OLG Hamm, Beschluss vom 12.12.2017 - 5 Ws 563/17, 5 RVs 146/17
Fundstelle
openJur 2019, 17643
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • vorher: Az. II-3 Ns 119/17

Allein der (unbelegte) Vortrag eines Angeklagten, er sei am Terminstag nicht zu dem für das Berufungsverfahren zuständigen Landgericht sondern zu dem erstinstanzlich zuständigen Amtsgericht gefahren, da dort auch die Berufung eingelegt worden sei, genügt als Entschuldigung im Sinne des § 329 StPO nicht.

Tenor

1.

Die sofortige Beschwerde wird als unbegründet verworfen.

2.

Die Revision wird als offensichtlich unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO) verworfen.

3.

Die Kosten beider Rechtsmittel trägt der Angeklagte (§ 473 Abs. 1 StPO).

Gründe

Zusatz:

Zu 1.

Der Senat macht sich die zutreffenden Ausführungen der Generalstaatsanwaltschaft in ihrer Stellungnahme vom 22. November 2017 zu eigen und zum Gegenstand seiner Entscheidung.

Die Generalstaatsanwaltschaft führt insoweit zutreffend aus:

„Gemäß §§ 329 Abs. 7, 44 Satz 1, 45 Abs. 2 Satz 1 StPO kann dem Angeklagten Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungshauptverhandlung gewährt werden, wenn er ohne Verschulden daran gehindert war, den Termin wahrzunehmen. Er hat dabei entsprechende Tatsachen, die ein der Wiedereinsetzung entgegenstehendes eigenes Verschulden ausschließen, vorzutragen und diese gemäß § 45 Abs. 2 Satz 1 StPO glaubhaft zu machen (BGHSt 21, 334 ff. = NJW 1968, 710 [712]; Senat, Beschluss vom 24.11.2016 - III-5 RVs 82/16 -; OLG Hamm, Beschlüsse vom 18.01.2007 - 3 Ws 28/07 - und vom 27.03.2008 - 2 Ws 80/08 -). Diesen Anforderungen wird der Wiedereinsetzungsantrag des Angeklagten, der sein irrtümliches Erscheinen beim Amtsgericht Brilon lediglich behauptet und daher die vermeintlichen Wiedereinsetzungsgründe bereits weder hinreichend dargelegt noch gar glaubhaft gemacht hat, nicht gerecht. Abgesehen davon weist das Landgericht Arnsberg zutreffend und unter Beachtung des bei der Verschuldensfrage eingreifenden weiten Auslegungsmaßstabs (zu vgl. hierzu OLG Hamm, Beschluss vom 14.03.2017 - III-4 Ws 35/17 -) darauf hin, dass der Angeklagte sein Ausbleiben nicht ausreichend entschuldigt hat, sondern ihm vielmehr billigerweise der Vorwurf einer unzureichenden Terminsvorbereitung zu machen ist.“

Der Senat merkt ergänzend an:

Unabhängig von der Frage mangelnder Glaubhaftmachung entsprechender Tatsachen, die ein Verschulden ausschließen, hat das Landgericht Arnsberg die Verwerfung der Berufung gemäß § 329 Abs. 1 Satz 1 StPO zu Recht damit begründet, dass der Angeklagte sein Ausbleiben zum Berufungshauptverhandlungstermin nicht ausreichend entschuldigt hat. Allein der (unbelegte) Vortrag des Angeklagten, er sei am Terminstag nicht zu dem für das Berufungsverfahren zuständigen Landgericht sondern zu dem erstinstanzlich zuständigen Amtsgericht gefahren, da dort auch die Berufung eingelegt worden sei, genügt als Entschuldigung im Sinne des § 329 StPO nicht.

Für die Verschuldensfrage im Sinne des § 329 StPO ist maßgeblich, ob dem Angeklagten nach den Umständen des Einzelfalls wegen seines Ausbleibens billigerweise ein Vorwurf zu machen ist (Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 60. Auflage, § 329 Rn. 23). Hier ist dem Angeklagten bereits vorzuwerfen, dass er sich unzureichend auf den Gerichtstermin vorbereitet hat. Er hätte der in jeder Hinsicht ordnungsgemäß erfolgten Ladung zum Berufungshauptverhandlungstermin zwanglos und eindeutig die Zeit, aber insbesondere auch den Ort der angesetzten Verhandlung entnehmen können. Das fehlerhafte Verhalten des Angeklagten wäre bei sorgfältigem Lesen des Ladungsschreibens unproblematisch vermeidbar gewesen und liegt allein in seiner Sphäre (vgl. hierzu auch OLG Celle, Beschluss vom 29. April 2016 – 1 Ss 20/16). Die Versäumung der Berufungshauptverhandlung ist ihm damit vorzuwerfen.

2.

Da die nicht näher ausgeführte Verfahrensrüge nicht in einer den strengen Formerfordernissen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO genügenden Weise begründet worden ist und keine Verfahrenshindernisse vorliegen, war die Revision ebenfalls zu verwerfen.