AG Münster, Urteil vom 27.11.2014 - 7 C 3741/13
Fundstelle
openJur 2019, 19247
  • Rkr:
Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages Sicherheit leistet.

Tatbestand

Die Beklagte betreibt ein Hörakustik-Geschäft in N. Der Kläger erwarb bei der Beklagten Ende 2011 zwei Hörgeräte des Typs "Q" zum Gesamtpreis von 2820,- €, worauf er unter Abzug des Anteils seiner gesetzlichen Krankenversicherung einen Betrag von 1872,00 € selbst zahlte.

In der Folgezeit gab der Kläger die Hörgeräte mehrfach zur Reparatur an die Beklagte, da diese nicht mehr funktionsfähig waren, insbesondere regelmäßig immer leiser wurden. Die Ursache hierfür ist zwischen den Parteien umstritten. Die Geräte wurden wiederholt durch die Beklagte bzw. den Hersteller repariert, wiesen aber nach kurzer Zeit wieder die gleichen Ausfallerscheinungen auf.

Der Kläger gab die Hörgeräte daraufhin an die Beklagte zurück.

Unter der Rechnungsnummer "S740013" vereinbarten beide Parteien zudem eine Hörgeräteversicherung zum Preis von 87,50 €,

Mit anwaltlichem Schreiben vom 09.09.2013 hatte der Kläger die Beklagte aufgefordert, den von ihn bezahlten Eigenanteil zurückzuzahlen. Zusätzlich verlangte er aufgrund der abgeschlossenen Versicherung Schadensersatz in Höhe von 87,50 €. Für beide Beträge wurde eine Zahlungsfrist bis zum 16.9.2013 gesetzt. Die Beklagte zahlte hierauf nicht.

Der Kläger ist der Ansicht, er könne von dem streitgegenständlichen Kaufvertrag zurücktreten, da die Geräte mangelhaft seien und insgesamt vier Nachbesserungsversuche der Beklagten gescheitert seien. Der Kläger behauptet, die streitgegenständlichen Geräte ordnungsgemäß getragen und gepflegt zu haben, sodass die Ursache des Funktionsverlusts einzig und allein durch die Fehlerhaftigkeit der Geräte als solches bedingt sei.

Der Kläger beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1959,50 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

2. die Beklagte zu verurteilen an den Kläger Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 139,83 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragte,

die Klage abzuweisen.

Sie trägt vor, soweit überhaupt Beschädigungen an den streitgegenständlichen Hörgeräten vorlägen bzw. in der Vergangenheit vorgelegen hätten, sei dies allein auf die nicht ordnungsgemäße Anwendung durch den Kläger zurückzuführen. Dieser habe die Geräte teilweise falschherum getragen, diese beschädigt, sowie schweißbedingte Feuchtigkeitsschäden selbst verursacht. Die Reparaturleistung der Beklagtenseiten sei vor diesem Hintergrund in der Vergangenheit allein aus Kulanz erfolgt.

Wegen des weiteren Vortrages wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen in der Akte Bezug genommen.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens des Sachverständigen R und den Sachverständigen zudem zur Erläuterung seines Gutachtens mündlich angehört. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das schriftliche Gutachten in der Akte vom 20.06.2014 (Bl. 63 ff.) sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 06.11.2014 (Bl. 133 ff. der Akte) Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rückzahlung des anteilig von ihm geleisteten Kaufpreises in Höhe von 1876,00 € gem. §§ 346 I, 437 Nr. 1, 440, 434, 323 BGB.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht bereits nicht zur hinreichenden Überzeugung des Gerichts fest, dass die streitgegenständlichen Hörgeräte mangelhaft im Sinne des § 434 BGB waren. Ein Mangel ist dann gegeben, wenn die tatsächliche Beschaffenheit der Sache (Ist-Beschaffenheit) von der vertraglich vereinbarten Beschaffenheit der Sache (Soll-Beschaffenheit) abweicht. Wenn keine Beschaffenheit vereinbart wurde, reicht auch ein Abweichen von der üblichen Beschaffenheit. Die Parteien haben unstreitig keine besonderen Beschaffenheitsvereinbarungen getroffen. Es ist weder vorgetragen, noch sonst ersichtlich, dass bei den Verkaufsgesprächen auf ein besonders feuchtigkeitsresistentes Hörgerät Wert gelegt wurde. Auch eine besondere Verwendungsabsicht gem. § 434 I S. 2 Nr. 1 BGB wurde zwischen den Parteien offensichtlich nicht vereinbart.

