VG Aachen, Beschluss vom 02.09.2016 - 6 L 38/16
Fundstelle
openJur 2019, 18543
  • Rkr:
Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

2. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 52.500,-- € festgesetzt.

Gründe

Der gemäß §§ 80a Abs. 3 Satz 2, 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO statthafte Antrag,

die aufschiebende Wirkung der unter dem Aktenzeichen 6 K 2371/15 geführten Klage gegen die der Beigeladenen von der Antragsgegnerin erteilten Genehmigungen vom 23. November 2015 (Az.: 313.0011-17/13/1.6.2-313-hdoum) zur Errichtung und zum Betrieb von sieben Windenergieanlagen vom Typ VESTAS V-112 mit einer Nennleistung von 3.300 kW, einer Nabenhöhe von 140,00 m und einem Rotordurchmesser von 112,00 m auf den Grundstücken in B. , Gemarkung X. , Flur , Flurstücke und , wiederherzustellen,

hat keinen Erfolg. Er ist zulässig (unter I.), aber nicht begründet (unter II.).

I. Der Antragsteller ist insbesondere antragsbefugt (§ 42 Abs. 2 VwGO analog).

Dem Antragsteller steht als anerkanntem Umweltverband jedenfalls das Verbandsklagerecht aus § 2 Abs. 1 UmwRG zu. Gemäß § 2 Abs. 1 UmwRG kann eine nach § 3 UmwRG anerkannte inländische oder ausländische Vereinigung, ohne eine Verletzung in eigenen Rechten geltend machen zu müssen, Rechtsbehelfe nach Maßgabe der Verwaltungsgerichtsordnung gegen eine Entscheidung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 oder deren Unterlassen einlegen, wenn die Vereinigung geltend macht, dass eine Entscheidung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 oder deren Unterlassen Rechtsvorschriften, die dem Umweltschutz dienen und für die Entscheidung von Bedeutung sein können, widerspricht (Nr. 1), sie geltend macht, in ihrem satzungsgemäßen Aufgabenbereich der Förderung der Ziele des Umweltschutzes durch die Entscheidung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 oder deren Unterlassen berührt zu sein (Nr. 2), und sie zur Beteiligung in einem Verfahren nach § 1 Abs. 1 Satz 1 berechtigt war und sie sich hierbei in der Sache gemäß den geltenden Rechtsvorschriften geäußert hat oder ihr entgegen den geltenden Rechtsvorschriften keine Gelegenheit zur Äußerung gegeben worden ist (Nr. 3).

Der Anwendungsbereich des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes ist zunächst eröffnet. Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a UmwRG findet das Gesetz Anwendung für Rechtsbehelfe gegen Entscheidungen im Sinne von § 2 Abs. 3 UVPG über die Zulässigkeit von Vorhaben, für die nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung bestehen kann.

Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Zu den Vorhaben, für die eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung bestehen kann, zählen nicht nur die Vorhaben, für die bereits kraft Gesetzes eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist (§§ 3b, 3e Abs. 1 Nr. 1 UVPG), sondern auch die Vorhaben, für die eine allgemeine (§§ 3c Satz 1, 3e Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 UVPG) oder eine standortgebundene (§ 3c Satz 2 UVPG) Vorprüfung des Einzelfalls durchzuführen ist. Beide Arten der Vorprüfung dienen gerade der Untersuchung, ob eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist. Für das streitgegenständliche Vorhaben war gemäß § 3c Satz 1 UVPG i.V.m. Nr. 1.6.2 Spalte 2 der Anlage 1 zum UVPG (als Teil einer Windfarm mit 6 bis weniger als 20 Windkraftanlagen in einer Gesamthöhe von jeweils mehr als 50 Metern) und überdies gemäß § 3c Satz 1 UVPG i.V.m. Nr. 17.2.2 Spalte 2 der Anlage 1 zum UVPG auch wegen des auf insgesamt 5,25 ha bezifferten Umfangs der erforderlichen Rodung von Wald (Inanspruchnahme von 5 ha bis weniger als 10 ha Wald) eine allgemeine Vorprüfung durchzuführen. Nach Durchführung einer allgemeinen Vorprüfung nach § 3c UVPG hat die Antragsgegnerin hier gemäß § 3a UVPG festgestellt, dass wegen der Möglichkeit erheblicher nachteiliger Auswirkungen des Vorhabens auf die in § 2 UVPG genannten Schutzgüter eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist.

Die Vorgaben des § 2 Abs. 1 UmwRG sind auch erfüllt.

Nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 UmwRG kann sich eine anerkannte Umweltschutzvereinigung im Rahmen der Umweltverbandsklage (nur) auf eine Verletzung von Vorschriften stützen, "die dem Umweltschutz dienen". Das Bundesverwaltungsgericht hat diese Einschränkung des Prüfumfangs einer Umweltverbandsklage auf die Verletzung umweltbezogener Vorschriften für unionsrechtskonform gehalten und insoweit Folgendes ausgeführt:

" 1. Weder auf der Grundlage nationalen Rechts noch auf der Grundlage von Unionsrecht kann der Kläger eine über die Rechtsvorschriften zum Schutz der Umwelt hinausgehende umfassende Rechtmäßigkeitskontrolle des angegriffenen Genehmigungsbescheides beanspruchen.

a) Der Umfang der gerichtlichen Überprüfung bemisst sich für die vom Kläger erhobene Verbandsklage nach § 2 des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes - UmwRG - in der Fassung vom 8. April 2013 (BGBl I S. 753). Der Anwendungsbereich des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes ist gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a) i.V.m. § 5 Abs. 4 UmwRG eröffnet, da die der Beigeladenen erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung eine Entscheidung im Sinne von § 2 Abs. 3 Nr. 1 UVPG über die Zulässigkeit eines Vorhabens darstellt, für das gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 UVPG i.V.m. Nr. 1.1.1 der Anlage 1 zu diesem Gesetz eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist. Nach § 2 Abs. 5 Nr. 1 UmwRG setzt die Begründetheit der Klage voraus, dass die Entscheidung gegen Rechtsvorschriften verstößt, die dem Umweltschutz dienen. Das schließt eine umfassende, über die Frage der Beachtung umweltrechtlicher Vorschriften hinausgehende Rechtmäßigkeitsprüfung aus. Der Prüfungsumfang korrespondiert daher mit den Vorgaben für die Klagebefugnis anerkannter Umweltvereinigungen, die gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 UmwRG davon abhängt, dass die Vereinigung geltend macht, die angefochtene Entscheidung widerspreche einer dem Umweltschutz dienenden Rechtsvorschrift. Rügen, die keinen Bezug zu umweltrechtlichen Belangen aufweisen, können einer Verbandsklage deshalb nicht zum Erfolg verhelfen (vgl. Urteil vom 10. Oktober 2012 - BVerwG 9 A 18.11 - BVerwGE 144, 243 Rn. 18 = Buchholz 406.254 UmwRG Nr. 9). Nach nationalem Recht ist die Rolle der Umweltverbände die eines "Anwalts der Umwelt" (Urteil vom 14. Mai 1997 - BVerwG 11 A 43.96 - BVerwGE 104, 367 m.w.N. = Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 26 S. 133), nicht hingegen die eines allzuständigen Sachwalters der Interessen der Allgemeinheit. Hieran ist für Klagerechte auch nach Maßgabe des novellierten Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes festzuhalten.

b) Diese Beschränkung des Verbandsklagerechts steht in Übereinstimmung mit übergeordnetem Unionsrecht, nämlich mit den im Zeitpunkt der Genehmigungserteilung geltenden Art. 10a der Richtlinie 85/337/EWG des Rates vom 27. Juni 1985 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (nunmehr Art. 11 der Richtlinie 2011/92/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 - UVP-RL) und Art. 9 Abs. 2 des Aarhus-Übereinkommens (Aarhus-Konvention - AK -), das von allen Mitgliedstaaten der Union sowie von dieser selbst ratifiziert worden ist und als so genanntes gemischtes Abkommen Teil des Unionsrechts ist. Trotz ihres weiten, übereinstimmenden Wortlauts sind Art. 10a Abs. 1 UVP-RL a.F. und Art. 9 Abs. 2 Unterabs. 1 AK, die Mitgliedern der betroffenen Öffentlichkeit die Möglichkeit einräumen, "die materiellrechtliche und verfahrensrechtliche Rechtmäßigkeit von Entscheidungen ... anzufechten", nicht als Anordnung einer umfassenden Prüfung in jeglicher rechtlicher Hinsicht zu verstehen. Vielmehr ist sowohl nach dem Sinn und Zweck dieser Regelungen des Unionsrechts als auch nach deren Einbindung in den systematischen Kontext der Gesamtregelungen über die Öffentlichkeitsbeteiligung und den Zugang zu den Gerichten davon auszugehen, dass sich mit der Forderung nach einer materiellrechtlichen und verfahrensrechtlichen Rechtmäßigkeitsprüfung nicht zugleich eine Festlegung über deren Umfang verbindet. Diese Prüfungsverpflichtung beschränkt sich vielmehr auf Rechtsfragen im Zusammenhang mit der Öffentlichkeitsbeteiligung in Umweltsachen bzw. der Öffentlichkeitsbeteiligung bei der Ausarbeitung umweltbezogener Pläne. Neben den Überschriften verdeutlichen vor allem die Erwägungsgründe der Konvention und der Öffentlichkeitsbeteiligungsrichtlinie vom 26. Mai 2003 die Ausrichtung dieser Regelungen auf den Schutz der Umwelt. Zentrales Anliegen der Konvention ist nach deren Erwägungsgründen der auch durch die Beteiligung der Öffentlichkeit und deren Zugang zu wirkungsvollen gerichtlichen Mechanismen zu gewährleistende Schutz einer intakten Umwelt; die Erwägungsgründe der Öffentlichkeitsbeteiligungsrichtlinie nehmen u.a. Bezug auf unionsrechtliche Umweltvorschriften und auf vom Umweltschutz bestimmte Ziele der Aarhus-Konvention. Gemäß Art. 1 Abs. 2 Unterabs. 5 UVP-RL a.F. sind klagebefugte Nichtregierungsorganisationen als Teil der betroffenen Öffentlichkeit nur solche, die sich für den Umweltschutz einsetzen; Entsprechendes folgt aus Art. 2 Nr. 5 AK. In diesem Rahmen bestimmen gemäß Art. 10a Abs. 3 UVP-RL a.F. die Mitgliedstaaten, welche konkreten Rechtsverletzungen gerügt werden können; hiermit verbindet sich nicht die Festlegung auf einen über die Belange der Umwelt hinausgehenden objektivrechtlichen Prüfungsmaßstab.

Dem kann nicht entgegengehalten werden, dem in der Aarhus-Konvention und im Richtlinienrecht vorausgesetzten Bezug zum Umweltschutz werde schon dadurch ausreichend Rechnung getragen, dass nur UVP-pflichtige Maßnahmen anfechtbar seien und Klagerechte nur solchen Vereinigungen eröffnet seien, die Ziele des Umweltschutzes verfolgen. Auch unter diesen Voraussetzungen hat eine Vollüberprüfung gemessen an dem Ziel, die Umwelt zu schützen, eine überschießende Tendenz; denn sie würde den Schutz der Umwelt über die einschlägigen umweltrechtlichen Vorgaben hinaus ausdehnen.

Auch die begrenzte Regelungskompetenz der Union steht einer Auslegung des Art. 10a Abs. 1 UVP-RL a.F. als einer über den Schutz der Umwelt hinausgehenden Bestimmung des gerichtlichen Kontrollumfangs entgegen. Hierauf bezogen kann sich die Union allein auf die in Art. 191 f. AEUV begründete Zuständigkeit für Regelungen über den Schutz der Umwelt berufen; nur in einem Annex hierzu und damit auf das Umweltrecht beschränkt kommt der Union die Kompetenz für Regelungen über den gebotenen Rechtsschutz zu (vgl. Epiney, EurUP 2012, 88 ).

Dem entspricht die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union. In seinem Urteil vom 12. Mai 2011 (Rs. C-115/09, Trianel - Slg. 2011, I-3673 = NJW 2011, 2779) befasst sich dieser zwar in erster Linie mit der Zulässigkeit des Rechtsbehelfs (Rn. 38 ff.) und fordert eine Auslegung des Art. 10a Abs. 1 und 3 der UVP-Richtlinie im Licht und unter Berücksichtigung der Ziele der Aarhus-Konvention. Dabei ist es Sache der Mitgliedstaaten festzulegen, welches die Rechte sind, deren Verletzung zu einem Rechtsbehelf in Umweltangelegenheiten führen kann (Rn. 44). Im Tenor der Entscheidung und in ihren Gründen (Rn. 48) kommt aber auch der über die Zulässigkeitsanforderungen des Rechtsbehelfs hinausreichende und zugleich inhaltlich beschränkende Ansatz zum Ausdruck, dass unionsrechtliche und unionsrechtlich veranlasste Vorschriften, die den Umweltschutz bezwecken, gerichtlicher Prüfung nicht entzogen sein dürfen. Einen weitergehenden Rechtsschutz fordert das Unionsrecht für eine Verbandsklage somit nicht ein. Entgegen der Revision ist dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 18. Oktober 2011 (Rs. C-128/09, Boxus u.a. - Slg. 2011, I-9711 = ZUR 2012, 170) nichts anderes zu entnehmen. Der Gerichtshof verweist erneut darauf, dass mit Blick auf Art. 9 Abs. 2 AK und Art. 10a UVP-RL die Mitgliedstaaten die Möglichkeit eines Überprüfungsverfahrens vorsehen müssen, damit vor einem Gericht die materiellrechtliche und verfahrensrechtliche Rechtmäßigkeit von Entscheidungen angefochten werden kann, die vom Geltungsbereich des Art. 6 der Aarhus-Konvention oder der UVP-Richtlinie erfasst werden. Die Mitgliedstaaten verfügen aufgrund ihrer Verfahrensautonomie und vorbehaltlich der Einhaltung der Grundsätze der Äquivalenz und der Effektivität aber über einen Gestaltungsspielraum bei der Durchführung von Art. 9 Abs. 2 AK und Art. 10a der UVP-RL (Rn. 51 f.).

Diese Auslegung der Öffentlichkeitsbeteiligungsrichtlinie und der Aarhus-Konvention begegnet angesichts der erwähnten Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union keinen vernünftigen Zweifeln; einer erneuten Vorlage an den Gerichtshof gemäß Art. 267 AEUV zur Auslegung des Verbandsklagerechts nach Art. 9 Abs. 2 AK und Art. 10a UVP-RL a.F. bedurfte es daher nicht."

Vgl. BVerwG, Urteil vom 24. Oktober 2013 - 7 C 36.11 -, juris Rn. 22 ff.; im Ergebnis ebenso: Seibert, Verbandsklagen im Umweltrecht, NVwZ 2013, 1040, 1043 f.; OVG NRW, u.a. Urteil vom 16. Juni 2016 - 8 D 99/13.AK -, juris Rn. 141 ff.

Dem gegenüber geht ein zwischenzeitlich ins Gesetzgebungsverfahren eingebrachter Gesetzesentwurf der Bundesregierung vom 12. August 2016 (BR-Drs. 422/16) auf der Grundlage einer Entscheidung des Aarhus Convention Compliance Committee vom 20. Dezember 2013 (ACCC/C/2008/31) sowie der endgültigen Bestätigung dieser vorläufigen Entscheidung durch den Beschluss V/9h der 5. Vertragsstaatenkonferenz zur UN ECE Aarhus-Konvention vom 2. Juli 2014 in Übereinstimmung mit Teilen des Schrifttums,

vgl. u.a. Grunow/Salzborn, Zum Prüfungsumfang der Umweltverbandsklage, ZUR 2015, 156 ff., 158; Berkemann, Die Umweltverbandsklage nach dem Urteil des EuGH vom 12. Mai 2011 - Die "noch offenen" Fragen, NuR 2011, 780 ff., 785; vgl. auch Michl, Die Umweltverbandsklage nach dem Regierungsentwurf zur Anpassung des UmwRG an europa- und völkerrechtliche Vorgaben, NuR 2016, 543 ff., 545,

jedenfalls bei UVP-pflichtigen Vorhaben von einer Völker- bzw. Unionsrechtswidrigkeit der Beschränkung des Rügerechts der Umweltverbände auf Verstöße gegen umweltrechtliche Vorschriften wegen eines Verstoßes gegen Art. 9 Abs. 2 der Aarhus-Konvention bzw. Art. 11 der UVP-Richtlinie aus. Deshalb soll diese Einschränkung in der Neufassung des UmwRG aus § 2 Abs. 1 Nr. 1 UmwRG und folgerichtig auch aus § 2 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 UmwRG (neu: § 2 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UmwRG) ersatzlos gestrichen werden. Entscheidend soll dem Entwurf zufolge allein sein, ob ein Verstoß gegen Rechtsvorschriften vorliegt, die für die Entscheidung von Bedeutung sind. Für andere Verfahren, also insbesondere die Vorhaben, die nicht UVP-pflichtig sind, soll es allerdings dabei bleiben, dass der Umweltverband die Verletzung umweltbezogener Rechtsvorschriften geltend machen muss. Dies wird in einem neuen Satz 2 festgelegt. Entsprechendes wird in § 2 Abs 4 Satz 1 Nr. 2 UmwRG (früher: § 2 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 UmwRG) geregelt.

vgl. Michl, Die Umweltverbandsklage nach dem Regierungsentwurf zur Anpassung des UmwRG an europa- und völkerrechtliche Vorgaben, NuR 2016, 543, 547, 549.

Ob angesichts dieser Entwicklung an der Beschränkung des Rügerechts der Umweltverbände auf Verstöße gegen umweltrechtliche Vorschriften weiter festgehalten werden kann oder ob die Vorschrift des § 2 Abs. 1 und 5 UmwRG mit Blick auf den Anwendungsvorrang des Unionsrechts jetzt bereits europarechtskonform so ausgelegt werden muss, wie es der noch im Gesetzgebungsverfahren befindliche Gesetzesentwurf der Bundesregierung für eine mögliche künftige Gesetzesentwicklung vorzeichnet, oder ob schließlich jedenfalls der Begriff der "umweltbezogenen Vorschriften" entsprechend weit auszulegen ist,

vgl. hierzu VG Arnsberg, Beschluss vom 27. Juli 2016 - 4 L 297/16 -, juris Rn. 43, 45,

braucht die Kammer hier nicht zu entscheiden. Denn selbst wenn vorliegend unterstellt würde, dass dem Antragsteller ein umfassendes Rügerecht zukäme und er insoweit umfassend antragsbefugt wäre, führte dies nicht zu einem anderen Ergebnis. Denn die angefochtenen Genehmigungen verstoßen - wie noch zu zeigen sein wird - bei summarischer und auf die erhobenen Rügen des Antragstellers beschränkter Prüfung nicht gegen Rechtsvorschriften, weder gegen umweltbezogene noch gegen solche, die keinen unmittelbaren Umweltbezug aufweisen.

Die Kammer kann vorliegend daher unterstellen, dass der Antragsteller nicht nur antragsbefugt ist, soweit er sich u.a. auf die Möglichkeit einer Verletzung des artenschutzrechtlichen Tötungsverbots nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG beruft. Er kann nach dem zuvor Gesagten voraussichtlich auch die Verletzung sonstiger Rechtsvorschriften rügen, wenn diese für die Entscheidung von Bedeutung sein können, und sich etwa auch auf die Störung der Funktionsfähigkeit der Erdbebenmessstationen berufen. Eine entscheidungserhebliche Verletzung von Rechtsvorschriften hat der Antragsteller hier substantiiert geltend gemacht. Diese ist auch nicht von vornherein ausgeschlossen.

Der Antragsteller kann schließlich unproblematisch auch geltend machen, im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 2 UmwRG in seinem satzungsgemäßen Aufgabenbereich der Förderung der Ziele des Umweltschutzes durch die angegriffene Entscheidung berührt zu sein. Dass er i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 3 UmwRG auch zur Beteiligung in einem Verfahren nach § 1 Abs. 1 Satz 1 berechtigt war und sich hier geäußert hat, ist ebenfalls nicht zweifelhaft.

II. Der mithin zulässige Antrag ist jedoch nicht begründet.

Die in Ziffer I. des Genehmigungsbescheides vom 23. November 2015 erfolgte Anordnung der sofortigen Vollziehung ist zunächst in formaler Hinsicht nicht zu beanstanden.

Namentlich entspricht sie den Anforderungen der §§ 80a Abs. 3 Satz 2, 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO, wonach das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsaktes in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO schriftlich zu begründen ist.

Die schriftliche Begründung muss in nachvollziehbarer Weise die Erwägungen erkennen lassen, die die Behörde zur Anordnung der sofortigen Vollziehung veranlasst haben. Die Behörde ist verpflichtet, abgestellt auf den konkreten Fall das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung sowie die Ermessenserwägungen, die sie zur Anordnung der sofortigen Vollziehung bewogen haben, schlüssig und substantiiert darzulegen. Formelhafte und pauschale Begründungen oder Wendungen, mit denen lediglich der Gesetzestext wiederholt wird, reichen nicht aus.

Vgl. etwa OVG NRW, Beschluss vom 8. Mai 2007 - 8 B 2477/06 -, juris Rn. 43 und 45; VG Aachen, Beschluss vom 11. Januar 2010 - 6 L 319/09 -, juris Rn. 8 und 10; Puttler, in: Sodan/Ziekow, Kommentar zur VwGO, 2. Auflage 2006, § 80 Rn. 97 m.w.N.

In diesem Zusammenhang kommt es nicht darauf an, ob die zur Begründung der Vollziehungsanordnung angeführten Gründe den Sofortvollzug tatsächlich rechtfertigen und ob die für die sofortige Vollziehung angeführten Gründe erschöpfend und zutreffend dargelegt sind. Die Abwägung, ob das Aussetzungsinteresse des Antragstellers die gegenläufigen Vollziehungsinteressen der Beigeladenen überwiegt, ist vielmehr Teil der eigenständigen gerichtlichen Interessenabwägung.

Vgl. VG Aachen, u.a. Beschluss vom 11. Januar 2010 - 6 L 319/09 -, juris Rn. 12.

Diesen Anforderungen hat die Antragsgegnerin bei der Anordnung der sofortigen Vollziehung genügt.

Sie hat mit Blick auf den vorliegenden Einzelfall zur Begründung der Anordnung des Sofortvollzugs ausgeführt, das überwiegende private Interesse der Beigeladenen folge aus den erheblichen finanziellen Nachteilen, die ihr entstünden, wenn und solange sie von der Genehmigung keinen Gebrauch machen und die Anlage infolge eines verzögerten Baubeginns erst verspätet in Betrieb nehmen könne. Überdies spreche das öffentliche Interesse an der Erzeugung regenerativer Energien für eine sofortige Vollziehung der Genehmigung.

Damit hat die Antragsgegnerin schlüssig und nachvollziehbar zu erkennen gegeben, aufgrund welcher konkreten Überlegungen sie gerade im vorliegenden Fall ein überwiegendes privates Interesse bzw. zusätzlich ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung als gegeben ansieht. Dies genügt, wie dargelegt, den Begründungserfordernissen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO.

Die in materieller Hinsicht vorzunehmende Interessenabwägung fällt zu Ungunsten des Antragstellers aus.

Maßgebliches Kriterium innerhalb der im Rahmen des §§ 80a Abs. 3 Satz 2, 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO vorzunehmenden Interessenabwägung sind regelmäßig die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache. Erweist sich der angefochtene Verwaltungsakt bei der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes allein möglichen und gebotenen summarischen Prüfung als offensichtlich rechtswidrig und wird der Antragsteller hierdurch in eigenen, gerade seinem Schutz dienenden Rechtsnormen verletzt, weshalb er im Hauptsacheverfahren voraussichtlich einen Aufhebungsanspruch erfolgreich wird durchsetzen können, überwiegt regelmäßig das Aussetzungsinteresse das Vollzugsinteresse. Stellt der Verwaltungsakt sich dem gegenüber als offensichtlich rechtmäßig dar, weshalb der von dem belasteten Beteiligten eingelegte Rechtsbehelf mit erheblicher Wahrscheinlichkeit in der Hauptsache erfolglos bleiben wird, überwiegt in der Regel das Vollzugsinteresse. Darüber hinausgehende Rechtsverletzungen verschaffen dem anfechtenden Dritten keine im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigende Rechtsposition, weil ihm ein allgemeiner Gesetzesvollziehungsanspruch nicht zukommt.

Nach § 4a Abs. 3 UmwRG ist § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO im Anwendungsbereich des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes mit der Maßgabe anzuwenden, dass das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen oder wiederherstellen kann, wenn im Rahmen einer Gesamtabwägung ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts bestehen.

Der Vorschrift des § 4a Abs. 3 UmwRG ist nicht eindeutig zu entnehmen, welcher Wahrscheinlichkeitsgrad für das Vorliegen "ernstlicher Zweifel" als Prüfungsmaßstab konkret anzuwenden ist. § 4a Abs. 3 UmwRG macht die Entscheidung des Verwaltungsgerichts, ob die aufschiebende Wirkung angeordnet oder wiederhergestellt wird, von einer Gesamtabwägung abhängig; die erheblichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts sind lediglich Bestandteil dieser notwendigen Gesamtabwägung. Dabei kommt es nicht auf einen bestimmten, für alle Fälle gleichen Wahrscheinlichkeitsgrad der rechtlichen Bedenken an. Vielmehr kann hier auch ein schwächerer Grad der rechtlichen Bedenken etwa ergänzt oder verstärkt werden durch den Umstand, dass besonders gravierende, möglicherweise nicht reversible Folgen drohen, wenn das Vorhaben vor Unanfechtbarkeit der Genehmigung verwirklicht wird. Insoweit gilt, dass der Sofortvollzug umso eher auszusetzen ist, je berechtigter und gewichtiger die Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angegriffenen Entscheidung sind. Ist ein voraussichtlicher Erfolg in der Hauptsache offensichtlich, wird sich ein privates oder öffentliches Vollzugsinteresse nur ausnahmsweise durchsetzen können. Ausgehend von diesen Grundsätzen kommt eine Aussetzung des Sofortvollzuges nicht stets erst dann in Betracht, wenn das Verwaltungsgericht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit davon ausgeht, dass die Klage in der Hauptsache begründet ist. Vielmehr können im Rahmen einer Gesamtabwägung begründete Zweifel ausreichen, die die Rechtmäßigkeit der behördlichen Entscheidung in Frage stellen. Insbesondere bei komplexen und komplizierten Verfahren können sich offene Erfolgsaussichten auch ohne detaillierte Prüfungen ergeben.

Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 18. Dezember 2015 - 8 B 400/15 -, juris Rn. 3 ff., vom 23. Juli 2014 - 8 B 356/14 -, juris Rn. 62 ff, und vom 24. Juni 2015 - 8 B 315/15-, juris Rn. 14; Seibert, NVwZ 2013, 1040, 1046 ff.

Bei Anwendung dieses Maßstabs bestehen bei summarischer Betrachtung im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtabwägung vorliegend im Ergebnis keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Genehmigungsbescheides vom 23. November 2015, der die Genehmigungen für die sieben streitgegenständlichen Windenergieanlagen zusammenfasst. Der Genehmigungsbescheid ist formell rechtmäßig (unter 1.) und auch materiell im Ergebnis nicht zu beanstanden (unter 2.).

1. Der Genehmigungsbescheid ist zunächst formell rechtmäßig.

Insbesondere liegen entgegen der Annahme des Antragstellers in Bezug auf die Durchführung einer erforderlichen Umweltverträglichkeitsprüfung beachtliche Verfahrensfehler i.S.d. UmwRG ebenso wenig vor (unter 1.1) wie hinsichtlich der geltend gemachten Fehlerhaftigkeit der Öffentlichkeitsbeteiligung (unter 1.2).

Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG kann ein Kläger die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG verlangen, wenn eine erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung oder erforderliche Vorprüfung des Einzelfalls über die UVP-Pflichtigkeit weder durchgeführt noch nachgeholt worden ist; gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG gilt § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG auch dann, wenn eine durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalls nicht dem Maßstab des § 3a Satz 4 UVPG genügt. Zudem kann die Aufhebung einer Zulassungsentscheidung begehrt werden, wenn eine erforderliche Öffentlichkeitsbeteiligung i.S.v. § 9 UVPG oder i.S.d. § 10 BImSchG weder durchgeführt noch nachgeholt worden ist (§ 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UmwRG), und wenn ein anderer, nicht geheilter und nach seiner Art und Schwere vergleichbarer Verfahrensfehler vorliegt und der betroffenen Öffentlichkeit die Möglichkeit der gesetzlich vorgesehenen Beteiligung am Entscheidungsprozess genommen wurde, wobei zur Beteiligung am Entscheidungsprozess auch der Zugang zu den Unterlagen gehört, die zur Einsicht für die Öffentlichkeit auszulegen sind (§ 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UmwRG). Für Verfahrensfehler, die nicht unter Abs. 1 fallen, gilt § 46 VwVfG. Lässt sich durch das Gericht nicht aufklären, ob ein Verfahrensfehler nach Satz 1 die Entscheidung in der Sache beeinflusst hat, wird eine Beeinflussung vermutet (§ 4 Abs. 1a UmwRG). Unberührt bleiben §§ 45 Abs. 2 und 75 Abs. 1a VwVfG (§ 4 Abs. 1b Satz 1 UmwRG). Auf Antrag kann das Gericht anordnen, dass die Verhandlung bis zur Heilung von Verfahrensfehlern im Sinne der Absätze 1 und 1a ausgesetzt wird, soweit dies im Sinne der Verfahrenskonzentration sachdienlich ist (§ 4 Abs. 1b Satz 2 UmwRG).

Die aktuelle Fassung des § 4 UmwRG ist vorliegend auch anwendbar. Die Regelungen des § 4 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 1a und 1b UmwRG hat der Gesetzgeber zwar mit Wirkung erst zum 26. November 2015 durch das "Gesetz zur Änderung des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes zur Umsetzung des Urteils des Europäischen Gerichtshofs vom 7. November 2013 in der Rechtssache C-71/12" neu in das UmwRG eingefügt. Anwendungsprobleme ergeben sich vorliegend angesichts des Umstandes, dass der angefochtene Genehmigungsbescheid vom 23. November 2015 im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Neuregelung bereits erlassen worden war, aber nicht, da der Gesetzgeber mit dem Erlass des Änderungsgesetzes lediglich auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes reagiert hat und es sich daher um die Umsetzung bislang bereits geltenden (Unions)Rechts in nationales Recht handelt.

Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs konnte die Anwendbarkeit der nationalen Vorschriften zur Umsetzung von Art 10a der UVP-Richtlinie (Richtlinie 85/337/EWG) nicht allein auf den Fall beschränkt werden, dass die Anfechtung der Rechtmäßigkeit auf das (vollständige) Unterbleiben einer Umweltverträglichkeitsprüfung gestützt wird. Der Ausschluss ihrer Anwendbarkeit in dem Fall, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung zwar durchgeführt wurde, aber mit - unter Umständen schwerwiegenden - Fehlern behaftet ist, würde den Bestimmungen der Richtlinie 85/337 über die Beteiligung der Öffentlichkeit weitgehend ihre praktische Wirksamkeit nehmen.

Vgl. EuGH, Urteile vom 7. November 2013 - C-72/12 -, juris Rn. 36 ff., 38, und vom 15. Oktober 2015 - C-137/14 -, juris Rn. 47 ff., 49.

