OLG Köln, Urteil vom 18.01.2019 - 6 U 74/18
Fundstelle
openJur 2019, 18836
  • Rkr:
Verfahrensgang

Für einen Unterlassungsantrag, der darauf gerichtet ist, einer Bausparkasse zu verbieten, Bausparverträge aufgrund einer nach Vertragsschluss eingetretenen Veränderung der finanzwirtschaftlichen Rahmenbedingungen aus wichtigem Grund und/oder wegen Störung der Geschäftsgrundlage zu kündigen, fehlt das Rechtsschutzbedürfnis, weil der Antrag nicht nur die von dem Kläger beanstandete außergerichtliche Kündigung, sondern auch die Rechtsverteidigung der Beklagten im Prozess erfasst und weil die Erklärung der Kündigung einer gerichtlichen Auseinandersetzung über deren Berechtigung zwingend vorausgehen muss.

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 20.03.2018 verkündete Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Aachen - 41 O 51/17 -

wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Klage nicht als unbegründet, sondern als unzulässig abgewiesen wird.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.

Dieses Urteil und das genannte Urteil des Landgerichts Aachen sind vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Der Kläger ist der Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände und in der vom Bundesamt für Justiz in Bonn geführten Liste qualifizierter Einrichtungen nach § 4 UklaG eingetragen. Die Beklagte ist eine Bausparkasse mit Sitz in B..

Ende des Jahres 2016 wandte sich die Beklagte in mehreren Fällen an ihre Kunden, die - im privaten Bereich - mit ihr einen Bausparvertrag geschlossen hatten. Mit Schreiben vom 22.11.2016 an einen Kunden bot sie diesem den Wechsel seines Altvertrages auf einen von ihr zeitgemäß genannten Tarif E2 an, der erheblich niedrigere Garantiezinsen auswies. Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf die Anlage K1 zur Klageschrift.

Nachdem der Kunde auf dieses Schreiben nicht reagierte hatte, wandte sich die Beklagte mit Schreiben vom 24.01.2017 erneut an ihn und bedauerte, dass er das Angebot zu einem Tarifwechsel nicht angenommen habe. Sodann gab sie folgenden Hinweis:

"Ein Bausparvertrag ist kein bankübliches Sparkonto, Zweck des Bausparens ist vielmehr zielgerichtetes Sparen, um für wohnungswirtschaftliche Verwendungen Darlehen zu erlangen.

Nutzt nun ein Teil der Bausparer seinen Bausparvertrag aus Renditegesichtspunkten erkennbar nur zur Geldanlage, so wirkt sich dies äußerst negativ zu Lasten der anderen Bausparer aus.

Die lang andauernde Niedrig- und mittlerweile Nullzinsphase, die zwischenzeitlich auch zu einer in der Vergangenheit für ausgeschlossen gehaltenen Negativverzinsung geführt hat, stellt für die B. Bausparkasse AG eine nicht vorhersehbare schwerwiegende Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse dar. Die Bausparkasse kann die hohen Guthabenzinsen mit ihren nach dem Bausparkassengesetz eingeschränkten Investitionsmöglichkeiten auf den Kapitalmärkten nicht mehr erwirtschaften. Gleichzeitig nehmen die durch entsprechen Alttarife begünstigten Bausparer das Bauspardarlehen (zu dessen Erlangung der Bausparvertrag ursprünglich abgeschlossen wurde) zumeist nicht in Anspruch, wodurch der Bausparkasse auch die entsprechenden Darlehenszinseinnahmen fehlen.

Dieses deutliche Ungleichgewicht von Aufwand und Ertrag kann die B. Bausparkasse AG, deren vordringliche Aufgabe die verantwortungsvolle Verwaltung und Steuerung des Bausparkollektivs ist, nicht hinnehmen. Es bedarf vielmehr nachhaltiger Korrekturmaßnahmen mit dem Ziel, eine Beschädigung unserer Bausparkasse und die damit verbundene Benachteiligung der gesamten Bausparergemeinschaft zu verhindern."

