AG Hattingen, Urteil vom 10.11.2015 - 5 C 101/15
Fundstelle
openJur 2019, 16881
  • Rkr:
Tenor

1.

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 72,13 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15. Juli 2015 zu zahlen.

2.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4.

Die Berufung gegen das Urteil wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Das Absetzen eines Tatbestandes war gem. § 313 a Abs. 1 Satz 1 ZPO entbehrlich.

Gründe

Die Klage ist begründet.

Der Klägerin steht ein Anspruch gegenüber der Beklagten auf Zahlung eines Betrages in Höhe von 72,13 € gem. den §§ 7,18 StVG in Verbindung mit § 115 VVG in Verbindung mit § 398 BGB zu.

Zunächst einmal ist die Klägerin entgegen der Ansicht der Beklagten aktivlegitimiert.

Der Beklagten ist zuzustimmen, dass eine Abtretung Angebot und Annahme voraussetzen. Die Beklagte übersieht jedoch, dass der Abtretungsvertrag ausdrücklich zustande kommen oder stillschweigend im Kausalgeschäft enthalten sein kann (vgl. Palandt-Grüneberg, BGB, 74. Auflage, § 398 BGB, Rd.Nr. 5 unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes in NJW 1969, 40). Vorliegend hat die Geschädigte, Frau pp., durch das Unterschreiben der Abtretungserklärung vom 31. Oktober 2014 eine Willenserklärung abgegeben, die die Klägerin durch Vorlage an das Gericht und Geltendmachung des Anspruchs zumindest konkludent angenommen hat.

Entgegen der Ansicht der Beklagten ist die streitgegenständliche Abtretung auch nicht mangels Bestimmbarkeit der abgetretenen Forderung unwirksam. In dem von der Beklagten zitierten Rechtsstreit, den der Bundesgerichtshof zu entscheiden hatte, erfasste die Abtretung eine Mehrzahl von Forderungen, nämlich sämtliche Ansprüche des Geschädigten aus dem betreffenden Verkehrsunfall (vgl. BGH, Urteil vom 07.06.2011, Aktzeichen: VI ZR 260/10).

Vorliegend ist das aber gerade nicht der Fall. In der Abtretungserklärung der Geschädigten Frau pp. vom 31.10.2014 heißt es, dass sie ihre Ansprüche auf Erstattung der Sachverständigenkosten gegen den Fahrer, Halter und Versicherer des unfallbeteiligten Fahrzeugs in Höhe des Bruttoendbetrages der Rechnung des Sachverständigenbüros unwiderruflich erfüllungshalber an das Sachverständigenbüro abtritt.

Es geht also nicht um meine Mehrzahl von Forderungen, sondern lediglich um den Anspruch auf Erstattung der Sachverständigenkosten. Dementsprechend ist die abgetretene Forderung eindeutig bestimmbar und die Abtretung folglich wirksam.

Entgegen der Ansicht der Beklagten liegt auch kein Verstoß gegen die Vorschriften der §§ 305 c, 307 BGB oder § 5 RDG vor.

Eine Benachteiligung der Geschädigten Frau pp. ist vorliegend nicht ersichtlich. Demgegenüber besteht ein Schutzbedürfnis der Klägerin, für die offen ist, ob ihre Forderung realisiert werden kann. Dementsprechend besteht ein berechtigtes Interesse Klägerin daran, sich Schadensersatzansprüche gegen eine Versicherung des Unfallgegners abtreten zu lassen.

Entgegen der Ansicht der Beklagten umfasst die Abtretungserklärung auch die Nebenforderungen und nicht lediglich die Hauptforderung. Insoweit nimmt die Abtretungserklärung ausdrücklich Bezug auf den Rechnungsbetrag. Es wird dargelegt, dass die Klägerin ihr Honorar in Anlehnung an die Schadenshöhe berechnet und dass Nebenkosten pauschaliert berechnet werden. Die Rechnung, auf die Bezug genommen wird, ist darüber hinaus ausreichend bestimmt. Es ergibt sich aus der Rechnung, dass nach der Schadenshöhe abgerichtet wird, da ansonsten entsprechende Stundenzahlen aufgeführt worden wären. Außerdem wurde bereits in der Abtretungserklärung drauf hingewiesen, dass die Klägerin ihr Honorar in Anlehnung an die Schadenshöhe berechnet und dass Nebenkosten pauschaliert berechnet werden.