Weiter hat der EuGH zu der bis dato geltenden deutschen Rechtslage, dass ein sonstiger Verfahrensfehler (z.B. nicht vollständig fehlende, aber fehlerhaft durchgeführte UVP) u.U. nach § 46 VwVfG unbeachtlich sein konnte, entschieden, dass der Unionsgesetzgeber die Möglichkeit, einen Verfahrensfehler geltend zu machen, nicht an die Voraussetzung knüpfen wollte, dass dieser Fehler Auswirkungen auf den Inhalt der angegriffenen endgültigen Entscheidung hatte (sog. Kausalitätskriterium). Die in Art. 10a der Richtlinie aufgestellten neuen Anforderungen implizieren nach Auffassung des EuGH daher, dass eine Rechtsverletzung nur dann verneint werden kann, wenn das Gericht in Bezug auf das Kausalitätskriterium - ohne dem Rechtsbehelfsführer insoweit in irgendeiner Form die Beweislast aufzubürden, aber gegebenenfalls anhand der vom Bauherrn oder von den zuständigen Behörden vorgelegten Beweise und allgemeiner der gesamten dem Gericht oder der Stelle vorliegenden Akte - zu der Feststellung in der Lage ist, dass die angegriffene Entscheidung ohne den vom Rechtsbehelfsführer geltend gemachten Verfahrensfehler nicht anders ausgefallen wäre. Bei dieser Beurteilung ist es Sache des betreffenden Gerichts, u. a. den Grad der Schwere des geltend gemachten Fehlers zu berücksichtigen und dabei insbesondere zu prüfen, ob dieser Fehler der betroffenen Öffentlichkeit eine der Garantien genommen hat, die geschaffen wurden, um ihr im Einklang mit den Zielen der Richtlinie 85/337 Zugang zu Informationen und die Beteiligung am Entscheidungsprozess zu ermöglichen.

Vgl. EuGH, Urteile vom 7. November 2013 - C-72/12 -, juris Rn. 47 ff., 53, und vom 15. Oktober 2015 - C-137/14 -, juris Rn. 55 ff., 60.

Das Bundesverwaltungsgericht führt in aktuellen Entscheidungen zu dieser Gesetzesänderung und der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes zusammenfassend und erläuternd aus:

" Ziel der Neuregelung ist es, in § 4 UmwRG noch "deutlicher zwischen absoluten (Absatz 1) und relativen (Absatz 1a) Verfahrensfehlern" zu unterscheiden (BT-Drs. 18/5927 S. 9). Die in § 4 Abs. 1 UmwRG geregelten, um weitere Fehlergruppen ergänzten absoluten Verfahrensfehler führen - wie bisher - ohne weiteres, d.h. unabhängig von den in § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO und § 46 VwVfG geregelten Voraussetzungen, zur Aufhebung des Verwaltungsakts. Nicht unter Absatz 1 fallende - relative - Verfahrensfehler werden nunmehr in § 4 Abs. 1a UmwRG n.F. gesetzlich geregelt. § 4 Abs. 1a Satz 1 UmwRG n.F. stellt klar, dass bei relativen Verfahrensfehlern - anders als bei absoluten Verfahrensfehlern - § 46 VwVfG gilt.

In der Sache hat der Gesetzgeber damit dreierlei geregelt: Zum einen hat er klargestellt, dass § 46 VwVfG für nicht unter § 4 Abs. 1 UmwRG n.F. fallende - relative - Verfahrensfehler weiterhin maßgeblich ist mit der Folge, dass eine Aufhebung eines Verwaltungsakts nicht allein wegen dieses Fehlers beansprucht werden kann, wenn offensichtlich ist, dass der Fehler die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat.

Zum Zweiten hat er die nach § 86 VwGO bestehende Pflicht des Gerichts zur Erforschung des Sachverhalts von Amts wegen hervorgehoben, die es im vorliegenden Zusammenhang gebietet, zu untersuchen, ob es offensichtlich ist, dass die angegriffene Entscheidung ohne den vom Kläger geltend gemachten Verfahrensfehler nicht anders ausgefallen wäre. Dies stimmt auch mit der jüngsten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Beschluss vom 16. Dezember 2015 - 1 BvR 685/12 - juris Rn. 23 ) überein. Erkenntnismittel des Gerichts sind die vom Vorhabenträger oder der zuständigen Behörde vorgelegten Beweise sowie die gesamten dem Gericht vorliegenden Akten und Planunterlagen, aber auch sonst erkennbare oder naheliegende Umstände (vgl. z.B. BVerwG, Urteile vom 9. April 2008 - 4 CN 1.07 - BVerwGE 131, 100 Rn. 20 ff. und vom 13. Dezember 2012 - 4 CN 1.11 - BVerwGE 145, 231 Rn. 16 m.w.N. ). Erkenntnisziel ist, ob nach den Umständen des Einzelfalls die konkrete Möglichkeit besteht, dass ohne den angenommenen Verfahrensmangel die Entscheidung anders ausgefallen wäre (grundlegend BVerwG, Urteil vom 30. Mai 1984 - 4 C 58.81 - BVerwGE 69, 256 ; stRspr). Eine solche konkrete Möglichkeit besteht immer dann, wenn sich anhand der in Betracht kommenden Erkenntnismittel die Möglichkeit abzeichnet, dass der Verfahrensmangel von Einfluss auf das Ergebnis gewesen sein kann (BVerwG, Urteil vom 21. August 1981 - 4 C 57.80 - BVerwGE 64, 33 - zu § 155b Abs. 2 Satz 2 BBauG -). Diesem konkreten Kausalitätsbegriff hat weder der Europäische Gerichtshof eine Absage erteilt, noch hat sich der Bundesgesetzgeber mit der Neuregelung des § 4 Abs. 1a Satz 1 UmwRG hiervon distanziert. Dabei ist es Sache des Gerichts, unter anderem auch die Schwere des geltend gemachten Verfahrensfehlers zu gewichten und insbesondere zu prüfen, ob dieser Fehler der betroffenen Öffentlichkeit eine der Garantien genommen hat, die geschaffen wurden, um ihr im Einklang mit den Zielen der UVP-Richtlinie Zugang zu Informationen und die Beteiligung am Entscheidungsprozess zu ermöglichen (EuGH, Urteil vom 7. November 2013 - C-72/12 - Rn. 54).

Zum Dritten hat der Gesetzgeber die Folgen eines non liquet geregelt. Gelingt es dem Gericht, sich auf der Grundlage der vorliegenden Erkenntnismittel davon zu überzeugen, dass die Entscheidung auch ohne den festgestellten Verfahrensfehler nicht anders ausgefallen wäre, führt der Fehler gemä?§ 46 VwVfG weder zur Aufhebung noch zur Feststellung der Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit des Verwaltungsakts. Gelingt ihm diese Überzeugungsbildung nicht, greift die Vermutungsregelung des § 4 Abs. 1a Satz 2 UmwRG n.F., die der Sache nach für den Fall eines non liquet eine materielle Beweislastregel zu Lasten der Behörde enthält. Damit hat der Bundesgesetzgeber insgesamt den Anforderungen entsprochen, die der Europäische Gerichtshof (EuGH, Urteil vom 7. November 2013 - C-72/12 - Rn. 51) genannt hat, um nach nationalem Recht davon auszugehen, dass eine Rechtsverletzung im Sinne von Art. 11 Abs. 1 Buchst. b der UVP-RL nicht vorliegt. Unionsrechtliche Bedenken gegen § 4 Abs. 1a UmwRG n.F. bestehen mithin nicht."

Vgl. BVerwG, Urteil vom 21. Januar 2016 - 4 A 5.14 -, juris Rn. 37 ff., 42 ff., und Beschluss vom 21. Juni 2016 - 9 B 65.15 -, juris Rn. 5, 21 f.

Dabei genügt der bloße Hinweis, es seien "keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich", dass ohne den festgestellten Verfahrensfehler bei der Durchführung der Umweltverträglichkeitsprüfung der Inhalt der Entscheidung anders ausgefallen wäre, nicht den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Kausalitätsprüfung. Vielmehr muss die fehlende Kausalität zur Überzeugung des erkennenden Gerichts auf der Grundlage der benannten Erkenntnismittel feststehen.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 21. Juni 2016 - 9 B 65.15 -, juris Rn. 6, 22.

Dies vorausgeschickt ist ein beachtlicher Verfahrensfehler vorliegend nicht festzustellen.

1.1 Bei dem streitgegenständlichen Vorhaben handelt es sich zunächst, wie aufgezeigt, um ein Vorhaben i.S.d. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG, für das eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung bestehen kann. Vorliegend ist die Antragsgegnerin bei ihrer Vorprüfung zu dem Ergebnis gekommen ist, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden muss. Die daraufhin durchgeführte Umweltverträglichkeitsprüfung genügt in verfahrensrechtlicher Hinsicht den Anforderungen der §§ 5 ff. UVPG, 1 ff. der 9. BImSchV.

Die Antragsgegnerin hat auf der Grundlage der gutachterlichen Untersuchung des Büros ecoda Umweltgutachten vom 23. Oktober 2014 zunächst eine Ermittlung und Beschreibung der unmittelbaren und mittelbaren Auswirkungen des Vorhabens auf Menschen einschließlich der menschlichen Gesundheit, Tiere, Pflanzen und die biologische Vielfalt, Boden, Wasser, Luft, Klima und Landschaft, Kultur- und sonstige Sachgüter, sowie die Wechselwirkung zwischen den vorgenannten Schutzgütern einschließlich der Maßnahmen, mit denen erhebliche nachteilige Auswirkungen des Vorhabens auf die betrachteten Schutzgüter vermieden, vermindert oder ausgeglichen werden, sowie der Ersatzmaßnahmen bei nicht ausgleichbaren aber vorrangigen Eingriffen in Natur und Landschaft vorgenommen (vgl. §§ 1a der 9. BImSchV, 2 Abs. 1 UVPG). Diese Umweltauswirkungen hat sie sodann auf der Grundlage einer zusammenfassenden Darstellung (vgl. S. 134 ff. des Genehmigungsbescheids) bewertet und bei ihrer Genehmigungsentscheidung berücksichtigt (vgl. § 20 Abs. 1a und 1b der 9. BImSchV, §§ 11 und 12 UVPG). Dieses Verfahren entspricht den gesetzlichen Vorgaben und ist nicht zu beanstanden.

Der Einwand des Antragstellers, die tatsächlichen Grundlagen für die Beurteilung der möglichen Umweltauswirkungen des Vorhabens seien in vielfacher Hinsicht nur unzureichend ermittelt worden, zielt weniger auf das Vorliegen eines Verfahrensfehlers. Denn sollten die Ermittlungen der Antragsgegnerin tatsächlich unzureichend sein, wirkte sich dies vielmehr unmittelbar materiellrechtlich aus und führte etwa im Fall der gerügten fehlerhaften Ermittlung der Fledermausaktivitäten unmittelbar auf das Vorliegen eines Verstoßes gegen das artenschutzrechtliche Tötungsverbot. Hierauf wird im Zusammenhang mit der Prüfung der materiellen Rechtmäßigkeit des Genehmigungsbescheides näher einzugehen sein (unter 2.).

1.2 Der Einwand des Antragstellers, dass es nach §§ 10 Abs. 1 Satz 4 der 9. BImSchV, 9 Abs. 1b UVPG im Rahmen der Beteiligung der Öffentlichkeit zwingend einer Auslegung der nachgereichten Fachgutachten, namentlich

des Baugrundgutachtens der Dr. Koppelberg & Gerdes GmbH vom 27. Mai 2015,

der brandschutztechnischen Stellungnahme des Dipl.-Ing. Raftelis vom 13. Oktober 2015 (Ergänzung zum Brandschutzkonzept [Index A] vom 21. Oktober 2014) und

der Haselmaus- und Baumhöhlenerfassung des Büros pro terra aus dem Jahr 2013,

sowie einer erneuten Öffentlichkeitsbeteiligung mit Blick auf die

geänderte Erschließung der WEA 6 und 7

bedurft hätte, ist im Ergebnis nicht berechtigt. Der Einwand zielt auf das Vorliegen eines relativen Verfahrensfehlers i.S.d. § 4 Abs. 1a UmwRG. Denn keiner der gerügten möglichen Verfahrensfehler ist nach Art und Schwere mit dem vollständigen Fehlen der Umweltverträglichkeitsprüfung bzw. einer Vorprüfung i.S.d. § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG oder dem vollständigen Fehlen einer Öffentlichkeitsbeteiligung i.S.d. § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UmwRG vergleichbar (§ 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 lit. b UmwRG). Beanstandet wird seitens des Antragstellers lediglich die fehlende Auslegung einzelner Unterlagen sowie die fehlende erneute Öffentlichkeitsbeteiligung bezüglich der geänderten Erschließung zweier Windenergieanlagen. Dass diese möglichen Fehler nach Art und Schwere nicht mit dem vollständigen Fehlen einer Umweltverträglichkeitsprüfung bzw. einer Öffentlichkeitsbeteiligung vergleichbar sind, liegt auf der Hand und bedarf auch mit Blick auf die zitierte Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes keiner näheren Darlegung.

Vgl. insofern auch die Begründung zum Gesetzesentwurf der Bundesregierung vom 7. September 2015, BT-Drs. 18/5927, S. 10.

Ein relativer Verfahrensfehler ist insoweit aber nicht festzustellen.

Die Bekanntmachung nach § 10 Abs. 3 BImSchG i.V.m. § 8 Abs. 1 der 9. BImSchV dient ebenso wie die Auslegung neben der vollständigen und zügigen Sachverhaltsermittlung vor allem auch der Unterrichtung der Öffentlichkeit über das geplante Vorhaben und ermöglicht damit insbesondere betroffenen Dritten, sich durch die Erhebung von Einwendungen am Verfahren zu beteiligen. Ist dieser Zweck bereits durch eine Bekanntmachung und Auslegung in einem früheren Verfahrensabschnitt erreicht, bedarf es keiner erneuten Bekanntmachung, so dass von ihr abgesehen werden kann.

Vgl. Dietlein in: Landmann/Rohmer, BImSchG, Loseblatt-Sammlung (Stand: Dezember 2011), § 10 Rn. 70, 87; 9. BImSchV, § 8 Rn. 4.

Nach § 8 Abs. 2 Satz 3 der 9. BImSchV darf die Genehmigungsbehörde, wenn das Vorhaben während des Genehmigungsverfahrens geändert wird, von einer zusätzlichen Bekanntmachung und Auslegung absehen, wenn in den nach § 10 Abs. 1 BImSchG auszulegenden Unterlagen keine Umstände darzulegen wären, die nachteilige Auswirkungen für Dritte besorgen lassen. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn erkennbar ist, dass nachteilige Auswirkungen für Dritte durch die getroffenen oder vom Träger des Vorhabens vorgesehenen Maßnahmen ausgeschlossen werden oder die Nachteile im Verhältnis zu den jeweils vergleichbaren Vorteilen gering sind. Betrifft das Vorhaben eine UVP-pflichtige Anlage, darf von einer zusätzlichen Bekanntmachung und Auslegung nur abgesehen werden, wenn keine zusätzlichen oder anderen erheblichen Auswirkungen auf in § 1a der 9. BImSchV genannte Schutzgüter zu besorgen sind.

Entscheidend ist daher nach § 8 Abs. 2 Satz 3 der 9. BImSchV zum einen, ob überhaupt eine Änderung des Vorhabens vorliegt, und zum anderen, ob von dieser zusätzliche oder andere erhebliche Auswirkungen auf die in § 1a der 9. BImSchV genannten Schutzgüter zu besorgen sind.

Hinsichtlich der fehlenden Auslegung des nachgereichten Gutachtens Koppelberg & Gerdes vom 27. Mai 2015 bzw. der im Vorfeld des Genehmigungsverfahrens verfassten Haselmaus- und Baumhöhlenerfassung 2013 fehlt es bereits an einer Änderung des Vorhabens. § 8 Abs. 2 Satz 3 der 9. BImSchV ist daher nicht einschlägig.

§ 10 Abs. 3 Satz 3 BImSchG bestimmt insoweit, dass weitere Informationen, die für die Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens von Bedeutung sein können und die der zuständigen Behörde erst nach Beginn der Auslegung vorliegen, der Öffentlichkeit (allein) nach den Bestimmungen über den Zugang zu Umweltinformationen zugänglich zu machen sind. Eine Verpflichtung zu einer erneuten Auslegung nachgereichter, aber keine Änderung des Vorhabens betreffender Unterlagen ergibt sich weder aus den landesrechtlichen Regelungen des Umweltinformationsgesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen noch aus dem in § 2 des Gesetzes in Bezug genommenen bundesrechtlichen Umweltinformationsgesetz. Der Anspruch auf Zugang zu Umweltinformationen ist grundsätzlich antragsgebunden (§ 4 Abs. 1 UIG).

Vgl. Dietlein in: Landmann/Rohmer, BImSchG, § 10 Rn. 95b.

Ob mit Blick auf die dargestellte Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes zum weiten Zugang der "betroffenen Öffentlichkeit" zum Genehmigungsverfahren und unter Berücksichtigung der nach § 10 UIG bestehenden Verpflichtung der Behörden, die Öffentlichkeit aktiv und systematisch über die Umwelt zu informieren und Umweltinformationen zu verbreiten, die für ihre Aufgaben von Bedeutung sind und über die sie verfügen, ein Anspruch der Öffentlichkeit auf Information über nachgereichte Unterlagen eines umweltrelevanten Genehmigungsverfahrens auch ungeachtet eines Antrages auf Zugänglichmachung nach dem UIG entstehen kann, kann die Kammer hier dahinstehen lassen. Denn jedenfalls könnte eine solche Verpflichtung, von Amts wegen nachgereichte Unterlagen, die sich nicht auf eine Änderung des Vorhabens beziehen, auszulegen, nicht weiter reichen als die Verpflichtung der Genehmigungsbehörde aus § 8 Abs. 2 Satz 3 der 9. BImSchV. Allenfalls dann, wenn nachgereichte Unterlagen erheblich sind und zusätzliche oder andere erhebliche Auswirkungen auf die genannten Schutzgüter beschreiben, könnte sich aus den dargelegten Gründen eine Verpflichtung der Behörde zu einer Auslegung dieser Unterlagen ergeben.

Dies ist hier aber nicht festzustellen.

(1) Das Baugrundgutachten Koppelberg & Gerdes hat insbesondere die Prüfung des Baugrundes im unmittelbaren Bereich der Fundamente der Windenergieanlagen zum Gegenstand. Dass in diesem Gutachten auch die Bodenverhältnisse des Münsterwaldes insgesamt dargestellt werden, führt nicht zu der vom Antragsteller angenommenen besonderen Bedeutung des Gutachtens für die Beurteilung der Auswirkungen des Vorhabens auf die Schutzgüter. Die gutachterlichen Feststellungen ergänzen vielmehr lediglich die zu den geohydrologischen Verhältnissen im Vorhabengebiet ohnehin bereits zur Verfügung stehenden anderen Erkenntnisquellen (Gutachten Prof. Dr. Ing. Dieler und Partner vom 12. März 2014, Bodenfunktionskarten u.Ä.) und die in der Umweltverträglichkeitsstudie bereits erfolgte intensive Thematisierung und Bewertung der Auswirkungen des Vorhabens auf die Schutzgüter Boden und Wasser (vgl. UVS: Ziffer 4.3 - Boden -, S. 17 ff., Ziffer 6.2 - Boden -, S. 58 ff., und Ziffer 6.3 - Wasser -, S. 61 ff.; vgl. auch S. 12-21 des Landschaftspflegerischen Begleitplans vom 23. Oktober 2014). Dass das Gutachten Koppelberg & Gerdes hier zu einer abweichenden Einschätzung und der Annahme zusätzlicher oder anderer erheblicher Auswirkungen des Vorhabens auf die Schutzgüter Boden und Wasser kommt, ist nicht erkennbar. Angesichts dessen wäre selbst dann, wenn man insoweit einen relativen Verfahrensfehler annähme, offensichtlich, dass der Fehler die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat (§ 4 Abs. 1a Satz 1 UmwRG i.V.m. § 46 VwVfG), zumal sich das Landesbüro der Naturschutzverbände NRW in seiner Einwendungsschrift vom 3. März 2015 ausführlich mit den Auswirkungen des Vorhabens auf die Schutzgüter Boden und Wasser beschäftigt hat (S. 56 ff.).

(2) Die Haselmaus- und Baumhöhlenerfassung 2013 musste schließlich bereits deswegen nicht zwingend ausgelegt werden, weil sie der Entscheidung überhaupt nicht zugrunde lag, sondern im Vorfeld des förmlichen Genehmigungsverfahrens erstellt wurde und lediglich Grundlage für spätere Untersuchungen war. Diese Unterlagen waren daher als allgemeine Umweltinformationen ohnehin nur auf entsprechenden Antrag hin der Öffentlichkeit nach den Bestimmungen des UIG zugänglich zu machen.

(3) Eine Änderung des Vorhabens im Sinne des § 8 Abs. 2 Satz 3 der 9. BImSchV dürfte hingegen in brandschutztechnischer Sicht in der nachträglichen Einrichtung automatischer Löschvorrichtungen liegen. Diese Änderung ist offenbar aufgrund entsprechender Einwände im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung erfolgt.

Vgl. hierzu Dietlein in: Landmann/Rohmer, 9. BImSchV, § 8 Rn. 9; ebenso VG Weimar, Beschluss vom 30. September 2014 - 7 E 925/14 We -, juris Rn. 127.

Vorliegend dürfte sich die in der brandschutztechnischen Stellungnahme Raftelis vom 13. Oktober 2015 betrachtete nachträgliche Einrichtung automatischer Löschvorrichtungen aber als lediglich vorteilhaft erweisen und offenkundig zu keinen zusätzlichen oder anderen erheblichen Auswirkungen auf in § 1a der 9. BImSchV genannte Schutzgüter führen.

(4) Eine Änderung des Vorhabens liegt auch in der geänderten Erschließung der östlich der Bundesstraße 258 (Himmelsleiter) liegenden Anlagen WEA 6 und 7. Ursprünglich war nach dem von der Beigeladenen vorgelegten Verkehrskonzept vorgesehen, die verkehrliche Erschließung der Anlagen für die Bauphase (Baustellenzufahrten) und für im Betrieb notwendig werdende Wartungsarbeiten (dauerhafte Zufahrten) über Ein- und Ausfahrten zur Bundesstraße 258 vorzunehmen. Nachdem der Landesbetrieb Straßenbau NRW wiederholt die Erteilung der erforderlichen Ausnahmegenehmigung nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. 8 FStrG abgelehnt hatte, wurde die Planung der dauerhaften Zufahrten verändert. Die westlich der Bundesstraße 258 gelegenen Windenergieanlagen sollen nunmehr dauerhaft über einen an die Straße "Mühle" anschließenden Erschließungsweg, die beiden östlich der Bundesstraße 258 gelegenen Anlagen über einen von der Kreisstraße 40 abzweigenden Erschließungsweg dauerhaft für notwendig werdende Wartungsarbeiten angebunden werden. Diese Änderung erfordert die Neuanlage einer 174 m langen und 4 m breiten geschotterten Zufahrt zur Kranstellfläche der geplanten WEA 6 (vgl. die auf den 16. Oktober 2015 datierende "Ergänzung zum Landschaftspflegerischen Begleitplan Teile I und II vom 23. Oktober 2014"). Zusätzliche Auswirkungen jedenfalls auf das Schutzgut Boden sind angesichts der erforderlichen dauerhaften Bodenveränderungen nicht auszuschließen, weshalb eine erneute Öffentlichkeitsbeteiligung zu diesem Punkt erforderlich gewesen sein dürfte.

Dieser relative Verfahrensfehler hat hier aber offensichtlich die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst (§ 4 Abs. 1a Satz 1 UmwRG i.V.m. § 46 VwVfG). Denn die zusätzlichen Auswirkungen auf die Schutzgüter Boden und Wasser sind gering. Für die Herstellung des neuen Erschließungsweges werden Böden auf einer Fläche von 695 m² teilversiegelt. Davon liegen 238 m² im Bereich der ohnehin freizumachenden Kranauslegerfläche. Lediglich 457 m² werden zusätzlich zu den ursprünglich für die Erschließungsmaßnahmen bereits erforderlichen 15.289 m² in Anspruch genommen. Die Antragsgegnerin hat insoweit zu Recht darauf hingewiesen, dass diese Inanspruchnahme bei einer Gesamtbetrachtung nicht ins Gewicht fällt, insbesondere nicht bezogen auf den ursprünglich bestehenden gesamten Flächenbedarf von bereits 30.099 m². Ebenfalls nicht ins Gewicht fällt die vom Antragsteller gerügte Verlängerung der Fahrtstrecken für die nur gelegentlich notwendig werdenden Fahrten zu Wartungszwecken von bislang 690 m auf nunmehr 1.900 m. Angesichts dessen und unter Berücksichtigung fehlender Erschließungsalternativen für die WEA 6 und 7 ist hier davon auszugehen, dass die fehlende erneute Öffentlichkeitsbeteiligung zur Frage der geänderten Erschließung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat und daher nicht zur Aufhebung des angefochtenen Genehmigungsbescheides führt.

(5) Ein Verfahrensfehler liegt schließlich auch nicht hinsichtlich der vom Antragsteller gerügten fehlenden bzw. fehlerhaften Beteiligung des Geologischen Dienstes vor. Auch diese Rüge zielt auf das Vorliegen eines relativen Verfahrensfehlers i.S.d. § 4 Abs. 1a UmwRG, weil die fehlende oder fehlerhafte Beteiligung eines einzelnen Trägers öffentlicher Belange nicht mit dem vollständigen Fehlen der Öffentlichkeitsbeteiligung vergleichbar ist (§ 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3b UmwRG).

Der Antragsteller ist zunächst mit dieser Rüge nicht präkludiert. Der Einwendungsausschluss des § 2 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 3 UmwRG ist vielmehr unionsrechtswidrig und kann dem Antragsteller daher nicht entgegengehalten werden.

Vgl. EuGH, Urteil vom 15. Oktober 2015 - C-137/14 -, juris Rn. 75 ff.; OVG NRW, Urteil vom 16. Juni 2016 - 8 D 99/13.AK -, juris Rn. 146 f.; Michl, NuR 2016, 543, 545.

Die Beteiligung des Geologischen Dienstes ist im Ergebnis aber fehlerfrei erfolgt.

Nach § 10 Abs. 5 Satz 1 BImSchG i.V.m. § 11 Satz 1 der 9. BImSchV soll die Genehmigungsbehörde spätestens gleichzeitig mit der öffentlichen Bekanntmachung des Vorhabens die Behörden, deren Aufgabenbereich durch das Vorhaben berührt wird, auffordern, für ihren Zuständigkeitsbereich eine Stellungnahme abzugeben.

Vorliegend steht in Rede, ob der Geologische Dienst als Betreiber von Erdbebenmessstationen wegen der Möglichkeit der Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit dieser Anlagen durch den Betrieb von Windenergieanlagen im Rahmen der Behördenbeteiligung zu beteiligen gewesen ist.

Der aktualisierte "Erlass für die Planung und Genehmigung von Windenergieanlagen und Hinweise für die Zielsetzung und Anwendung" (Windenergie-Erlass NRW) vom 4. November 2015 hat in Ziffer 8.2.12 erstmals diese Problematik aufgegriffen und führt insoweit aus:

" In Planungs- und Genehmigungsverfahren für Windenergieanlagen ist der Geologische Dienst NRW diesbezüglich in einem Umkreis von 10 km um die auf der Internetseite des Geologischen angegebenen Standorte der Erdbebenmessstationen zwingend zu beteiligen (http://www.gd. nrw.de/gg_erdbebenstationsnetz.htm). Der Geologische Dienst NRW führt eine Einzelfallprüfung durch, ob und inwieweit die beabsichtigte Errichtung und der Betrieb der Windenergieanlage zu Beeinträchtigungen des Betriebs der Erdbebenmessstationen führen kann. Somit besteht im Planungsverfahren für den Geologischen Dienst die Möglichkeit, auf eine eventuelle Beeinträchtigung von Erdbebenmessstationen hinzuweisen und auf das Erfordernis einer Einzelfallprüfung im Genehmigungsverfahren aufmerksam zu machen. Je nach Stellungnahme des Geologischen Dienstes im Rahmen des Verfahrens zur Änderung des Flächennutzungsplanes muss die planende Gemeinde bewerten, ob die entsprechenden Bereiche als harte Tabuzonen einzuordnen sind. In den Fällen, in denen eine Windenergienutzung grundsätzlich nicht ausgeschlossen ist, kann sie jedoch nicht von einer harten Tabuzone ausgehen. Zur Absicherung ihrer Planungsentscheidung kann der Gemeinde empfohlen werden, den Geologischen Dienst um eine (unverbindliche) Vorprüfung anhand von Beispielanlagen mit konkreten Angaben zu Standort, Art und Höhe der Anlagen zu bitten. Die Stellungnahme des Geologischen Dienstes NRW ist in Genehmigungsverfahren für Windenergieanlagen zu berücksichtigen."

Auch die Kammer geht davon aus, dass der Geologische Dienst jedenfalls dann im Genehmigungsverfahren zu beteiligen ist, wenn nicht ausgeschlossen werden kann, dass sein Aufgabenbereich durch das Vorhaben berührt wird. Dies dürfte vorliegend der Fall sein.

Zwar liegen die vom Geologischen Dienst betriebenen Messstationen in Aachen, Großhau, an der Urfttalsperre und an der Oleftalsperre so weit vom Vorhabengebiet entfernt, dass eine Beeinträchtigung durch den Betrieb der genehmigten Windenergieanlagen ausgeschlossen sein dürfte. Im Nahbereich des Vorhabenstandorts befinden sich aber Messstationen, die von Kooperationspartnern des Geologischen Dienstes betrieben werden. Auf diese wird auf der im Windenergie-Erlass NRW in Bezug genommenen Homepage des Geologischen Dienstes ausdrücklich hingewiesen. Zu den Kooperationspartnern gehören die Erdbebenstation Bensberg der Universität Köln als Betreiberin der Messstationen Kalltalsperre (8,5 km Entfernung) und Dreilägerbachtalsperre (1,5 km Entfernung) sowie die Afdeling Seismologie der Koninglijken Sterrenwacht van Belgie als Betreiberin der Messstation im belgischen Ternell (9 km Entfernung). Eine Beeinträchtigung der Funktionen dieser Messstationen, die wegen der engen Zusammenarbeit der Kooperationspartner mit dem Geologischen Dienst unmittelbar auch der Erdbebenüberwachung des Landes Nordrhein-Westfalen dienen, berührt nach Auffassung der Kammer auch den Aufgabenbereich des Geologischen Dienstes, weshalb er - wie vom Windenergie-Erlass NRW vorgegeben - im Genehmigungsverfahren zu beteiligen war.

Eine Beteiligung des Geologischen Dienstes hat zwar im Verfahren der Änderung Nr. 117 des Flächennutzungsplans 1980 der Stadt Aachen stattgefunden, im Genehmigungsverfahren hingegen zunächst nicht. Die Beteiligung des Geologischen Dienstes wurde aber ordnungsgemäß nachgeholt und der ursprünglich möglicherweise bestehende Verfahrensfehler damit wirksam i.S.d. § 45 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 2 VwVfG geheilt (vgl. § 4 Abs. 1 Nr. 3a, Abs. 1b Nr. 1 UmwRG).