Im weiteren Verlauf des Schreibens wies die Beklagte darauf hin, dass der Verbraucher entweder einen Tarifwechsel vornehmen oder sich seinen Bausparvertrag auszahlen lassen könne. Für den Fall, dass eine Entscheidung nicht bis zum 07.02.2017 getroffen werde, werde die Beklagte den Bausparvertrag kündigen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Schreibens vom 24.01.2017 wird auf die Anlage K2 Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 14.03.2017 erklärte die Beklagte die bereits zuvor angekündigte Kündigung. Inhalt des Kündigungsschreibens war unter anderem folgendes:

"Da Sie unserer Aufforderung zur Vertragsanpassung nicht innerhalb der gesetzten Frist nachgekommen sind, kündigen wir hiermit den Bausparvertrag zum

12.04.2017.

Wegen der Begründung unserer Kündigung verweisen wir auf die bereits geführte Korrespondenz.

Wir machen deutlich, dass ein Bausparvertrag kein bankübliches Sparkonto ist und nicht zur Geldanlage genutzt werden darf. Verhalten sich die Inhaber hoch verzinslicher, mit den aktuellen finanzwirtschaftlichen Rahmenbedingungen nicht mehr zu vereinbarender Bausparverträge nicht dementsprechend, so schädigt dies nicht nur die Bausparkasse, sondern auch die gesamte Bausparergemeinschaft.

Um dies zu verhindern, haben wir auch Ihnen ein Angebot auf Vertragsanpassung zu aktuellen Marktverhältnissen unterbreitet. Da Sie dieses Vertragsanpassungsangebot nicht angenommen haben, sehen wir uns gezwungen, Ihren Bausparvertrag nach § 314 Abs. 1 Satz 1 BGB aus wichtigem Grund bzw. nach § 313 Abs. 1 i. V. m. Abs. 3 Satz 2 BGB wegen Störung der Geschäftsgrundlage zu kündigen."

Wegen der weiteren Einzelheiten des Schreibens vom 14.03.2017 wird Bezug genommen auf die Anlage K3 zur Klageschrift.

Der Kläger hat die Kündigung für unwirksam gehalten. Er hat in dem Verhalten der Beklagten, insbesondere in der Begründung der Kündigung einen Verstoß gegen die § 3 Abs. 1 in Verbindung mit § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 und § 7 UWG gesehen. Darüber hinaus lägen Verstöße gegen § 3 Abs. 2 UWG und § 1 UKlaG analog vor.

Der Kläger hat - nachdem sie die Worte "Niedrigphase des Leitzinses" aus dem ursprünglich angekündigten Klageantrag im Rahmen der mündlichen Verhandlung des Landgerichts am 27.02.2018 durch die Worte "Veränderung der finanzwirtschaftlichen Rahmenbedingungen" in den nachstehend unter I und II wiedergegebenen Anträgen geändert hat - beantragt,

I.

die Beklagte zu verurteilen, es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, diese zu vollstrecken am Vorstand, zu unterlassen,

im Rahmen geschäftlicher Handlungen gegenüber Verbrauchern, mit denen ein Bausparvertrag geschlossen wurde, zu behaupten, dass der Bausparvertrag lediglich aufgrund einer nach Vertragsschluss eingetretenen Veränderung der finanzwirtschaftlichen Rahmenbedingungen aus wichtigem Grund und/oder wegen Störung der Geschäftsgrundlage gekündigt werden könne, wenn dies geschieht wie in Anlage K3 wiedergegeben,

II.

die Beklagte zu verurteilen, den Empfängern der Kündigungsschreiben mit dem in Anlage K3 wiedergegebenen Inhalt ein individualisiertes Berichtigungsschreiben zu senden, in dem die Verbraucher darüber informiert werden, dass eine Kündigung allein aufgrund einer nach Vertragsschluss eingetretenen Veränderung der finanzwirtschaftlichen Rahmenbedingungen aus wichtigem Grund und/oder wegen Störung der Geschäftsgrundlage rechtswidrig und unwirksam ist,

III.