Die Art und Weise der Abrechnung ist daher ohne weiteres erkennbar, so dass ein Verstoß gegen die §§ 305 c, 307 BGB nicht zu erkennen ist.

Auch ein Verstoß gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz ist nicht gegeben. Es ist nicht ersichtlich, dass die Klägerin eigenständige Tätigkeiten im Sinne des Rechtsdienstleistungsgesetzes vorgenommen hat, die nicht gestattet sind. Vielmehr liegt eine Tätigkeit vor, die im Zusammenhang mit einer anderen Tätigkeit, nämlich der Begutachtung, durchgeführt wurde. Die Klägerin ist insoweit berechtigt, sich Forderungen abtreten zu lassen und diese gegebenenfalls auch einzuziehen. Darin liegt jedoch keine eigenständige selbständige Tätigkeit der Klägerin.

Desweiteren bestreitet die Beklagte ohne Erfolg mit Nichtwissen die Eigentümerstellung der Geschädigten Frau pp. hinsichtlich des beschädigten Fahrzeuges. Unstreitig hat die Beklagte den weit überwiegenden Teil des bei dem streitgegenständlichen Verkehrsunfalls entstanden Schadens reguliert, ohne jemals Bedenken gegen die Eigentümerstellung der Geschädigten geäußert zu haben. Insoweit hat das Kammergericht in seinem Urteil vom 30.04.2015, Aktenzeichen: 22 U 31/14, ausgeführt, dass die Zahlungen ohne Abgabe weiterer Erklärungen zwar nicht als deklaratorische Schuldanerkenntnisse angesehen werden können. Unter den gegebenen Umständen sei aber aufgrund des vorprozessualen Regulierungsverhaltens anzunehmen, dass das Bestreiten "ins Blaue hinein" erfolge und daher als prozessual unbeachtlich zu behandeln sei, zumal auch im vorliegenden Fall die Klägerin näheren Tatsachenvortrag zu den Voraussetzungen der Eigentumsvermutung nach § 1006 BGB geliefert hat. Unter diesen Umständen oblag es der Beklagten, substantiiert unter Darlegung tatsächlicher Anhaltspunkte vorzutragen, warum nunmehr doch Zweifel an der Eigentümerstellung der Geschädigten bestehen. Daran fehlt es hier ebenso wie in dem vom Kammergericht zu entscheidenden Fall.

Entgegen der Ansicht der Beklagten kann das Gericht auch nicht feststellen, dass das geltend gemachte Sachverständigenhonorar die Grenzen der Erforderlichkeit und Erstattungsfähigkeit im Sinne des § 249 BGB überschreitet.

Zunächst einmal ist an der Berechnung des Sachverständigenhonorars nach der Schadenshöhe nichts auszusetzen. Der BGH führt hierzu in seinem Urteil vom 23. Januar 2007, Aktenzeichen: VI ZR 67/07, aus, ein Kfz.-Sachverständiger überschreite allein dadurch, dass er eine an der Schadenshöhe orientierte angemessene Pauschalierung des Honorars vornehme, die Grenzen der rechtlich zulässigen Preisgestaltung grundsätzlich nicht. Schadensgutachten dienten in der Regel dazu, die Realisierung von Schadensersatzforderungen zu ermöglichen. Die richtige Ermittlung des Schadensbetrages werde als Erfolg geschuldet; hierfür hafte der Sachverständige. Deshalb trage eine an der Schadenshöhe orientierte angemessene Pauschalierung des Honorars dem nach der Rechtsprechung entscheidend ins Gesicht fallend dem Umstand Rechnung, dass das Honorar des Sachverständigen die Gegenleistung für die Feststellung des wirtschaftlichen Wertes der Forderung des Geschädigten sei.