Ausgelöst durch eine Fachaufsichtsbeschwerde des Vereins Natur- und Landschaftsschutz Nordeifel e.V. und auf Betreiben der Bezirksregierung Köln hat die Antragsgegnerin den Geologischen Dienst mit Schreiben vom 4. Januar 2016 um Mitteilung gebeten, welche Maßnahmen ggf. durch den Betreiber zu veranlassen sind, damit es nicht zu einer unzulässigen Beeinträchtigung von Messstationen des Geologischen Dienstes im 10 km - Umkreis vom Vorhabengebiet kommt. Der Geologische Dienst hat mit Schreiben vom 10. Februar 2016 geantwortet und auf das Vorhandensein der drei Messstationen der Kooperationspartner hingewiesen und ausgeführt, dass es "mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit" zu einer Beeinträchtigung dieser Messstationen kommen werde.

Durch Erlass des Ministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen vom 17. März 2016 wurde das Beteiligungsverfahren im Einzelnen geregelt und betont, dass der Geologische Dienst im Genehmigungsverfahren im Einzelfall die konkrete Möglichkeit einer unzulässigen Störung der Funktionsfähigkeit der Messstationen plausibel und begründet darlegen müsse. Auf dieser Grundlage sei dann der fachliche Sachverhalt durch ein Gutachten des Betreibers der Windenergieanlage zu ermitteln. Sei dies geschehen, untersuche die Genehmigungsbehörde in zwei Stufen, ob eine Störung vorliege (1. Stufe) und ob diese Beeinträchtigung im Ergebnis einer vorzunehmenden Abwägung dem im Außenbereich privilegierten Vorhaben entgegenstehe (2. Stufe). Die sonstigen Betreiber seismologischer Stationen seien bei Genehmigungsverfahren für Windenergieanlagen in den stationsspezifischen Abständen zu beteiligen und die von ihnen eingehenden Stellungnahmen nach den gleichen Maßstäben zu bewerten.

Daraufhin hat die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 3. Mai 2016 gestützt auf den neuen Erlass auch die Erdbebenstation Bensberg der Universität Köln um dezidierte Stellungnahme zu einer möglichen Beeinträchtigung der Messstation in der Staumauer der Dreilägerbachtalsperre (diese wurde wegen des geringen Abstandes zum Vorhabengebiet als möglicherweise kritisch eingestuft) und zu möglichen Ausgleichs- und Vermeidungsmaßnahmen gebeten. Mit Schreiben vom 31. Mai 2016 hat die Universität Köln darauf hingewiesen, dass es derzeit kein verlässliches, allgemein akzeptiertes Prognoseverfahren für die Erschütterungswirkung von einzelnen oder Gruppen von Windenergieanlagen unterschiedlicher Bauart bei unterschiedlichen Betriebszuständen und für beliebigen geologischen Untergrund im Entfernungsbereich von 1 bis 10 km gebe. Die derzeit noch offenen Fragen seien erst nach umfangreichen Untersuchungen, wie sie von der Energieagentur NRW geplant seien, zu beantworten.

Eine Beteiligung des Geologischen Dienstes und auch der Kooperationspartnerin, die im Nahbereich zum Vorhabengebiet Erdbebenmessstationen betreibt, ist daher nachträglich erfolgt. Für die Frage, ob ein in der ursprünglich unterlassenen Beteiligung des Geologischen Dienstes möglicherweise begründeter Verfahrensfehler zwischenzeitlich geheilt worden ist, kommt es allein darauf an, ob dieser Träger öffentlicher Belange Gelegenheit hatte, zum Genehmigungsverfahren unter besonderer Berücksichtigung der Belange seines Aufgabenbereiches Stellung zu nehmen. Dies ist hier der Fall. Ob insoweit tatsächlich eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange vorliegt, ist keine Frage des formellen Verfahrensrechts mehr, sondern Gegenstand der materiellrechtlichen Prüfung (hierzu unter 2.).

Weitere formelle Fehler hat der Antragsteller nicht gerügt. Sie sind auch bei der von Amts wegen vorzunehmenden Überprüfung nicht erkennbar.

2. Der mithin formell rechtmäßige Genehmigungsbescheid ist auch materiell rechtmäßig.

Rechtsgrundlage für die angefochtene Genehmigung zur Errichtung der Windenergieanlage ist § 6 BImSchG. Danach ist die erforderliche Genehmigung zu erteilen, wenn

1. sichergestellt ist, dass die sich aus § 5 und einer auf Grund des § 7 erlassenen Rechtsverordnung ergebenden Pflichten erfüllt werden, und

2. andere öffentlichrechtliche Vorschriften und Belange des Arbeitsschutzes der Errichtung und dem Betrieb der Anlage nicht entgegenstehen.

Der Genehmigungsbescheid der Antragsgegnerin vom 23. November 2015 erweist sich bei summarischer Überprüfung auch als materiell rechtmäßig.

Dem Vorhaben stehen insbesondere planungsrechtliche Belange nicht entgegen.

Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens richtet sich nach § 35 BauGB, weil es sich um ein Vorhaben im Außenbereich handelt. Nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB sind im Außenbereich Windenergieanlagen als so genannte privilegierte Vorhaben zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen und die ausreichende Erschließung gesichert ist.

Nach § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB liegt eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange insbesondere vor, wenn das Vorhaben

1. den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht,

2. den Darstellungen eines Landschaftsplans oder sonstigen Plans, insbesondere des Wasser-, Abfall- oder Immissionsschutzrechts, widerspricht,

3. schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird,

4. unwirtschaftliche Aufwendungen für Straßen oder andere Verkehrseinrichtungen, für Anlagen der Versorgung oder Entsorgung, für die Sicherheit oder Gesundheit oder für sonstige Aufgaben erfordert,

5. Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Bodenschutzes, des Denkmalschutzes oder die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigt oder das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet,

6. Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur beeinträchtigt, die Wasserwirtschaft oder den Hochwasserschutz gefährdet,

7. die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt oder

8. die Funktionsfähigkeit von Funkstellen und Radaranlagen stört.

Somit sind Windenergieanlagen dem Außenbereich infolge ihrer Privilegierung im Grundsatz planähnlich zugewiesen. Sie sind allerdings im Einzelfall nicht zulässig, wenn die in § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB beispielhaft aufgezählten Belange dem Vorhaben entgegenstehen. Denn selbst wenn privilegierten Vorhaben ein besonders starkes Gewicht zukommt, folgt daraus nicht, dass sie an jedem beliebigen Standort im Außenbereich zulässig sind. Auch für privilegierte Anlagen gilt das Gebot der größtmöglichen Schonung des Außenbereichs. Mit § 35 Abs. 1 BauGB hat der Gesetzgeber den Außenbereich insbesondere nicht generell als Baubereich für privilegierte Vorhaben freigegeben, sondern ihre Zulässigkeit vielmehr von der Einzelfallprüfung abhängig gemacht, ob ihnen an einem konkreten Standort öffentliche Belange entgegenstehen.

Ein Entgegenstehen ist allerdings nicht schon im Falle der Beeinträchtigung anzunehmen. Privilegierte Vorhaben zeichnen sich vielmehr durch ein gesteigertes Durchsetzungsvermögen gegenüber den berührten öffentlichen Belangen aus, das ihnen eine Zulassung auch in den Fällen sichert, in denen sonstige Vorhaben unter gleichen Voraussetzungen unzulässig wären. Ob sie sich im Einzelfall durchsetzen ist im Wege einer "nachvollziehenden" Abwägung zu ermitteln.

Vgl. Gatz, Windenergieanlagen in der Verwaltungs- und Gerichtspraxis, 2. Auflage 2013, Rn. 188 ff. mit weiteren Nachweisen zur Rechtsprechung des BVerwG; Roeser in: Berliner Kommentar zum Baugesetzbuch, Loseblatt-Sammlung (Stand: September 2010), § 35 Rn. 9 ff.; Söfker in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, Kommentar zum BauGB, Loseblatt-Sammlung (Stand: Juli 2011), § 35 Rn. 60 ff.

Ausgehend hiervon sind entgegenstehende öffentliche Belange vorliegend nicht festzustellen.

2.1 Das Vorhaben widerspricht zunächst nicht den Darstellungen des Flächennutzungsplans (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauGB).

Durch die Änderung Nr. 117 des Flächennutzungsplans 1980 der Stadt Aachen wurde für den hier in Rede stehenden Bereich im Aachener Südraum (Teilabschnitt A, Flächen 1 bis 3) die bisherige Darstellung "Flächen für die Forstwirtschaft" durch die Darstellung "Konzentrationsflächen für Windkraftanlagen" überlagert. Die Änderung des Flächennutzungsplans ist mit Bekanntmachung des Beitrittsbeschlusses des Rats der Stadt Aachen vom 18. September 2013 am 17. Oktober 2013 wirksam geworden.

Ungeachtet des derzeit beim Oberverwaltungsgericht NRW anhängigen Normenkontrollverfahrens ist im vorläufigen Rechtsschutzverfahren grundsätzlich von der Verbindlichkeit der planerischen Festsetzungen auszugehen, soweit die Unwirksamkeit des Flächennutzungsplans - wie hier - nicht evident ist.

Vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 11. Dezember 2009 - OVG 10 S 15.09 -, juris Rn. 7; Sächsisches OVG, Beschluss vom 21. März 2012 - 4 B 88/11 -, juris Rn. 8.

Ein Widerspruch zu den Darstellungen des Flächennutzungsplans in der derzeit geltenden Fassung liegt daher nicht vor.

2.2 Entgegenstehende öffentliche Belange sind auch nicht mit Blick auf durch das Vorhaben hervorgerufene schädliche Umwelteinwirkungen festzustellen (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB).

Schädliche Umwelteinwirkungen (vgl. auch § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG) sind gemäß § 3 Abs. 1 BImSchG Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen. Immissionen im Sinne dieses Gesetzes sind nach § 3 Abs. 2 BImSchG auf Menschen, Tiere und Pflanzen, den Boden, das Wasser, die Atmosphäre sowie Kultur- und sonstige Sachgüter einwirkende Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnliche Umwelteinwirkungen.

Von Windenergieanlagen ausgehende schädliche Umwelteinwirkungen können insbesondere in Form von Lärmimmissionen und Schattenwurf auftreten. Derartige schädliche Umwelteinwirkungen sind hier nicht festzustellen. Dies haben die von der Beigeladenen hierzu vorgelegten Fachgutachten des Büros BBB Umwelttechnik erneuerbare Energien GmbH (Schallprognose vom 16. Oktober 2014 sowie Schattenwurfprognose vom 28. September 2013, beide einschließlich der wegen der Verschiebung der WEA 2 erforderlich gewordenen Ergänzung vom 27. Mai 2015), auf deren Grundlage im Bescheid Nebenbestimmungen zum Schutz der Nachbarschaft festgelegt worden sind (u.a. Ausstattung der WEA 2 und 3 mit einem Schattenabschaltmodul, leistungsreduzierter Betrieb der WEA 6 und 7 zur Nachtzeit), ergeben. Einwände hat der Antragsteller insoweit nicht erhoben.

2.3 Das Vorhaben verstößt auch nicht gegen Belange des Naturschutzes, insbesondere nicht gegen artenschutzrechtliche Verbotstatbestände (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB).

Artenschutzrechtliche Verbote i.S.d. § 44 BNatSchG sind nach dem Prüfprogramm des § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG "zugleich" Belange des Naturschutzes i.S.d. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB, die einem privilegierten Außenbereichsvorhaben bauplanungsrechtlich nicht entgegenstehen dürfen. Das Naturschutzrecht konkretisiert die öffentlichen Belange i.S.d. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB. Ist über die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 35 Abs. 1 BauGB zu entscheiden, hat die zuständige Behörde daher auch die naturschutzrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens zu prüfen. Können artenschutzrechtliche Verbote naturschutzrechtlich nicht überwunden werden, stehen sie einem gemäß § 35 Abs. 1 BauGB privilegierten Vorhaben als öffentliche Belange i.S.d. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB zwingend entgegen. Das Vorhaben ist dann bauplanungsrechtlich unzulässig. Es decken sich also die bauplanungsrechtlichen Anforderungen des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB, soweit sie "naturschutzbezogen" sind, mit den Anforderungen des Naturschutzrechts. Artenschutzrechtliche Verbote, von denen weder eine Ausnahme noch eine Befreiung erteilt werden kann, stehen einem immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftigen Außenbereichsvorhaben deshalb stets zwingend entgegen, und zwar sowohl als verbindliche Vorschriften des Naturschutzrechts als auch als Belange des Naturschutzes i.S.d. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Juni 2013 - 4 C 1.12 -, juris Rn. 6.

Bei der Frage, ob einem Vorhaben artenschutzrechtliche Verbote i.S.d. § 44 BNatSchG entgegenstehen, ist zu berücksichtigen, dass Habitatschutz und Artenschutz nicht denselben Prüfmaßstäben unterworfen sind.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 23. November 2007 - 9 B 38.07 -, juris Rn. 37.

Im Bereich des Habitatschutzes ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass Ungewissheiten darüber, ob ein Projekt Erhaltungs- und Schutzziele eines Gebietes von gemeinschaftlicher Bedeutung oder eines Europäischen Vogelschutzgebietes beeinträchtigt, zu Lasten des Vorhabenträgers gehen. Für den Gang und das Ergebnis der Verträglichkeitsprüfung gilt der Sache nach eine Beweisregel des Inhalts, dass die Behörde ein Vorhaben nur dann zulassen darf, wenn sie zuvor Gewissheit darüber erlangt hat, dass dieses sich nicht nachteilig auf das Gebiet als solches auswirkt. Die zu fordernde Gewissheit liegt nur dann vor, wenn "aus wissenschaftlicher Sicht kein vernünftiger Zweifel" daran besteht, dass solche Auswirkungen nicht auftreten werden.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Januar 2007 - 9 A 20.05 -, juris Rn. 62; OVG NRW, Urteil vom 11. September 2007 - 8 A 2696/06 -, juris Rn. 77.

Für das vorliegende Genehmigungsverfahren gilt dagegen der Grundsatz des § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG, wonach die Genehmigung zu erteilen ist, wenn artenschutzrechtliche Verbote nicht entgegenstehen. Für das "Nichtentgegenstehen" ist hierbei der gleiche Prognosemaßstab anzuwenden wie im Fall des "Sicherstellens" i.S.d. § 6 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG.

Vgl. Jarass, BImSchG, § 6 Rn. 10; Dietlein, BImSchG, § 6 Rn. 28.

§ 6 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG erfordert eine günstige Prognose der Genehmigungsbehörde auf der Grundlage der vom Antragsteller vorgelegten Unterlagen. "Sichergestellt" ist die Erfüllung der in § 6 Abs. 1 Nr. 1 BImschG genannten Pflichten bereits dann, wenn sie auf Grund der vorliegenden Unterlagen mit hoher Wahrscheinlichkeit erwartet werden kann.

Vgl. Jarass, BImSchG, § 6 Rn. 8; Dietlein, BImSchG, § 6 Rn. 19.

Dies zugrunde gelegt vermag die Kammer eine Verletzung der artenschutzrechtlichen Zugriffsverbote des § 44 Abs. 1 Nrn. 1 bis 3 BNatSchG hier nicht festzustellen:

Nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG ist es verboten, wildlebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören. Der Tötungstatbestand, der nach Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie 92/43/EWG nur absichtliche Formen der Tötung umfasst, ist nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs auch dann erfüllt, wenn sich die Tötung als unausweichliche Konsequenz eines im Übrigen rechtmäßigen Verwaltungshandelns erweist.

Vgl. EuGH, Urteil vom 30. Januar 2002 - C-103/00 -, juris Rn. 26, und vom 20. Oktober 2005 - C-6/04 -, juris Rn. 113.

Dass einzelne Exemplare besonders geschützter Arten durch Kollisionen mit Windkraftanlagen bzw. deren Rotorblättern zu Schaden kommen können, ist allerdings bei lebensnaher Betrachtung nie völlig auszuschließen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist der artenschutzrechtliche Tötungs- und Verletzungstatbestand dann nicht erfüllt, wenn das Vorhaben nach naturschutzfachlicher Einschätzung kein signifikant erhöhtes Risiko kollisionsbedingter Verluste von Einzelexemplaren verursacht, mithin unter der Gefahrenschwelle in einem Risikobereich bleibt, der mit dem Vorhaben im Naturraum immer verbunden ist, vergleichbar dem ebenfalls stets gegebenen Risiko, dass einzelne Exemplare einer Art im Rahmen des allgemeinen Naturgeschehens Opfer einer anderen Art werden. Der Verbotstatbestand ist zwar individuenbezogen; dass einzelne Exemplare etwa durch Kollisionen zu Schaden kommen, reicht aber nicht aus. Soll das Tötungs- und Verletzungsverbot nicht zu einem unverhältnismäßigen Planungshindernis werden, ist vielmehr zu fordern, dass sich das Risiko des Erfolgseintritts in signifikanter Weise erhöht, wobei Maßnahmen, mittels derer solche Kollisionen vermieden oder dieses Risiko zumindest minimiert werden soll, einzubeziehen sind. Gemeint ist eine "deutliche" Steigerung des Tötungsrisikos. Dafür genügt es nicht, dass im Eingriffsbereich überhaupt Tiere der (besonders) geschützten Art angetroffen worden sind; erforderlich sind vielmehr Anhaltspunkte dafür, dass sich das Risiko einer Kollision durch das Vorhaben deutlich und damit in signifikanter Weise erhöht.

Vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Juni 2013 - 4 C 1.12 -, juris Rn. 11, und vom 9. Juli 2008 - 9 A 14/07 -, juris Rn. 91; Gatz, a.a.O., Rn. 275; Gellermann in: Landmann/Rohmer, BNatSchG, Loseblatt-Sammlung (Stand: Dezember 2011), § 44 Rn. 9; Lau in: Frenz/Müggenborg, BNatSchG, 2. Auflage 2016, § 44 Rn. 14.

§ 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG verbietet es, wild lebende Tiere der streng geschützten Arten und der europäischen Vogelarten währen der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten erheblich zu stören, wobei eine erhebliche Störung dann vorliegt, wenn sich durch sie der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art verschlechtert. Das Verbot erfasst solche Handlungen, die sich auf das psychische Wohlbefinden eines geschützten Tieres beeinträchtigend auswirken und sich in Angst-, Flucht- oder Schreckreaktionen äußern und eine Verminderung der Überlebenschancen, des Bruterfolges oder der Reproduktionsfähigkeit, bezogen auf die lokale Population, zur Folge haben. Können die geschützten Tiere solche nachteiligen Wirkungen im Wege der Eigenkompensation oder durch konfliktvermeidende oder -mindernde Maßnahmen in absehbarer Zeit auffangen, liegt keine erhebliche Störung vor.

Vgl. Lau, BNatSchG, § 44 Rn. 17; Gatz, a.a.O., Rn. 282; Gellermann, BNatSchG, § 44 Rn. 10 ff., 12.

§ 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG untersagt es schließlich, Fortpflanzungs- und Ruhestätten der wild lebenden Tiere der besonders geschützten Arten aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören. Dieses Zugriffsverbot spielt nur bei der Errichtung von Windenergieanlagen eine Rolle. Ihr Betrieb stellt regelmäßig keine Beeinträchtigung oder Zerstörung von Lebensstätten dar, weil beide Tatbestandsmerkmale neben der Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit eine körperliche Einwirkung auf die geschützten Stätten voraussetzen.

Vgl. Gatz, a.a.O., Rn. 288; Gellermann, BNatSchG, § 44 Rn. 20; Lau, BNatSchG, § 44 Rn. 21.

Diese artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände werden durch das streitgegenständliche Vorhaben nicht verwirklicht.

Bei der Prüfung, ob ein artenschutzrechtlicher Tötungs- und Verletzungstatbestand erfüllt ist, besteht ein sog. naturschutzfachlicher Einschätzungsspielraum der Behörde. Dabei bezieht sich die behördliche Einschätzungsprärogative sowohl auf die Erfassung des Bestands der geschützten Arten als auch auf die Bewertung der Gefahren, denen die Exemplare der geschützten Arten bei Realisierung des zur Genehmigung stehenden Vorhabens ausgesetzt sein würden.

Vgl. BVerwG, u.a. Urteile vom 27. Juni 2013 - 4 C 1.12 -, juris Rn. 15, und vom 9. Juli 2008 - 9 A 14.07 -, juris Rn. 65 f.; kritisch Gellermann, BNatSchG, § 44 Rn. 23 f.

Grund für die Zuerkennung einer naturschutzfachlichen Einschätzungsprärogative ist der Umstand, dass es im Bereich des Naturschutzes regelmäßig um ökologische Bewertungen und Einschätzungen geht, für die normkonkretisierende Maßstäbe fehlen. Die Rechtsanwendung ist daher auf die Erkenntnisse der ökologischen Wissenschaft und Praxis angewiesen, die sich aber nicht als eindeutiger Erkenntnisgeber erweist. Bei zahlreichen Fragestellungen steht - jeweils vertretbar - naturschutzfachliche Einschätzung gegen naturschutzfachliche Einschätzung, ohne dass sich eine gesicherte Erkenntnislage und anerkannte Standards herauskristallisiert hätten. Sind verschiedene Methoden wissenschaftlich vertretbar, bleibt die Wahl der Methode der Behörde überlassen. Eine naturschutzfachliche Meinung ist einer anderen Einschätzung nicht bereits deshalb überlegen oder ihr vorzugswürdig, weil sie umfangreichere oder aufwändigere Ermittlungen oder "strengere" Anforderungen für richtig hält. Das ist erst dann der Fall, wenn sich diese Auffassung als allgemein anerkannter Stand der Wissenschaft durchgesetzt hat und die gegenteilige Meinung als nicht (mehr) vertretbar angesehen wird. Die naturschutzfachlichen Einschätzungsprärogative folgt nicht aus einer bestimmten Verfahrensart oder Entscheidungsform, sondern aus der Erkenntnis, dass das Artenschutzrecht außerrechtliche Fragestellungen aufwirft, zu denen es jedenfalls nach dem derzeitigen Erkenntnisstand keine eindeutigen Antworten gibt.

Vgl. BVerwG, u.a. Urteile vom 27. Juni 2013 - 4 C 1.12 -, juris Rn. 15, und vom 9. Juli 2008 - 9 A 14.07 -, juris Rn. 65 f.

Das Gericht bleibt insoweit verpflichtet zu prüfen, ob im Gesamtergebnis die artenschutzrechtlichen Untersuchungen sowohl in ihrem methodischen Vorgehen als auch in ihrer Ermittlungstiefe ausreichten, um die Behörde in die Lage zu versetzen, die Voraussetzungen der artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände sachgerecht zu überprüfen.

Vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Juni 2013 - 4 C 1.12 -, juris Rn. 16, und vom 9. Juli 2008 - 9 A 14.07 -, juris Rn. 67; Lau, BNatSchG, § 44 Rn. 7.

Art und Umfang, Methodik und Untersuchungstiefe der zur Ermittlung der artenschutzrechtlichen Betroffenheiten erforderlichen Maßnahmen lassen sich mangels normativer Festlegung nur allgemein umschreiben; sie hängen wesentlich von den naturräumlichen Gegebenheiten des Einzelfalles ab. Sie werden sich regelmäßig aus zwei Quellen speisen, die sich wechselseitig ergänzen können, nämlich zum einen aus der Bestandserfassung vor Ort, zum anderen aus der Auswertung bereits vorhandener Erkenntnisse und der Fachliteratur. Wie viele Begehungen zu welchen Jahres- und Tageszeiten im Rahmen der Bestandsaufnahme vor Ort erforderlich sind und nach welchen Methoden die Erfassung stattzufinden hat, lässt sich nicht für alle Fälle abstrakt bestimmen, sondern hängt von vielen Faktoren, z.B. von der Größe des Untersuchungsraumes sowie davon ab, ob zu diesem Gebiet bereits hinreichend aktuelle und aussagekräftige Ergebnisse aus früheren Untersuchungen vorliegen.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 9. Juli 2008 - 9 A 14.07 -, juris Rn. 60 ff.; Bayerischer VGH, Urteil vom 29. März 2016 - 22 B 14.1875 -, juris Rn. 40; de Witt/Geismann, Artenschutzrechtliche Verbote in der Fachplanung, 2. Auflage 2013, Rn. 70 ff.; Lau, BNatSchG, § 44 Rn. 6.

Unter Zugrundelegung dieser Prämissen ist nach den tatsächlichen Annahmen und Bewertungen der von der Beigeladenen vorgelegten und von der Antragsgegnerin geprüften und zum Gegenstand des Genehmigungsbescheides gemachten artenschutzrechtlichen Gutachten und unter Berücksichtigung der festgesetzten Begleit- und Vermeidungsmaßnahmen die Einschätzung der Antragsgegnerin, eine Verletzung artenschutzrechtlicher Verbotstatbestände sei vorhabenbedingt nicht zu erwarten, naturschutzfachlich vertretbar.

2.3.1 Haselmaus

Der Antragsteller kann zunächst nicht einwenden, die erforderliche Prüfungstiefe sei nicht erreicht worden. Generell setzt die Prüfung der artenschutzrechtlichen Verbote eine ausreichende Ermittlung und Bestandsaufnahme der im Einwirkungsbereich der Anlage vorhandenen Tierarten und ihrer Lebensräume voraus. Erforderlich sind aussagekräftige Daten, denen sich in Bezug auf das Untersuchungsgebiet Häufigkeit und Verteilung der geschützten Arten sowie der Lebensstätten entnehmen lassen. Die Untersuchungstiefe hängt dabei maßgeblich von den naturräumlichen Gegebenheiten im Einzelfall ab. Die bei der Feststellung der zu überprüfenden Arten erforderliche Untersuchungstiefe hängt maßgeblich von den naturräumlichen Gegebenheiten im Einzelfall ab. Lassen bestimmte Vegetationsstrukturen sichere Rückschlüsse auf die faunistische Ausstattung zu, kann es mit der gezielten Erhebung der insoweit maßgeblichen repräsentativen Daten sein Bewenden haben. Untersuchungen, die unter Berücksichtigung vorliegender Daten über das betroffene Gebiet keine weiterführenden Erkenntnisse erwarten lassen ("ins Blaue hinein"), sind nicht durchzuführen.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 9. Juli 2008 - 9 A 14.07 -, juris Rn. 54, und Beschluss vom 18. Juni 2007 - 9 VR 13.06 -, juris Rn. 20.

Vorliegend sind zur Erfassung des Bestandes der Haselmaus keine Freilanduntersuchungen durchgeführt worden. Die Antragsgegnerin ist vielmehr auf der Grundlage des im Verfahren zur Änderung Nr. 117 des Flächennutzungsplans der Stadt Aachen eingeholten artenschutzrechtlichen Gutachtens des Büros pro terra vom August 2011 davon ausgegangen, dass der größte Teil des Plangebietes für Haselmäuse keine Habitatqualität besitze. Die Haselmaus besiedle bevorzugt lichte, möglichst sonnige Laubwälder mit einem ausreichenden Futterangebot an Haselnüssen, Brombeeren, Himbeeren, Buchen etc. Es seien vor allem besonnte Waldränder und Jungpflanzungen oder lichte Wälder mit guter Naturverjüngung als Lebensraum für die Haselmaus geeignet. Das Plangebiet stelle sich demgegenüber als relativ strukturarm dar mit einem hohen Anteil an Fichtenbeständen. Im Rahmen der häufigen Begehungen, die vielfach auch nachts und damit zur Hauptaktivitätsphase der nachtaktiven Tiere erfolgt seien, habe die Art nicht zufällig beobachtet werden können. Auch zufällige Nestfunde hätten sich nicht ergeben (vgl. artenschutzrechtliches Gutachten von pro terra, 2011, S. 38).

Mit Blick auf diese Feststellungen ist die Entscheidung der Antragsgegnerin, keine Freilanduntersuchungen zum tatsächlichen Vorkommen der Haselmaus durchzuführen, naturschutzfachlich vertretbar, zumal die Antragsgegnerin im Sinne einer worstcase-Betrachtung,

vgl. zu deren Zulässigkeit, wenn hierdurch ein Ergebnis erzielt wird, das hinsichtlich der untersuchten Fragestellung auf der "sicheren Seite" liegt: BVerwG, u.a. Urteile vom 6. November 2013 - 9 A 14.12 -, juris Rn. 51, vom 12. August 2009 - 9 A 64.07 -, juris Rn. 38, vom 9. Juli 2008 - 9 A 14.07 -, juris Rn. 63, und vom 21. Juni 2006 - 9 A 28.05 -, juris Rn. 49; Gellermann, BNatSchG, § 44 Rn. 22; Lau, BNatSchG, § 44 Rn. 6,

davon ausgegangen ist, dass ein Vorkommen der Art im Plangebiet gleichwohl nicht vollkommen ausgeschlossen werden könne. Vor diesem Hintergrund ist im Konzept der Ökologischen Baubegleitung, das nach der Nebenbestimmung Ziffer 5. Gegenstand des Genehmigungsbescheides geworden ist, vorgesehen, dass vor Herstellung der Bauflächen potentielle Fortpflanzungs- und Ruhestätten in der Aktivitätsphase der Art von Anfang Mai bis Ende Oktober auf Vorkommen von Haselmäusen zu untersuchen und ggf. einzelne Exemplare fach- und sachgerecht umzusiedeln sind (Ziffer 2.7-2.8 im Konzept Ökologische Baubegleitung). Dass es dabei auf den Umsiedlungsflächen zu den vom Antragsteller befürchteten Verdrängungseffekten kommen wird, ist angesichts der begründeten Annahmen zur Habitatqualität des Plangebietes und der voraussichtlich geringen Zahl umzusiedelnder Haselmäuse nicht anzunehmen.

Die Verwirklichung eines artenschutzrechtlichen Verbotstatbestandes zu Lasten der Haselmaus, die ohnehin allein für die Phase der Baufeldfreimachung im Zuge der Errichtung der Windenergieanlagen in Betracht kommt, lässt sich vor diesem Hintergrund nicht feststellen.

2.3.2 Amphibien

Auch hinsichtlich der Amphibien ist kein artenschutzrechtlicher Verbotstatbestand erfüllt. Zum Schutz der Amphibien hat die Antragsgegnerin im Genehmigungsbescheid unter Ziffer 4.4 vorgegeben, dass bei Bauzeiten in den Zeiträumen Februar bis Oktober ein ca. 50 cm hoher und in den Boden eingelassener Amphibienschutzzaun entlang der äußeren Grenzen der Baustellenabschnitte zu errichten ist, zu denen alle Bereiche zählen, in denen Eingriffe in den Boden vorgenommen werden, insbesondere auch die Fundamente mit Kranaufstell-, Lager- und Montageflächen. Zur Betreuung der Zäune ist mindestens einmal täglich eine Kontrolle mit Leerung der in Abständen von ca. 25-30 m ebenerdig einzugrabenden Fangeimer durchzuführen. Vor der Errichtung der Schutzzäune müssen die Bauflächen durch qualifizierte und im Monitoring von Amphibien erfahrene Personen gezielt nach Amphibien (insbesondere Kammmolch und Springfrosch) abgesucht und ggf. anwesende Individuen in geeignete Lebensräume außerhalb der Schutzzäune umgesetzt werden (Ziffer 2.10-2.11 im Konzept Ökologische Baubegleitung). Damit hat die Antragsgegnerin geeignete Maßnahmen aufgegeben zur Vermeidung möglicher, während der Errichtungsphase denkbarer Tötungsrisiken für Amphibien. Etwaige Zweifel an der Bestimmtheit der ursprünglichen Fassung der fraglichen Nebenbestimmungen hat die Antragsgegnerin durch die Neufassung mit Schriftsatz vom 29. August 2016 zur Überzeugung der Kammer ausgeräumt.