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 214,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Klageerhebung zu zahlen,

hilfsweise zu I. das Wort "lediglich" entfällt.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat gemeint, der Klageantrag sei aufgrund seiner Unbestimmtheit unzulässig. Jedenfalls sei sie zur Kündigung der Bausparverträge berechtigt gewesen. Die Begründung der Kündigung sei eine Meinungsäußerung, die ihr nicht untersagt werden könne. Es fehlten bei der gegebenen Begründung Tatsachen, über die eine Irreführung möglich sei. Zudem hat sie - im Hinblick auf den geänderten Antrag - die Einrede der Verjährung erhoben.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Diese sei zulässig gewesen. Der Kläger sei aktivlegitimiert und der Klageantrag sei hinreichend bestimmt. Die Änderung des Klageantrags sei ebenfalls zulässig, weil diese jedenfalls sachdienlich sei.

Die Klage sei aber unbegründet. Dem Kläger stehe der geltend gemachte Anspruch aus §§ 3, 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 UWG nicht zu. Es könne dahinstehen, ob eine geschäftliche Handlung vorliege, die untersagt werden könne. Ebenso wenig müsse geklärt werden, ob der Beklagten ein Recht zur Vertragskündigung zugestanden habe. Selbst wenn zugunsten des Klägers beides unterstellt würde, bestünden die geltend gemachten Ansprüche nicht. Die Handlung der Beklagten sei jedenfalls nicht irreführend nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 und Nr. 7 UWG. Eine Irreführung käme nur in Betracht, wenn die angegriffene Äußerung sich bei einer Überprüfung als eindeutig richtig oder falsch erweisen könne. Dies sei nicht der Fall, zumal einem Unternehmen nicht verwehrt werden könne, im Rahmen der Rechtsdurchsetzung oder Rechtsverteidigung eine bestimmte Rechtsansicht zu vertreten. Eine solche Rechtsansicht sei als Meinungsäußerung einer inhaltlichen Überprüfung nicht zugänglich. Dies legt das Landgericht weiter dar.

Die Ansprüche ergäben sich auch nicht aus § 7 UWG. Eine Belästigung erfolge nicht.

Es bestehe schließlich kein Anspruch nach § 1 UKlaG in analoger Anwendung, weil eine solche Anwendung nicht in Betracht komme.

Darüber hinaus seien die Ansprüche auch verjährt, weil der Kläger durch die Änderung des Klageantrags in der mündlichen Verhandlung einen anderen Streitgegenstand erstmals geltend gemacht habe und seit Kenntnis von den diesen Anspruch begründenden Tatsachen mehr als 6 Monaten vergangen wären.

Gegen dieses Urteil, auf das gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird, wendet sich der Kläger mit seiner Berufung. Entgegen der Ansicht des Landgerichts ergebe sich der Anspruch aus § 5 Abs. 1, § 8 Abs. 1 UWG. Das Landgericht gehe fehlerhaft davon aus, dass die angegriffene Behauptung nur dann irreführend sein könne, wenn diese eindeutig richtig oder falsch sei. Dabei sei das Merkmal "eindeutig" nicht erforderlich. Maßgeblich sei alleine, ob der Hinweis objektiv zutreffend sei oder nicht. Dies könne auch im Rahmen eines wettbewerbsrechtlichen Verfahrens festgestellt werden, so dass die Frage der Berechtigung der Kündigung inzident zu prüfen sei. Die Erklärung der Kündigung der Beklagten sei jedenfalls nicht berechtigt gewesen. Es sei nicht erheblich, dass die Frage, ob die Kündigung berechtigt sei, umstritten ist.

