckung nach dem Inhalt des Vermögensverzeichnisses offensichtlich nicht geeignet sei, zu einer vollständigen Befriedigung des Gläubigers zu führen. Außerdem heißt es in dem Schreiben:

Es besteht die Möglichkeit die Eintragung in das Schuldnerverzeichnis zu vermeiden. Hierzu werden Sie aufgefordert die Forderung i.H.v. 833,32 € binnen 14 Tagen ab Zustellung dieser Eintragungsanordnung auf mein Dienstkonto zu überweisen.

Mit weiterem Schreiben vom 04.05.2017 sandte der Gerichtsvollzieher die ihm vorgelegten Vollstreckungsunterlagen an den Verfahrensbevollmächtigten der Gläubigerin mit einer Abschrift des von der Schuldnerin bereits abgegebenen Vermögensverzeichnisses zurück. In dem Schreiben heißt es weiter, eine gütliche Erledigung habe nicht erreicht werden können. Seine Kosten berechnete der Gerichtsvollzieher wie folgt:

Versuch einer gütlichen Erledigung,

KV 208

8,00 €

Vermögensverzeichnis an Dritte

KV 261

33,00 €

Entgelte für Zustellung

KV 701

4,11 €

Auslagenpauschale

KV 716

8,20 €

Summe

53,31 €

Am 22.05.2017 veranlasste der Gerichtsvollzieher die Eintragung der Schuldnerin im Schuldnerverzeichnis.

Gegen die Kostenrechnung des Gerichtsvollziehers hat die Gläubigerin mit Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 23.05.2017 Erinnerung eingelegt. Mit der Erinnerung hat die Gläubigerin die Berechnung der Gebühren nach Ziffer 208 des Kostenverzeichnisses zum Gerichtsvollzieherkostengesetz beanstandet. Sie hat geltend gemacht, sie habe mit dem Vollstreckungsauftrag lediglich die Abnahme der Vermögensauskunft beantragt; ein isolierter Auftrag für eine gütliche Erledigung oder eine Sachpfändung seien nicht beantragt worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte verwiesen.

II.

Die Erinnerung hat Erfolg.

Die Gläubigerin hat zu Recht die Berechnung der Gebühr nach Ziffer 208 des Kostenverzeichnisses zum Gerichtsvollzieherkostengesetz (GvKostG) beanstandet. Der Gerichtsvollzieher war nicht berechtigt, eine Gebühr für den Versuch einer gütlichen Erledigung zu berechnen.

Für die Entscheidung ist allerdings unerheblich, dass die Gläubigerin lediglich die Abnahme der Vermögensauskunft beantragt und keinen isolierten Antrag auf Durchführung einer gütlichen Erledigung gestellt hat. Denn die Gebühr für eine gütliche Erledigung kann auch ohne einen ausdrücklichen Auftrag entstehen, wenn der Gerichtsvollzieher den Versuch einer gütlichen Erledigung unternimmt.

Nach Ziffer 207 des Kostenverzeichnisses zum Gerichtsvollzieherkostengesetz steht dem Gerichtsvollzieher für den Versuch, gemäß § 802b ZPO eine gütliche Erledigung herbeizuführen, eine Gebühr von 16,00 € zu. Ist der Gerichtsvollzieher gleichzeitig mit einer Maßnahme nach § 802a Abs. 2 S. 1 Nr. 2 oder Nr. 4 ZPO beauftragt, also mit der Abnahme der Vermögensauskunft oder der Pfändung und Verwertung körperlicher Sachen des Schuldners, so ermäßigt sich die Gebühr gemäß Ziffer 208 des Kostenverzeichnisses zum Gerichtsvollzieherkostengesetz auf 8,00 €.

Voraussetzung für den Anfall einer Gebühr nach nach Ziffer 207 oder 208 des Kostenverzeichnisses zum Gerichtsvollzieherkostengesetz ist aber in jedem Fall der Versuch einer gütlichen Erledigung. Einen solchen Versuch hat der Gerichtsvollzieher nicht unternommen.

Soweit der Gerichtsvollzieher die Schuldnerin mit Schreiben vom 04.05.2017 auf die Möglichkeit hinwies, die Eintragung im Schuldnerverzeichnis durch eine Zahlung abzuwenden, liegt hierin nicht der Versuch einer gütlichen Erledigung.

Das Landgericht Wuppertal hat in einer Entscheidung vom 24.07.2015 (16 T 159/15) zu den Mindestanforderungen an den Versuch einer gütlichen Erledigung ausgeführt:

Für das Entstehen der Gebühr wäre wenigstens erforderlich, dass der Gerichtsvollzieher den Schuldner danach befragt, ob eine gütliche Erledigung, z.B. durch Annahme des Angebots der Gläubigerin, Ratenzahlungen zu leisten, in Betracht komme. Wenn keinerlei Kommunikation zwischen dem Gerichtsvollzieher und dem Schuldner über die Frage einer Erledigung des Verfahrens ohne Durchführung der beauftragten Vollstreckungsmaßnahme festgestellt werden kann, kann nach dem Verständnis der Kammer von einem Versuch der gütlichen Erledigung keine Rede sein.