2.3.3 Fledermäuse

Auch hinsichtlich der Fledermausarten kann der Antragsteller im Ergebnis nicht mit Erfolg einwenden, die Erfassung und Kartierung des Bestandes entspreche nicht den anerkannten Regeln, weshalb eine Tötung von Fledermäusen beim Betrieb der Windenergieanlagen gewissermaßen vorprogrammiert sei. Die erforderliche Prüfungstiefe folgt den bereits bei der Prüfung der vorhabenbedingten Auswirkungen auf Haselmäuse dargestellten Regeln. Diese zugrunde gelegt ist ein relevantes Ermittlungsdefizit hier nicht festzustellen.

Die Erfassung der Fledermausarten erfolgte nach dem artenschutzrechtlichen Gutachten des Büros pro terra vom August 2011 zunächst im Zeitraum Juni 2010 bis Juli 2011. Die Methoden zur Untersuchung residenter und wandernder Arten erstreckten sich dabei auf Detektorerfassungen, Horchboxeinsätze, Netzfang, Sichtbeobachtung, Ballooning sowie Baumhöhlen- und Schwärmkontrollen. Dabei konnten 7 Fledermausarten sicher bestimmt und zwei weitere Arten akustisch nachgewiesen werden. Die Untersuchung kommt zu dem Ergebnis, dass das Untersuchungsgebiet nur eine mittelmäßige Nutzung durch Fledermäuse aufweise. Die Anzahl der Fledermauskontakte lägen teils deutlich unter der beobachteten Aktivitätsabundanz in besser strukturierten Wäldern (vgl. artenschutzrechtliches Gutachten von pro terra, 2011, S. 3 ff., 6, 18).

Mit Blick auf den im Änderungsverfahren zum Flächennutzungsplan vorgenommenen veränderten Flächenzuschnitt der geplanten Konzentrationszone Münsterwald erfolgte im Februar 2012 eine Ergänzung des artenschutzrechtlichen Gutachtens durch das Büro pro terra. Insbesondere wurde der Herbstzug der Fledermäuse im Jahr 2011 in die Untersuchung einbezogen. Zu diesem Zweck wurde eine selektive Herbstkartierung mit Hilfe einer ballongestützten Höhenerfassung (Ballooning) und des Einsatzes von Horchboxen im Zeitraum August bis Oktober 2011 vorgenommen. Bei dieser Untersuchung konnten 8 Fledermausarten nachgewiesen werden, darunter - wie bereits bei der Untersuchung im Jahr 2010 und im Frühjahr 2011 - zwei Artenpaare, die auf akustischer Basis nicht sicher differenziert werden konnten (Kleine und Große Bartfledermaus; Braunes und Graues Langohr). Das ermittelte Artenspektrum deckt sich vollständig mit den bei der ersten Untersuchung festgestellten Arten. Es sei insgesamt davon auszugehen, dass es sich um einen Funktionsraum mit geringer Aktivitätsdichte handele. Bei diesen Funktionsräumen ergebe sich lediglich eine Grundgefährdung, die als nicht schädlich für den Erhaltungszustand der Population anzusehen sei (vgl. Ergänzung des artenschutzrechtlichen Gutachtens von pro terra, 2012, S. 5 f., 10).

Dass diese Untersuchungen sich, worauf der Antragsteller hinweist, nicht vollständig deckten mit den Vorgaben zur Bestandsaufnahme der Fledermausarten in dem vom Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen (MKULNV NRW) und dem Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen (LANUV NRW) herausgegebenen "Leitfaden des Arten- und Habitatschutzes bei der Planung und Genehmigung von Windenergieanlagen in NRW" (LANUV-Leitfaden), führt nicht zu einer fehlerhaften Prüfungstiefe.

Diesem Leitfaden kommt zwar ebenso wenig wie dem Windenergieerlass NRW Rechtssatzcharakter zu. Die darin aufgestellten Anforderungen an die Ermittlung artenschutzrechtlich ggf. entscheidungserheblicher Umstände sind jedoch, da sie auf landesweiten fachlichen Erkenntnissen und Erfahrungen beruhen, als ein "antizipiertes Sachverständigengutachten von hoher Qualität" anzusehen, in dem die aus fachlicher Sicht im Regelfall zu beachtenden Erfordernisse dargestellt werden. Hiervon darf auch angesichts der artenschutzfachlichen Einschätzungsprärogative nicht ohne fachlichen Grund und ohne gleichwertigen Ersatz abgewichen werden. Dies gebieten insbesondere die rechtlichen Gesichtspunkte der Gleichbehandlung (Art. 3 Abs. 1 GG) und der Rechtssicherheit (Art. 20 Abs. 3 GG). Die von den obersten Landesbehörden zur Verfügung gestellte zusätzliche fachliche Konkretisierungsebene darf damit nicht ohne fachliche Begründung außer Betracht gelassen werden.

Vgl. Bayerischer VGH, Urteile vom 29. März 2016 - 22 B 14.1875 -, juris Rn. 41, und vom 18. Juni 2014 - 22 ZB 12.1358 -, juris Rn. 45 (jeweils zum bayerischen Windkrafterlass); Lau, BNatSchG, § 44 Rn. 7.

Vorliegend wurde der LANUV-Leitfaden aber am 12. November 2013 veröffentlicht und konnte deshalb bereits nicht Grundlage der artenschutzrechtlichen Untersuchungen im Zeitraum 2010/2011 sein. Nachuntersuchungen waren auch entgegen der Annahme des Antragstellers nicht veranlasst. Zum einen bestimmt der LANUV-Leitfaden in seiner Ziffer 6.5, dass weitere Datenerhebungen nicht notwendig sind, wenn zu dem Vorhabengebiet hinreichend aktuelle (d.h. maximal sieben Jahre alte) und aussagekräftige Ergebnisse aus früheren Untersuchungen vorliegen. Dies ist hier angesichts der Untersuchungen des Büros pro terra anzunehmen. Zum anderen haben diese Untersuchungen, die in Übereinstimmung mit den Vorgaben des Windenergie-Erlasses NRW vom 11. Juli 2011 (vgl. dort Ziffer 8.2.1.3) erfolgt sind, bereits das Vorkommen windkraftsensibler Fledermausarten bestätigt, weshalb im Wege einer - wie bereits ausgeführt zulässigen - worstcase-Betrachtung ein umfassendes Abschaltszenario nebst Gondelmonitoring für erforderlich gehalten wurde. Angesichts dessen war von Nachuntersuchungen kein zusätzlicher Erkenntnisgewinn zu erwarten, der andere oder weitreichendere Schutzmaßnahmen zur Folge gehabt hätte.

Die von der Antragsgegnerin im Genehmigungsbescheid angeordneten Schutzmaßnahmen sind aus Sicht der Kammer auch geeignet, hinsichtlich der Fledermausarten die Verwirklichung eines artenschutzrechtlichen Verbotstatbestandes zu verhindern. Die vom Antragsteller hiergegen erhobenen Einwände greifen nicht durch.

Die unter Ziffer 4.2 im Bescheid festgelegten Nebenbestimmungen entsprechen dabei inhaltlich den im LANUV-Leitfaden empfohlenen "Muster-Nebenbestimmungen für Genehmigungsbescheide" (dort Anhang 7; vgl. auch Ziffer 8. "Abschaltalgorithmen"). An insgesamt vier Windenergieanlagen ist in zwei aufeinanderfolgenden Aktivitätsperioden jeweils im Zeitraum zwischen dem 1. April und dem 31. Oktober ein akustisches Fledermausmonitoring durchzuführen (Ziffern 4.2.1.1 und 4.2.1.2). Überdies sind in Ziffer 4.2.2.1 für das erste Betriebsjahr verbindliche Abschaltalgorithmen festgelegt, bei deren Vorliegen die Anlagen zwischen Sonnenuntergang und Sonnenaufgang vollständig abzuschalten sind. Dies ist der Fall, wenn im Zeitraum vom 1. April bis zum 31. Oktober folgende Bedingungen gleichzeitig erfüllt sind: kein Niederschlag, Temperaturen von > 10°C, Windgeschwindigkeiten im 10-min-Mittel von < 6 m/s in Gondelhöhe. Mit Blick auf vom Antragsteller zunächst erhobene Einwände hinsichtlich der Bestimmtheit der Nebenbestimmung 4.2.2.2 hat die Antragsgegnerin diese mit Schriftsatz vom 29. August 2016 dahingehend neugefasst, dass nach Abschluss des ersten Monitoringjahres die Abschaltbedingungen für das zweite Monitoringjahr und nach dessen Abschluss der verbindliche Abschaltalgorithmus für den dauerhaften Betrieb der sieben Windenergieanlagen durch die Untere Landschaftsbehörde der Stadt Aachen festgelegt werden.

Soweit der Antragsteller gegen die Geeignetheit der Nebenbestimmung Ziffer 4.2.2.1 anführt, dass Fledermäuse auch noch bei Windgeschwindigkeiten > 6 m/s in Gondelhöhe und - abhängig von den vorherrschenden klimatischen Bedingungen - u.U. auch schon im März oder noch im November flögen, mag dies im Einzelfall zutreffen. Die insbesondere auf die Ergebnisse der Untersuchung von BRINKMANN et al. (Entwicklung von Methoden zur Untersuchung und Reduktion des Kollisionsrisikos von Fledermäusen an Onshore-Windenergieanlagen, 2011) gestützte Annahme der Antragsgegnerin, mit der insoweit vollständigen Übernahme der auf fachwissenschaftlichen Untersuchungen basierenden Empfehlungen des LANUV-Leitfadens sei aber einem signifikant erhöhten Tötungsrisiko für Fledermausarten wirksam begegnet, ist von ihrer naturschutzfachlichen Einschätzungsprärogative gedeckt.

Soweit der Antragsteller rügt, das Gondelmonitoring sei zur Erfassung der Fledermausaktivität im Bereich der Rotoren bereits nicht geeignet, so gilt im Ergebnis nichts anderes. Die vom Antragsteller beanstandeten Defizite dieser Methode wurden in der Untersuchung von BRINKMANN et al. (2011) betrachtet und über Korrekturfaktoren im Berechnungsalgorithmus ausgeglichen, wobei insoweit sogar von einer Gleichverteilung der Fledermausaktivitäten innerhalb der vom Rotor insgesamt überstrichenen Fläche ausgegangen wird. In der im Jahr 2015 vorgelegten Untersuchung "Reduktion des Kollisionsrisikos von Fledermäusen an Onshore-Windenergieanlagen (RENEBAT II)" wurde demgegenüber mittels einer wärmeoptischen 3D-Erfassung nachgewiesen, dass die Aufenthaltsdichte der Fledermäuse im Rotorbereich - und damit auch ihr Schlagrisiko - ab einem Abstand von etwa 10 m zum Gondelmittelpunkt exponentiell abfällt (S. 81 ff., 91, 95). Eine Ungeeignetheit des Gondelmonitorings zur Erfassung des Schlagrisikos von Fledermäusen kann vor diesem Hintergrund nicht angenommen werden. Bei dem Gondelmonitoring nach der Methode von BRINKMANN et al. (2011) handelt es sich vielmehr (nach wie vor) um eine wissenschaftlich anerkannte Methode zur Erfassung von Fledermausaktivitäten im Bereich von Windenergieanlagen (vgl. nur die RENEBAT II - Untersuchung, dort S. 317 ff.; vgl. auch LANUV-Leitfaden, S. 29 f.). Die Annahme der Antragsgegnerin, dass auf der Grundlage eines zweijährigen Gondelmonitorings verbindliche Abschaltalgorithmen festgelegt werden können, die ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko für Fledermäuse ausschließen, ist vor diesem Hintergrund ebenfalls von ihrer naturschutzfachlichen Einschätzungsprärogative gedeckt.

2.3.4 Kraniche

Auch hinsichtlich geschützter Vogelarten wird durch Errichtung und Betrieb der genehmigten Windenergieanlagen kein artenschutzrechtlicher Verbotstatbestand erfüllt.

Dies gilt zunächst für Kraniche. Ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko vermag die Kammer hinsichtlich dieser geschützten Vogelart nicht festzustellen.

Die Erfassung des Aufkommens von Brut-, Zug- und Rastvögeln erfolgte durch das Büro pro terra zunächst im Zeitraum von August 2010 bis Juni 2011. Methodisch erfolgte die Erfassung der Zug- und Rastvögel durch eine sog. Punkt-Stopp-Zählung im Wege der Sichtbeobachtung bei insgesamt sieben Begehungen in den Zeiträumen August bis Oktober 2010 und März bis April 2011. Bei diesen Begehungen habe im September 2010 einmalig ein kleiner Trupp von 8 Kranichen über einer Windwurffläche festgestellt werden können. Nach Beobachtungen ortskundiger Jagdpächter bzw. Förster hätten Kraniche in den vergangenen Jahren regelmäßig beobachtet werden können, auch sporadisch rastend "auf der Wiese im Indetal" (vgl. artenschutzrechtliches Gutachten von pro terra, 2011, S. 20 f., 35).

Insgesamt habe sich nur ein mäßig häufiges Zugvogelgeschehen im Untersuchungsgebiet gezeigt und sei davon auszugehen, dass es sich nicht um ein hervorragendes Rastgebiet für ziehende Vogelarten handele. Aachen liege zwar im Bereich der Hauptflugroute der Frühjahrs- und Herbstzüge. Die Kraniche überflögen auf dem Zug in breiter Front das gesamte Rheinland. Eine Tötung oder Verletzung der Tiere, die über dem betrachteten Gebiet nie in großen Schwärmen beobachtet worden seien, sei aber nicht zu befürchten, weil aufgrund des artspezifischen Verhaltens in der Regel ein gefahrloses Ausweichen gegeben sei. Auch eine erhebliche Störung sei auszuschließen, weil die Zughöhe regelmäßig oberhalb der Rotoren der Windenergieanlagen liege (vgl. artenschutzrechtliches Gutachten von pro terra, 2011, S. 31 ff., 57).

Dieses Untersuchungsergebnis wurde im Rahmen einer nochmaligen Überprüfung durch die Fachgutachter im Jahr 2012 bestätigt. Dabei berücksichtigten die Gutachter insbesondere die zwischenzeitlich mitgeteilten Beobachtungen von NABU-Mitgliedern für den Bereich des Münsterwaldes, denen zufolge am 2. November 2011 120 Tiere, am 11. November 2011 300 Tiere (in mehreren Trupps), am 12. November 2011 ca. 3.000 Tiere (in 35 min.) beobachtet worden seien. Nach Auskunft des NABU Aachen seien bis zum 24. November 2011 insgesamt etwa 70.000 Kraniche über der Region Aachen erfasst worden. Ebenfalls gebe es eine Beobachtung aus dem Jahr 2010 zur Rast eines Trupps im Naturschutzgebiet Struffelt, das etwa einen Kilometer östlich des Untersuchungsgebiets liege. Auch unter Berücksichtigung dieser Daten kommen die Gutachter zu dem Ergebnis, dass nicht davon auszugehen sei, dass vorhabenbedingt ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko für den Kranich bestehe, für den bislang auch erst 4 Schlagopfer belegt seien. Der Münsterwald stelle bezogen auf den Breitbandzug der Kraniche nur einen kleinen Teilausschnitt dar, der überdies keine besonderen Leitstrukturen, die einen konzentrierten Zug gerade über dieser Fläche hervorrufen könnten, aufweise. Zudem zögen die Kraniche in der Regel in größeren Höhen, meist zwischen 200 m bis 1.000 m. Verschiedene Untersuchungen belegten schließlich, dass Kraniche Windenergieanlagen meist weiträumig umflögen. Der Bereich weise zudem auch keine Qualitäten als potentielles Rastgebiet auf (vgl. Ergänzung des artenschutzrechtlichen Gutachtens von pro terra, 2012, S. 11 f., sowie Anlage 2, Artfür-Art-Protokoll "Kranich"). Aktuell seien keine Vermeidungsmaßnahmen erforderlich. Mit Blick darauf, dass Kraniche bei schlechten Sichtverhältnissen oder ungünstigen thermischen Bedingungen auch niedrigere Flughöhen nutzten, empfahlen die Gutachter aber, vorsorglich die technischen Möglichkeiten einer Abschaltung der Windenergieanlagen beim Vorliegen ungünstiger Witterungsverhältnisse zu prüfen (vgl. Ergänzung des artenschutzrechtlichen Gutachtens von pro terra, 2012, S. 12, sowie Anlage 2, Artfür-Art-Protokoll "Kranich").

Dieser Empfehlung ist die Antragsgegnerin nachgekommen. Sie hat im Genehmigungsbescheid unter Ziffer 4.3 zur Vermeidung eines Kollisionsrisikos ziehender Kraniche Nebenbestimmungen festgelegt. Mit Blick auf die vom Antragsteller insoweit zunächst erhobenen Einwände einer fehlenden Bestimmtheit dieser Regelungen hat die Antragsgegnerin die Nebenbestimmungen mit Schriftsatz vom 29. August 2016 vollständig neugefasst. Danach sind alle sieben Windenergieanlagen in der Zeit vom 1. Oktober bis 30. November und in der Zeit vom 1. Februar bis 31. März eines jeden Jahres an Massenzugtagen des Kranichs (mehr als 20.000 Individuen pro Zugtag, entspricht etwa 10 % der westziehenden Population) - zunächst grundsätzlich - temporär abzuschalten (Ziffer 4.3.1). Das Vorliegen eines Massenzugtages soll nach Abstimmung mit der Unteren Landschaftsbehörde der Stadt Aachen durch einen qualifizierten, im Monitoring von Kranichen erfahrenen Fachgutachter erfolgen. Mit vorheriger schriftlicher Zustimmung der Unteren Landschaftsbehörde können die Nebenbestimmungen Ziffer 4.3.1 und 4.3.1 dahingehend modifiziert werden, dass - insofern entsprechend den Empfehlungen der Fachgutachter - an Massenzugtagen die temporäre Abschaltung an die Bedingung des Vorliegens "ungünstiger Verhältnisse" geknüpft wird. Der Begriff der "ungünstigen Verhältnisse" wird unter Ziffer 4.3.3.5 näher definiert; hierzu zählen schlechte Witterungsbedingungen (starker Regen oder Nebel mit Sichtweiten unter 1.000 m und/oder Gegenwind ab einer Stärke von 4 bft), die Beobachtung deutlicher Abweichungen einzelner Trupps von der Zuglinie im Nahbereich zu den Anlagen (< 1.000 m), wozu auch wiederholtes Kreisen oder das Auflösen von Trupps zählt, das Ziehen mehrerer Trupps in niedriger Höhe von < 300 m über Niveau, ein Zugabbruch (auch in der weiteren Umgebung) sowie das Vorliegen von Witterungsbedingungen, die keine Beobachtung des Zugverlaufs ermöglichen (z.B. Nebel). Außerdem liegen "ungünstige Verhältnisse" auch dann vor, wenn während eines Massenzugtages schon vor den eigentlichen Beobachtungen vor Ort nach fachlicher Einschätzung des Fachgutachters ein erhöhtes Konfliktpotential prognostiziert werden kann, etwa aufgrund schlechter Witterungsbedingungen und/oder bei besonders niedrigem Zug nach Meldungen von Beobachtern aus vorgelagerten Gebieten.

Die dargestellte Bestandsaufnahme des Zugvogelaufkommens im Untersuchungsgebiet, die auch mit Blick auf Ziffer 6.5 des LANUV-Leitfadens hinreichend aktuell ist, ist im Ergebnis nicht zu beanstanden. Die Fachgutachter haben Sichtbeobachtungen während des Frühjahrs- und Herbstzuges durchgeführt und auch weitere Meldungen über Beobachtungen von Rast- und Zugbewegungen des Kranichs berücksichtigt. Insoweit ist unter Ziffer 6.2 des LANUV-Leitfadens ausgeführt, dass (lediglich) eine flächendeckende Kontrolle von bekannten Rast- und Überwinterungsplätzen im Frühjahr und Herbst erfolgen soll, dass aber eine gesonderte Erfassung des allgemeinen Vogelzug-Geschehens nicht erforderlich sei. Bekannte Rast- und Überwinterungsplätze des Kranichs wurden aber im Untersuchungsgebiet nicht festgestellt. Sofern im Naturschutzgebiet Struffelt die Rast von Kranichen beobachtet werden konnte, war dies ausweislich der Akten ein einmaliger Vorgang im Jahr 2010, der offenbar auch keinen großen Schwarm betraf. Dies deckt sich mit der vom LANUV NRW herausgegebenen Karte zum Schwerpunktvorkommen WEA-empfindlicher Rast- und Zugvogelarten von landesweiter Bedeutung (vgl. Anhang 1 des LANUV-Leitfadens), die für den Großraum Aachen kein Schwerpunktvorkommen aufzeigt. Dass der Zug der Kraniche auch über den Münsterwald geht, ist auch Grundlage der Einschätzung der Fachgutachter. Soweit die Antragsgegnerin sich deren Einschätzung zu eigen macht, dass aufgrund der üblichen Flughöhe des Zugs aber allein beim Vorliegen ungünstiger Verhältnisse ein Kollisionsrisiko bestehen kann, ist dies von ihrer naturschutzfachlichen Einschätzungsprärogative gedeckt.

Auch nach den vom Antragsteller insoweit zitierten und von den Länderarbeitsgemeinschaften der Vorgelschutzwarten (LAG VSW) herausgegebenen "Abstandsempfehlungen für Windenergieanlagen zu bedeutsamen Lebensräumen sowie Brutplätzen ausgewählter Vogelarten" vom 15. April 2015 (sog. "Helgoländer Papier 2015") ist das Kollisionsrisiko für den Kranich bei bislang 14 Schlagopfern aus Deutschland und weiteren vier aus Schweden, Polen und Bulgarien als gering einzuschätzen. Für Brutplätze wird wegen des von Windenergieanlagen möglicherweise ausgehenden Störpotentials ein Mindestabstand von 500 m als ausreichend erachtet, für bedeutende regelmäßig genutzte Schlafplätze von 3.000 m, mit einem Prüfbereich von 6.000 m (S. 14). Brutplätze und bedeutende regelmäßig genutzte Schlafplätze sind aber - ungeachtet der an anderer Stelle zu beantwortenden Frage der Relevanz des Helgoländer Papiers 2015 für die Einschätzung der Antragsgegnerin - vorliegend durch die Fachgutachter nicht festgestellt worden.

Obwohl damit für das regelmäßige Vogelzug-Geschehen ein Kollisionsrisiko für den Kranich als gering einzuschätzen und ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko bereits aus diesem Grund nicht festzustellen ist, hat die Antragsgegnerin - wiederum im Wege einer worstcase-Betrachtung - Schutzmaßnahmen vorgesehen für den Fall, dass an Massenzugtagen aufgrund ungünstiger Verhältnisse, insbesondere aufgrund schlechter Witterungsverhältnisse (Starkregen, Nebel, ungünstige thermische Bedingungen) bzw. aufgrund von Abweichungen beim Zug (ungewöhnlich niedriger Zug, Zugabbruch etc.), damit zu rechnen ist, dass Kraniche niedriger und damit potentiell auch im Bereich der Rotoren von Windenergieanlagen ziehen und überdies kein Meideverhalten zeigen. Dass durch die für diesen ungünstigsten Fall vorgesehenen Nebenbestimmungen, die insoweit ein temporäres Abschalten der Anlagen vorsehen, das Eintreten eines signifikant erhöhten Tötungsrisikos für Kraniche nicht vermieden werden kann, vermag die Kammer nicht festzustellen.

Dass die Anlagen beim Vorliegen der für den Zug der Kraniche ungünstigen Verhältnisse tatsächlich auch abgeschaltet werden, ist nach Auffassung der Kammer hinreichend sichergestellt. Zunächst hat die Kammer keine Veranlassung daran zu zweifeln, dass insbesondere unter den von der Antragsgegnerin in Ziffer 4.3.3.5 definierten Bedingungen die Gefahr besteht, dass Kraniche niedriger ziehen als üblich und damit potentiell in den Bereich der Rotoren der Windenergieanlagen geraten und mit diesen kollidieren können, wenn sie ihr arttypisches Meideverhalten nicht zeigen. Hiergegen hat auch der Antragsteller keine Einwände (mehr) erhoben. Dass diese "ungünstigen Verhältnisse" durch den mit vorheriger Zustimmung der Unteren Landschaftsbehörde zu beauftragenden Fachgutachter nicht hinreichend sicher bestimmt werden können, ist nicht anzunehmen.

Soweit der Antragsteller insoweit auf eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Koblenz verweist, der zufolge derartige Nebenbestimmungen zu unbestimmt seien, unterscheidet sich die vorliegend streitgegenständliche Regelung von dem Fall, über den das Verwaltungsgericht Koblenz zu entscheiden hatte, insbesondere darin, dass dort der Anlagenbetreiber selbst das Vorliegen der ungünstigen Wetterlage zu beurteilen hatte und die Regelung aus seiner Sicht Unklarheiten beinhaltete, wann die Voraussetzungen für eine Abschaltung der Anlagen anzunehmen waren.

Vgl. VG Koblenz, Urteil vom 5. November 2015 - 4 K 1106/14.KO -, juris Rn. 62 ff.

Dies ist hier gerade nicht der Fall. Dass ein im Monitoring von Kranichen erfahrener Fachgutachter aber - sicher anders als der Anlagenbetreiber - nicht beurteilen kann, wann zum einen ein Massenzugtag und zum anderen für den Zug der Kraniche ungünstige Wetterbedingungen vorliegen, die die Gefahr einer niedrigeren Zughöhe mit sich bringen, ist nicht anzunehmen. Insoweit ist sichergestellt, dass die Anlagen dann - aber auch nur dann - temporär abgeschaltet werden, wenn diese Bedingungen an Massenzugtagen auftreten, ohne dass insoweit der Anlagenbetreiber auf diese Entscheidung, die ihm durch den Fachgutachter unmittelbar bekannt gegeben wird, Einfluss nehmen kann. Angesichts des ohnehin geringen Schlagrisikos für Kraniche ist diese Regelung im Ergebnis nicht zu beanstanden.

2.3.5 Waldschnepfe

Die Verwirklichung artenschutzrechtlicher Verbotstatbestände ist auch hinsichtlich der Waldschnepfe nicht zu erwarten.

Nach dem artenschutzrechtlichen Gutachten des Büros pro terra vom August 2011 (S. 30, sowie Artfür-Art-Protokoll "Waldschnepfe", Anlage 7) konnte das Balzverhalten von Waldschnepfen (rufende Männchen) im Rahmen der Brutvogelkartierung im Frühjahr 2011 im Nordwesten des Vorhabengebietes an zwei Standorten erfasst werden. Einer der Standorte liege außerhalb in Grenzlage des betrachteten Gebietes. Eine nähere Abgrenzung von Brutstandort bzw. Kerngebiet der Art sowie eine quantitative Erfassung von Waldschnepfen sei nur mit hohem zeitlichen und personellen Aufwand möglich. Aufgrund der vorherrschenden Strukturen sowie vorliegender Daten (PEPL Prälatensief, Informationen von Jagdpächtern) und unter Berücksichtigung der artspezifischen Brutbiologie (Freibrüter, bevorzugt würden Waldböden mit einer gewissen Grundfeuchte sowie reichhaltiger Strauch- und Krautschicht), werde angenommen, dass dort ein regelmäßig genutztes Brutgebiet der Waldschnepfe vorliege. Ein Verlust von Brutplätzen sei aufgrund der speziellen Ansprüche an die Strukturen nicht anzunehmen, da die Anlage der Windenergieanlagen in meist dichten strukturarmen Fichtenbeständen erfolge. Eine Beeinträchtigung von Balz- und Brutgeschehen könne jedoch gerade während der Bauphase nicht ausgeschlossen werden. Deswegen sollten die Baumaßnahmen außerhalb der Brutzeit (September bis Februar) erfolgen, damit eine Vergrämung von Elterntieren während der Jungenaufzucht verhindert werde. Ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko sei nicht zu erwarten, da sich Waldschnepfen im Bruthabitat in der Regel nicht weit über den Baumwipfeln bewegten, sondern die Deckung der Vegetation nutzten. Eine Verschlechterung des Erhaltungszustandes der Art sei bei Durchführung des Vorhabens daher nicht zu erwarten. Die Fachgutachter stützten ihre Einschätzung auf das Ergebnis der im Frühjahr 2011 auf der Grundlage von insgesamt sechs Tagesbegehungen und drei Nachtbegehungen mit Unterstützung von Klangattrappen erfolgten Brutvogelkartierung.

Im Jahre 2014 wurde durch die ecoda Umweltgutachten GbR eine weitere Brutvogelkartierung durchgeführt, um die Ergebnisse der bisherigen Untersuchungen zu überprüfen. Ausweislich des Ergebnisberichtes vom 23. April 2015 wurden bei insgesamt zehn Begehungen zwischen Mitte März bis Anfang Juli 2014 zweimal Waldschnepfen erfasst: am 12. März seien zwei Individuen entlang des Vennbahnradweges geflogen; am 9. April sei ein weiteres Individuum im nördlichen Teil des engeren Untersuchungsraums (1.000 m Umkreis um die geplanten Windenergieanlagen) beim Überflug festgestellt worden. Ein Brutvorkommen der Art im engeren Untersuchungsraum sei vor dem Hintergrund der Daten möglich, dies dort vor allem in den feuchten Laubwaldbereichen.

Die Antragsgegnerin ist zum einen auf der Grundlage dieser Untersuchungen sowie des bereits im Jahr 2009 durch das Büro raskin vorgelegten "Pflege- und Entwicklungsplans für den Prälatensiefdistrikt", bei dem ebenfalls Waldschnepfen nachgewiesen werden konnten, von einem Vorkommen der Waldschnepfe im Vorhabengebiet, insbesondere im Bereich des Prälatensiefs ausgegangen. Die Antragsgegnerin hat zum anderen auch berücksichtigt, dass die Waldschnepfe zu den planungsrelevanten Arten zählt, die bei einer artenschutzrechtlichen Prüfung im Sinne einer Artfür-Art-Betrachtung einzeln zu bearbeiten sind.

Im Ergebnis naturschutzfachlich vertretbar ist auch die Einschätzung der Antragsgegnerin, dass es sich bei der Waldschnepfe nicht um eine sog. windenergiesensible Art handele, bei der im Sinne einer Regelfallvermutung davon auszugehen sei, dass die artenschutzrechtlichen Zugriffsverbote in Folge der betriebsbedingten Auswirkungen von Windenergieanlagen grundsätzlich nicht ausgelöst werden (vgl. LANUV-Leitfaden, S. 35, und Windenergie-Erlass NRW, S. 35 f.). Sie hat sich dabei orientiert an dem LANUV-Leitfaden vom 12. November 2013, in dessen Anhang 4 auf der Grundlage einschlägiger Fachliteratur, der Liste der WEA-empfindlichen Arten im Papier der Länderarbeitsgemeinschaft der Vogelschutzwarten (sog. "Helgoländer Papier 2007") sowie der in Deutschland aufgefundenen Kollisionsopfer von Vögeln eine Liste der durch die speziellen betriebsbedingten Auswirkungen von Windenergieanlagen überdurchschnittlich gefährdeten Arten zusammengestellt worden ist. Die Waldschnepfe ist in dieser Liste nicht aufgeführt.

Soweit der Antragsteller darauf hinweist, dass mit Blick auf das Helgoländer Papier in der aktualisierten Fassung aus dem Jahr 2015 sowie die auf den 1. März 2014 datierende Studie von DORKA et al. (Windkraft über Wald - kritisch für die Waldschnepfenbalz?) die Waldschnepfe inzwischen zu den windenergiesensiblen und damit hinsichtlich der Verwirklichung von artenschutzrechtlichen Verbotstatbeständen näher zu untersuchenden Vogelarten zu zählen sei, führt dies nicht zu einem anderen Ergebnis.