Dem stehe nicht entgegen, dass der Beklagten eine Rechtsdurchsetzung verweigert würde, zumal die Äußerungen nicht als Rechtsansichten erkennbar seien.

Insgesamt könne davon ausgegangen werden, dass die Beklagte ihre Kunden durch das im Antrag in Bezug genommene Schreiben über das Bestehen des Kündigungsrechts in die Irre geführt habe.

Es liege auch ein Verstoß gegen § 3 Abs. 2 UWG vor. Die Beklagte habe die unternehmerische Sorgfalt gegenüber Verbrauchern nicht eingehalten. Hier sei alleine darauf abzustellen, ob die Kündigung berechtigt gewesen sei oder - wie vorliegend - nicht.

Die Beklagte habe gegen § 7 Abs. 1 UWG verstoßen, weil eine Kündigungserklärung nach den Grundsätzen, die der BGH in der Entscheidung vom 17.08.2011 (I ZR 134/10) aufgestellt habe, eine belästigende geschäftliche Handlung darstelle. Entgegen der Ansicht des Landgerichts könne auch die Erklärung einer Kündigung eine Belästigung darstellen, jedenfalls wenn diese nicht berechtigt sei.

Schließlich ergebe sich der Anspruch analog § 1 UklaG. Diesen Anspruch habe das Landgericht nicht geprüft, weil es sich hierfür nicht für zuständig gehalten habe. Dies sei fehlerhaft.

Verjährung sei entgegen der Ansicht des Landgerichts nicht eingetreten, weil die Anpassung des Klageantrags keine Klageänderung gewesen sei.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagte entsprechend dem erstinstanzlichen Antrag zu verurteilen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen;

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrages. Darüber hinaus macht die Beklagte geltend, die Klage sei bereits unzulässig, weil die von dem Kläger angegriffene Äußerung privilegiert sei. Die Frage, ob die Kündigung berechtigt sei, müsse einem Verfahren zwischen der Beklagten und ihren jeweiligen Kunden vorbehalten bleiben. Der vorliegenden Klage fehle daher das Rechtsschutzbedürfnis.

II.

Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers hat keinen Erfolg. Allerdings ist die Klage nicht als unbegründet, sondern als unzulässig abzuweisen. Auf die Frage, ob eine geschäftliche Handlung vorliegt und ob diese unzulässig ist, kommt es daher ebenso wenig an, wie auf die Frage, ob § 1 UKlaG analog anzuwenden ist. Im Einzelnen:

1. Die Klage ist unzulässig, weil ein Rechtsschutzbedürfnis nicht besteht.

a) Das Fehlen des Rechtsschutzbedürfnisses ist im Rahmen der Berufung zu prüfen, auch wenn die Beklagte diesen Einwand erst im Rahmen der Berufungserwiderung vorgetragen hat. Denn das Fehlen des Rechtsschutzbedürfnisses stellt einen von Amts wegen zu berücksichtigenden Verfahrensmangel dar. Die Frage, ob für die Inanspruchnahme eines Gerichts ein rechtlich schutzwürdiges Interesse besteht, wäre daher auch dann zu prüfen, wenn der Beklagte eine entsprechende Rüge nicht erhoben hätte (vgl. zur Frage der Prüfung in der Revisionsinstanz BGH, Urteil vom 15.11.2012 - I ZR 128/11, GRUR 2013, 647 - Rechtsmissbräuchlicher Zuschlagsbeschluss). Nichts anderes kann für den Fall gelten, wenn der Einwand erstmals in der Berufungsinstanz vorgetragen wird.

b) Die Klage ist unzulässig, weil ein Rechtsschutzbedürfnis nicht besteht.