Dabei könne jedoch der Geschädigte vom Schädiger nach § 249 Abs. 2 BGB als erforderlichen Herstellungsaufwand nur die Kosten erstattet verlangen, die vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten zur Behebung des Schadens zweckmäßig und angemessen seien. Er sei nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen es ihm zumutbaren den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen, sofern er die Höhe der für die Schadensbeseitigung aufzuwendenden Kosten beeinflussen könne. Dabei sei bei der Beurteilung, welcher Herstellungsaufwand erforderlich sei, auch Rücksicht auf die spezielle Situation des Geschädigten, insbesondere auf seine individuellen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie auf die möglicherweise gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten zu nehmen. Auch sei der Geschädigte grundsätzlich nicht zu einer Erforschung des ihm zugänglichen Marktes verpflichtet, um einen für den Schädiger und dessen Haftpflichtversicherer möglichst preisgünstigsten Sachverständigen ausfindig zu machen, wobei für ihn allerdings das Risiko verbleibe, dass er ohne nähere Erkundigungen einen Sachverständigen beauftrage, der sich später im Prozess als zu teuer erweise.

Die Frage, ob das von der Klägerin geltend gemachte Sachverständigenhonorar zu teuer ist, muss entweder durch Durchführung einer Beweisaufnahme mit Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens ermittelt oder von dem Gericht gemäß § 287 ZPO geschätzt werden.

Vorliegend hält das Gericht eine Schätzung anhand der sog. BVSK-Honorarbefragung 2013 des Berufsverbandes der freiberuflichen und unabhängigen Sachverständigen für das Kraftfahrzeugwesen e.V. und der VKS/BVK-Honoraranfrage 2012/2013 der Verbände der unabhängigen Kraftfahrzeugsachverständigen e.V. und des Bundesverband öffentlich bestellter, vereidigter oder anerkannter qualifizierter Kfz.-Sachverständiger e.V. für angemessen. Das Gericht kommt unter Berücksichtigung der genannten Honorarumfragen zu folgendem Ergebnis:

Nach der aktuellen Honorarbefragung 2013 des BVSK berechnen 90 % der BVSK-Mitglieder oberhalb des Wertes HB II und 95 % unterhalb des Wertes HB III. Innerhalb dieses Bereiches wird also ganz überwiegend abgerechnet. Außerdem wird der sog. HB V-Korridor angegeben, in dem immerhin 50 % bis 60 % der Mitglieder ihr Honorar berechnen, also ebenfalls die Mehrheit. Die von dem Sachverständigen pp. abgerechneten Kosten liegen aber innerhalb dieser Werte, also unterhalb HB III bzw. innerhalb des HB V-Korridors. Auszugehen ist insoweit von der Brutto-Schadenhöhe in Höhe von 6.200,00 €. Danach beträgt das Grundhonorar nach HB III 598,00 € netto. Die Klägerin hat 617,50 € netto berechnet, so dass sie leicht darüber liegt.

Wenn die VKS/BVK-Honorar-Umfrage 2012/2013 zugrunde gelegt wird, sieht es anders aus. Bei einem Gegenstandswert bis 6.500,00 € brutto ergibt sich ein Grundhonorar-Korridor von 498,00 € bis 693,00 €. Mit einem Grundhonorar in Höhe von 617,50 € liegt die Klägerin dabei im Rahmen.

Ein Durchschnittswert der beiden genannten Honorarumfragen läge bei maximal 645,50 EUR (598,00 EUR + 693,00 EUR geteilt durch zwei), so dass das Grundhonorar der Klägerin am oberen Ende liegt, letztlich aber nicht zu beanstanden ist.

Das gleiche gilt für die Nebenforderungen, die im Rahmen der BVSK-Honorarbefragung 2013 liegen und erst recht in dem der VKS/BVK-Honorar-Umfrage 2012/2013.

Desweiteren ist auch noch zu berücksichtigen, dass die Honorarbefragungen aus den Jahren 2012 und 2013 stammen, der streitgegenständliche Verkehrsunfall jedoch im Jahr 2014 geschah, also mindestens ein Jahr später, sodass auch noch eine Preissteigerung stattgefunden hat.