Das Helgoländer Papier 2015 entfaltet entgegen der Annahme des Antragstellers keine Verbindlichkeit für den Rechtsanwender, weder für die Genehmigungsbehörden noch für die Gerichte.

Vgl. hierzu auch: Brandt, Das Helgoländer Papier aus rechtlicher Sicht, ZNER 2015, 336, 337.

Dies nimmt die Verfasserin, die Länderarbeitsgemeinschaft der Vogelschutzwarten, für ihre Veröffentlichung auch gar nicht in Anspruch, handelt es sich doch ausdrücklich um Abstandsempfehlungen. Anders als noch in der Erstfassung aus dem Jahr 2007 wurde in der Neufassung aus dem Jahr 2015 erstmals auch die Waldschnepfe zu den windenergiesensiblen Arten gezählt und ein Mindestabstand von 500 m zu Balzrevieren dieser Art empfohlen. Das Helgoländer Papier 2015 stützt diese Neueinschätzung im Wesentlichen auf die Untersuchung von DORKA et al., die in den Jahren 2006 bis 2008 im Nordschwarzwald mittels Synchronzählung balzfliegender Waldschnepfen die Auswirkungen eines Windparks auf diese Art untersucht haben. An den 15 Zählstandorten sei die Flugbalzaktivität der Waldschnepfe um 88 % zurückgegangen. Die Verfasser vermuten als Ursache für diesen Rückgang insbesondere eine akustische Störwirkung durch den Betrieb des Windparks infolge der Störung/Maskierung der Balzgeräusche durch die Schallemissionen der Anlagen sowie anlagen- oder betriebsbedingte Barriere- und Scheuchwirkungen für die Waldschnepfe. Die Verfasser schließen ihren Ergebnisbericht mit dem - ebenso im Helgoländer Papier 2015 geäußerten - Wunsch, dass weitere Untersuchungen zur Reaktion dieser Art auf Windenergieanlagen angestellt würden.

Die Arbeit von DORKA et al. ist nicht ohne Kritik geblieben. In dem Beitrag von SCHMAL 2015 (Empfindlichkeit von Waldschnepfen gegenüber Windenergieanlagen; vgl. hierzu auch die Entgegnung der Verfasser der Studie, STRAUB et al. 2015, Die Waldschnepfe ist "windkraftsensibel" und artenschutzrechtlich relevant) wird insbesondere kritisiert, dass die Verfasser auf der Grundlage einer jeweils einmaligen, zweistündigen synchronen Vorher-Nachher-Erfassung ohne Berücksichtigung von vorübergehenden oder nachhaltigen Habitatveränderungen oder anderen möglichen Einflussgrößen bei Überschätzung der angenommenen Erfassungsradien zu falschen Schlussfolgerungen gekommen seien. Die Arbeit von DORKA et al. könne allenfalls einen Anfangsverdacht auf eine Empfindlichkeit der Waldschnepfe begründen. Die aufgestellten Thesen müssten aber erst durch weitere Untersuchungen bestätigt werden. RICHARZ (Energiewende und Naturschutz - Windenergie im Lebensraum Wald) kritisiert in seinem Statusreport von November 2014 an der Untersuchung von DORKA et al., die aber wichtige Hinweise zur Empfindlichkeit der Waldschnepfe liefere, dass die zur Berechnung herangezogenen Rohdaten aus einem Kartierungsgang pro Jahr stammten und damit nicht dem Methodenstandard zur Erfassung balzender Waldschnepfen-Männchen entspreche.

Die Studie von DORKA et al. ist bislang die einzige, wissenschaftlich aber nicht unumstrittene Untersuchung zur WEA-Empfindlichkeit der Waldschnepfe. Sie ist die Grundlage für die Einstufung der Waldschnepfe als windenergiesensible Art durch das Helgoländer Papier 2015. Auch diese Abstandsempfehlungen sind aber von den Ländern nicht einfach übernommen worden. Auf ihrer Frühjahrskonferenz hat sich die Umweltministerkonferenz mit dem Papier befasst. Die Sitzungen der Umweltminister werden nach der Geschäftsordnung durch die Konferenz der Amtschefs der Umweltministerien des Bundes und der Länder vorbereitet. Im Beschluss der Amtschefkonferenz vom 21. Mai 2015 heißt es insoweit auszugsweise, dass die Konferenz das Papier "zur Kenntnis" nimmt (Ziffer 1.) sowie dass die Konferenz darüber hinaus zur Kenntnis nimmt, "dass inzwischen vielfältige wissenschaftliche Studien zum Verhalten windenergieempfindlicher Vogelarten vorliegen" und dass hierbei zu berücksichtigen sei, "dass die naturräumlichen Gegebenheiten, die Flächennutzung sowie das vorkommende Artenspektrum und daher die jeweiligen Nutzungskonflikte in den Regionen unterschiedlich sein können", weswegen "einheitliche Empfehlungen deshalb nicht möglich" seien (Ziffer 2.). Diesem Beschluss der Amtschefkonferenz hat sich die Umweltministerkonferenz am 22. Mai 2015 "Kenntnis nehmend" angeschlossen.

Vgl. Brandt, Das Helgoländer Papier aus rechtlicher Sicht, ZNER 2015, 336, 337.

Es ist mithin keineswegs so, dass die Abstandsempfehlungen des Helgoländer Papiers 2015 von der Umweltministerkonferenz einstimmig als künftig maßgeblich angesehen wurden. Auch der Windenergie-Erlass NRW vom 4. November 2015 hat sich mit dem Helgoländer Papier 2015 befasst und hinsichtlich der Artenauswahl der windenergieempfindlichen Arten sowie die Abstandsempfehlungen weiter auf die im Anhang 4 des LANUV-Leitfadens 2013 veröffentlichte Liste verwiesen (S. 36 f.).

Vor diesem Hintergrund ist auch unter Berücksichtigung des vom Antragsteller vorgelegten Gutachtens von Müller (Windkraft und Waldschnepfe im Windpark Münsterwald) nicht festzustellen, dass die fachliche Einschätzung des LANUV NRW vom 12. November 2013, dass es sich bei der Waldschnepfe nicht um eine windenergiesensible Vogelart handele, durch neue wissenschaftliche Erkenntnisse gänzlich überholt und nicht mehr vertretbar wäre. Es ist vielmehr zu konstatieren, dass insoweit offensichtlich noch Forschungsbedarf besteht, sich aber noch keine allgemein anerkannte wissenschaftliche Betrachtung durchgesetzt hat (vgl. insoweit auch Landesamt für Umwelt Brandenburg - Staatliche Vogelschutzwarte, Informationen über Einflüsse der Windenergienutzung auf Vögel, Stand: September 2016, S. 63 f. "Weitere Untersuchungen zum Einfluss von WEA auf Waldschnepfen sind wünschenswert"). Unter Zugrundelegung des eingangs dargestellten Maßstabes wird die Erfassung und Bewertung der betriebsbedingten Auswirkungen der genehmigten Windenergieanlagen auf Waldschnepfen daher von der naturschutzfachlichen Einschätzungsprärogative der Antragsgegnerin (noch) gedeckt.

2.3.6 Rotmilan

Auch hinsichtlich des Rotmilans ist die Verwirklichung eines artenschutzrechtlichen Verbotstatbestandes nicht festzustellen.

Der Rotmilan konnte ausweislich des artenschutzrechtlichen Gutachtens des Büros pro terra vom August 2011 im Rahmen der Kartierungen im Jahr 2010/2011 im Untersuchungsgebiet nicht nachgewiesen werden. Die in den Frühsommermonaten 2011 durchgeführte Brutvogelerfassung habe auch keine genutzten Horste auf der Untersuchungsfläche erbracht (vgl. die Ergänzung des artenschutzrechtlichen Gutachtens von pro terra, 2012, S. 14). Der Rotmilan besiedle offene, reich gegliederte Landschaften mit Feldgehölzen und Wäldern, große zusammenhängende Waldgebiete aber nur in den Randzonen. Brutstandorte lägen am Rande von lichten Althölzern, nur selten im Inneren solcher Bestände. Bevorzugte Horstbäume seien Rotbuche, Eiche, aber auch Tanne und Kiefer. Aufgrund der Erfassungsberichte sowie der ökologischen Einnischung der Art könne angenommen werden, dass es sich bei dem betrachteten, weitgehend dichten Waldbestand weder um ein bevorzugtes Nahrungsgebiet des Rotmilans, noch um ein potentielles Brutgebiet handele (vgl. auch das Artfür-Art-Protokoll "Rotmilan" in der Anlage 2 der Ergänzung des artenschutzrechtlichen Gutachtens von pro terra, 2012).

Aufgrund neuerer Beobachtungen des Rotmilans und des Schwarzstorches, die das weitere Umfeld des Vorhabengebietes betrafen, wurde im Frühjahr 2012 durch das Büro pro terra eine neue Erfassung der beiden Arten in Form einer Funktionsraumanalyse in einem Untersuchungsradius von 4 km um den Mittelpunkt der geplanten Vorrangfläche für Windkraft "Münsterwald" vorgenommen. Die Untersuchungen erfolgten im Zeitraum 23. März 2012 bis zum 25. Juni 2012 an acht Terminen, von denen zwei ganztägige Termine mit je vier und zwei halbtägige Termine mit je zwei Beobachtern absolviert wurden. Darüber hinaus wurden vier halbtägige Termine zur Horstsuche, Horstkontrolle und der gezielten Beobachtung kleinerer Flächen mit einer Person genutzt. An drei Terminen konnten Rotmilane im erweiterten Untersuchungsgebiet nachgewiesen werden. Als Ergebnis der Beobachtungen ließen sich für den Bereich X. -Schmithof-Sief-Raeren sowie für den Bereich nördliches Roetgen Funktionsräume festlegen, die als Nahrungshabitat genutzt werden, und auch Flugkorridore beschreiben. Der Nachweis eines Rotmilanhorstes konnte auch unter Einsatz eines Baumkletterers, der zwei Horste näher untersucht hatte, nicht geführt werden. Auch die ergänzende Befragung der Revierförster ergab keine Hinweise auf ein Brutvorkommen des Rotmilans im Untersuchungsgebiet.

Im Rahmen der Brutvogelkartierung durch das Büro ecoda im Jahr 2014 konnten im weiteren Untersuchungsraum (2.000 m Umkreis um die geplanten WEA) ab Anfang April regelmäßig Rotmilane festgestellt werden. Aus den Daten ergebe sich ein deutlicher Brutverdacht des Rotmilans nordöstlich eines Untersuchungsraumes mit einem 3.000 m - Umkreis um die geplanten Anlagen. Dort sei beobachtet worden, wie ein Rotmilan mit Beute in den Waldbereich eingeflogen sei. Hinweise auf Bruten im engeren und weiteren Untersuchungsraum (1.000 m bzw. 2.000 m Umkreis) hätten sich nicht ergeben. Im weiteren Untersuchungsraum werde der Rotmilan aber als regelmäßiger Nahrungsgast angesehen.

Der Rotmilan gehört im Verhältnis zu seinem Gesamtbestand nachweislich zu den überproportional häufigsten Schlagopfern von Windenergieanlagen, was sich in erster Linie mit dem fehlenden Meideverhalten dieser Art gegenüber Windenergieanlagen erklärt. Nach dem LANUV-Leitfaden 2013 ist der Radius des Untersuchungsgebietes für die vertiefende Prüfung (ASP II) mit 1.000 m angegeben. Allgemein kann davon ausgegangen werden, dass (jedenfalls) innerhalb eines Radius von 1.000 m um den Horst eines Rotmilans sowie in den regelmäßig frequentierten Nahrungshabitaten und Flugkorridoren ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko durch den Betrieb von Windenergieanlagen gegeben ist, es sei denn, eine Ermittlung der regelmäßig frequentierten Nahrungshabitate und Flugkorridore zeigt auf, dass die innerhalb des 1.000 m-Radius betroffenen Bereiche nicht oder nicht regelmäßig genutzt werden.

Vgl. OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 20. Januar 2016 - 2 L 153/13 -, juris Rn. 68 ff., und Beschluss vom 21. März 2013 - 2 M 154/12 -, juris Rn. 31; Hessischer VGH, Beschluss vom 21. Dezember 2015 - 9 B 1607/15 -, juris Rn. 39, und Urteil vom 17. Dezember 2013 - 9 A 1540/12.Z -, juris Rn. 11; BayVGH, Urteil vom 18. Juni 2014 - 22 B 13.1358 -, juris Rn. 50, 52 (inzwischen aufgegeben).

Ob die im Helgoländer Papier 2015 zwischenzeitlich vorgenommene Vergrößerung des empfohlenen Mindestabstandes von Windenergieanlagen zu Brutplätzen des Rotmilans auf 1.500 m nunmehr den allgemein anerkannten fachwissenschaftlichen Standard darstellt und von der Genehmigungsbehörde regelmäßig zu beachten ist,

vgl. BayVGH, Urteile vom 27. Mai 2016 - 22 BV 15.1959 -, juris Rn. 32, und - 22 BV 15.2003 -, juris Rn. 37, 39, sowie vom 29. März 2016 - 22 B 14.1875 - und 22 B 14.1876 -, juris Rn. 45; kritisch: Brandt, Das Helgoländer Papier - grundsätzliche wissenschaftliche Anforderungen, Februar 2016, S. 36; vgl. zur Verbindlichkeit der Abstandsempfehlungen des Helgoländer Papiers auch die Ausführungen unter Ziffer 2.3.5,

kann die Kammer hier dahin stehen lassen. Denn selbst unter Berücksichtigung dieser Abstandsempfehlung ist vorliegend nicht davon auszugehen, dass ein artenschutzrechtlicher Verbotstatbestand erfüllt wird.

Aufgrund der erfolgten Brutvogelkartierungen konnte zwar kein Horst eines Rotmilans nachgewiesen werden. Es ergab sich aufgrund der dargestellten Beobachtungen aber ein deutlicher Brutverdacht nordöstlich eines Untersuchungsraumes in einem 3.000 m Umkreis um die geplanten Windenergieanlagen. Der vermutete Horststandort wurde in Karte 2.4 des Ergebnisberichts zur Brutvogelkartierung 2014 kartiert. Nördlich des engeren Untersuchungsraums (1.000 m Umkreis) lag auch der Schwerpunkt der beobachteten Flugbewegungen; hier wurden 16 von 19 Flügen eines Rotmilans beobachtet. Diese Feststellungen stimmen mit dem vom Antragsteller vorgelegten avifaunistischen Fachbeitrag von Dr. Aletsee von der NABU Naturschutzstation Aachen e.V. vom 23. April 2015 überein, dem zufolge nördlich in einer Entfernung von etwa 3.000 m zum Vorhabengebiet ein Horst bekannt sei. Der weiter aufgeführte und südlich vom Vorhabengebiet in einer Entfernung von etwa 1.000 m liegende weitere Horst, der ebenso wie der nördliche Horst seit mehreren Jahren genutzt werde, konnte von den Fachgutachtern hingegen nicht bestätigt werden. Auch Dr. Aletsee war der genaue Standort nicht bekannt. Die Angaben zum Horststandort stammten von Privatpersonen. Auch die auf dieser Grundlage im avifaunistischen Fachbeitrag vom 23. April 2015 getroffene Aussage, es spreche Vieles dafür, dass der Münsterwald von dem Brutpaar des südlich des Vorhabengebietes liegenden Horststandortes zumindest als Flugraum/Flugkorridor genutzt werde, um zu den attraktiven Nahrungshabitaten nördlich des Vorhabengebietes zu gelangen, ist durch die Sichtbeobachtungen im Rahmen der Brutvogelkartierung nicht bestätigt worden. Im engeren Untersuchungsraum (1.000 m Umkreis) wurden lediglich 3 von 19 Flügen beobachtet, von denen nur ein Flug aus dem südlichen Bereich heraus über das Vorhabengebiet erfolgte. Von einer regelmäßigen Nutzung des Luftraums über dem Vorhabengebiet kann angesichts dieser Feststellungen nicht gesprochen werden. Selbst wenn - ohne dass bislang insoweit ein Nachweis geführt worden wäre - tatsächlich davon auszugehen wäre, dass im Abstand von etwa 1.500 m ein noch im Jahr 2015 bebrüteter Horst eines Rotmilanpaars läge, führte dies nicht zur Annahme eines signifikant erhöhten Tötungsrisikos. Zum einen lässt sich mangels exakter Standortbestimmung bereits nicht feststellen, dass der im Helgoländer Papier 2015 empfohlene Sicherheitsabstand von 1.500 m tatsächlich unterschritten oder möglicherweise doch (noch) eingehalten wäre. Zum anderen aber, und dies ist entscheidend, ist auf der Grundlage der dokumentierten Sichtbeobachtungen nicht davon auszugehen, dass der Münsterwald von einem Brutpaar eines südlich gelegenen Horstes tatsächlich als Flugkorridor zu einem nördlich gelegenen Nahrungshabitat genutzt und das Vorhabengebiet tatsächlich regelmäßig überflogen wird. Diese in dem avifaunistischen Fachbeitrag formulierten Annahmen sind durch die Untersuchungen gerade nicht bestätigt worden. Dies wäre aber zu erwarten gewesen, wenn die weitere Annahme stimmte, dass das Brutpaar "allein nach Norden über das Plangebiet hinweg die Möglichkeit habe, im sogenannten Münsterländchen zwischen Raeren und Kornelimünster weitere Nahrungsressourcen zu erschließen". Das Vorliegen eines Rotmilanhorstes in einer Entfernung von 1.500 m führt hier daher nicht zu einem signifikant erhöhten Tötungsrisiko, ohne dass es darauf ankäme, ob der auf 1.500 m erhöhte Mindestabstand insoweit inzwischen maßgeblich ist. Dies gilt im Übrigen umso mehr vor dem Hintergrund, dass nach einer dreijährigen Studie von HÖTKER et al. 2013 (Greifvögel und Windkraftanlagen: Problemanalyse und Lösungsvorschläge, S. 93, 95) möglicherweise auch ein Schutzabstand von 1.250 m ausreichend ist.

Vgl. OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 20. Januar 2016 - 2 L 153/13 -, juris Rn. 68; vgl. auch KohleNusbaumer, Windenergie und Rotmilan: Ein Scheinproblem, Januar 2016, S. 21, die Mindestabstände generell für ungeeignet zum Schutz von Rotmilanen halten, jedenfalls soweit sie 500 m überschreiten.

Soweit der Antragsteller im Rahmen des vorliegenden Verfahrens auf einen aktuell bebrüteten Rotmilanhorst in einer Entfernung von 1.444 m zum Rotorradius der WEA 7 verweist, ist dieser Vortrag, ohne dass es insoweit auf eine Entscheidung zur Frage des maßgeblichen Mindestabstandes ankäme, hier bereits unbeachtlich.

Denn in Fällen der Anfechtung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung durch Dritte ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Genehmigungserteilung für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Genehmigung maßgeblich. Dies schließt es zwar nicht aus, nachträglich - etwa aufgrund einer nach Errichtung der Anlage durchgeführten Messung - gewonnene Erkenntnisse im Rahmen einer solchen Drittanfechtungsklage zu berücksichtigen. Denn hierbei handelt es sich nicht um nachträgliche Veränderungen der Sachlage, die zu Lasten des Bauherrn grundsätzlich nicht berücksichtigt werden dürfen, sondern lediglich um spätere Erkenntnisse hinsichtlich der ursprünglichen Sachlage.

Vgl. OVG NRW, u.a. Beschluss vom 23. Juni 2010 - 8 A 340/09 -, juris Rn. 18 ff. m.w.N.; Willmann, Die Entwicklung der Rechtsprechung zum Windenergierecht im Jahre 2014, ZNER 2015, 234, 240.

Um bloße später gewonnene Erkenntnisse hinsichtlich einer früher schon vorhandenen Sachlage handelte es sich vorliegend aber nicht, wenn der Antragsteller vorträgt, im Jahr 2016 sei ein neuer Rotmilanhorst im Abstand von nur ca. 1.444 m zu einer Windenergieanlage festgestellt worden. Diese nachträgliche Veränderung der Sachlage darf vorliegend daher nicht zu Lasten des Vorhabenträgers verwendet werden.

2.3.7 Schwarzstorch

Hinsichtlich des Schwarzstorches ist eine Verwirklichung eines artenschutzrechtlichen Verbotstatbestandes ebenfalls nicht zu erwarten.

Der Schwarzstorch konnte ausweislich des artenschutzrechtlichen Gutachtens des Büros pro terra vom August 2011 im Rahmen der Kartierungen im Jahr 2010/2011 im Untersuchungsgebiet nicht nachgewiesen werden. Auch das avifaunistische Gutachten des Büros raskin aus dem Jahr 2009 weist keine Beobachtungen des Schwarzstorches auf. Nach Informationen von Jagdpächtern bzw. Förstern seien in den vergangenen Jahren aber zweimal Schwarzstörche außerhalb der Brutzeit gesichtet worden. Im August 2011 sei abermals ein Schwarzstorch auf Grünland zwischen Sief und Raeren beobachtet worden (vgl. artenschutzrechtliches Gutachten von pro terra, 2011, S. 35, sowie die Ergänzung des artenschutzrechtlichen Gutachtens von pro terra, 2012, S. 12 f.). Der Schwarzstorch besiedle größere, naturnahe Laub- und Mischwälder mit naturnahen Bächen, Waldteichen, Altwässern, Sümpfen und eingeschlossenen Feuchtwiesen. Bei der Wahl des Bruthabitates würden rechhaltig strukturierte Wälder gegenüber einförmig geschlossenen Waldkomplexen bevorzugt. Für die Anlage von Horsten würden vornehmlich lichte Altholzbestände gewählt. Dabei sei eine geringe Störungstoleranz im Bereich des Horststandortes von hoher Bedeutung. Aufgrund der avifaunistischen Untersuchungsergebnisse sei eine regelmäßige Nutzung der Vorhabensfläche derzeit auszuschließen. Da im näheren Umfeld aktuell kein Brutstandort vorhanden sei, könne auch nicht von einer erheblichen Störung während der Brutzeit oder einem signifikant erhöhten Tötungsrisiko bei Durchführung des Vorhabens ausgegangen werden.

Im Rahmen der im Frühjahr 2012 durch das Büro pro terra durchgeführten Funktionsraumanalyse konnten Schwarzstörche auch im auf einen 4 km - Umkreis erweiterten Untersuchungsgebiet nicht nachgewiesen werden. Den Fachgutachtern wurden aber mehrere Beobachtungen von Ditten zugetragen; danach ist der Schwarzstorch im Jahr 2012 im Bereich Kornelimünster/X. und südlich Schmithof sowie auf angrenzendem belgischen Staatsgebiet zwischen Eynatten und Raeren am Reybach beobachtet worden. Zusätzlich soll es nach den Angaben einer Bürgerinitiative gegen die Windparkerstellung im Aachener Münsterwald mehrere Beobachtungen des Schwarzstorches aus dem Jahr 2011 im Umfeld von Schmithof und Marienbildchen, aber auch an der Inde in Belgien gegeben haben. Der Nachweis eines Schwarzstorchhorstes konnte auch unter Einsatz eines Baumkletterers, der zwei Horste näher untersucht hatte, nicht geführt werden. Auch die ergänzende Befragung der Revierförster und Jagdpächter ergab keine Hinweise auf ein Brutvorkommen des Schwarzstorches im Untersuchungsgebiet. Die Fachgutachter gehen auf dieser Grundlage davon aus, dass nicht von einer Brut des Schwarzstorches oder einer regelmäßigen Nahrungssuche im Untersuchungsraum auszugehen sei. Auch, wenn immer wiederkehrende Beobachtungen des Schwarzstorches für den Großraum vorlägen, müsse aufgrund der Untersuchungsergebnisse angenommen werden, dass es sich eher um nicht verpaarte Individuen, Durchzügler oder Tiere vor bzw. nach dem Brutgeschehen handele. Da Teilbereiche des Untersuchungsraums durchaus Besiedlungspotential für den Schwarzstorch aufwiesen, könne eine künftige Ansiedlung nicht ausgeschlossen werden. Aktuell bestehe aber kein Brutverdacht. Ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko sei nicht gegeben.

Im Rahmen der Brutvogelkartierung durch das Büro ecoda im Jahr 2014 konnten im weiteren Untersuchungsraum (3.000 m - Umkreis um die geplanten WEA) ab Mai an vier Beobachtungstagen Schwarzstörche festgestellt werden. Am 14. Mai 2014 wurde ein Individuum im Gleitflug über Schmithof/Friesenrath in östlicher Richtung fliegend an der Grenze des weiteren Untersuchungsraums (2.000 m Umkreis) gesichtet. Am 20. Mai 2014 wurden zwei Individuen nordöstlich außerhalb des 3.000 m - Umkreises im Bereich Lichtenbusch beobachtet. Am 6. Juni 2014 wurde ein Schwarzstorch an der Dreilägerbachtalsperre, also im 2.000 m - Umkreis, kurz auf- und wieder absteigend gesichtet. Am 3. Juli 2014 wurde zunächst nördlich außerhalb des 3.000 m - Umkreises ein Tier im Gleitflug gesichtet, kurze Zeit später im selben Bereich innerhalb des 3.000 m - Umkreises. Im engeren Untersuchungsraum (1.000 m Umkreis) wurden keine Flugbewegungen des Schwarzstorches registriert. Im weiteren Untersuchungsraum (3.000 m Umkreis) werde der Schwarzstorch in geeigneten Habitaten von den Fachgutachtern als Nahrungsgast eingestuft.

Dass der scheue und störungsempfindliche Schwarzstorch aufgrund eines fehlenden Meideverhaltens gegenüber Windenergieanlagen zu den kollisionsgefährdeten Vogelarten gehört, ist nicht zwingend anzunehmen. Es sprechen vielmehr auch konkrete Anzeichen dafür, dass er Windenergieanlagen umfliegt, zumal bundesweit nach wie vor erst zwei Schlagopfer registriert sind.

Vgl. insoweit Landesamt für Umwelt Brandenburg - Staatliche Vogelschutzwarte, Informationen über Einflüsse der Windenergienutzung auf Vögel, Stand: September 2016, S. 9 f.; vgl. auch BayVGH, Beschluss vom 28. September 2015 - 22 CS 15.1625 -, juris Rn. 12, und Urteil vom 18. Juni 2014 - 22 B 13.1358 -, juris Rn. 47.

Nach dem LANUV-Leitfaden 2013 ist der Radius des Untersuchungsgebietes für die vertiefende Prüfung (ASP II) mit 3.000 m angegeben. Dem entsprechen die Abstandsempfehlungen des Helgoländer Papiers 2015, die hinsichtlich des Schwarzstorches ebenfalls einen Mindestabstand von Windenergieanlagen zu Brutplätzen von 3.000 m empfehlen.

Ein Horst eines Schwarzstorches konnte im Untersuchungsbereich aber nicht nachgewiesen werden. Auch nach den Feststellungen im avifaunistischen Fachbeitrag von Dr. Aletsee vom 23. April 2015 ist der nächstgelegene Horst vom Vorhabengebiet ca. 10 km entfernt.

Die Prüfung, ob ein artenschutzrechtliches Verbot hinsichtlich des Schwarzstorches verwirklicht wird, ist aber nicht auf eine Überprüfung der Einhaltung des Mindestabstandes zu einem Brutplatz beschränkt, sondern umfasst auch die Frage, ob regelmäßig genutzte Nahrungshabitate zu Flugkorridoren zwischen Horst und Nahrungshabitat über das Vorhabengebiet führen und dort, wenn auch nicht zu einer signifikant erhöhten Kollisionsgefahr, so jedenfalls zu Störungen führen, die eine möglicherweise populationsrelevante Aufgabe von Brutplätzen zur Folge haben. Dies hat die Antragsgegnerin hier aber im Ergebnis vertretbar verneint. Denn selbst unter Berücksichtigung der im avifaunistischen Fachbeitrag vom 23. April 2015 mitgeteilten weiteren Schwarzstorchbeobachtungen im Zeitraum 2012 bis 2014 ist nicht nachgewiesen, dass es sich beim Vorhabengebiet um ein regelmäßig aufgesuchtes Nahrungshabitat oder jedenfalls um einen regelmäßig auf dem Weg vom Horst zum Nahrungshabitat überflogenen Bereich handelt. Weder durch die Fachgutachter noch durch die Privatpersonen, die ihre Beobachtungen der NABU-Naturschutzstation weitergegeben haben, sind Überflüge über das Vorhabengebiet selbst festgestellt worden. Die wenigen seitens der Fachgutachter festgestellten Flugbewegungen haben alle innerhalb oder sogar außerhalb des 3.000 m - Umkreises stattgefunden. In keinem Fall war der engere Untersuchungsraum (1.000 m Umkreis) auch nur annähernd betroffen. Dass der weitgehend geschlossene Waldbereich des Vorhabensgebietes kein besonders geeignetes Nahrungshabitat darstellt, stellt auch der avifaunistische Fachbeitrag nicht in Frage ("überwiegende Unzulänglichkeit der Nahrungshabitate im Wald"). In diesem wird einzig aus den Flugrichtungen der regelmäßig außerhalb der Waldfläche des Münsterwaldes beobachteten Individuen darauf geschlossen, dass das Vorhabengebiet von diesen (gleichwohl) regelmäßig zur Nahrungssuche aufgesucht wird. Diese Annahme reicht für die Feststellung der Verwirklichung eines artenschutzrechtlichen Verbotstatbestandes, für die die durchgeführten Untersuchungen der Fachgutachter nichts hergeben, aber nicht aus.

2.3.8 Weitere Angehörige geschützter Vogelarten

Soweit der Antragsteller hinsichtlich weiterer geschützter Vogelarten die Verwirklichung artenschutzrechtlicher Verbotstatbestände rügt, führt auch dieser Einwand nicht zu einem der Genehmigung der Windenergieanlagen entgegenstehenden Belang.

Hinsichtlich des windenergiesensiblen Uhus, für den sowohl seitens des LANUV-Leitfadens 2013 als auch nach dem Helgoländer Papier 2015 ein Mindestabstand von 1.000 m zu einem Brutplatz erforderlich ist, ist ausweislich der Ergänzung zum artenschutzrechtlichen Gutachten des Büros pro terra, 2012 (S. 15 f.), davon auszugehen, dass sich das nächste bekannte Brutvorkommen in ca. 2,4 km Entfernung zum Vorhabengebiet in einem aktiven Steinbruch in X. -Friesenrath befindet. Im Untersuchungsgebiet sei im Zeitraum 2010/2011 trotz Einsatzes von Klangattrappen von den Fachgutachtern kein Uhu gesichtet worden. Da von der Beräumung der Vorhabenflächen keine Bruträume betroffen seien, sei auch mit baubedingten Auswirkungen nicht zu rechnen. Auch im Rahmen der Brutvogelkartierung 2014 ist der Uhu im Untersuchungsgebiet nicht festgestellt worden. Die auf dieser Grundlage getroffene Einschätzung der Antragsgegnerin, hinsichtlich des Uhus komme es auch deswegen, weil ernst zu nehmende Hinweise auf einen Hauptflugkorridor des Uhus im Vorhabengebiet ebenfalls nicht vorlägen, nicht zur Verwirklichung eines artenschutzrechtlichen Verbotstatbestandes, ist naturschutzfachlich vertretbar.