aa) Mit dem verfolgten Unterlassungsantrag und dem darauf beruhenden Antrag auf Richtigstellung beanstandet der Kläger unter Bezugnahme auf das konkrete Kündigungsschreiben als zum Gegenstand des Antrags gemachte Verletzungshandlung, dass die Beklagte gegenüber Kunden von Bausparverträgen mit hohen Festzinssätzen eine Kündigung mit der Begründung ausgesprochen hat, zu einer solchen aus den im Kündigungsschreiben im Einzelnen aufgeführten Gründen berechtigt zu sein. Dabei richten sich die Anträge I und II vor allem gegen die im Rahmen der Kündigung enthaltene Behauptung, zur Kündigung berechtigt zu sein. Ziel des Unterlassungsantrags ist danach eine Änderung der Praxis der Beklagten, Bausparverträge mit der Begründung zu kündigen, diese sei berechtigt. Dabei erfasst der Antrag nicht nur die von dem Kläger beanstandete außergerichtliche Kündigung, sondern auch ihre Rechtsverteidigung im Prozess. Im Falle der Verurteilung wäre die Beklagte gehindert, Ansprüche der Kunden aus dem jeweiligen Bausparvertrag abzulehnen, weil eine Kündigung der Bausparverträge unzulässig war, so dass die Verträge fortbestünden und die Beklagte gegenüber ihren Kunden zu den jeweiligen vertraglichen Leistungen verpflichtet wäre. Die Erklärung der Kündigung muss einer Auseinandersetzung über ihre Berechtigung in jedem Fall vorangehen.

bb) Ein Verbotsantrag ist, wie auch ein Antrag auf Richtigstellung, unzulässig, wenn mit ihm auf die beanstandete außergerichtliche Kündigung der Beklagten und ihre Rechtsverteidigung im Prozess eingewirkt werden soll.

Einer Klage auf Unterlassung oder Beseitigung von Äußerungen, die der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung in einem gerichtlichen oder behördlichen Verfahren dienen, fehlt das Rechtsschutzbedürfnis. Hiervon geht dir Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 19.07.2012 - I ZR 105/11, GRUR 2013, 305 - Honorarkürzung, mwN), der sich der Senat anschließt, aus.

Im Ausgangspunkt beruht diese Erwägung darauf, dass auf den Ablauf eines rechtsstaatlich geregelten Verfahrens nicht dadurch Einfluss genommen werden und seinem Ergebnis nicht dadurch vorgegriffen werden soll, dass ein an diesem Verfahren Beteiligter durch Unterlassungs- oder Beseitigungsansprüche in seiner Äußerungsfreiheit eingeengt wird. Ob das Vorbringen wahr und erheblich ist, soll allein in dem seiner eigenen Ordnung unterliegenden Ausgangsverfahren geklärt werden (BGH, GRUR 2013, 305 - Honorarkürzung, mwN).

Da das Verbot von Äußerungen, die im Vorfeld eines Verfahrens getätigt werden, bereits Einfluss auf das Verfahren haben können, können auch solche Äußerungen nicht untersagt werden, die einen engen Bezug zu dem Verfahren haben. Dies ist jedenfalls dann anzunehmen, wenn die Rechte von am Verfahren Beteiligten Dritten betroffen sind. Eine sorgfältige Abwägung ist erforderlich, wenn der Dritte sich nicht gegen die Äußerungen zur Wehr setzen kann (BGH, GRUR 2013, 305 - Honorarkürzung, mwN).

Vor diesem Hintergrund hat der große Senat für Zivilsachen angenommen, dass das Vorgehen gegen unberechtigte Schutzrechtsverwarnungen möglich sein muss (vgl. BGH, Beschluss vom 15.07.2005 - GSZ 1/04, BGHZ 164, 1 - Unberechtigte Schutzrechtsverwarnung). Allerdings lag dem der Fall zugrunde, dass durch die (unberechtigte) Schutzrechtsverwarnung massiv in eine nach § 823 Abs. 1 BGB geschützte Rechtsposition eingegriffen wurde, ohne dass der Hersteller die Möglichkeit gehabt hätte, sich gegen die Schutzrechtsverwarnungen zur Wehr zu setzen. Wird hingegen der Hersteller verwarnt, scheidet ein Unterlassungsanspruch aus, weil im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens zu klären, ist ob die Verwarnung berechtigt war (vgl. Bacher in Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 12. Aufl., Kap. 41, Rn. 79b, mwN).

