AG Brühl, Beschluss vom 11.05.2016 - 64 XIV(B) 11/16
Fundstelle
openJur 2019, 17712
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • nachfolgend: Az. 39 T125/16
Tenor

I. Gegen den Betroffenen wird gemäß §§ 415 FamFG, 62 Abs. 3 AufenthG die Sicherungshaft angeordnet. Die Haft dauert bis zur möglichen Abschiebung des Betroffenen, längstens jedoch bis zum 11.08.2016 vorbehaltlich einer Verlängerung der Entscheidung.

II. Die Anordnung ergeht mit sofortiger Wirkung (§ 422 Abs. 2 FamFG).

III. Diese Entscheidung ist sofort wirksam.

IV. Der Betroffene trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

Die zuständige Ausländerbehörde in Rottal-Inn, in deren Bezirk der Betroffene in einer Asylunterkunft untergebracht war, hat am 11.05.2016 die Verhängung der Sicherungshaft gegen den Betroffenen beantragt und dazu folgendes vorgetragen:

Der Betroffene ist vollziehbar ausreisepflichtig aufgrund eines Abschiebebescheids des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 26.1.2016 (Bl. 35) und sollte am 2.3.2016 Tag im Rahmen des Dublin-Verfahrens nach Italien zurückgeführt werden. Am Rückführungstag war er untergetaucht und nicht in der Asylbewerberunterkunft X anzutreffen. Am 10.5.2016 wurde der Betroffene nach einer Auseinandersetzung im Zuständigkeitsbezirk des AG Brühl von der Polizei in Gewahrsam genommen. Der Betroffene selbst erklärt hierzu, er wisse nicht warum. Jedenfalls sei er nicht gewalttätig gewesen.

Wegen der Einzelheiten wird auf den anliegenden Antrag der Ausländerbehörde verwiesen (Bl 2ff.).

Der Betroffene hat im heutigen Anhörungstermin nichts vorgebracht, was diese Ausführungen entkräften konnte. Er wünscht in Deutschland zu leben, weil es ihm hier gut geht und er für sich in Italien keine Zukunft sieht.

Es liegen folgende Haftgründe im Sinne von § 62 Abs. 3 AufenthaltsG vor:

Nr. 3: Der Betroffene ist zur Zeit der angeordneten Rückführung nach Italien am 2.3.2016 untergetaucht und konnte nicht von den Behörden angetroffen werden, obwohl er von dem Termin Kenntnis hatte.

Nr. 4: Durch das zuvor beschriebene Verhalten hat er sich auch in sonstiger Weise der Abschiebung entzogen.

Nr. 5: Es besteht durch sein Untertauchen und durch die Angabe einer falschen Identität zudem der begründete Verdacht, dass er sich der Abschiebung durch Flucht entziehen möchte bzw. auch schon entzogen hat.

Nach Auffassung des Gerichts ist in dem vorgetragenen Sachverhalt auch den Anforderungen des Art. 28 Abs. 2 Verordnung 604/2013 (Dublin III) im Hinblick auf alle vorgenannte Genüge getan. Der Betroffene hat durch die Verschleierung seiner Identität und durch sein Untertauchen konkrete Anhaltspunkte dafür geliefert, dass eine Fluchtgefahr im Sinne von Art. 28 Abs. 2 VO 604/2013 vorliegt. Gem. § 2 XIV Nr. 5, XV AufenthG, in dem die Fluchtgründe gem. der Verordnung nationalgesetzlich legaldefiniert sind, er hat nämlich durch sein Verhalten konkludent erklärt, er werde sich die Abschiebung nicht respektieren und sich ihr widersetzen. Soweit sich § 2 IX AufenthG nach seinem Wortlaut nur auf § 62 Abs. 3 Nr. 5 AufenthG bezieht können diese zur Konkretisierung der Fluchtgefahr bei anderen Haftgründe analog herangezogen werden.

Dagegen sieht das Gericht im Anschluss an die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 22.10.2014 (BGH NVwZ 2015, 607) keinen Haftgrund im Sinne von § 62 Abs. 3 Nr. 1 (unerlaubte Einreise) gegeben.

Es ist weder offensichtlich noch hat der Betroffene hat glaubhaft gemacht, dass er sich der Abschiebung nicht entziehen will. Im Gegenteil hat er zu erkennen gegeben, dass er einen dauerhaften Aufenthalt in Deutschland anstrebt.

Die Abschiebungshaft ist auch verhältnismäßig, denn es ist nicht erkennbar, dass mildere Mittel den Betroffenen zu einem freiwilligen Verlassen des Landes bewegen würden. Wegen des Fehlens finanzieller Mittel und eines Reisedokuments kann auch insbesondere nicht von einer freiwilligen Erfüllung der Ausreisepflicht ausgegangen werden.

Abschiebungshindernisse (§ 60 Abs. 2 bis 7 AufenthaltsG) oder Duldungsgründe (§ 60a AufenthaltsG) bestehen nicht. Insbesondere wurde der Asyl-Erstantrag durch rechtskräftigen Bescheid des BAMF vom 26.1.2016 als unzulässig abgelehnt.

Die angeordnete Dauer der Haft ist zur Vorbereitung der Abschiebung erforderlich. Außerdem kann die Abschiebung umgehend durchgeführt werden.

Die zuständige Staatsanwaltschaft Köln hat gem. § 72 Abs. 4 AufenthaltsG ihr Einvernehmen mit der Abschiebung erteilt (Bl. 1).

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 415, 80, 81 FamFG.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Beschluss ist die Beschwerde zulässig. Diese ist innerhalb von einem Monat ab Bekanntgabe der Entscheidung schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle bei dem Amtsgericht Brühl, 50319 Brühl, Abteilung 64, einzulegen. Für die Wahrung der Frist ist der Eingang bei Gericht entscheidend.

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