An diesem Ergebnis ändert auch die von der Beklagten zitierte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes in dem Urteil vom 22.07.2014, Aktenzeichen VI ZR 357/13, nichts. Zwar hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass revisionsrechtlich nicht zu beanstanden sei, dass das Landgericht Saarbrücken die BVSK-Honorarbefragung nicht für geeignet gehalten habe, die zu erwartenden Ansätze bei anfallenden Nebenkosten verlässlich abzubilden. Das Landgericht Saarbrücken, so der Bundesgerichtshof, habe das Ergebnis dieser Befragung in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise bereits deshalb nicht als geeignete Schätzgrundlage für die Nebenkosten angesehen, da sie nicht hinreichend aussagekräftig sei und relevante Fragen offen lasse. Allerdings hat der Bundesgerichthof auch ausgeführt, dass das Landgericht Saarbrücken unter Hinweis auf die von ihm geführten zahlreichen Parallelverfahren ergänzend ausgeführt habe, die Sachverständigen würden auf dem regionalen Markt mit sehr uneinheitlichen Preisansätzen abrechnen. Das Landgericht Saarbrücken hat also die BVSK-Honorarbefragung nicht für geeignet gehalten, die zu erwartenden Ansätze bei anfallenden Nebenkosten verlässlich abzubilden, da das Landgericht Saarbrücken aufgrund vor ihm geführter zahlreicher Parallelverfahren festgestellt hatte, dass die Sachverständigen auf dem regionalen Markt im Bereich Saarbrücken mit sehr uneinheitlichen Preisansätzen abrechnen.

Dieses hat das Amtsgericht Hattingen für den hiesigen regionalen Markt bislang nicht feststellen können. Insofern betrifft die Rechtsprechung des Landgerichts Saarbrücken und des Bundesgerichtshofes in dem mit dem Urteil vom 22.07.2014 entschiedenen Fall eine Entscheidung, die die spezifischen Besonderheiten des regionalen Marktes in Saarbrücken berücksichtigt, auf den vorliegenden Fall aber nicht zwingend anzuwenden ist. Außerdem hat der Bundesgerichtshof auch in seinem Urteil vom 22.07.2014 eindeutig festgestellt, dass das Gericht die Höhe der erforderlichen Sachverständigenkosten nach § 287 Abs. 1 ZPO schätzen kann, wenn der Schätzung tragfähige Anknüpfungspunkte zugrunde liegen. Vorliegend hat das Gericht sowohl die BVSK-Honorarbefragung 2013 berücksichtigt als auch die VKS/BVK-Honorarumfrage 2012/2013. Damit hat das Gericht tragfähige Anknüpfungspunkte für seine Schätzung zur Verfügung gehabt (vgl. auch Landgericht Arnsberg, Urteil vom 21. Januar 2015, Aktenzeichen: 3 S 210/14).

Schließlich ist diesbezüglich auch noch auf einen aktuellen Hinweisbeschluss der Berufungskammer des Landgerichts Essen hinzuweisen. In dem Beschluss vom 3. August 2015, Aktenzeichen:10 S 87/15, weist das Landgericht Essen auf folgendes hin:

"Der Kläger hat einen Anspruch gegen den Beklagten auf Zahlung der vollen Sachverständigenkosten aus den §§ 7 I, 18 I StVG, 823 I BGB.

Die dem Rechtsstreit zu Grunde liegende Rechtsfrage ist, wie jedenfalls den Parteivertretern und der Beklagten bestens bekannt ist, in der Rechtsprechung des BGH hinlänglich aufgearbeitet. Der aktuelle Stand wird beispielsweise in dem Urteil des BGH vom 11. Februar 2014 — VI ZR 225/13 —, Rn. 8 — 9 wiedergegeben:

Der Geschädigte genügt seiner Darlegungslast zur Schadenshöhe regelmäßig durch Vorlage einer Rechnung des von ihm zur Schadensbeseitigung in Anspruch genommenen Sachverständigen. Die tatsächliche Rechnungshöhe bildet bei der Schadensschätzung nach § 287 ZPO ein wesentliches Indiz für die Bestimmung des zur Herstellung "erforderlichen" Betrags im Sinne von § 249 II 1 BGB, schlagen sich in ihr doch die besonderen Umstände des jeweiligen Einzelfalles einschließlich der - vor dem Hintergrund der subjektbezogenen Schadensbetrachtung relevanten - beschränkten Erkenntnismöglichkeiten des Geschädigten regelmäßig nieder [Nachweise]. Letztlich sind allerdings nicht die rechtlich geschuldeten, sondern die im Sinne von § 249 II1 BGB tatsächlich erforderlichen Kosten entscheidend. Ein Indiz für die Erforderlichkeit bildet aber die Übereinstimmung des vom Geschädigten erbrachten Kostenaufwands mit der Rechnung und der ihr zugrundeliegenden getroffenen Preisvereinbarung, sofern diese nicht auch für den Geschädigten deutlich erkennbar erheblich über den üblichen Preisen liegt. Wissensstand und Erkenntnismöglichkeiten des Geschädigten spielen mithin bereits bei der Prüfung der Erforderlichkeit des Schadensaufwandes gemäß § 249 II 1 BGB eine maßgebende Rolle. Ein einfaches Bestreiten der Erforderlichkeit des ausgewiesenen Rechnungsbetrages zur Schadensbehebung reicht allerdings grundsätzlich nicht aus, um die geltend gemachte Schadenshöhe in Frage zu stellen. Anderes gilt, wenn sich aus den getroffenen Vereinbarungen Umstände ergeben, die der Rechnung die indizielle Bedeutung für die Erforderlichkeit der Aufwendungen nehmen.