Es ist somit zu berücksichtigen, dass die ungehinderte Durchführung staatlich geregelter Verfahren im Interesse der daran Beteiligten, aber auch im öffentlichen Interesse nicht mehr als unbedingt notwendig behindert werden darf. Die Verfahrensbeteiligten müssen, soweit nicht zwingende rechtliche Grenzen entgegenstehen, vortragen können, was sie zur Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung für erforderlich halten. Es ist dann allein Aufgabe des mit der Entscheidung in dem betreffenden Verfahren befassten Organs, die Erheblichkeit und Richtigkeit des jeweiligen Vorbringens für seine Entscheidung zu beurteilen. Nur so ist eine rechtsstaatliche Verfahrensführung gewährleistet. Es geht nicht an, dass diese mehr als unabdingbar notwendig von außen beeinflusst wird, indem Dritte durch gerichtliche, an einen Verfahrensbeteiligten gerichtete Unterlassungsgebote außerhalb des Ausgangsverfahrens vorgeben, was in diesem vorgetragen und damit zum Gegenstand der betreffenden Entscheidung gemacht werden darf (BGH, GRUR 2013, 305 - Honorarkürzung, mwN).

Etwas anderes ist dann anzunehmen, wenn Äußerungen auf der Hand liegend falsch sind oder sie sich als unzulässige Schmähung darstellen, bei der nicht die Auseinandersetzung in der Sache, sondern die Diffamierung des Dritten im Vordergrund steht. In solchen Fällen kann eine gesonderte Klage auf Unterlassung oder Widerruf ausnahmsweise zulässig sein (BGH, GRUR 2013, 305 - Honorarkürzung, mwN).

In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist anerkannt, dass das Rechtsschutzbedürfnis für eine Unterlassungsklage nicht nur in Fällen fehlt, in denen Äußerungen in einem gerichtlichen Verfahren untersagt werden sollen. Privilegiert sind grundsätzlich auch Äußerungen, die der Rechtsverfolgung oder -verteidigung in einem behördlichen Verfahren dienen oder die im Vorfeld einer gerichtlichen Auseinandersetzung erfolgen (BGH, GRUR 2013, 305 - Honorarkürzung, mwN).

In der vorgenannten Entscheidung hat der Bundesgerichtshof angenommen, dass einer Unterlassungsklage das Rechtsschutzbedürfnis fehlt, mit der auf die Beklagte als Haftpflichtversicherer eingewirkt werden sollte, um sie daran zu hindern, im Rahmen der außergerichtlichen Schadensregulierung Sachverständigenhonorare ohne auf den Einzelfall bezogene Prüfung und Begründung allein unter Berufung auf das sogenannte BVSK-Gesprächsergebnis zu kürzen. Dies hat der Bundesgerichtshof angenommen, weil die Begründung für die Kürzung von Schadenspositionen im Rahmen der außergerichtlichen Schadensregulierung einer Haftpflichtversicherung in unmittelbarem Zusammenhang mit der Rechtsverteidigung im Prozess stehe. Die Abwehr unbegründeter Ansprüche Dritter durch den Haftpflichtversicherer bilde daher eine Einheit und könne nicht in eine außergerichtliche Abwehr unbegründeter Ansprüche und eine Abwehr von Ansprüchen in einem gerichtlichen Verfahren durch den Haftpflichtversicherer aufgespaltet werden. Vielmehr müsse es dem Gerichtsverfahren überlassen bleiben, ob die Kosten des Sachverständigen in gekürzter oder ungekürzter Höhe zu erstatten seien (BGH, GRUR 2013, 305 - Honorarkürzung).