Im vorliegend zu entscheidenden Verfahren hat zwischen dem Gerichtsvollzieher und der Schuldnerin keine Kommunikation über die Frage stattgefunden, ob das Verfahren durch eine gütliche Erledigung und ohne Durchführung der beauftragten Vollstreckungsmaßnahme beendet werden könne. Der Gerichtsvollzieher führte den ihm erteilten Vollstreckungsauftrag aus, ohne eine Reaktion der Schuldnerin auf sein Schreiben vom 04.05.2017 abzuwarten. Vielmehr übersandte er dem Verfahrensbevollmächtigten der Gläubigerin sogleich eine Abschrift des von der Schuldnerin bereits abgegebenen Vermögensverzeichnisses und gab gleichzeitig die Vollstreckungsunterlagen zurück.

Zudem teilte er dem Verfahrensbevollmächtigten der Gläubigerin mit, eine gütliche Erledigung habe nicht erreicht werden können. Gerade auch diese Mitteilung veranschaulicht, dass der Gerichtsvollzieher selbst seinen Hinweis an die Schuldnerin, die Eintragung in das Schuldnerverzeichnis könne durch eine Vollzahlung innerhalb von 14 Tagen abgewendet werden, nicht als ernstlichen Versuch einer gütlichen Erledigung verstand. Andernfalls hätte er vor der Mitteilung an die Gläubigerin zunächst die Frist von 14 Tagen abgewartet, um zu sehen, ob die Schuldnerin auf sein Schreiben vom 04.05.2017 reagiert.

Etwas anderes folgt nicht daraus, dass die Anordnung der Eintragung des Schuldners in das Schuldnerverzeichnis gemäß § 882c Abs. 1 S. 2 ZPO Teil des Vollstreckungsverfahrens ist und demgemäß auch in diesem Verfahrensabschnitt noch eine gütliche Erledigung in Betracht kommt. Denn der Gerichtsvollzieher war nach Rücksendung der Vollstreckungsunterlagen gar nicht mehr befugt, etwaige Zahlungen der Schuldnerin entgegenzunehmen. Hierauf hat der Bezirksrevisor bei dem Landgericht Wuppertal zu Recht hingewiesen. Nach § 754 ZPO wird der Gerichtsvollzieher erst durch den Vollstreckungsauftrag und die Übergabe der vollstreckbaren Ausfertigung ermächtigt, Leistungen des Schuldners entgegenzunehmen, diese zu quittieren und mit Wirkung für den Gläubiger Zahlungsvereinbarungen nach Maßgabe des § 802b ZPO zu treffen. Ist der Gerichtsvollzieher nicht mehr im Besitz der Vollstreckungsunterlagen, gilt diese Ermächtigung nicht mehr.

Schließlich erscheint auch eher zweifelhaft, ob von dem Versuch einer gütlichen Erledigung ausgegangen werden kann, wenn der Gerichtsvollzieher dem Schuldner nur die Vollzahlung der Schuld innerhalb von lediglich zwei Wochen als Möglichkeit einer gütlichen Erledigung aufzeigt. Eine gütliche Erledigung erfolgt entsprechend der Regelung des § 802b Abs. 2 ZPO in der Regel durch eine Zahlungsvereinbarung, die der Gerichtsvollzieher mit dem Schuldner trifft. Soweit der Gläubiger eine Zahlungsvereinbarung nicht ausgeschlossen hat, kann der Gerichtsvollzieher dem Schuldner eine Zahlungsfrist einräumen oder eine Tilgung durch Ratenzahlung gestatten. Bietet der Gerichtsvollzieher jedoch eine Zahlungsfrist von lediglich zwei Wochen an, kann nicht von einem Angebot des Gerichtsvollziehers auf Abschluss einer Zahlungsvereinbarung gesprochen werden. Der Schuldnerin wurden durch die vom Gerichtsvollzieher mit Schreiben vom 04.05.2017 angebotene Zahlungsfrist keine Zahlungsmöglichkeiten eingeräumt, die sie nicht ohnehin gehabt hätte. Die Schuldnerin war nicht auf eine Zahlungsvereinbarung mit dem Gerichtsvollzieher angewiesen, um die Eintragung im Schuldnerverzeichnis um 14 Tage hinauszuzögern. Die vom Gerichtsvollzieher gesetzte Frist von 14 Tagen entsprach vielmehr der Frist des § 882d Abs. 1 ZPO, innerhalb derer die Schuldnerin gegen die Eintragungsanordnung hätte Widerspruch erheben können und vor deren Ablauf eine Eintragung in das Schuldnerverzeichnis unabhängig von der gesetzten Zahlungsfrist nicht erfolgt wäre.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 5, GvKostG, 66 Abs. 8 GKG.

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