Hinsichtlich der ebenfalls windenergiesensiblen Sumpfohreule wird sowohl seitens des LANUV-Leitfadens 2013 als auch nach dem Helgoländer Papier 2015 ein Mindestabstand von 1.000 m zu einem Brutplatz empfohlen. Im Rahmen der Erfassungen 2010 und 2011 konnte die Sumpfohreule im Untersuchungsgebiet nicht festgestellt werden. Auch anlässlich der Brutvogelkartierung im Jahr 2014 erfolgte kein Nachweis der Art. Dass die Sumpfohreule, die nach den Angaben des Antragstellers im Naturschutzgebiet Struffelt von Privatpersonen in den Jahren 2011 bis 2013 beobachtet worden sei, das Vorhabengebiet regelmäßig als Hauptflugkorridor zwischen Schlafplatz und Nahrungshabitat nutze und den Münsterwald überfliege, ist nicht belegt und drängt sich insbesondere auch auf der Grundlage der avifaunistischen Untersuchungen seitens der Fachgutachter nicht auf. Die auf dieser Grundlage getroffene Einschätzung der Antragsgegnerin, hinsichtlich des Sumpfohreule komme es nicht zur Erfüllung eines artenschutzrechtlichen Verbotstatbestandes, ist naturschutzfachlich ebenfalls vertretbar.

Der nicht windenergiesensible Kolkrabe konnte im Rahmen der avifaunistischen Untersuchungen in den Jahren 2010-2012 sowie anlässlich der Brutvogelkartierung im Jahr 2014 ebenfalls nicht festgestellt werden. In etwa 2 km Entfernung zum Vorhabengebiet konnten von privater Seite im März und Oktober 2011 jeweils ein Exemplar und im August 2011 zwei Exemplare beobachtet werden. Die Fachgutachter schlossen auf dieser Grundlage eine regelmäßige Nutzung der Vorhabenfläche aus (vgl. Ergänzung zum artenschutzrechtlichen Gutachten des Büros pro terra, 2012, S. 11). Die hierauf basierende Einschätzung der Antragsgegnerin, auch hinsichtlich des Kolkrabens sei kein artenschutzrechtlicher Verbotstatbestand erfüllt, ist naturschutzfachlich vertretbar.

Im Zeitraum 2010/2011 wurde durch das Büro pro terra einmalig ein ziehender Trupp von 9 Graureihern im freien Luftraum über einer großen Windwurffläche beobachtet. Im Rahmen der Brutvogelkartierung 2014 wurden Graureiher, meist als Einzelindividuen, regelmäßig auf landwirtschaftlich genutzten und als regelmäßige Nahrungshabitate dienenden Offenflächen außerhalb des Waldes bei der Nahrungssuche oder bei Überflügen gesichtet. Die Waldbereiche des zentralen Teils des Untersuchungsraums wurden allenfalls unregelmäßig überflogen und für die Art als allenfalls gering bedeutend eingestuft. Hinweise auf eine Brutkolonie im weiteren Untersuchungsraum (2.000 m Umkreis) haben sich nicht ergeben. Der Graureiher wird im LANUV-Leitfaden 2013 nicht als windenergiesensibel eingestuft. Im Helgoländer Papier 2015 wird für den Graureiher als Koloniebrüter ein Mindestabstand von 1.000 m zu einem Brutort empfohlen. Ein solcher Brutort konnte aber auch im weiteren Untersuchungsraum nicht festgestellt werden. Angesichts dessen ist die Einschätzung der Antragsgegnerin, hinsichtlich des Graureihers sei die Verwirklichung eines artenschutzrechtlichen Verbotstatbestandes nicht zu erwarten, im Ergebnis naturschutzfachlich vertretbar.

Schließlich gilt dies ebenso hinsichtlich des nicht als windenergiesensibel eingestuften Mäusebussards. Dieser gehört zwar zu den im Rahmen der Vogelkartierungen in den Jahren 2010 und 2011 im Untersuchungsgebiet festgestellten Vogelarten. Auch konnten bei den Horstsuchen des Büros pro terra im Jahr 2012 zwei Horste eindeutig einem Mäusebussard zugeordnet (Horst Nr. 3 und 6) und damit ein Brutnachweis erbracht werden. Beide Horste befinden sich nordöstlich des Vorhabengebietes außerhalb der Waldflächen, einer etwa am Rande des 3.000 m Umkreises (Horst Nr. 3), einer am äußeren Rand des erweiterten Untersuchungsraums mit einem 2.000 m Umkreis (Horst Nr. 6). Auch im Rahmen der Brutvogelkartierung 2014 wurden Mäusebussarde bei jeder Begehung im engeren und weiteren Untersuchungsraum (1.000 m bzw. 2.000 m Umkreis) festgestellt. Die Fachgutachter gehen insoweit vom Vorliegen von acht Brutrevieren im weiteren Untersuchungsraum (2.000 m Umkreis) aus. Der Mäusebussard gilt aber nicht als windenergiesensibel. Für ihn sind weder im LANUV-Leitfaden 2013 noch im Helgoländer Papier 2015 Mindestabstände oder Prüfbereiche empfohlen. Im Sinne einer Regelfallvermutung durfte die Antragsgegnerin daher davon ausgehen, dass hinsichtlich des Mäusebussards die Verwirklichung eines artenschutzrechtlichen Verbotstatbestandes nicht zu erwarten ist. Dies ist ungeachtet des Vorliegens anderer Erkenntnisse, wie der vom Antragsteller insoweit zitierten, offenbar im Jahr 2016 publizierten Studie PROGRESS, im Ergebnis jedenfalls naturschutzfachlich vertretbar.

2.3.9 Wildkatze

Letztlich ist auch hinsichtlich der Wildkatze ein artenschutzrechtlicher Verbotstatbestand nicht erfüllt.

Freilanduntersuchungen zur Erfassung des Vorkommens im Vorhabengebiet wurden nicht durchgeführt. Das Büro pro terra geht in seinem artenschutzrechtlichen Gutachten vom August 2011 auf der Grundlage u.a. einer Beobachtung eines Exemplars im Indetal zwischen Rott und Mulartshütte davon aus, dass das Vorhabengebiet innerhalb des Streifgebietes mindestens einer Wildkatze liege (S. 39). Vor diesem Hintergrund sei davon auszugehen, dass es insbesondere in der Bau- und Anlagephase zu Störungen der gerade in den Phasen der Trächtigkeit und vor allem der Jungenaufzucht (März bis Juni) störungsempfindlichen Wildkatze kommen könne. Die Beeinträchtigung der Reproduktionsphase werde vorsorglich durch das Bauzeitfenster (Beräumung im Winter) vermieden. Das Nutzungspotential des Bereichs als Streifgebiet bleibe erhalten. Eine Vergrämung der Wildkatzen sei nicht zu prognostizieren, da von einer individuellen Gewöhnung an die Anlagen ausgegangen werden könne (vgl. Artfür-Art-Protokoll "Wildkatze" im Anhang 7 zum artenschutzrechtlichen Gutachten des Büros pro terra, 2011).

Im LANUV-Leitfaden 2013 wird die Wildkatze nicht als windenergiesensibel eingestuft. Möglichen baubedingten Auswirkungen (z.B. in Waldgebieten mit Vorkommen der störungsempfindlichen Wildkatze) ließen sich in der Regel durch geeignete Vermeidungsmaßnahmen (z.B. durch Bauzeitenbeschränkungen) erfolgreich ausschließen (S. 12).

Soweit der Antragsteller auf die Studie von SIMON 2014 verweist, die für eine Empfindlichkeit der Wildkatze gegenüber dem Betrieb von Windenergieanlagen spreche, lässt sich nicht feststellen, dass sich diese Einschätzung fachwissenschaftlich durchgesetzt hat und die Wildkatze inzwischen entgegen der Einstufung im LANUV-Leitfaden 2013 als windenergiesensibel einzustufen ist. So weisen verschiedene Studien und fachwissenschaftliche Äußerungen darauf hin, dass es nach wie vor keine gesicherten Erkenntnisse zu betriebsbedingten Störwirkungen der Windenergieanlagen auf die Wildkatze gebe (vgl. z.B. HUPE 2012, Auswirkungen eines Windparks auf die Europäische Wildkatze am Rödeser Berg: "keine belastbaren Daten auf wissenschaftlicher Grundlage", S. 20; BUND und FA Wind, Dokumentation vom 21. Juli 2015 über den Workshop: Vereinbarkeit der Windenergienutzung mit dem Schutz der Wildkatze: "mangelnde Erkenntnisse über die Wirkung von Windenergieanlagen im Wald auf die Wildkatze", "Bauzeitenregelung als sinnvolle Vermeidungsmaßnahme"; BUND, Pressemitteilung vom 12. November 2012, Unzulässige Argumentation - Luchs und Wildkatze werden durch den Betrieb von Windenergieanlage nicht beeinträchtigt: "nicht einmal Hinweise", "kurzfristige Scheucheffekte in der Bauphase nicht ausgeschlossen"; alle abrufbar im Internet).

Die Antragsgegnerin konnte im Rahmen ihrer naturschutzfachlichen Einschätzungsprärogative daher davon ausgehen, dass es keine Nachweise für eine Empfindlichkeit der Wildkatze gegenüber dem Betrieb der Windenergieanlagen gebe. Hinsichtlich möglicher baubedingter Störwirkungen hat die Antragsgegnerin in dem zum Gegenstand des Genehmigungsbescheides gemachten Konzept der Ökologischen Baubegleitung durch die festgeschriebene Bauzeitenregelung, die insbesondere die störungsempfindliche Phase der Jungenaufzucht berücksichtigt, eine geeignete Vermeidungsmaßnahme aufgegeben. Auch dies ist nicht zu beanstanden.

Im Ergebnis lässt sich die Verwirklichung eines artenschutzrechtlichen Verbotstatbestandes daher unter keinem Gesichtspunkt feststellen.

2.4 Das Vorhaben widerspricht auch nicht i.S.d. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB Belangen der Landschaftspflege.

Belange der Landschaftspflege im Sinne der genannten Vorschrift stehen einem Vorhaben insbesondere dann entgegen, wenn dieses in nicht durch Ausnahmegenehmigung oder Befreiung zu behebender Weise in Widerspruch zu einer gültigen Landschaftsschutzverordnung steht.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 5. September 2006 - 8 A 1971/04 -, juris Rn. 55; BVerwG, Beschluss vom 2. Februar 2000 - 4 B 104.99 -, juris Rn. 2.

Ob die Belange des Landschaftsschutzes sich gegenüber dem entgegenstehenden Interesse des Bauherrn an der Realisierung eines privilegierten Vorhabens i.S.d. § 35 Abs. 1 BauGB durchsetzen, ist im Rahmen der nachvollziehenden Abwägung nach der konkreten Schutzwürdigkeit der Landschaft am vorgesehenen Standort zu beurteilen. Diese hängt insbesondere von den verfolgten Schutzzielen und dem Grad der Beeinträchtigung des Landschaftsbildes durch die streitige Windenergieanlage ab, wobei auch etwaige Vorbelastungen zu berücksichtigen sind.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 5. September 2006 - 8 A 1971/04 -, juris Rn. 55.

Ausgehend davon ist für das Vorhaben der Beigeladenen festzustellen, dass dieses zwar im Widerspruch zu einer gültigen Landschaftsschutzverordnung steht. Denn der Vorhabenstandort befindet sich innerhalb eines Landschaftsschutzgebietes, das in Nr. 3.2.2 des Landschaftsplans 1988 der Stadt Aachen (LP) festgesetzt worden ist. Anhaltspunkte dafür, dass die Ausweisung des Landschaftsschutzgebiets ganz oder bezogen auf den Bereich, in dem die streitgegenständlichen Anlagen errichtet werden sollen, funktionslos geworden ist, sind weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich. Nach § 26 Abs. 2 BNatSchG i.V.m. § 34 Abs. 2 LG NRW sind nach Maßgabe näherer Bestimmungen alle Handlungen verboten, die den Charakter des Gebiets verändern oder dem besonderen Schutzzweck zuwiderlaufen. Nach Nr. 3.2.2 lit. a) Nr. 8 LP ist in diesem Landschaftsschutzgebiet insbesondere die Errichtung baulicher Anlagen, zu denen auch Windenergieanlagen zählen, grundsätzlich verboten.

Die Voraussetzungen für eine Befreiung von diesem Bauverbot liegen hier aber vor.

Die Möglichkeit einer Befreiung von dem Bauverbot sieht bereits der Landschaftsplan in Nr. 3.6 Satz 1 LP für Vorhaben i.S.d. § 35 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 BauGB (a.F.) vor, wenn das Vorhaben weder den Charakter des Gebiets verändern kann noch dem jeweiligen besonderen Schutzzweck zuwiderläuft. Die Errichtung einer Windenergieanlage wird hiervon jedoch nicht erfasst, weil im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Landschaftsplans im Jahre 1988 Windenergieanlagen nicht zu den nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 BauGB privilegierten Anlagen zählten. Eine Befreiung vom Bauverbot nach Nr. 3.6 Satz 1 LP kommt daher nicht in Betracht.

Nach Nr. 3.6 Satz 2 LP kann (nur) "im Übrigen" auf Antrag von den Festsetzungen des Landschaftsplans Befreiung gewährt werden, wenn die Durchführung der Vorschrift im Einzelfall zu einer nicht beabsichtigten Härte führen würde und die Abweichung mit den Belangen des Naturschutzes zu vereinbaren ist oder zu einer nicht gewollten Beeinträchtigung von Natur und Landschaft führen würde (Ziffer 1.) oder überwiegende Gründe des Wohls der Allgemeinheit die Befreiung erfordern (Ziffer 2.). Diese Befreiungsmöglichkeit betrifft damit allein die Festsetzungen des Landschaftsplans, die kein Bauverbot festlegen. Aus dem Landschaftsplan selbst folgt für das streitgegenständliche Vorhaben daher keine Möglichkeit zur Befreiung vom Bauverbot der Nr. 3.2.2 lit. a) Nr. 8 LP.

Der Beigeladenen konnte jedoch eine Befreiung vom Bauverbot im Landschaftsschutzgebiet nach § 67 BNatSchG erteilt werden. Aufgrund des am 1. März 2010 in Kraft getretenen (neuen) Bundesnaturschutzgesetzes ist diese Vorschrift an die Stelle des weitgehend inhaltsgleichen § 69 LG NRW getreten, der damit nicht mehr anwendbar ist.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 16. Januar 2013 - 8 A 2252/11 -, juris Rn. 65; VG Aachen, Urteil vom 7. Mai 2012 - 6 K 1140/10 -, juris Rn. 43 ff., 53.

Nach § 67 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG kann von den Geboten und Verboten des BNatSchG, in einer Rechtsverordnung auf Grund des § 57 sowie nach dem Naturschutzrecht der Länder auf Antrag Befreiung erteilt werden, wenn

1. dies aus Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses, einschließlich solcher sozialer und wirtschaftlicher Art, notwendig ist oder

2. die Durchführung der Vorschrift im Einzelfall zu einer unzumutbaren Belastung führen würde und die Abweichung mit den Belangen von Naturschutz und Landschaftspflege vereinbar ist.

Das Tatbestandsmerkmal der "unzumutbaren Belastung" ist hier nicht einschlägig. Es verlangt nach gefestigter Rechtsprechung unter anderem einen atypischen Sachverhalt, in dem zwar der Tatbestand der jeweils betroffenen Ge- oder Verbotsnorm vorliegt, auf den diese Vorschrift nach ihrem normativen Gehalt jedoch nicht zugeschnitten ist, also eine Sach- und Rechtslage, in der die Anwendung der Vorschrift im Einzelfall zu einem Ergebnis führen würde, das dem Normzweck nicht mehr entspricht und vom Normgeber nicht beabsichtigt ist. Eine unzumutbare Belastung liegt demnach dann vor, wenn der Normgeber den in Frage stehenden Sachverhalt in seinen Konsequenzen für den Betroffenen nicht erkannt hat oder nicht erkennen konnte und der Betroffene mit dem den Sachverhalt betreffenden landschaftsrechtlichen Verbot unzumutbar benachteiligt wird.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 19. Januar 2001 - 8 A 2049/99 -, juris Rn. 25, und Beschluss vom 21. Juli 1999 - 10 A 1699/99 -, juris Rn. 7; Gellermann, BNatSchG, § 67 Rn 14 f.; Lau, BNatSchG, § 67 Rn. 4; Gatz, a.a.O., Rn. 301 f.

Bei einem Bauverbot als Folge einer naturschutzrechtlichen Schutzfestsetzung liegt in aller Regel keine unzumutbare Belastung vor. Denn die Untersagung der Errichtung baulicher Anlagen im Schutzgebiet ist vom Normgeber regelmäßig gerade gewollt. Dafür, dass dies für Windenergieanlagen ausnahmsweise nicht beabsichtigt gewesen sein sollte und der Normgeber insoweit diesen inzwischen häufig auftretenden Sachverhalt nicht erkannt haben könnte, ist nichts ersichtlich.

Vgl. Lau, BNatSchG, § 67 Rn. 4; Gatz, a.a.O., Rn. 302.

In Betracht kommt daher allein die Alternative, nach der die Befreiung aus Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses notwendig sein muss.

Vgl. Gatz, a.a.O., Rn. 303.

Der Begriff des "überwiegenden öffentlichen Interesses" i.S.d. § 67 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BNatSchG setzt zunächst eine atypische Sondersituation voraus, die der Verordnungsgeber beim Erlass der Verordnung nicht in den Blick genommen hat. Erst wenn diese Voraussetzung vorliegt, bedarf es einer Abwägungsentscheidung.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 26. März 1998 - 4 A 7.97 -, juris Rn. 26, und Beschluss vom 20. Februar 2002 - 4 C3. 12.02 -, juris Rn. 3; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 13. Oktober 2005 - 3 S 2521/04 -, juris Rn. 46; VG Minden, Urteil vom 22. Oktober 2014 - 11 K 2069/13 -, juris Rn. 55; Gellermann, BNatSchG, § 67 Rn. 10; Lau, BNatSchG, § 67 Rn. 4.

Von einer derartigen atypischen Sondersituation ist hier auszugehen. Windenergieanlagen gehörten zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Landschaftsplanes im Jahre 1988 nicht zu den nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 BauGB (a.F.) privilegierten Anlagen, für die - wie oben bereits ausgeführt - der Verordnungsgeber eine Befreiungsmöglichkeit vom Bauverbot ausdrücklich vorgesehen hat. Durch die mit der Änderung des Baugesetzbuches im Jahre 1997 erfolgte baurechtliche Privilegierung von Windenergieanlagen, die verfassungsrechtlich und einfachgesetzlich hervorgehobene Bedeutung erneuerbarer Energien für den Klimaschutz und die Erhaltung natürlicher Lebensgrundlagen (Art. 20a GG, Art. 29a LV NRW, § 1 Abs. 3 Nr. 4 BNatSchG) und die staatliche Subventionierung derartiger Energieträger durch das Erneuerbare Energien Gesetz hat der Gesetzgeber ein öffentliches Interesse am Ausbau regenerativer Energien und damit auch an der Errichtung von Windenergieanlagen zum Ausdruck gebracht, das zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Landschaftsplans so noch nicht bestand und sich daher nach heutiger Rechtslage im Einzelfall im Rahmen einer Abwägung gegenüber den Bauverboten einer Landschaftsschutzverordnung durchsetzen kann.

Vgl. VG Minden, Urteil vom 22. Oktober 2014 - 11 K 2069/13 -, juris Rn. 43 ff.; Agatz, Windenergiehandbuch, 11. Auflage 2014, S. 112.

Für die Beantwortung der Frage, ob die Befreiung aus Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses i.S.d. § 67 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG notwendig ist, bedarf es einer Abwägungsentscheidung. Der Bilanzierungsgedanke kommt im Tatbestandsmerkmal der "überwiegenden" Gründe zum Ausdruck. "Überwiegen" bedeutet, dass die Gründe des Gemeinwohls im Einzelfall so gewichtig sind, dass sie sich gegenüber den mit der Verordnung verfolgten Belangen durchsetzen. Ob dies (ausnahmsweise) der Fall ist, ist aufgrund einer Abwägung zu ermitteln.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 20. Februar 2002 - 4 B 12.02 -, juris Rn. 5; Gatz, a.a.O., Rn. 303; Gellermann, BNatSchG, § 67 Rn. 12 f.; Lau, BNatSchG, § 67 Rn. 5.

Durch den Hinweis auf das "Gemeinwohl" ist klargestellt, dass in die bilanzierende Betrachtung zugunsten einer Ausnahme nur Gründe des öffentlichen Interesses und nicht auch private Belange eingestellt werden dürfen. Dabei entspricht nicht jedes beliebige, sondern nur ein qualifiziertes öffentliches Interesse dem Gemeinwohl. Bei der Abwägung ist in Rechnung zu stellen, dass eine Ausnahme allenfalls in Betracht kommt, wenn Gründe des öffentlichen Interesses von besonderem Gewicht sie rechtfertigen.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 20. Februar 2002 - 4 B 12.02 -, juris Rn. 5.

Sind überwiegende Gemeinwohlbelange gegeben, so müssen diese darüber hinaus die Befreiung auch "notwendig" machen. Dies bedeutet zwar nicht, dass die Befreiung das einzig denkbare Mittel für die Verwirklichung des jeweiligen öffentlichen Zwecks sein muss, sie setzt aber voraus, dass es zur Wahrnehmung des öffentlichen Interesses vernünftigerweise geboten ist, mit Hilfe der Befreiung das Vorhaben an der vorgesehenen Stelle zu verwirklichen; dessen Erfüllung muss also nicht mit der Erteilung der Befreiung stehen und fallen. Auch dann, wenn andere, auch weniger nahe liegende Möglichkeiten zur Erfüllung des Interesses zur Verfügung stehen, kann eine Befreiung im vorstehenden Sinn vernünftigerweise geboten sein. Nicht ausreichend ist, dass die Befreiung dem Gemeinwohl nur irgendwie nützlich oder dienlich ist.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 5. Februar 2004 - 4 B 110.03 -, juris Rn. 6; BayVGH, Beschluss vom 31. Januar 2008 - 15 ZB 07.825 -juris Rn. 8; Gellermann, BNatSchG, § 67 Rn. 12 f.; Lau, BNatSchG, § 67 Rn. 5; Gatz, a.a.O., Rn. 308.

Sind alternative Lösungen erkennbar, die ohne unzumutbaren Aufwand oder langfristige Untersuchungen eine Realisierung der Interessen auch ohne Befreiung ermöglichen, ist eine Befreiung regelmäßig nicht erforderlich.

Vgl. zu allem auch VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 13. Oktober 2005 - 3 S 2521/04 -, juris Rn. 46 ff.; Gatz, a.a.O., Rn. 308; Gellermann, BNatSchG, § 67 Rn. 13.

Die Gründe des Wohls der Allgemeinheit, die für die Errichtung der Windenergieanlagen sprechen, setzen sich vorliegend gegen die gegenläufigen öffentlichen Belange des Landschaftsschutzes durch.

2.4.1 Grundsätzlich handelt es sich bei dem öffentlichen Interesse, das mit der Errichtung von Windenergieanlagen verfolgt wird, um ein in diese Abwägung mit hohem Gewicht einzustellendes qualifiziertes Interesse. Die Nutzung der Windenergie dient der Nutzung regenerativer Energiequellen und letztlich der Reduktion von Treibhausgasen und damit einem wichtigen umweltpolitischen Ziel.

Vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 13. Oktober 2005 - 3 S 2521/04 -, juris Rn. 50 f.; VG Minden, Urteil vom 22. Oktober 2014 - 11 K 2069/13 -, juris Rn. 63; Gatz, a.a.O., Rn. 304; Willmann, ZNER 2015, 234, 242; vgl. auch Ziffern 1.1 und 8.2.2.5 lit. b) des Windenergie-Erlasses NRW.

Das mit § 1 Abs. 2 EEG verfolgte Ziel, den Anteil des aus erneuerbaren Energien erzeugten Stroms am Bruttostromverbrauch stetig und kosteneffizient auf mindestens 40 bis 45 % bis zum Jahr 2025 und auf 55 bis 60 % bis zum Jahre 2035 zu erhöhen, sowie das Ziel der nordrheinwestfälischen Landesregierung, den Anteil der Windenergie an der Stromerzeugung von heute 4 % bis auf mindestens 15 % im Jahre 2020 auszubauen, kann letztlich nur erreicht werden, wenn die Errichtung von Windenergieanlagen auch in Landschaftsschutzgebieten nicht grundsätzlich ausgeschlossen und die Erteilung von Befreiungen und Ausnahmen hierfür in Betracht gezogen wird. Denn etwa 45,2 % der Landesfläche Nordrhein-Westfalens wird von Landschaftsschutzgebieten abgedeckt und für die Kommunen besteht überdies die Verpflichtung, der Privilegierungsentscheidung des Gesetzgebers Rechnung zu tragen und für die Windenergienutzung in substantieller Weise Raum zu schaffen.

Vgl. BVerwG, u.a. Urteile vom 24. Januar 2008 - 4 CN 2.07 -, juris Rn. 11, und vom 17. Dezember 2002 - 4 C 15.01 -, juris Rn. 29, VG Minden, Urteil vom 22. Oktober 2014 - 11 K 2069/13 -, juris Rn. 63 ff., 69; vgl. auch Ziffern 1.1 und 8.2.2.5 lit. b) des Windenergie-Erlasses NRW.

Diesem öffentlichen Interesse steht das in § 1 BNatSchG allgemein zum Ausdruck kommende Interesse an der dauerhaften Sicherung der Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts und der Vielfalt, Eigenart und Schönheit sowie des Erholungswerts von Natur und Landschaft entgegen. Diesem Interesse kommt vorliegend ein besonderes Gewicht zu. Denn der Vorhabenbereich liegt im räumlichen Geltungsbereich eines Landschaftsschutzgebietes, das einen weiter gesteigerten Landschaftsschutz bewirkt.

Die Errichtung von Windenergieanlagen in Landschaftsschutzgebieten kommt insbesondere in Teilbereichen großräumiger Landschaftsschutzgebiete mit einer im Einzelfall weniger hochwertigen Funktion für den Naturschutz und die Landschaftspflege sowie die landschaftsorientierte Erholung in Betracht, soweit die Vereinbarkeit mit der Schutzfunktion des Landschaftsschutzgebietes insgesamt gegeben ist. Eine Befreiung im Einzelfall kann deshalb nur dann in Betracht gezogen werden, wenn die konkreten Anlagen auch unter Berücksichtigung der Zwecke, die die Verordnung selbst im Auge hat, aus Gründen des Gemeinwohls gerechtfertigt ist. Zentral kommt es für diese Einschätzung auf die Schutzwürdigkeit der Landschaft am vorgesehenen Standort an.

Vgl. Gatz, a.a.O., Rn. 304; VG Minden, Urteil vom 22. Oktober 2014 - 11 K 2069/13 -, juris Rn. 65; vgl. Ziffer 8.2.2.5 lit. b) des Windenergie-Erlasses NRW.

Die Schutzausweisungen des Landschaftsplans 1988 der Stadt Aachen dienen ausweislich der textlichen Festsetzungen zu Ziffer 3.2.2 LP allgemein der Sicherung der Vielfalt, Eigenart und Schönheit des Landschaftsraumes sowie der Entwicklung zu einem ausgewogenen Landschaftsbild und Naturhaushalt. Landschaftsschutzgebiete werden im Landschaftsplan in Anlehnung an § 21 LG NRW danach festgesetzt

a) zur Erhaltung oder Wiederherstellung der Leistungsfähigkeit des Naturhaushalts oder der Nutzungsfähigkeit der Naturgüter;

b) wegen der Vielfalt, Eigenart und Schönheit des Landschaftsbildes oder

c) wegen ihrer besonderen Bedeutung für die Erholung.

Für den Bereich des Vorhabengebiets ist in der Entwicklungskarte zum Landschaftsplan das Entwicklungsziel "Erhaltung einer mit naturnahen Lebensräumen oder sonstigen natürlichen Landschaftselementen reich oder vielfältig ausgestatteten Landschaft " (Ziffer 3.1.1 LP) dargestellt. Ausweislich des Erläuterungsberichts zu Ziffer 3.1.1 LP sind mit dem Entwicklungsziel "Erhaltung" die Bereiche erfasst, bei denen das Schwergewicht der Landschaftsentwicklung auf der Erhaltung des Gesamtcharakters einer überwiegend mit natürlichen Landschaftselementen reich oder vielfältig ausgestatteten Landschaft liegt. Das Entwicklungsziel "Erhaltung" wird für das Vorhabengebiet ("das südliche Stadtgebiet") in den textlichen Darstellungen zu Ziffer 3.1.1 lit. j) LP dahingehend konkretisiert, dass bei landschaftswirksamen Maßnahmen "die typische Heckenlandschaft, die Bachtäler, besonders der Inde und des Iterbaches mit ihren natürlichen Bachläufen und vielfältiger Ufervegetation und die ausgedehnten Waldgebiete mit Wasser-, Klima- und Immissionsschutzfunktionen" zu berücksichtigen sind.

Einige der mit dem Entwicklungsziel "Erhaltung" versehenen Flächen weisen zusätzlich das Entwicklungsziel "Ausbau für extensive Erholung" auf. Es ist ausweislich des Erläuterungsberichts zu Ziffer 3.1.1 LP als Unterziel anzusehen und mit dem Entwicklungsziel Erhaltung vereinbar, da es sich ausschließlich um extensive Erholung wie Wandern, Reiten, Radfahren mit den zugehörigen Einrichtungen handelt. Die Überlagerung mit dem Ziel extensive Erholung erfolgt, um die Bereiche herauszuheben, die im GEP, in der Waldfunktionskarte oder als verbindende Grünzüge im Rahmen der Bauleitplanung für extensive Erholung von Bedeutung sind (a), damit andere planende Behörden Kenntnis von diesen Zielen erhalten, um sie gemäß § 33 LG NRW bei ihren Planungen zu berücksichtigen (b), und um damit auch deutlich zu machen, dass die übrigen Bereiche nicht die gleiche Bedeutung für die extensive Erholung haben (c). Eine Überlagerung mit dem Entwicklungsziel 4e "Ausbau für extensive Erholung" ist ausweislich der textlichen Darstellungen zu Ziffer 3.1.4.1 LP u.a. für das Indetal zwischen Kornelimünster und Hahn (lit. j), für das Iterbachtal zwischen Kornelimünster und Monschauer Straße (lit. k), für den Münsterwald um Kitzenhaus (lit. l) sowie für Teile des Münsterwaldes um Rotterdell (lit. m) vorgenommen worden. Da das Vorhabengebiet von den Bereichen, für die überlagernd das Entwicklungsziel "Ausbau für extensive Erholung" dargestellt ist, nicht erfasst wird, ist nach lit. c) des Erläuterungsberichtes zu Ziffer 3.1.1 LP und zu Ziffer 3.1.4 LP davon auszugehen, dass das Vorhabengebiet nicht die gleiche Bedeutung für die extensive Erholung hat wie die in Ziffer 3.1.4.1 LP genannten Bereiche.

Entgegen der Annahme des Antragstellers war in die Abwägung der widerstreitenden Interessen die Erholungsfunktion des Münsterwaldes daher nicht mit einer besonderen Bedeutung einzustellen. Hinsichtlich des Schutzziels der Festsetzung des konkreten Landschaftsschutzgebietes für den Bereich des Vorhabens ist vielmehr davon auszugehen, dass die Unterschutzstellung (allein) erfolgt ist, um die naturräumliche Eigenart des konkreten Landschaftstyps, namentlich die dort anzutreffende "typische Heckenlandschaft, die Bachtäler, besonders der Inde und des Iterbaches mit ihren natürlichen Bachläufen und vielfältiger Ufervegetation und die ausgedehnten Waldgebiete mit Wasser-, Klima- und Immissionsschutzfunktionen", zu schützen.