[...] Nur wenn der Geschädigte erkennen kann, dass der von ihm ausgewählte Sachverständige Honorarsätze für seine Tätigkeit verlangt, die die in der Branche üblichen Preise deutlich übersteigen, gebietet das schadensrechtliche Wirtschaftlichkeitsgebot, einen zur Verfügung stehenden günstigeren Sachverständigen zu beauftragen.

Und weiter im selben Urteil, Rn. 10:

[...] In Streit steht die Höhe der Nebenkosten. Dass der Kläger von vornherein hätte erkennen können, dass der Sachverständige nach der Behauptung der Beklagten überhöhte Nebenkosten ansetzen würde, wird im Rechtsstreit nicht behauptet und hat das Berufungsgericht deshalb auch nicht festgestellt. Zu einer Recherche nach einem Sachverständigen mit einem günstigeren Honorarangebot war der Kläger gegenüber der Beklagten nicht verpflichtet. Dem Kläger musste auch nicht das Ergebnis der Umfrage bei den Mitgliedern des Sachverständigenverbandes über die Höhe der üblichen Honorare bekannt sein. Damit fallen aber die geltend gemachten Kosten nicht von vornherein aus dem Rahmen des für die Behebung des Schadens erforderlichen Geldbetrags nach § 249 II 1 BGB.

Es kommt also darauf an, ob der Kläger vor der Beauftragung des Sachverständigen hätte erkennen können, dass dieser — nach Vortrag der Beklagten — überhöhte (Neben-)kosten geltend machen wird.

Dafür spricht nach Einschätzung der Kammer nichts. Die Nebenkostenabrechnung des Sachverständigen mag ungewöhnlich hoch sein. Die Kammer kann schon nicht feststellen, dass sie überhöht ist. Unbestritten hält sich jede einzelne Position im Rahmen der VKS/BVK- Honorarumfrage, was nicht allein entscheidend für die Angemessenheit der Kosten ist, aber ein Indiz in diese Richtung. Dass der Sachverständige exzessiv von seinem Recht zur Abrechnung von Nebenkosten Gebrauch macht, lässt seine Rechnung nicht generell als überhöht erscheinen. Jedenfalls ist nicht ersichtlich, wie der Kläger vor Beauftragung des Sachverständigen hätte erkennen können, dass dieser relativ hohe Nebenkosten geltend machen wird, ohne Vergleichsangebote einzuholen oder eine generelle Markterforschung zu betreiben. Zu beiden bestand keine Verpflichtung."

Auch im vorliegenden Fall ist nicht zu erkennen, dass die Geschädigte vor der Beauftragung der Klägerin hätte erkennen können, dass diese - nach Ansicht der Beklagten - überhöhte Kosten geltend machen wird.

Nach alledem ist die Hauptforderung in vollem Umfang begründet, da die Beklagte auf die Sachverständigenrechnung in Höhe von 865,13 € bislang lediglich 793,00 € gezahlt hat, sodass noch ein Betrag in Höhe von 72,13 € offen steht.

Der Zinsanspruch ist gem. § 288 Abs. 1 BGB begründet.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf den §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.

Die Berufung gegen das Urteil wurde nicht zugelassen, da die Voraussetzungen des § 511 Abs. 4 ZPO nicht vorliegen, denn die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Berufungsgerichts. Entgegen der Ansicht der Beklagten liegt insoweit auch keine Divergenz zur obergerichtlichen Rechtsprechung vor. Das Gericht hat in seiner Begründung sowohl auf die Rechtsprechung des Landgerichts Essen als auch auf die des Bundesgerichtshofes hingewiesen und dementsprechend seine Entscheidung begründet.

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