Nach diesen Grundsätzen fehlt dem Kläger auch im vorliegenden Fall das Rechtsschutzbedürfnis. Der Kläger wendet sich gegen die Erklärung der Kündigung durch die Beklagte mit der Begründung, dass sich die wirtschaftliche Lage verändert habe und der Leitzins in einer (dauerhaften) Niedrigzinsphase sei. Die Beklagte muss indes die Kündigung, die durch die Bezugnahme auf die Anlage K3 unmittelbar Gegenstand des auf die konkrete Verletzungshandlung bezogenen Unterlassungsantrags ist, erklären können, weil sie nur dann die Möglichkeit hat, sich von dem vertraglichen Versprechen der Garantiezinsen zu lösen. Die Begründung der Kündigung, die ebenfalls durch die Voranstellung der entsprechenden Formulierung zum Gegenstand des Unterlassungsantrags gemacht ist, steht mit der Erklärung der Kündigung in einem engen Zusammenhang. Die Begründung der erklärten Kündigung durch die Beklagte und die Frage, ob die Begründung der Kündigung auch die Beendigung des jeweiligen Bausparvertrages zur Folge hatte, wird nämlich im Rahmen eines durch den Inhaber eines Bausparvertrages angestrengten Prozesses zu erörtern sein. Diesem Verfahren muss die Klärung der Rechtsfrage daher vorbehalten bleiben, zumal sich die Kündigung und die Begründung der Kündigung ausschließlich auf das Vertragsverhältnis zwischen der Beklagten und ihren jeweiligen Kunden bezog und keine Äußerung vorliegt, die in die Rechte Dritter eingriffe, die nicht am Verfahren beteiligt sind. Es kommt hinzu, dass die Kündigung in jedem Fall von der Beklagten erklärt werden muss, wenn sie sich von vertraglichen Verpflichtungen lösen will. Erst dann kann im Rahmen eines Verfahrens geklärt werden, ob die Kündigung berechtigt war oder nicht.

Die Tatsache, dass die Kündigung gegenüber einer Vielzahl verschiedener Verbraucher erklärt wurde, ändert nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (GRUR 2013, 305 - Honorarkürzung, mwN) an diesem Ergebnis nichts. Vielmehr war auch in diesem Fall die Frage gegenständlich, ob eine pauschale und einheitliche Begründung gegenüber einer Vielzahl von Verbrauchern angegriffen werden kann, was der Bundesgerichtshof - wie dargelegt - abgelehnt hat.

Nichts anderes ergibt sich aus der Entscheidung "Reisewerte" des BGH (Urteil vom 04.05.2017 - I ZR 113/16, GRUR 2017, 1144). In diesem Verfahren ist der BGH davon ausgegangen, dass eine Klage zulässig ist und sich ein Unterlassungsanspruch aus § 8 Abs. 1 S. 1, §§ 3, 5 Abs. 1 S. 1 und 2 Nr. 1 UWG ergeben kann, wenn ein Anspruchsschuldner über die Verjährung eines Anspruchs unrichtige Angaben macht.

Der Fall ist indes mit dem zu entscheidenden Fall nicht vergleichbar. Denn im vorliegend zu beurteilenden Sachverhalt besteht aufgrund der dargelegten Notwendigkeit der Kündigung eine enge Verbindung zu dem rechtsstaatlichen Verfahren, welches die Verbraucher gegen die Beklagte anstrengen können. Allein der Hinweis auf eine vermeintliche Verjährung begründet eine entsprechend enge Verbindung (noch) nicht.

Auf die Frage, ob sich der Anspruch aus Irreführung oder Belästigung ergeben könnte, kommt es vor diesem Hintergrund nicht an.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

3. Die Revision ist nicht zuzulassen. Die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch ist die Revision zur Fortbildung des Rechts oder Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen. Vielmehr beruht die Entscheidung auf der dargelegten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs.

4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 25.000 € festgesetzt.

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