Hinsichtlich der in die Abwägung einzustellenden Auswirkungen des Vorhabens ist neben einer möglichen Beeinträchtigung der für den Vorhabenbereich geltenden konkreten Schutzziele des Landschaftsplans vor allem eine Beeinträchtigung des Landschaftsbildes des betroffenen Schutzgebietes zu betrachten sowie, wenn auch nicht mit der ihr vom Antragsteller zugedachten besonderen Bedeutung (s.o.), die (allgemeine) Erholungsfunktion dieses Waldbereiches.

Die konkreten Schutzziele des Landschaftsplans werden durch das Vorhaben nicht wesentlich beeinträchtigt. Insoweit kommt wegen der Entfernung des Vorhabengebietes zu den geschützten typischen Heckenlandschaften sowie den Bachtälern der Inde und des Iterbaches in erster Linie eine Beeinträchtigung der ausgedehnten Waldgebiete mit ihren Wasser-, Klima- und Immissionsschutzfunktionen in Betracht. Bauvorhaben in Waldgebieten können zwar die Wasser-, Klima- und Immissionsschutzfunktionen des Waldes beeinträchtigen. Vorliegend ist aber zu berücksichtigen, dass die Baumaßnahmen nur einen kleinen Teil der gerade in ihrer landschaftstypischen Ausdehnung geschützten Waldgebiete betreffen und sich, worauf die Antragsgegnerin zu Recht hingewiesen hat, auf punktuelle Beeinträchtigungen beschränken. Soweit der Antragsteller insoweit darauf verweist, im Bereich des Prälatensiefs liege in unmittelbarer Nähe zur WEA 3 ein 50 m breiter und 400 m langer Streifen des biotypischen Birken-Erlenbruchwaldes, der im Gutachten des Büros raskin aus dem Jahr 2009 naturfachlich in der höchsten Stufe eingestuft sei und durch die 150 m lange Kranaufbaufläche sowie die Kranstell- und Lagerflächen der WEA 3 dauerhaft teilweise zerstört werde, betrifft auch diese Beeinträchtigung nur einen kleinen Teil des mehr als 50 ha großen und im Gutachten raskin naturschutzfachlich hoch bewerteten Waldkomplexes. Im Ergebnis gilt dies auch für die vom Antragsteller für die Bauphase befürchteten Sedimenteintragungen im südöstlichen Abschnitt des Naturschutzgebietes "Oberlauf der Inde, N 9.2" durch den auf dem dort unmittelbar angrenzenden Haupterschließungsweg zu erwartenden Lkw-Verkehr. Auch hierbei handelt es sich um flächenmäßig geringfügige und nur für einen vorübergehenden Zeitraum zu erwartende Beeinträchtigungen, die auch unter Berücksichtigung von Summationseffekten in ihrer Gesamtheit die konkreten Schutzziele der Festsetzung des Landschaftsschutzgebietes nicht wesentlich beeinträchtigen. Gleichwohl sind diese Beeinträchtigungen in die vorzunehmende Abwägung als gegen die Verwirklichung des Vorhabens sprechende Belange einzustellen.

Die Erholungsfunktion des Münsterwaldes wird durch das Vorhaben ebenfalls nicht erheblich beeinträchtigt. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass dem Vorhabengebiet keine über das normale Maß hinausgehende Erholungsfunktion zukommt. Dies ergibt sich zum einen, wie dargelegt, bereits aus der Einschätzung des Plangebers. Zum anderen kommt dem Vorhabengebiet auch nicht wegen der vom Antragsteller vorgebrachten Argumente eine besondere Erholungsfunktion zu. Insbesondere die sog. RAVEL-Route, der Vennbahn-Radweg und der Wanderweg "Eifelsteig" haben das Vorhabengebiet nicht zu einem herausragenden Erholungsbereich aufgewertet. Wenn auch deren jeweilige Bedeutung für die Erholung der sie nutzenden Menschen groß sein mag, ist dies nicht in gleicher Weise für die von ihnen tangierten Teile des Vorhabengebietes festzustellen. Insoweit bleibt es dabei, dass den Waldbereichen keine Erholungsfunktion zukommt, die über die für alle für die Allgemeinheit frei zugänglichen Waldgebiete zu konstatierende Erholungsfunktion hinausgeht. Allein der Umstand, dass die Windenergieanlagen von der RAVEL-Route bzw. dem Vennbahnradweg aus sichtbar sein werden, vermag deren Erholungsfunktion nicht mehr einzuschränken als dies durch andere Infrastrukturmaßnahmen, mit denen die Nutzer dieser Wege regelmäßig auch an anderer Stelle konfrontiert werden, ebenfalls der Fall ist.

Als in die Abwägung einzustellender wesentlicher Belang ist schließlich die vorhabenbedingte Beeinträchtigung des Landschaftsbildes zu berücksichtigen. Das naturschutzrechtliche Schutzgut des Landschaftsbildes wird maßgeblich durch die mit dem Auge wahrnehmbaren Zusammenhänge von einzelnen Landschaftselementen bestimmt. Dabei sind alle tatsächlich vorhandenen Elemente des Landschaftsbildes von Bedeutung, die dieses unter den Aspekten Vielfalt, Eigenart oder Schönheit mitprägen. Beeinträchtigt wird das Landschaftsbild dann, wenn seine Veränderung von einem für Schönheiten der natürlich gewachsenen Landschaft aufgeschlossenen Durchschnittsbetrachter als nachteilig empfunden wird.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 27. September 1990 - 4 C 44.87 -, juris Rn. 35; OVG NRW, Urteil vom 16. Januar 1997 - 7 A 310/95 -, juris Rn. 13 ff.; VG Aachen, Urteil vom 7. Mai 2012 - 6 K 1140/10 -, juris Rn. 95.

Die vorhabenbedingten Auswirkungen auf das Landschaftsbild sind im Verfahren zur Änderung Nr. 117 des Flächennutzungsplans der Stadt Aachen sowie im Genehmigungsverfahren im Einzelnen untersucht und bewertet worden. Ausweislich der im Jahre 2011 durch das Büro Lange erstellten Landschaftsbildanalyse sind die Auswirkungen auf das Landschaftsbild als gering bis mittelschwer eingestuft worden. Dabei wurden bei der Bewertung Vorbelastungen des Untersuchungsraums durch Überhöhungen des Horizonts durch Sendemasten und Feuermeldetürme im Münsterwald und eine Hochspannungsfreileitungstrasse bei X. sowie durch die - aufgrund ihrer Breite und Lärmentwicklung als ästhetisch beeinträchtigend zu bewertenden - Hauptverkehrsstraßen, insbesondere die B 258 (Himmelsleiter), berücksichtigt. Im Rahmen der Umweltverträglichkeitsstudie wurden im Jahr 2014 die vorhabenbedingten Auswirkungen auf das Landschaftsbild in Anlehnung an die Landschaftsbildanalyse von Lange, 2011, im Genehmigungsverfahren durch das Büro ecoda erneut untersucht und nach dem Bewertungsmodell von Nohl, 1993, bewertet. Hierzu erstellte das Büro ecoda eine Sichtbereichsanalyse, der zufolge die geplanten Windenergieanlagen innerhalb eines Umkreises von 5 km auf einer Fläche von 17,9 % des gesamten Untersuchungsraums sichtbar sein würden. Die Wirkung des Windparks könne in einer Entfernung bis zu etwa 1,5 km (Wirkzonen I und II) aufgrund des relativ hohen Anteils am vertikalen Blickfeld als dominant beschrieben werden. Für einen Betrachter in der Wirkzone I (< 200 m), der in dieser Entfernung auch die Schallimmissionen der Anlagen deutlich wahrnehme, ergebe sich eine klare Dominanz. Dieser Eindruck werde aber durch die geschlossene Bewaldung im Nahbereich deutlich abgemildert. Nur von wenigen Orten im Nahbereich sei mehr als eine der geplanten Anlagen zu sehen. In der Wirkzone II (200 m bis 1,5 km) träten die Windenergieanlagen immer noch als dominant hervor, wenn auch hier die Schallimmissionen keine Rolle mehr spielten. Auch hier seien aufgrund von Bebauung und Bewaldung die Windenergieanlagen nur von wenigen Stellen aus sichtbar. In der Wirkzone III (1,5 km bis 5 km) seien die geplanten Anlagen als subdominante Elemente im Landschaftsbild wahrzunehmen. Unter Berücksichtigung der vergleichsweise geringen Flächenanteile mit Sichtbeziehungen zu den geplanten Anlagen in den Landschaftsräumen mit überdurchschnittlicher bis hoher Bedeutung für das Landschaftsbild und die Erholung, die sich aus dem hohen Bewaldungsgrad und der damit einhergehenden geringen visuellen Verletzlichkeit ergeben, sowie der Tatsache, dass Sichtbeziehungen in nennenswertem Maße erst in größerer Entfernung zum Vorhabengebiet zu erwarten seien, seien erhebliche negative Auswirkungen auf das Landschaftsbild nicht zu erwarten (Umweltverträglichkeitsstudie des Büros ecoda vom 23. Oktober 2014, S. 32 ff. 75 ff., 82; Landschaftspflegerischer Begleitplan I des Büros ecoda vom 23. Oktober 2014, S. 46 ff.). Aufgrund von Einwendungen, die gegen die der Sichtbereichsanalyse zugrunde gelegte Annahme gerichtet waren, hinsichtlich der Geländehöhen sei bei den Siedlungsflächen von einer durchschnittlichen Höhe von 10 m auszugehen, wurde die Sichtbereichsanalyse um zwei weitere Betrachtungen ergänzt, in denen modellhaft eine Geländehöhe der Siedlungsflächen von 0 m bzw. 5 m zugrunde gelegt wurde. Danach würde sich der Flächenanteil, von dem aus die Anlagen sichtbar sein werden, auf 19,2 % (bei 5 m Geländehöhe) bzw. 20,9 % (bei 0 m Geländehöhe) erhöhen.

Auf der Grundlage dieser Untersuchungen ist zunächst davon auszugehen, dass das Vorhabengebiet kein unbelastetes Landschaftsbild aufweist. Es liegen Überhöhungen des Horizonts vor (Feuerwehrmeldeturm, Hochspannungsfreileitungstrasse), wenngleich es für Windenergieanlagen der genehmigten Höhe im Untersuchungsraum kein Vorbild gibt. Die Windenergieanlagen werden daher zweifelsohne eine Veränderung des Landschaftsbildes bewirken. Allerdings kann nach den Untersuchungen des Büros ecoda davon ausgegangen werden, dass die Anlagen lediglich von einem Flächenanteil von maximal etwa 20 % aus überhaupt sichtbar sein werden. Gerade in den Bereichen, in denen wegen der geringen Entfernung die Windenergieanlagen vom Betrachter als stark dominant empfunden werden, ist die Sichtbarkeit aufgrund der in weiten Bereichen durchgehend starken Bewaldung stark eingeschränkt; mehrere Anlagen werden im Nahbereich nur selten sichtbar sein.

Der diesem Ergebnis gegenüber erhobene Einwand des Antragstellers, die Sichtbereichsanalyse gehe fehlerhaft davon aus, dass das Naturschutzgebiet Struffelt bewaldet sei, weswegen die von diesem "hoch bis sehr hoch empfindlichen" Bereich aus bestehenden Sichtbeziehungen zu den Anlagen fehlerhaft nicht bewertet worden seien, verfängt nicht. Denn der Geländecharakter des Naturschutzgebietes ist in der Sichtbereichsanalyse zutreffend wiedergegeben worden. Zwar mag die Formulierung, dass von der Raumeinheit "Hochmoorflächen Hohes Venn", die dem Naturschutzgebiet Struffelt entspricht, die geplanten Windenergieanlagen "aufgrund der vollständigen Bewaldung nicht sichtbar" seien, missverständlich sein. Die Verfasser der Umweltverträglichkeitsstudie haben aber in der weiteren Erläuterung zu der fraglichen Fläche Folgendes ausgeführt (Umweltverträglichkeitsstudie des Büros ecoda vom 23. Oktober 2014, S. 79):

" In der Raumeinheit Hochmoorflächen Hohes Venn, die mit einer hohen bis sehr hohen Empfindlichkeit eingestuft wurde, werden Sichtbereiche zu den geplanten WEA nur innerhalb der südwestlichen Teilfläche auftreten, da die östlich des Vorhabengebiets liegende Teilfläche vollständig bewaldet ist. Die südwestlich gelegene Teilfläche weist aufgrund ihres halboffenen Charakters nur in geringem Maße Sichtbeziehungen zu den geplanten WEA auf. Da zudem die Zugänglichkeit der Teilfläche aufgrund des Moorcharakters und des Status als NSG deutlich eingeschränkt ist, werden die geplanten WEA voraussichtlich nicht oder nur von wenigen Teilflächen aus sichtbar sein. Daher wird das Konfliktpotential für die Raumeinheit Hochmoorflächen Hohes Venn als gering eingestuft."

Dass hierdurch der Landschaftscharakter des Naturschutzgebietes unzutreffend wiedergegeben worden ist, ist nicht erkennbar. Angesichts dessen besteht kein vernünftiger Zweifel daran, dass dies auch der Sichtbereichsanalyse zugrunde gelegt und nicht davon ausgegangen worden ist, der Bereich sei vollständig bewaldet.

Im Rahmen der unter Berücksichtigung der konkreten Schutzwürdigkeit der Landschaft am vorgesehenen Standort vorzunehmenden nachvollziehenden Abwägung überwiegt hier angesichts der hohen Bedeutung des öffentlichen Interesses an der im Außenbereich privilegierten Windenergienutzung auf der einen Seite und der auf der anderen Seite nur geringen Beeinträchtigung der Schutzziele der Festsetzungen des Landschaftsschutzgebiets und der Erholungsfunktion des Waldes am Standort der Anlagen sowie der im Ergebnis als nicht erheblich nachteilig zu bewertenden Veränderungen des Landschaftsbildes aus den dargelegten Gründen das öffentliche Interesse an einer Befreiung vom Bauverbot.

2.4.2 Die Befreiung ist überdies auch notwendig i.S.d. § 67 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG. Wie bereits dargelegt, muss es zur Wahrnehmung des öffentlichen Interesses vernünftigerweise geboten sein, mit Hilfe der Befreiung das Vorhaben an der vorgesehenen Stelle zu verwirklichen. Sind jedoch alternative Lösungen erkennbar, die ohne unzumutbaren Aufwand oder langfristige Untersuchungen eine Realisierung der Interessen auch ohne Befreiung ermöglichen, ist eine Befreiung regelmäßig nicht erforderlich.

Vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 13. Oktober 2005 - 3 S 2521/04 -, juris Rn. 46 ff.; Gatz, a.a.O., Rn. 308.

Vorliegend führt die Prüfung möglicher Alternativen jedoch nicht zu der Annahme, dass die Verwirklichung des Vorhabens, an dem ein überwiegendes öffentliches Interesse besteht, auch an anderer Stelle möglich ist, weshalb es einer Befreiung nicht bedarf. Die Antragsgegnerin hat zu den vom Antragsteller insoweit aufgeführten Alternativflächen überzeugend ausgeführt, dass und warum diese für die Realisierung eines Windparks nicht in Frage kommen. Mögliche Standorte wurden bereits im Verfahren zur Änderung Nr. 117 des Flächennutzungsplans der Stadt Aachen betrachtet. Diese wurden ausgeschieden, weil sie zu geringe Flächengrößen aufwiesen und sich deshalb als ungeeignet erwiesen, weil sie zumindest die gleiche, teilweise auch höhere Schutzbedürftigkeit aufwiesen, weil sie aus artenschutzrechtlichen Gründen oder deswegen nicht zur Verfügung standen, weil sie als Kompensationsflächen für den Bebauungsplan 800 "Avantis" benötigt werden oder weil sie innerhalb des einzuhaltenden Mindestabstandes zu einer in Planung befindlichen Autobahnzufahrt bzw. des Bauschutzbereiches des Flughafens Merzbrück liegen. Angesichts dessen kann nicht festgestellt werden, dass alternative Lösungen erkennbar sein könnten, die ohne unzumutbaren Aufwand oder langfristige Untersuchungen eine Realisierung der Interessen auch ohne Befreiung ermöglichten.

Da schließlich Ermessensfehler nicht ersichtlich sind, ist die im Genehmigungsbescheid konzentrierte Befreiung nach § 67 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG rechtlich nicht zu beanstanden.

2.5 Der Belang einer Verunstaltung des Landschaftsbildes i.S.d. § 35 Abs. 3 Nr. 5 BauGB steht dem Vorhaben ebenfalls nicht entgegen.

In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist insoweit rechtsgrundsätzlich geklärt, dass eine Verunstaltung im Sinne von § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB voraussetzt, dass das Vorhaben dem Orts- oder Landschaftsbild in ästhetischer Hinsicht grob unangemessen ist und von einem für ästhetische Eindrücke offenen Betrachter als belastend empfunden wird. Dieser Grundsatz gilt auch gegenüber im Außenbereich privilegierten Vorhaben, die - wie hier die geplanten Windenergieanlagen - dem Außenbereich ausdrücklich "planähnlich" zugewiesen sind. Zwar bewirkt die Privilegierung ein stärkeres Durchsetzungsvermögen gegenüber den von dem Vorhaben berührten öffentlichen Belangen. Die Gestaltung und die Dimensionen derartiger technischer Bauwerke waren dem Gesetzgeber durchaus bekannt wie auch die Tatsache, dass Windenergieanlagen auf windhöffige Standorte angewiesen sind, die sich meist an besonders exponierten Stellen in der Landschaft befinden. Die sich daraus zwangsläufig ergebende dominierende Wirkung derartiger Anlagen auf die nähere Umgebung erlaubt deshalb für sich allein noch nicht den Schluss auf eine Verunstaltung des Landschaftsbildes, weil ansonsten derartige Vorhaben im Mittelgebirge praktisch ausgeschlossen wären, obwohl der Gesetzgeber die Errichtung solcher Anlagen im Außenbereich privilegiert hat in Kenntnis der Tatsache, dass sie in einem gewissen Maß das durch § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB geschützte Landschaftsbild zwangsläufig verändern. Eine Entscheidung über den konkreten Standort derartiger Anlagen hat der Gesetzgeber jedoch nicht getroffen. Ihre Zulässigkeit steht deshalb unter dem Vorbehalt, dass die einzelne Anlage das Orts- und Landschaftsbild im konkreten Einzelfall nicht verunstaltet, was allein anhand der Umstände der jeweiligen örtlichen Situation zu beurteilen ist. Dabei ist eine Verunstaltung des Landschaftsbildes allerdings nur in Ausnahmefällen anzunehmen, nämlich dann, wenn es sich um eine wegen ihrer Schönheit und Funktion besonders schutzwürdige Umgebung oder um einen besonders groben Eingriff in das Landschaftsbild handelt, was zum Beispiel dann nicht der Fall ist, wenn die Landschaft bereits vorbelastet ist. Ob eine Landschaft durch technische Einrichtungen und Bauten bereits so vorbelastet ist, dass eine Windkraftanlage sie nicht mehr verunstalten kann, ist aber ebenfalls eine Frage des jeweiligen Einzelfalls. Deshalb kann auch allein aus der Größe der jeweils streitigen Windenergieanlage und der Tatsache, dass eine solche deshalb markant in Erscheinung tritt, nicht zwangsläufig auf eine Verunstaltung des Landschaftsbildes geschlossen werden. Allerdings ist bei dieser den Tatsachengerichten obliegenden wertenden Einschätzung die anlagentypische Drehbewegung der Rotorblätter als Blickfang nicht außer Betracht zu lassen. Bei der Beantwortung der Frage, ob ein derartiges Vorhaben das Landschaftsbild verunstaltet, ist der Blick allerdings nicht allein auf die nähere Umgebung des geplanten Standortes zu richten. Angesichts der Tatsache, dass derartige Bauvorhaben aufgrund ihrer Größe weithin sichtbar sind, ist vielmehr auf einen größeren maßstabbildenden Bereich abzustellen.

Vgl. BVerwG, u.a. Beschluss vom 18. März 2003 - 4 B 7.03 -, juris Rn. 4 f.; VG Aachen, Urteil vom 7. Mai 2012 - 6 K 1140/10 -, juris Rn. 95.

Eine Verunstaltung des Landschaftsbildes ist hier aber entgegen der Annahme des Antragstellers nicht festzustellen. Denn zum einen handelt es sich bei dem Vorhabenbereich, wie zuvor zur Frage der Befreiung von den Festsetzungen des Landschaftsplans im Einzelnen ausgeführt, nicht um einen - ausnahmsweise - besonders hervorgehobenen und wegen seiner Schönheit und Einzigartigkeit besonders schutzwürdigen Landschaftsraum und zum anderen kann aus den dargelegten Gründen bereits eine erhebliche, aber noch unterhalb der Stufe der Verunstaltung liegende Beeinträchtigung des Landschaftsbildes durch die Windenergieanlagen nicht angenommen werden.

Vgl. insoweit auch Gatz, a.a.O., Rn. 320 und 340.

2.6 Belange der natürlichen Eigenart der Landschaft und ihr Erholungswert (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB) stehen dem Vorhaben ebenfalls nicht entgegen.

Der Begriff der natürlichen Eigenart der Landschaft umfasst den Schutz des Außenbereichs vor einer wesensfremden Nutzung und den Schutz einer im Einzelfall schutzwürdigen Landschaft vor ästhetischer Beeinträchtigung, unabhängig davon, ob die Landschaft förmlich unter Naturschutz gestellt ist. Ob durch ein Vorhaben die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigt wird, hängt von der betreffenden Landschaft sowie der Lage, Gestaltung und Benutzung des betreffenden Vorhabens ab. Hat das Vorhaben nur unerhebliche Auswirkungen auf die Landschaft, ist noch keine Beeinträchtigung dieses öffentlichen Belangs anzunehmen. Eine Verletzung der natürlichen Eigenart der Landschaft liegt bei einer der jeweiligen Landschaft wesensfremden Bebauung vor, sowie dann, wenn ein - auch privilegiert zulässiges -Vorhaben einem schutzwürdigen Landschaftsbild in ästhetischer Hinsicht grob unangemessen ist.

Vgl. u.a. Hessischer VGH, Urteil vom 25. Juli 2011 - 9 A 103/11 -, juris Rn. 65; Gatz, a.a.O., Rn. 343 f.

Mit der Berufung auf die natürliche Eigenart der Landschaft kann ein privilegiertes Vorhaben aber nur dann verhindert werden, wenn es sich um eine wegen ihrer Funktion besonders schutzwürdige Umgebung handelt. Der öffentliche Belang der Beeinträchtigung der natürlichen Eigenart der Landschaft und ihres Erholungswertes, der in ästhetischer Sicht identisch ist mit dem Schutz vor einer Verunstaltung des Landschaftsbildes, steht im Regelfall der Errichtung von Windenergieanlagen im Außenbereich nicht entgegen, weil der Gesetzgeber diese Vorhaben im Außenbereich gerade privilegiert.

Vgl. Gatz, a.a.O., Rn. 343 ff., 346.

Dafür, dass vorliegend ausnahmsweise etwas anderes gelten könnte, ist unter Bezugnahme auf die Ausführungen unter Ziffer 2.4 zu der Frage der Befreiung von den Festsetzungen des Landschaftsschutzgebietes nichts ersichtlich.

2.7 Dem Betrieb der Windenergieanlagen steht auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer Störung der Funktionsfähigkeit von Erdbebenmessstationen ein öffentlicher Belang entgegen.

Rechtlich handelt es sich bei dem Einwand nach Auffassung der Kammer um die Geltendmachung eines unbenannten "öffentlichen Belangs" i.S.d. § 35 Abs. 3 BauGB, der - in entsprechender Anwendung der Rechtsprechung zu dem öffentlichen Belang des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 8 (Störung der Funktionsfähigkeit von Funkstellen und Radaranlagen) - jedenfalls dann einem privilegierten Vorhaben wie einer Windenergieanlage entgegenstehen kann, wenn die Erzielung der gewünschten Ergebnisse (hier: seismologische Aufzeichnungen über Erdbewegungen etc.) verhindert, verschlechtert, verzögert oder spürbar erschwert wird und diese Störung durch Beifügung von Nebenbestimmungen zur Genehmigung nicht vermieden werden kann.

Vgl. BayVGH, Urteil vom 18. September 2015 - 22 B 14.1263 -, juris Rn. 44 f., 78, zu einem Wetterradar; abweichend Schrader, Windenergie und seismologische Stationen - neue "Baustopper" im BImSchG-Genehmigungsverfahren?, NVwZ 2016, 584, 586, 587, der insoweit eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots prüft, allerdings in diesem Rahmen ebenfalls die zum Konflikt mit Wetterradaranlagen entwickelten Grundsätze anwendet.

Dies lässt sich vorliegend jedoch nicht feststellen.

Nach der nachträglich eingeholten Stellungnahme des Geologischen Dienstes vom 10. Februar 2016 dienten nicht nur die vom Geologischen Dienst betriebenen Erdbebenmessstationen, sondern auch die seiner Kooperationspartner unmittelbar der Erdbebenüberwachung des Landes Nordrhein-Westfalen. Der Geologische Dienst verweist unter Bezugnahme auf vergleichbare, nach wissenschaftlichen Kriterien durchgeführte Studien darauf, dass "mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit die Errichtung von Windenergieanlagen im Umkreis von 10 Kilometern zu einer Beeinträchtigung der Funktionstüchtigkeit der Erdbebenstationen unserer Kooperationspartner führen" werde. Der Stellungnahme beigefügt wurde eine Anlage, in der gestützt auf eine Studie der Arbeitsgruppe Seismologie des "Forschungskollegiums Physik des Erdkörpers" (FKPE) vom 1. Oktober 2013 und die dort beschriebenen negativen Einflüsse von Windenergieanlagen auf Erdbebenstationen Anforderungen an ein vom jeweiligen Vorhabenträger vorzulegendes Gutachten zum Ausschluss eines signifikanten Einflusses von Windenergieanlagen auf Erdbebenstationen formuliert wurden. Der Geologische Dienst geht daher davon aus, dass erst ein vom Vorhabenträger vorzulegendes Gutachten die Grundlage für die vom Geologischen Dienst vorzunehmende Einzelfallprüfung bietet, ob die Signalqualität an den Erdbebenstationen durch den Betrieb der Windenergieanlagen (weiter) verschlechtert wird.

Mit dem vom Einzelfall losgelösten und auf eine allgemeine Studie gestützten bloßen Hinweis darauf, dass eine Beeinträchtigung der Funktionstüchtigkeit der Messstationen der Kooperationspartner "mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit" zu erwarten sei, hat der Geologische Dienst jedoch nicht nachvollziehbar und substantiiert dargelegt, dass Erdbebenmessungen an den von den Kooperationspartnern betriebenen Messstationen an der Dreilägerbachtalsperre, der Kalltalsperre sowie in Ternell durch den Betrieb des genehmigten Windparks tatsächlich verhindert, verschlechtert, verzögert oder spürbar erschwert werden und diese Störung durch Beifügung von Nebenbestimmungen zur Genehmigung nicht vermieden werden kann.

Unstreitig erzeugen Windenergieanlagen durch die Bewegung des Rotors Erschütterungen, die sich in Form von elastischen Wellen ausbreiten, mit zunehmender Entfernung aber wieder abnehmen. Inwieweit diese Erschütterungen die Messergebnisse von Erdbebenstationen beeinträchtigen, ist in der Wissenschaft noch nicht abschließend geklärt. Auch die vom Geologischen Dienst zitierte FKPE-Studie führt insoweit nur aus, dass es einzelne wissenschaftliche Untersuchungen gebe, für Nordrhein-Westfalen aber noch keine geeigneten Studien vorlägen, die man für eine Bewertung des Einzelfalls heranziehen könne. Auch in der im Verfahren nachträglich eingeholten Stellungnahme der Universität Köln vom 31. Mai 2016 als Betreiberin der Erdbebenstationen an der Dreilägerbachtalsperre sowie der Kalltalsperre wird betont, dass es "derzeit kein verlässliches, allgemein akzeptiertes Prognoseverfahren für die Erschütterungswirkung von einzelnen oder Gruppen von WEAn unterschiedlicher Bauart bei unterschiedlichen Betriebszuständen und für beliebigen geologischen Untergrund im Entfernungsbereich von 1 bis 10 km" gebe. Vor diesem Hintergrund ist auch die offenbar durch die Energieagentur NRW initiierte Beauftragung eines gemeinsamen Forschungsvorhabens des MKULNV NRW und des MWEIMH NRW zu sehen, das die Störwirkung von Windenergieanlagen auf seismologische Stationen systematisch untersuchen und Vorschläge für Bewertungsmaßstäbe im Genehmigungsverfahren entwickeln soll (vgl. das den Beteiligten bekannte Schreiben des MKULNV NRW vom 30. Mai 2016 an die Mittelbehörden).

Ungeachtet dieser grundsätzlichen wissenschaftlichen Fragestellungen ist die konkrete Beeinflussung einer Messstation durch den Betrieb einer Windenergieanlage im Übrigen regelmäßig eine Frage des Einzelfalls. Sie ist insbesondere abhängig von den technischen Spezifikationen der Windenergieanlage und ihrem jeweiligen Betriebszustand, von der Empfindlichkeit und Signalqualität der Messstation sowie den lokal wirksamen Einflüssen des geologischen Untergrunds (vgl. FKPE-Studie 2013 sowie die Stellungnahme der Universität Köln vom 31. Mai 2016).

Da es bislang an einer wissenschaftlich fundiert begründeten Festlegung von Mindestabständen von Windenergieanlagen zu Erdbebenmessstationen fehlt, ist im Genehmigungsverfahren im Einzelfall zu prüfen, ob eine Störung der Funktion einer seismologischen Station durch den Betrieb einer Windenergieanlage zu erwarten ist und ob diese ggf. ein Gewicht erreicht, dass sie der Genehmigung einer im Außenbereich privilegierten Windenergieanlage entgegensteht.

Dem entspricht der gemeinsame Erlass des MKULNV NRW und des MWEIMH NRW vom 17. März 2016, durch den Ziffer 8.2.12 des Windenergie-Erlasses vom 4. November 2015 mit Blick auf die im Praxisvollzug aufgetretenen erheblichen Schwierigkeiten konkretisiert und aktualisiert worden ist. In dem Erlass werden zunächst die Prüfradien für die Beteiligungsvorgabe des Geologischen Dienstes nach deren spezifischen lokalen Verhältnissen (Fest- oder Lockergestein, genaue Aufgabe der zu erfassenden seismischen Ereignisse, aktuelle Funktionsfähigkeit/Signalqualität) genauer differenziert und dann zur Beteiligung des Geologischen Dienstes ausgeführt:

" Äußert der GD im Rahmen der Stellungnahme im BImSchG-Genehmigungsverfahren Bedenken, wird er diese substantiiert begründen. Der GD nutzt alle ihm vorliegenden Daten und Erkenntnisse, um weitgehend eine Erstellung von externen Gutachten zu vermeiden. Die Genehmigungsbehörden unterstützen den GD dabei durch die Bereitstellung der ihnen über bereits errichtete WEA vorliegenden Daten.