Damit war vorliegend allein auf die übliche Beschaffenheit abzustellen. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht fest, dass die Hörgeräte sich für die gewöhnliche Verwendung eignen und eine Beschaffenheit aufweisen, die bei Sachen gleicher Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann (§ 434 I S. 2 BGB). Der Sachverständige hat insoweit in seinem nachvollziehbaren und widerspruchsfreien Gutachten zwar festgestellt, dass ein Defekt bei beiden Hörgeräten in Form von starkem Rauschen vorliegt. Er hat jedoch weiter ausgeführt, dass dieser Defekt durch eine Korrosion im Batteriefach verursacht worden sei. Dieses Schadensbild sei typisch für verstärkte Feuchtigkeitseinwirkung auf das Gerät und eine mangelnde Pflege. Anhand des Schadensbildes und der starken äußerlichen Gebrauchsspuren am Gehäuse schlussfolgert der Sachverständige überzeugend und widerspruchsfrei, dass die Hörgeräte nur unzureichend gepflegt und getrocknet worden seien. Es hat ausgeführt, dass bei ordnungsgemäßer Behandlung keine Korrosion im Batteriefach eintreten könne. Weiter hat er dargelegt, dass auch andere Hörgeräte einem vergleichbaren starken Gebrauch und der mangelnden Pflege nicht standgehalten hätten. Eine tägliche Trocknung, wie sie vom Kläger vorgetragen worden sei, sei daher nicht anzunehmen. Den Ausführungen des Sachverständigen folgt auch das Gericht vollumfänglich. Der Sachverständige hat insbesondere auf kritische Fragen im Rahmen der mündlichen Anhörung überzeugend dargelegt, dass er vor dem Hintergrund seiner fast dreißigjährigen Erfahrung als Hörakustiker angesichts des auch fotographisch dokumentierten Schadensbildes in Form von Rostablagerungen im Batteriefach verbunden mit starken Verfärbungen davon ausgehen müsse, dass die Ursache hierin allein in den starken Einflüssen durch Feuchtigkeit und Schweißbildung zu suchen seien. Auf die Einwände, dass der Kläger seine Hörgeräte täglich getrocknet habe, hat der Sachverständige überzeugend dargetan, dass die festgestellten Korrosionserscheinungen bei einer behaupteten Trocknung auf keinen Fall in derartigem Ausmaße vorliegen können. Der hat insoweit aufgrund der Bilder und der Schäden und unter Bezugnahme auf die eindeutigen Pflegeangaben in der Gebrauchsanweisung, ausgeschlossen, dass das Gerät in der Vergangenheit ordnungsgemäß getrocknet und gepflegt wurde.

Der Defekt an beiden Hörgeräten ist nach alledem eindeutig auf mangelnde Pflege und nicht auf die Mangelhaftigkeit der Kaufsache selbst zurückzuführen.

Vor dem Hintergrund der eindeutigen sowie widerspruchsfreien Ergebnisse des Sachverständigengutachtens war das Gericht nicht gehalten, die zuletzt von der Klägerseite angebotenen Zeugen für eine ordnungsgemäße tägliche Trocknung und Pflege durch den Kläger zu vernehmen. Selbst, wenn die Familienangehörigen des Klägers eine regelmäßige Trocknung und Pflege der streitgegenständlichen Hörgeräte bestätigt hätten, hätten entsprechende Erklärungen jedenfalls in unüberwindbaren Widerspruch zu dem unparteiischen und überzeugenden Sachverständigengutachten gestanden und daher nicht ausgereicht, das Gericht von einem Mangel an dem streitgegenständlichen Geräten, für den der Kläger vollumfänglich beweisbelastet ist, zu überzeugen.

Insbesondere ist nicht davon auszugehen, dass die Zeugen jeweils täglich den Trocknungsprozess derart genau beobachtet haben, dass auszuschließen ist, dass der Kläger hierbei Fehler gemacht, etwa das Batteriefach nicht geöffnet und die Batterien nicht herausgenommen hat.

Der Kläger hat aus den vorgenannten Gründen auch keinen Anspruch auf Rückerstattung der von ihm für den Abschluss der Hörgeräteversicherung aufgewendeten Betrages in Höhe von 87,50 € gem. §§ 280 I, 437 Nr. 3, 434 BGB. Wie bereits gezeigt, ist bereits nicht bewiesen, dass die streitgegenständlichen Geräte mangelbehaftet waren.

Mangels Anspruchs in der Hauptsache besteht auch kein Anspruch auf Ersatz der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten, die allein dadurch entstanden sind, dass der Kläger den Rücktritt sowie die Rückzahlung des Kaufpreises vorgerichtlich gegenüber dem Beklagten geltend gemacht hat.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 I, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Der Streitwert wird auf 1959,50 € festgesetzt.

Rechtsbehelfsbelehrung:

Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,

a) wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder

b) wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist.

Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Landgericht Münster, Am Stadtgraben 10, 48143 Münster, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.

Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Münster zu begründen.

Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Münster durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.

Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

Münster, 26.11.2014

Amtsgericht

Unterschrift

Zitate0
Zitiert0
Referenzen0
Schlagworte