Sofern der GD im Einzelfall die konkrete Möglichkeit einer unzulässigen Störung plausibel und begründet darlegt, ist zunächst der fachliche Sachverhalt durch ein Gutachten des WEA-Antragstellers zu ermitteln. "

Eine derart substantiierte und plausible Darlegung, dass im zu entscheidenden Einzelfall die konkrete Möglichkeit einer unzulässigen Störung anzunehmen sein könnte, ist hier aber nicht erfolgt. Auch nach dem Erlass vom 17. März 2016 besteht bei dieser Sachlage (noch) keine Veranlassung, zur weiteren Aufklärung ein von der Beigeladenen vorzulegendes Fachgutachten zu fordern. Wenn nicht einmal der Umfang einer möglichen Beeinträchtigung vom Träger öffentlicher Belange hinreichend dargelegt ist, vermag der geschützte Belang der Genehmigung des privilegierten Vorhabens aber nicht i.S.d. § 35 Abs. 3 BauGB entgegenzustehen.

2.8 Ein Verstoß gegen das als unbenannter öffentlicher Belang im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB ebenfalls zu beachtende Gebot der Rücksichtnahme, das bei Windenergieanlagen im Hinblick auf eine möglicherweise optisch bedrängende Wirkung relevant werden kann,

vgl. BVerwG, Beschluss vom 11. Dezember 2006 - 4 B 72/06 -, juris Rn. 4 ff.; OVG NRW, Urteil vom 9. August 2006 - 8 A 3726/05 -, juris Rn. 73 ff., und Beschluss vom 24. Juni 2010 - 8 A 2764/09 -, juris Rn. 42 ff., jeweils mit weiteren Nachweisen,

liegt nicht vor. Insbesondere ist der im Regelfall zur Wohnbebauung einzuhaltende Mindestabstand (dreifache Gesamthöhe der Anlage) erkennbar eingehalten.

2.9 Das Vorhaben widerspricht als raumbedeutsames Vorhaben im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB auch nicht den Zielen der Raumordnung (§ 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB).

Ziele der Raumordnung nach § 35 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 1 BauGB sind, weil sich aus dem Baugesetzbuch nichts anderes ergibt, im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 2 ROG auszulegen. Danach sind Ziele der Raumordnung verbindliche Vorgaben in Form von räumlich und sachlich bestimmten oder bestimmbaren, vom Träger der Raumordnung abschließend abgewogenen textlichen oder zeichnerischen Festlegungen in Raumordnungsplänen zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raums. Raumordnungspläne sind nach § 3 Abs. 1 Nr. 7 ROG zusammenfassende, überörtliche und fachübergreifende Pläne nach den §§ 8 und 17 ROG, so dass darunter nach § 8 Abs. 1 Satz 1 ROG sowohl der Raumordnungsplan für das Landesgebiet (landesweiter Raumordnungsplan, in NRW: Landesentwicklungsplan - LEP NRW -) als auch die Raumordnungspläne für Teilräume der Länder (Regionalpläne) fallen. Die Ziele müssen wirksam festgelegt und sachlich und räumlich hinreichend konkret sein.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 16. Juni 2016 - 8 D 99/13.AK -, juris Rn. 314 ff.

Ziele der Raumordnung, denen ein raumbedeutsames Vorhaben im Außenbereich nicht widersprechen darf, können sich z.B. aus Festlegungen zu Vorbehalts- oder Eignungsgebieten, standortbezogenen Festlegungen für bestimmte Einrichtungen der Infrastruktur oder Höhenfestlegungen, auch in Bezug auf Windkraftanlagen, ergeben.

Gemäß Ziel B.III.3.21 des LEP NRW dürfen Waldgebiete nur dann für andere Nutzungen in Anspruch genommen werden, wenn die angestrebten Nutzungen nicht außerhalb des Waldes realisierbar sind und der Eingriff in den Wald auf das unbedingt erforderliche Maß beschränkt wird.

Diese Vorgabe des LEP NRW stellt bereits kein "Ziel" der Raumordnung dar. Denn Ziele der Raumordnung müssen verbindliche Vorgaben darstellen, die einer weiteren Abwägung auf einer nachgeordneten Planungsstufe nicht zugänglich sind. Dem für die Festlegung eines Ziels charakteristischen Erfordernis einer abschließenden Abwägung ist genügt, wenn die auf der landesplanerischen Ebene getroffene Planaussage keiner Ergänzung mehr bedarf.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 9. April 2014 - 4 BN 3.14 -, juris Rn. 5 ("Handlungsanweisung mit Letztentscheidungscharakter"); Bayerischer Verfassungsgerichtshof, Entscheidung vom 18. Februar 2016 - Vf. 5-VII-14 -, juris Rn. 51; OVG NRW, Urteil vom 22. September 2015 - 10 D 82/13.NE -, juris Rn. 58.

Demgegenüber lässt das so bezeichnete Ziel des LEP NRW im Einzelfall eine Inanspruchnahme des Waldes ausdrücklich zu, so dass von einer abschließenden Abwägung durch den Plangeber in dem dargelegten Sinne nicht die Rede sein kann.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 22. September 2015 - 10 D 82/13.NE -, juris Rn. 57, 59, bestätigt durch BVerwG, Beschluss vom 12. Mai 2016 - 4 BN 49.15 -, juris; ebenso Fest/Fechler, Neue Anforderungen an Planung und Genehmigung von Windenergieanlagen, NVwZ 2016, 1050, 1051.

Dies gilt im Ergebnis ebenso für den Regionalplan für den Regierungsbezirk Köln, Teilabschnitt Region Aachen, der in seinem insoweit relevanten Ziel 4 zu Ziffer 3.2.1 der textlichen Darstellung für die Inanspruchnahme von Waldbereichen durch Planungen und Maßnahmen, die die Ziele für Waldbereiche beeinträchtigen, auf die Regelungen des LEP NRW für Waldgebiete verweist. Nach Ziel 2 zu Ziffer 3.2.2 der textlichen Darstellung des Regionalplans können Windparks unter Beachtung der Ziele des LEP NRW (insbesondere Ziel B.III.3.2) in Waldbereichen geplant werden, wenn außerhalb des Waldes Windparkplanungen nicht realisierbar sind, der Eingriff auf das unbedingt erforderliche Maß beschränkt und ein möglichst gleichwertiger Ausgleich/Ersatz festgelegt wird. Auch insoweit handelt es sich aus den dargelegten Gründen nicht um Ziele der Raumordnung i.S.d. § 35 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 1 BauGB.

Ungeachtet dessen, dass bereits aus diesem Grund ein Widerspruch zu den Zielen der Raumordnung vorliegend nicht festgestellt werden kann, ist dies hier auch deshalb der Fall, weil durch die zuständige Landesplanungsbehörde gemäß § 16 LPlG NRW mit Blick auf die Planungen der Antragsgegnerin zur Änderung Nr. 117 ihres Flächennutzungsplans ein Zielabweichungsverfahren durchgeführt worden ist. Nach der abschließenden Bewertung dieses Einzelfalls berühre die Abweichung von dem textlichen Ziel B.III.3.21 des LEP NRW die Grundzüge der Planung nicht und sei unter raumordnerischen Gesichtspunkten vertretbar. Diese Zielabweichungsentscheidung ist nicht erkennbar rechtswidrig.

Die Landesplanungsbehörde hat die Voraussetzungen des § 16 LPlG NRW, die Unberührtheit der Planung sowie die Vertretbarkeit der Abweichung unter raumordnerischen Gesichtspunkten, im Einzelnen geprüft und bewertet. Die Landesplanungsbehörde hat dabei zum einen in den Blick genommen, dass durch die geplante Errichtung von Windenergieanlagen im Münsterwald Waldflächen nur punktuell und kleinflächig in Anspruch genommen würden, und dass nach Einschätzung der Regionalplanungsbehörde der Bezirksregierung Köln keine nach den Kriterien des "Leitfadens Rahmenbedingungen für WEA auf Waldflächen in NRW, MKULNV 2012" hochwertigen Waldflächen betroffen seien und sie deshalb auch nach Umsetzung der Planung die nach den Vorgaben des LEP NRW zu sichernden Funktionen des Waldes als erfüllt ansehe. Weil im Zeitpunkt der Erarbeitung des LEP NRW im Jahr 1995 die technische Entwicklung der Windenergienutzung im Binnenland noch nicht so weit gewesen sei, dass eine Errichtung von Windenergieanlagen im Wald näher betrachtet worden sei, sei diese Möglichkeit im LEP NRW auch noch nicht ausdrücklich als planerisches Ziel dargestellt worden (insoweit im Übrigen anders als das Ziel 7.3-3 "Waldinanspruchnahme" des Entwurfs des neuen LEP NRW, in dem die Möglichkeit der Errichtung von Windenergieanlagen auf forstwirtschaftlichen Flächen, sofern wesentliche Funktionen des Waldes nicht erheblich beeinträchtigt werden, ausdrücklich erwähnt wird). Die Landesplanungsbehörde hat zum anderen berücksichtigt, dass auf der Grundlage des von der Antragsgegnerin erarbeiteten "Gesamträumlichen Planungskonzepts für die Nutzung von Windenergie in der Stadt Aachen" nachvollziehbar dargelegt sei, dass ein erheblicher Anteil des Stadtgebietes nicht für die Ausweisung von Konzentrationsflächen für Windenergieanlagen in Betracht komme. Diese Erwägungen sind nicht evident fehlerhaft.

Die Zielabweichungsentscheidung ist vor diesem Hintergrund im Rahmen des vorliegenden Verfahrens durch das Gericht im Ergebnis nicht zu beanstanden. Ein Widerspruch zu Zielen der Raumordnung ist daher nicht festzustellen.

2.10 Auch der auf eine fehlerhaft zu geringe Bemessung der Sicherheitsleistung für die Rückbauverpflichtung i.S.d. § 35 Abs. 5 Satz 3 BauGB zielende Einwand des Antragstellers führt nicht zur Annahme der Rechtswidrigkeit des Genehmigungsbescheides.

Ungeachtet der Frage, ob der Antragsteller sich auf mögliche Rechtsfehler bei der Bemessung der Sicherheitsleistung überhaupt berufen kann, sind diese hier nicht festzustellen. Die Antragsgegnerin hat mit Schriftsatz vom 29. August 2016 insoweit die Nebenbestimmung Ziffer 1.1 (Sicherheitsleistung für Rückbauverpflichtung) dahingehend abgeändert, dass die Sicherheitsleistung "auf 167.000,-- € je WEA zuzüglich eines Sicherheits[zuschlags] von 68.000,-- €, also insgesamt auf 1.237.000,-- € festgesetzt" wird. Dabei hat die Antragsgegnerin sich entsprechend Ziffer 5.2.2.4 des Windenergie-Erlasses NRW an den Herstellungskosten je Anlage in Höhe von 2.566.842,-- € orientiert und zusätzlich einen Sicherheitszuschlag in Höhe von 6,5 % der auf die Herstellung der Kranaufstell- und Lagerflächen sowie der Wege entfallenden Kosten in Höhe von insgesamt 1.043.310,-- € berücksichtigt. Dass die so bemessene Sicherheitsleistung in Höhe von insgesamt 1.237.000,-- € zu gering sein könnte, ist vom Antragsteller weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

Dem nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB privilegierten Vorhaben stehen öffentliche Belange i.S.d. § 35 Abs. 3 BauGB daher im Ergebnis nicht entgegen. Daran, dass das Vorhaben zudem ausreichend erschlossen i.S.d. § 35 Abs. 1 BauGB ist, bestehen abschließend keine begründeten Zweifel, weshalb die angefochtene Genehmigung aus bauplanungsrechtlichen Gründen letztlich nicht zu beanstanden ist.

2.11 Eine Unzulässigkeit des Vorhabens folgt schließlich auch nicht aus der Eingriffsregelung des § 15 BNatSchG.

Nach § 14 Abs. 1 BNatSchG sind Eingriffe in Natur und Landschaft im Sinne des BNatSchG Veränderungen der Gestalt oder Nutzung von Grundflächen oder Veränderungen des mit der belebten Bodenschicht in Verbindung stehenden Grundwasserspiegels, die die Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts oder das Landschaftsbild erheblich beeinträchtigen können.

Gemäß § 15 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 BNatSchG ist der Verursacher eines Eingriffs verpflichtet, vermeidbare Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft zu unterlassen, und unvermeidbare Beeinträchtigungen durch Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege auszugleichen (Ausgleichsmaßnahmen) oder zu ersetzen (Ersatzmaßnahmen). Nach § 15 Abs. 5 BNatSchG darf ein Eingriff nicht zugelassen oder durchgeführt werden, wenn die Beeinträchtigungen nicht zu vermeiden oder nicht in angemessener Frist auszugleichen oder zu ersetzen sind und die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege bei der Abwägung aller Anforderungen an Natur und Landschaft anderen Belangen im Range vorgehen.

Im Landschaftspflegerischen Begleitplan I des Büros ecoda vom 23.Oktober 2014 sind die Auswirkungen des Vorhabens auf Natur und Landschaft im Einzelnen auf ihre Eingriffsqualität untersucht worden:

Zum Schutzgut Klima und Luft wurde im Ergebnis festgestellt, dass es nicht zu erheblichen Beeinträchtigungen kommen werde.

Das Schutzgut Boden werde ebenfalls nicht erheblich beeinträchtigt. Durch die Fundamente der sieben Windenergieanlagen werde eine Fläche von insgesamt etwa 3.603 m² vollständig versiegelt. Durch den Ausbau der Zuwegung incl. Kurvenausbauten sowie durch den Bau der Kranstellflächen werde es zu einer dauerhaften Versiegelung bislang unversiegelter Flächen im Umfang von etwa 26.496 m² kommen. Insgesamt seien damit 30.099 m² von dauerhafter Versiegelung betroffen. Hinzu kämen 8.930 m², die für die Schaffung der zur Vormontage und Lagerung benötigten Flächen temporär geschottert und nach Abschluss der Bauarbeiten wieder in ihren ursprünglichen Zustand zurückversetzt würden. Von der vollständigen Versiegelung seien die Bodentypen Pseudogley und Braunerde-Pseudogley betroffen. Böden vom Typ Pseudogley seien im Untersuchungsraum mit einem Flächenanteil von über 95 % dominierend. Der gesamte Untersuchungsraum sei demnach stark von Stauwasser beeinflusst. Auf etwa 18 % der von dem Vorhaben durch Versiegelung und Teilversiegelung betroffenen Flächen seien Böden mit sehr hoher Schutzwürdigkeit aufgrund ihres Biotopentwicklungspotentials für Staunässeböden vorhanden. Durch die geringen Versiegelungsanteile seien mit der Umsetzung der Planung insgesamt vergleichsweise geringe Auswirkungen auf den Boden verbunden. Weitere negative Auswirkungen beim Bau der Anlagen durch Verdichtungen seien durch eine schonende Bauausführung vermeidbar.

Das Schutzgut Wasser werde insbesondere durch die Verlegung eines Fließgewässers erheblich beeinträchtigt. Dieser Eingriff könne aber durch die naturnahe Neugestaltung des Bachlaufs sowohl räumlich als auch funktional ausgeglichen werden.

Anhand einer Biotoptypenkartierung im Umfeld der geplanten Windenergieanlagen wurde hinsichtlich der Auswirkungen auf das Schutzgut Flora ein Biotopwertverlust von insgesamt 7.856,59 Punkten festgestellt, der durch geeignete Maßnahmen ausgleichbar sei.

Hinsichtlich des Schutzgutes Fauna wurden mögliche Eingriffe mit Blick auf die zu erwartenden Auswirkungen auf verschiedene Vogel- und Fledermausarten sowie für Wildkatze, Haselmaus und ggf. auch Springfrosch und Kammmolch erkannt, denen aber durch geeignete Vermeidungs- bzw. Verminderungsmaßnahmen begegnet werden könne.

Darüber hinaus kam die Untersuchung zu dem Ergebnis, dass es aufgrund der optischen und - in geringerem Maße - akustischen Fernwirkung der geplanten Windenergieanlagen zu erheblichen Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes kommen werde, die durch die Zahlung eines Ersatzgeldes zu kompensieren seien.

Der Eingriffstatbestand des § 14 Abs. 1 BauGB ist bei der Errichtung der Windenergieanlagen daher nach der fachgutachterlichen Untersuchung in Bezug auf die genannten Schutzgüter mit Ausnahme der Schutzgüter Klima und Luft sowie Boden erfüllt.

Vgl. dazu, dass bei der Errichtung von Windenergieanlagen in aller Regel ein Eingriff vorliegen wird: Gatz, a.a.O., Rn. 312.

Die zu erwartenden Eingriffe sind nach dem angefochtenen Genehmigungsbescheid sowie dem Landschaftspflegerischen Begleitplan II im Sinne des § 15 Abs. 1, Abs. 2 und Abs. 6 BNatSchG zu vermeiden (artenschutzrelevante Eingriffe, insbesondere durch Maßnahmen im Zuge der Ökologischen Baubegleitung sowie durch Abschaltszenarien, vgl. Ziffern 4.2, 4.3, 4.4 und 5 der Genehmigung), auszugleichen (insbesondere die Auswirkungen mit Eingriffsqualität auf die Schutzgüter Wasser und Flora, vgl. den zum Inhalt des Genehmigungsbescheides gemachten Landschaftspflegerischen Begleitplan I des Büros ecoda vom 23. Oktober 2014, S. 17 ff. und 21 ff., sowie den Nachtrag vom 8. Juli 2015, S. 4 ff., 11, und die Ergänzung vom 16. Oktober 2015, S. 4) und durch die Zahlung eines Ersatzgeldes zu kompensieren (Eingriff in das Landschaftsbild, vgl. Ziffer 4.5 der Genehmigung).

Der Genehmigungsbehörde steht bei der Bewertung der Eingriffswirkungen eines Vorhabens und ebenso bei der Bewertung der Kompensationswirkung von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen, insbesondere was deren Quantifizierung betrifft, eine naturschutzfachliche Einschätzungsprärogative zu. Die vorgenommenen Quantifizierungen bei Eingriffswirkungen und Kompensationsmaßnahmen sind daher nur einer eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle zugänglich; sie sind vom Gericht hinzunehmen, sofern sie im Einzelfall naturschutzfachlich vertretbar sind und auch nicht auf einem Bewertungsverfahren beruhen, das sich als unzulängliches oder gar ungeeignetes Mittel erweist, um den gesetzlichen Anforderungen gerecht zu werden.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 9. Juni 2004 - 9 A 11.03 -, juris Rn. 118.

Ausgehend hiervon ist dafür, dass die Eingriffsqualität der vorhabenbedingten Auswirkungen von der Antragsgegnerin falsch bewertet worden ist, nichts ersichtlich. Dies hat die Kammer hinsichtlich der betroffenen Schutzgüter im Rahmen ihrer Ausführungen zum Artenschutz (Ziffer 2.3) und zum Landschaftsschutz - insbesondere betreffend die Beeinträchtigung des Landschaftsbildes - (Ziffer 2.4) im Ergebnis bereits im Einzelnen dargelegt. Dass der insgesamt 172 ha große Münsterwald in seiner ökologischen Funktion zerstört wird, wie der Antragsteller annimmt, vermag die Kammer angesichts dessen, dass insbesondere artenschutzrechtliche Verbotstatbestände nicht erfüllt werden und auch die Voraussetzungen einer Befreiung vom Bauverbot im Landschaftsschutzgesetz vorliegen, nicht festzustellen.

Die Einwände des Antragstellers gegen diese Bewertung greifen nicht durch. Unter Beachtung der auch insoweit bestehenden naturschutzfachlichen Einschätzungsprärogative der Antragsgegnerin zeigen die Untersuchungen im Rahmen der Umweltverträglichkeitsstudie, die sich auf eine Bodenkartierung durch den Geologischen Dienst (2011) sowie die Bodenfunktionskarte der Stadt Aachen (2012) stützen, entgegen der Annahme des Antragstellers, dass auch in den oberen Bodenschichten nicht von einer durchgängigen und zusammenhängenden Stauwasserschicht ausgegangen werden kann. Dieses Ergebnis wird bestätigt durch die zur Bodenstruktur getroffenen Aussagen in den Baugrundgutachten der Büros Prof. Dr.-Ing. Dieler & Partner sowie Dr. Koppelberg & Gerdes. Die Kammer vermag nicht zu erkennen, dass die Antragsgegnerin die Schutzwürdigkeit der im Untersuchungsraum vorzufindenden Böden fehlerhaft eingeschätzt hat. Die Beurteilung der Schutzwürdigkeit wurde auf der Grundlage der Bodenkartierung des Geologischen Dienstes sowie der Bodenfunktionskarte der Stadt Aachen vorgenommen. Dagegen ist angesichts dessen, dass die Einschätzungsprärogative der Antragsgegnerin auch die Beurteilung und Bewertung der Eingriffswirkungen eines Vorhabens umfasst, nichts zu erinnern. Die Antragsgegnerin hat überdies auch nachvollziehbar ausgeführt, dass die im Münsterwald vorzufindenden Stauwasserböden im Stadtgebiet Aachens sehr häufig anzutreffen seien, namentlich in einem Flächenumfang von 852 ha, und deshalb den Pseudogleyböden an den Anlagenstandorten nicht das ihnen vom Antragsteller zuerkannte Alleinstellungsmerkmal zukomme. Dass die teilweise Beseitigung der Wegeseitengräben die vom Antragsteller befürchteten erheblichen Auswirkungen auf das Naturschutzgebiet "Oberlauf der Inde" haben wird, ist ebenfalls nicht anzunehmen. Hinsichtlich des Einbaus von Kalksteinschotter hat die Antragsgegnerin nachvollziehbar und überzeugend darauf hingewiesen, dass die konkreten Auswirkungen auf den Boden- und Wasserhaushalt im Münsterwald angesichts des geringen Anteils der hiervon betroffenen Flächen an der Gesamtfläche von lediglich ca. 0,92 % (2,75 ha) und des Umstandes, dass Auswirkungen ohnehin nur im unmittelbaren Kontaktbereich nachzuweisen seien, insgesamt als gering einzustufen seien.

Diese Bewertung der Eingriffsqualität auf die Schutzgüter Boden und Wasser sind naturschutzfachlich vertretbar und im Rahmen der dem Gericht allein zukommenden eingeschränkten Kontrolle im Ergebnis nicht zu beanstanden.

Soweit die Eingriffe danach nicht vermieden oder innerhalb angemessener Frist ausgeglichen oder ersetzt werden können, hier mithin allein in Bezug auf die Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes, ist im Rahmen einer Abwägung zu entscheiden, ob die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege den anderen Belangen im Range vorgehen. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die Privilegierung von Windenergieanlagen in § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB nicht nur bei der Prüfung der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit ein erheblich stärkeres Durchsetzungsvermögen gegenüber den von dem Vorhaben berührten öffentlichen Belangen bewirkt. Um einen Wertungswiderspruch zwischen den Regelungen des § 35 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB einerseits und des § 15 Abs. 5 BNatSchG andererseits zu vermeiden, wenn nämlich ein im Außenbereich privilegiertes Vorhaben an der landschaftsschutzrechtlichen Eingriffsregelung scheiterte, obwohl es die Hürde des § 35 Abs. 1 BauGB nimmt, ist es sachgerecht, dem Durchsetzungsvermögen der bauplanungsrechtlich privilegierten Vorhaben einen prägenden Einfluss auch auf die Abwägung nach § 15 Abs. 5 BNatSchG beizumessen.

Vgl. Gatz, a.a.O., Rn. 312; a.A. Guckelberger in: Frenz/Müggenborg, BNatSchG, a.a.O., Rn. 96.

Die Abwägung führt hier daher angesichts der Bewertung der Beeinträchtigung des Landschaftsbildes, die einer Befreiung vom Bauverbot im Landschaftsschutzgebiet nicht entgegensteht (vgl. die Ausführungen zu Ziffer 2.4), im Ergebnis ebenfalls dazu, dass sich die Privilegierung des Baus der Windenergieanlagen im Außenbereich durchsetzt.

2.12 Letztlich liegt auch kein Verstoß gegen wald- und forstrechtliche Belange vor (§ 9 BWaldG i.V.m. § 39 LForstG NRW).

Nach § 9 BWaldG darf Wald nur mit Genehmigung der nach Landesrecht zuständigen Behörde gerodet und in eine andere Nutzungsart umgewandelt werden. Bei der Entscheidung über den Umwandlungsantrag sind die Rechte, Pflichten und wirtschaftlichen Interessen des Waldbesitzers sowie die Belange der Allgemeinheit gegeneinander und untereinander abzuwägen. Die Genehmigung soll versagt werden, wenn die Erhaltung des Waldes überwiegend im öffentlichen Interesse liegt, insbesondere wenn der Wald für die Leistungsfähigkeit des Naturhaushalts, die forstwirtschaftliche Erzeugung oder die Erholung der Bevölkerung von wesentlicher Bedeutung ist.

Der Landesgesetzgeber hat von der Ermächtigung zu weiteren Einschränkungen in § 9 Abs. 3 Nr. 2 BWaldG Gebrauch gemacht und in § 39 Abs. 3 LForstG NRW geregelt, dass die Genehmigung versagt werden soll, wenn die Erhaltung des Waldes im überwiegenden öffentlichen Interesse liegt, insbesondere wenn der Wald in der Gemeinde einen geringen Flächenanteil hat oder für die Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes, den Schutz natürlicher Bodenfunktionen im Sinne des Bundes-Bodenschutzgesetzes, die forstwirtschaftliche Erzeugung, das Landschaftsbild oder die Erholung der Bevölkerung von wesentlicher Bedeutung ist oder dem Schutz gegen schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundesimmissionsschutzgesetzes dient und die nachteiligen Wirkungen der Umwandlungen nicht durch Nebenbestimmungen, insbesondere durch die Verpflichtung, Ersatzaufforstungen durch Saat oder Pflanzung vorzunehmen, ganz oder zum wesentlichen Teil abgewendet werden können.

Die erforderliche Genehmigung zu der hier beantragten Waldumwandlung hat die Antragsgegnerin erteilt und im angefochtenen Genehmigungsbescheid konzentriert (§ 13 BImSchG). Dies ist nicht zu beanstanden.

Wie die Kammer unter Ziffer 2.4 im Einzelnen ausgeführt hat, hat der von dem Vorhaben betroffene Teil des Münsterwaldes insbesondere keine wesentliche Bedeutung für die Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes, den Schutz natürlicher Bodenfunktionen, das Landschaftsbild oder die Erholung der Bevölkerung. Auf diese Ausführungen wird verwiesen. Nachteilige Auswirkungen der Waldumwandlung, die eine Fläche von insgesamt 18.654,9 m² betrifft, können durch die in den Genehmigungsbescheid aufgenommene Verpflichtung, auf einer Ausgleichsfläche eine Erstaufforstung mit Laubmischwald in einem Umfang von 24.000 m² vorzunehmen, ausgeglichen werden. Die Abwägung führt daher auch im vorliegenden Zusammenhang zu einem Überwiegen der für die Waldumwandlung streitenden Belange.

Vgl. auch Gatz, a.a.O., Rn. 389.

2.13 Abschließend weist die Kammer mit Blick auf die weiteren Einwände des Antragstellers, die für die Errichtung der Anlagen erforderlichen Geländeveränderungen (Anschüttungen, Abgrabungen und Abböschungen) seien in den Antragsunterlagen und daraus folgend auch im Genehmigungsbescheid nicht zutreffend dargestellt und auch die für den Wegebau beantragten und genehmigten Bodenveränderungen würden voraussichtlich in deutlich größerem Umfang erforderlich werden, darauf hin, dass dem Genehmigungsbescheid in Verbindung mit den zugrunde liegenden Antragsunterlagen ohne Weiteres entnommen werden kann, welche Gelände- und Bodenveränderungen genehmigt sind. Geländeveränderungen, die von der Genehmigung nicht erfasst sind, dürfen nicht vorgenommen werden. Insofern ist es Aufgabe der Überwachungsbehörde, darüber zu wachen, dass die Anlagen genehmigungskonform errichtet und betrieben werden. Für die Prüfung der Rechtmäßigkeit einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung ist aber regelmäßig von einer genehmigungskonformen Errichtung und einem genehmigungskonformen Betrieb auszugehen. Sind Errichtung und/oder Betrieb dagegen tatsächlich nicht genehmigungskonform, kann dies die Rechtmäßigkeit der Genehmigung nicht in Frage stellen, sondern allein Überwachungsmaßnahmen nach sich ziehen. Etwas anderes könnte allenfalls dann gelten, wenn die Genehmigung derart ausgestaltet ist, dass schon von vornherein erkennbar ist, dass die Einhaltung der Genehmigungsvoraussetzungen nicht sichergestellt ist. Dies lässt sich hier aber nicht feststellen.

Der angefochtene Genehmigungsbescheid der Antragsgegnerin vom 23. November 2015 weist daher im Ergebnis nicht die vom Antragsteller gerügten Rechtsfehler auf.

Vor diesem Hintergrund fällt die Interessenabwägung zum Nachteil des Antragstellers aus. Leitend dafür ist der Befund, dass die Genehmigung - wie sich aus den vorstehenden Ausführungen ergibt - mit überwiegender Wahrscheinlichkeit nicht rechtswidrig ist. Auch mit Blick auf die Irreversibilität insbesondere der Eingriffe in den Naturhaushalt und unter Beachtung des eingangs dargestellten Prüfungsmaßstabes für das gerichtliche Eilverfahren liegen aus Sicht der Kammer - auch unterhalb der Schwelle zur Rechtswidrigkeit - keine durchgreifenden Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Genehmigungsbescheide vor, die es rechtfertigten und erforderten, die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen. Im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtabwägung sind auf Seiten der Beigeladenen auch deren private wirtschaftlichen Interessen an der Ausnutzung der Genehmigung einzustellen. Die Beigeladene hat ein nachvollziehbares wirtschaftliches Interesse an der möglichst sofortigen Ausnutzbarkeit der Genehmigung. Neben der Erwägung, dass Einnahmen - hier in Form der Einspeisevergütung bzw. Marktprämie nach den Regelungen der §§ 49, 34 EEG - nur im laufenden Betrieb zu erzielen sind, tritt hinsichtlich der finanziellen Förderung der Windenergie hinzu, dass diese degressiv ausgestaltet ist und somit eine spätere Inbetriebnahme eine dauerhaft schlechtere Erlössituation herbeiführt.

Ob darüber hinaus ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Errichtung gerade dieser Windenergieanlagen zur Förderung des Ausbaus der erneuerbaren Energien nach § 1 Abs. 1, 2 Satz 2 EEG besteht, kann vor diesem Hintergrund dahinstehen.

Vgl. OVG NRW, u.a. Beschlüsse vom 6. Mai 2016 - 8 B 866/15 -, juris Rn. 43, und vom 18. Dezember 2015 - 8 B 400/15 -, juris Rn. 37 ff.

Im Ergebnis überwiegt das Vollziehungsinteresse der Beigeladenen, weshalb der Antrag vollumfänglich abzulehnen ist.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind gemäß § 162 Abs. 3 VwGO erstattungsfähig, weil sie einen Antrag gestellt und sich damit einem eigenen Kostenrisiko ausgesetzt hat (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO).

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 3 Nr. 2 GKG. Dabei orientiert sich das Gericht bei der Bewertung des Interesses des Antragstellers an dem vorliegenden Verfahren an Nr. 19.2 i.V.m. Nr. 2.2.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung vom 18. Juli 2013 und berücksichtigt, dass in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes wegen des lediglich vorläufigen Charakters der begehrten Entscheidung der Streitwert regelmäßig auf die Hälfte des für das Hauptsacheverfahren anzusetzenden Streitwerts (für jede der 7 WEA jeweils 15.000,-- €, insgesamt daher 105.000,-- €; vgl. hierzu OVG NRW, Beschluss vom 6. Mai 2016 - 8 B 866/15 -, juris Rn. 45) zu beziffern ist.